Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 2568/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4599/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. 2. 3. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 05. August 2010 abgeändert: Der Bescheid des Beklagten vom 29. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2007 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sein Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen als unzulässig und nicht als unbegründet zurückgewiesen wird.
Der Beklagte erstattet dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Versagungsbescheid des beklagten Job-Centers.
1. Der am 23.08.1953 geborene, erwerbsfähige Kläger beantragte erstmals am 18.07.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) bei dem Beklagten. Seinem Antrag legte er unter anderem den "Einheitsmietvertrag" vom 28.07.2005 bei, nach dem er ab dem 01.08.2005 bei der Zeugin Kr. eine 2-Zimmer-Wohnung für EUR 300,00 im Monat nettokalt gemietet hatte. Die Zeugin Kr. betreibt am Wohnort des Klägers eine Apotheke.
Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 08.08.2005 Arbeitslosengeld II ab August. Auch in der Folgezeit ergingen Bewilligungen, so für das erste (Bescheid vom 07.12.2005) und das zweite Halbjahr 2006 (u. a. Änderungsbescheid vom 18.10.2006, teilweise nochmals geändert mit Bescheid vom 02.03.2007) sowie das erste Halbjahr 2007 (Bescheid vom 28.11.2006). Bereits ab Anfang 2005 beantragte der Kläger erfolgreich weitere Leistungen bei dem Beklagten, darunter einen befristeten Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld, Zuschläge für einen Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung und zusätzliche Leistungen für die Ausübung des Umgangsrechts mit seiner minderjährigen Tochter. Zahlreiche weitere Anträge des Kläger, insbesondere auf Gewährung von Einmalleistungen aller Art, anfangs vor allem "Kleidergelder", blieben dagegen erfolglos.
Nachdem der Kläger einen neuen, ab dem 01.01.2007 geltenden Mietvertrag mit der Zeugin Kr. vorgelegt hatte, nach dem er nunmehr drei Zimmer für EUR 360,00 nettokalt angemietet hatte, und geltend machte, er benötige das zusätzliche Zimmer für die Aufenthalte seiner Tochter bei sich an den Wochenenden, bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 13.03.2007 dem Kläger und seiner Tochter in Bedarfsgemeinschaft für Dezember 2006 sowie für Januar bis Juni 2007 höhere Leistungen.
Bereits am 07.02.2006 hatte der Kläger dem Beklagten eine Zusage der Zeugin Kr. vorgelegt, ihn in ihrer Apotheke einzustellen, wenn der Kläger weiter qualifiziert werde. Der Beklagte hatte daraufhin eine Fortbildungsmaßnahme bewilligt. Am 08.11.2006 hatte die Zeugin Kr. telefonisch bei dem Beklagten nach einem Antrag auf einen Eingliederungszuschuss für den Kläger nachgefragt, den sie am 08.08.2006 gestellt habe, der aber bei dem Beklagten nicht eingegangen war. Bei dem Beklagten entstand hierbei der Eindruck, der Kläger sei bereits bei der Zeugin Kr. beschäftigt. Dies bestritt der Kläger jedoch bei einer Nachfrage am 01.12.2006. Bereits hier bat der Beklagte die zuständige Zollbehörde um Ermittlungen, die aber zunächst unterblieben.
Am 16.03.2007 teilte die Zeugin M., die Mutter der minderjährigen Tochter des Klägers, dem Beklagten telefonisch mit, sie gehe von Sozialbetrug des Klägers aus. Dieser lebe in einer Lebensgemeinschaft mit der Zeugin Kr. Auch halte sich die Tochter an den Wochenenden tatsächlich nicht bei ihm auf. Ferner arbeite der Kläger in der Apotheke der Zeugin Kr. Der Kläger sei auch nicht in einer Weise krank, dass er einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung habe. Letztlich gebe er seiner Tochter regelmäßig Geld, so im Dezember 2006 einmal EUR 600,00 für Kleidung. In einer e-mail vom 20.03.2007 an den Beklagten teilte die Zeugin M. ergänzend unter anderem mit, der Kläger mache seiner Tochter regelmäßig übermäßige und teure Geschenke (Kosmetika, Stereoanlage, mp3-Player, Nintendo-Spielekonsole plus Spiele, Kleidung, Handys, Geld, darunter monatlich EUR 100,00 zur Mitfinanzierung eines Pferdes). Anfang 2007 habe er seiner Tochter ein Jugendzimmer kaufen wollen; hierzu habe er am 15.03.2007 in einem Erörterungstermin vor dem Familiengericht Biberach in einem Verfahren über das Umgangsrecht der Tochter angegeben, er habe hierzu genügend Geld. Der Kläger habe auch mehrfach mitgeteilt, er habe werktags für den Umgang mit der Tochter keine Zeit, weil er zu viel zu tun habe.
Auf die bereits genannte Bitte des Beklagten führte das Zollamt Friedrichshafen (Hauptzollamt Ulm) am 19. oder 20.03.2007 eine Untersuchung in der Apotheke der Zeugin Kr. durch und teilte dem Beklagten am 21.03.2007 mit, eine "Schwarzarbeit" des Klägers dort sei nicht nachweisbar. Am 21.03.2007 ging bei dem Beklagten ein am 20.03.2007 unterzeichneter "An-stel¬lungs¬vertrag" zwischen der Zeugin Kr. und dem Kläger ein, wonach dieser ab dem 20.03.2007 als technischer Mitarbeiter in der Apotheke für einen Monatslohn von EUR 300,00 brutto beschäftigt sei. Die Beklagte erließ daraufhin den Änderungsbescheid vom 22.03.2007, mit dem sie dem Kläger für April bis Juni 2007 wegen des anzurechnenden Einkommens niedrigere Leistungen gewährte.
Am 05.04.2007 machte die Zeugin M. dem Beklagten telefonisch weitere Angaben zur Ausübung des Umgangsrechts der Tochter, zu den finanziellen Verhältnissen des Klägers und zu seinem Zusammenleben mit der Zeugin Kr. Mit einem Schreiben vom 11.04.2007 übersandte sie außerdem eine Abschrift des Protokolls des Amtsgerichts - Familiengerichts - Biberach über die genannte mündliche Erörterung am 15.03.2007 in dem Umgangsverfahren sowie ein Schreiben des Klägers an seine Tochter vom 05.04.2007.
Am 12.04.2007 führten eine Mitarbeiterin des Ermittlungsdienstes des Beklagten, die Zeugin D., sowie die zuständige Sachbearbeiterin einen Hausbesuch in der Apotheke und der Wohnung der Zeugin Kr. durch. Der Kläger wurde an seiner Arbeitsstelle in der Apotheke angetroffen. Er zeigte den Mitarbeiterinnen des Beklagten sodann ein Schlaf-, ein Wohnzimmer und ein separates Bad im Obergeschoss des Gebäudes sowie einen Kellerraum als seine Räume. Er führte aus, die Küche nutzten die Zeugin Kr. und er gemeinsam. Die Mitarbeiterinnen des Beklagten stellten unter anderem fest, dass der Kläger einen Pkw der Zeugin Kr. benutzte, dass sein Wohnbereich in dem Haus nicht abgetrennt sei, dass sein Name nicht auf dem Briefkasten und der Klingel stehe und dass die Lebensmittel im Kühlschrank nicht getrennt oder gekennzeichnet seien. Wegen der weiteren Feststellungen wird auf die Niederschrift über den Hausbesuch und den Aktenvermerk des Beklagten vom 12.04.2007 verwiesen.
Mit Bescheid vom 19.04.2007 stellte der Beklagte zum einen die Leistungsgewährung sowohl an den Kläger als auch an seine Tochter ab dem 01.05.2007 vorläufig ein. Zum anderen forderte er darin den Kläger unter anderem auf, "alle Unterlagen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen" der Zeugin Kr. einzureichen sowie die entsprechenden Zusatzblätter 2.1, 2.2 und 3 zum Leistungsantrag ausgefüllt wieder vorzulegen. Der Beklagte setzte hierzu eine Frist bis zum 07.05.2007 und belehrte darüber, er sei anderenfalls "gehalten, nach Aktenlage zu entscheiden bzw. die Leistungen nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ab 01.05.2007 ganz zu versagen".
Der Kläger nahm über seinen Verfahrensbevollmächtigten unter dem 04.05.2007 Stellung. Er bestritt, dass er in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe. Er habe seine eigenen Zimmer, nur die Küche werde gemeinsam genutzt, allerdings seien die Lebensmittel getrennt. Der Kläger reichte auch die angeforderten Vordrucke ausgefüllt zurück. Ferner teilte die Zeugin Kr. dem Beklagten unter dem 26.04.2007 schriftlich mit, sie führe keine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit dem Kläger, sei nicht bereit, ihn zu unterstützen und hierzu auch nicht verpflichtet; der Kläger sei nicht befugt, über ihr Einkommen oder Vermögen zu verfügen; es gebe keine gemeinschaftlichen Vermögensdispositionen und sie unterstütze ihn nicht.
2. Mit Bescheid vom 10.05.2007 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung vom 13.03.2007 ab dem 01.05.2007 ganz auf. Er führte aus, der Kläger lebe in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft mit der Zeugin Kr. Die Ausführungen des Klägers und der Zeugin seien nicht geeignet gewesen, diese Einschätzung zu widerlegen.
Die Zeugin Kr. mahnte bei dem Kläger unter dem 07.05.2007 ausstehende Mietzahlungen für Mai 2007 an. Am 02.06.2007 kündigte sie das Mietverhältnis (und den Anstellungsvertrag). Später erhob sie Räumungs- und Zahlungsklage zum Amtsgericht Bad Saulgau (1 C 303/07) gegen den Kläger, die am 29.08.2007 zugestellt wurde. Sie erwirkte dort das Anerkenntnisurteil vom 29.10.2007 und beauftragte später den zuständigen Gerichtsvollzieher, OGV H., mit der Vollstreckung. Die Kosten, die dem Kläger aus dem Räumungsprozess erwachsen sind und deren Erstattung er bei dem Beklagten beantragt hatte, sind Gegenstand des weiteren Verfahrens L 3 AS 5361/10, in dem der erkennende Senat die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG mit Urteil vom heutigen Tage zurückgewiesen hat. Der Gerichtsvollzieher teilte der zuständigen Ortspolizeibehörde, der Gemeinde O., am 29.04.2008 mit, er werde die Zimmer des Klägers am 04.06.2008 räumen. Die Gemeinde O. wies den Kläger mit Bescheid vom 04.06.2008 ab diesem Tag in die kommunale Obdachlosenunterkunft ein. Nach einer Auskunft der Gemeinde vom 20.04.2011 in dem genannten anderen Verfahren zog er dort auch ein und es wird dort regelmäßig Wasser verbraucht.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 10.05.2007 Widerspruch. Zugleich suchte er bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nach (S 4 AS 1830/07 ER). Dieses verpflichtete den Beklagten mit Beschluss vom 05.07.2007, dem Kläger bis zum 15.08.2007 vorläufig 70 % der Regelleistung, einen Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung sowie Unterkunftskosten zu gewähren. Der Beklagte setzte diesen Beschluss mit Bescheiden vom 10.07.2007 um. Ab dem 16.08.2007 erfolgten keine Zahlungen mehr.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10.05.2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 zurück. Er wiederholte seine Erwägungen zu einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft und führte ergänzend aus, die Zeugin Kr. betreibe eine Apotheke und besitze ein großes Hausgrundstück; auf Grund dieses beim Kläger zu berücksichtigenden Vermögens und Einkommens liege keine Hilfebedürftigkeit vor.
