L 4 KR 1931/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 1166/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1931/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 82/11 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Versicherte hat auch dann keinen Anspruch auf die Versorgung mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln (hier: Phlogenzym), wenn er in eine Versorgung nach dem „Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) (…), dem Berufsverband Heileurythmie e.V. (BVHE) (…), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) (…) und dem Berufsverband Rhythmische Massage e.V. (BVRM) (…) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen“ eingewilligt hat.

Es bleibt unentschieden, ob es sich bei diesem Vertrag überhaupt um einen wirksamen Vertrag der integrierten Versorgung handelt.

NZB anhängig B 1 KR 82/11 B
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. März 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten für die Beschaffung des Arzneimittels "Phlogenzym" zu erstatten und ob sie die Klägerin künftig mit diesem Mittel zu versorgen hat.

Die 1969 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie leidet an einer HLA B27-negativen Spondylarthritis mit blander peripherer Gelenkbeteiligung, an radiologisch manifester Sakroiliitis beidseits, einem lokalen LWS-Syndrom bei Fehlstatik und Spondylarthrosen sowie an multiplen Insertionstendinosen. Der sie jetzt behandelnde Allgemeinarzt Z. hat zudem ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert (Attest vom 29. April 2010). An Vorerkrankungen liegt bei ihr ein Zustand nach operiertem Mammakarzinom (2001) und ein Zustand nach Strumaresektion vor. Im Jahr 2008 wurde ein Papillom in der Speiseröhre entdeckt (Bericht des Internisten, Rheumatologen und Homöopathen Dr. M. vom 17. April 2008; Bericht des Internisten und Gastroenterologen Dr. R. vom 11. Juli 2008). Wegen der Spondylarthritis erhielt die Klägerin ab dem Jahr 2007 u.a. das Arzneimittel Sulfasalazin Hexal 500 mg in der Dosierung 2-0-2, das mit Cortison eingestellt war.

Am 19. und 26. September 2008 unterschrieb die Klägerin eine "Teilnahme- und Einverständniserklärung für Patienten ( ) zu den Verträgen zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) über die Versorgung mit Anthroposophischer Medizin ( )" (Anlage 3 des "Vertrag[es] zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) [ ], dem Berufsverband Heileurythmie e.V. (BVHE) [ ], dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) [ ] und dem Berufsverband Rhythmische Massage e.V. (BVRM) [ ] sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen". Behandelnder Arzt im Rahmen dieser Versorgung ist Arzt Z ...

Mit Schreiben vom 05. November 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Kosten für die Versorgung mit dem nicht verschreibungspflichtigen Medikament Phlogenzym zu übernehmen. Sie sei chronisch krank und habe schlimmes Rheuma und Arthrose. Seit über einem Jahr nehme sie dazu das Arzneimittel Sulfasalazin ein, infolgedessen sie starke Magenschmerzen und Darmprobleme mit Durchfall und Blähungen habe. Arzt Z. habe die Menge von Sulfasalazin halbiert und insoweit durch das Medikament Phlogenzym ersetzt. Seitdem gehe es ihr viel besser. Zudem mache die Teilnahme an der integrierten Versorgung keinen Sinn, wenn die Kosten für die entsprechenden Medikamente nicht übernommen würden. Eine ärztliche Verordnung für dieses Arzneimittel legte die Klägerin zu keiner Zeit vor.

Mit Bescheid vom 19. November 2008 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Phlogenzym sei ein apothekenpflichtiges, jedoch kein verordnungsfähiges Medikament. Einer der drei Ausnahmefälle, in denen Kosten für nicht verschreibungspflichtige Medikamente übernommen würden, liege nicht vor.

Die Klägerin legte hiergegen am 26. November 2008 Widerspruch ein, mit welchem sie vortrug, ihr Körper werde seit über einem Jahrzehnt durchgehend durch Entzündungen der verschiedensten Art geplagt. Sie habe chronische Sinusitis, chronische Bronchitis, Entzündungen im unteren Rückenbereich, rheumatoide Arthritis u.a. Ihr Körper sei stark angegriffen. Die ständigen Entzündungen schwächten den Körper, der dadurch anfälliger sei für Tumore bzw. Krebs. Sie müssten daher dringend zum Stillstand gebracht werden. Seit etwa anderthalb Jahren seien ihr Cortison und Sulfasalazin verordnet worden. Das Medikament Sulfasalazin habe sie jedoch nicht vertragen. Sie habe zusätzlich starke Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, kolikartige Blähungen und zum Schluss auch starke Magenschmerzen gehabt. Infolge der angegriffenen Magenschleimhaut sei es zu einem ständigen Rückfluss von Magensäure und aufgrund dessen zu einem gutartigen Tumor im unteren Teil der Speiseröhre gekommen. Sie benötige daher dringend ein entzündungshemmendes Mittel, das magenverträglich sei, also weniger Nebenwirkungen habe. Deshalb habe sie dankbar den Informationsbrief der Beklagten über die Möglichkeit der Übernahme anthroposophischer Leistungen zur Kenntnis genommen. Seither sei sie bei Arzt Z. in medizinischer Behandlung. Dieser Arzt sei ihr von der Beklagten ausdrücklich empfohlen worden. Er setze das Medikament Sulfasalazin durch langsames Ausschleichen ab und ersetze es durch die Gabe von Phlogenzym, durch die Stärkung des Immunsystems bei Gabe von Mistelspritzen und zudem durch eine anthroposophische Maltherapie. Seitdem gehe es ihr merklich besser. Es könne nicht richtig sein, dass die Beklagte ihr einen Arzt empfehle und dann dessen medizinische Anordnungen in Frage stelle.

