L 7 AS 2942/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 1838/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2942/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers, der Beschwerdeausschlussgründe des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG nicht entgegenstehen, ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Im Beschwerdeverfahren verfolgt der Antragsteller sein erstinstanzliches Begehren weiter, den Antragsgegner (zum wiederholten Male) im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihm Einstiegsgeld nach § 16b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II), hilfsweise als Darlehen, zu gewähren. Das Sozialgericht Mannheim (SG) hat den hierauf gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Ob der am 25. Mai 2011 beim SG gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig ist, wie das SG meint, unterliegt zwar Zweifeln. Der Antragsteller hat bereits zuvor am 5. November 2010, 22. November 2010, 7. Februar 2011 und 16. März 2011 beim SG begehrt, den Antragsgegner im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zur Gewährung von Einstiegsgeld zu verpflichten. Diese Anträge wurden mit Beschlüssen vom 15. November 2010 (S 11 AS 3947/10 ER; bestätigt durch Beschluss des Landessozialgerichtes (LSG) vom 22. Dezember 2010 - L 13 AS 5369/10 ER-B), vom 24. November 2010 (S 11 AS 4139/10 ER; bestätigt durch Beschluss des LSG vom 22. Dezember 2010 - L 13 AS 5672/10 ER-B), vom 14. Februar 2011 (S 8 AS 397/11 ER; bestätigt durch Beschluss des LSG vom 19. April 2011 - L 1 AS 1179/11 ER-B) und vom 19. April 2011 (S 8 AS 1138/11 ER) abgelehnt. Zwar erwachsen auch Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz mit Unanfechtbarkeit in eingeschränktem Maße in Rechtskraft (§ 141 SGG in entsprechender Anwendung; vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. § 86b Rdnr. 44). Eine ablehnende Entscheidung steht daher einem neuen Antrag bei gleichem Sachverhalt entgegen. Ein neuer Antrag ist nur zulässig, wenn nach der früheren Beschlussfassung neue Tatsachen entstanden sind (Senatsbeschluss vom 8. September 2010 - L 7 SO 3038/10 ER-B - (juris); Binder in Hk-SGG, 3. Aufl., § 86b Rdnr. 62 m.w.N.). Der Antragsteller hat am 31. März 2011 erneut beim Antragsgegner die Gewährung von Einstiegsgeld mit der Begründung beantragt, der Charakter seines Unternehmens habe sich grundlegend geändert. Nach Ablehnung dieses Antrages mit Bescheid vom 23. Mai 2011 hat der Antragsteller dann den hier streitgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim SG gestellt. Die Ablehnung seines am 31. März 2011 gestellten Antrages ist erst nach den rechtskräftig gewordenen, oben genannten Beschlüssen des SG ergangen und konnte somit bei dieser Entscheidung keine Berücksichtigung finden. In der Ablehnung der erneut beantragten Gewährung von Einstiegsgeld könnte durchaus ein neuer Sachverhalt gesehen werden, bei dem ein erneuter Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes als zulässig anzusehen wäre.

Jedoch bedarf diese Frage vorliegend keiner Entscheidung, da der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls unbegründet ist. Das SG hat die rechtlichen Grundlagen und Grundsätze für die hier allein in Betracht kommende Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zutreffend dargestellt, sodass hierauf entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug genommen werden kann.

Weiter hat das SG zutreffend das Vorliegen sowohl des für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrundes als auch des hierfür notwendigen Anordnungsanspruches verneint. Auch insoweit schließt sich der Senat nach eigener Prüfung den Ausführungen des SG in vollem Umfang an und nimmt entsprechend § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG hierauf Bezug.

