Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 3625/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 5939/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über die Aufhebung von Bewilligungen, die Erstattung von Leistungen und die Aufrechnung der Erstattungsforderung gegen Ansprüche auf laufende Leistungen.
Der am 30.11.1970 geborene Kläger bezog von dem beklagten Jobcenter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung).
Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 17.07.2009 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom selben Tag für September 2009 bis Februar 2010 monatlich EUR 456,38.
Der Kläger hatte am 17.07.2003 bei der "n.-Bank AG" (im Folgenden: Bank) einen Kreditvertrag ("easy credit") über anfangs EUR 14.776,34 netto abgeschlossen. In jenem Vertrag hatte sich der Kläger durch Ankreuzen damit einverstanden erklärt, dass "die Bank als Versicherungsnehmer mit mir (dem Kläger) als zu versichernde Person" eine Risikolebensversicherung und eine Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung bei der "V. Lebensversicherungs AG" (im Folgenden: Versicherung) abschließe. Für diese kombinierte Restschuldversicherung stellte die Bank dem Kläger zusätzlich EUR 965,71 in Rechnung, wodurch sich der Kreditbetrag (vor Zinsen) auf EUR 15.742,05 erhöhte. Wegen der weiteren Absprachen wird auf den Kreditvertrag verwiesen. Die Bank hatte dem Kläger damals auch die "Informationen der (Versicherung) über die Restschuldversicherung zum ‚easy credit‘ der (Bank)" überreicht. Jene Versicherungsbedingungen enthielten die Klausel (I 2): "Versicherungsnehmer ist der Darlehensgeber, versicherte Person ist/sind der/die Darlehensnehmer".
Der Kläger hatte die Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung seit 2003 mehrfach in Anspruch genommen. Ab dem 17.09.2009 war er erneut arbeitsunfähig. Die Versicherung teilte ihm mit Schreiben vom 21.12.2009 mit, sie übernehme ab dem 43. Tag der erneuten Arbeitsunfähigkeit die Kreditraten bei der Bank und werde den Leistungsbetrag "für die Zeit vom 29.10.2009 bis 31.12.2009 in Höhe von EUR 577,43" auf das Kreditkonto des Klägers bei der Bank überweisen. Mit weiterem Schreiben vom 30.12.2009 teilte sie eine entsprechende Auszahlung von EUR 153,38 für die Zeit vom 01.01. bis 17.01.2010 mit. Die beiden Auszahlungen wurden am 29.12.2009 und 05.01.2010 dem Kreditkonto des Klägers bei der Bank gutgeschrieben. Da der Kläger jedoch seine laufenden Kreditraten von monatlich EUR 271,00 zumindest bis 15.12.2010 regelmäßig gezahlt hatte (Kontoauszug vom 06.01.2010), während sein Girokonto, das er ebenfalls bei der Bank führte, erheblich überzogen war (Mahnschreiben der Bank vom 29.12.2009 wegen eines Negativsaldos von EUR 1.270,84) bat der Kläger die Bank, die Zahlungen der Versicherung von seinem Kredit- auf sein Girokonto umzubuchen. Dem kam die Bank nach und buchte die beiden Zahlungen am 08.01.2010 mit unveränderten Wertstellungen zum 29.12.2009 und 05.01.2010 um, wodurch der Negativsaldo auf den Girokonto von EUR 958,07 auf EUR 227,26 verringert wurde (Kontoauszug vom 11.01.2010). Nachdem der Kläger der Versicherung weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte, teilte ihm diese mit Schreiben vom 05.02.2010 mit, sie werde eine weitere Versicherungsleistung von EUR 1.894,69 auf das Kreditkonto überweisen, mit dieser Zahlung sei der Versicherungsfall abgeschlossen, der Kläger könne keine weiteren Ansprüche geltend machen. Diese Zahlung ging am 02.02.2010 mit Wertstellung zum selben Tag auf dem Kreditkonto ein und wurde - wiederum auf ein Bitte des Klägers hin - am 02.03.2010 (also einen Monat später) von dort auf das Girokonto umgebucht, wobei die Wertstellung beibehalten wurde. Der Saldo des Girokontos erhöhte sich hierdurch von minus EUR 960,34 auf plus EUR 899,45 (Kontoauszug vom 04.03.2010).
Der Kläger beantragte am 09.02.2010 bei dem Beklagten Fortzahlung. Er legte die Schreiben der Versicherung vom 21. und 30.12.2009 und auf Aufforderung des Beklagten hin das Schreiben vom 05.02.2010 und die Unterlagen über den Kredit- und den Versicherungsvertrag vor und erklärte den Ablauf hinsichtlich der Umbuchungen.
Mit Bescheid vom 22.02.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für März bis Juli 2010 monatlich wiederum EUR 456,38.
Auf zwei Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 09.03.2010 und 18.03.2010 hin legte der Kläger die genannten Kontoauszüge und auch zwei Schreiben der Bank an ihn vom 15.03.2010 und 19.03.2010 vor. In diesen Schreiben führte die Bank aus, die Zahlungen der Versicherung seien zunächst dem Kreditkonto gutgeschrieben worden, jedoch dann "kulanterweise" auf das Girokonto des Klägers umgebucht worden, um weiterhin die Kreditraten von dem Girokonto abbuchen zu können und um Überziehungen des eingeräumten Dispositionskredits und damit einhergehende "Mahnstufen und Weiterungen" zu vermeiden. Dies sei nur aus Kulanz geschehen, da die Versicherungsleistungen an die Bank "abgetreten" seien und der Kläger nur mit ihrer - der Bank - Zustimmung darüber verfügen könne.
