L 6 VS 4355/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 VS 1410/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 4355/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. August 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Schädigungsfolge sowie die Gewährung einer Beschädigtenrente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) i.V. mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) streitig.

Der 1944 geborene Kläger hat vom 1. Oktober 1964 bis 31. März 1966 seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr geleistet. Am 8. Juli 1965 knickte er beim Laufen mit dem rechten Fuß nach innen um und zog sich dabei eine Distorsion des rechten Sprunggelenks mit Schmerzen am Innenknöchel zu. Am 12. Juli 1965 berichtete der Kläger dem behandelnden Arzt Dr. T., dass es ihm schon viel besser gehe, er aber noch erhebliche Schmerzen habe. Am 15. Juli 1965 hatte er kaum noch Beschwerden. Bereits am 16. Juli 1965 konnte der Orthopäde Dr. H. keine Schwellung des rechten Fußes mehr feststellen, die Beweglichkeit sei nach allen Seiten unbehindert und schmerzfrei. Der Orthopäde Dr. K. führte am 28. und 29. Juli 1965 aus, dass nach feuchten Verbänden und Stützverbänden eine leichte Besserung eingetreten sei. Klinisch bestehe ein nur rechtsseitiger leichter Hohlfuß mit herausgetretenem Naviculare. Die Röntgenaufnahme zeige eine durchgemachte Fissur, eventuell handle es sich jedoch um ein Os tibi ext., das synostotisch sei. Zur Behandlung schlage er die Verordnung leichter Einlagen sowie vorerst zwölf Kurzwellenbestrahlungen bei weiterer Dienstunfähigkeit für die Dauer der Behandlung vor. Dann müssten sich die Beschwerden wieder ganz zurückbilden. Am 2. August 1965 wurden Einlagen rezeptiert und der Kläger wurde für weitere drei Wochen von Sport und Märschen befreit.

Mit Schreiben vom 18. April 2006, bei dem Beklagten eingegangen am 21. April 2006, beantragte er die Gewährung von Beschädigtenversorgung unter Hinweis darauf, dass er seit dem Unfall Schmerzen im Fuß und im Fußgelenk habe. Bei unebener Bodenfläche oder einer Bodenkante knicke er sehr leicht mit dem Fuß um. Außerdem habe sich die Deformität auf die gesamte Skelettbalance negativ ausgewirkt.

Der Beklagte zog die WDB-Akte mit den Gesundheitsunterlagen der Bundeswehr sowie die Behandlungsdaten der Krankenkasse bei und holte einen Befundbericht des Orthopäden Dr. A. ein. Dieser beschrieb keine Einschränkung der Beweglichkeit bei Einlagenversorgung aufgrund eines nicht unfallbedingten Hohl-Spreizfußes, ferner das etwas prominente Os navikulare.

In ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme führte OMR L. aus, aus versorgungsärztlicher Sicht handle es sich bei der Exostose und Fissur im Bereich des rechten Mittelfußes nicht um Folgen einer Distorsion im rechten Sprunggelenk, sondern um ein anlagebedingtes Leiden und andere Unfallfolgen des Patienten. Der angegebene Unfall vom Juli 1965 sei nicht geeignet, die heute noch angegebenen Beschwerden bei Fußdeformität und Bandschwäche zu verursachen. Diese Formveränderung der Füße sei bereits bei der Musterung in der Fehler-Nr. 71 notiert und im Oktober 1964 sei ein stärkerer Grad eines haltungsschwachen Fußes dokumentiert worden.

