L 9 R 4917/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 7366/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4917/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1953 geborene Klägerin, italienische Staatsangehörige, die seit ihrem 10. Lebensjahr in Deutschland lebt, hat - nach dem Schulbesuch (1964 bis 1967) und anschließendem Besuch der Hauswirtschaftsschule - keine berufliche Ausbildung und keine formale Anlernzeit absolviert. Ab 1968 war sie als Fabrikarbeiterin und Bedienung tätig. Vom März 1990 bis September 1991 arbeitete sie bei der Firma N. als Verkäuferin (Warenpräsentation und Kassieren) und im Zeitraum vom November 1991 bis August 2006 war sie - mit Unterbrechungen (gemäß dem Versicherungsverlauf vom 16. Juli 2004: September 1999 bis April 2000, September 2000 bis Juli 2001 Bezug von Sozialleistungen; August 2001 bis Juni 2004 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit) - bei der Firma N. als Verkäuferin vier Stunden täglich (überwiegend im Bedienungsbereich Fleisch und Fleischwaren) beschäftigt. Dabei war sie in die Tarifgruppe G II 1 des Tarifvertrages für den Einzelhandel Baden-Württemberg eingruppiert und hat Tätigkeiten einer Angelernten mit einer Anlernzeit von zwei Jahren verrichtet hat (Auskunft der Firma N. vom 1. Juli 2009). Vom 24. August 2000 bis 30. November 2004 und ab 1. Juli 2005 war die Klägerin nach Angaben der Firma N. arbeitsunfähig krank und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Seit dem Jahr 2007 arbeitet sie als "Kapo" einer Putzkolonne zwei Stunden am Tag mit einem Verdienst unter 400,00 EUR.

Einen ersten Rentenantrag der Klägerin vom 8. August 2005, die nach ihren Angaben bei der Arbeit 1994 eine Fingerschnittverletzung (ohne Arbeitsunfähigkeit) erlitten hat sowie zwei Mal aufs Gesäß gestürzt ist (1997 [ohne Arbeitsunfähigkeit] und 1999 [mit "Scheinlähmung"]) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2005 und Widerspruchsbescheid vom 7. März 2006 ab, da die Klägerin mindestens sechs Stunden arbeitstäglich leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar verrichten könne.

Grundlage der Entscheidung waren ein ärztlicher Bericht mit Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. L. vom 20. Oktober 2005 nach einer Untersuchung und auf Grund vorliegender ärztlicher Berichte (Diagnosen [D]: chronisches Schmerzsyndrom, diskrete degenerative Wirbelsäulen [WS]-Veränderungen und atrophierte Rückenmuskulatur mit Belastungsminderung; die Klägerin könne ihre letzte Tätigkeit als Verkäuferin wie auch sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten) sowie eine sozialmedizinische Stellungnahme vom 6. Dezember 2001 (aus dem Vorbringen im Widerspruchsverfahren ergebe sich nichts wesentliches Neues, es verbleibe bei der bisherigen Leistungsbeurteilung).

Deswegen erhob die Klägerin Klage (Az S 20 R 2300/06) beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Das SG hörte angegebene Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen, so den Arzt für Neurologie und Psychiatrie F. (18. Mai 2006), den Orthopäden Dr. W. (17. Mai 2006), den Orthopäden Dr. A. (18. Mai 2006), den Neurologen und Psychiater Dr. R. (31. Mai 2006), den HNO-Arzt Dr. S. (7. Juli 2006), den praktischen Arzt G. (18. Juli 2006), den Internisten Dr. L. (2. November 2006), den Radiologen Dr. H. (11. Dezember 2006), den Internisten Dr. G. (18. Dezember 2006), den Orthopäden Dr. B. (22. Dezember 2006), den Allgemeinmediziner S. (18. Januar 2007) sowie den Neurologen und Psychiater Dr. L. (20. November 2007), die über erhobene Befunde berichteten. Das SG holte außerdem ein Sachverständigengutachten der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. K. vom 29. Februar 2008 ein. Sie diagnostizierte eine Dysthymia und fand die Klägerin im Antrieb leicht reduziert. Ferner äußerte sie den Verdacht auf Aggravation mit theatralischer Ausgestaltung. Die Klägerin habe zum Teil wenig kooperativ gewirkt. Neurologische Auffälligkeiten fand sie nicht. Die Klägerin sei aus psychiatrischer Sicht für leichte Tätigkeiten in Tagesschicht - ohne erhöhte Anforderung an die soziale Kompetenz und die intellektuelle Leistungsfähigkeit sowie Gefahr für sich oder andere - sechs Stunden und mehr leistungsfähig.

