L 4 R 2324/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 884/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2324/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05. Februar 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1961 in O. (Oberschlesien/Polen) geborene Klägerin erlernte dort den Beruf der Fleischverarbeiterin, war jedoch in diesem Beruf nie versicherungspflichtig beschäftigt, sondern zunächst von Dezember 1978 bis März 1983 als Verkäuferin und anschließend nach entsprechender Umschulung bis September 1986 als Oberbuchhalterin versicherungspflichtig beschäftigt. In der Folgezeit befand sich die Klägerin in Erziehungsurlaub. Im Dezember 1987 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland um, wo sie zunächst arbeitsuchend gemeldet war. Zum 14. Oktober 1991 trat sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Maschinenbedienerin bei der Firma Y. R. an, in welcher sie im Folgenden durchgängig versicherungspflichtig beschäftigt war. In dieser Tätigkeit wurde sie zum 29. November 2004 arbeitsunfähig krankgeschrieben; sie bezog bis zur Aussteuerung im November 2005 unterbrochen durch Zeiten der Rehabilitation mit Übergangsgeld - Krankengeld und anschließend bis zum 18. November 2006 Arbeitslosengeld I. Seither ist die Klägerin ohne Bezüge, wobei sie in der Zeit vom 26. April 2007 bis einschließlich Ende Dezember 2007 arbeitslos gemeldet war. Ihre Beschäftigung bei der Firma Y. R. endete förmlich zum 30. April 2009.

Im März 2005 war bei der Klägerin erstmals eine Bandscheibenoperation nach Bandscheibenvorfall LW4/5 links durchgeführt worden. Aus der anschließenden medizinischen Reha-Maßnahme wurde die Klägerin mit einem Restleistungsvermögen sowohl in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Maschinenbedienerin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von sechs Stunden täglich und mehr entlassen (vgl. den Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. R. von der S.-Klinik KG B. S. vom 03. Mai 2005). Im Juli 2005 wurde eine Revisions-Operation mit Dekompression durchgeführt; eine anschließende Reha-Maßnahme erfolgte nicht.

Am 23. Juni 2006 stellte die Klägerin bei der Beklagten Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Sie gab an, sich aufgrund von Wirbelsäulenbeschwerden und einer Asthmaerkrankung seit 2003 für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen über die Klägerin, insbesondere Arztbriefe des sie behandelnden Orthopäden Dr. S., des Arztes für Allgemeinmedizin und Hausarztes Dr. E. sowie der Lungenfachärztin Dr. G.-S., sowie den Operationsbericht des Dr. Ro. vom 01. Juli 2005 über die erfolgte Revisions-Operation bei und veranlasste eine orthopädische Begutachtung der Klägerin durch den Arzt für Orthopädie und Chirotherapie Dr. K ... Der Gutachter berichtete aufgrund einer Untersuchung der Klägerin in der ärztlichen Untersuchungsstelle der Beklagten in Karlsruhe am 25. September 2006 in seinem Gutachten vom 28. September 2006 von einem Lumbalsyndrom mit ischialgieformer Schmerzausstrahlung in das linke Bein bei Postdiskotomiesyndrom nach Bandscheibenoperation L4/5 aus März 2005 und Revisionsoperation von Juli 2005, einer ausgeprägten Chondropathia patellae beidseits mit initialer Retropatellararthrose links, von Asthma bronchiale und einer Adipositas mit einem BMI von 31. Dr. K. gelangte zu der Auffassung, bei der Klägerin bestehe nach wie vor ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus bei Beachtung von qualitativen Leistungseinschränkungen insbesondere in Form der Vermeidung von Wirbelsäulenzwangshaltungen. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbedienerin, die vorwiegend im Stehen verrichtet werde, könne jedoch nur noch unter zweistündig täglich durchgeführt werden. Mit Bescheid vom 06. Oktober 2006 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag der Klägerin ab.

