Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 U 2418/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 510/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Hautleidens als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der 1954 in P. geborene Kläger war in Deutschland bereits seit vielen Jahren als CNC-Fräser tätig (hinsichtlich der Einzelheiten wird auf seine Aufstellung der bisherigen Tätigkeiten Bezug genommen, Bl. 23 VA), als er nach kurzer Arbeitslosigkeit am 01.04.2008 erneut eine Tätigkeit als CNC-Fräser bei der Firma R. GmbH + Co KG (Firma R. ) aufnahm. Bis dahin hatte der Kläger nach eigenem Bekunden keine Hautprobleme. Im Rahmen der Tätigkeit bei der Firma R. hatte der Kläger Kontakt zu Metallen, Fetten und Ölen sowie Kühlschmierstoffen, wobei er bei allen Arbeiten teilbeschichtete Nitrilhandschuhe (ohne Beschichtung des Handrückens) trug; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten (Bl. 60 ff. VA) Bezug genommen. Zirka zwei Wochen nach Beginn der Tätigkeit bei der Firma R. stellte der Kläger pustulöse Hauterscheinungen an der rechten Hand fest, die in teils wechselhafter Ausprägung bis Juni 2008 persistierten. Erstmals am 18.06.2008 nahm er hautfachärztliche Hilfe in Anspruch und war ab diesem Zeitpunkt wegen der Hauterscheinungen arbeitsunfähig geschrieben. Im Rahmen der diagnostischen Abklärung wurden von der Universitäts-Hautklinik des Universitätsklinikums Freiburg diverse epikutane Hauttestungen durchgeführt und es wurden u.a. Testreihen aus Kühlschmierstoffen sowie Testsubstanzen aus der Firma R. untersucht. Dabei wurde lediglich eine Typ-IV-Sensibilisierung mit einer schwachen positiven Hautreaktion gegenüber Octylgallat gemessen, einem Konservierungsstoff, der allerdings in den am Arbeitsplatz bei der Firma R. verwendeten Stoffen nicht enthalten war (Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten, a.a.O.). In der Folgezeit kam es unter Therapie mit Fettcreme zu einer langsamen Abheilung der Hautveränderungen; am 11.07.2008 war kein pathologischer Befund mehr zu erheben (Bericht der Universitäts-Hautklinik, Bl. 72 ff. VA). Verblieben sind nur noch kleine schwielenartige Hyperkeratosen (Verdickung der Hornschicht). Von der Firma R. wurde der Kläger in der Probezeit zum 11.07.2008 gekündigt. Seither hat er eine Tätigkeit als CNC-Fräser nicht mehr aufgenommen.
Mit Bescheid vom 09.12.2008 und Widerspruchsbescheid vom 06.05.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nr. 5101 Anlage 1 der BKV ab, weil jedenfalls kein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestanden habe.
Das hiergegen am 13.05.2009 angerufene Sozialgericht Freiburg hat ein fachärztlich-dermatologisches Gutachten bei Dr. H. mit ergänzender Stellungnahme eingeholt. Der Sachverständige hat auf Grund seiner im September/Oktober 2009 durchgeführten Untersuchungen keine genaue Diagnose stellen können und ist von einer bislang unklaren Hauterkrankung der rechten Hand in der Zeit vom 15.04. bis 11.07.2008 ohne zwischenzeitliche Rezidive ausgegangen. Er hat Sensibilisierungen vom Soforttyp gegen verschiedene Pollen und Gräser diagnostiziert, eine arbeitsplatzrelevante Sensibilisierung vom Spättyp ausgeschlossen, keine außerberuflichen Risikofaktoren erkennen können und dargestellt, dass auch aus seiner Sicht der Stoff Octylgallat nicht in den vom Kläger am Arbeitsplatz verwendeten Produkten, einschließlich der Hautpflegeprodukte, enthalten war. Als für die Frage des Kausalzusammenhangs übrig bleibend hat er auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Hauterscheinungen und dem Tätigkeitsbeginn bei der Firma R. und - bedingt - auf das Auftreten an den Fingerrücken der Finger und im Verlauf auch am Handrücken der rechten Hand hingewiesen. Allerdings spreche diese Lokalisation gegen ein kontaktallergisches Geschehen, das primär eher an den Fingerkuppen, Fingerbeugeseiten oder palmar zu vermuten sei (Kontaktstellen). Der vom Kläger verwendete Nitrilhandschuh habe zumindest am Handrücken keine deutliche Beschichtung aufgewiesen, sodass - weil für die am Arbeitsplatz verwendeten Substanzen ein PE- oder PVC-Handschuh empfohlen werde - hier eine toxische Komponente möglicherweise zur Entstehung der Hautveränderung beigetragen habe. Theoretisch sei auch eine bakterielle Kontamination der Handschuhe mit anschließender Pustulose der Haut denkbar. Einen objektiven Zwang zur Unterlassung aller Tätigkeiten hat er im Hinblick auf mögliche verbesserte Schutzmaßnahmen (u.a. Handschuhwechsel) verneint. Die MdE hat er, ausgehend von leichten Hauterscheinungen, nach dem "Bamberger Merkblatt" mit 10 v.H. angesetzt und hierbei den aktuellen Befund (keine Bläschen, keine Ekzeme, nur schwielenartige, unspezifische Hyperkeratosen) sowie den Verlauf der Erkrankung berücksichtigt.