Am 18. Juni 2008 schlossen die Beteiligten dann zur Erledigung des Klageverfahrens einen Vergleich, mit welchem die Klägerin die Klage zurücknahm und sich die Beklagte verpflichtete, eine mindestens vierwöchige stationäre Rehamaßnahme in der Schlossklinik Bad B. zu bewilligen und nach Abschluss der Maßnahme einen Bescheid über die Gewährung von Erwerbsminderungsrente zu erteilen.

Vom 13. November bis 11. Dezember 2008 war die Klägerin dann in stationärer Behandlung in Bad B ... Gemäß dem Heilverfahren-Entlassungsbericht (HV-EB) vom 19. Januar 2009 wurden die Diagnosen "paranoide Schizophrenie, dissoziative Störung der Sensibilität in der Empfindung, arterielle Hypertonie, HWS-LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, Infekt der Atemwege" gestellt. Die Klägerin habe dysphorisch, reizbar, teils parathym, teils affektiv starr gewirkt und akustische Halluzinationen angegeben. Unter Gabe eines Neuroleptikums mit langsamer Aufdosierung auf 80 mg sei das Hören von Stimmen bereits nach 20 mg nicht mehr vorhanden gewesen, jedoch noch ein Klopfen im Zimmer angegeben worden. Die Klägerin sei räumlich, zeitlich und situativ voll orientiert und zu vereinbarten Terminen pünktlich erschienen. Sie habe motiviert und aktiv mitgearbeitet. Auf Grund der Erkrankungen sei die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter drei Stunden leistungsfähig.

Nach Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 5. Februar 2009 lehnte die Beklagte dann den Rentenantrag (zusätzliche Begründung der Klägerin: bei ihr sei ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt, sie habe zuletzt eine qualifizierte Tätigkeit ausgeübt, weswegen sie Berufsschutz genieße, sie leide unter Schmerzen in verschiedenen Bereichen sowie multiplen Beschwerden; die Leistungseinschränkung ergebe sich auch aus dem HV-EB) mit Bescheid vom 10. Februar 2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin könne Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich verrichten.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte nach Einholung der Auskunft der Firma N. vom 1. Juli 2009 und nochmaliger Prüfung des Sachverhalts durch den Internisten und Sportmediziner Dr. G. (Stellungnahme vom 24. Juli 2009; die Klägerin könne leichte Tätigkeiten zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen oder mit ständigem Sitzen - ohne besonderen Zeitdruck, häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 10 kg, längere WS-Zwangshaltungen, häufiges Bücken, besondere Belastungen durch Kälte und Zugluft - sechs Stunden und mehr arbeitstäglich verrichten) zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2009). Die Klägerin könne leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit - näher dargelegten - qualitativen Einschränkungen und ihr als angelernter Arbeiterin des oberen Bereiches zumutbare Anlerntätigkeiten wie auch ungelernte Tätigkeiten, die durch Qualitätsmerkmale herausgehoben seien, mindestens sechs Stunden täglich verrichten, so auch eine Tätigkeit als Pförtnerin.

Deswegen hat die Klägerin am 4. November 2009 Klage beim SG erhoben und ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Sie genieße auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeit Berufschutz, habe Schmerzen in verschiedenen Bereichen, insbesondere der WS, die auch zu Schmerzen und Depressionen sowie Vergesslichkeit und Schwindelattacken führten. Das Gehvermögen sei eingeschränkt. Die schulmedizinischen Möglichkeiten seien seit Jahren ausgeschöpft. Sie sei bei den Dres. F., S., W., A. und S. in Behandlung.