Zur Begründung ihres dagegen am 12. Oktober 2006 erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie leide an immer stärker werdenden Schmerzen. Ihr Orthopäde Dr. S. habe festgestellt, dass sich infolge der Vernarbungen des Gewebes im Rückenbereich Verhärtungen herausgebildet hätten, die auf diverse Nerven der Wirbelsäule drückten und die bereits festgestellte Schmerzausstrahlung ins linke Bein erheblich verstärkt hätten. Das vorhandene Asthma habe sich ebenfalls verschlechtert. Zwischenzeitlich leide sie außerdem an überhöhtem Blutdruck. Die Klägerin legte den Bericht des Dr. Gr. vom 18. Oktober 2006 über eine bei der Klägerin durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom selben Tage sowie ein ärztliches Attest ihres Hausarztes Dr. E. vom 25. Oktober 2006 vor. Die Beklagte ließ diese Unterlagen durch Dr. K. auswerten, der in seiner Stellungnahme vom 22. November 2006 zu der Auffassung gelangte, die neu vorgelegten ärztlichen Unterlagen ermöglichten keine Neubewertung des Leistungsvermögens, welches von der vorherigen gutachterlichen Einschätzung abweiche. Die Kernspintomographie beschreibe ein lediglich gering ausgebildetes Narbengewebe. Mit Widerspruchsbescheid vom 05. Februar 2007 wies daraufhin der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine weitere Sachaufklärung erscheine nicht erforderlich. Unter Berücksichtigung der bei der Klägerin vorliegenden Diagnosen und der daraus resultierenden Gesundheitsbeeinträchtigungen könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.

Die Klägerin erhob am 21. Februar 2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung verwies sie zunächst auf ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren. Im Folgenden trug sie vor, sich im März 2007 einer erneuten Bandscheibenoperation unterzogen zu haben und legte die Unterlagen des Facharztes für Neurochirurgie V. mit Bericht vom 19. März 2007 vor.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie legte die ärztliche Stellungnahme der Sozialmedizinerin Dr. L. ihres sozialmedizinischen Dienstes vom 17. November 2008 vor.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen an. Arzt V. teilte in seiner Auskunft vom 02. Mai 2007 mit, zum jetzigen Zeitpunkt nach insgesamt drei Bandscheibenoperationen halte er die Klägerin für nicht in der Lage, im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Verantwortlich hierfür sei die Restbeschwerdesymptomatik im Sinne von bewegungs- und belastungsabhängigen Rückenschmerzen mit zeitweiser Ausstrahlung ins linke Bein. Dr. E. teilte in seiner Auskunft vom 09. Mai 2007 mit, es finde sich eine reduzierte Beweglichkeit der LWS in allen Ebenen und eine persistierende linksseitige Fuß- und Großzehenheberschwäche. Durch den chronischen Schmerzverlauf zeige sich eine abnehmende psychische Belastbarkeit und zunehmende Depressivität im Sinne eines algogenen Psychosyndroms. Er halte die Klägerin auch für leichte Tätigkeiten derzeit nicht mehr arbeitsfähig. Die Entwicklung nach dem neuerlichen neurochirurgischen Eingriff im März 2007 bleibe abzuwarten. Dr. E. fügt seiner Auskunft aktuelle Arztbriefe über die Klägerin, insbesondere einen Bericht des Neurologen und Psychiaters PD Dr. Wö. vom 08. Mai 2007 über eine viermalige Vorstellung der Klägerin bei ihm zur Durchführung einer Schmerztherapie bei. Dr. S. führte in seiner Auskunft vom 20. Mai 2007 aus, bei der Klägerin lägen multiple Bandscheibenprotrusionen und -vorfälle vor. Insbesondere nach der ersten Bandscheibenoperation im März 2005 sei eine zunehmende Verschlechterung eingetreten. Die Klägerin sei nicht in der Lage, im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche mindestens sechs Stunden täglich einer Arbeit nachzugehen. Wesentlich verantwortlich sei hier die Ummauerung der Nervenwurzeln im Lendenwirbelsäulenbereich und die erhebliche Schmerzsymptomatik. Dr. S. fügte seiner Auskunft insbesondere den Bericht des Leiters der Schmerztherapie Prof. Dr. Sc. der Orthopädischen U.-klinik H. vom 04. Januar 2007 über eine Vorstellung der Klägerin dort im Dezember 2006 bei.

Infolge der erneuten Wirbelsäulenoperation im März 2007 hielt sich die Klägerin in der Zeit vom 26. März 2007 bis zum 22. April 2007 zur Durchführung einer medizinischen Reha-Maßnahme in der S.-Klinik KG in B. S. auf. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts des Prof. Dr. R. vom 09. Mai 2007 wurden bei der Klägerin dort ein sensibel und motorisch radikuläres LWS-Restsyndrom bei Zustand nach drei Wirbelsäulenoperationen, ein Asthma bronchiale und ein Hypertonus diagnostiziert. Nach Einschätzung des Prof. Dr. R. wurde die Klägerin für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Bestehen gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen als wieder sechs Stunden täglich und mehr belastbar entlassen.