Mit Urteil vom 26.11.2010 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Hauterkrankung des Klägers eine BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV ist. Es hat sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 09.12.2003, B 2 U 5/03 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 1) sowie das Gutachten von Dr. H. berufen.
Gegen das ihr am 07.01.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.02.2011 Berufung eingelegt. Sie meint, entgegen der Annahme des Sozialgerichts komme der gerichtliche Sachverständige nicht zur Bejahung eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs. Es fehle auch am Aufgabezwang für die Feststellung der BK, insoweit interpretiere das Sozialgericht das herangezogene Urteil des BSG falsch. Jedenfalls habe keine messbare MdE vorgelegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, auch persönliche Schutzmaßnahmen hätten es nicht ermöglicht, die Tätigkeit fortzuführen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht das Vorliegen einer BK Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV beim Kläger festgestellt. Die Voraussetzungen für eine derartige Feststellung liegen beim Kläger nicht vor.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VI begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV (BK 5101) schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Vorliegend fehlt es bereits an einer hinreichend genauen medizinischen Diagnose für die Feststellung der streitigen BK. Nach dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten ist völlig unklar, was für eine Hauterkrankung beim Kläger von April bis Juli 2008 aufgetreten war. Ist aber die Art der Hauterkrankung unbekannt, lassen sich auch keine substanziierten Kausalitätserwägungen anstellen. Dementsprechend kann - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil - auch keine Rede davon sein, dass der Kläger "unstreitig unter einer beruflich bedingten Hauterkrankung im Sinne der Nr. 5101" leide.
Vielmehr hat der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten die beim Kläger aufgetretenen Hauterscheinungen als unklare Hauterkrankung klassifiziert. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er als Palette der möglichen Diagnosen pustulose Dermatosen inkl. infektiöse Dermatosen/Pustulosen, pustulöse Psoriasis aber auch die Diagnose Cheiropompholyx (eine Art Ekzem) und toxische Dermatitiden sowie sonstige Dermatitiden der Akren (insbesondere mit der beim Kläger bestehenden Lebererkrankung zusammenhängend, die der Kläger gegenüber dem Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung selbst als Autoimunhepatitis klassifiziert hat) aufgeführt. Damit kommen zwar auch Hauterkrankungen in Betracht, die durch Einwirkungen am Arbeitsplatz - ebenso wie durch Einwirkungen im Privatleben - ausgelöst werden können, allerdings auch Hauterkrankungen, die mit derartigen Expositionen nicht in Zusammenhang stehen (nämlich beispielsweise eine Psoriasis bzw. Hauterscheinungen im Zusammenhang mit der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht als diagnostiziert angegebenen Autoimunhepatitis). Fehlt es aber an einer konkreten Diagnose der Hauterkrankung, lässt sich die Ätiologie der beim Kläger vorhanden gewesenen Hauterscheinungen schon im Ansatz nicht klären. Dies entzieht zugleich der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hauterkrankung mit Einwirkungen (gleich ob am Arbeitsplatz oder im privaten Bereich) von vornherein den Boden.
Hinzu kommt, dass sämtliche Untersuchungen der Expositionen am Arbeitsplatz bei der Firma R. zu keinem positiven Ergebnis in Bezug auf mögliche Auslöser der Hauterscheinungen geführt haben. Einziger Ansatzpunkt für eine derartige schädliche Exposition ist der von der Universitätsklinik Freiburg als auffällig getestete Stoff Octygallat. Indessen konnte der Präventionsdienst der Beklagten in den von der Firma R. verwendeten Produkten diesen Stoff gerade nicht feststellen. Der gerichtliche Sachverständige hat nach entsprechender Recherche dieses Ergebnis bestätigt und insbesondere diesen Stoff auch in der vom Kläger am Arbeitsplatz verwendeten Hautschutzcreme ausgeschlossen.