Das SG hat ein Sachverständigengutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. R. eingeholt, das diese nach Aktenlage und einer ambulanten Untersuchung am 12. Mai 2010 erstellt hat. Die Sachverständige ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, auf nervenärztlichem Gebiet bestehe eine undifferenzierte Somatisierungsstörung. Es handle sich um hartnäckige und körperliche Beschwerden in Form von Rücken- und Kopfschmerzen, die das vollständige und typische klinische Bild der Somatisierungsstörung nicht erfüllten. Es handle sich um eine vergleichsweise geringe Zahl von Beschwerden, wobei eine Einschränkung der sozialen und familiären Funktionsfähigkeit nicht bestehe. Ferner sei eine Dysthymia zu diagnostizieren. Bei der Untersuchung habe die Klägerin jedoch keine Symptome dieser Störung gezeigt. Soweit im stationären HV eine schizophrene Episode diagnostiziert worden sei, komme auch ein histrionisches Verhalten mit entsprechender Aggravation in Frage, wofür das distanzgeminderte Verhalten spreche. Mit bereits niedrigster Dosierung eines Neuroleptikums seien die akustischen Halluzinationen fast vollständig verschwunden und eine psychotische Symptomatik sei anschließend nicht mehr beschrieben worden. Und auch der behandelnde Nervenarzt habe ausschließlich ein stimmungsaufhellendes Antidepressivum verordnet. Wie sich bei der Untersuchung ergeben habe, nehme die Probandin das Neuroleptikum anscheinend nicht mehr, ohne dass eine psychotische Störung nachweisbar sei. Testpsychologisch habe sich eine deutliche Aggravation ergeben, denn die Angaben im Schmerzfragebogen seien mit der Beschreibung des Tagesablaufs und den Alltagsaktivitäten nicht in Übereinstimmung zu bringen. Auch die angegebene aktuelle Schmerzstärke decke sich nicht mit dem Verhalten bei der Begutachtung. Die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie habe wohl auf einem damals akuten psychischen Zustand beruht, der zunächst aber erstmals nur zu Arbeitsunfähigkeit führe. Auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitsstruktur lägen eine Dysthymia und eine undifferenzierte Somatisierungsstörung vor, wobei Schmerzen angegeben worden seien, die aber die alltäglichen Tätigkeiten entsprechend der Schilderung nicht störten. Hinsichtlich der Dysthymia sei die Klägerin bei der Untersuchung affektiv ausgeglichen gewesen. Es könne jedoch dazu kommen, dass sich die Klägerin niedergestimmt fühle. Unter Berücksichtigung der bestehenden Gesundheitsstörungen seien schwere körperliche Arbeiten zu meiden. Die Klägerin könne aber leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes - ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel über 5 kg, gleichförmige Körperhaltungen, Akkord- und Fließbandarbeiten, Nachtschichten, Tätigkeiten in Hitze, Kälte und Zugluft und Nässe sowie besondere geistige Beanspruchung - mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Übernahme von Verantwortung, wie auch aus der Tätigkeit als "Kapo" ersichtlich, sei ihr durchaus möglich. Die Klägerin könne auch täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten zurücklegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Besondere Schwierigkeiten hinsichtlich Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz bestünden nicht. Zusätzliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. Oktober 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung sowie auch wegen Berufsunfähigkeit seien nicht erfüllt, da die Klägerin zwar qualitativ in ihrem Leistungsvermögen eingeschränkt sei, aber eine quantitative Leistungsminderung nicht vorliege. Insbesondere sei nach der weiteren Begutachtung nicht davon auszugehen, dass eine paranoide Schizophrenie vorliege, sondern dass es sich während des stationären HV um eine schizophrene Episode gehandelt habe, zumal auch keiner der die Klägerin zuvor behandelnden Nervenärzte Symptome einer paranoiden Schizophrenie geschildert habe. Auch die Angaben gegenüber Dr. K. und Dr. R. zum Tagesablauf, den Aktivitäten und den Hobbys sprächen gegen eine quantitative Leistungsminderung. Insofern liege auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor und bestehe keine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die die Benennung einer möglichen Tätigkeit erforderlich machten. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da die Klägerin, auf Grund ihrer bisherigen Berufstätigkeit zwar der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen sei, aber zumutbarer Weise beispielsweise als Pförtnerin arbeiten könne. Die von Dr. R. festgestellten Einschränkungen stünden einer solchen Tätigkeit nicht entgegen, beispielsweise als Werkspförtner, Pförtner in Betrieben, Büro- und Geschäftshäusern, öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen.