Der Kläger erhob am 16.07.2007 Klage zum SG (S 4 AS 1977/07) und beantragte, den Bescheid vom 10.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben und den Beklagten zur Auszahlung der bereits bewilligten Leistungen zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung am 19.07.2007 vernahm das SG die Zeuginnen Kr. und D. sowie die Tochter des Klägers. Ferner legte der Kläger dort Grundrisse und Fotos des Hauses der Zeugin Kr. vor. Es führte aus, der Kläger wohne bereits mehr als ein Jahr lang mit der Zeugin Kr. zusammen in einem Haus, sodass eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vermutet werde. Den Gegenbeweis habe der Kläger nicht führen können. Nach der Verhandlung und der Beweisaufnahme sprächen mehr Indizien dafür als dagegen, dass eine solche Gemeinschaft vorliege. Zum Einkommen der Zeugin Kr. habe der Kläger keine Angaben gemacht. Das SG habe sich daher nicht veranlasst, hierzu Ermittlungen durchzuführen, weil sich der Kläger insoweit grundlos geweigert habe, nähere Angaben zu machen. Nach den vorliegenden Indizien sei jedoch davon auszugehen, dass die Zeugin Kr. als Inhaberin einer Apotheke und Eigentümerin eines abbezahlten Eigenheims ein anrechenbares Einkommen erziele, dass den Bedarf von EUR 624,00 zuzüglich Unterkunftskosten übersteige.
Im damaligen Berufungsverfahren gegen jenes Urteil vor dem erkennenden Senat (L 3 AS 4053/07) verwies der Prozessbevollmächtigte auch auf das zwischenzeitlich ergangene Räumungsurteil des AG Bad Saulgau und führte aus, dieses spreche dafür, dass ein echtes Mietverhältnis und keine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft bestanden habe. Der Senat wies die Berufung mit Beschluss vom 11.12.2007 zurück. Er führte aus, der Kläger sei nicht hilfebedürftig, da er offensichtlich über bislang nicht angegebenes Einkommen bzw. Vermögen in beträchtlichem Umfang verfüge. Dies ergebe sich daraus, dass er ohne Weiteres in der Lage sei, seiner Tochter nicht nur Kleider zu kaufen, sondern auch den Kauf eines Jugendzimmers und den Erwerb eines Führerscheins und die Erfüllung sonstiger Bedürfnisse zu ermöglichen, was sich aus dem Protokoll des Familiengerichts vom 15.03.2007 und dem Brief vom 05.04.2007 ergebe.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in jenem Beschluss des Senats verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 13.08.2008 als unzulässig (B 4 AS 180/07 B).
3. In dem Komplex, der Gegenstand dieses Verfahrens ist, begehrte der Kläger mit Antrag vom 26.07.2007, bei dem Beklagten am 01.08.2007 eingegangen, erneut Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er gab an, die maßgeblichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Er legte seine Lohnabrechnung für Juni 2007 über EUR 300,00 brutto wie netto vor.
Der Beklagte forderte mit Schreiben vom 08.08.2007 den Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten auf, Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Zeugin Kr. vorzulegen, vor allem eine Gewinn- und Verlustrechnung der Apotheke für das zweite Quartal 2007. Außerdem möge der Kläger die Zusatzblätter 2.1, 2.2 und 3 zu dem Antrag von der Zeugin Kr. ausfüllen lassen und zurückreichen. Letztlich müsse er Nachweise zu den Kosten seiner Unterkunft beibringen. Der Beklagte setzte Frist bis zum 27.08.2007 und kündigte an, bei fruchtlosem Fristablauf die Geldleistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz zu versagen. Der Wortlaut der §§ 60, 66 SGB I war auszugsweise beigefügt.
Mit Schreiben vom 13.08.2007 reichte der Kläger dem Beklagten das Zusatzblatt 2.1 zum Antrag unausgefüllt zurück und teilte mit, die Zeugin Kr. sei nicht gewillt, es auszufüllen.
Der Beklagte versagte sodann mit Bescheid vom 29.08.2007 die beantragten Leistungen ab dem 01.08.2007. Im Betreff verwies er auf § 66 SGB I. Er führte aus, der Kläger habe die mit Schreiben vom 08.08.2007 angeforderten Unterlagen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt. Dadurch sein er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Weitere Ausführungen zu den Gründen der Entscheidung enthielt der Bescheid nicht.
Der Kläger legte am 10.09.2007 Widerspruch ein (W 844/07) und führte aus, er habe alle nötigen Unterlagen bzw. Nachweise vorgelegt. Über eine nichteheliche Lebensgemeinschaft gebe es solche Unterlagen bzw. Nachweise nicht.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007 zurück. Er meinte erneut, der Kläger sei seinen Mitwirkungsobliegenheiten aus den §§ 60 ff. SGB I nicht nachgekommen. Weitere Ausführungen enthält der Widerspruchsbescheid nicht.
Der Kläger hat am 17.09.2007 auch in dieser Sache Klage zum SG erhoben, zunächst nicht anwaltlich vertreten. Er hat dort beantragt, den angegriffenen Bescheid abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen zu gewähren. Er hat vorgetragen, die Zeugin Kr. habe bereits an Eides statt versichert, dass sie mit ihm - dem Kläger - keine Bedarfsgemeinschaft bilde und ihn nicht finanziell unterstütze. Es sei absurd, eine eheähnliche Gemeinschaft anzunehmen. Die Zeugin Kr. sei auch nicht verpflichtet, Angaben über ihre Vermögensverhältnisse zu machen.
Der Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 08.10.2007 entgegengetreten.
4. Der Kläger beantragte am 29.05.2008 erneut Leistungen. Der Beklagte versagte diese mit Bescheid vom 11.11.2008 erneut wegen fehlender Mitwirkung und bestätigte dies durch Widerspruchsbescheid vom 01.12.2008.
In dem anschließenden Klagverfahren vor dem SG (S 4 AS 3562/08) wies der Kläger - nunmehr über seinen Prozessbevollmächtigten - unter anderem darauf hin, dass er nicht mehr bei der Zeugin Kr., sondern in der genannten Obdachlosenunterkunft wohne. Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger mit zwei Bescheiden vom 28.04.2009 rückwirkend ab dem 04.06.2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ob sich dieses Klagverfahren durch eine anschließende Prozesserklärung des Klägers erledigt habe, war Gegenstand des Verfahrens L 3 AS 1554/11, in dem der erkennende Senat eine Berufung des Klägers gegen ein Urteil des SG vom 14.03.2011 (S 10 AS 2326/10) mit Beschluss vom 29.08.2011 zurückgewiesen hat.
5. In dem hier streitigen Verfahren (S 4 AS 2568/07) hat das SG zuletzt am 08.12.2009 den Kläger (persönlich) darauf hingewiesen, dass es durch Gerichtsbescheid entscheiden wolle.
Mit Beschluss vom 16.04.2010 hat das SG den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Erstmals mit Schriftsatz vom 25.03.2010 hatte sich sodann der Prozessbevollmächtigte des Klägers (auch) in diesem Verfahren zur Akte gemeldet und angefragt, ob es noch anhängig sei. Nachdem das SG dies bestätigt hatte, hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 30.06.2010 mitgeteilt, er werde lediglich noch dieses Verfahren betreiben, die Mandate in allen (anderen) rechtshängigen Klagverfahren lege er nieder. Ebenfalls unter dem 30.06.2010 hat er deutlich gemacht, dass dieses Verfahren nur noch den Zeitraum August 2007 bis Mai 2008 betreffe, unter Zeugenbeweisantritt weitere Ausführungen zur Frage einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft gemacht und um Einsicht in die Gerichtsakten gebeten.
Das SG hat daraufhin am 02.07.2010 ein Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers verfügt, in dem es darauf hingewiesen hat, dass dieser sich in diesem Verfahren bislang noch nicht als Bevollmächtigter bestellt habe, wohl aber in einem der anderen Verfahren; insoweit werde um Klarstellung gebeten. Ausweislich eines Vermerks der Geschäftsstelle ist dieses Schreiben am 02.07.2010 gefertigt und abgesandt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe eine Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben. Diese sei zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte habe auf Grund des Urteils vom 19.07.2007 (in dem Verfahren S 4 AS 1977/07) die geforderten Nachweise verlangen können, da danach von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin Kr. auszugehen gewesen sei. Die - damals - eingelegte Berufung habe die Wirksamkeit jenes Urteils nicht gehemmt. Im Übrigen sei auch im Berufungsverfahren entschieden worden, dass der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Das LSG habe hierbei bis zum Entscheidungstermin rechtskräftig über einen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II entschieden und diesen verneint.
Dieser Gerichtsbescheid wurde dem Kläger persönlich am 14.08.2010 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 12.08.2010, bei dem SG am 16.08.2010 eingegangen, übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Vollmacht für das Klagverfahren und bat um Bearbeitung seines Antrags auf Akteneinsicht. Das SG übersandte ihm unter dem 18.08.2010 einen Abdruck des Gerichtsbescheids und teilte mit, es habe am 05.08.2010 entschieden, nachdem auf das Schreiben vom 02.07.2010 bis Anfang August keine Reaktion erfolgt sei.
6. Der Kläger hat über seinen Prozessbevollmächtigten am 03.09.2010 Berufung zum LSG eingelegt und gleichzeitig mündliche Verhandlung vor dem SG beantragt.
Er meint, die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids hätten nicht vorgelegen. In diesem Zusammenhang behauptet er, ein Schreiben des SG vom 02.07.2010 sei bei seinem Prozessbevollmächtigten nicht eingegangen. Er trägt vor, sein Prozessbevollmächtigter habe mehrmals und eindeutig mitgeteilt, er sei mandatiert und dieses Verfahren solle fortgeführt werden. Sein Prozessbevollmächtigter habe in zahlreichen anderen Verfahren Vollmachten vorgelegt. In diesem Verfahren habe das SG nicht nach einer solchen gefragt. Ein Gerichtsbescheid habe nicht ergehen dürfen, nachdem ein Hinweis darauf nicht erteilt worden sei, die beantragte Akteneinsicht nicht gewährt worden sei und die benannten Zeugen nicht gehört worden seien. Es sei daher sein Wunsch, dass das Verfahren zunächst vor dem SG verhandelt und ausgeurteilt werde.
In der Sache trägt der Kläger vor, die Zeugin Kr. sei ihm gegenüber nicht verpflichtet gewesen, Auskünfte über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben oder Nachweise hierüber zu erteilen. Der Beklagte habe es versäumt, die Zeugin direkt aufzufordern. Es beständen Verwaltungszwangsmittel, mit denen auch Dritte zur Auskunft gezwungen werden könnten. Auch sei die Vermutung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Zeugin aus der Luft gegriffen.
In der mündlichen Verhandlung am 07.09.2011 hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten erklärt, er halte an dem zugleich gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr fest.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 05. August 2010 den Bescheid des Beklagten vom 29. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 26. Juli 2007 bis zum 28. Mai 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der Zeugin Kr. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, das SG habe dem Kläger mit dem Hinweis vom 08.12.2009 auf eine beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Dass diese Mitteilung seinem Prozessbevollmächtigten nicht vorgelegen habe, habe der Kläger selbst zu vertreten. Sein Vortrag, die Zeugin Kr. sei gesetzlich nicht verpflichtet gewesen, ihre finanziellen Verhältnisse darzulegen, sei nicht richtig. Insoweit sei auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15.02.2008 (L 8 AS 3380/07) zu verweisen, wonach ein Grundsicherungsträger nicht verpflichtet sei, ein Auskunftsverlangen an den Partner eines Hilfebedürftigen zu richten, wenn eine Ein¬standsgemeinschaft vorliege. Eine solche Einstandsgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin Kr. sei jedoch durch rechtskräftiges Urteil des SG festgestellt worden.
Im Weiteren tragen die Beteiligten umfangreich zu Umständen und Indizien vor, die für bzw. ge-gen eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft des Klägers und der Zeugin Kr. sprächen. Streitig ist hierbei unter anderem, wann der Kläger in das Haus der Zeugin Kr. eingezogen ist und ab wann er für sie in ihrer Apotheke gearbeitet hat. Auch trägt der Beklagte vor, der Kläger arbeite noch heute für die Zeugin und wohne auch nach wie vor in ihrem Haus bzw. gehe dort "ein und aus".
Der Berichterstatter des Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert, den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen Kr. und M. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen und der Zeugenvernehmungen wird auf die Protokolle der nichtöffentlichen Sitzungen am 11.03.2011 und 28.06.2011 verwiesen. Ferner hat der Senat die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Biberach in dem Verfahren 4 F 152/07 (UG) und - in dem genannten Parallelverfahren L 3 AS 5361/10 - die Akten des Amtsgerichts Bad Saulgau aus dem Räumungsprozess (1 C 303/07) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist zulässig.
Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung war auch nicht zulassungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - hier i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 - Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger ist aus dem angegriffenen Gerichtsbescheid um mehr als EUR 750,00 beschwert. An dieser Stelle ist es unerheblich, ob der Beklagte in dem angegriffenen Bescheid die beantragten Leistungen lediglich wegen fehlender Mitwirkung versagt hat oder aber in der Sache entschieden und einen Leistungsanspruch materiell abgelehnt hat. Jedenfalls hat der Kläger im Klageverfahren auch einen Leistungsantrag gestellt und das SG hat in der Sache über diesen entschieden. Die Entscheidung des SG bestimmt die Beschwer der Beteiligten. Die möglichen Leistungsansprüche des Klägers in dem genannten Zeitraum betrugen aber deutlich mehr als EUR 750,00.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, nicht weiter auch eine mündliche Verhandlung vor dem SG zu beantragen, kann hier offen bleiben, ob ein solcher parallel gestellter Antrag die Berufung (nach § 105 Abs. 2 Satz 3 SGG) unzulässig gemacht hätte.
2. Der Senat lässt an dieser Stelle offen, ob die Berufung des Klägers - auch - im Sinne einer Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids und einer Zurückverweisung des Verfahrens an das SG (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG) begründet wäre, etwa weil das SG dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, nachdem sich dieser spätestens mit Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Akte legitimiert hatte (eine Vollmacht konnte nach § 73 Abs. 6 Sätze 3 und 4 SGG n.F. nicht verlangt werden), nicht über den bereits erteilten Gerichtsbescheidshinweis vom 08.12.2009 informierte, seinem Akteneinsichtsgesuch vom 30.06.2010 nicht nachkam und auch die Antwort des Prozessbevollmächtigten auf die gerichtliche, nicht mit einer Frist versehene Aufforderung vom 06.07.2010 nicht abwartete, bevor es am 05.08.2010 entschied. Selbst wenn hierin ein entscheidungserheblicher wesentlicher Verfahrensfehler läge, so wäre der Senat nicht zu einer bloßen Aufhebung der Entscheidung erster Instanz und Zurückverweisung des Verfahrens verpflichtet. § 159 Abs. 1 SGG räumt dem Berufungsgericht Ermessen bei dieser Entscheidung ein. In diesem Rahmen würde der Senat angesichts der langen Verfahrensdauer, der Entscheidungsreife der Sache und des übereinstimmenden Wunsches beider Beteiligter in der Sache entscheiden.
3. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin neben der Aufhebung des Bescheids vom 29.08.2007 auch eine Verurteilung des Beklagten zur Leistungsgewährung begehrt, hat seine Berufung keinen Erfolg. Insoweit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Allerdings ist hier die Maßgabe zu machen, dass dieser Leistungsantrag als unzulässig und nicht als unbegründet - wie es das SG getan hat - zurückzuweisen ist:
a) Betrifft eine Klage einen bloßen Versagungs- oder Entziehungsbescheid nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I, so kann lediglich isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG erhoben werden (BSG, Urteil vom 25.10.2008, 7 RAr 70/87, Juris Rn. 12). Eine damit verbundene Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG ist unzulässig, da die beklagte Behörde über den Leistungsanspruch des Klägers selbst nicht entschieden hat, also ein entsprechender Bescheid fehlt und - vor allem - insoweit kein Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG), da auch der Widerspruchsbescheid der Behörde nur die (vorläufige) Versagung betrifft (vgl. Keller, a.a.O., § 54 Rn. 38b mit Hinweis auf BSG, SozR 1200, § 66 Nr. 13). Von diesem Grundsatz werden in Rechtsprechung und Literatur nur zwei Ausnahmen diskutiert: Die eine betrifft den Fall, dass keine Versagung lediglich beantragter Leistungen angegriffen wird, sondern eine Entziehung bereits bewilligter Leistungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB I und damit verbunden die Aufhebung eines Leistungsbescheids nach § 48 Abs. 1 SGB X. Auch hier ist zwar grundsätzlich nur eine isolierte Anfechtungsklage zulässig, da jedoch der ursprüngliche Leistungsbescheid selbst keinen Vollstreckungstitel zu Gunsten des Leistungsberechtigten darstellt, kann eine Leistungsklage zulässig sein, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Behörde die bereits bewilligten Leistungen auch nach einer gerichtlichen Aufhebung des Entziehungsbescheids nicht gewähren wird. Und zum anderen hat das BSG zumindest bislang - sowohl bei Versagungen als auch bei Entziehungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGB I - eine zusätzliche Leistungsklage zugelassen, wenn der Kläger geltend macht, ohne die Mitwirkungshandlung ständen alle Leistungsvoraussetzungen fest.
b) Der Bescheid des Beklagten vom 29.08.2007 ist aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) deutlich als bloße Versagung der Leistungen zu verstehen, die der Kläger unter dem 26.07.2007 beantragt hatte. Der Beklagte hat ihn - in der Betreffzeile - als "Versagungs-/Entziehungsbescheid" betitelt, auf die einschlägige Rechtsgrundlage, § 66 Abs. 1 SGB I, hingewiesen, und sich zur Begründung allein darauf gestützt, der Kläger habe nicht entsprechend der Aufforderung in dem Schreiben vom 08.08.2007 mitgewirkt. Ausführungen zum Bestehen des Leistungsanspruchs selbst enthält der Bescheid nicht. Das Gleiche gilt für den Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007, auf den es nach § 95 SGG ankommt. Auch hier hat der Beklagte im Rubrum - allein - auf eine "fehlende Mitwirkung" des Klägers verwiesen.
c) Die genannte Ausnahme, in der ein zusätzlicher Leistungsantrag zulässig sein könnte, liegt nicht vor. Selbst wenn die Versagung rechtswidrig und der Versagungsbescheid daher aufzuheben ist, steht nicht fest, dass der Kläger einen Leistungsanspruch hätte. Der Beklagte hatte die Versagung darauf gestützt, dass der Kläger keine Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Zeugin Kr. gemacht hatte. Der Grund hierfür ist die Annahme des Beklagten, der Kläger und die Zeugin bildeten eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft und daher seien Einkommen und Vermögen der Zeugin dem Kläger nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zuzurechnen. Selbst wenn diese Annahme nicht zutrifft, wäre immer noch zu ermitteln, ob der Kläger selbst über Einkommen oder Vermögen verfügt, das seinen Bedarf deckt oder übersteigt. Nachdem der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 11.12.2007 von verschwiegenen Einkünften oder Vermögenswerten ausgegangen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger auch allein schon nicht hilfebedürftig ist
d) Allerdings ist, wie ausgeführt, festzustellen, dass der Leistungsantrag des Klägers bereits unzulässig ist. Dies dient der Rechtssicherheit. Ist eine Klage unzulässig, fehlt also eine Sachurteilsvoraussetzung, dann darf ein Urteil in der Sache nicht ergehen. Die Klage ist vielmehr - grundsätzlich - als unzulässig abzuweisen. Wird in einer solchen Situation z. B. ein Leistungsantrag des Klägers in der Sache abgewiesen, dann steht ggfs. rechtskräftig fest, dass ein Leistungsanspruch nicht besteht. Wird die Klage dagegen nur als unzulässig abgewiesen, so kann der Kläger seinen Leistungsantrag ggfs. weiterverfolgen und auch erneut klagen, wenn er z. B. die fehlende Prozessvoraussetzung nachgeholt hat. Aus diesen Gründen ist ein Kläger durch eine Klagabweisung in der Sache beschwert, wenn sein Antrag tatsächlich bereits unzulässig war. In einem solchen Fall ist, ohne dass der Berufung insoweit stattgegeben werden muss, lediglich die Unzulässigkeit des fraglichen Antrags festzustellen.
4. Im Übrigen, also hinsichtlich des Anfechtungsantrags, ist die Berufung des Klägers begründet. Der Gerichtsbescheid des SG war insoweit aufzuheben. Der Versagungsbescheid des Beklagten vom 29.08.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG). Auch dieser Bescheid war daher - nach § 95 SGG in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2007 - aufzuheben.
a) Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist, wie ausgeführt, § 66 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB I.
Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen ( ), soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungsobliegenheiten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.
b) Eine solche Versagung setzt nach § 66 Abs. 3 SGB I zunächst formal voraus, dass der Leistungsträger den Antragsteller zuvor schriftlich über seine konkreten Mitwirkungsobliegenheiten unterrichtet, ihm eine angemessene Frist zur Erfüllung gesetzt und er auf die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen worden ist (BSG, a.a.O., Rn. 18 f.). Dies ist hier geschehen. Der Beklagte hatte den Kläger vor Erlass des Versagungsbescheids, nämlich mit Schreiben vom 08.08.2007, ausreichend unterrichtet und auf die Folgen der mangelnden Mitwirkung schriftlich hingewiesen. Außerdem waren die Anforderungen des Beklagten dem Kläger bereits aus dem vorherigen Antragsverfahren bekannt.
c) Jedoch oblagen dem Kläger jene Mitwirkungen nicht, die der Beklagte von ihm verlangte.
aa) Der Umfang der auch in diesem Verfahren streitigen Mitwirkungsobliegenheit ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Ferner hat er Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sind leistungserheblich auch das Einkommen und Vermögen einer Person, mit der der Antragsteller in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist zur Feststellung der Bedürftigkeit bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Seit den Änderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) gehört zu den Partnern in diesem Sinne auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II). Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II unter anderem (Nr. 1) vermutet, wenn die Partner, also der erwerbsfähige Hilfebedürftige und der weitere Haushaltsangehörige, länger als ein Jahr zusammenleben.
Jedoch besteht in dieser Situation, auch wenn die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II eingreift, für den Hilfebedürftigen eine Obliegenheit zur zu solchen Angaben, die ihm selbst bekannt sind und von ihm auch zu leisten sind. Entsprechend muss er nur solche Unterlagen vorlegen, die er allein in Besitz hat oder die er zumindest, sei es als Besitzdiener oder mittelbarer Besitzer, sei es auf Grund eines Herausgabeanspruchs, von einem Dritten mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann. Dies folgt aus § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Nach dieser Vorschrift obliegt einem Antragsteller eine Mitwirkung nicht, deren Erfüllung ihm aus wichtigem Grund nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund in diesem Sinne liegt unter anderem dann vor, wenn dem Antragsteller die Erfüllung objektiv oder subjektiv unmöglich ist. Hinter dieser Wertung steht der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Unmögliches nicht verlangt werden kann (§ 275 Abs. 1 BGB). Bereits im Zivilrecht steht hierbei - wie auch nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I - ein unzumutbarer Beschaffungsaufwand der Unmöglichkeit gleich (§ 275 Abs. 2, Abs. 3 BGB).
Weitergehend endet die Mitwirkungsobliegenheit nach § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I dort, wo sich der Leistungsträger die erforderlichen Kenntnisse durch einen geringeren Aufwand beschaffen kann als der Antragsteller. Diese Einschränkung geht über § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I hinaus. Wenn sich z. B. ein Leistungsträger die notwendigen Informationen durch Erlass eines Auskunftsbescheids gegenüber dem Dritten oder durch andere Maßnahmen mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann, dann muss der Leistungsberechtigte einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegen den Dritten nicht gerichtlich geltend machen, den er zwar hat, dessen Durchsetzung ihm aber hohe Kosten verursachen würde, z. B. einen Vorschuss auf die Gerichtskosten, die der Leistungsträger nicht nach § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht übernimmt.
In einer Situation wie hier, in dem der (vermeintliche) Partner Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen verweigert und dem Antragsteller auch keine zivilrechtlichen Auskunftsansprüche gegen den Partner zustehen, etwa aus § 1580 Satz 1 oder aus § 1615l Abs. 2 oder Abs. 4 BGB, jeweils i.V.m. § 1605 Abs. 1 BGB, kann daher von dem Antragsteller nicht verlangt werden, Unterlagen vorzulegen oder konkrete Angaben zu machen. Allenfalls zu ungefähren Angaben über die Einkommens- oder Vermögenslage des Partners ist er verpflichtet (BSG, a.a.O., Rn. 16). Im Übrigen steht dem Leistungsträger nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II die Obliegenheit des Partners zur Verfügung, unmittelbar Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen.