Für einen ursächlichen Zusammenhang spricht somit - so auch der Sachverständige - lediglich ein gewisser zeitlicher (Auftreten erster Symptome ca. zwei Wochen nach Beginn der Tätigkeit bei der Firma R. ) und örtlicher (an der rechten Hand, mit der der Kläger seine Arbeit verrichtete) Zusammenhang mit der Tätigkeit. Soweit der Kläger ein Abklingen der Symptome in arbeitsfreien Zeitintervallen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit behauptet, ist dies ärztlich nicht bestätigt. Der Kläger befand sich erst ab dem 18.06.2008 wegen der Hauterscheinungen in hautärztlicher Behandlung und wurde ab diesem Zeitpunkt krankgeschrieben. Davor war er nur dreimal beim Hausarzt, der an Befunden lediglich "Hautentzündungen wie kl. Eiterpustel an der Hand" erhob (schriftliche Auskunft der Dres. Andreas und Porten, Bl. 35 VA). Damit lässt sich der Verlauf der Erkrankung vom Auftreten erster Symptome bis zur Arbeitsunfähigkeit nicht im Einzelnen klären. Im Ergebnis braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn ein zeitlich-örtlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Auftreten von Krankheitssymptomen stellt keine hinreichende Begründung für einen Kausalzusammenhang dar. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass außerberufliche Ursachen nicht bekannt sind. Der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn muss vielmehr sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R), vielmehr muss der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.). Dies gilt auch und gerade im Berufskrankheitenrecht, wo angesichts der multifaktoriellen Entstehung vieler Erkrankungen, der Länge der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines typischerweise durch berufliche Einwirkungen verursachten Krankheitsbildes bei vielen BKen sich letztlich oft nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen stellt. Aber auch hier gilt, dass es keinen Automatismus zur Bejahung des Ursachenzusammenhangs alleine auf Grund des Vorliegens entsprechender Einwirkungen und einer von der BK erfassten bzw. generell durch solche Einwirkungen hervorrufbaren Erkrankung gibt (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 7/05 R). Dem entsprechend genügt es zur Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs im vorliegenden Fall nicht, dass eine diagnostisch ungeklärte Hauterscheinung zwei Wochen nach Beginn der Tätigkeit bei der Firma R. an der rechten Hand auftrat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist - so auch der gerichtliche Sachverständige - auch ein Aufgabezwang zu verneinen. Zwar nahm der Kläger seine Tätigkeit als CNC-Fräser nicht mehr auf. Indessen ist dies allein nicht maßgebend. Entscheidend ist vorliegend, ob der Kläger durch die Erkrankung gezwungen war, diese Tätigkeit aufzugeben. Dies ist zu verneinen. Gegen diese Annahme spricht bereits der Umstand, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflichen Expositionen und den Hauterscheinungen wahrscheinlich ist, sodass auch nicht festgestellt werden kann, dass Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz unwirksam geblieben wären. Im Übrigen hat Dr. H. in seinem Gutachten zu Recht darauf hingewiesen, dass - ausgehend von der Möglichkeit eines Kontaktekzems - die bis dahin angewandten Schutzmaßnahmen in Form der vom Kläger verwendeten Schutzhandschuhe nicht ausreichend waren. Hierfür spricht, dass der vom Kläger tatsächlich verwendete Nitrilhandschuh auf dem Handrücken keine Schutzbeschichtung aufwies. Gerade am Handrücken und den Rückseiten der Finger aber traten Hauterscheinungen auf, anders als - so zutreffend der gerichtliche Sachverständige - an den üblichen Kontaktstellen der Hand. Dies spricht einerseits dafür, dass die verwendeten Schutzhandschuhe - einen Kontakt mit Arbeitsstoffen als Ursache der Erscheinungen unterstellt - die Kontaktflächen der Hand ausreichend schützten und andererseits für die Annahme, dass - wiederum einen Kontakt mit Arbeitsstoffen als Ursache der Hauterscheinungen unterstellt - geeignete Schutzhandschuhe mit voller Beschichtung insbesondere auch des Handrückens einem erneuten Auftreten der Hauterscheinungen auf der Rückseite der Hand vorgebeugt hätten.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts lässt sich aus dem von ihm herangezogenen Urteil des BSG vom 09.12.2003 (a.a.O.) kein Aufgabezwang herleiten. Es bedarf an dieser Stelle keiner Ausführungen dazu, für welche Fallgestaltungen diese Rechtsprechung des BSG Anwendung findet (siehe hierzu aber das von der Beklagten angeführte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2007, L 6 U 1555/06: nicht bei in Rede stehenden persönlichen Schutzmaßnahmen wie insbesondere Handschuhen). Denn nach dieser Rechtsprechung des BSG wäre für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen zur Bejahung des Aufgabezwangs das Bestehen einer rentenberechtigenden MdE Voraussetzung. Schon dies ist beim Kläger nicht der Fall. In dem vom BSG entschiedenen Fall verfügte die dortige Klägerin bereits über einen Anspruch auf Verletztenrente aus anderem Rechtsgrund nach einer MdE um 20 v.H., sodass für sie rentenberechtigend eine MdE um 10 v.H. war (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII). Der Kläger dagegen verfügt über keinen solchen so genannten Stützrententatbestand, sodass für ihn eine MdE um 10 v.H., von der der Sachverständige und ihm folgend das Sozialgericht sowie der Kläger selbst nur ausgehen, nicht rentenberechtigend ist.