Gegen den am 18. Oktober 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20. Oktober 2010 Berufung eingelegt, mit welcher sie ihr bisheriges Begehren weiter verfolgt und ihren bisherigen Vortrag im Wesentlichen wiederholt. Hierzu hat sie noch eine persönliche Stellungnahme zu den Akten gereicht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 11. Oktober 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2009 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung seit Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nachdem die Klägerin die Anhörung des Dr. R. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt hat, hat ihr der Berichterstatter mit Verfügung vom 8. Februar 2011 eine Frist bis 14. März 2011 gesetzt, um u. a. einen Kostenvorschuss für das zu erstellende Gutachten zu leisten. Dieser Kostenvorschuss ist nicht eingegangen. Auf den Hinweis des Berichterstatters vom 6. April 2011, dass der Vorschuss nicht geleistet und die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG demzufolge nicht beabsichtigt sei, hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten mitteilen lassen, sie könne das Geld für ein Gutachten nicht beibringen und sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

Auch die Beklagte hat auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente - §§ 43, 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt, die einschlägige Rechtsprechung hierzu referiert und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil sie zumindest leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen, auch solche die ihr auf Grund ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit zumutbar sind, wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Der Senat schließt sich dem unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren und nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück.

Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass sich auch für den Senat aus den vorliegenden Gutachten und insbesondere aus dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten der Dr. R., ergibt, dass die Klägerin in der Lage ist, die ihr zumutbaren Tätigkeiten wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Nach ihren Angaben gegenüber Dr. R. zu ihrem Tagesablauf sind keine Beeinträchtigungen feststellbar, die - bei zumutbarer Willensanstrengung - der Ausübung entsprechender beruflicher Tätigkeiten entgegenstünden. Zum Tagesablauf hat sie angegeben, manchmal stehe sie morgens zwischen 3:00 Uhr und 4:00 Uhr auf, trinke Kaffee und sehe fern. Dann könne sie eventuell wieder einschlafen, stehe um 6:00 Uhr auf und nehme dann ihren Hund zum Gassi gehen. Um 6:00 Uhr stehe sie endgültig auf, dusche und ziehe sich an. Sie mache am Vormittag den Haushalt, gehe einkaufen und bügle. Mittagessen bereite sie nur, wenn sie Hunger habe. Wenn der Sohn da sei, koche sie regelmäßig. Nachmittags schlafe sie gern und gehe dann mit dem Hund spazieren und erledige Dinge. Gegen 18:00 Uhr esse sie etwas Leichtes und sehe dann anschließend wieder fern um gegen 23:00 Uhr ins Bett zu gehen. Am Wochenende gehe sie auf den Markt, z. B. den Flohmarkt oder den Gemüsemarkt.

Ferner hat die Klägerin angegeben, sie beziehe Arbeitslosengeld und arbeite zwei Stunden am Tag als "Kapo" einer Putzkolone, wofür sie einen Verdienst von unter 400,00 EUR im Monat habe. Bei dieser Tätigkeit, die sie seit 2007 mache, kontrolliere sie täglich zwischen 15:00 Uhr und 17:00 Uhr die Arbeit von 10 Mitarbeitern. Die Arbeitsstelle sei ganz in ihrer Nähe. Anschließend fühle sie sich erschöpft. Sie wisse nicht, ob sie noch arbeiten könne. Plötzlich könne sie nicht mehr gehen und sei auf Grund ihrer Rücken- und Kopfschmerzen ans Bett gebunden. Seit sie keinen Alkohol mehr trinke, habe sie auch keine Freunde mehr. Sie gehe spazieren und habe einen Mischlingshund, mit dem sie morgens, mittags und abends nach draußen gehe. Wenn es ihre gut gehe, gehe sie auch drei bis vier Stunden spazieren. Ansonsten habe sie als Hobby das Puzzeln und dabei habe sie schon große Puzzles gemacht. Sie habe auch sehr viele Blumen und ihr Balkon sei voll davon. Sie lese sehr gerne, z. B. Romane und Kinderromane. Wenn sie ein Buch angefangen habe, müsse sie es zu Ende lesen. Pro Woche lese sie ungefähr einen Roman. Ansonsten mache sie gelegentlich einen Stadtbummel in S. und im Fernsehen sehe sie sich italienische Serien an. Angesichts dessen ist der Tag der Klägerin durchaus strukturiert und diese Strukturierung ist mit zumutbarer Willensanstrengung auch noch verbesserbar.

