L 9 R 3492/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 4644/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3492/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1950 geborene Kläger verfügt über keine förmliche Berufsausbildung. Nach Beendigung der Hauptschule arbeitete er zunächst von 1965 an - unterbrochen durch eine Tätigkeit mit Auslieferung von Backwaren (1968 bis 1972) - mit seinem Bruder, der den Beruf des Heizungsbauers erlernte und die Meisterprüfung ablegte, im Betrieb seines Vaters als angelernter Heizungsbauer. Nach Übergabe des Betriebes an seinen Bruder im Jahr 1988 war er bei diesem bis März 2004 weiter beschäftigt. Neben ihm hatte sein Bruder keinen weiteren Mitarbeiter. Der Kläger verrichtete - neben seiner Mutter - Büroarbeiten und war zu zwei Drittel - ohne entsprechende Ausbildung - im Bürobereich tätig (Fertigung von Angeboten und Schreiben von Rechnungen). Daneben machte er Kundendienstarbeiten und kleinere Reparaturen. Für keine der Tätigkeiten war eine Ausbildung erforderlich. Der Kläger, der zuletzt ein Bruttogehalt von 2.500 EUR erhielt, war - wie sein Arbeitgeber und Bruder als Zeuge angegeben hat - auch nicht entsprechend einem Facharbeiter entlohnt. Ein Facharbeiter wäre höher zu entlohnen gewesen. Das Arbeitsverhältnis endete wegen schlechter Auftragslage. Eine Erkrankung war nicht Grund für die Beendigung. Nach Ausscheiden aus dem Betrieb war der Kläger arbeitslos.

Vom 03. bis 30. August 2005 gewährte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der Rehaklinik Ob der Tauber. Im Entlassungsbericht wurden die Diagnosen (D) Diabetes mellitus Typ II, fortgeschrittene periphere sensible Polyneuropathie (PNP), autonome Nephropathie des Herz-Kreislaufsystems, Hypertonie und Bauchwandbruch gestellt. Eine Tätigkeit als Heizungsbauer mit schweren Arbeiten auf dem Bau sei auf Dauer nur unter drei Stunden möglich, leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, vorwiegend im Sitzen - ohne längeres Stehen, Klettern und Steigen, Absturzgefahr und mit längeren zusammenhängenden Gehstrecken über 500 Meter - seien sechs Stunden und mehr möglich.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag vom 21. März 2006 mit Bescheid vom 28. März 2006 und Widerspruchsbescheid vom 18. August 2006 ab, da dem Kläger, der als Büro- und Heizungsbauerhilfskraft und damit als Angelernter des unteren Bereichs beschäftigt gewesen sei, unter Berücksichtigung der vorliegenden Gesundheitsstörungen ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne.

Grundlage der Entscheidung waren das Gutachten des Dr. Sch. vom 08. Februar 2006 (D: Oral und diätetisch jetzt gut eingestellter Typ II - Diabetes mellitus mit mäßiger PNP und Verdacht auf [V.a.] autonome Neuropathie des Herzens, leichtes Übergewicht mit Fettleberbildung und zweifach medikamentös gut eingestelltem essentiellem Hypertonus, Nabelbruchbildung; leichte Arbeiten mit zeitweiligem Stehen, Gehen und Sitzen in Tagesschicht - ohne Zeitdruck, längere Wirbelsäulen-Zwangshaltung, häufiges Bücken, Knien, Hocken, Klettern und Steigen sowie besondere Belastung durch Kälte und Hitze [Verweis auf Stellungnahme Dr. Lübben vom 23. November 2005] - seien sechs Stunden und mehr möglich), ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. Neuschütz 16. Mai 2006 (auf Grund Polymorbidität fühle sich der Kläger den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr gewachsen) und eine weitere Stellungnahme des Dr. Sch. vom 08. Juni 2006 (Leistungsbeurteilung wie bisher, nachdem Dr. Neuschütz auf telefonische Anfrage mitgeteilt habe, ab Februar 2006 seien keine neuen Befunde erhoben worden).