Die Beklagte holte daraufhin das sozialmedizinische Gutachten des Dr. L. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung vom 15. Dezember 2008 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass Phlogenzym nicht Bestandteil der aktuellen Ausnahmeliste gemäß Abschnitt F. 16.1 ff. der - in der damals noch geltenden Fassung - Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie - AMR -) sei, wonach eine Verordnung ausnahmsweise zulässig sei, wenn das Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelte, weil der therapeutische Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Diese Liste sei abschließend. Zwar sei gemäß Abschnitt F. 16.5 AMR eine Verordnung von Arzneimitteln der Anthroposophie und Homöopathie grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Auch hier sei jedoch Grundvoraussetzung, dass es sich bei schwerwiegender Erkrankung um ein in Abschnitt F AMR aufgeführtes Indikationsgebiet handele. Damit sei auch unter Anwendung von Abschnitt F 16.5 AMR eine Begründung für eine Verordnung zu Lasten der GKV nicht gegeben. Bei Vorliegen einer Ausnahmeindikation habe die Verordnung unter Beachtung von medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit durch den behandelnden Arzt auf Kassenrezept zu erfolgen. Eine Genehmigung durch die gesetzliche Krankenversicherung sei unzulässig.

Die Beklagte erließ daraufhin den weiteren ablehnenden Bescheid vom 22. Dezember 2008. Darin führte sie ergänzend aus, zwar sei gemäß der AMR eine Verordnung von Arzneimitteln der Anthroposophie und Homöopathie grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Aber auch hier sei Grundvoraussetzung, dass es sich bei schwerwiegender Erkrankung um ein aufgeführtes Indikationsgebiet handele, neben der Voraussetzung des Therapiestandards in der jeweiligen Therapierichtung.

Hierauf teilte die Klägerin mit Schreiben vom 24. Dezember 2009 mit, sie bleibe bei ihrer Widerspruchseinlegung. Es treffe nicht zu, dass Phlogenzym angeblich nicht als Therapiestandard bei Arthritis gelte. Genau dagegen helfe das Medikament. Im Übrigen sei das Medikament Phlogenzym schon einmal auf der Liste verordnungsfähiger Arzneimittel gewesen. Die Beklagte holte ein ergänzendes Gutachten bei Dr. L. ein (Gutachten vom 10. Februar 2009), der erneut dazu gelangte, dass eine Verordnung von Phlogenzym zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Betracht komme.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln bestehe nur für solche Arzneimittel, die sich bei der vorhandenen Krankheit als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen hätten und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Diese Anforderungen würden nur von solchen Arzneimitteln erfüllt, die nach den Vorschriften des Arzneimittelrechts für entsprechende Indikationen zugelassen seien. Nur unter bestimmten, vom Bundessozialgericht (BSG) aufgestellten Voraussetzungen unterfalle auch der Off-Label-Use von Arzneimitteln der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies sei nur der Fall, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, keine andere Therapie verfügbar sei und aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Im Falle der Klägerin fehle es bereits an der ersten Voraussetzung. Sie sei damit auf die - wenn auch mit Nebenwirkungen behafteten - kassenzugelassenen Präparate zu verweisen. Aus der Teilnahme an einem integrierten Versorgungsvertrag der anthroposophischen Medizin lasse sich kein vollumfänglicher Behandlungsanspruch in dieser Richtung herleiten.

Die Klägerin erhob am 22. April 2009 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) und begehrte die Versorgung mit dem Medikament Phlogenzym abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung. Sie verwies auf ihr bisheriges Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, bei ihr handele es sich sehr wohl um einen Ausnahmefall, weshalb die Beklagte verpflichtet sei, die Kosten für Phlogenzym zu übernehmen und für die Vergangenheit zu erstatten. Wegen der Unverträglichkeit von Sulfasalazin und unter Berücksichtigung ihrer Krebsvorgeschichte dürfe sie nicht auf die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Präparate verwiesen werden. Eine Behandlung mit Phlogenzym sei sowohl zweckmäßig als auch wirtschaftlich. Denn dadurch würden ihre Schmerzen gelindert, und eine Medikation mit Phlogenzym sei mit Sicherheit billiger als eine Krebsbehandlung, welche unweigerliche Folge einer Fortsetzung der Standardtherapie wäre. Anstelle des Medikaments Phlogenzym komme auch eine Medikation mit Wobenzym in Betracht. Die Klägerin legte Unterlagen des herstellenden Pharmakonzerns zu Wirksamkeit, Anwendungsgebiet und Zulassung, ihre Teilnahme- und Einverständniserklärung für Patienten vom 19. September 2008 und zwei Arztbriefe (denjenigen des Dr. R. vom 11. Juli 2008 sowie denjenigen des Dr. M. vom 17. April 2008) vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. März 2010 wies das SG die Klage der Klägerin ab. Sowohl der Anspruch auf Kostenerstattung für die Vergangenheit als auch derjenige auf Versorgung oder Kostenfreistellung für die Zukunft reichten nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch. Die von der Klägerin begehrte und bereits beschaffte Versorgung mit Phlogenzym setze folglich voraus, dass dieses Medikament zu den Leistungen gehöre, welche die gesetzlichen Krankenkassen allgemein nur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten. Einen Naturalleistungsanspruch auf Versorgung mit Phlogenzym abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung habe die Klägerin jedoch nicht, weil dieses Mittel nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V seien nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel aus der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der GBA lege in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V (AMR) fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gälten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden könnten (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Verordnung des Arzneimittels Phlogenzym zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung seien nicht erfüllt. Phlogenzym sei nach den AMR für die Behandlung von rheumatischen Erkrankungen als Ausnahmefall nicht vorgesehen (unter Verweis auf Abschnitt F 16.4 bis 16.4.47 AMR). Der grundsätzliche Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Dies habe das BSG bereits entschieden. Auch eine verfassungskonforme Auslegung im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) komme nicht in Betracht, weil diese voraussetze, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder eine zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliege. Daran fehle es im Falle der Klägerin ersichtlich. Schließlich vermöge auch der Hinweis der Klägerin auf eine zukünftige Kostenersparnis der Beklagten für den Fall der Übernahme der Kosten von Phlogenzym der Klage nicht zu einem Erfolg zu verhelfen, selbst wenn unterstellt werde, dass das Mittel den Gesundheitszustand der Klägerin dauerhaft positiv beeinflusse. Den Gesichtspunkt des vermeintlichen Ersparens von Aufwendungen anderer Art habe das BSG in ständiger Rechtsprechung nicht als anspruchsbegründend angesehen.