Hinzu kommt, dass der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen (MdE um 10 v.H.) nicht gefolgt werden kann. Denn die Hauterscheinungen an der rechten Hand, die im April 2008 auftraten, sind seit dem 11.07.2008 nahezu folgenlos abgeheilt. Dies ergibt sich zum einen aus dem von der Beklagten bei der Universitäts-Hautklinik eingeholten Befundbericht, wonach zu diesem Zeitpunkt keine Hauterscheinungen mehr festzustellen waren, und zum anderen aus dem vom Sachverständigen über ein Jahr später identisch erhobenen Befund. Danach lagen bei der Untersuchung durch Dr. H. im September/Oktober 2009 nur schwielenartige, unspezifische Hyperkeratosen vor, jedoch keine frischen Bläschen, keine Ekzeme. Dementsprechend kann entgegen der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen auch nicht von leichten Hauterscheinungen im Sinne der Empfehlungen zur Schätzung der MdE nach dem so genannten "Bamberger Merkblatt" (Begutachtungsempfehlungen für die Begutachtung von Haut- und Hautkrebserkrankungen, herausgegeben von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Stand März 2009) ausgegangen werden, die - so die Tabelle auf Seite 27 - eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen würden. Auf Seite 28/29 des "Bamberger Merkblatts" werden leichte Hauterscheinungen dahingehend definiert, dass es sich um krankhafte Hautveränderungen handeln muss, die bis zu drei Mal pro Jahr auftreten und bei adäquater dermatologischer Therapie und Mitwirkung des Patienten schnell wieder abheilen und / oder gering lichenifizierte oder gering atrophische Haut als Folgezustand eines langwierigen beruflichen Ekzems oder nach Cortikosteroidbehandlung und / oder dokumentierte krankhafte Hautveränderungen nach intensiver (irritativer, toxischer etc.) Hautbelastung. Keine dieser Varianten trifft auf den Kläger zu. Nach den dokumentierten Befunden des gerichtlichen Sachverständigen sind an der rechten Hand des Klägers lediglich schwielenartige Hyperkeratosen, also Verdickungen der Hornschicht verblieben und weitere Hauterscheinungen waren bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen auch nicht mehr aufgetreten. Grundlage der Beurteilung sind aber die Befunde "unter adäquaten therapeutischen Maßnahmen" (Seite 28 des "Bamberger Merkblatts"), hier also als Ergebnis der seitens der Universitäts-Hautklinik durchgeführten Therapie und damit der vom gerichtlichen Sachverständigen zum damaligen Zeitpunkt der Untersuchung seit dem 11.07.2008 unveränderte und weitgehend unauffällige Befund. Damit lag die MdE - jedenfalls bezogen auf den (fiktiven) Zeitpunkt des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen im Falle der Fortsetzung der Tätigkeit, also im Juli 2008 nach Abheilen der Hauterscheinungen - unter 10 v.H.
Auf diesen damaligen Zeitpunkt ist für die Frage einer "rentenberechtigenden MdE im Zeitpunkt des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen" abzustellen. Eventuelle später erneut aufgetretene Hauterscheinungen ändern an der Bewertung der MdE für die Hauterkrankung zum damaligen Zeitpunkt nichts. Dies gilt auch für das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegebene erneute Auftreten von Eiterpusteln im Oktober 2010 anlässlich einer Autoreparatur. Im Übrigen sind diese Erscheinungen zum einen nicht ärztlich dokumentiert und zum anderen genügt ein einmaliges Rezidiv ebenfalls nicht für die Annahme auch nur leichter Hauterscheinungen im o.g. Sinn.