Mit Bescheid vom 08.04.2010 hob der Beklagte die Bescheide vom 17.07.2009 und 22.02.2010 teilweise für die Zeiten vom 01.01.2009 (gemeint: 2010) bis 31.01.2010 und vom 01.03.2010 bis 31.03.2010 auf und forderte von dem Kläger Rückzahlung von Leistungen in Höhe von EUR 886,19. Er führte aus, dem Girokonto des Klägers seien am 08.01.2010 EUR 577,43 und EUR 153,38 und am 02.03.2010 EUR 1.894,69 zugeflossen. Von dem Girokonto seien am 19.01.2010 und am 15.03.2010 jeweils wieder EUR 271,00 dem Kreditkonto zugeführt worden. Der Rest der Versicherungsleistung habe dem Kläger im Januar und im März 2010 zum Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden. Diesen Zufluss an Einkommen habe der Kläger dem Beklagten nicht unverzüglich mitgeteilt, was auf ein mindestens grob fahrlässiges Verhalten hinweise. Deshalb seien die Bewilligungsbescheide hinsichtlich der beiden Monate nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben und die Erstattungsforderung von EUR 886,19 festzusetzen gewesen. Aus dem Berechnungsbogen, der dem Bescheid beigefügt war, war ersichtlich, dass von dem Erstattungsbetrag EUR 429,81 auf Januar und EUR 456,38 (volle Höhe) auf März 2010 entfielen. Der Beklagte kündigte in dem Bescheid auch an, den Erstattungsbetrag durch Aufrechnung gegen die zukünftigen Leistungsansprüche des Klägers in Höhe von EUR 107,70 monatlich zu tilgen. Dies geschah ab April 2010.
Der Kläger erhob Widerspruch (W 181/10) und verwies auf § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II (Nichtanrechenbarkeit zweckgebundenen Einkommens). Er trug vor, er habe den Beklagten in einem Telefonat im Januar 2010 über die Angelegenheit deutlich aufgeklärt und dann am 09.02.2010, dem frühesten vom Beklagten angebotenen Termin, die Unterlagen der Versicherung und die damals aktuellen Kontoauszüge vorgelegt. Er habe auch am 15.02.2010 eine Kreditrate von EUR 271,00 von seinem Girokonto aus gezahlt.
Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010, wobei er als Grundlage für die Aufhebungsentscheidung nunmehr § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nannte und ausführte, die Geldeingänge auf dem Girokonto seien anrechenbares Einkommen gewesen. Ein atypischer Fall liege nicht vor, sodass eine Ermessensausübung nicht notwendig sei. Die Entscheidung über die Aufrechnung der Erstattungsforderung mit den Leistungsansprüchen des Klägers beruhe auf § 43 SGB II.
Am 15.07.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, wegen der Kürzung seiner Leistungsansprüche auf EUR 356,68 monatlich ab April 2010 habe er seine monatlichen Kreditraten von EUR 271,00 nicht mehr tragen können, weswegen er ein Privatinsolvenzverfahren durchführen müsse.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat ausgeführt, die Versicherungsleistung habe dem selben Zweck gedient wie das Arbeitslosengeld II. Sie werde bei Arbeitsunfähigkeit ausbezahlt zur Sicherung von Rückzahlungsverpflichtungen aus einem Kreditvertrag. Diese Zahlungsverpflichtung sei dem Bereich des täglichen Lebens zuzuordnen. Käme man jedoch zu dem Schluss, es habe sich um eine zweckgebundene Leistung gehandelt, könne sie - hier - trotzdem nicht privilegiert werden, da der Kläger die Einnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet habe.
Hierzu hat der Kläger erwidernd vorgetragen, er habe die (überschießenden) Versicherungsleistungen dazu verwendet, fällige Rechnungen zu bezahlen, den erhöhten Kostenaufwand seiner langen Krankheit abzudecken und das überzogene Konto auszugleichen.
Der Kläger erhielt letztmalig für Juli 2010 (durch Aufrechnung verringerte) Leistungen. Ab dem 22.07.2010 trat er ein Arbeitsverhältnis an und erzielt seitdem ein bedarfsübersteigendes Einkommen. Den bei Leistungsende noch nicht beglichenen Teil der Erstattungsforderung von EUR 563,09 mahnte der Beklagte am 05.10.2010 bei ihm an, stellte dann jedoch die Beitreibung vorläufig ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Zuflüsse auf dem Girokonto in den beiden streitigen Monaten seien anrechenbares Einkommen gewesen. Sie hätten keinem anderen Zweck gedient als die Leistungen nach dem SGB II. Nach dem Versicherungsvertrag sei es zwar Zweck der Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung, den Versicherungsnehmer bei Arbeitsunfähigkeit finanziell in die Lage zu versetzen, weiterhin seiner Verpflichtung aus dem Kreditvertrag nachzukommen; damit sei jedoch nicht seine Verpflichtung verbunden, die Versicherungsleistungen tatsächlich auch hierfür zu verwenden. Wie er die Leistungen tatsächlich verwende, bleibe ihm überlassen. Dementsprechend habe die Versicherung die Leistungen auch ohne weitere Auflagen auf das Girokonto überwiesen und der Kläger habe über diese Einnahmen frei verfügt und u. a. andere Schulden getilgt. Anders wäre die Rechtslage nur dann, wenn z. B. die Kredittilgung in Höhe der Versicherungsleistung direkt vorgenommen worden wäre. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte die Leistungsbewilligungen zu Recht nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aufgehoben, wobei nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Ermessen nicht auszuüben gewesen sei. Ausführungen zu der Aufrechnungsentscheidung enthält der Gerichtsbescheid nicht.
Am 29.12.2010 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, die Versicherung habe die Versicherungsleistungen zur Kredittilgung direkt auf das Kreditkonto bei der Bank gezahlt. Die Bank habe lediglich aus Kulanz diese Leistungen auf das Girokonto umgebucht. Sie habe dies aber deswegen getan, damit weiterhin die Kreditraten von dem Girokonto aus hätten bezahlt werden können. Die Leistungen seien daher zweckgebunden gewesen. Außerdem weist der Kläger darauf hin, dass die erste Zahlung von EUR 577,43 bereits am 29.12.2009 und damit außerhalb des Aufhebungszeitraums gutgeschrieben worden sei. Zusätzlich trägt der Kläger vor, das Girokonto sei regelmäßig im Minus gewesen, sodass mit der Umbuchung lediglich Schulden getilgt worden seien. Die Bank habe auch regelmäßig gemahnt, den Sollstand auszugleichen. Es habe daher gar kein Einkommen vorgelegen, da die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits nicht verlangt werden könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01. Dezember 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 08. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2010 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, das Einkommen aus der "Umbuchung" sei anzurechnen gewesen. Auch die Tatsache, dass das Girokonto nicht ausgeglichen gewesen sei und mit der Umbuchung lediglich ein Schuldsaldo verringert worden sei, könne nicht dazu führen, dass der Einkommenszufluss nicht zu berücksichtigen sei. Ansonsten hätte jeder Lohnbezieher mit überzogenem Konto Leistungsansprüche. Außerdem habe der Kläger tatsächlich den Überziehungskredit nicht zurückgeführt, so habe der Saldo am 02.03.2011 (gemeint wohl: 2010) sogar bei minus EUR 1.416,72 gelegen. Außerdem weist der Beklagte darauf hin, dass die erste Zahlung durch die Versicherung erst am 08.01.2010 erfolgt sei, der 29.12.2009 sei lediglich das Datum der Wertstellung gewesen.