Gestützt hierauf lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2006 den Anspruch des Klägers auf Feststellung von schädigenden Einwirkungen des Wehrdienstes mit der Begründung ab, bei der Exostose und Fissur im Bereich des rechten Mittelfußes handle es sich nicht um Folgen einer Distorsion im rechten Sprunggelenk, sondern um ein anlagegedingtes Leiden und andere Unfallfolgen. Der angegebene Dienstunfall sei nicht geeignet, die heute noch beklagten Beschwerden bei Fußdeformität und Bandschwäche zu verursachen.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass wenn er tatsächlich an einer Formveränderung der Füße bei der Eingangsmusterung gelitten hätte, er nicht zum Bundeswehrdienst eingezogen worden wäre. Sein "haltungsschwacher" Fuß könne zwar Ursache seines Sturzes und Umknicken des Fußes im Dienst gewesen sein, die aber mit der Schädigung des Mittelfußes nur gegebenenfalls indirekt im Zusammenhang stehe. Beim Sturz und Umknicken des Fußes sei nämlich der Mittelfußknochen herausgesprungen, was nicht anlagebedingt sei. Dadurch habe sich der Fuß abgesenkt und seien die Balance des Fußes in der Ebene und dadurch die Symmetrie des Körperskeletts beeinflusst. Er legte hierzu einen radiologischen Befundbericht der Dres. B., B.und Sch.-T. vor, wonach ein mediolateraler, subligamentärer Bandscheibenvorfall L4/5 rechts diagnostiziert worden war. Die Versorgungsärztin Müller führte aus, bei dem Os tibiale externum handle es sich um einen akzessorischen Fußknochen, ein sogenanntes überzähliges Kahnbein, welches anlagebedingt vorkommen könne, jedoch in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehe. Die dokumentierte Schilderung des Traumas, die damals erhobenen klinischen Befunde und der dokumentierte Heilverlauf unterstützten die Annahme, dass das Unfallereignis ungeeignet sei und die Beschwerden in der anlagebedingten Fußdeformität ihre Ursachen hätten. Darüber hinaus fehlten in den letzten Jahren Brückensymptome, die auf verbliebene Schäden durch das Unfallereignis hindeuteten. Die Versorgungsärztin K. führte ergänzend aus, ein Zusammenhang zwischen dem Bandscheibenvorfall und der Fußdeformität rechts sei zwar denkbar, begünstigt auch durch die allgemeine Bindegewebsschwäche, er sei aber nicht Folge der Distorsion des rechten Fußes im Rahmen des Wehrdienstsports.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2007 wies der Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, die damals erhobenen klinischen Untersuchungsbefunde und der dokumentierte Heilverlauf unterstützten die Annahme, dass das Unfallereignis für die heute beklagten Beschwerden ungeeignet sei und diese in der anlagebedingten Fußdeformität ihre Ursache hätten. Der jetzt geltend gemachte Bandscheibenvorfall könne nicht als mittelbare Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem abgelaufenen Trauma beim Wehrdienstsport einerseits und der Fußdeformität rechts sowie dem Bandscheibenschaden andererseits könne nicht gesehen werden. Eine Untersuchung des Klägers sei entbehrlich, weil der Gesundheitszustand ausreichend geklärt sei.

Dagegen hat der Kläger am 8. März 2007 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, zu deren Begründung er ergänzend vorgetragen hat, das Unfallereignis sei nicht beim Wehrdienstsport erfolgt, sondern beim militärischen Dienst. Bei der Musterung sei keine Formveränderung des rechten Fußes dokumentiert worden. Er sei damals für tauglich erachtet worden.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG den behandelnden Chirurgen Dr. R. als sachverständigen Zeugen gehört und den Kläger anschließend auf eigenes Kostenrisiko nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begutachten lassen.

Dr. R. hat ausgeführt, er könne einen Zusammenhang zwischen dem jetzt erhobenen MRT-Befund des rechten Fußes und dem damaligen Distorsionstrauma nicht erkennen. Er hat den radiologischen Befund von Dr. D. beigefügt, wonach eine genuine Zweiteilung des Naviculare mit begleitender, konsekutiver Plattfußbildung nachgewiesen worden sei.

Der Kläger hat nach Vertagung der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2009 zur Benennung eines Gutachters nach § 109 SGG ein Attest von Dr. R. vorgelegt, wonach auf den neu angefertigten Röntgenaufnahmen ein größeres zusätzliches Fragment des rechten Kahnbeines zu sehen sei, wobei auf der linken Seite ein kleines und gut abgerundetes Fragment vorhanden wäre. Die rechte Seite zeige im Vergleich zur Gegenseite auch eine erhebliche Rauigkeit im Bereich der Trennlinie, sodass er einen direkten Zusammenhang mit dem damaligen Distorsionstrauma zwar nicht belegen könne, ihn aber für möglich halte. Zur Kausalität könne er keine weiteren klaren Aussagen machen.