Ergänzend hierzu ist zum Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren auszuführen, dass ihm derzeit noch bis 31. Oktober 2011 wegen eines Minderungsbetrages aufgrund von Sanktionen i.H.v. 36,40 EUR monatlich (lediglich) Leistungen i.H.v. 711,77 EUR monatlich vorläufig gewährt werden. Der Antragsteller hat allerdings nicht glaubhaft gemacht, dass aufgrund dieser abgesenkten Leistungen die Sicherung seiner Existenz gefährdet wäre. Entsprechendes ist auch aus den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Der Antragsteller hat zwar darauf hingewiesen, eine vollständige Kürzung des Arbeitslosengeldes II sei angekündigt worden. Auch drohe der Wegfall eines erheblichen Teiles des Arbeitslosengeldes II aufgrund zweier Kürzungen wegen Fortführung der Unternehmung. Bislang wurde jedoch weiter vorgetragen noch belegt, dass sich diese (angeblich) angekündigte vollständige Kürzung des Arbeitslosengeldes II bzw. der drohende Wegfall eines erheblichen Teiles des Arbeitslosengeldes II tatsächlich realisiert haben. Es ist daher weiterhin von einer ausreichenden Existenzsicherung auszugehen. Ein Anordnungsgrund besteht damit weiterhin nicht. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers im Beschwerdeverfahren ist der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch weiterhin nicht gegeben. Nach § 16b Abs. 1 SGB II kann zu Überwindung von Hilfebedürftigkeit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das Einstiegsgeld kann auch erbracht werden, wenn die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt. § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II erfordert darüber hinaus, dass Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, nur gewährt werden können, wenn zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II ergänzt insoweit die anderen Regelungen des SGB II über Eingliederungsleistungen, in dem ein weiteres Tatbestandsmerkmal eingeführt wird, nämlich die Erfolgsprognose im Sinne von § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II (LSG Sachsen, Beschluss vom 13. Oktober 2009 - L 3 AS 318/09 B ER - (juris) m.w.N.). Soweit ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/10810 Seite 47) die Erfolgsprognose in der Ermessensentscheidung verortet werden sollte, hat dies im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden. Vielmehr ist nach dem Wortlaut des § 16c Abs. 1 Satz 1 SGB II der Ermessensspielraum erst dann eröffnet, wenn die wirtschaftliche Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit zu erwarten ist, so dass die Erfolgsprognose danach die notwendige Voraussetzung für die Ermessensentscheidung der Behörde ist (LSG Sachsen, a.a.O.). Dabei ist die wirtschaftliche Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit wesentlicher Teil der Prognose in diesem Sinne. Diese liegt vor, wenn der erzielte Gewinn wenigstens die Betriebsausgaben deckt (LSG Sachsen, a.a.O.). Auch nach dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren ist nach wie vor eine wirtschaftliche Tragfähigkeit im dargestellten Sinn nicht zu erkennen. Soweit der Antragsteller auf die Erhöhung des Wertes seiner Website auf aktuell 1.135,00 EUR verweist, mag dies zwar durchaus darauf beruhen, dass die Website häufig aufgerufen wird. Dies ist jedoch noch kein Indiz dafür, dass es danach auch zu Einnahmen für den Antragsteller aus der von ihm angebotenen Vermittlungstätigkeit gekommen ist. Soweit der Antragsteller darauf verweist, es seien zahlreiche Aufträge und Einnahmen vorhanden, Rechnungen seien bezahlt worden, lässt sich dies anhand der von ihm vorgelegten Unterlagen nicht nachvollziehen. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller lediglich drei Anfragen nach Rechtsberatung vorgelegt. Ob und ggf. in welcher Höhe er hieraus Einnahmen erzielt hat, ist mangels vorgelegter Belege nicht zu ersehen und nachgewiesen. Trotz nachdrücklichen Hinweises in den Beschlüssen des LSG vom 20. Dezember 2010 (a.a.O.) hat der Antragsteller keine Nachweise für erhaltene Zahlungen vorgelegt. Wie im Beschluss des LSG vom 19. April 2011 (a.a.O.) zutreffend ausgeführt, kann die bloße Nennung von Projekten und Kontakten den Nachweis von konkretem Einkommen nicht ersetzen. Sollten überdies - wie vom Antragsteller behauptet - tatsächlich massive Auftragseingänge mit entsprechenden Einnahmen vorliegen, dürfte ohnehin kein Bedürfnis des Antragstellers mehr für die Inanspruchnahme von Einstiegsgeld bestehen. Der Antragsteller weist zwar zu Recht darauf hin, dass ausweislich des Schreibens der Landesjustizkasse Chemnitz vom 29. Juni 2011 eine Niederschlagung der Kostenforderungen erfolgt ist. Inwieweit dies jedoch zu einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit seines Unternehmens führt, wurde von ihm weder vorgetragen noch ist dies für den Senat zu ersehen, zumal es sich bei diesen Kosten wohl um Gerichtskosten handeln dürfte. Eine wirtschaftliche Tragfähigkeit seines Unternehmens ist somit weiterhin nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen. Nicht unberücksichtigt bleiben darf in diesem Zusammenhang die eigene Einschätzung des Antragstellers anlässlich seiner Beantragung von Leistungen nach dem SGB II am 17. Mai 2011. In der diesem Antrag beigefügten Anlage EKS (Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit), vom Antragsteller am 12. April 2011 unterschrieben, hat er angegeben, im voraussichtlichen Bewilligungszeitraum (also bis Oktober 2011, vgl. § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II) voraussichtlich keine Einnahmen oder Ausgaben zu haben. Eine Änderung zu 2010 sei nicht eingetreten. Zusammen mit seinem Vorbringen beim SG, sein Unternehmen ruhe und wegen zahlreicher temporärer Sperren habe er laufende Aufträge schlicht nicht ausführen können, belegt dies, dass der Antragsteller selbst nicht von einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit seines Unternehmens ausgeht.

Das SG hat somit den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt, die hiergegen gerichtete Beschwerde konnte keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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