Deswegen hat der Kläger am 19. September 2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und geltend gemacht, er sei auf Grund seiner Beschwerden zu einer Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage. Eine halbe Stunde nach dem Aufstehen bekomme er eiskalte Füße, die Fußballen schwöllen an und verfärbten sich rot und er habe dann beim Auftreten Schmerzen. Er könne auch keine geschlossenen Schuhe anziehen und wenn er zu Fuß gehe müsse er sich längstens nach 500 Meter schmerzbedingt setzen. Ein Kältegefühl stelle sich auch in den Waden ein, verbunden mit einem Kribbeln. Immer wenn er sich bücke erleide er einen Schwindelanfall. Am linken Fuß bestehe eine Kraftminderung, die nicht nur zu einem Hinken führe, sondern auch dazu, dass er die Kupplung seines Kfz nicht mehr treten könne. Starke Schmerzen in den Füßen träten auch auf, wenn er längere Zeit sitze. Er müsse sich dann hinlegen und die Füße zwei bis drei Stunden hochlegen bis er wieder schmerzfrei sei.

Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde haben Dr. N. am 02. November 2006, der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. am 06. November 2006 und Dr. A. am 08. März 2007 berichtet. Auf die schriftlichen Aussagen wird verwiesen.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein Sachverständigengutachten des Internisten Dr. A. vom 31. Oktober 2007 (mit Konsiliaruntersuchung durch den Neurologen Dr. Sch. [u.a. geringe Reflexabschwächungen, nur leicht gestörtes Vibrationsempfinden, stark schwankende Angaben bei Prüfung der Sensibilität, "demonstrativ unsicherer Gang"]) und - auf Einwände der Beklagten mit Vorlage einer Stellungnahme von Med. Dir. L. vom 17. Dezember 2007 - dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 18. Februar 2008 eingeholt. Dr. A. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, der Kläger leide unter einem Diabetes mellitus Typ II, einer diabetischen PNP vom distal-symmetrischen sensomotorischen Typ, einer diabetischen autonomen Neuropathie, einer arteriellen Hypertonie, einer Adipositas Grad I und einer latenten Hyperthyreose bei Struma multinodosa. Ferner bestehe der V. a. eine periphere arterielle Verschlusskrankheit. Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen sei der Kläger noch in der Lage, einer Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Bei Beachtung - näher beschriebener - qualitativer Einschränkungen sei eine tägliche Arbeitszeit von drei bis vier, jedoch weniger als sechs Stunden vertretbar. Während dieser Arbeitszeit seien pro Stunde Sonderpausen von mindestens fünf Minuten zu gewähren. Auf dem Weg zur Arbeit sei maximal eine Fußwegstrecke von 500 Meter zumutbar. Der Weg zur Arbeitsstelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln sollte nicht länger als eine viertel Stunde dauern. Aus seiner Sicht bestehe kein Zweifel am Vorliegen einer PNP, die in erster Linie durch den Diabetes bedingt sei. Auf Grund langjähriger Erfahrung und Kenntnis der Literatur zeige sich gerade bei der diabetischen PNP sehr häufig eine große Diskrepanz zwischen objektivem neurologischem Befund und den subjektiven Beschwerden, die aber oft umso typischer geschildert würden. Der Einschätzung des von ihm eingeschalteten Konsiliarius, wonach die Beschwerden besonders demonstrativ vorgetragen würden, habe er sich auf Grund eigener Untersuchung nicht anschließen können, weswegen er von einer Einschränkung der täglichen Arbeitszeit ausgehe.