Der Sachverständige Dr. H. hat in seinem orthopädischen Gutachten ausgeführt, bei dem Kläger befänden sich im Bereich der unteren Extremität, insbesondere der Füße und hier insbesondere rechts keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen oder Bandinstabilitäten. Auffällig sei eine Prominenz des Kahnbeines am Fuß rechts stärker ausgeprägt als links ohne lokale Entzündungszeichen oder direkt nachweisbare Auswirkungen auf die Kraftentfaltung im rechten Fuß. Es bestünden Senkspreizfüße beidseits mit Abflachung der Fußlängs- und -quergewölbe sowie eine Valgusstellung des Rückfußes und Fersenbeines rechts stärker ausgeprägt als links. Das Ausmaß der Fußgewölbeabflachung sowie der Valguskippung der Rückfüße sei als gering bis mäßig ausgeprägt zu bezeichnen. Röntgenologisch fänden sich zusätzlich Knochenfragmente am Kahnbein des Fußes innen vor dem Außenknöchel, welche für die klinisch beschriebene Prominenz verantwortlich seien. Das rechte Knochenfragment sei größer als das linke. Dies könne theoretisch durch die Distorsion vom 8. Juli 1965 verursacht worden sein. Der beschriebene Unfallmechanismus mit Treten in ein Loch bzw. eine Bodenunebenheit beim Laufen mit Gepäck wäre grundsätzlich dafür geeignet. Eine Absenkung der Fußgewölbe habe ausweislich des Befundes der Musterungsuntersuchung zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden Dazu sei aber anzumerken, dass die Gründlichkeit und Vollständigkeit dieser Tauglichkeitsuntersuchung insbesondere zur Beurteilung von mittleren und leichten Ausprägungen dieser Fußdeformität als nicht ausreichend zu bewerten sei. Unabhängig davon sei bekannt, dass sich diese Fußfehlformen sehr häufig erst im mittleren und letzten Lebensdrittel mit einer Häufigkeit entwickelten, die diese Fußform fast schon als Normalbefund betrachten ließe. Solches gelte auch für die Valgusstellung der Rückfüße, welche in der Regel begleitend zur Absenkung der Fußlängs- und -quergewölbe auftrete und eine zusätzliche Achsabweichung im Sinne des Knickfußes darstelle. Die damals dokumentierten Befunde, der Krankheitsverlauf und die offenbar erfolgreichen Behandlungsmaßnahmen wiesen insgesamt eindeutig eher auf das Vorliegen einer Distorsion des rechten Fußes und Sprunggelenkes als auf dasjenige einer Knochenfraktur hin. Bei der Frakturierung des Os naviculare am rechten Fuß wären nach klinischer Erfahrung wesentlich stärkere Krankheitssymptome über einen längeren Zeitraum zu erwarten gewesen, die adäquate Behandlung einer Kahnbeinfraktur hätte zumindest in der Entlastung mittels Unterarmgehstütze sowie in der Anlage eines Unterschenkelliegegipses für einen Zeitraum ab etwa drei bis vier Wochen bestanden. Das Os tibiale externum trete bei dem Kläger an beiden Füßen auf und sei anlagebedingt und verantwortlich für belastungsabhängige Beschwerden der medialen Fußwurzel sowie eine tastbare Prominenz des Kahnbeins innenseitig. Das Distorsionsereignis habe eindeutig nicht zu einer knöchernen Verletzung und damit zum Auftreten des Knochenfragments geführt. Auch die seitendifferente Ausprägung des Os tibiale externum sei nicht auf den Unfall zurückzuführen, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Verletzung gut 20 ½ Jahre alt gewesen sei und zu diesem Zeitpunkt von einer vollständig abgeschlossenen und schon länger zurückliegenden Knochenskelettreifung der Füße ausgegangen werden müsse. Die heute feststellbaren Veränderungen der Füße seien nicht mit Wahrscheinlichkeit oder im Sinne einer medizinisch nicht unerheblichen Mitursache als Folge des Unfalls anzusehen. Die Abschwächung des Achillessehnenreflexes rechts sowie die leichten sensorischen Defizite am rechten Fuß und Unterschenkel seien mit Sicherheit nicht auf das Unfallereignis, sondern auf den etwa 40 Jahre später klinisch feststellbaren Bandscheibenschaden der unteren Lendenwirbelsäule zurückzuführen.

Nach vorangegangener Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2010, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 30. August 2010, die Klage mit der Begründung abgewiesen, es könne offen bleiben, inwieweit der Kläger eine Wehrdienstbeschädigung im Sinne einer gesundheitlichen Schädigung durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes gehabten Unfall erlitten habe. Jedenfalls habe die erlittene geringfügige gesundheitliche Schädigung nicht zu heute fassbaren Schädigungsfolgen geführt. Dies habe schon der behandelnde Chirurg Dr. R. so gesehen, auch wenn er zuletzt einen Ursachenzusammenhang für möglich erachtet habe. Die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs habe er damit aber gerade nicht bekundet. Das habe auch der erfahrene gerichtliche Sachverständige Dr. H. so bestätigt. Da ein wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang zwischen einer unfallbedingten Primärschädigung 1965 und heute vorhandenen Beschwerden am rechten Fuß nicht zu beweisen sei, habe der Kläger keinen Anspruch.