Der Berichterstatter des Senats hat den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und den Kläger persönlich angehört. Hierzu wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung am 03.05.2011 verwiesen.
Beide Seiten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere war sie angesichts der Beschwer des Klägers von EUR 886,19 nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig; sie ist aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) abgewiesen.
1. Soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen für Januar und März 2010 wendet, ist seine Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte konnte mit dem angegriffenen Bescheid vom 08.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids die Leistungsbewilligungen für Januar (teilweise) und März (ganz) 2010 aufheben (unten a) und einen Erstattungsbetrag von EUR 886,19 festsetzen (b).
a) Rechtsgrundlage der Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Hiernach kann eine Leistungsbewilligung aufgehoben werden, wenn der Anspruchsberechtigte nach der Bewilligung Einkommen erzielt, das seinen Leistungsanspruch mindert. Irgendeine Art von Ermessen ist hier nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III nicht auszuüben, auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Einkommensbeziehers kommt es nicht an.
aa) Allerdings war die ursprüngliche Überweisung der Versicherungssummen von der Versicherung auf das Kreditkonto des Klägers bei der Bank noch kein Einkommenszufluss des Klägers nach § 11 Abs. 1 SGB II a.F.
Einkommen ist nach § 11 Abs. 1 SGB II jede Einnahme in Geld oder Geldeswert. Bereits der Wortlaut des Begriffs "Einnahme" zeigt, dass nur solche Zuflüsse erfasst werden, auf die der Begünstigte rechtlich und tatsächlich zugreifen kann. Dies folgt auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift im Kontext des SGB II. Einkommen wird deshalb auf die Leistungsansprüche nach dem SGB II angerechnet, weil der Begünstigte damit aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und insoweit keiner Leistungen bedarf. § 11 Abs. 1 SGB II ist daher unter Berücksichtigung seines sozialrechtlichen Zwecks auszulegen. Der Begriff des Einkommens in dieser Norm setzt nach Auffassung des Senats voraus, dass die Einnahme dem Empfänger tatsächlich zufließt und er auch darüber verfügen kann, wobei eine solche faktische Verfügungsmacht eine rechtlich wirksame Verfügungsbefugnis voraussetzt.
Diese Voraussetzungen waren nach der Gutschrift der Versicherungsleistungen auf dem Kreditkonto nicht erfüllt. Nach den Versicherungsbedingungen war die Bank (alleinige) Versicherungsnehmerin der Restschuldversicherung, während der Kläger nur versicherte Person (bzw. "Versicherter") war. Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag stehen aber - grundsätzlich - nur dem Versicherungsnehmer zu. Es stand daher bereits der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung nur der Bank zu. Entsprechend hat die Versicherung mit der Zahlung auf das Kreditkonto des Klägers nur an die Bank geleistet und auch nur das Vermögen der Bank gemehrt. Der Kläger war an dieser Leistungsbeziehung unmittelbar nicht beteiligt. Sein Vorteil war allenfalls eine - weitere - Verringerung seiner Kreditverbindlichkeit, die aber - wie ausgeführt - kein verfügbares Einkommen bildet. Entsprechend fehlte dem Kläger auch die notwendige tatsächliche Verfügungsmacht. Er konnte auf die Versicherungsleistungen nicht zugreifen. Ein Kreditkonto, das nicht im Kontokorrent geführt wird und dessen Darlehen vollständig ausgezahlt worden ist, kann nicht mehr belastet werden. Der Darlehensnehmer ist nicht Gläubiger aus einem solchen Kontovertrag, sondern nur Schuldner, er kann von einem Kreditkonto nichts abheben.
bb) Der Beklagte hat jedoch nicht die Zahlungen der Versicherung auf das Kreditkonto des Klägers bei der Bank als Einkommen gewertet - deren erste tatsächlich schon am 29.12.2010 erfolgt war -, sondern die Umbuchung dieser Leistungen auf das Girokonto. Diese Umbuchungen auf das Girokonto wertet der Senat als Einkommen des Klägers nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.
(1) Diese Umbuchung stellte - auch zivilrechtlich - eine erhebliche Zäsur dar. Mit ihr erwarb der Kläger eine Verfügungsmacht über das Geld, denn er konnte es von seinem Girokonto abheben, entweder im Rahmen eines eingeräumten Dispositionskredits oder aber durch geduldete Überziehung des Saldos im Sinne von § 505 Abs. 1 BGB n.F. bzw. § 493 Abs. 2 BGB a.F. Wie der spätere Ablauf auch gezeigt hat, konnte der Kläger nunmehr die ursprüngliche Versicherungssumme für seinen allgemeinen Lebensunterhalt verwenden. Es war daher nunmehr eine geldwerte Einnahme und damit Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.
(2) Diese Einnahme war auch nicht ausnahmsweise nicht als Einkommen einzustufen:
(aa) Auch tatsächliche Zuflüsse sind ausnahmsweise nicht als Einnahmen anzusehen, wenn sie von vornherein mit einer Rückzahlungspflicht verbunden sind, da sie dann nicht endgültig zur Verwendung zur Verfügung stehen und deshalb nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Bestreitung des Lebensunterhalts auch nicht verwendet werden können. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 46/09 R, Juris Rn. 16) angenommen für darlehensweise gewährte Leistungen. Es hat allerdings gleichzeitig betont, dass an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags strenge Anforderungen zu stellen sind, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können (a.a.O., Rn. 21). Diese Entscheidung war noch zu der bis zum 30.12.2010 geltenden - und auch in diesem Verfahren einschlägigen - Rechtslage ergangen. Durch den mit Wirkung vom 01.04.2011 neu eingefügten § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II n.F. wird klargestellt, dass auch zufließende Darlehensbeträge aus Sozialleistungen, die dem Lebensunterhalt dienen, Einnahmen in Geldeswert darstellen. Die Regelung macht auch deutlich, dass ebenso wie das BSG auch der Gesetzgeber im Grundsatz davon ausgeht, dass Privatdarlehen kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II darstellen.