Sodann hat das SG von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten des Neurologen Dr. C. vom 21. Juni 2008 sowie - auf Vorlage von Stellungnahmen des Nervenarztes Dr. G. vom 22. September 2008 (nur leichtgradige PNP, Erforderlichkeit betriebsunüblicher Pausen nicht nachvollziehbar) und des Dr. Sch. vom 01. Dezember 2008 (betriebsunübliche Pausen nicht begründbar) durch die Beklagte - dessen ergänzende Stellungnahmen vom 30. Oktober und 23. Dezember 2008 eingeholt. Dr. C. ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, beim Kläger bestehe eine distal symmetrische, überwiegend sensible PNP der unteren Extremitäten bei Diabetes mellitus. Dies führe zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit in Bezug auf die unteren Extremitäten, wobei Ausdauer von Gehen, Sitzen und Stehen sowie die Stand- und Gangsicherheit beeinträchtigt seien. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten - ohne häufiges Bücken und Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie mit erhöhter Unfallgefahr, Akkordarbeit und Tätigkeiten unter Zeitdruck sowie mit besonderer Wärme- und Kälteexposition - aus neurologischer Sicht bei bestehender Möglichkeit einer wechselnden Arbeitsposition von Sitzen und Stehen mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag verrichten. Pausen von fünf Minuten pro Arbeitsstunde sowie eine Pause von mindestens 45 Minuten nach drei Stunden Arbeitszeit seien erforderlich. Auf dem Weg zur Arbeit könne der Kläger 800 Meter zu Fuß zurücklegen und 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Der Zustand bestehe etwa seit Mai 2005. Ergänzend hat Dr. C. ausgeführt, die diabetische PNP sei anhand klinischer und elektrophysiologischer Untersuchungen objektiviert und unter Berücksichtigung sämtlicher Befunde als leicht- bis mittelgradig einzustufen. Die mögliche Symptomatik der Erkrankung sei sehr vielfältig und individuell unterschiedlich. Beim Kläger stünden Schmerzen im Vordergrund, wobei es sich um ein typisches Symptom handele. Da das Ausmaß von Schmerzen und Missempfindungen nicht messbar sei, müsse die Einschätzung auf den Angaben des Klägers, der Kontinuität im Vergleich zu früheren Befunden und der eigenen Beobachtung beruhen. Unter Berücksichtigung dessen, und der angegebenen Symptomatik seien die angegebenen Pausen notwendig. Unter strikter Berücksichtigung der von Dr. Sch. vorgeschlagenen Arbeitsplatzgestaltung mit möglichem Haltungswechsel spätestens nach einer Stunde und der Möglichkeit betriebsüblicher Pausen bis zu acht Minuten pro Stunde sowie der Möglichkeit ein Bein bei Bedarf hoch zu legen, bei abwechselnd sitzenden und gehenden Arbeitsanteilen könnte der Einschätzung einer zumindest sechsstündigen Leistungsfähigkeit ohne weitere besondere Arbeitsbedingungen gefolgt werden.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, nach der Stellungnahme von Dr. Sch. vom 01. Dezember 2008 gebe es keinen Grund, warum jede Stunde zwangsweise fünf Minuten Pause erforderlich sein sollten und wofür diese dann genutzt werden sollte. Es gehe um einen Haltungswechsel, der spätestens nach einer Stunde erforderlich sei. Er könne bei einer Tätigkeit im Wechsel aber ohne Erfordernis von Pausen durchgeführt werden. Auf die sogenannte Steinkühlerpause sei lediglich im Übrigen hingewiesen worden. Selbst wenn die von Dr. C. genannten Pausen erforderlich wären, seien sie durch die sogenannten persönlichen Verteilzeiten abgedeckt, mithin nicht betriebsunüblich. Insofern sei auf das (beigefügte) Urteil des 2. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg zu verweisen (keine Erwerbsunfähigkeit dadurch, dass ein Versicherter in zweistündigem Abstand zur Durchführung der Lidhygiene und Verabreichung von Augentropfen und Salbe maximal 10 Minuten benötigt, da es sich dabei nicht um "betriebsunübliche Pausen" handle, die eine Integration in einen normalen Arbeitsablauf nicht zuließen [Urteil L 2 RJ 1913/97 vom 23. Februar 2000]).

Mit Urteil vom 28. Mai 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung lägen nicht vor, da der Kläger unter Berücksichtigung des Diabetes mellitus Typ II, einer leichten bis mittelschweren diabetischen PNP, einer diabetisch autonomen Neuropathie, des V.a. eine periphere arterielle Verschlusskrankheit Stadium II a nach Fontaine, einer arteriellen Hypertonie, einer Adipositas Grad I und einer latenten Hyperthyreose leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Soweit Dr. A. von einer weitergehenden quantitativen Leistungsminderung ausgehe, sei dies durch das Gutachten von Dr. C. widerlegt. Der Kläger könne im Übrigen auch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten, insbesondere benötige er keine zusätzlichen Pausen, die nicht in den im Arbeitsprozess enthaltenen Verteilzeiten enthalten seien und als betriebsunüblich zu bewerten wären. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftliche Urteil verwiesen.