Mit dieser Ansicht folgt der Senat dem 7. Senat des LSG Baden-Württemberg in dem Urteil vom 19.07.2007 (L 7 AS 1703/06, Juris, Rn. 22) und nicht den Erwägungen des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg in dem Urteil vom 15.02.2008 (L 8 AS 3380/07, Juris), das auch der Beklagte zitiert hat. Dort hatte der 8. Senat ausgeführt, ein Leistungsträger sei nur dann nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II gehalten, zunächst den Partner selbst zur Mitwirkung anzuhalten, wenn der Hilfebedürftige das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft eingeräumt habe und sich der Partner - lediglich - weigere, Angaben zu seinem Einkommen und Vermögen zu machen (a.a.O., Rn. 26). Dem 8. Senat ist zuzugeben, dass die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach dem Wortlaut des § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II nur eingreift, wenn der betroffene Dritte tatsächlich "Partner" ist. Solange die Partnerschaft selbst streitig ist, obliegt es allein dem Antragsteller, an der Aufklärung dieses Punktes mitzuwirken. Dies folgt schon daraus, dass § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II Mitwirkungsobliegenheiten allein zur Aufklärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse statuiert, nicht aber zur Aufklärung einer Partnerschaft selbst. Jedoch lässt sich aus § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II nicht entnehmen, dass der Antragsteller selbst "eingeräumt" haben muss, dass eine Partnerschaft vorliege. Auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende muss der Leistungsträger die relevanten Umstände von Amts wegen ermitteln. In einem solchen Verwaltungsverfahren ist kein Raum dafür, dass der Antragsteller Umstände "unstreitig stellen" kann. Die Mitwirkungsobliegenheiten des Dritten beginnen immer dann, wenn er Partner des Antragstellers ist. Wie der Leistungsträger diese Feststellung trifft, ist unerheblich. Wenn z. B. aus objektiven Umständen heraus feststeht, dass der Dritte den Antragsteller sogar tatsächlich unterstützt und also mit Sicherheit eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft vorliegt, kann sich der Leistungsträger durch den Erlass eines Auskunftsbescheids nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II direkt den Partner wenden und diesen Bescheid ggfs. mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchsetzen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.04.2007, L 13 AS 40/07 ER, Juris). Darüber hinaus ist die Auskunftspflicht des Dritten bußgeldbewehrt (§ 63 SGB II) und ein Auskunftspflichtiger, der vorsätzlich oder fahrlässig die Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt, macht sich schadenersatzpflichtig (§ 62 Nr. 2 SGB II). Im Rahmen eines dieser Auskunftsverfahren kann dann der um Auskunft angegangene Partner notfalls auch gerichtlich klären lassen, ob wirklich eine Partnerschaft besteht (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]), nämlich durch eine Anfechtungsklage gegen einen Auskunftsbescheid, einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid oder im Rahmen einer zivilrechtlichen Schadensersatzklage des Leistungsträgers. In diesem Sinne hat auch das BSG in dem Urteil vom 01.07.2009 (B 4 AS 78/08 R, Juris Rn. 16, 17) ausgeführt, dass ein Leistungsträger, solange er "keine Anstrengung unternommen hat, seinen Auskunftsanspruch nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II durchzusetzen", keine Beweislastentscheidung zu Lasten des Antragstellers treffen darf. Dies gilt - erst recht - für den Erlass eines Versagungsbescheids. Dies ergibt sich daraus, dass das BSG die genannten Ausführungen in einem Verfahren getroffen hat, das einen solchen Versagungsbescheid betraf (a.a.O., Rn. 13).
Nach Ansicht des Senats kann ein Leistungsträger weiterhin rechtmäßigerweise die begehrten Auskünfte von dem Dritten bereits dann fordern, wenn die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II eingreift. Diese Norm gilt zwar zunächst nur im Verhältnis zwischen dem antragstellenden Hilfebedürftigen und dem Leistungsträger. § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II scheint dem Wortlaut nach dagegen vorauszusetzen, dass eine Partnerschaft positiv festgestellt ist oder in dem Auskunftsverfahren festgestellt wird. Die Norm enthält jedoch keine besonderen Vorschriften darüber, auf welche Weise der Leistungsträger diese Voraussetzung feststellen kann und muss. Diese Lücke kann durch eine Übertragung der Vermutungsregelung auf das Verhältnis zwischen dem Leistungsträger und dem um Auskunft angegangenen Dritten geschlossen werden. Der Dritte ist durch diese entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht unzumutbar beeinträchtigt, da diese Norm an Umstände anknüpft, an denen auch er beteiligt ist, nämlich ein einjähriges Zusammenleben mit dem Antragsteller, gemeinsame Kinder, die gemeinsame Betreuung Dritter in der gemeinsamen Wohnung oder an eine Verfügungsbefugnis des Hilfebedürftigen über Werte des Dritten, die dieser ja dem anderen freiwillig eingeräumt haben muss. Hinzu kommt eine weitere Erwägung: Sobald im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Leistungsträger § 7 Abs. 3a SGB II eingreift und der Antragsteller diese Vermutung nicht widerlegen kann, gilt nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II auch der dritte, der - vermutete - Partner, als hilfebedürftig. Auf Grund dieser gesetzlichen Fiktion wird er in jedem Falle Mitglied der Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II). Auch er rückt daher im Verhältnis zum Leistungsträger in die Rolle eines Antragstellers bzw. Hilfebedürftigen, sodass nunmehr die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II auch ihm gegenüber unmittelbar gilt. Überträgt man in diesem Sinne die Vermutungsregelung auf das Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II, so muss der (vermeintliche) Partner die begehrten Auskünfte schon dann erteilen, wenn er im Auskunftsverfahren die Vermutung nicht widerlegen kann, die (materielle) Beweislast liegt dann bei ihm.
bb) Die Angaben und Unterlagen, die der Beklagte in dem Schreiben vom 08.08.2007 bei dem Kläger angefordert hatte, konnte dieser nicht erbringen. Die Zeugin Kr. hatte sich bereits zuvor - dem Beklagten bekannt - geweigert, ihm Auskünfte zu geben. Insbesondere eine Gewinn- und Verlustrechnung für das zweite Quartal 2007 konnte der Kläger von der Zeugin Kr. nicht herausverlangen, zumal nicht feststeht, dass es eine solche Abrechnung überhaupt schon gab. Irgendwelche Auskunftsansprüche gegen die Zeugin standen ihm nicht zu. Auch im Rahmen seiner Tätigkeit in der Apotheke konnte der Kläger zumutbarerweise keine Informationen oder Unterlagen über die finanziellen Verhältnisse der Zeugin beschaffen. Hätte er z.B. solche Unterlagen oh¬ne Erlaubnis der Zeugin an sich genommen, hätte er sich womöglich strafbar gemacht.
cc) Auf der anderen Seite stand dem Beklagten gegen die Zeugin Kr. der Auskunftsanspruch aus § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II zu, auch wenn der Kläger und die Zeugin übereinstimmend bestritten hatten, dass eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft bestehe. Nachdem der Kläger spätestens am 01.08.2005 bei der Zeugin eingezogen war, wie sich aus dem Mietvertrag und den insoweit übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Zeugin ergibt, griff in dem hier streitigen Zeitraum die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II ein. Wie ausgeführt, reicht dies aus, damit der Beklagte nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II ein Auskunftsverlangen an die Zeugin Kr. hätte richten dürfen. Aus diesem Grunde lässt der Senat die Frage unbeantwortet, ob eine solche Partnerschaft tatsächlich vorlag oder nicht.
d) Ganz unabhängig davon, dass dem Kläger die abverlangte Mitwirkung nicht oblag, ist der Versagungsbescheid des Beklagten aus einem anderen Grund rechtswidrig. Es liegt ein Ermessensfehler in Form eines vollständigen Ermessensausfalls vor, der ebenfalls zur Aufhebung des Bescheids nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG führt.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I "kann" der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Das Gesetz räumt den Verwaltungsträgern einen Entscheidungsspielraum ein, den die Gerichte zu beachten haben. Gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG dürfen sie nur prüfen, ob die Verwaltung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ob sie also die ihr durch das Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I) auferlegte Verhaltenspflicht beachtet haben, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (falls nein: Ermessensnichtgebrauch), ob er mit dem Ergebnis seiner Ermessensbetätigung, der Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit, Ermessensmissbrauch; zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 14.12.1994, 4 RA 42/94, SozR 3-1200 § 39 Nr. 1; Urteil vom 25.01.1994, 4 RA 16/92, SozR 3-1300 § 50 Nr. 16, jeweils m.w.N.). Die Ermessenserwägungen sind dem Betroffenen im Bescheid im Einzelnen darzulegen. Die Begründung muss ersehen lassen, welche Gesichtspunkte die Beklagte bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 35 Rn. 6). An dieser Stelle kann offen bleiben, ob sich das Ermessen des Leistungsträgers auch auf das "Ob" einer Versagung erstreckt, der Leistungsträger also auch entscheiden und begründen muss, ob er überhaupt versagt oder aber die beantragte Leistung gleichwohl gewährt oder belässt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26.05.1983, 10 RKg 13/82, SozR 1200 § 66 Nr. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007, a.a.O., Rn. 24). Hierzu hatte der 8. Senat des LSG in dem genannten Urteil vom 15.02.2008 ausgeführt, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien, ergebe sich aus § 66 Abs. 1 SGB I nicht die Befugnis, die Leistung gleichwohl zu gewähren; das Ermessen des Leistungsträgers erstrecke sich vielmehr auf die Entscheidung, in welchem Umfang er den Sachverhalt trotz der Verletzung der Mitteilungsobliegenheiten von Amts wegen weiter aufklären wolle (a.a.O., Rn. 26). In jedem Falle müssen danach Ermessenserwägungen zu der Frage angestellt werden, ob und in welchem Maße trotz der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers weiter ermittelt werden soll.
Der Beklagte hat überhaupt kein Ermessen ausgeübt. Weder aus dem Versagungsbescheid selbst noch aus dem Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007 ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass ihm überhaupt bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Er hat sich insbesondere nicht mit der Frage beschäftigt, welche weiteren Ermittlungen noch möglich waren und aus welchen Gründen er diese Ermittlungen nach der (angenommenen) Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Kläger nicht mehr anstellen wollte, aus welchen Gründen dem Kläger keine Nachfrist eingeräumt werden sollte oder ob möglicherweise eine vorläufige Gewährung der gesamten oder eines Teils der begehrten Leistungen in Betracht kam.
Bei einem solchen Ermessensnichtgebrauch kann ein Versagungsbescheid allenfalls dann rechtmäßig sein, wenn eine Ermessensreduzierung auf nur eine mögliche Entscheidung (Ermessens¬schrumpfung) vorlag, eine andere als die von der Beklagten getroffene Entscheidung also nicht in Betracht kam. Dies war hier nicht der Fall. Dem Beklagten standen weitere Ermittlungsansätze zur Verfügung. Selbst wenn dem Kläger die geforderte Mitwirkung oblegen hätte, hat seine Weigerung, ihr nachzukommen, den Sachverhalt nicht unaufklärbar gemacht.
Zur Klarstellung wird nochmals darauf hingewiesen, dass es dem Senat nicht zusteht, sein Ermessen anstelle desjenigen der Verwaltung zu setzen. Ob und in welchem Umfang hier weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen sind, hat daher die Beklagte im Einzelfall im Wege des ihr zustehenden Ermessens zu entscheiden.
5. Die Entscheidung über die Kosten beider Instanzen beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Quotelung beruht darauf, dass der Kläger in beiden Instanzen auch einen erfolglosen Leistungsantrag gestellt hat, dem der Senat mindestens dasselbe Gewicht beimisst wie dem Anfechtungsantrag.
6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass sein Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen als unzulässig und nicht als unbegründet zurückgewiesen wird.
Der Beklagte erstattet dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Versagungsbescheid des beklagten Job-Centers.
1. Der am 23.08.1953 geborene, erwerbsfähige Kläger beantragte erstmals am 18.07.2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II) bei dem Beklagten. Seinem Antrag legte er unter anderem den "Einheitsmietvertrag" vom 28.07.2005 bei, nach dem er ab dem 01.08.2005 bei der Zeugin Kr. eine 2-Zimmer-Wohnung für EUR 300,00 im Monat nettokalt gemietet hatte. Die Zeugin Kr. betreibt am Wohnort des Klägers eine Apotheke.