Gegen diesen ihr am 19. März 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 01. April 2010 beim SG Berufung eingelegt. Sie hat im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt. Zusätzlich hat sie vorgetragen, dass die Entscheidung der Beklagten auch deshalb nicht nachvollzogen werden könne, weil diese sie (die Klägerin) ausdrücklich auf die - zudem auch kostengünstigere - Behandlung mit anthroposophischer Medizin hingewiesen habe. Zudem liege auch ein Ausnahmetatbestand vor, da zum einen die Erkrankungen schwerwiegender Art seien und bei Behandlung mit der Schulmedizin auch schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs bei ihr ausgelöst werden könnten. Aufgrund der Krebsgefahr durch die Behandlung mit Sulfasalazin in Verbindung mit Cortison müsse zwingend vom Ausnahmetatbestand gesprochen werden. Die Klägerin hat erneut angegeben, dass sie hilfsweise auch die Behandlung mit dem Arzneimittel Wobenzym beantrage, das mit dem Medikament Phlogenzym vergleichbar, denn ebenfalls pflanzlich sei, jedoch gleichfalls nicht von der Beklagten übernommen werde. Sie hat das Attest des Arztes Z. vom 29. April 2010 vorgelegt. Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat sie die Kosten für das bereits in der Vergangenheit von ihr selbst beschaffte Medikament Phlogenzym mit insgesamt EUR 191,72 beziffert. Sie hat zur Begründung dessen eine Quittung vom 17. November 2008 über einen Betrag von EUR 35,75 und die Rechnung vom 16. Dezember 2008 in Höhe von EUR 155,97 vorgelegt. An ihrem Begehren, auch Kosten für das Medikament Wobenzym zu erstatten - insoweit erstmals im Berufungsverfahren vorgebracht - und sie damit zu versorgen, hat sie nicht festgehalten.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 10. März 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 19. November 2008 und 22. Dezember 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2009, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin bislang entstandene Kosten für die Behandlung mit Phlogenzym in Höhe von EUR 191,72 zu erstatten und sie künftig mit Phlogenzym zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid. Auf entsprechenden Hinweis des Senats hat sie ergänzend vorgetragen, dass der Anspruch der Klägerin sich auch nicht aufgrund einer Teilnahme an der integrierten Versorgung ergebe. Nach § 140b Abs. 3 Satz 4 SGB V dürften bei Verträgen zu integrierten Versorgungsformen Gegenstand des Versorgungsauftrags nur solche Leistungen sein, über deren Eignung als Leistungen der Krankenversicherung der GBA keine ablehnende Entscheidung getroffen habe. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V beschließe der GBA in Richtlinien u.a. über die Versorgung mit Arzneimitteln. In dieser AMR werde auch festgelegt, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen ausnahmsweise verordnet werden könnten. Da der GBA die ärztliche Verordnung von Phlogenzym bzw. Wobenzym nicht in die Ausnahmeliste mit aufgenommen habe, könne die ausnahmsweise Verordnung auch nicht Gegenstand des Homöopathievertrages im Rahmen der integrierten Versorgung sein. Die Beklagte hat den "Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) ( ), dem Berufsverband Heileurythmie e.V. (BVHE) ( ), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) ( ) und dem Berufsverband Rhythmische Massage e.V. (BVRM) ( ) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen" vorgelegt, der weder ein Datum noch die vorgesehenen Unterschriften der vier privatrechtlich organisierten Vereinigungen trägt. Zudem hat sie "Anlage 5 Behandlungskomplex Anthroposophische Medizin" zu diesem Vertragstext vorgelegt. Auf den Inhalt dieses Textes (Bl. 52 bis 65 der Senatsakte) und der Anlage 5 (Bl. 69 der Senatsakte) nimmt der Senat ausdrücklich Bezug.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere auch statthaft, obwohl der Erstattungsantrag hinsichtlich des Medikaments Phlogenzym, auf das die Klägerin ihr Begehren beschränkt hat, nur noch auf EUR 191,72 lautet. Die Klägerin ist mit ihrer Berufung insoweit nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, weil ihr Antrag zugleich auch auf Versorgung in die Zukunft gerichtet ist und derzeit davon auszugehen ist, dass die entstehenden Kosten EUR 750,00 übersteigen werden und zudem die laufende Versorgung mit Phlogenzym den Zeitraum eines Jahres überschreiten wird (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten vom 19. November 2008 und 22. Dezember 2008, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2009, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zwar konnte sich die Klägerin gegen beide Bescheide mit ihrer Klage zulässig wenden. Der Senat lässt dabei dahingestellt, ob der zweite Bescheid nicht lediglich als wiederholende Verfügung zu werten ist, denn aufgrund der förmlichen Abfassung als Bescheid hat die Klägerin insoweit jedenfalls ein Rechtsschutzbedürfnis auf dessen Beseitigung. In der Sache hat das SG jedoch die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf die Erstattung der bereits entstandenen Kosten für die Versorgung mit dem Arzneimittel Phlogenzym zu (dazu a). Noch kann sie für die Zukunft die Versorgung mit Phlogenzym verlangen (dazu b).