Im Ergebnis kann somit weder ein ursächlicher Zusammenhang der Hauterscheinungen mit der beruflichen Tätigkeit noch ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit bejaht werden. Auf die Berufung der Beklagten ist deshalb das Urteil des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Hautleidens als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der 1954 in P. geborene Kläger war in Deutschland bereits seit vielen Jahren als CNC-Fräser tätig (hinsichtlich der Einzelheiten wird auf seine Aufstellung der bisherigen Tätigkeiten Bezug genommen, Bl. 23 VA), als er nach kurzer Arbeitslosigkeit am 01.04.2008 erneut eine Tätigkeit als CNC-Fräser bei der Firma R. GmbH + Co KG (Firma R. ) aufnahm. Bis dahin hatte der Kläger nach eigenem Bekunden keine Hautprobleme. Im Rahmen der Tätigkeit bei der Firma R. hatte der Kläger Kontakt zu Metallen, Fetten und Ölen sowie Kühlschmierstoffen, wobei er bei allen Arbeiten teilbeschichtete Nitrilhandschuhe (ohne Beschichtung des Handrückens) trug; hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten (Bl. 60 ff. VA) Bezug genommen. Zirka zwei Wochen nach Beginn der Tätigkeit bei der Firma R. stellte der Kläger pustulöse Hauterscheinungen an der rechten Hand fest, die in teils wechselhafter Ausprägung bis Juni 2008 persistierten. Erstmals am 18.06.2008 nahm er hautfachärztliche Hilfe in Anspruch und war ab diesem Zeitpunkt wegen der Hauterscheinungen arbeitsunfähig geschrieben. Im Rahmen der diagnostischen Abklärung wurden von der Universitäts-Hautklinik des Universitätsklinikums Freiburg diverse epikutane Hauttestungen durchgeführt und es wurden u.a. Testreihen aus Kühlschmierstoffen sowie Testsubstanzen aus der Firma R. untersucht. Dabei wurde lediglich eine Typ-IV-Sensibilisierung mit einer schwachen positiven Hautreaktion gegenüber Octylgallat gemessen, einem Konservierungsstoff, der allerdings in den am Arbeitsplatz bei der Firma R. verwendeten Stoffen nicht enthalten war (Bericht des Präventionsdienstes der Beklagten, a.a.O.). In der Folgezeit kam es unter Therapie mit Fettcreme zu einer langsamen Abheilung der Hautveränderungen; am 11.07.2008 war kein pathologischer Befund mehr zu erheben (Bericht der Universitäts-Hautklinik, Bl. 72 ff. VA). Verblieben sind nur noch kleine schwielenartige Hyperkeratosen (Verdickung der Hornschicht). Von der Firma R. wurde der Kläger in der Probezeit zum 11.07.2008 gekündigt. Seither hat er eine Tätigkeit als CNC-Fräser nicht mehr aufgenommen.
Mit Bescheid vom 09.12.2008 und Widerspruchsbescheid vom 06.05.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK Nr. 5101 Anlage 1 der BKV ab, weil jedenfalls kein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestanden habe.
Das hiergegen am 13.05.2009 angerufene Sozialgericht Freiburg hat ein fachärztlich-dermatologisches Gutachten bei Dr. H. mit ergänzender Stellungnahme eingeholt. Der Sachverständige hat auf Grund seiner im September/Oktober 2009 durchgeführten Untersuchungen keine genaue Diagnose stellen können und ist von einer bislang unklaren Hauterkrankung der rechten Hand in der Zeit vom 15.04. bis 11.07.2008 ohne zwischenzeitliche Rezidive ausgegangen. Er hat Sensibilisierungen vom Soforttyp gegen verschiedene Pollen und Gräser diagnostiziert, eine arbeitsplatzrelevante Sensibilisierung vom Spättyp ausgeschlossen, keine außerberuflichen Risikofaktoren erkennen können und dargestellt, dass auch aus seiner Sicht der Stoff Octylgallat nicht in den vom Kläger am Arbeitsplatz verwendeten Produkten, einschließlich der Hautpflegeprodukte, enthalten war. Als für die Frage des Kausalzusammenhangs übrig bleibend hat er auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Hauterscheinungen und dem Tätigkeitsbeginn bei der Firma R. und - bedingt - auf das Auftreten an den Fingerrücken der Finger und im Verlauf auch am Handrücken der rechten Hand hingewiesen. Allerdings spreche diese Lokalisation gegen ein kontaktallergisches Geschehen, das primär eher an den Fingerkuppen, Fingerbeugeseiten oder palmar zu vermuten sei (Kontaktstellen). Der vom Kläger verwendete Nitrilhandschuh habe zumindest am Handrücken keine deutliche Beschichtung aufgewiesen, sodass - weil für die am Arbeitsplatz verwendeten Substanzen ein PE- oder PVC-Handschuh empfohlen werde - hier eine toxische Komponente möglicherweise zur Entstehung der Hautveränderung beigetragen habe. Theoretisch sei auch eine bakterielle Kontamination der Handschuhe mit anschließender Pustulose der Haut denkbar. Einen objektiven Zwang zur Unterlassung aller Tätigkeiten hat er im Hinblick auf mögliche verbesserte Schutzmaßnahmen (u.a. Handschuhwechsel) verneint. Die MdE hat er, ausgehend von leichten Hauterscheinungen, nach dem "Bamberger Merkblatt" mit 10 v.H. angesetzt und hierbei den aktuellen Befund (keine Bläschen, keine Ekzeme, nur schwielenartige, unspezifische Hyperkeratosen) sowie den Verlauf der Erkrankung berücksichtigt.