Der Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 08.08.2005 Arbeitslosengeld II ab August. Auch in der Folgezeit ergingen Bewilligungen, so für das erste (Bescheid vom 07.12.2005) und das zweite Halbjahr 2006 (u. a. Änderungsbescheid vom 18.10.2006, teilweise nochmals geändert mit Bescheid vom 02.03.2007) sowie das erste Halbjahr 2007 (Bescheid vom 28.11.2006). Bereits ab Anfang 2005 beantragte der Kläger erfolgreich weitere Leistungen bei dem Beklagten, darunter einen befristeten Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld, Zuschläge für einen Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung und zusätzliche Leistungen für die Ausübung des Umgangsrechts mit seiner minderjährigen Tochter. Zahlreiche weitere Anträge des Kläger, insbesondere auf Gewährung von Einmalleistungen aller Art, anfangs vor allem "Kleidergelder", blieben dagegen erfolglos.
Nachdem der Kläger einen neuen, ab dem 01.01.2007 geltenden Mietvertrag mit der Zeugin Kr. vorgelegt hatte, nach dem er nunmehr drei Zimmer für EUR 360,00 nettokalt angemietet hatte, und geltend machte, er benötige das zusätzliche Zimmer für die Aufenthalte seiner Tochter bei sich an den Wochenenden, bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 13.03.2007 dem Kläger und seiner Tochter in Bedarfsgemeinschaft für Dezember 2006 sowie für Januar bis Juni 2007 höhere Leistungen.
Bereits am 07.02.2006 hatte der Kläger dem Beklagten eine Zusage der Zeugin Kr. vorgelegt, ihn in ihrer Apotheke einzustellen, wenn der Kläger weiter qualifiziert werde. Der Beklagte hatte daraufhin eine Fortbildungsmaßnahme bewilligt. Am 08.11.2006 hatte die Zeugin Kr. telefonisch bei dem Beklagten nach einem Antrag auf einen Eingliederungszuschuss für den Kläger nachgefragt, den sie am 08.08.2006 gestellt habe, der aber bei dem Beklagten nicht eingegangen war. Bei dem Beklagten entstand hierbei der Eindruck, der Kläger sei bereits bei der Zeugin Kr. beschäftigt. Dies bestritt der Kläger jedoch bei einer Nachfrage am 01.12.2006. Bereits hier bat der Beklagte die zuständige Zollbehörde um Ermittlungen, die aber zunächst unterblieben.
Am 16.03.2007 teilte die Zeugin M., die Mutter der minderjährigen Tochter des Klägers, dem Beklagten telefonisch mit, sie gehe von Sozialbetrug des Klägers aus. Dieser lebe in einer Lebensgemeinschaft mit der Zeugin Kr. Auch halte sich die Tochter an den Wochenenden tatsächlich nicht bei ihm auf. Ferner arbeite der Kläger in der Apotheke der Zeugin Kr. Der Kläger sei auch nicht in einer Weise krank, dass er einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung habe. Letztlich gebe er seiner Tochter regelmäßig Geld, so im Dezember 2006 einmal EUR 600,00 für Kleidung. In einer e-mail vom 20.03.2007 an den Beklagten teilte die Zeugin M. ergänzend unter anderem mit, der Kläger mache seiner Tochter regelmäßig übermäßige und teure Geschenke (Kosmetika, Stereoanlage, mp3-Player, Nintendo-Spielekonsole plus Spiele, Kleidung, Handys, Geld, darunter monatlich EUR 100,00 zur Mitfinanzierung eines Pferdes). Anfang 2007 habe er seiner Tochter ein Jugendzimmer kaufen wollen; hierzu habe er am 15.03.2007 in einem Erörterungstermin vor dem Familiengericht Biberach in einem Verfahren über das Umgangsrecht der Tochter angegeben, er habe hierzu genügend Geld. Der Kläger habe auch mehrfach mitgeteilt, er habe werktags für den Umgang mit der Tochter keine Zeit, weil er zu viel zu tun habe.
Auf die bereits genannte Bitte des Beklagten führte das Zollamt Friedrichshafen (Hauptzollamt Ulm) am 19. oder 20.03.2007 eine Untersuchung in der Apotheke der Zeugin Kr. durch und teilte dem Beklagten am 21.03.2007 mit, eine "Schwarzarbeit" des Klägers dort sei nicht nachweisbar. Am 21.03.2007 ging bei dem Beklagten ein am 20.03.2007 unterzeichneter "An-stel¬lungs¬vertrag" zwischen der Zeugin Kr. und dem Kläger ein, wonach dieser ab dem 20.03.2007 als technischer Mitarbeiter in der Apotheke für einen Monatslohn von EUR 300,00 brutto beschäftigt sei. Die Beklagte erließ daraufhin den Änderungsbescheid vom 22.03.2007, mit dem sie dem Kläger für April bis Juni 2007 wegen des anzurechnenden Einkommens niedrigere Leistungen gewährte.
Am 05.04.2007 machte die Zeugin M. dem Beklagten telefonisch weitere Angaben zur Ausübung des Umgangsrechts der Tochter, zu den finanziellen Verhältnissen des Klägers und zu seinem Zusammenleben mit der Zeugin Kr. Mit einem Schreiben vom 11.04.2007 übersandte sie außerdem eine Abschrift des Protokolls des Amtsgerichts - Familiengerichts - Biberach über die genannte mündliche Erörterung am 15.03.2007 in dem Umgangsverfahren sowie ein Schreiben des Klägers an seine Tochter vom 05.04.2007.
Am 12.04.2007 führten eine Mitarbeiterin des Ermittlungsdienstes des Beklagten, die Zeugin D., sowie die zuständige Sachbearbeiterin einen Hausbesuch in der Apotheke und der Wohnung der Zeugin Kr. durch. Der Kläger wurde an seiner Arbeitsstelle in der Apotheke angetroffen. Er zeigte den Mitarbeiterinnen des Beklagten sodann ein Schlaf-, ein Wohnzimmer und ein separates Bad im Obergeschoss des Gebäudes sowie einen Kellerraum als seine Räume. Er führte aus, die Küche nutzten die Zeugin Kr. und er gemeinsam. Die Mitarbeiterinnen des Beklagten stellten unter anderem fest, dass der Kläger einen Pkw der Zeugin Kr. benutzte, dass sein Wohnbereich in dem Haus nicht abgetrennt sei, dass sein Name nicht auf dem Briefkasten und der Klingel stehe und dass die Lebensmittel im Kühlschrank nicht getrennt oder gekennzeichnet seien. Wegen der weiteren Feststellungen wird auf die Niederschrift über den Hausbesuch und den Aktenvermerk des Beklagten vom 12.04.2007 verwiesen.
Mit Bescheid vom 19.04.2007 stellte der Beklagte zum einen die Leistungsgewährung sowohl an den Kläger als auch an seine Tochter ab dem 01.05.2007 vorläufig ein. Zum anderen forderte er darin den Kläger unter anderem auf, "alle Unterlagen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen" der Zeugin Kr. einzureichen sowie die entsprechenden Zusatzblätter 2.1, 2.2 und 3 zum Leistungsantrag ausgefüllt wieder vorzulegen. Der Beklagte setzte hierzu eine Frist bis zum 07.05.2007 und belehrte darüber, er sei anderenfalls "gehalten, nach Aktenlage zu entscheiden bzw. die Leistungen nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ab 01.05.2007 ganz zu versagen".
Der Kläger nahm über seinen Verfahrensbevollmächtigten unter dem 04.05.2007 Stellung. Er bestritt, dass er in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe. Er habe seine eigenen Zimmer, nur die Küche werde gemeinsam genutzt, allerdings seien die Lebensmittel getrennt. Der Kläger reichte auch die angeforderten Vordrucke ausgefüllt zurück. Ferner teilte die Zeugin Kr. dem Beklagten unter dem 26.04.2007 schriftlich mit, sie führe keine eheähnliche Lebensgemeinschaft mit dem Kläger, sei nicht bereit, ihn zu unterstützen und hierzu auch nicht verpflichtet; der Kläger sei nicht befugt, über ihr Einkommen oder Vermögen zu verfügen; es gebe keine gemeinschaftlichen Vermögensdispositionen und sie unterstütze ihn nicht.
2. Mit Bescheid vom 10.05.2007 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung vom 13.03.2007 ab dem 01.05.2007 ganz auf. Er führte aus, der Kläger lebe in einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft mit der Zeugin Kr. Die Ausführungen des Klägers und der Zeugin seien nicht geeignet gewesen, diese Einschätzung zu widerlegen.
Die Zeugin Kr. mahnte bei dem Kläger unter dem 07.05.2007 ausstehende Mietzahlungen für Mai 2007 an. Am 02.06.2007 kündigte sie das Mietverhältnis (und den Anstellungsvertrag). Später erhob sie Räumungs- und Zahlungsklage zum Amtsgericht Bad Saulgau (1 C 303/07) gegen den Kläger, die am 29.08.2007 zugestellt wurde. Sie erwirkte dort das Anerkenntnisurteil vom 29.10.2007 und beauftragte später den zuständigen Gerichtsvollzieher, OGV H., mit der Vollstreckung. Die Kosten, die dem Kläger aus dem Räumungsprozess erwachsen sind und deren Erstattung er bei dem Beklagten beantragt hatte, sind Gegenstand des weiteren Verfahrens L 3 AS 5361/10, in dem der erkennende Senat die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG mit Urteil vom heutigen Tage zurückgewiesen hat. Der Gerichtsvollzieher teilte der zuständigen Ortspolizeibehörde, der Gemeinde O., am 29.04.2008 mit, er werde die Zimmer des Klägers am 04.06.2008 räumen. Die Gemeinde O. wies den Kläger mit Bescheid vom 04.06.2008 ab diesem Tag in die kommunale Obdachlosenunterkunft ein. Nach einer Auskunft der Gemeinde vom 20.04.2011 in dem genannten anderen Verfahren zog er dort auch ein und es wird dort regelmäßig Wasser verbraucht.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 10.05.2007 Widerspruch. Zugleich suchte er bei dem Sozialgericht Konstanz (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nach (S 4 AS 1830/07 ER). Dieses verpflichtete den Beklagten mit Beschluss vom 05.07.2007, dem Kläger bis zum 15.08.2007 vorläufig 70 % der Regelleistung, einen Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung sowie Unterkunftskosten zu gewähren. Der Beklagte setzte diesen Beschluss mit Bescheiden vom 10.07.2007 um. Ab dem 16.08.2007 erfolgten keine Zahlungen mehr.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10.05.2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 zurück. Er wiederholte seine Erwägungen zu einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft und führte ergänzend aus, die Zeugin Kr. betreibe eine Apotheke und besitze ein großes Hausgrundstück; auf Grund dieses beim Kläger zu berücksichtigenden Vermögens und Einkommens liege keine Hilfebedürftigkeit vor.
Der Kläger erhob am 16.07.2007 Klage zum SG (S 4 AS 1977/07) und beantragte, den Bescheid vom 10.05.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben und den Beklagten zur Auszahlung der bereits bewilligten Leistungen zu verurteilen. In der mündlichen Verhandlung am 19.07.2007 vernahm das SG die Zeuginnen Kr. und D. sowie die Tochter des Klägers. Ferner legte der Kläger dort Grundrisse und Fotos des Hauses der Zeugin Kr. vor. Es führte aus, der Kläger wohne bereits mehr als ein Jahr lang mit der Zeugin Kr. zusammen in einem Haus, sodass eine Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft vermutet werde. Den Gegenbeweis habe der Kläger nicht führen können. Nach der Verhandlung und der Beweisaufnahme sprächen mehr Indizien dafür als dagegen, dass eine solche Gemeinschaft vorliege. Zum Einkommen der Zeugin Kr. habe der Kläger keine Angaben gemacht. Das SG habe sich daher nicht veranlasst, hierzu Ermittlungen durchzuführen, weil sich der Kläger insoweit grundlos geweigert habe, nähere Angaben zu machen. Nach den vorliegenden Indizien sei jedoch davon auszugehen, dass die Zeugin Kr. als Inhaberin einer Apotheke und Eigentümerin eines abbezahlten Eigenheims ein anrechenbares Einkommen erziele, dass den Bedarf von EUR 624,00 zuzüglich Unterkunftskosten übersteige.