Dagegen steht es einer Bewertung eines Zuflusses als Einkommen nicht entgegen, wenn die Zahlung auf ein bereits im Soll stehendes Konto erfolgt und also letztlich nur - durch Aufrechnung der Bank oder durch Verrechnung im Kontokorrent - eine Verbindlichkeit des Empfängers getilgt wird. Wie bereits ausgeführt, ist nach Bürgerlichem Recht auch die (wirksame) Befreiung von einer Schuld ein Vermögenszuwachs des Begünstigten und damit eine Leistung im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, § 812 Rn. 10 m.w.N.). Entsprechend hat auch das BSG entschieden, dass sich der Charakter einer Leistung als Einkommen nicht dadurch ändert, dass sie dazu verwendet wird, einen zuvor aufgebauten Überziehungskredit zurückzuführen, weil es sich hierbei lediglich um eine bestimmte Form der Einkommensverwendung handelt (Urteil vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R, Juris Rn. 25). Dies gilt zumindest dann, wenn es dem Begünstigten möglich ist, den Geldeingang von dem Konto abzuheben - und damit den zuvor bestehenden Schuldsaldo wieder zu verursachen (so auch Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl. § 82 SGB XII Rn. 14 m.w.N.; weitergehend LSG-Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2011, L 13 AS 628/11 ER-B, Juris Rn. 5). Eine solche Abhebung trotz weiterhin im Minus befindlichen Saldos ist z. B. nach dem Eingang einer Sozialleistung möglich, weil die Bank hier gemäß § 55 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i.V.m. § 394 BGB den Zahlungseingang 14 Tage lang nicht (endgültig) mit dem Negativsaldo verrechnen oder aufrechnen darf (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 6). Nichts anderes gilt aber dann, wenn ein Dispositionskredit nicht ausgeschöpft ist oder die Bank eine - erneute - Überziehung weiterhin dulden würde. Hierdurch wird von einem Hilfebedürftigen im Sinne des SGB II nicht verlangt, dass er - erstmals - einen Kredit in Anspruch nimmt, um seinen Lebensunterhalt zu decken. Vielmehr wird nur verlangt, dass er auf den Vermögenszuwachs verzichtet, der in der Tilgung des bereits zuvor aufgelaufenen Negativsaldos auf seinem Konto läge (vgl. im Einzelnen LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 5).
(bb) Die Umbuchungen auf das Girokonto erfolgten nicht nur darlehensweise. Sie waren nicht mit einer Rückzahlungsverpflichtung des Klägers verbunden. Zwar hatte sich die Bank "ku-lanterweise" auch deshalb auf die Umbuchungen eingelassen, damit sie weiterhin die monatlichen Kreditraten von dem Girokonto einziehen konnte. Die Verpflichtung zur Tragung dieser Kreditraten war dem Kläger jedoch schon durch den Kreditvertrag aus dem Jahre 2003 erwachsen. Er und die Bank hatten keine zusätzliche, rechtlich bindende Vereinbarung getroffen, dass der Kläger gerade die Umbuchungsbeträge später wieder zurückzahlen musste. Der Bank kam es nur darauf an, dass die Kreditraten weiterhin getragen würden, aus welchem Zufluss beim Kläger auch immer. Insbesondere hatten der Kläger und die Bank im Umfeld der Umbuchungen keine - weiteren - Kreditverträge geschlossen, was ohnehin nur schriftlich hätte geschehen können (§ 492 Abs. 1 Satz 1 BGB). Welche schuldrechtliche Abrede der Umbuchung zu Grunde lag oder ob die Bank womöglich die Versicherungsleistung ohne Rechtsgrund auf das Girokonto umgebucht hat, kann hier offen bleiben. Jedenfalls wurde keine wirksame Rückzahlungsverpflichtung begründet, die über die schon bestehende Pflicht des Klägers zur Darlehenstilgung hinausgegangen wäre.
(cc) Der Einstufung als Einkommen stand auch nicht entgegen, dass die Umbuchungen im Januar vollständig und im März teilweise auf ein im Soll befindliches Girokonto erfolgten. Dem Kläger war gleichwohl eine jederzeitige Verwendung des Zuflusses möglich, eine "Kontensperre" oder dgl. hatte die Bank nicht verfügt. Dies zeigt sich schon darin, dass der Kläger über die Zuflüsse letztlich auch verfügt hat, zum Teil durch Abhebung, zum Teil dadurch, dass die laufenden Kreditraten von EUR 271,00 monatlich abgebucht werden konnten. Hieran ändert auch die Angabe der Bank in dem Schreiben vom 15.03.2010 nichts, der Kläger könne nur mit Zustimmung der Bank über die Versicherungsleistungen verfügen. Abgesehen davon, dass die rechtliche Begründung der Bank - die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen seien an sie "abgetreten" - nicht zutraf, hat die Bank gerade durch die Umbuchung auf das Girokonto eine freie Verfügungsmöglichkeit für den Kläger geschaffen und den späteren Abhebungen durch den Kläger auch nicht widersprochen.
cc) Dieses Einkommen des Klägers durch die Umbuchungen auf sein Girokonto war nicht als zweckbestimmte Einnahme mit einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II unberücksichtigt zu lassen (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F.).
(1) Allerdings wären die beiden hier in Rede stehenden Zwecke der Umbuchung - die Abbuchung der künftigen Kreditraten zu ermöglichen und allgemein den Negativsaldo und damit die Überziehungszinsen des Klägers zu verringern - andere Zwecke als sie die Leistungen nach dem SGB II verfolgen. Die Tilgung von Schulden und die Ermöglichung pünktlicher Kredittilgungen sind kein Leistungsziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
(2) Es fehlt jedoch an der "Bestimmung" eines solchen Zwecks im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F.