Gegen das am 13. Juli 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31. Juli 2009 Berufung eingelegt. Zu einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei er unter Berücksichtigung der üblichen Bedingungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage. Ferner hat er angegeben, er sei ab 1972 von seinem Vater in dessen Betrieb eingelernt worden. In den Jahren 1974 bis 1988 habe er Seminare für Ölfeuerung und Regeltechnik von jeweils zwei Tagen Dauer besucht. Er habe aber auch von Anfang etwa zur Hälfte im Büro gearbeitet, wofür er keine Ausbildung gehabt habe. Als sein Bruder den Betrieb 1988 übernommen habe, habe er weiter mitgearbeitet. Sein Bruder habe ihm dann aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt. Hierzu hat der Kläger eine Bescheinigung über die Ablegung eines Fachlehrgangs für Ölfeuerung und Regeltechnik am 15. März 1979 sowie eine Bescheinigung über eine Teilnahme an einem Fachseminar für Gasheizungstechnik vom 27. Juni 1989 vorgelegt. Andere Unterlagen habe er nicht mehr. Außerdem hat er einen Bericht des Podologen Galic vom 06. April 2010 vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. August 2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, der Kläger könne ihm zumutbare Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden verrichten.

Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie Prof. Dr. G. vom 20. Januar 2010 mit elektrophysiologischen und neurosonographischen Zusatzgutachten vom 09. und 07. November 2009 eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, beim Kläger bestehe eine sensible, axonale Neuropathie. Diese sei keineswegs typisch für eine durch einen Diabetes mellitus verursachte Neuropathie. Die Befunde seien vielmehr typisch für eine sogenannte chronische idiopatische axonale Neuropathie oder eine hereditäre bzw. angeborene Form der Neuropathie. Auch unter Berücksichtigung der in den Akten dargestellten Voruntersuchungen zeige sich kein Fortschreiten der Neuropathie. Das sei auch angesichts der dokumentierten schlecht kontrollierten diabetischen Stoffwechsellage sehr untypisch für eine diabetische PNP. Auch auf Grund der Zusatzuntersuchungen ergäben sich keine Hinweise auf eine Beteiligung des autonomen Nervensystems, das regelhaft beim Diabetes mellitus und typischerweise mit betroffen sei. Insgesamt bestünden keine Hinweise auf eine schwerwiegende PNP, die die subjektiven Beschwerden erklären würden. Im Gegenteil zeige der Proband in eindrucksvoller Weise eine Simulation von Beschwerden, was sich anhand unterschiedlicher Untersuchungsbedingungen gezeigt habe. So sei das Gangbild beim Untersuchenden bizarr gewesen, während er sich bei anderen Untersuchungssituationen vollkommen unauffällig bewegt habe. Auch z.B. bei der Testung der Sensibilität habe sich eine Simulation ergeben. Bei der Testung der Stereoknosie habe der Kläger falsche Angaben gemacht, in dem er immer andere Zahlen als die gerade gemalten angegeben habe. Wenn ein Proband auf Grund einer Sensibilitätsstörung nicht mehr in der Lage sei, Zahlen korrekt zu erkennen, gebe er entweder an, sie nicht erkennen zu können oder gebe er Zahlen an, die in etwa der gemalten Form entsprächen. Dies sei beim Kläger grundsätzlich nicht der Fall gewesen, z. B. habe er eckige Zahlen wie die 4 angegeben, wenn eine runde Zahl, wie eine 0, gefragt gewesen sei. Außerhalb seines Fachgebietes liege ein Diabetes mellitus vor. Unter Berücksichtigung der neurologischen Erkrankungen bestünden keine Beeinträchtigungen. Aus internistischer Sicht ergebe sich sicherlich eine Einschränkung aufgrund des Typ II Diabetes mellitus. Objektive Folgen des Diabetes mellitus lägen auf neurologischem Gebiet nicht vor, insbesondere keine diabetische Neuropathie. Der Einschätzung von Dr. A. könne er nicht folgen. Dieser gehe von einer schweren sensomotorischen PNP aus, die jedoch nicht zu objektivieren gewesen sei. Insofern könne er den entsprechenden Einschränkungen hinsichtlich beruflicher Tätigkeiten nicht folgen. Die von Dr. C. erhobenen Befunde hätten eine leichtgradige Neuropathie gezeigt, die sich mit den von ihm erhobenen Befunden deckten. Sie seien aber so gering, dass sie nicht zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit führten. Deshalb halte er eine Einschränkung im Bezug auf körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht für gerechtfertigt, ebenso auch nicht die Forderung nach besonderen Arbeitsbedingungen. Entgegen Med. Dir. L. sei die von diesem angenommene Neuropathie nicht belegt, weswegen er auch die von diesem angenommene qualitative Leistungseinschränkung nicht bestätigen könne. Im Übrigen stimme er ihm zu. Mit Dr. G. gehe er davon aus, dass betriebsunübliche Pausen durch eine PNP nicht erforderlich seien. Im Ergebnis stimme er auch Dr. Sch. zu. Allerdings sehe er eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens deswegen nicht, weil eine wesentliche PNP nicht vorliege. Insgesamt gehe aus allen Vorgutachten im Grunde genommen hervor, dass die PNP zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit führe. Die PNP bestehe aber in einem nur sehr geringfügigen Ausprägungsgrad, weswegen daraus keine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit ableitbar sei. Er sehe insofern vielmehr ein ausgeprägtes Simulationsverhalten mit Rentenbegehren im Vordergrund.