Im damaligen Berufungsverfahren gegen jenes Urteil vor dem erkennenden Senat (L 3 AS 4053/07) verwies der Prozessbevollmächtigte auch auf das zwischenzeitlich ergangene Räumungsurteil des AG Bad Saulgau und führte aus, dieses spreche dafür, dass ein echtes Mietverhältnis und keine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft bestanden habe. Der Senat wies die Berufung mit Beschluss vom 11.12.2007 zurück. Er führte aus, der Kläger sei nicht hilfebedürftig, da er offensichtlich über bislang nicht angegebenes Einkommen bzw. Vermögen in beträchtlichem Umfang verfüge. Dies ergebe sich daraus, dass er ohne Weiteres in der Lage sei, seiner Tochter nicht nur Kleider zu kaufen, sondern auch den Kauf eines Jugendzimmers und den Erwerb eines Führerscheins und die Erfüllung sonstiger Bedürfnisse zu ermöglichen, was sich aus dem Protokoll des Familiengerichts vom 15.03.2007 und dem Brief vom 05.04.2007 ergebe.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in jenem Beschluss des Senats verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 13.08.2008 als unzulässig (B 4 AS 180/07 B).
3. In dem Komplex, der Gegenstand dieses Verfahrens ist, begehrte der Kläger mit Antrag vom 26.07.2007, bei dem Beklagten am 01.08.2007 eingegangen, erneut Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er gab an, die maßgeblichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Er legte seine Lohnabrechnung für Juni 2007 über EUR 300,00 brutto wie netto vor.
Der Beklagte forderte mit Schreiben vom 08.08.2007 den Kläger über seinen Verfahrensbevollmächtigten auf, Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Zeugin Kr. vorzulegen, vor allem eine Gewinn- und Verlustrechnung der Apotheke für das zweite Quartal 2007. Außerdem möge der Kläger die Zusatzblätter 2.1, 2.2 und 3 zu dem Antrag von der Zeugin Kr. ausfüllen lassen und zurückreichen. Letztlich müsse er Nachweise zu den Kosten seiner Unterkunft beibringen. Der Beklagte setzte Frist bis zum 27.08.2007 und kündigte an, bei fruchtlosem Fristablauf die Geldleistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz zu versagen. Der Wortlaut der §§ 60, 66 SGB I war auszugsweise beigefügt.
Mit Schreiben vom 13.08.2007 reichte der Kläger dem Beklagten das Zusatzblatt 2.1 zum Antrag unausgefüllt zurück und teilte mit, die Zeugin Kr. sei nicht gewillt, es auszufüllen.
Der Beklagte versagte sodann mit Bescheid vom 29.08.2007 die beantragten Leistungen ab dem 01.08.2007. Im Betreff verwies er auf § 66 SGB I. Er führte aus, der Kläger habe die mit Schreiben vom 08.08.2007 angeforderten Unterlagen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vorgelegt. Dadurch sein er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Weitere Ausführungen zu den Gründen der Entscheidung enthielt der Bescheid nicht.
Der Kläger legte am 10.09.2007 Widerspruch ein (W 844/07) und führte aus, er habe alle nötigen Unterlagen bzw. Nachweise vorgelegt. Über eine nichteheliche Lebensgemeinschaft gebe es solche Unterlagen bzw. Nachweise nicht.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007 zurück. Er meinte erneut, der Kläger sei seinen Mitwirkungsobliegenheiten aus den §§ 60 ff. SGB I nicht nachgekommen. Weitere Ausführungen enthält der Widerspruchsbescheid nicht.
Der Kläger hat am 17.09.2007 auch in dieser Sache Klage zum SG erhoben, zunächst nicht anwaltlich vertreten. Er hat dort beantragt, den angegriffenen Bescheid abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen zu gewähren. Er hat vorgetragen, die Zeugin Kr. habe bereits an Eides statt versichert, dass sie mit ihm - dem Kläger - keine Bedarfsgemeinschaft bilde und ihn nicht finanziell unterstütze. Es sei absurd, eine eheähnliche Gemeinschaft anzunehmen. Die Zeugin Kr. sei auch nicht verpflichtet, Angaben über ihre Vermögensverhältnisse zu machen.
Der Beklagte ist der Klage mit Schriftsatz vom 08.10.2007 entgegengetreten.
4. Der Kläger beantragte am 29.05.2008 erneut Leistungen. Der Beklagte versagte diese mit Bescheid vom 11.11.2008 erneut wegen fehlender Mitwirkung und bestätigte dies durch Widerspruchsbescheid vom 01.12.2008.
In dem anschließenden Klagverfahren vor dem SG (S 4 AS 3562/08) wies der Kläger - nunmehr über seinen Prozessbevollmächtigten - unter anderem darauf hin, dass er nicht mehr bei der Zeugin Kr., sondern in der genannten Obdachlosenunterkunft wohne. Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger mit zwei Bescheiden vom 28.04.2009 rückwirkend ab dem 04.06.2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ob sich dieses Klagverfahren durch eine anschließende Prozesserklärung des Klägers erledigt habe, war Gegenstand des Verfahrens L 3 AS 1554/11, in dem der erkennende Senat eine Berufung des Klägers gegen ein Urteil des SG vom 14.03.2011 (S 10 AS 2326/10) mit Beschluss vom 29.08.2011 zurückgewiesen hat.
5. In dem hier streitigen Verfahren (S 4 AS 2568/07) hat das SG zuletzt am 08.12.2009 den Kläger (persönlich) darauf hingewiesen, dass es durch Gerichtsbescheid entscheiden wolle.
Mit Beschluss vom 16.04.2010 hat das SG den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Erstmals mit Schriftsatz vom 25.03.2010 hatte sich sodann der Prozessbevollmächtigte des Klägers (auch) in diesem Verfahren zur Akte gemeldet und angefragt, ob es noch anhängig sei. Nachdem das SG dies bestätigt hatte, hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 30.06.2010 mitgeteilt, er werde lediglich noch dieses Verfahren betreiben, die Mandate in allen (anderen) rechtshängigen Klagverfahren lege er nieder. Ebenfalls unter dem 30.06.2010 hat er deutlich gemacht, dass dieses Verfahren nur noch den Zeitraum August 2007 bis Mai 2008 betreffe, unter Zeugenbeweisantritt weitere Ausführungen zur Frage einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft gemacht und um Einsicht in die Gerichtsakten gebeten.
Das SG hat daraufhin am 02.07.2010 ein Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Klägers verfügt, in dem es darauf hingewiesen hat, dass dieser sich in diesem Verfahren bislang noch nicht als Bevollmächtigter bestellt habe, wohl aber in einem der anderen Verfahren; insoweit werde um Klarstellung gebeten. Ausweislich eines Vermerks der Geschäftsstelle ist dieses Schreiben am 02.07.2010 gefertigt und abgesandt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, der Kläger habe eine Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben. Diese sei zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte habe auf Grund des Urteils vom 19.07.2007 (in dem Verfahren S 4 AS 1977/07) die geforderten Nachweise verlangen können, da danach von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin Kr. auszugehen gewesen sei. Die - damals - eingelegte Berufung habe die Wirksamkeit jenes Urteils nicht gehemmt. Im Übrigen sei auch im Berufungsverfahren entschieden worden, dass der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Das LSG habe hierbei bis zum Entscheidungstermin rechtskräftig über einen Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II entschieden und diesen verneint.
Dieser Gerichtsbescheid wurde dem Kläger persönlich am 14.08.2010 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 12.08.2010, bei dem SG am 16.08.2010 eingegangen, übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine Vollmacht für das Klagverfahren und bat um Bearbeitung seines Antrags auf Akteneinsicht. Das SG übersandte ihm unter dem 18.08.2010 einen Abdruck des Gerichtsbescheids und teilte mit, es habe am 05.08.2010 entschieden, nachdem auf das Schreiben vom 02.07.2010 bis Anfang August keine Reaktion erfolgt sei.
6. Der Kläger hat über seinen Prozessbevollmächtigten am 03.09.2010 Berufung zum LSG eingelegt und gleichzeitig mündliche Verhandlung vor dem SG beantragt.
Er meint, die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids hätten nicht vorgelegen. In diesem Zusammenhang behauptet er, ein Schreiben des SG vom 02.07.2010 sei bei seinem Prozessbevollmächtigten nicht eingegangen. Er trägt vor, sein Prozessbevollmächtigter habe mehrmals und eindeutig mitgeteilt, er sei mandatiert und dieses Verfahren solle fortgeführt werden. Sein Prozessbevollmächtigter habe in zahlreichen anderen Verfahren Vollmachten vorgelegt. In diesem Verfahren habe das SG nicht nach einer solchen gefragt. Ein Gerichtsbescheid habe nicht ergehen dürfen, nachdem ein Hinweis darauf nicht erteilt worden sei, die beantragte Akteneinsicht nicht gewährt worden sei und die benannten Zeugen nicht gehört worden seien. Es sei daher sein Wunsch, dass das Verfahren zunächst vor dem SG verhandelt und ausgeurteilt werde.
In der Sache trägt der Kläger vor, die Zeugin Kr. sei ihm gegenüber nicht verpflichtet gewesen, Auskünfte über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben oder Nachweise hierüber zu erteilen. Der Beklagte habe es versäumt, die Zeugin direkt aufzufordern. Es beständen Verwaltungszwangsmittel, mit denen auch Dritte zur Auskunft gezwungen werden könnten. Auch sei die Vermutung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Zeugin aus der Luft gegriffen.
In der mündlichen Verhandlung am 07.09.2011 hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten erklärt, er halte an dem zugleich gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht mehr fest.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Konstanz vom 05. August 2010 den Bescheid des Beklagten vom 29. August 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 26. Juli 2007 bis zum 28. Mai 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Berücksichtigung des Einkommens und Vermögens der Zeugin Kr. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, das SG habe dem Kläger mit dem Hinweis vom 08.12.2009 auf eine beabsichtigte Entscheidung durch Gerichtsbescheid ausreichend rechtliches Gehör gewährt. Dass diese Mitteilung seinem Prozessbevollmächtigten nicht vorgelegen habe, habe der Kläger selbst zu vertreten. Sein Vortrag, die Zeugin Kr. sei gesetzlich nicht verpflichtet gewesen, ihre finanziellen Verhältnisse darzulegen, sei nicht richtig. Insoweit sei auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15.02.2008 (L 8 AS 3380/07) zu verweisen, wonach ein Grundsicherungsträger nicht verpflichtet sei, ein Auskunftsverlangen an den Partner eines Hilfebedürftigen zu richten, wenn eine Ein¬standsgemeinschaft vorliege. Eine solche Einstandsgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Zeugin Kr. sei jedoch durch rechtskräftiges Urteil des SG festgestellt worden.
Im Weiteren tragen die Beteiligten umfangreich zu Umständen und Indizien vor, die für bzw. ge-gen eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft des Klägers und der Zeugin Kr. sprächen. Streitig ist hierbei unter anderem, wann der Kläger in das Haus der Zeugin Kr. eingezogen ist und ab wann er für sie in ihrer Apotheke gearbeitet hat. Auch trägt der Beklagte vor, der Kläger arbeite noch heute für die Zeugin und wohne auch nach wie vor in ihrem Haus bzw. gehe dort "ein und aus".
Der Berichterstatter des Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert, den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen Kr. und M. Wegen des Ergebnisses der Anhörungen und der Zeugenvernehmungen wird auf die Protokolle der nichtöffentlichen Sitzungen am 11.03.2011 und 28.06.2011 verwiesen. Ferner hat der Senat die Akten des Amtsgerichts - Familiengericht - Biberach in dem Verfahren 4 F 152/07 (UG) und - in dem genannten Parallelverfahren L 3 AS 5361/10 - die Akten des Amtsgerichts Bad Saulgau aus dem Räumungsprozess (1 C 303/07) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist zulässig.
Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufung war auch nicht zulassungspflichtig nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - hier i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 - Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger ist aus dem angegriffenen Gerichtsbescheid um mehr als EUR 750,00 beschwert. An dieser Stelle ist es unerheblich, ob der Beklagte in dem angegriffenen Bescheid die beantragten Leistungen lediglich wegen fehlender Mitwirkung versagt hat oder aber in der Sache entschieden und einen Leistungsanspruch materiell abgelehnt hat. Jedenfalls hat der Kläger im Klageverfahren auch einen Leistungsantrag gestellt und das SG hat in der Sache über diesen entschieden. Die Entscheidung des SG bestimmt die Beschwer der Beteiligten. Die möglichen Leistungsansprüche des Klägers in dem genannten Zeitraum betrugen aber deutlich mehr als EUR 750,00.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, nicht weiter auch eine mündliche Verhandlung vor dem SG zu beantragen, kann hier offen bleiben, ob ein solcher parallel gestellter Antrag die Berufung (nach § 105 Abs. 2 Satz 3 SGG) unzulässig gemacht hätte.
2. Der Senat lässt an dieser Stelle offen, ob die Berufung des Klägers - auch - im Sinne einer Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids und einer Zurückverweisung des Verfahrens an das SG (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG) begründet wäre, etwa weil das SG dem Prozessbevollmächtigten des Klägers, nachdem sich dieser spätestens mit Schriftsatz vom 30.06.2010 zur Akte legitimiert hatte (eine Vollmacht konnte nach § 73 Abs. 6 Sätze 3 und 4 SGG n.F. nicht verlangt werden), nicht über den bereits erteilten Gerichtsbescheidshinweis vom 08.12.2009 informierte, seinem Akteneinsichtsgesuch vom 30.06.2010 nicht nachkam und auch die Antwort des Prozessbevollmächtigten auf die gerichtliche, nicht mit einer Frist versehene Aufforderung vom 06.07.2010 nicht abwartete, bevor es am 05.08.2010 entschied. Selbst wenn hierin ein entscheidungserheblicher wesentlicher Verfahrensfehler läge, so wäre der Senat nicht zu einer bloßen Aufhebung der Entscheidung erster Instanz und Zurückverweisung des Verfahrens verpflichtet. § 159 Abs. 1 SGG räumt dem Berufungsgericht Ermessen bei dieser Entscheidung ein. In diesem Rahmen würde der Senat angesichts der langen Verfahrensdauer, der Entscheidungsreife der Sache und des übereinstimmenden Wunsches beider Beteiligter in der Sache entscheiden.
3. Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin neben der Aufhebung des Bescheids vom 29.08.2007 auch eine Verurteilung des Beklagten zur Leistungsgewährung begehrt, hat seine Berufung keinen Erfolg. Insoweit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Allerdings ist hier die Maßgabe zu machen, dass dieser Leistungsantrag als unzulässig und nicht als unbegründet - wie es das SG getan hat - zurückzuweisen ist:
a) Betrifft eine Klage einen bloßen Versagungs- oder Entziehungsbescheid nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I, so kann lediglich isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG erhoben werden (BSG, Urteil vom 25.10.2008, 7 RAr 70/87, Juris Rn. 12). Eine damit verbundene Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG ist unzulässig, da die beklagte Behörde über den Leistungsanspruch des Klägers selbst nicht entschieden hat, also ein entsprechender Bescheid fehlt und - vor allem - insoweit kein Vorverfahren durchgeführt worden ist (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG), da auch der Widerspruchsbescheid der Behörde nur die (vorläufige) Versagung betrifft (vgl. Keller, a.a.O., § 54 Rn. 38b mit Hinweis auf BSG, SozR 1200, § 66 Nr. 13). Von diesem Grundsatz werden in Rechtsprechung und Literatur nur zwei Ausnahmen diskutiert: Die eine betrifft den Fall, dass keine Versagung lediglich beantragter Leistungen angegriffen wird, sondern eine Entziehung bereits bewilligter Leistungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB I und damit verbunden die Aufhebung eines Leistungsbescheids nach § 48 Abs. 1 SGB X. Auch hier ist zwar grundsätzlich nur eine isolierte Anfechtungsklage zulässig, da jedoch der ursprüngliche Leistungsbescheid selbst keinen Vollstreckungstitel zu Gunsten des Leistungsberechtigten darstellt, kann eine Leistungsklage zulässig sein, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Behörde die bereits bewilligten Leistungen auch nach einer gerichtlichen Aufhebung des Entziehungsbescheids nicht gewähren wird. Und zum anderen hat das BSG zumindest bislang - sowohl bei Versagungen als auch bei Entziehungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 SGB I - eine zusätzliche Leistungsklage zugelassen, wenn der Kläger geltend macht, ohne die Mitwirkungshandlung ständen alle Leistungsvoraussetzungen fest.
b) Der Bescheid des Beklagten vom 29.08.2007 ist aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers (vgl. §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) deutlich als bloße Versagung der Leistungen zu verstehen, die der Kläger unter dem 26.07.2007 beantragt hatte. Der Beklagte hat ihn - in der Betreffzeile - als "Versagungs-/Entziehungsbescheid" betitelt, auf die einschlägige Rechtsgrundlage, § 66 Abs. 1 SGB I, hingewiesen, und sich zur Begründung allein darauf gestützt, der Kläger habe nicht entsprechend der Aufforderung in dem Schreiben vom 08.08.2007 mitgewirkt. Ausführungen zum Bestehen des Leistungsanspruchs selbst enthält der Bescheid nicht. Das Gleiche gilt für den Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007, auf den es nach § 95 SGG ankommt. Auch hier hat der Beklagte im Rubrum - allein - auf eine "fehlende Mitwirkung" des Klägers verwiesen.
c) Die genannte Ausnahme, in der ein zusätzlicher Leistungsantrag zulässig sein könnte, liegt nicht vor. Selbst wenn die Versagung rechtswidrig und der Versagungsbescheid daher aufzuheben ist, steht nicht fest, dass der Kläger einen Leistungsanspruch hätte. Der Beklagte hatte die Versagung darauf gestützt, dass der Kläger keine Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Zeugin Kr. gemacht hatte. Der Grund hierfür ist die Annahme des Beklagten, der Kläger und die Zeugin bildeten eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft und daher seien Einkommen und Vermögen der Zeugin dem Kläger nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II zuzurechnen. Selbst wenn diese Annahme nicht zutrifft, wäre immer noch zu ermitteln, ob der Kläger selbst über Einkommen oder Vermögen verfügt, das seinen Bedarf deckt oder übersteigt. Nachdem der erkennende Senat in seinem Beschluss vom 11.12.2007 von verschwiegenen Einkünften oder Vermögenswerten ausgegangen ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger auch allein schon nicht hilfebedürftig ist
d) Allerdings ist, wie ausgeführt, festzustellen, dass der Leistungsantrag des Klägers bereits unzulässig ist. Dies dient der Rechtssicherheit. Ist eine Klage unzulässig, fehlt also eine Sachurteilsvoraussetzung, dann darf ein Urteil in der Sache nicht ergehen. Die Klage ist vielmehr - grundsätzlich - als unzulässig abzuweisen. Wird in einer solchen Situation z. B. ein Leistungsantrag des Klägers in der Sache abgewiesen, dann steht ggfs. rechtskräftig fest, dass ein Leistungsanspruch nicht besteht. Wird die Klage dagegen nur als unzulässig abgewiesen, so kann der Kläger seinen Leistungsantrag ggfs. weiterverfolgen und auch erneut klagen, wenn er z. B. die fehlende Prozessvoraussetzung nachgeholt hat. Aus diesen Gründen ist ein Kläger durch eine Klagabweisung in der Sache beschwert, wenn sein Antrag tatsächlich bereits unzulässig war. In einem solchen Fall ist, ohne dass der Berufung insoweit stattgegeben werden muss, lediglich die Unzulässigkeit des fraglichen Antrags festzustellen.
4. Im Übrigen, also hinsichtlich des Anfechtungsantrags, ist die Berufung des Klägers begründet. Der Gerichtsbescheid des SG war insoweit aufzuheben. Der Versagungsbescheid des Beklagten vom 29.08.2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG). Auch dieser Bescheid war daher - nach § 95 SGG in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.09.2007 - aufzuheben.
a) Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist, wie ausgeführt, § 66 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB I.
Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen ( ), soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungsobliegenheiten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.
b) Eine solche Versagung setzt nach § 66 Abs. 3 SGB I zunächst formal voraus, dass der Leistungsträger den Antragsteller zuvor schriftlich über seine konkreten Mitwirkungsobliegenheiten unterrichtet, ihm eine angemessene Frist zur Erfüllung gesetzt und er auf die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen worden ist (BSG, a.a.O., Rn. 18 f.). Dies ist hier geschehen. Der Beklagte hatte den Kläger vor Erlass des Versagungsbescheids, nämlich mit Schreiben vom 08.08.2007, ausreichend unterrichtet und auf die Folgen der mangelnden Mitwirkung schriftlich hingewiesen. Außerdem waren die Anforderungen des Beklagten dem Kläger bereits aus dem vorherigen Antragsverfahren bekannt.
c) Jedoch oblagen dem Kläger jene Mitwirkungen nicht, die der Beklagte von ihm verlangte.
aa) Der Umfang der auch in diesem Verfahren streitigen Mitwirkungsobliegenheit ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 SGB I. Danach hat, wer Sozialleistungen beantragt, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Ferner hat er Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Bei einem Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sind leistungserheblich auch das Einkommen und Vermögen einer Person, mit der der Antragsteller in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt, denn gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist zur Feststellung der Bedürftigkeit bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Seit den Änderungen durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) gehört zu den Partnern in diesem Sinne auch eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II). Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II unter anderem (Nr. 1) vermutet, wenn die Partner, also der erwerbsfähige Hilfebedürftige und der weitere Haushaltsangehörige, länger als ein Jahr zusammenleben.
Jedoch besteht in dieser Situation, auch wenn die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II eingreift, für den Hilfebedürftigen eine Obliegenheit zur zu solchen Angaben, die ihm selbst bekannt sind und von ihm auch zu leisten sind. Entsprechend muss er nur solche Unterlagen vorlegen, die er allein in Besitz hat oder die er zumindest, sei es als Besitzdiener oder mittelbarer Besitzer, sei es auf Grund eines Herausgabeanspruchs, von einem Dritten mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann. Dies folgt aus § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Nach dieser Vorschrift obliegt einem Antragsteller eine Mitwirkung nicht, deren Erfüllung ihm aus wichtigem Grund nicht zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund in diesem Sinne liegt unter anderem dann vor, wenn dem Antragsteller die Erfüllung objektiv oder subjektiv unmöglich ist. Hinter dieser Wertung steht der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass Unmögliches nicht verlangt werden kann (§ 275 Abs. 1 BGB). Bereits im Zivilrecht steht hierbei - wie auch nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I - ein unzumutbarer Beschaffungsaufwand der Unmöglichkeit gleich (§ 275 Abs. 2, Abs. 3 BGB).
Weitergehend endet die Mitwirkungsobliegenheit nach § 65 Abs. 1 Nr. 3 SGB I dort, wo sich der Leistungsträger die erforderlichen Kenntnisse durch einen geringeren Aufwand beschaffen kann als der Antragsteller. Diese Einschränkung geht über § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB I hinaus. Wenn sich z. B. ein Leistungsträger die notwendigen Informationen durch Erlass eines Auskunftsbescheids gegenüber dem Dritten oder durch andere Maßnahmen mit zumutbarem Aufwand beschaffen kann, dann muss der Leistungsberechtigte einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegen den Dritten nicht gerichtlich geltend machen, den er zwar hat, dessen Durchsetzung ihm aber hohe Kosten verursachen würde, z. B. einen Vorschuss auf die Gerichtskosten, die der Leistungsträger nicht nach § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I nicht übernimmt.
In einer Situation wie hier, in dem der (vermeintliche) Partner Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen verweigert und dem Antragsteller auch keine zivilrechtlichen Auskunftsansprüche gegen den Partner zustehen, etwa aus § 1580 Satz 1 oder aus § 1615l Abs. 2 oder Abs. 4 BGB, jeweils i.V.m. § 1605 Abs. 1 BGB, kann daher von dem Antragsteller nicht verlangt werden, Unterlagen vorzulegen oder konkrete Angaben zu machen. Allenfalls zu ungefähren Angaben über die Einkommens- oder Vermögenslage des Partners ist er verpflichtet (BSG, a.a.O., Rn. 16). Im Übrigen steht dem Leistungsträger nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II die Obliegenheit des Partners zur Verfügung, unmittelbar Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen.