a) Da die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hatte, kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten für die bereits erfolgte Selbstbeschaffung von Phlogenzym in Höhe von EUR 191,72 nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistungen nicht rechtzeitig erbringen (Alternative 1) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden (Alternative 2), sind nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Regelung setzt voraus, dass die Beklagte der Klägerin die Versorgung mit Phlogenzym als Sach- oder Dienstleistung schuldete und sie nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erfüllt bzw. rechtzeitig zu erfüllen abgelehnt hat. Nach ständiger Rechtsprechung reicht der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V jedoch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. z.B. BSG, Urteil vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; Urteil vom 26. September 2006 - B 1 KR 3/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 10 m.w.N.). Der Anspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V kann daher die Grenzen des Leistungssystems nicht erweitern, sondern setzt einen Leistungsanspruch voraus. Dies hat das BSG unabhängig davon entschieden, auf welche Grundlage ein Sachleistungsanspruch gestützt wurde.

Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Versorgung mit Phlogenzym bestand jedoch zum Zeitpunkt seiner Anschaffung (ausweislich der vorgelegten Quittungen am 17. November 2008 sowie am 16. Dezember 2008) nicht. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob sich vorliegend ein Anspruch nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften des SGB V oder auf der Grundlage eines Integrationsvertrags nach §§ 140a ff. SGB V ergibt. Denn weder nach der einen noch der anderen Versorgungsform, also weder - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - nach den einschlägigen Vorschriften des SGB V (dazu aa) noch abweichend davon auf der Grundlage eines Vertrages der integrierten Versorgung nach den Maßstäben der §§ 140 a ff. SGB V (dazu bb), kam ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym im insoweit maßgeblichen Zeitraum in Betracht.

aa) Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen, seither unveränderten Fassung des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Arzneimitteln. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen. Abweichendes sehen weder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) noch das SGB V vor.

Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003 (BGBl. I, 2190) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der ab 01. Januar 2004 geltenden Fassung des GMG sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen. Der GBA legt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können (§ 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Diese Regelung gilt nicht für versicherte Kinder bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres und versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen (§ 34 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Der seit 01. Januar 2004 geltende Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung verstößt weder gegen das Grundgesetz (GG), insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG oder gegen die Rechte aus Art. 2 Abs. 1 oder Abs. 2 GG, jeweils i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), noch gegen Europarecht (BSG, Urteil vom 06. November 2008, B 1 KR 6/08 R, SozR 4-2500 § 34 Nr. 4; Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil anhängig 1 BvR 69/09). In jedem Falle kommt eine Arzneimittelversorgung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung aber nur dann in Betracht, wenn eine vertragsärztliche Verordnung (deren Erfordernis sich im Übrigen auch aus § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V ergibt) vorliegt (st.Rspr. des BSG, vgl. ausführlich Urteil vom 17. Dezember 2009, B 3 KR 13/08 R, SozR 4-2500 § 129 Nr. 5).

Ausgehend davon ergab sich ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit dem Arzneimittel Phlogenzym Ende 2008 unter zweierlei Gesichtspunkten nicht. Zum einen fehlt es schon am Vorliegen einer vertragsärztlichen Verordnung ("Kassenrezept") dieses Arzneimittels. Ein solches hat Arzt Z. nicht ausgestellt. Vielmehr hat er nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats ein Privatrezept ausgestellt. Soweit Arzneimittel von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen und somit nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind (wie das Arzneimittel Phlogenzym, dazu sogleich), darf der Vertragsarzt gemäß § 29 Abs. 11 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) keine vertragsärztliche Verordnung ausstellen, sondern muss ein Privatrezept verwenden.

Zum anderen war das Arzneimittel Phlogenzym auch vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst. Denn Phlogenzym ist ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel und daher nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen. Die Verordnung von Phlogenzym ist auch nicht nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V mit Begründung des Vertragsarztes - unabhängig davon, dass eine solche fehlt - ausnahmsweise zulässig. Die nach § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V dem GBA aufgegebene Umsetzung zur Bestimmung ausnahmsweise zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähiger Arzneimittel ist - bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitraum - durch die AMR in der Fassung vom 31. August 1993 (BAnz 1993, Nr. 246, S. 11 155), zuletzt geändert am 18. September 2008 (BAnz Nr. 161, S. 3 814) erfolgt. Dort hat der GBA in Abschnitt "F. Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen" ausgeführt, dass eine Krankheit schwerwiegend ist, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt (16.2), und ein Arzneimittel gilt als Therapiestandard, wenn der therapeutische Nutzen zur Behandlung der schwerwiegenden Erkrankung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (16.3). 16.4 bestimmt, was unter "schwerwiegenden Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung" im Einzelnen zu verstehen ist (16.4.1 bis 16.4.47). In diese Liste sind weder die bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen (Spondylarthritis mit blander peripherer Gelenkbeteiligung, Sakroiliitis beidseits, LWS-Syndrom, Spondylarthrosen, Insertionstendinosen sowie Fibromyalgie) noch das von ihr eingenommene Präparat Phlogenzym, das auf Basis verschiedener Enzyme erstellt ist, aufgenommen. Lediglich Pankreasenzyme, und dies auch nur im Zusammenhang mit einer Pankreaserkrankung, können ausnahmsweise vertragsärztlich verordnet werden. Auch nach Maßgabe von des Abschnitts F 16.5 AMR kommt eine Versorgung der Klägerin mit Phlogenzym nicht in Betracht. Dort ist zwar die Möglichkeit der Verschreibung von Arzneimittel der Anthroposophie und Homöopathie vorgesehen, sofern die Anwendung dieser Arzneimittel für diese Indikationsgebiete nach dem Erkenntnisstand als Therapiestandard in der jeweiligen Therapierichtung angezeigt ist, dies allerdings auch wiederum nur, soweit sie bezogen auf "im Abschnitt F aufgeführte Indikationsgebiete" verschrieben werden. Dies aber trifft, wie ausgeführt, auf die bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen gerade nicht zu.