Nach der heutigen Regelung in § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. sind ohnehin nur noch öffentlich-rechtliche zweckgebundene Leistungen ggfs. anrechnungsfrei. Aber auch unter der im Streitzeitraum noch anwendbaren Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F. ergab sich eine relevante Zweckbestimmung regelmäßig aus einer öffentlich-rechtlichen Norm (vgl BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 16/06 R, Juris Rn. 16), allerdings konnten damals auch zweckbestimmte Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage hierunter fallen (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 47/08 R, Juris Rn. 20). Die für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben zu zweckbestimmten Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage bereits im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen wegen Verlusts des Arbeitsplatzes gefordert, dass eine Vereinbarung vorhanden sein muss, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zweck (privatrechtlicher Verwendungszweck) verwendet werden soll (BSG, Urteil vom 03.03.2009, a.a.O., Rn. 21). Gemeint ist eine echte zivilrechtliche Abrede in Vertragscharakter oder zumindest eine solche Absprache, die zwar keine unmittelbaren Rückzahlungsansprüche bei einer zweckwidrigen Verwendung auslöst, aber zumindest Ansprüche des Leistenden wegen Zweckverfehlung aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 BGB (condictio ob rem) oder zumindest Ansprüche auf Anpassung der Leistungsbeziehung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) auslöst. Eine rechtlich völlig unwirksame Zweckvereinbarung oder eine nur innere Erwartung des Leistenden, der Empfänger werde die Zuwendung in einer bestimmten Weise verwenden, genügt nicht. Hierin läge keine "Zweckbestimmung" im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F. Als tragfähige Indizien für eine solche Zweckbestimmung kann es gewertet werden, wenn die Leistung der Höhe nach genau dem notwendigen Bedarf entspricht, wenn sie in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu der Bedarfsentstehung erbracht wird oder wenn die von dem Leistenden unmittelbar zur Bedarfsbefriedigung geleistet wird, also z. B. als Leistung eines Dritten i.S.v. §§ 267, 268 BGB (so auch das LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.04.2010, L 7 AS 5268/09, Juris Rn. 50).
Eine solche Abrede zwischen dem Kläger und der Bank vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Bank hat selbst vorgebracht, in erster Linie aus "Kulanz" gehandelt zu haben, also mit der Umbuchung den Interessen des Klägers gedient zu haben. Es war allenfalls ihre Erwartung, dass mit diesen Umbuchungen auch die weiteren Kreditraten problemlos würden eingezogen werden können und dass sich der Negativsaldo verringere. Eine bindende Absprache, dass der Kläger die Umbuchungen nur für die weiteren Kreditraten verwenden und das Konto nicht wieder überziehen durfte, wurde nicht geschlossen. Entsprechend hat die Bank auch die sofortigen erneuten Überziehungen des Kontos nicht unterbunden. Vor allem sprechen gegen eine Zweckbestimmung die genannten Indizien: Die Umbuchungen erfolgten jeweils in einer Höhe, die nicht notwendig war, um die (nächste) Kreditrate zu tragen, und die nicht ausreichte (im Januar) bzw. höher war als nötig (im März), um das Konto auf Null zu setzen. Es bestand auch kein zeitlicher Zusammenhang: Die Umbuchungen erfolgten am 08.01. und 02.03.2010, während die Kreditraten monatlich zum 15. abgebucht werden sollten. Und selbst wenn man hier eine Zweckvereinbarung sähe, so hätte sich diese nur auf jene Höhe der Umbuchungen erstreckt, die für die jeweils nächste fällige Kreditrate notwendig war, jedoch nicht auf künftige Raten, denn es war bei den Umbuchungen nicht absehbar, dass der Kläger die Versicherungsleistung ggfs. auch zur Begleichung zukünftiger Kreditraten benötigen würde. Die beiden in den streitigen Monaten - Januar und März 2010 - fälligen Kreditraten aber hat der Beklagte in seiner Aufhebungsentscheidung sogar berücksichtigt. Es kann daher offen bleiben, ob er hierzu verpflichtet war.
dd) Gegen die Höhe, in der der Beklagte die Leistungsbewilligungen für Januar und März 2010 aufgehoben hat, sind Einwände nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.
b) Die Erstattungsforderung gründet sich in der Folge der rechtmäßigen Aufhebungsentscheidung auf § 50 Abs. 1 SGB X.
2. Ob die Anfechtungsklage auch hinsichtlich der Aufrechnungsentscheidung des Beklagten in dem angegriffenen Bescheid rechtmäßig wäre, lässt der Senat offen. Sie ist zumindest unzulässig und war dies auch schon zur Zeit der Entscheidung des SG am 01.12.2010. Der Kläger ist durch die Aufrechnungsentscheidung des Beklagten nicht (mehr) im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Beklagte hat die Aufrechnung, die er ausweislich der Begründung des Widerspruchsbescheids auf § 43 Satz 1 SGB II gestützt hat, ab April 2010 in Höhe von EUR 107,70 monatlich vollzogen. Nachdem der Kläger Ende Juli 2010 aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war und der Beklagte den offenen Restbetrag am 05.10.2010 - zunächst - unmittelbar beitreiben wollte, hat sich die Aufrechnungsentscheidung in dem angegriffenen Bescheid, ihren Charakter als Verwaltungsakt unterstellt, erledigt und ist daher nach § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden. Selbst wenn der Kläger später wieder Leistungen des Beklagten beziehen sollte, hätte die hiesige Aufrechnungsentscheidung keine Wirkung mehr. Vielmehr müsste der Beklagte erneut - anfechtbar - die Aufrechnung verfügen, da solche Entscheidungen nach § 43 Satz 1 SGB II immer nur für die Dauer des laufenden Bewilligungszeitraums gelten (vgl. Conradis in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 43 Rn. 18).