Mit dieser Ansicht folgt der Senat dem 7. Senat des LSG Baden-Württemberg in dem Urteil vom 19.07.2007 (L 7 AS 1703/06, Juris, Rn. 22) und nicht den Erwägungen des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg in dem Urteil vom 15.02.2008 (L 8 AS 3380/07, Juris), das auch der Beklagte zitiert hat. Dort hatte der 8. Senat ausgeführt, ein Leistungsträger sei nur dann nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II gehalten, zunächst den Partner selbst zur Mitwirkung anzuhalten, wenn der Hilfebedürftige das Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft eingeräumt habe und sich der Partner - lediglich - weigere, Angaben zu seinem Einkommen und Vermögen zu machen (a.a.O., Rn. 26). Dem 8. Senat ist zuzugeben, dass die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht nach dem Wortlaut des § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II nur eingreift, wenn der betroffene Dritte tatsächlich "Partner" ist. Solange die Partnerschaft selbst streitig ist, obliegt es allein dem Antragsteller, an der Aufklärung dieses Punktes mitzuwirken. Dies folgt schon daraus, dass § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II Mitwirkungsobliegenheiten allein zur Aufklärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse statuiert, nicht aber zur Aufklärung einer Partnerschaft selbst. Jedoch lässt sich aus § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II nicht entnehmen, dass der Antragsteller selbst "eingeräumt" haben muss, dass eine Partnerschaft vorliege. Auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende muss der Leistungsträger die relevanten Umstände von Amts wegen ermitteln. In einem solchen Verwaltungsverfahren ist kein Raum dafür, dass der Antragsteller Umstände "unstreitig stellen" kann. Die Mitwirkungsobliegenheiten des Dritten beginnen immer dann, wenn er Partner des Antragstellers ist. Wie der Leistungsträger diese Feststellung trifft, ist unerheblich. Wenn z. B. aus objektiven Umständen heraus feststeht, dass der Dritte den Antragsteller sogar tatsächlich unterstützt und also mit Sicherheit eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft vorliegt, kann sich der Leistungsträger durch den Erlass eines Auskunftsbescheids nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II direkt den Partner wenden und diesen Bescheid ggfs. mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchsetzen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 20.04.2007, L 13 AS 40/07 ER, Juris). Darüber hinaus ist die Auskunftspflicht des Dritten bußgeldbewehrt (§ 63 SGB II) und ein Auskunftspflichtiger, der vorsätzlich oder fahrlässig die Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt, macht sich schadenersatzpflichtig (§ 62 Nr. 2 SGB II). Im Rahmen eines dieser Auskunftsverfahren kann dann der um Auskunft angegangene Partner notfalls auch gerichtlich klären lassen, ob wirklich eine Partnerschaft besteht (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG]), nämlich durch eine Anfechtungsklage gegen einen Auskunftsbescheid, einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid oder im Rahmen einer zivilrechtlichen Schadensersatzklage des Leistungsträgers. In diesem Sinne hat auch das BSG in dem Urteil vom 01.07.2009 (B 4 AS 78/08 R, Juris Rn. 16, 17) ausgeführt, dass ein Leistungsträger, solange er "keine Anstrengung unternommen hat, seinen Auskunftsanspruch nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II durchzusetzen", keine Beweislastentscheidung zu Lasten des Antragstellers treffen darf. Dies gilt - erst recht - für den Erlass eines Versagungsbescheids. Dies ergibt sich daraus, dass das BSG die genannten Ausführungen in einem Verfahren getroffen hat, das einen solchen Versagungsbescheid betraf (a.a.O., Rn. 13).
Nach Ansicht des Senats kann ein Leistungsträger weiterhin rechtmäßigerweise die begehrten Auskünfte von dem Dritten bereits dann fordern, wenn die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II eingreift. Diese Norm gilt zwar zunächst nur im Verhältnis zwischen dem antragstellenden Hilfebedürftigen und dem Leistungsträger. § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II scheint dem Wortlaut nach dagegen vorauszusetzen, dass eine Partnerschaft positiv festgestellt ist oder in dem Auskunftsverfahren festgestellt wird. Die Norm enthält jedoch keine besonderen Vorschriften darüber, auf welche Weise der Leistungsträger diese Voraussetzung feststellen kann und muss. Diese Lücke kann durch eine Übertragung der Vermutungsregelung auf das Verhältnis zwischen dem Leistungsträger und dem um Auskunft angegangenen Dritten geschlossen werden. Der Dritte ist durch diese entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht unzumutbar beeinträchtigt, da diese Norm an Umstände anknüpft, an denen auch er beteiligt ist, nämlich ein einjähriges Zusammenleben mit dem Antragsteller, gemeinsame Kinder, die gemeinsame Betreuung Dritter in der gemeinsamen Wohnung oder an eine Verfügungsbefugnis des Hilfebedürftigen über Werte des Dritten, die dieser ja dem anderen freiwillig eingeräumt haben muss. Hinzu kommt eine weitere Erwägung: Sobald im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Leistungsträger § 7 Abs. 3a SGB II eingreift und der Antragsteller diese Vermutung nicht widerlegen kann, gilt nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II auch der dritte, der - vermutete - Partner, als hilfebedürftig. Auf Grund dieser gesetzlichen Fiktion wird er in jedem Falle Mitglied der Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II). Auch er rückt daher im Verhältnis zum Leistungsträger in die Rolle eines Antragstellers bzw. Hilfebedürftigen, sodass nunmehr die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II auch ihm gegenüber unmittelbar gilt. Überträgt man in diesem Sinne die Vermutungsregelung auf das Auskunftsverlangen nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II, so muss der (vermeintliche) Partner die begehrten Auskünfte schon dann erteilen, wenn er im Auskunftsverfahren die Vermutung nicht widerlegen kann, die (materielle) Beweislast liegt dann bei ihm.
bb) Die Angaben und Unterlagen, die der Beklagte in dem Schreiben vom 08.08.2007 bei dem Kläger angefordert hatte, konnte dieser nicht erbringen. Die Zeugin Kr. hatte sich bereits zuvor - dem Beklagten bekannt - geweigert, ihm Auskünfte zu geben. Insbesondere eine Gewinn- und Verlustrechnung für das zweite Quartal 2007 konnte der Kläger von der Zeugin Kr. nicht herausverlangen, zumal nicht feststeht, dass es eine solche Abrechnung überhaupt schon gab. Irgendwelche Auskunftsansprüche gegen die Zeugin standen ihm nicht zu. Auch im Rahmen seiner Tätigkeit in der Apotheke konnte der Kläger zumutbarerweise keine Informationen oder Unterlagen über die finanziellen Verhältnisse der Zeugin beschaffen. Hätte er z.B. solche Unterlagen oh¬ne Erlaubnis der Zeugin an sich genommen, hätte er sich womöglich strafbar gemacht.
cc) Auf der anderen Seite stand dem Beklagten gegen die Zeugin Kr. der Auskunftsanspruch aus § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II zu, auch wenn der Kläger und die Zeugin übereinstimmend bestritten hatten, dass eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft bestehe. Nachdem der Kläger spätestens am 01.08.2005 bei der Zeugin eingezogen war, wie sich aus dem Mietvertrag und den insoweit übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Zeugin ergibt, griff in dem hier streitigen Zeitraum die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II ein. Wie ausgeführt, reicht dies aus, damit der Beklagte nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 SGB II ein Auskunftsverlangen an die Zeugin Kr. hätte richten dürfen. Aus diesem Grunde lässt der Senat die Frage unbeantwortet, ob eine solche Partnerschaft tatsächlich vorlag oder nicht.
d) Ganz unabhängig davon, dass dem Kläger die abverlangte Mitwirkung nicht oblag, ist der Versagungsbescheid des Beklagten aus einem anderen Grund rechtswidrig. Es liegt ein Ermessensfehler in Form eines vollständigen Ermessensausfalls vor, der ebenfalls zur Aufhebung des Bescheids nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG führt.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I "kann" der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Das Gesetz räumt den Verwaltungsträgern einen Entscheidungsspielraum ein, den die Gerichte zu beachten haben. Gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG dürfen sie nur prüfen, ob die Verwaltung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, ob sie also die ihr durch das Verwaltungsverfahrensrecht (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I) auferlegte Verhaltenspflicht beachtet haben, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich darauf, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (falls nein: Ermessensnichtgebrauch), ob er mit dem Ergebnis seiner Ermessensbetätigung, der Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit, Ermessensmissbrauch; zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 14.12.1994, 4 RA 42/94, SozR 3-1200 § 39 Nr. 1; Urteil vom 25.01.1994, 4 RA 16/92, SozR 3-1300 § 50 Nr. 16, jeweils m.w.N.). Die Ermessenserwägungen sind dem Betroffenen im Bescheid im Einzelnen darzulegen. Die Begründung muss ersehen lassen, welche Gesichtspunkte die Beklagte bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat (Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 35 Rn. 6). An dieser Stelle kann offen bleiben, ob sich das Ermessen des Leistungsträgers auch auf das "Ob" einer Versagung erstreckt, der Leistungsträger also auch entscheiden und begründen muss, ob er überhaupt versagt oder aber die beantragte Leistung gleichwohl gewährt oder belässt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26.05.1983, 10 RKg 13/82, SozR 1200 § 66 Nr. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007, a.a.O., Rn. 24). Hierzu hatte der 8. Senat des LSG in dem genannten Urteil vom 15.02.2008 ausgeführt, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien, ergebe sich aus § 66 Abs. 1 SGB I nicht die Befugnis, die Leistung gleichwohl zu gewähren; das Ermessen des Leistungsträgers erstrecke sich vielmehr auf die Entscheidung, in welchem Umfang er den Sachverhalt trotz der Verletzung der Mitteilungsobliegenheiten von Amts wegen weiter aufklären wolle (a.a.O., Rn. 26). In jedem Falle müssen danach Ermessenserwägungen zu der Frage angestellt werden, ob und in welchem Maße trotz der fehlenden Mitwirkung des Antragstellers weiter ermittelt werden soll.
Der Beklagte hat überhaupt kein Ermessen ausgeübt. Weder aus dem Versagungsbescheid selbst noch aus dem Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007 ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass ihm überhaupt bewusst war, eine Ermessensentscheidung zu treffen. Er hat sich insbesondere nicht mit der Frage beschäftigt, welche weiteren Ermittlungen noch möglich waren und aus welchen Gründen er diese Ermittlungen nach der (angenommenen) Verletzung der Mitwirkungsobliegenheiten durch den Kläger nicht mehr anstellen wollte, aus welchen Gründen dem Kläger keine Nachfrist eingeräumt werden sollte oder ob möglicherweise eine vorläufige Gewährung der gesamten oder eines Teils der begehrten Leistungen in Betracht kam.
Bei einem solchen Ermessensnichtgebrauch kann ein Versagungsbescheid allenfalls dann rechtmäßig sein, wenn eine Ermessensreduzierung auf nur eine mögliche Entscheidung (Ermessens¬schrumpfung) vorlag, eine andere als die von der Beklagten getroffene Entscheidung also nicht in Betracht kam. Dies war hier nicht der Fall. Dem Beklagten standen weitere Ermittlungsansätze zur Verfügung. Selbst wenn dem Kläger die geforderte Mitwirkung oblegen hätte, hat seine Weigerung, ihr nachzukommen, den Sachverhalt nicht unaufklärbar gemacht.
Zur Klarstellung wird nochmals darauf hingewiesen, dass es dem Senat nicht zusteht, sein Ermessen anstelle desjenigen der Verwaltung zu setzen. Ob und in welchem Umfang hier weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen sind, hat daher die Beklagte im Einzelfall im Wege des ihr zustehenden Ermessens zu entscheiden.
5. Die Entscheidung über die Kosten beider Instanzen beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Quotelung beruht darauf, dass der Kläger in beiden Instanzen auch einen erfolglosen Leistungsantrag gestellt hat, dem der Senat mindestens dasselbe Gewicht beimisst wie dem Anfechtungsantrag.
6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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