Ein Leistungsanspruch der Klägerin lässt sich im Übrigen auch nicht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung begründen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht für vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine für die Bejahung des Leistungsanspruchs unter diesem Gesichtspunkt erforderliche notstandsähnliche Situation liegt nur dann vor, wenn ohne die streitige Behandlung sich ein tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird oder ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion akut droht (vgl. BSG, Urteil vom 27. März 2007, B 1 KR 17/06 R, in Juris). Ein solcher ausnahmsweise bestehender akuter Behandlungsbedarf ergab sich im Falle der Klägerin nicht. Sie selbst hat vorgetragen, dass ihre Befürchtungen hinsichtlich des Eintritts einer Krebserkrankung als Folge der Einnahme zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähiger Medikamente sich auf die Dauer niederschlagen werde. In jedem Falle ist ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne einer akuten Lebensbedrohung durch die Einnahme von Sulfasalazin und Cortison in ihrem Falle nicht gegeben.

bb) Ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym konnte sich zu dem Zeitpunkt, zu welchem sie sich dieses Präparat selbst beschafft hat, auch nicht auf der Grundlage eines Vertrages über die integrierte Versorgung nach Maßgabe der §§ 140 a ff. SGB V ergeben. Abgesehen davon, dass auch im Rahmen der integrierten Versorgung eine vertragsärztliche Verordnung mangels abweichender Regelung nicht entbehrlich sein dürfte und schon deshalb für die Vergangenheit ein Anspruch nicht mehr in Betracht kommt, hat der Senat aber auch erhebliche Zweifel daran, dass der von der Klägerin insoweit als Anspruchsgrundlage herangezogene "Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) ( ), dem Berufsverband Heileurythmie e.V. (BVHE) ( ), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) ( ) und dem Berufsverband Rhythmische Massage e.V. (BVRM) ( ) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen" überhaupt einen - wirksam - zwischen den vom Gesetz vorgesehenen Vertragsparteien geschlossenen Vertrag darstellt (dazu [1]). Dies lässt der Senat jedoch im Ergebnis dahingestellt. Denn selbst wenn man dies bejahte, ergibt sich in jedem Falle aus dem Inhalt des Vertragstextes kein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (dazu [2]). Überdies wäre ein Vertrag mit dem von der Klägerin behaupteten Inhalt auch mit den inhaltlichen Anforderungen, die ein Integrationsvertrag zu erfüllen hat, nicht vereinbar (dazu [3.]).

(1) Die Regelungen der §§ 140a bis 140d SGB V zur integrierten Versorgung wurden durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22. Dezember 1999 (GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 - GKV-GRG 2000, BGBl. I, S. 2626) in das SGB V aufgenommen. Sie bezwecken eine Verbesserung der Effizienz und Qualität der Versorgung durch Überwindung der sektoralen und disziplinären Aufspaltung des Versorgungsgeschehens. Es handelt sich folglich um eine alternative Form der Regelversorgung (vgl. dazu genauer Huster, in Becker/Kingreen, SGB V, 2. Aufl. § 140a Rn. 1 m.w.N.). In § 140a SGB V finden sich dabei die grundlegenden Begriffs- und Inhaltsbestimmungen der integrierten Versorgung, während § 140b SGB V Einzelheiten zu den Vertragspartnern und -inhalten enthält; die §§ 140c und d SGB V regeln die Vergütung der integrierten Versorgung, deren Anschubfinanzierung sowie die Bereinigung der Gesamtvergütung.

Auch die Versicherten können sich grundsätzlich auf die Inhalte eines Vertrages der integrierten Versorgung berufen (vgl. ebenso Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, K § 140a, Erg-Lfg 12/10, Rn. 45 ff.). Dies folgt aus § 140a Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB V, der eine Versorgung der Versicherten aus einem solchen Vertrag nach Inhalt und Umfang in Bezug nimmt und folglich auch ein Recht des Versicherten zur Berufung auf die dort verbindlich festgelegten Leistungen zu Lasten ihrer Krankenkasse schafft. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass überhaupt ein Vertrag - wirksam - geschlossen wurde, der als ein solcher der integrierten Versorgung im Sinne der §§ 140a ff. SGB V zu qualifizieren ist und zum Inhalt die begehrte Leistung für die Versicherten vorsieht, dass die Krankenkasse der betreffenden Versicherten Vertragspartnerin des Vertrages ist (§ 140b Abs. 1 und 2 SGB V) und dass die betreffende Person in die Versorgung eingewilligt hat (§ 140a Abs. 2 SGB V).