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Das Urteil beruht im Wesentlichen auf einer dem Tatrichter vorbehaltenen tatsächlichen und rechtlichen Würdigung der Umbuchung vom Kredit- auf das Girokonto des Klägers.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über die Aufhebung von Bewilligungen, die Erstattung von Leistungen und die Aufrechnung der Erstattungsforderung gegen Ansprüche auf laufende Leistungen.
Der am 30.11.1970 geborene Kläger bezog von dem beklagten Jobcenter Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Arbeitslosengeld II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung).
Auf seinen Fortzahlungsantrag vom 17.07.2009 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom selben Tag für September 2009 bis Februar 2010 monatlich EUR 456,38.
Der Kläger hatte am 17.07.2003 bei der "n.-Bank AG" (im Folgenden: Bank) einen Kreditvertrag ("easy credit") über anfangs EUR 14.776,34 netto abgeschlossen. In jenem Vertrag hatte sich der Kläger durch Ankreuzen damit einverstanden erklärt, dass "die Bank als Versicherungsnehmer mit mir (dem Kläger) als zu versichernde Person" eine Risikolebensversicherung und eine Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung bei der "V. Lebensversicherungs AG" (im Folgenden: Versicherung) abschließe. Für diese kombinierte Restschuldversicherung stellte die Bank dem Kläger zusätzlich EUR 965,71 in Rechnung, wodurch sich der Kreditbetrag (vor Zinsen) auf EUR 15.742,05 erhöhte. Wegen der weiteren Absprachen wird auf den Kreditvertrag verwiesen. Die Bank hatte dem Kläger damals auch die "Informationen der (Versicherung) über die Restschuldversicherung zum ‚easy credit‘ der (Bank)" überreicht. Jene Versicherungsbedingungen enthielten die Klausel (I 2): "Versicherungsnehmer ist der Darlehensgeber, versicherte Person ist/sind der/die Darlehensnehmer".
Der Kläger hatte die Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung seit 2003 mehrfach in Anspruch genommen. Ab dem 17.09.2009 war er erneut arbeitsunfähig. Die Versicherung teilte ihm mit Schreiben vom 21.12.2009 mit, sie übernehme ab dem 43. Tag der erneuten Arbeitsunfähigkeit die Kreditraten bei der Bank und werde den Leistungsbetrag "für die Zeit vom 29.10.2009 bis 31.12.2009 in Höhe von EUR 577,43" auf das Kreditkonto des Klägers bei der Bank überweisen. Mit weiterem Schreiben vom 30.12.2009 teilte sie eine entsprechende Auszahlung von EUR 153,38 für die Zeit vom 01.01. bis 17.01.2010 mit. Die beiden Auszahlungen wurden am 29.12.2009 und 05.01.2010 dem Kreditkonto des Klägers bei der Bank gutgeschrieben. Da der Kläger jedoch seine laufenden Kreditraten von monatlich EUR 271,00 zumindest bis 15.12.2010 regelmäßig gezahlt hatte (Kontoauszug vom 06.01.2010), während sein Girokonto, das er ebenfalls bei der Bank führte, erheblich überzogen war (Mahnschreiben der Bank vom 29.12.2009 wegen eines Negativsaldos von EUR 1.270,84) bat der Kläger die Bank, die Zahlungen der Versicherung von seinem Kredit- auf sein Girokonto umzubuchen. Dem kam die Bank nach und buchte die beiden Zahlungen am 08.01.2010 mit unveränderten Wertstellungen zum 29.12.2009 und 05.01.2010 um, wodurch der Negativsaldo auf den Girokonto von EUR 958,07 auf EUR 227,26 verringert wurde (Kontoauszug vom 11.01.2010). Nachdem der Kläger der Versicherung weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte, teilte ihm diese mit Schreiben vom 05.02.2010 mit, sie werde eine weitere Versicherungsleistung von EUR 1.894,69 auf das Kreditkonto überweisen, mit dieser Zahlung sei der Versicherungsfall abgeschlossen, der Kläger könne keine weiteren Ansprüche geltend machen. Diese Zahlung ging am 02.02.2010 mit Wertstellung zum selben Tag auf dem Kreditkonto ein und wurde - wiederum auf ein Bitte des Klägers hin - am 02.03.2010 (also einen Monat später) von dort auf das Girokonto umgebucht, wobei die Wertstellung beibehalten wurde. Der Saldo des Girokontos erhöhte sich hierdurch von minus EUR 960,34 auf plus EUR 899,45 (Kontoauszug vom 04.03.2010).
Der Kläger beantragte am 09.02.2010 bei dem Beklagten Fortzahlung. Er legte die Schreiben der Versicherung vom 21. und 30.12.2009 und auf Aufforderung des Beklagten hin das Schreiben vom 05.02.2010 und die Unterlagen über den Kredit- und den Versicherungsvertrag vor und erklärte den Ablauf hinsichtlich der Umbuchungen.
Mit Bescheid vom 22.02.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger für März bis Juli 2010 monatlich wiederum EUR 456,38.
Auf zwei Aufforderungsschreiben des Beklagten vom 09.03.2010 und 18.03.2010 hin legte der Kläger die genannten Kontoauszüge und auch zwei Schreiben der Bank an ihn vom 15.03.2010 und 19.03.2010 vor. In diesen Schreiben führte die Bank aus, die Zahlungen der Versicherung seien zunächst dem Kreditkonto gutgeschrieben worden, jedoch dann "kulanterweise" auf das Girokonto des Klägers umgebucht worden, um weiterhin die Kreditraten von dem Girokonto abbuchen zu können und um Überziehungen des eingeräumten Dispositionskredits und damit einhergehende "Mahnstufen und Weiterungen" zu vermeiden. Dies sei nur aus Kulanz geschehen, da die Versicherungsleistungen an die Bank "abgetreten" seien und der Kläger nur mit ihrer - der Bank - Zustimmung darüber verfügen könne.