Mit Urteil vom 26.11.2010 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass die Hauterkrankung des Klägers eine BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV ist. Es hat sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 09.12.2003, B 2 U 5/03 R in SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 1) sowie das Gutachten von Dr. H. berufen.
Gegen das ihr am 07.01.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.02.2011 Berufung eingelegt. Sie meint, entgegen der Annahme des Sozialgerichts komme der gerichtliche Sachverständige nicht zur Bejahung eines wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhangs. Es fehle auch am Aufgabezwang für die Feststellung der BK, insoweit interpretiere das Sozialgericht das herangezogene Urteil des BSG falsch. Jedenfalls habe keine messbare MdE vorgelegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.11.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und meint, auch persönliche Schutzmaßnahmen hätten es nicht ermöglicht, die Tätigkeit fortzuführen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht das Vorliegen einer BK Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV beim Kläger festgestellt. Die Voraussetzungen für eine derartige Feststellung liegen beim Kläger nicht vor.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VI begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung Erkrankungen als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV (BK 5101) schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Vorliegend fehlt es bereits an einer hinreichend genauen medizinischen Diagnose für die Feststellung der streitigen BK. Nach dem vom Sozialgericht eingeholten Gutachten ist völlig unklar, was für eine Hauterkrankung beim Kläger von April bis Juli 2008 aufgetreten war. Ist aber die Art der Hauterkrankung unbekannt, lassen sich auch keine substanziierten Kausalitätserwägungen anstellen. Dementsprechend kann - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil - auch keine Rede davon sein, dass der Kläger "unstreitig unter einer beruflich bedingten Hauterkrankung im Sinne der Nr. 5101" leide.
Vielmehr hat der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten die beim Kläger aufgetretenen Hauterscheinungen als unklare Hauterkrankung klassifiziert. In seiner ergänzenden Stellungnahme hat er als Palette der möglichen Diagnosen pustulose Dermatosen inkl. infektiöse Dermatosen/Pustulosen, pustulöse Psoriasis aber auch die Diagnose Cheiropompholyx (eine Art Ekzem) und toxische Dermatitiden sowie sonstige Dermatitiden der Akren (insbesondere mit der beim Kläger bestehenden Lebererkrankung zusammenhängend, die der Kläger gegenüber dem Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung selbst als Autoimunhepatitis klassifiziert hat) aufgeführt. Damit kommen zwar auch Hauterkrankungen in Betracht, die durch Einwirkungen am Arbeitsplatz - ebenso wie durch Einwirkungen im Privatleben - ausgelöst werden können, allerdings auch Hauterkrankungen, die mit derartigen Expositionen nicht in Zusammenhang stehen (nämlich beispielsweise eine Psoriasis bzw. Hauterscheinungen im Zusammenhang mit der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht als diagnostiziert angegebenen Autoimunhepatitis). Fehlt es aber an einer konkreten Diagnose der Hauterkrankung, lässt sich die Ätiologie der beim Kläger vorhanden gewesenen Hauterscheinungen schon im Ansatz nicht klären. Dies entzieht zugleich der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Hauterkrankung mit Einwirkungen (gleich ob am Arbeitsplatz oder im privaten Bereich) von vornherein den Boden.
Hinzu kommt, dass sämtliche Untersuchungen der Expositionen am Arbeitsplatz bei der Firma R. zu keinem positiven Ergebnis in Bezug auf mögliche Auslöser der Hauterscheinungen geführt haben. Einziger Ansatzpunkt für eine derartige schädliche Exposition ist der von der Universitätsklinik Freiburg als auffällig getestete Stoff Octygallat. Indessen konnte der Präventionsdienst der Beklagten in den von der Firma R. verwendeten Produkten diesen Stoff gerade nicht feststellen. Der gerichtliche Sachverständige hat nach entsprechender Recherche dieses Ergebnis bestätigt und insbesondere diesen Stoff auch in der vom Kläger am Arbeitsplatz verwendeten Hautschutzcreme ausgeschlossen.
