L 12 SF 5172/09 E

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2184/09 KE
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 SF 5172/09 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Oktober 2009 (S 5 AS 2184/09 KE) wird verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Anwaltsvergütung nach der Beiordnung im Wege der Prozesskostenhilfe im Streit.

Im Ausgangsverfahren (S 5 AS 2426/07) bewilligte das Sozialgericht Konstanz (SG) Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Bevollmächtigten des Klägers bei. Das Verfahren endete durch einen Vergleich, in welchem die streitige Rückforderungssumme halbiert wurde und sich die Beklagte verpflichtete, die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu übernehmen.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragte die Festsetzung der Vergütung wie folgt: • Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR • Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR • Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR • Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR • Kopierkosten Nr. 7000 VV RVG 5,00 EUR • Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 111,15 EUR Gesamtsumme 696,15 EUR

Mit Beschluss vom 25. Mai 2009 setzte die Kostenbeamtin die im Rahmen der PKH auszuzahlende Vergütung auf 226,10 EUR fest. Da der Antrag auf PKH erst im November 2008 gestellt worden sei, könne die Terminsgebühr (Erörterungstermin 17. Dezember 2007) nicht gegenüber der Staatskasse festgesetzt werden.

Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat das SG mit Beschluss vom 20. Oktober 2010 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Terminsgebühr sowie Kopierkosten nicht zu berücksichtigen seien. Bei der Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse könne nur der Aufwand des Rechtsanwalts berücksichtigt werden, der nach Bewilligungsreife des PKH-Antrags angefallen sei. Der Erörterungstermin und die Fertigung von Kopien fielen nicht in den vergütungsfähigen Zeitraum. Eine Terminsgebühr sei auch nicht allein durch den Abschluss eines Vergleichs gerechtfertigt. Eine der Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG entsprechende Regelung enthalte die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV RVG nicht, ohne dass dies eine planwidrige Regelungslücke darstelle.

Hiergegen richtet sich die am 27. Oktober 2010 eingelegte Beschwerde. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der Hinweis auf § 178 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei im Hinblick auf die vorhergehenden Regelungen des Beschwerderechts nach § 172 ff. SGG nicht überzeugend. Grundsätzlich müsse gerade in Kostensachen die Beschwerdebefugnis gegen Entscheidungen des SG gewahrt sein.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig. Gemäß § 172 SGG findet gegen die Entscheidungen des SG mit Ausnahme der Urteile die Beschwerde statt, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist. Nach § 178 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht endgültig, wenn gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle das Gericht angerufen wird.

Ein solcher Fall liegt hier vor, nachdem das SG auf die Erinnerung gegen die Entscheidung seines Urkundsbeamten entschieden hat. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beschluss endgültig ist. Die Beschwerde gegen richterliche Beschlüsse im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG steht dem Beschwerdeführer nach dem Gesetz nicht zu.

Wegen des abschließenden Normengefüges der §§ 172 ff. SGG ist im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 55 RVG die Beschwerde an das LSG gegen die Entscheidung des SG grundsätzlich ausgeschlossen (Landessozialgericht (LSG) Berlin, Beschluss vom 28. Februar 2005 - L 9 B 166/02 KR -; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.12.2006 - L 8 B 4/06 SO SF -; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. April 2008 (alle juris) und ständige Senatsrechtsprechung, Beschlüsse vom 12. Juni 2007 und 14. Januar 2008, jeweils a.a.O.; vom 26. März 2008 - L 12 AS 1144/08 KO-B -; vom 19. Juni 2009 - L 12 AS 2241/09 KE -). Nach der grundlegenden Systematik des SGG sind auf eine Erinnerung ergangene Beschlüsse des SG unanfechtbar. Neben der Regelung des § 178 Satz 1 SGG sieht deshalb das SGG für das Kostenfestsetzungsverfahren in § 197 Abs. 2 SGG und in Verfahren zur Feststellung der Pauschgebühr in § 189 Abs. 2 SGG nur eine gerichtliche - endgültige - Entscheidung auf die Erinnerung gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten vor, nicht aber eine Beschwerdemöglichkeit gegen den auf die Erinnerung hin ergangenen Beschluss.