Auch der von Dr. R. erhobene psychische Befund und die Feststellungen zum Verhalten bei der Untersuchung sprechen gegen eine wesentliche Einschränkung des Leistungsvermögens. So ist die Klägerin der Gutachterin beim Aufrufen für die Untersuchung im Wartezimmer mit raschem Schritt in das Untersuchungszimmer gefolgt, hat Platz genommen und sofort Blickkontakt aufgenommen, den sie bis zum Ende der Begutachtung halten konnte. Sie war weder teilnahmslos, noch verlangsamt, in ihrer Informationsaufnahme und -verarbeitung nicht eingeschränkt sowie im Übrigen voll orientiert. Es haben sich bei der Begutachtung keinerlei Auffassungs- oder Konzentrationsstörungen gefunden und es war auch bei der gesamten Begutachtung keinerlei Mangel an Energie, Initiative und Anteilnahme feststellbar. Eine Verlangsamung des Denkens war nicht feststellbar. Sie konnte beim Gespräch Nebensächliches von Wesentlichem trennen und zeigte keinen inhaltlich eingeschränkten Gedankenumfang.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den persönlichen schriftlichen Äußerungen der Klägerin. Insbesondere enthalten die Einwände gegenüber dem Gutachten von Dr. R. nichts, was Zweifel an deren Beurteilung des Leistungsvermögens begründen würde. Die Behauptung, Dr. R. würde sie als Alkoholikerin einstufen, ist so nicht zutreffend. Insbesondere geht sie nicht von einem (aktuellen) Alkoholmissbrauch in dem zu beurteilenden Zeitraum aus. Schließlich ist auch unerheblich, ob die Klägerin in Z. oder S. wohnt. Auch kann dahinstehen, ob sie einen Roman pro Woche liest und weiß, wo sich eine Bücherei befindet. Für die Frage, ob die Klägerin gelegentlich einen Stadtbummel in S. macht und über den Markt geht, kommt es nicht darauf an, ob sie auch über finanzielle Mittel verfügt, etwas zu kaufen. Soweit Dr. R. bei Prüfung des Medikamentenspiegel den Verdacht geäußert hat, die Klägerin nehme die angegebenen Medikamente nicht (regelmäßig) ein, räumt diese selbst ein, sie habe sie nur "zufällig abgesetzt". All dies begründet keine ernsthaften Zweifel an der Leistungsbeurteilung durch Dr. R ... Der Senat hat auch keinen Zweifel, dass die Angaben, die von der Sachverständigen wiedergegeben wurden, gemacht worden sind, wobei dies letztlich dahingestellt bleiben kann, da das Sachverständigengutachten auch durch die von Dr. R. persönlich erhobenen Befunde und die in den Akten enthaltenen Befunde schlüssig untermauert ist.

Soweit sich die Klägerin auf den HV-EB beruft, ist die Leistungseinschätzung dieser Ärzte durch das Sachverständigengutachten von Dr. R. widerlegt und findet auch keine Stütze durch Berichte der behandelnden Ärzte, die das SG im ersten Klageverfahren bereits gehört hat. Insbesondere ist auch eine Schizophrenie nicht gesichert und würde, wenn sie vorläge, allenfalls zu vorübergehender Arbeitsunfähigkeit führen, da die nur im HV festgestellten Symptome bereits unter niedriger Dosierung des verabreichten Medikamentes zurückgingen. Soweit die Klägerin auf geltend gemachte frühere Arbeitsunfälle verweist ergibt sich daraus nichts anderes, da allein die ab dem strittigen Zeitraum maßgeblichen funktionellen Einschränkungen zu würdigen sind und diese auch etwaige Folgen von früheren Arbeitsunfällen beinhalten und mit umfassen. Eine rentenrechtlich wesentliche Leistungsminderung ist insofern indes nicht feststellbar.

Es bestand - wie der Klägerin bereits mitgeteilt - kein Anlass, ein Sachverständigengutachten des Dr. Römer nach § 109 SGG einzuholen, nachdem die Klägerin den hierzu angeforderten Kostenvorschuss nicht geleistet und auf den Hinweis hierauf ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hat.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liege nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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