Ohne Zweifel liegt in der von der Klägerin am 19. und 26. September 2008 unterschriebenen "Teilnahme- und Einverständniserklärung" eine Erklärung im letztgenannten Sinne vor. Allerdings ist höchst zweifelhaft, ob der von der Klägerin in Bezug genommene "Vertrag zur Durchführung integrierter Versorgung nach §§ 140a ff. SGB V mit Anthroposophischer Medizin zwischen der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GÄAD) ( ), dem Berufsverband Heileurythmie e.V. (BVHE) ( ), dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e.V. (BVAKT) ( ) und dem Berufsverband Rhythmische Massage e.V. (BVRM) ( ) sowie den gesetzlich beigetretenen Krankenkassen" einen wirksam geschlossenen Integrationsvertrag im Sinne der einschlägigen Vorschriften darstellt. Schon der wirksame Vertragsschluss ist jedenfalls anhand des von der Beklagten vorgelegten Vertragstextes nicht nachvollziehbar. Der Text trägt keinerlei Datum und auch keine Unterschrift vertretungsberechtigter Personen der im Vertragsrubrum aufgeführten Vertragsparteien (vgl. zum Erfordernis eines - schon - wirksam geschlossenen Vertrags: BSG, Urteil vom 11. Februar 2011, B 1 KR 11/10 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Zudem ist anhand des Vertragstextes nicht erkennbar, dass die Beklagte Vertragspartnerin des Vertrages ist. § 140b Abs. 1 SGB V sieht vor, dass die einzelnen Krankenkassen mit verschiedenen Leistungserbringern Verträge abschließen. Der hier von der Beklagten vorgelegte Vertragstext weist jedoch einen Vertragsschluss unter vier Leistungserbringern aus, dem einzelne Krankenkassen (nach Maßgabe des § 12 des Vertrages) beitreten können. Ob diese Verfahrensweise überhaupt die Voraussetzungen eines Vertragsschlusses im Sinne des § 140b SGB V erfüllt, ist schon zweifelhaft, weil die Krankenkassen am Inhalt des Vertrages selbst gar nicht mitgewirkt haben, sondern lediglich beitreten können. Ein Beitritt konkret der Beklagten ergibt sich anhand der von ihr selbst vorgelegten Unterlagen jedenfalls nicht.

Zudem ist zweifelhaft, ob es sich vorliegend der Sache nach überhaupt um einen Vertrag der intergierten Versorgung handelt. Da vorliegend eine interdisziplinär-fachübergreifende Versorgung im Sinne einer stärkeren Zusammenarbeit unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen von vornherein nicht in Betracht kommt, der Vertrag vielmehr eine einzige Fachrichtung, nämlich die anthroposophische Medizin, im Blick hat, müsste der Vertrag eine leistungssektorenübergreifende Versorgung zum Inhalt haben. Auch dies dürfte indes nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG nicht der Fall sein. Das BSG hat entschieden, dass der Begriff der Leistungssektoren i.S. des § 140a Abs. 1 Satz 1 SGB V zwar nicht gesetzlich definiert, jedoch sein Inhalt anhand einer am Zweck der integrierten Versorgung orientierten Auslegung zu bestimmen ist (vgl. auch zum Folgenden BSG, Urteil vom 06. Februar 2008 - B 6 KA 5/07 R - SozR 4-2500 § 140a Nr. 2). Die Zielrichtung dieser Versorgungsform besteht aber vor allem darin, die starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu durchbrechen und den Krankenkassen die Möglichkeit zu eröffnen, außerhalb der bisherigen Regelversorgung eine alternative Versorgungsstruktur zu entwickeln. Es soll eine Verzahnung der verschiedenen Leistungssektoren stattfinden, zum einen, um eine wirtschaftlichere Versorgung zu ermöglichen, zum anderen aber auch, um für die Versicherten die medizinischen Behandlungsabläufe zu verbessern, z.B. Wartezeiten, Doppeluntersuchungen und Behandlungsdiskontinuitäten zu vermeiden (vgl. Baumann (geb. Beule), jurisPK-SGB V, § 140a RdNr. 2). Ausgehend von dieser allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ist der Begriff der "leistungssektorenübergreifenden Versorgung" funktionell zu bestimmen. Ausgangspunkt ist jeweils das Leistungsgeschehen und dessen inhaltlicher Schwerpunkt. "Übergreifend" ist dementsprechend eine Versorgung, die Leistungsprozesse, die in der traditionellen Versorgung inhaltlich und institutionell getrennt sind, nunmehr verknüpft. Behandlungsansatz und Ausrichtung des einzelnen Leistungsprozesses (z.B. hausärztliche Versorgung, ambulante Versorgung insgesamt, operative Behandlung, medizinische Rehabilitation) geben den entscheidenden Hinweis darauf, ob einzelne Behandlungsmaßnahmen Teil desselben Leistungssektors sind oder unterschiedlichen Sektoren angehören. Vorliegend soll durch den Vertrag indes nur intensiviert werden, was bereits vorher traditionell und einheitlich dem Bereich der ambulanten Versorgung zuzuordnen war. Auch zuvor kam die Verordnung von Heilmitteln der Art nach, wie sie der hier zur Beurteilung stehende Vertragstext in Bezug nimmt (Massage, Maltherapie), im Rahmen der Verordnung durch den behandelnden niedergelassenen Arzt in Betracht. Den Anforderungen des BSG an eine leistungssektorenübergreifende Regelung dürfte dies wohl nicht genügen.

(2) Diesen Bedenken brauchte der Senat jedoch nicht weiter nachzugehen. Denn in jedem Falle ergab sich auch anhand des Inhalts des Vertrages - unterstellt man einen den §§ 140a und b SGB V entsprechenden wirksamen Vertragsschluss - kein Anspruch der Klägerin auf die Versorgung mit Phlogenzym. Dies ergibt sich anhand einer Zusammenschau der Regelungen des § 1 über den Vertragsgegenstand, des § 2 über die Versorgungsinhalte, des § 7 über die Vergütung der ärztlichen Leistungen und des Anhangs 5 zum Vertrag.