Im Auftrag des SG erstattete der Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin sowie Oberarzt der Orthopädischen Klinik der S. V.-Kliniken Dr. J. über die Klägerin sein fachorthopädisches Gutachten vom 10. September 2007. Der Sachverständige berichtete aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 01. September 2007 von einer mäßigen Fehlstatik der Wirbelsäule. Kompensatorisch komme es zu einer vermehrten Halswirbelsäulenlordose. Die Nacken-, Schultergürtel- und Lendenstreckmuskulatur sei mäßig verspannt gewesen. Die Beweglichkeit der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sei altersentsprechend frei mit regelrechter Entfaltung der Dornfortsätze gewesen. Die Beinreflexe seien seitengleich negativ gewesen. Trotz mehrfacher Prüfung habe er eine sichere Parese im Bereich der unteren Extremitäten nicht nachweisen können. Die aktenkundig beschriebenen Nervenwurzelschädigungen L5 und S1 seien insgesamt als leicht zu werten. Derzeit sei allenfalls eine geringe Nervenwurzelreizung anzunehmen. Im Bereich der unteren Extremität sei die Hüftgelenksbeweglichkeit seitengleich frei gewesen. Auch im Bereich der Kniegelenke habe sich bei freier Beweglichkeit kein Reizzustand ergeben. Letztendlich sei die körperliche Belastbarkeit der Klägerin derzeit nur durch die Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Schädigung der L5- und S1-Nervenwurzel eingeschränkt. Anzumerken sei, dass der klinische Befund die von der Klägerin angegebenen Beschwerden sowie die beschriebene Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht ausreichend begründen könne. Unter Berücksichtigung gewisser qualitativer Leistungseinschränkungen insbesondere bezogen auf Körperhaltung sowie das Heben und Tragen von Lasten könne die Klägerin im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche in einer arbeitsmarktüblichen Höchstdauer von acht Stunden Arbeitszeit je Tag die noch möglichen Tätigkeiten vollschichtig ausüben. Auch das Zurücklegen eines Fußweges von 500 Metern viermal täglich in jeweils unter 20 Minuten werde als Arbeitsweg noch für möglich gehalten.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete sodann der Arzt für Orthopädie, Chirotherapie und Betriebsmedizin Dr. Bö. sein fachorthopädisches Gutachten vom 23. August 2008. Der Sachverständige diagnostizierte aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 09. Juli 2008 ein Postnukleotomie-Syndrom durch Wirbelkörper- und Bandscheibenverschleiß der Lendenwirbelsäule nach mehrfach operativer Manipulation im Segment L4/5 mit der Folge einer narbenbedingten und damit irreversiblen Wurzelschädigung der Nervenwurzel L5 und S1, was zu einer anhaltend schmerzbedingten Funktionsminderung mittelgradig und schweren Belastungsinsuffizienz der Wirbelsäule und des linken Beines geführt habe. Im Bereich der Halswirbelsäule werde durch ein Fortschreiten des Verschleißgeschehens im Segment C5/6 ein Halswirbelsäulen-Syndrom mit erst geringen Funktionsminderungen hervorgerufen. Durch langjährig schmerzhafte Wirbelsäulenbeschwerden könne eine Somatisierungstendenz nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, was depressive Verstimmungen miteinschließen könne. Die Asthma-bronchiale-Erkrankung sei Ursache der Schmerzmittelintoleranz, da durch vermehrte Schmerzmittel Anfallsgeschehnisse provoziert werden könnten. Selbst leichte körperliche Tätigkeiten unter drei Stunden täglich könnten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Verschlimmerung und damit eine weitere Gefährdung der Gesundheit der Klägerin bedingen. Die Klägerin sei auch nicht mehr in der Lage, täglich viermal einen Fußweg von 500 Metern jeweils unter 20 Minuten zurückzulegen.