Der Berichterstatter hat ferner den Bruder des Klägers, R. T., bei dem der Kläger von 1988 bis zuletzt März 2004 beschäftigt war, als Zeugen vernommen. Er hat bestätigt, dass der Kläger hauptsächlich im Büro gearbeitet hat, Angebote geschrieben hat und Rechnungen sowie auch im Kundendienst tätig war und kleinere Reparaturen gemacht hat. Weder für die Bürotätigkeit, noch für die praktische Tätigkeit sei eine Ausbildung erforderlich gewesen. Der Kläger habe auch lediglich Kurse besucht. Wenn er anstelle des Klägers einen Facharbeiter eingestellt hätte, hätte er diesem mehr bezahlen müssen. Die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern deswegen erfolgt, weil die Auftragslage nicht mehr so gut gewesen sei und es "zwischenmenschlich" zwischen ihnen auch nicht mehr so gepasst habe.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung und teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen noch wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und der weiteren Ermittlungen nach eigener Prüfung an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insofern von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung insofern aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Ergänzend ist insofern lediglich anzumerken, dass auch nach dem Gutachten, das der Senat bei Prof. Dr. G ...eingeholt hat, nicht belegt ist, dass der Kläger bei Beachtung qualitativer Einschränkungen außerstande ist, zumindest eine leichte berufliche Tätigkeit in einem Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Insbesondere haben die umfangreichen Untersuchungen des Prof. Dr. G. eine wesentliche PNP nicht bestätigen können. Vielmehr hat Prof. Dr. G. sowohl auf Grund eigener Beobachtungen des Klägers bei einzelnen Untersuchungen eine Diskrepanz bei einzelnen Bewegungsmustern, bei einzelnen Untersuchungen und in anderen Momenten, festgestellt und auch plausibel dargelegt, dass Angaben des Klägers bei Testungen und Untersuchungen nicht mit dem Beschwerdebild einer PNP zu vereinbaren sind. So beschreibt Prof. Dr. G. eine Simulation von Beschwerden, was sich anhand unterschiedlicher Untersuchungsbedingungen gezeigt habe. War das dargebotene Gangbild beim Untersuchenden bizarr, so hat er sich bei anderen Untersuchungssituationen vollkommen unauffällig bewegt. Auch z.B. bei der Testung der Sensibilität hat sich eine Simulation ergeben. Bei der Testung der Stereoknosie hat der Kläger immer andere Zahlen als die gerade gemalten angegeben. Wenn ein Proband auf Grund einer Sensibilitätsstörung indes nicht mehr in der Lage ist, Zahlen korrekt zu erkennen, gibt er - so Prof. Dr. G. für den Senat nachvollziehbar - entweder an, sie nicht erkennen zu können oder er gibt Zahlen an, die in etwa der gemalten Form entsprechen. Dies war beim Kläger grundsätzlich nicht der Fall, z. B. hat er eckige Zahlen wie die 4 angegeben, wenn eine runde Zahl, wie eine 0, gefragt war. Damit ist Prof. Dr. G. zum für den Senat schlüssigen Ergebnis gelangt, dass eine PNP von nennenswertem Ausmaß nicht vorliegt. Dies hat er im Übrigen auch damit begründet, dass ein Fortschreiten von entsprechenden Befunden nicht feststellbar ist, wie dies bei einer diabetischen PNP der Fall wäre. Angesichts dessen sind seine Schlussfolgerungen, dass eine wesentliche qualitative Einschränkung auf neurologischem Gebiet nicht feststellbar ist, schlüssig und überzeugend. Sie stehen auch in Übereinstimmung mit den Beurteilungen der vorliegenden Befunde in den Stellungnahmen der Dres. G. und Sch., die als qualifizierter Beteiligtenvortrag zu verwerten waren.