Für einen ursächlichen Zusammenhang spricht somit - so auch der Sachverständige - lediglich ein gewisser zeitlicher (Auftreten erster Symptome ca. zwei Wochen nach Beginn der Tätigkeit bei der Firma R. ) und örtlicher (an der rechten Hand, mit der der Kläger seine Arbeit verrichtete) Zusammenhang mit der Tätigkeit. Soweit der Kläger ein Abklingen der Symptome in arbeitsfreien Zeitintervallen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit behauptet, ist dies ärztlich nicht bestätigt. Der Kläger befand sich erst ab dem 18.06.2008 wegen der Hauterscheinungen in hautärztlicher Behandlung und wurde ab diesem Zeitpunkt krankgeschrieben. Davor war er nur dreimal beim Hausarzt, der an Befunden lediglich "Hautentzündungen wie kl. Eiterpustel an der Hand" erhob (schriftliche Auskunft der Dres. Andreas und Porten, Bl. 35 VA). Damit lässt sich der Verlauf der Erkrankung vom Auftreten erster Symptome bis zur Arbeitsunfähigkeit nicht im Einzelnen klären. Im Ergebnis braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn ein zeitlich-örtlicher Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Auftreten von Krankheitssymptomen stellt keine hinreichende Begründung für einen Kausalzusammenhang dar. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass außerberufliche Ursachen nicht bekannt sind. Der ursächliche Zusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinn muss vielmehr sachlich-inhaltlich nachvollziehbar sein. Dementsprechend kann im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch nicht im Sinne eines Anscheinsbeweises aus dem Vorliegen einer bestimmten Einwirkung auf die berufliche Verursachung der Erkrankung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R), vielmehr muss der Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Insbesondere gibt es keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache und einem rein zeitlichen Zusammenhang die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O.). Dies gilt auch und gerade im Berufskrankheitenrecht, wo angesichts der multifaktoriellen Entstehung vieler Erkrankungen, der Länge der zu berücksichtigenden Zeiträume und des Fehlens eines typischerweise durch berufliche Einwirkungen verursachten Krankheitsbildes bei vielen BKen sich letztlich oft nur die Frage nach einer wesentlichen Mitverursachung der Erkrankung durch die versicherten Einwirkungen stellt. Aber auch hier gilt, dass es keinen Automatismus zur Bejahung des Ursachenzusammenhangs alleine auf Grund des Vorliegens entsprechender Einwirkungen und einer von der BK erfassten bzw. generell durch solche Einwirkungen hervorrufbaren Erkrankung gibt (BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 7/05 R). Dem entsprechend genügt es zur Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs im vorliegenden Fall nicht, dass eine diagnostisch ungeklärte Hauterscheinung zwei Wochen nach Beginn der Tätigkeit bei der Firma R. an der rechten Hand auftrat.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist - so auch der gerichtliche Sachverständige - auch ein Aufgabezwang zu verneinen. Zwar nahm der Kläger seine Tätigkeit als CNC-Fräser nicht mehr auf. Indessen ist dies allein nicht maßgebend. Entscheidend ist vorliegend, ob der Kläger durch die Erkrankung gezwungen war, diese Tätigkeit aufzugeben. Dies ist zu verneinen. Gegen diese Annahme spricht bereits der Umstand, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen beruflichen Expositionen und den Hauterscheinungen wahrscheinlich ist, sodass auch nicht festgestellt werden kann, dass Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz unwirksam geblieben wären. Im Übrigen hat Dr. H. in seinem Gutachten zu Recht darauf hingewiesen, dass - ausgehend von der Möglichkeit eines Kontaktekzems - die bis dahin angewandten Schutzmaßnahmen in Form der vom Kläger verwendeten Schutzhandschuhe nicht ausreichend waren. Hierfür spricht, dass der vom Kläger tatsächlich verwendete Nitrilhandschuh auf dem Handrücken keine Schutzbeschichtung aufwies. Gerade am Handrücken und den Rückseiten der Finger aber traten Hauterscheinungen auf, anders als - so zutreffend der gerichtliche Sachverständige - an den üblichen Kontaktstellen der Hand. Dies spricht einerseits dafür, dass die verwendeten Schutzhandschuhe - einen Kontakt mit Arbeitsstoffen als Ursache der Erscheinungen unterstellt - die Kontaktflächen der Hand ausreichend schützten und andererseits für die Annahme, dass - wiederum einen Kontakt mit Arbeitsstoffen als Ursache der Hauterscheinungen unterstellt - geeignete Schutzhandschuhe mit voller Beschichtung insbesondere auch des Handrückens einem erneuten Auftreten der Hauterscheinungen auf der Rückseite der Hand vorgebeugt hätten.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts lässt sich aus dem von ihm herangezogenen Urteil des BSG vom 09.12.2003 (a.a.O.) kein Aufgabezwang herleiten. Es bedarf an dieser Stelle keiner Ausführungen dazu, für welche Fallgestaltungen diese Rechtsprechung des BSG Anwendung findet (siehe hierzu aber das von der Beklagten angeführte Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 13.12.2007, L 6 U 1555/06: nicht bei in Rede stehenden persönlichen Schutzmaßnahmen wie insbesondere Handschuhen). Denn nach dieser Rechtsprechung des BSG wäre für den Zeitpunkt des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen zur Bejahung des Aufgabezwangs das Bestehen einer rentenberechtigenden MdE Voraussetzung. Schon dies ist beim Kläger nicht der Fall. In dem vom BSG entschiedenen Fall verfügte die dortige Klägerin bereits über einen Anspruch auf Verletztenrente aus anderem Rechtsgrund nach einer MdE um 20 v.H., sodass für sie rentenberechtigend eine MdE um 10 v.H. war (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII). Der Kläger dagegen verfügt über keinen solchen so genannten Stützrententatbestand, sodass für ihn eine MdE um 10 v.H., von der der Sachverständige und ihm folgend das Sozialgericht sowie der Kläger selbst nur ausgehen, nicht rentenberechtigend ist.