Mit Urteil vom 05. Februar 2009 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin sei in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Maßgebend sei insoweit das Gutachten des Sachverständigen Dr. J ... Dieser komme nach ausführlicher Untersuchung der Klägerin nachvollziehbar zu dem Schluss, dass das Leistungsvermögen der Klägerin lediglich durch die Gesundheitsstörungen im Bereich der Lendenwirbelsäule mit leichter Schädigung der L5- und S1-Nervenwurzel eingeschränkt sei. Für die Kammer überzeugend leite er hieraus lediglich qualitative Leistungseinschränkungen ab. Nicht anzuschließen vermöge sich die Kammer dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten orthopädischen Gutachten des Dr. Bö ... Seine gegenüber dem Gutachten des Dr. J. abweichende Leistungsbeurteilung begründe dieser mit einer anhaltend schmerzbedingten mittelgradigen Funktionsminderung, verbunden mit einer progredienten Wurzelschädigung der Nervenwurzel L5 und S1 links und einer schweren Belastungsinsuffizienz der Wirbelsäule und des linken Beines. Die vorliegenden sensiblen Störungen seien durch Dr. Bö. bei seiner Untersuchung jedoch eher geringer ausgeprägt beschrieben worden; abgesehen von einer nur leichten Großzehenheberschwäche habe er keine motorischen Ausfälle bei der Klägerin gefunden. Soweit Dr. Bö. von einem Halswirbelsäulensyndrom berichtet habe, führe er selbst aus, dass dieses mit erst geringen Funktionsminderungen bestehe. Auch hieraus resultierten allenfalls qualitative Leistungseinschränkungen. Ein objektiver Nachweis für die von Dr. Bö. angegebene Schmerzmittelintoleranz lasse sich weder dem Akteninhalt noch den Angaben der Klägerin entnehmen. Vielmehr nehme diese nach eigenen Angaben sogar Schmerzmittel ein. Das bestehende Asthma bronchiale begründe ebenfalls keine quantitative Leistungsminderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Weshalb die Klägerin nicht mehr in der Lage sein solle, einen Fußweg von 500 Metern jeweils viermal täglich in 20 Minuten zurückzulegen, sei aus dem Gutachten des Dr. Bö. nicht schlüssig ableitbar.

Gegen dieses ihrem Prozessbevollmächtigten am 13. Mai 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin bereits am 05. März 2009 beim SG Berufung eingelegt. Sie befinde sich mittlerweile in einem derartig verschlechterten Gesundheitszustand, dass die beantragte Berentung gerechtfertigt sei. Sie werde schon seit zwei Jahren mit Tilidincelebrex, also morphinhaltigen Medikamenten, behandelt. Demnächst müsse sie sich einer erneuten Wirbelsäulenoperation, dieses Mal an der Halswirbelsäule, unterziehen. Auch auf psychiatrischem Gebiet leide sie sehr stark unter den chronischen Erkrankungen und ihrer hieraus resultierenden Lebenssituation. Sie werde sich nunmehr auch in psychiatrische Behandlung begeben. Auf lungenfachärztlichem Gebiet sei bei ihr insoweit nunmehr eine COPD diagnostiziert worden. Zum Nachweis hat die Klägerin einen Arztbrief der Lungenfachärztin Dr. G.-S. vom 07. Dezember 2009 vorgelegt. Weiter hat die Klägerin den Arztbrief des Endokrinologen und Diabetologen Z. vom 30. Juni 2011 vorgelegt, der u.a. eine manifeste Osteoporose diagnostizierte und eine Indikation zu der bereits eingeleiteten Behandlung bestehe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 05. Februar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 06. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01. Juli 2006 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil für zutreffend. Sie hat die Stellungnahme der Orthopädin und Sozialmedizinerin ihres Sozialmedizinischen Dienstes Dr. Ha. vom 23. Juli 2010 vorgelegt.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Arzt V. (Auskunft vom 24. August 2009) hat davon berichtet, dass die neuesten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen auf Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule abzielten. Insoweit habe sich seit August 2008 eine Änderung ergeben. Er fügte seiner Auskunft den Bericht des Zentrums für Radiologie und Nuklearmedizin Karlsruhe vom 18. Mai 2009 bei. Dr. E. (Auskunft vom 09. September 2009) hat von chronischen Cervicobrachialgien mit motorischer Schwäche der rechten Hand und Sensibilitätsstörungen im linken Arm und einer Bandscheibenverlagerung C5/6 mit Wurzelkompression berichtet. Wegen der Wurzelkompression sei eine chirurgische Dekompression geplant. Derzeit erhalte die Klägerin eine strukturierte Schmerztherapie mit Celebrex und Tilidin in Kombination mit einem Antidepressivum. Ohne die medikamentöse Schmerztherapie seien die chronischen Schmerzen für die Klägerin unerträglich. Dr. E. hat Arztbriefe aus der Zeit seit 2007 beigefügt. Dr. S. hat in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2009 von Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule berichtet. Mittlerweile liege bei der Klägerin eine hochgradige degenerativ veränderte HWS mit Einengung der Neuroforamina auf beiden Seiten und ausstrahlenden Schmerzen und Beschwerden im Bereich beider Arme vor. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich seit Mitte 2008 erheblich verschlechtert. Zusätzlich sei es im November 2008 zu einer Ellenbogenfraktur gekommen, die mit einer Streckhemmung im Bereich des linken Ellenbogens ausgeheilt sei. Auch Dr. S. fügte aktuelle Befundberichte über die Klägerin bei.