Mit Bescheid vom 08.04.2010 hob der Beklagte die Bescheide vom 17.07.2009 und 22.02.2010 teilweise für die Zeiten vom 01.01.2009 (gemeint: 2010) bis 31.01.2010 und vom 01.03.2010 bis 31.03.2010 auf und forderte von dem Kläger Rückzahlung von Leistungen in Höhe von EUR 886,19. Er führte aus, dem Girokonto des Klägers seien am 08.01.2010 EUR 577,43 und EUR 153,38 und am 02.03.2010 EUR 1.894,69 zugeflossen. Von dem Girokonto seien am 19.01.2010 und am 15.03.2010 jeweils wieder EUR 271,00 dem Kreditkonto zugeführt worden. Der Rest der Versicherungsleistung habe dem Kläger im Januar und im März 2010 zum Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden. Diesen Zufluss an Einkommen habe der Kläger dem Beklagten nicht unverzüglich mitgeteilt, was auf ein mindestens grob fahrlässiges Verhalten hinweise. Deshalb seien die Bewilligungsbescheide hinsichtlich der beiden Monate nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuheben und die Erstattungsforderung von EUR 886,19 festzusetzen gewesen. Aus dem Berechnungsbogen, der dem Bescheid beigefügt war, war ersichtlich, dass von dem Erstattungsbetrag EUR 429,81 auf Januar und EUR 456,38 (volle Höhe) auf März 2010 entfielen. Der Beklagte kündigte in dem Bescheid auch an, den Erstattungsbetrag durch Aufrechnung gegen die zukünftigen Leistungsansprüche des Klägers in Höhe von EUR 107,70 monatlich zu tilgen. Dies geschah ab April 2010.
Der Kläger erhob Widerspruch (W 181/10) und verwies auf § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II (Nichtanrechenbarkeit zweckgebundenen Einkommens). Er trug vor, er habe den Beklagten in einem Telefonat im Januar 2010 über die Angelegenheit deutlich aufgeklärt und dann am 09.02.2010, dem frühesten vom Beklagten angebotenen Termin, die Unterlagen der Versicherung und die damals aktuellen Kontoauszüge vorgelegt. Er habe auch am 15.02.2010 eine Kreditrate von EUR 271,00 von seinem Girokonto aus gezahlt.
Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010, wobei er als Grundlage für die Aufhebungsentscheidung nunmehr § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nannte und ausführte, die Geldeingänge auf dem Girokonto seien anrechenbares Einkommen gewesen. Ein atypischer Fall liege nicht vor, sodass eine Ermessensausübung nicht notwendig sei. Die Entscheidung über die Aufrechnung der Erstattungsforderung mit den Leistungsansprüchen des Klägers beruhe auf § 43 SGB II.
Am 15.07.2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Er hat vorgetragen, wegen der Kürzung seiner Leistungsansprüche auf EUR 356,68 monatlich ab April 2010 habe er seine monatlichen Kreditraten von EUR 271,00 nicht mehr tragen können, weswegen er ein Privatinsolvenzverfahren durchführen müsse.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat ausgeführt, die Versicherungsleistung habe dem selben Zweck gedient wie das Arbeitslosengeld II. Sie werde bei Arbeitsunfähigkeit ausbezahlt zur Sicherung von Rückzahlungsverpflichtungen aus einem Kreditvertrag. Diese Zahlungsverpflichtung sei dem Bereich des täglichen Lebens zuzuordnen. Käme man jedoch zu dem Schluss, es habe sich um eine zweckgebundene Leistung gehandelt, könne sie - hier - trotzdem nicht privilegiert werden, da der Kläger die Einnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts verwendet habe.
Hierzu hat der Kläger erwidernd vorgetragen, er habe die (überschießenden) Versicherungsleistungen dazu verwendet, fällige Rechnungen zu bezahlen, den erhöhten Kostenaufwand seiner langen Krankheit abzudecken und das überzogene Konto auszugleichen.
Der Kläger erhielt letztmalig für Juli 2010 (durch Aufrechnung verringerte) Leistungen. Ab dem 22.07.2010 trat er ein Arbeitsverhältnis an und erzielt seitdem ein bedarfsübersteigendes Einkommen. Den bei Leistungsende noch nicht beglichenen Teil der Erstattungsforderung von EUR 563,09 mahnte der Beklagte am 05.10.2010 bei ihm an, stellte dann jedoch die Beitreibung vorläufig ein.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.12.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Zuflüsse auf dem Girokonto in den beiden streitigen Monaten seien anrechenbares Einkommen gewesen. Sie hätten keinem anderen Zweck gedient als die Leistungen nach dem SGB II. Nach dem Versicherungsvertrag sei es zwar Zweck der Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung, den Versicherungsnehmer bei Arbeitsunfähigkeit finanziell in die Lage zu versetzen, weiterhin seiner Verpflichtung aus dem Kreditvertrag nachzukommen; damit sei jedoch nicht seine Verpflichtung verbunden, die Versicherungsleistungen tatsächlich auch hierfür zu verwenden. Wie er die Leistungen tatsächlich verwende, bleibe ihm überlassen. Dementsprechend habe die Versicherung die Leistungen auch ohne weitere Auflagen auf das Girokonto überwiesen und der Kläger habe über diese Einnahmen frei verfügt und u. a. andere Schulden getilgt. Anders wäre die Rechtslage nur dann, wenn z. B. die Kredittilgung in Höhe der Versicherungsleistung direkt vorgenommen worden wäre. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte die Leistungsbewilligungen zu Recht nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aufgehoben, wobei nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Ermessen nicht auszuüben gewesen sei. Ausführungen zu der Aufrechnungsentscheidung enthält der Gerichtsbescheid nicht.