Am 15. September 2010 hat der Kläger Berufung eingelegt, zu deren Begründung er vorgetragen hat, er sei sich bewusst, dass die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nach rund 45 Jahren des Unfalls zu belegen, kein leichtes Unterfangen sei. Bei der Musterung sei er tauglich Grad II / Ersatzreserve I gewesen. Nach dem Unfall hätten seine Ärzte ausgesagt, der Mittelfußknochen sei beim Umknicken herausgesprungen und angebrochen. Seitdem habe er stets Probleme beim Gehen, insbesondere bei einer Belastung im Mittelfuß, und sei beim längeren Gehen nur eingeschränkt belastungsfähig. Der Fuß knicke ihm immer wieder um. Die Instabilität des Mittelfußes sei vor dem Unfallereignis nicht gegeben gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23. August 2010 sowie den Bescheid vom 28. September 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, festzustellen, dass als Schädigungsfolgen krankhafte Veränderungen am rechten Fuß vorliegen und ihm Versorgungsrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 30 zu gewähren, hilfsweise einen Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 15 festzustellen.

Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf das angegriffene Urteil,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach Durchführung eines Erörterungstermins vom 29. März 2011 haben die Beteiligten einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 151, 143, 144 SGG form- und fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Veränderung am rechten Fuß als Schädigungsfolge.

Der Kläger erstrebt bei sachdienlicher Auslegung seines Klage- und Berufungsbegehrens (§ 123 SGG) im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen ablehnenden - und auch einer zukünftigen Leistungsgewährung entgegenstehenden - Verwaltungsentscheidung des Beklagten sowie die Feststellung, dass er eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat. Denn nachdem der Beklagte die Gewährung von Leistungen insgesamt mit der Begründung abgelehnt hat, eine Wehrdienstbeschädigung liege nicht vor, ist vorliegend in Ermangelung einer vom Beklagten getroffenen Verwaltungsentscheidung über konkrete Entschädigungsleistungen ein gerichtlicher Leistungsanspruch auf Gewährung von (unbenannten) Versorgungsleistungen nicht zulässig (vgl. zur Verneinung eines Versicherungsfalls durch den Unfallversicherungsträger im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-3700 § 8 Nr. 12; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Auflage, S. 162 ff.). Vielmehr ist zunächst die in Rede stehende und vom Beklagten verneinte Voraussetzung möglicher Leistungsansprüche im Wege der Feststellungsklage zu klären. Einem auf Gewährung von Beschädigtenversorgung gerichteten Leistungs- oder Verpflichtungsantrag kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BSG aaO und Urteil von 07.09.2004 - B 2 U 45/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 2). Die hierauf gerichtete Klage ist unzulässig, die Berufung mithin insoweit unbegründet.

Der Beklagte ist für die Entscheidung zuständig (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29.04.2010 - B 9 VS 2/09 R - SozR 4-3200 § 88 Nr. 4). Denn die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a SVG sind im Falle des Klägers nicht erfüllt, da weder der Kläger ehemaliger Berufssoldat oder Soldat auf Zeit ist noch das Verfahren bei Beendigung des Wehrdienstverhältnisses nicht eingeleitet worden ist.

Nach § 80 S. 1 SVG erhalten Soldaten, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, nach Beendigung des Wehrdienstes wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Eine Wehrdienstbeschädigung ist gem. § 81 Abs. 1 SVG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist. Die geschützte Tätigkeit, das schädigende Ereignis und die Gesundheitsstörung müssen nachgewiesen, d.h. ohne vernünftige Zweifel bewiesen sein (BSG, Urteil vom 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R - SozR 3-3200 § 81 Nr. 16). Dies setzt einen so hohen Grad der Wahrscheinlichkeit voraus, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R -m.w.N; Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 118 Rdnr. 5 m.w.N.).

Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29.03.1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31.10.1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110). Ist allerdings die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhanges des Gesundheitsschadens mit der Wehrdienstbeschädigung nur deshalb nicht gegeben, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit - auch allgemein erteilter - Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales der Gesundheitsschaden als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden (sog. Kannversorgung; vgl. § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG), wobei die Zustimmung durch eine gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ergangene rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ersetzt werden kann (vgl. zu einer Verurteilung zur Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung BSG, Beschluss vom 28.10.1994 - 9 RV 17/94 - zit. nach juris).

Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor. Dies hat das SG in Auswertung der sachverständigen Zeugenaussage von Dr. R. wie des nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens von Dr. H. ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Würdigung an und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs. 2 SGG ab. Gegen die Berücksichtigung der versorgungsärztlichen Stellungnahmen, die als sachkundiges Beteiligtenvorbringen zu verwerten sind, spricht dabei nicht, dass sie von Beklagtenseite eingebracht wurden. Vielmehr bedient sich der Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandender Weise des medizinischen Sachverstands seiner Versorgungsärzte wie dies auch in allen anderen Versicherungszweigen gängige Praxis ist. Inwieweit diese die richterliche Überzeugung beeinflussen, ist allein eine Frage der Beweiswürdigung. Vorliegend hat das SG seine Entscheidung ohnehin auf die sachverständige Zeugenaussage von Dr. R. wie das bei einem Arzt seines Vertrauens eingeholte Gutachten gestützt, so dass die Rüge ohnehin ins Leere geht. Dass der Kläger die Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht teilt, führt ebenfalls nicht zur teilweisen Unverwertbarkeit des Gutachtens, zumal das erstinstanzliche Gericht wie der Senat das Gutachten auf Schlüssigkeit prüfen.

Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Berufungsbegründung des Klägers unter Hinweis auf die bereits bekannten Ergebnisse der Tauglichkeitsuntersuchung nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Bereits der Sachverständige Dr. H. hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Gründlichkeit und Vollständigkeit der Tauglichkeitsuntersuchung insbesondere zur Beurteilung von mittleren und leichten Ausprägungen dieser Fußdeformität als nicht ausreichend zu bewerten ist. Deswegen hat der Umstand, dass der Kläger Tauglichkeitsgrad II war, auf die Beurteilung, welche Schäden er sich durch das Umknicken des rechten Fußes zugezogen hat, keinen Beweiswert in dem Sinne, dass von einer Ursächlichkeit des Unfalls ausgegangen werden muss.

Vielmehr hat insbesondere der Sachverständige Dr. H. zutreffend darauf hingewiesen, dass der kurze Krankheitsverlauf bei Verordnung von Einlagen, zwölfmal Kurzwelle und für drei Wochen Befreiung vom Sport keine Hinweise auf eine Knochenfraktur ergibt. Dafür spricht auch, dass sich nach der Entlassungsuntersuchung vom 24. März 1966 keine weiteren Krankeneinträge mehr finden. Demnach muss von einer offenbar erfolgreichen Behandlungsmaßnahme ausgegangen werden.

Dr. H. hat in diesem Zusammenhang zutreffend hervorgehoben, dass bei einer Frakturierung des Os naviculare am rechten Fuß wesentlich stärkere Krankheitssymptome über einen längeren Zeitraum zu erwarten gewesen wären und eine adäquate Behandlung einer Kahnbeinfraktur zumindest mittels Unterarmgehstürze sowie in der Anlage eines Unterschenkelliegegipses für einen längeren Zeitraum ab etwa drei bis vier Wochen bestanden habe.

Von einer knöchernen Verletzung, die im Übrigen auch röntgenologisch zum damaligen Zeitpunkt nicht belegt ist, ist aufgrund des stattgehabten Unfallereignisses nicht auszugehen. Das Knochenfragment, das Dr. R. unzweifelhaft vorgefunden hat, muss deswegen nicht anlässlich des Distorsionsereignisses vom 8. Juli 1965 aufgetreten sein.

Auch die seitendifferente Ausprägung des Os tibial externum ist nicht unfallbedingt. Zum Zeitpunkt der Verletzung war nämlich die Knochenskelettreifung des Fußes angesichts des damaligen Lebensalters des Klägers vollständig abgeschlossen, sodass die seitendifferente Ausprägung auch zur Überzeugung des Senats nicht auf den Unfall zurückgeführt werden.

Somit sind keine Schädigungsfolgen des Unfalls vom 8. Juli 1965 zur Überzeugung des Senats nachweisbar. Die bloße Möglichkeit, die Dr. R. zuletzt angesichts des neuen Röntgenbefundes in den Raum gestellt hat, reicht für die erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass die Gesundheitsstörungen des Klägers ursächlich auf das Unfallereignis zurückgeführt werden können, nicht aus. Denn bereits Dr. R. hat eingeräumt, dass er eine Kausalität nicht belegen kann. Vielmehr muss mit Dr. H. davon ausgegangen werden, dass die Fußveränderungen sich erst im mittleren und letzten Lebensdrittel entwickelt haben, welches auch für die Valgusstellung der Rückfüße gilt.

Die Voraussetzungen für eine sog. Kannversorgung liegen ebenfalls nicht vor, da es an einem wahrscheinlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Wehrdienst und den festgestellten Leiden des Klägers nicht wegen einer bestehenden Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft fehlt.

Die Berufung war deswegen zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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