Am 29. September 2009 hat sich die Klägerin einer erneuten Bandscheibenoperation durch Arzt V. mit mikrochirurgischer Bandscheibenentfernung und Einsetzen einer Bandscheibenprothese HWK 5/6 unterzogen. In der Folge ist ihr durch die Beklagte eine erneute medizinische Reha-Maßnahme in B. S. in der Zeit vom 13. Oktober 2009 bis 03. November 2009 bewilligt worden. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts des Prof. Dr. R. vom 03. November 2009 ist die Klägerin als mit noch sechs Stunden täglich und mehr erwerbsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen worden. Zwar könne sie ihre letzte Tätigkeit als Maschinenbedienerin nicht mehr ausüben. Prinzipiell könne sie jedoch nach Rekonvaleszenz körperlich leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus, jeweils überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen sechs Stunden täglich und mehr durchführen. Vermieden werden sollten Belastungen der Wirbelsäule durch Heben und Tragen sowie Zwangshaltungen. Die Selbsteinschätzung der Klägerin zur beruflichen Leistungsfähigkeit habe sich mit dieser Beurteilung gedeckt.

Am 17. November 2009 ist die Klägerin im Rahmen einer Begutachtung nach § 109 SGG im vor dem SG Karlsruhe geführten Verfahren um die Höhe des Grades der Behinderung bei der Klägerin (Az. S 7 SB 4804/07) durch den Neurologen und Psychiater Prof. Dr. Br. untersucht worden, der daraufhin sein nervenärztliches Gutachten vom 17. Dezember 2009 erstattet hat. Prof. Dr. Br. hat auf seinem Fachgebiet von einem Postnukleotomie-Syndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperationen, einem chronischen Wurzelreizsyndrom L 5 links, einem chronischen Zerviko-Brachial-Syndrom beidseits, einem chronischen Wurzelreizsyndrom C 6 links, Migräne, rezidivierender depressiver Episode, Somatisierungsstörung und einem chronischen Schmerzmittel- und Nikotinabusus berichtet.

Im weiteren Verlauf des hier geführten Berufungsverfahrens hat der Senat auch den die Klägerin mittlerweile behandelnden Facharzt für Psychiatrie He. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dieser hat in seiner Auskunft vom 21. Juni 2010 von einer depressiven Anpassungsstörung berichtet, die vermutlich schon über einen längeren Zeitraum vorgelegen habe. Er habe die medikamentöse psychiatrische Therapie verstärkt sowie darüber hinaus eine Psychotherapie und die Anwendung von Entspannungsverfahren empfohlen. Seines Erachtens sei die Klägerin psychisch nicht in der Lage, täglich mehr als drei Stunden erwerbstätig zu sein. Sie sei mit den Folgen ihrer Schmerzerkrankung und der dauerhaften körperlichen Belastungen derart beschäftigt und abgelenkt, dass sie wenig Ausdauer entwickeln würde.

Im Auftrag des Senats hat sodann der Ärztliche Direktor der St. Rochus Kliniken und Chefarzt der Klinik für Neurologie Dr. Rö. über die Klägerin das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 01. Februar 2011 erstattet. Der Sachverständige hat aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 18. Oktober 2010 von einer aus neurologisch-psychiatrischer Sicht leichtgradig ausgeprägten, anhaltenden somatoformen Schmerzstörung berichtet. Hierdurch sei es zu einer Einschränkung der freien Kraftentfaltung der Muskulatur und zu einer Reduzierung der körperlichen bzw. der psychischen Belastbarkeit gekommen. Für die nur leichte Ausprägung sprächen neben den Angaben in Akte und Anamnese vor allem der aktuell erhobene, nur geringfügig gestörte psychische Befund mit einer streckenweise subdepressiven Stimmungslage sowie die jetzt vorgenommene Analyse der Alltagsaktivitäten. Der Klägerin sei es noch möglich, einem geordneten und angesichts vielfältiger Pflichten klar strukturierten Tagesablauf nachzugehen, sodass weder eine mittelschwere noch eine schwere anhaltende somatoforme Schmerzstörung angenommen werden müsse. Auch der Umstand, dass die Klägerin Schmerzmittel bzw. Antidepressiva in der angegebenen Dosierung einnehme, spreche eher für einen leichten als für einen mittleren bzw. schweren Ausprägungsgrad. Soweit der behandelnde Psychiater von einer depressiven Anpassungsstörung berichtet habe, sei in Kenntnis des jetzigen psychischen Befundes mit einer weitgehend unauffälligen Stimmungslage von einem Abklingen dieser Anpassungsstörung auszugehen. Insofern könne auch der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung des Arztes He. im Sinne einer nahezu vollständig aufgehobenen beruflichen Belastungsfähigkeit nicht gefolgt werden. Vielmehr sei die Klägerin noch in der Lage, sechs Stunden und mehr pro Tag leichte körperliche Arbeiten zu verrichten.