Die Beschwerdemöglichkeit nach § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 RVG ist danach nur in Verfahrensordnungen denkbar, die diese Beschwerdemöglichkeit nicht ihrerseits ausgeschlossen haben. Für Fragen der Statthaftigkeit von Rechtsbehelfen ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gegenüber dem SGG das allgemeinere Gesetz, womit dem SGG als dem spezielleren Gesetz der Vorrang gebührt (a.A. Bayer. LSG, Beschluss vom 18. Januar 2007 - L 15 B 224/06 -; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17. Juli 2008 - 1 B 127/08 -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. September 2008 - L 19 B 21/08 AS - (juris); Burkiczak, NJW 2010, 407, 410 f.). Dementsprechend kann das RVG in seinem verfahrensrechtlichen Teil nicht eine Gebührennachprüfungsinstanz schaffen, die es als solche in der Sozialgerichtsbarkeit ausdrücklich für den Bereich der Kostenentscheidungen nicht gibt.

Die Gegenauffassung, die damit argumentiert, dass § 178 Satz 1 SGG von dem spezielleren § 73a Abs. 1 SGG verdrängt werde (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29. Januar 2008 - L 1 B 35/07 AS -; LSG Thüringen, Beschluss vom 29. April 2008 - L 6 B 32/08 SF - (beide juris)), überzeugt nicht. § 73a SGG verweist lediglich auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) hinsichtlich der Prüfung der Prozesskostenhilfebewilligung als solcher, er verweist nicht auf das RVG. Der Anwendungsbereich des RVG ergibt sich aus dessen § 1. Danach bemisst sich die Vergütung für alle anwaltlichen Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach dem RVG. Prinzipiell sind daher auch im sozialgerichtlichen Verfahren die §§ 45 ff. RVG über die Vergütungsansprüche der beigeordneten Rechtsanwälte anwendbar, wenn PKH bewilligt wurde, ohne dass dies im SGG nochmals ausdrücklich hätte angeordnet werden müssen. Soweit indes das SGG Verfahrensregeln über die Kostenfestsetzung und die Rechtsmittel/Rechtsbehelfe dagegen enthält, besteht keine Grundlage für die subsidiäre Heranziehung anderer Gesetze. Dies entspricht auch der gesetzessystematischen Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzesgeschichte (vgl. hierzu ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Februar 2009 - L 15 SF 9/09 B - (juris)). Auch § 172 Abs. 3 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 26. März 2008 spricht gegen die Annahme einer Beschwerdemöglichkeit. Er schließt die Beschwerdemöglichkeit gegen die Ablehnung von PKH bei Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen aus mit dem Ziel einer Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit. Wenn die Hauptsacheentscheidung über die Gewährung von PKH nur noch in beschränktem Umfang anfechtbar ist, dürfte dies erst recht für PKH-Nebenverfahren gelten (vgl. hierzu auch Löffler, Anm. zu Beschluss des Thüring. LSG s.o., SGb 2008, 620, 623 f.).

Im Übrigen dient der vorliegende Ausschluss der Beschwerde der Einheitlichkeit des Verfahrens, weil nur so unterschiedliche Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 197 SGG und im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach §§ 55, 56 RVG vermieden werden können. Denn es ist kein vernünftiger Grund dafür erkennbar, dass in Kostenfestsetzungsverfahren gegen den unterlegenen Verfahrensgegner das SG endgültig über die Kosten entscheidet, in Verfahren über die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts gegenüber der Staatskasse aber seine Entscheidung mit der Beschwerde überprüfbar sein soll. Dies zeigt sich in den Fällen besonders deutlich, in denen - wie hier - nach der Bewilligung von PKH und einem teilweisen Obsiegen in der Hauptsache nur ein Teil der klägerischen außergerichtlichen Kosten von der Staatskasse und der Rest vom Verfahrensgegner zu tragen ist. Nur hinsichtlich des Kostenanteils, der von der Staatskasse zu tragen ist, könnte dann Beschwerde nach dem RVG zum LSG eingelegt werden, nicht jedoch hinsichtlich des Kostenanteils, der von der Beklagten zu tragen ist. Es liegt auf der Hand, dass insofern die Gefahr abweichender und widersprüchlicher Kostenentscheidungen hinsichtlich desselben Hauptsacheverfahrens besteht.

Auch das Argument, die §§ 193 ff. SGG seien vorliegend nicht einschlägig, da hierin nur die Kostentragung der Beteiligten untereinander geregelt werde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Sowohl in § 197 Abs. 2 SGG als auch in § 178 Satz 1 SGG und § 189 Abs. 2 SGG ist für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit einheitlich geregelt, dass auf Erinnerungen gegen Beschlüsse des Urkundsbeamten nur noch ein Rechtsbehelf am selben Gericht besteht.

Die vorliegende Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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