§ 1 des Vertrages benennt den Vertragsgegenstand. Danach soll durch den Vertrag "der Zugang zu adäquater Beratung und Behandlung mit Anthroposophischer Medizin im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung und der Versorgung mit Heilmitteln der Anthroposophischen Medizin verbessert werden". In § 1 Abs. 2 des Vertrags ist überdies genau erläutert, was der Ansatzpunkt der anthroposophischen Therapie ist, nämlich eine ganzheitliche Heilmethode, die Selbstordnungs- und Selbstheilungskräfte aktivieren soll. Da den Vertrag anthroposophisch behandelnde Ärzte und Anwender von Heilmitteln als Vertragsparteien geschlossen haben, wird deutlich - was auch der Text unter Bezugnahme allein auf Heilmittel bestätigt -, dass es um die Einrichtung einer engeren Zusammenarbeit von ärztlicher Versorgung und Heilmittelerbringern geht. In diesem Zusammenhang seien anthroposophische Therapieformen (Heilmittel) indiziert. Den Inhalt der Arzneimittelversorgung hat diese Regelung demgegenüber gar nicht im Blick. Auch soweit in § 2 ("Versorgungsinhalte") aufgezeigt wird, dass sich die anthroposophische Medizin in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Ärzten und Therapeuten zur "ärztlichen medikamentösen Therapie, Kunsttherapie, Heileurythmie und Rhythmischen Massagen ( )" eigne, ist erneut nur deutlich gemacht, dass eine Verzahnung der ärztlichen Versorgung (und zwar auch dort, wo eine medikamentöse Therapie erbracht wird) mit der Versorgung durch Heilmittelerbringer gemeint ist. Nicht wird hierdurch ein Anspruch des Versicherten auf Versorgung auch mit Arzneimitteln der anthroposophischen Medizin begründet, die über den üblichen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgeht. Es spricht vielmehr die Aufschlüsselung dessen, was unter ärztlichen Leistungen gemeint ist (vgl. § 2 Abs. 3 aaO), deutlich dagegen: Hier ist nur pauschal von Behandlung, Beratung und Kommunikation mit den Heilmittelerbringern die Rede. Die Versorgung mit "anthroposophischen Arzneimitteln" innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung ist daher nicht Gegenstand dieser Regelung. Auch die Vergütungsvorschrift in § 7 des Vertrages geht auf die Vergütung ärztlicher Leistungen, nicht dagegen auf die Versorgung mit Arzneimitteln ein. All dies kann nicht anders verstanden werden, als dass der Vertrag hinsichtlich der Arzneimittelversorgung vollständig auf die vertragsärztliche Regelversorgung aufsetzt. Anderes ergibt sich insbesondere auch nach Maßgabe von Anlage 5 des Vertragstextes ("Behandlungskomplex Anthroposophische Medizin") nicht. Dort wird lediglich aufgeführt, dass im Rahmen der medikamentösen Therapie "neben den vom Patienten oral eingenommenen Medikamenten (Dilutionen, Tabletten, Triturationen)" auch andere Behandlungsmethoden (Wickel, Salben u.Ä. sowie Injektionen) in Betracht kommen. Welche medikamentöse Therapie denn damit im Einzelnen gemeint sein soll, ist nicht aufgelistet. Eine Erweiterung der Liste verordnungsfähiger Arzneimittel ist aus diesen vage gehaltenen Formulierungen jedenfalls nicht herzuleiten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein abweichendes Verständnis schließlich auch nicht als Annex daraus, dass eine anthroposophische Versorgung nur im Sinne einer umfassenden, automatisch alle solchen Behandlungsformen umfassenden Versorgung gemeint sein könne. Eine solche, über den Inhalt der gesetzlich vorgesehenen Versorgung weit hinausgehende Regelung müsste sich aus dem Vertragstext deutlich ergeben. Dies liegt auch der einschlägigen Rechtsprechung des BSG zugrunde (vgl. etwa BSG vom 06. Februar 2008 - B 6 KA 27/07 R - SozR 4-2500 § 140d Nr. 1). Auch dort war durch das BSG festgestellt worden, dass eine Gesamtverantwortung des Hausarztes für die Behandlung der Versicherten, insbesondere aber ihre Versorgung mit Arzneimitteln nicht vereinbart wurde, eine solche also nicht an die Stelle der vertragsärztlichen Versorgung im hausärztlichen Versorgungsbereich trat, sondern letztere nur partiell ausgeweitet und optimiert werden sollte. Mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelungen hat das BSG daher auch im dortigen Fall die Regelversorgung in der Arzneimittelversorgung für maßgeblich erachtet. Anderes kann auch im konkreten Fall nicht gelten. Auch hier erschöpft sich der Regelungsgehalt aus der Perspektive des behandelnden Arztes allein in der zusätzlichen Vergütung bestimmter hausärztlicher Koordinierungsaufgaben und der Kooperation mit Heilmittelerbringern. Der Vertragstext enthält demgegenüber keinerlei konkrete Angaben zu einzelnen Behandlungsmethoden, Arzneimitteln o.Ä.

(3) Lediglich ergänzend wird angeführt, dass eine solche vertragliche Regelung im Übrigen wohl auch von den gesetzlich zulässigen Möglichkeiten der §§ 140a ff. SGB V nicht erfasst wäre. Aus einem nach Maßgabe der dortigen Regelungen rechtswidrigen Vertragsinhalt könnte die Klägerin als Versicherte zu Lasten ihrer Krankenkasse daher ohnehin keinen Leistungsanspruch ableiten.

Der bis 31. Dezember 2010 geltende § 140a Abs. 1 Satz 5 SGB V war die einzige Regelung zur Arzneimittelversorgung im Rahmen der integrierten Versorgung. Nach ihr sollte eine von den Vertragsparteien erforderlich gehaltene Arzneimittelversorgung auf der Grundlage von Verträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V erfolgen. Dies setzt grundsätzlich die Einbeziehung auch von Apotheken in die Vertragsvereinbarung voraus. Ein entsprechender Rabattvertrag wurde jedoch hier von den Vertragsparteien nicht geschlossen.