Im Nachgang zu diesem Gutachten hat der Senat nach Vorlage eines Arztbriefes des Radiologen Dr. Kö. vom 06. April 2011 über einen Deckplatteneinbruch BWK 5/6 infolge jahrelanger Cortisoneinnahme bei Asthma nochmals eine sachverständige Zeugenauskunft bei Dr. S. eingeholt (Auskunft vom 19. Juni 2011). Dieser hat angegeben, die Klägerin sei zuletzt am 04. März 2011 bei ihm vorstellig geworden. Sie klage nach wie vor über die gleichen Beschwerden bei mitgeteilter Beschwerdeverschlimmerung. Neue Befunde seit 2009 lägen jedoch nicht vor.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Reha-Akte der Beklagten, die Gerichtsakte im Verfahren S 7 SB 4804/07 und die Gerichtsakten beider Instanzen im vorliegenden Rentenverfahren Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Mit dem angefochtenen Urteil vom 05. Februar 2009 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 06. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Februar 2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin ist seit 01. Juli 2006 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Sie kann Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Das steht zur Überzeugung des Senats insbesondere aufgrund des Reha-Entlassungsberichts von Prof. Dr. Ra. vom 03. November 2009 sowie des vom Senat eingeholten Gutachtens des Dr. Rö. vom 01. Februar 2011 fest.

Im Vordergrund stehen bei der Klägerin Einschränkungen auf orthopädischem sowie neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet. Die Klägerin leidet orthopädischerseits an einem Zustand nach Bandscheibenoperation L4/5, an einem sensibel und motorisch radikulären LWS-Restsyndrom bei Zustand nach Neurolyse und Sequesterentfernung L4/5, an einem Bandscheibenvorfall HWK 5/6 links mit Nervenwurzelkompression, einem Zustand nach mikrochirurgischer NPP-Entfernung und Einsetzen einer DCI-Prothese HWK 5/6 am 29. September 2009 und einem lokalen und sensibel radikulären HWS-Restsyndrom. Dies entnimmt der Senat dem Reha-Entlassungsbericht des Prof. Dr. Ra. vom 03. November 2009, der nach der jüngst eingeholten Auskunft des behandelnden Orthopäden Dr. S. vom 19. Juni 2011 nach wie vor aktuell ist. Dr. S. hat angegeben, dass sich die Befundlage seit 2009 orthopädischerseits nicht mehr verändert hat.