Soweit Dr. C. besondere qualitative Einschränkungen angenommen hat, fehlt es hierfür an einer den Senat überzeugenden Begründung, nachdem eine wesentliche PNP nicht nachgewiesen ist. Soweit der Internist Dr. A. wesentliche qualitative und quantitative Leistungseinschränkungen angenommen hat, fehlt es ebenfalls an einer nachvollziehbaren Begründung. Insbesondere geht er auch von einer PNP aus, einer Erkrankung außerhalb seines Fachgebietes als Internist, die der Facharzt Prof. Dr. G. nach neurologischen Spezialuntersuchungen in dem von Dr. A. unterstellten Ausmaß ausgeschlossen hat. Ferner stützt er sich im Wesentlichen auch auf Angaben des Klägers, ohne diese - was angesichts des mehrfach dokumentierten aggravatorischen Verhaltens des Klägers (so schon Dr. Sch. und zuletzt auch Prof. Dr. G.) angezeigt gewesen wäre - kritisch zu hinterfragen.

Damit kann der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Es besteht insofern auch nicht die Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen und keine wesentliche Einschränkung hinsichtlich des Weges zur Arbeit. Soweit dies von Gutachtern angenommen wurde, wurde dies im Wesentlichen mit neurologischen Befunden begründet, die Prof. Dr. G. in entsprechendem Ausmaß nicht erheben konnte. Damit ist insofern das Urteil des SG nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat im Übrigen auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 43 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind sowie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).

Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Gemessen an den vorstehend aufgeführten Voraussetzungen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Auf Grund seiner bisher ausgeübten beruflichen Tätigkeit, zunächst im Betrieb seines Vaters, dann zuletzt im Betrieb seines Bruders, ist er allenfalls als Angelernter im unteren Bereich einzustufen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass er zum einen Bürotätigkeiten verrichtet hat, zum anderen und im geringerem Ausmaß auch Tätigkeiten im praktischen Bereich als Heizungsmonteur. Weder für den einen Bereich, noch für den anderen Bereich hat er eine förmliche Berufsausbildung absolviert und nach dem Bekunden des Zeugen T. auch nicht benötigt. Ferner ist er, wie der Zeuge T. ausgesagt hat, auch nicht wie ein Facharbeiter entlohnt worden, sondern hatte lediglich einen Bruttoverdienst von 2.500 EUR. Hätte der Zeuge T. einen Facharbeiter beschäftigt, hätte er diesen wesentlich höher entlohnen müssen. Nachweise, dass der Kläger über die vorgelegten Bescheinigungen hinaus zusätzliche Qualifikationen erworben hat, die es ermöglichten die jeweils nur teilzeitig ausgeübten Büro- und Hilfstätigkeiten (Kundendienstarbeiten und kleinere Reparaturen) als Anlerntätigkeiten mit einer notwendigen Anlernzeit von mehr als einem Jahr anzusehen, liegen nicht vor und ergeben sich auch nicht aus der Aussage des Bruders und letzten Arbeitgebers des Klägers. Damit verbleibt es dabei, dass der Kläger als Angelernter einzustufen ist, dem alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auch ungelernter Art, zuzumuten sind. Entsprechende Tätigkeiten kann er unter Berücksichtigung der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, wie oben dargelegt, auch noch in einem zeitlichen Umfang von wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Damit ist er auch nicht berufsunfähig.

Nachdem der Kläger somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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