Hinzu kommt, dass der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen (MdE um 10 v.H.) nicht gefolgt werden kann. Denn die Hauterscheinungen an der rechten Hand, die im April 2008 auftraten, sind seit dem 11.07.2008 nahezu folgenlos abgeheilt. Dies ergibt sich zum einen aus dem von der Beklagten bei der Universitäts-Hautklinik eingeholten Befundbericht, wonach zu diesem Zeitpunkt keine Hauterscheinungen mehr festzustellen waren, und zum anderen aus dem vom Sachverständigen über ein Jahr später identisch erhobenen Befund. Danach lagen bei der Untersuchung durch Dr. H. im September/Oktober 2009 nur schwielenartige, unspezifische Hyperkeratosen vor, jedoch keine frischen Bläschen, keine Ekzeme. Dementsprechend kann entgegen der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen auch nicht von leichten Hauterscheinungen im Sinne der Empfehlungen zur Schätzung der MdE nach dem so genannten "Bamberger Merkblatt" (Begutachtungsempfehlungen für die Begutachtung von Haut- und Hautkrebserkrankungen, herausgegeben von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, Stand März 2009) ausgegangen werden, die - so die Tabelle auf Seite 27 - eine MdE um 10 v.H. rechtfertigen würden. Auf Seite 28/29 des "Bamberger Merkblatts" werden leichte Hauterscheinungen dahingehend definiert, dass es sich um krankhafte Hautveränderungen handeln muss, die bis zu drei Mal pro Jahr auftreten und bei adäquater dermatologischer Therapie und Mitwirkung des Patienten schnell wieder abheilen und / oder gering lichenifizierte oder gering atrophische Haut als Folgezustand eines langwierigen beruflichen Ekzems oder nach Cortikosteroidbehandlung und / oder dokumentierte krankhafte Hautveränderungen nach intensiver (irritativer, toxischer etc.) Hautbelastung. Keine dieser Varianten trifft auf den Kläger zu. Nach den dokumentierten Befunden des gerichtlichen Sachverständigen sind an der rechten Hand des Klägers lediglich schwielenartige Hyperkeratosen, also Verdickungen der Hornschicht verblieben und weitere Hauterscheinungen waren bis zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen auch nicht mehr aufgetreten. Grundlage der Beurteilung sind aber die Befunde "unter adäquaten therapeutischen Maßnahmen" (Seite 28 des "Bamberger Merkblatts"), hier also als Ergebnis der seitens der Universitäts-Hautklinik durchgeführten Therapie und damit der vom gerichtlichen Sachverständigen zum damaligen Zeitpunkt der Untersuchung seit dem 11.07.2008 unveränderte und weitgehend unauffällige Befund. Damit lag die MdE - jedenfalls bezogen auf den (fiktiven) Zeitpunkt des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen im Falle der Fortsetzung der Tätigkeit, also im Juli 2008 nach Abheilen der Hauterscheinungen - unter 10 v.H.
Auf diesen damaligen Zeitpunkt ist für die Frage einer "rentenberechtigenden MdE im Zeitpunkt des Wirksamwerdens von Schutzmaßnahmen" abzustellen. Eventuelle später erneut aufgetretene Hauterscheinungen ändern an der Bewertung der MdE für die Hauterkrankung zum damaligen Zeitpunkt nichts. Dies gilt auch für das vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht angegebene erneute Auftreten von Eiterpusteln im Oktober 2010 anlässlich einer Autoreparatur. Im Übrigen sind diese Erscheinungen zum einen nicht ärztlich dokumentiert und zum anderen genügt ein einmaliges Rezidiv ebenfalls nicht für die Annahme auch nur leichter Hauterscheinungen im o.g. Sinn.
Im Ergebnis kann somit weder ein ursächlicher Zusammenhang der Hauterscheinungen mit der beruflichen Tätigkeit noch ein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit bejaht werden. Auf die Berufung der Beklagten ist deshalb das Urteil des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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