Zudem leidet die Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet an einer leichtgradig ausgeprägten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung. Dies stützt der Senat auf das Gutachten des Dr. Rö. vom 01. Februar 2011. Der Senat folgt dem Sachverständigen insbesondere darin, dass die bei der Klägerin vorliegende somatoforme Schmerzstörung die Intensität einer mittleren oder schweren Ausprägung nicht erreicht. Der Sachverständige hat insoweit insbesondere auf die bislang mäßige Dosierung der eingenommenen Schmerzmittel und Antidepressiva verwiesen. Dass die der Klägerin derzeit verordnete mäßige Schmerzmittelmedikation durch eine Schmerzmittelunverträglichkeit bedingt wird, wie der im Auftrag der Klägerin gemäß § 109 SGG tätig gewordene Sachverständige Dr. Bö. in seinem Gutachten vom 23. August 2008 eingewandt hat, hält der Senat für nicht erwiesen. Zwar ist PD Dr. Wö. in seinem Arztbrief vom 29. August 2007 von einer solchen eingeschränkten Dosierbarkeit offenbar ausgegangen; worauf er dies stützt, lässt sich seinen Ausführungen indes nicht entnehmen. Entsprechendes hat aber weder der die Klägerin langjährig behandelnde Hausarzt, noch in letzter Zeit der behandelnde Psychiater He. mitgeteilt. Auch die Klägerin selbst hat dazu im Rahmen ihrer Begutachtung durch Dr. Rö. nichts vorgetragen. Nach allem kann zur Überzeugung des Senats davon ausgegangen werden, dass die eingenommene Medikation in verschriebener Dosierung dem Leiden der Klägerin hinreichend gerecht wird und nicht durch die bestehende COPD-Erkrankung auf ein unzureichendes Maß beschränkt ist. Dass die vorgenommene Schmerzmittelmedikation ausreichende Wirkung zeitigt, ergibt sich im Übrigen überzeugend auch anhand des strukturierten Tagesablaufs der Klägerin. Dr. Rö. berichtet in seinem Gutachten vom 01. Februar 2011 insoweit von einem durchgängig strukturierten Tagesablauf der Klägerin bei jedenfalls eigenverantwortlicher Teil-Übernahme von häuslichen Pflichten sowie in gewissem Umfang auch dem Vorhandensein von Freizeitaktivitäten. Die Klägerin ist teilweise für das Reinigen des Badezimmers, vollständig für das Zusammenlegen und Einräumen der Wäsche, und zusammen mit ihrem Ehemann auch für die Einkäufe zuständig. Soweit sie den Haushalt nicht selbst führt, stellt sie nach eigenen Angaben Arbeitspläne auf, in welchen sie jedem Familienmitglied Tätigkeiten zuweist; hier zeigt sie jedenfalls organisatorische Fähigkeiten. Das Kochen bzw. Vorbereiten des Mittagessens übernimmt die Klägerin sogar vollständig allein. An den Wochenenden geht die Klägerin nachmittags mit ihrem Ehemann etwa eine halbe Stunde über eine Wegstrecke von einem Kilometer spazieren und begibt sich im Sommer gelegentlich ins Freibad. Manchmal erhält sie Besuch von der Nachbarin. Mit Blick auf ein damit insgesamt noch ausgefülltes und reges Alltagsleben war für den Senat im Übrigen auch plausibel, dass Dr. Rö. - anders als noch der behandelnde Psychiater He. - aktuell eine depressive Erkrankung bei der Klägerin nicht mehr festzustellen vermochte. Vom Vorliegen einer über die leichtgradige somatoforme Schmerzstörung hinausgehenden weiteren leistungsrelevanten psychischen Erkrankung konnte sich der Senat daher nicht überzeugen.

Neben den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet leidet die Klägerin leistungsrelevant zudem auf internistischem Fachgebiet an einem chronischen Asthma bronchiale. Dies entnimmt der Senat dem durch die Klägerin vorgelegten Arztbrief der behandelnden Lungenärztin Dr. G.-S. vom 07. Dezember 2009.

Aus den bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Insbesondere infolge der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ist es zu einer Reduzierung der körperlichen und psychischen Belastbarkeit der Klägerin gekommen. Die Klägerin hat insoweit Akkord-, Fließband- oder Nachtarbeiten wegen der Gefahr einer Zunahme der Schmerzen zu vermeiden. Gleichförmige Körperhaltungen wie häufiges Bücken oder kniende Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Kälte und unter Wärmeeinfluss sind nicht mehr leidensgerecht. Aus der bei der Klägerin vorliegenden COPD-Erkrankung ergibt sich zudem eine Einschränkung für Tätigkeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe. Sowohl Dr. Rö. wie auch der Reha-Arzt Prof. Dr. R. in seinem Reha-Entlassungsbericht vom 03. November 2009 leiten diese Leistungseinschränkungen für den Senat schlüssig und nachvollziehbar aus dem bestehenden Beschwerdebild ab.

Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten sechs Stunden täglich und mehr zu verrichten. Der Senat vermochte die anderslautenden Einschätzungen der die Klägerin behandelnden Ärzte nicht nachzuvollziehen, sondern folgt auch darin der insgesamt schlüssigen und plausiblen Leistungsbeurteilung durch Dr. Rö. auf nervenfachärztlichem Gebiet sowie durch Prof. Dr. R. auf orthopädischem Fachgebiet. Zunächst war für den Senat auch insoweit maßgeblich, dass die Schilderungen der Klägerin von ihrem Alltagsleben auf einen durchgängig strukturierten Tagesablauf und in gewissem Umfang auf das Vorhandensein von Freizeitaktivitäten hindeuten. Insbesondere soziale Rückzugstendenzen lassen sich bei der Klägerin nicht feststellen, wie sich anhand des offenbar regelmäßigen Kontaktes zur Nachbarin ergibt. Anhaltspunkte für eine dauerhafte Leistungsminderung für leichte körperliche Arbeiten ergeben sich nach diesen Schilderungen zur Überzeugung des Senats nicht. Die psychische Befundsituation im Rahmen der Begutachtung deutet ebenfalls nicht auf eine auch in der Leistungsausdauer herabgeminderte Persönlichkeit hin. Nach Schilderung des Dr. Rö. war die Klägerin im Verlauf der gutachterlichen Exploration wach, klar, sowie in allen Qualitäten orientiert. Hinsichtlich der Stimmungslage wirkte sie überwiegend freundlich und zugewandt. Nur bei Thematisierung der Schmerzen kam es zu einem subdepressiven Stimmungsumschwung mit einer Einschränkung der affektiven Modulationsfähigkeit. Auffassungsgabe, die Konzentrationsfähigkeit und die situative Aufmerksamkeit waren jedoch unauffällig. Selbst am Ende der mehrstündigen psychiatrischen Exploration kam es nicht zu einem Nachlassen der kognitiven Funktionen. Vor diesem Hintergrund bestand für den Senat für eine abweichende Beurteilung auch nicht aufgrund der Arztauskunft des Psychiaters He. vom 21. Juni 2010 Anlass. Dieser hatte angegeben, die Klägerin sei psychisch mit den Folgen ihrer Schmerzerkrankung und dauerhaften körperlichen Belastung derart beschäftigt und abgelenkt, dass sie seines Erachtens wenig Ausdauer in den angesprochenen Tätigkeitsbereichen entwickeln würde. Aufgrund der Schilderungen zu Tagesablauf und Privatleben der Klägerin und der Ergebnisse der Exploration des Dr. Rö. in mehrstündiger Untersuchung vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen.

Aus den Einschränkungen orthopädischerseits resultiert ebenfalls keine Herabsetzung der Dauer der Belastbarkeit der Klägerin in insgesamt leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Ausweislich des Reha-Entlassungsberichts vom 03. November 2009 fand sich nach Durchführung der Reha-Maßnahme auf keiner Wirbelsäulenebene ein Druckschmerz über den Wirbelkörpern, die Rotation gelang beidseitig mit 70 Grad und die OP-Narben waren durchgängig reizlos. Wesentliche Funktionseinschränkungen werden insgesamt nicht berichtet. Aus diesem Beschwerdebild lassen sich quantitative Leistungseinschränkungen nicht ableiten. Soweit sich erstmals nach dem von der Klägerin vorgelegten Arztbrief des Radiologen Dr. Kö. vom 06. April 2011 eine Osteoporoseerkrankung infolge jahrelanger Cortisoneinnahme bei Asthma ergibt, erfordert dies nach Auffassung des Senats keine davon abweichende Einschätzung. Der behandelnde Orthopäde Dr. S., der die Klägerin ausweislich des Arztbriefes vom 04. März 2011 zur Osteoporosemessung geschickt hat, hat in seiner daraufhin nochmals eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft vom 19. Juni 2011 davon berichtet, dass letztlich das schon ursprünglich bestehende Beschwerdebild einer degenerativen Erkrankung des gesamten Bewegungsapparates nach wie vor weiterhin bestehe. Neue Befunde hätten sich seit 2009 nicht ergeben. Von einem neuen Leiden, welches eine veränderte Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin geböte, ist infolge dessen nach Auffassung des Senats (noch) nicht auszugehen. Der zuletzt vorgelegte Arztbrief des Arztes Z. vom 30. Juni 2011 zeigt, dass die erforderliche Behandlung erfolgt. Es lässt sich jedenfalls derzeit nicht feststellen, dass dies für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten auch zu einer Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit der Klägerin für den allgemeinen Arbeitsmarkt führen würde. Erst eine solche Einschränkung auf nicht absehbare Zeit, d.h. mindestens für sechs Monate, begründet aber nach § 43 SGB VI eine Erwerbsminderung.

Schließlich ergeben sich auch aus den lungenfachärztlichen Gesundheitsstörungen der Klägerin keine quantitativen Leistungseinschränkungen. Die Lungenfachärztin Dr. G.-S. hat in ihrem Arztbrief vom 07. Dezember 2009 von einer nur mäßigen obstruktiven und angedeuteten restriktiven Überblähung berichtet, und im Röntgen-Thorax war keine wesentliche Veränderung gegenüber früheren Kontrollen feststellbar. Der bestehenden COPD-Erkrankung werden daher zur Überzeugung des Senats die qualitativen Leistungseinschränkungen unter Ausschluss von Arbeiten mit Nässe, Dampf oder Kälteeinflüssen sowie den Einflüssen sonstiger Allergene hinreichend gerecht.

Mit Blick auf das nach allem noch verbliebene Restleistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts über mindestens sechs Stunden täglich kam auch die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht in Betracht.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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