Im Übrigen wäre sie wohl auch mit den weiteren gesetzlichen Anforderungen an einen zulässigen Vertragsinhalt nicht vereinbar. Auch im Rahmen der integrierten Versorgung haben die Versicherten nämlich einen Anspruch darauf, dass die Versorgung dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse und des medizinischen Fortschritts entspricht (vgl. BT-Drucks 14/1245, S. 92). Daher müssen Vertragspartner der Krankenkassen die Erfüllung der Leistungsansprüche der Versicherten auch im Rahmen der integrierten Versorgung uneingeschränkt gewährleisten (vgl. Engelhard, in: Hauck/Noftz, § 140b Rn. 37 ff.). Deshalb enthält § 140b Abs. 3 SGB V eine Reihe grundsätzlicher Anforderungen, die im Wesentlichen den für die im herkömmlichen System tätigen Leistungserbringer geltenden gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. So haben sich insbesondere gemäß § 140b Abs. 3 Satz 1 SGB V die Vertragspartner der Krankenkassen in den Verträgen zu einer qualitätsgesicherten, wirksamen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten zu verpflichten. Nach Satz 2 aaO ist dabei insbesondere der Stand der medizinisch gesicherten Erkenntnisse zu berücksichtigen. Ermächtigungen zur Abweichung von gesetzlichen Bestimmungen enthält die Regelung des § 140b Abs. 4 SGB V. Sie erlaubt in Satz 1 aaO den Vertragspartnern, unter bestimmten Voraussetzungen von konkret benannten Regelungen des Leistungserbringungsrechts (nicht: des Leistungsrechts) abzuweichen. Abweichungen im Leistungsrecht werden demgegenüber nur durch § 140b Abs. 3 Satz 4 SGB V vorgegeben. Diese Regelung nimmt allerdings nur neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in Bezug und eröffnet insoweit in der ambulanten Behandlung einen größeren Spielraum zur Einbeziehung auch von nicht durch den GBA ausdrücklich befürworteter Behandlungsmaßstäbe in die Versichertenversorgung. Anhand einer Zusammenschau dieser Regelungen wird jedoch zugleich deutlich, dass mangels ausdrücklicher Ausnahmeregelung schon fraglich ist, ob innerhalb der Versorgung mit Arzneimitteln überhaupt über den gesetzlich vorgesehenen Leistungskatalog hinausgegangen werden darf. Jedenfalls aber - sollte dies noch bejaht werden können - könnte eine solche "Ausnahme" allenfalls unter konkreter Benennung einzelner Präparate zulässig sein. Dies lässt sich anhand einer systematischen Zusammenschau mit § 140b Abs. 3 Satz 4 SGB V gewinnen, denn danach können auch neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden Vertragsbestandteil werden, was jedoch denklogisch voraussetzt, dass diese im Vertragstext konkret benannt sind. Nicht dagegen kommt eine generelle Einbeziehung aller "anthroposophischen Arzneimittel" in Betracht.

cc) Kam damit ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit Phlogenzym im insoweit maßgeblichen Zeitraum Ende 2008 unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht, kann sie auch nicht nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V Kostenerstattung verlangen.

b) Mit Blick auf die vorangegangenen Ausführungen kann die Klägerin im Übrigen auch für die Zukunft nicht die von ihr begehrte Versorgung mit Phlogenzym verlangen, weil aus sachlich-rechtlichen Gründen ein entsprechender Versorgungsanspruch der Klägerin nicht in Betracht kommt.

Dies gilt auch hier unabhängig davon, ob die Klägerin eine Versorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften oder eine solche der integrierten Versorgung gewählt hat, so dass auch hier dahinstehen kann, ob überhaupt ein Vertrag über die integrierte Versorgung mit anthroposophischer Medizin wirksam geschlossen wurde. Denn auch nach Maßgabe der jetzt gültigen gesetzlichen Regelungen (§§ 27, 31 und 34 SGB V in Verbindung mit der jetzt gültigen Fassung der AMR vom 18. Dezember 2008/22. Januar 2009 [BAnz 2009, Nr. 49a], zuletzt geändert am 23. Juni 2011 [BAnz Nr. 118, S. 2 796]) ist eine Versorgung mit Phlogenzym nicht vorgesehen. Wie zuvor Abschnitt F, schließt jetzt § 12 in Verbindung mit Anlage I der AMR eine entsprechende Versorgung mit diesem Arzneimittel nach wie vor aus. Insbesondere sind die bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankungen nach wie vor nicht solche, die vom GBA für schwerwiegend befunden werden. Nach § 12 Abs. 6 AMR in der aktuellen Fassung können der Klägerin daher auch Arzneimittel der anthroposophischen Medizin nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.

Für einen Anspruch auf die Versorgung mit Phlogenzym auf der Grundlage eines Integrationsvertrags gilt das unter a) bb) Gesagte. Es fehlt insoweit an einer einen solchen Anspruch begründenden vertraglichen Regelung, die wohl im Übrigen auch mit den Vorschriften der §§ 140a ff. SGB V nicht vereinbar wäre.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat hat seine Entscheidung auf eine Auslegung der einzelnen Vertragsklauseln, also des Vertragstextes selbst gestützt und daher die angeschnittenen grundlegenden Fragestellungen zum Inhalt von Integrationsverträgen dahingestellt sein lassen. Die Frage, ob der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung rechtmäßig ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung, da insoweit bereits das genannte Urteil des BSG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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