Am 29.12.2010 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, die Versicherung habe die Versicherungsleistungen zur Kredittilgung direkt auf das Kreditkonto bei der Bank gezahlt. Die Bank habe lediglich aus Kulanz diese Leistungen auf das Girokonto umgebucht. Sie habe dies aber deswegen getan, damit weiterhin die Kreditraten von dem Girokonto aus hätten bezahlt werden können. Die Leistungen seien daher zweckgebunden gewesen. Außerdem weist der Kläger darauf hin, dass die erste Zahlung von EUR 577,43 bereits am 29.12.2009 und damit außerhalb des Aufhebungszeitraums gutgeschrieben worden sei. Zusätzlich trägt der Kläger vor, das Girokonto sei regelmäßig im Minus gewesen, sodass mit der Umbuchung lediglich Schulden getilgt worden seien. Die Bank habe auch regelmäßig gemahnt, den Sollstand auszugleichen. Es habe daher gar kein Einkommen vorgelegen, da die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits nicht verlangt werden könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01. Dezember 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 08. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juni 2010 aufzuheben, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, das Einkommen aus der "Umbuchung" sei anzurechnen gewesen. Auch die Tatsache, dass das Girokonto nicht ausgeglichen gewesen sei und mit der Umbuchung lediglich ein Schuldsaldo verringert worden sei, könne nicht dazu führen, dass der Einkommenszufluss nicht zu berücksichtigen sei. Ansonsten hätte jeder Lohnbezieher mit überzogenem Konto Leistungsansprüche. Außerdem habe der Kläger tatsächlich den Überziehungskredit nicht zurückgeführt, so habe der Saldo am 02.03.2011 (gemeint wohl: 2010) sogar bei minus EUR 1.416,72 gelegen. Außerdem weist der Beklagte darauf hin, dass die erste Zahlung durch die Versicherung erst am 08.01.2010 erfolgt sei, der 29.12.2009 sei lediglich das Datum der Wertstellung gewesen.
Der Berichterstatter des Senats hat den Sachverhalt mit den Beteiligten erörtert und den Kläger persönlich angehört. Hierzu wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung am 03.05.2011 verwiesen.
Beide Seiten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere war sie angesichts der Beschwer des Klägers von EUR 886,19 nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig; sie ist aber nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG die Anfechtungsklage des Klägers (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG) abgewiesen.
1. Soweit sich der Kläger gegen die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen für Januar und März 2010 wendet, ist seine Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Die Beklagte konnte mit dem angegriffenen Bescheid vom 08.04.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids die Leistungsbewilligungen für Januar (teilweise) und März (ganz) 2010 aufheben (unten a) und einen Erstattungsbetrag von EUR 886,19 festsetzen (b).
a) Rechtsgrundlage der Aufhebung ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Hiernach kann eine Leistungsbewilligung aufgehoben werden, wenn der Anspruchsberechtigte nach der Bewilligung Einkommen erzielt, das seinen Leistungsanspruch mindert. Irgendeine Art von Ermessen ist hier nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III nicht auszuüben, auf ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Einkommensbeziehers kommt es nicht an.
aa) Allerdings war die ursprüngliche Überweisung der Versicherungssummen von der Versicherung auf das Kreditkonto des Klägers bei der Bank noch kein Einkommenszufluss des Klägers nach § 11 Abs. 1 SGB II a.F.
Einkommen ist nach § 11 Abs. 1 SGB II jede Einnahme in Geld oder Geldeswert. Bereits der Wortlaut des Begriffs "Einnahme" zeigt, dass nur solche Zuflüsse erfasst werden, auf die der Begünstigte rechtlich und tatsächlich zugreifen kann. Dies folgt auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift im Kontext des SGB II. Einkommen wird deshalb auf die Leistungsansprüche nach dem SGB II angerechnet, weil der Begünstigte damit aus eigenen Kräften seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und insoweit keiner Leistungen bedarf. § 11 Abs. 1 SGB II ist daher unter Berücksichtigung seines sozialrechtlichen Zwecks auszulegen. Der Begriff des Einkommens in dieser Norm setzt nach Auffassung des Senats voraus, dass die Einnahme dem Empfänger tatsächlich zufließt und er auch darüber verfügen kann, wobei eine solche faktische Verfügungsmacht eine rechtlich wirksame Verfügungsbefugnis voraussetzt.
Diese Voraussetzungen waren nach der Gutschrift der Versicherungsleistungen auf dem Kreditkonto nicht erfüllt. Nach den Versicherungsbedingungen war die Bank (alleinige) Versicherungsnehmerin der Restschuldversicherung, während der Kläger nur versicherte Person (bzw. "Versicherter") war. Ansprüche aus einem Versicherungsvertrag stehen aber - grundsätzlich - nur dem Versicherungsnehmer zu. Es stand daher bereits der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung nur der Bank zu. Entsprechend hat die Versicherung mit der Zahlung auf das Kreditkonto des Klägers nur an die Bank geleistet und auch nur das Vermögen der Bank gemehrt. Der Kläger war an dieser Leistungsbeziehung unmittelbar nicht beteiligt. Sein Vorteil war allenfalls eine - weitere - Verringerung seiner Kreditverbindlichkeit, die aber - wie ausgeführt - kein verfügbares Einkommen bildet. Entsprechend fehlte dem Kläger auch die notwendige tatsächliche Verfügungsmacht. Er konnte auf die Versicherungsleistungen nicht zugreifen. Ein Kreditkonto, das nicht im Kontokorrent geführt wird und dessen Darlehen vollständig ausgezahlt worden ist, kann nicht mehr belastet werden. Der Darlehensnehmer ist nicht Gläubiger aus einem solchen Kontovertrag, sondern nur Schuldner, er kann von einem Kreditkonto nichts abheben.
bb) Der Beklagte hat jedoch nicht die Zahlungen der Versicherung auf das Kreditkonto des Klägers bei der Bank als Einkommen gewertet - deren erste tatsächlich schon am 29.12.2010 erfolgt war -, sondern die Umbuchung dieser Leistungen auf das Girokonto. Diese Umbuchungen auf das Girokonto wertet der Senat als Einkommen des Klägers nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.
(1) Diese Umbuchung stellte - auch zivilrechtlich - eine erhebliche Zäsur dar. Mit ihr erwarb der Kläger eine Verfügungsmacht über das Geld, denn er konnte es von seinem Girokonto abheben, entweder im Rahmen eines eingeräumten Dispositionskredits oder aber durch geduldete Überziehung des Saldos im Sinne von § 505 Abs. 1 BGB n.F. bzw. § 493 Abs. 2 BGB a.F. Wie der spätere Ablauf auch gezeigt hat, konnte der Kläger nunmehr die ursprüngliche Versicherungssumme für seinen allgemeinen Lebensunterhalt verwenden. Es war daher nunmehr eine geldwerte Einnahme und damit Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F.
(2) Diese Einnahme war auch nicht ausnahmsweise nicht als Einkommen einzustufen:
(aa) Auch tatsächliche Zuflüsse sind ausnahmsweise nicht als Einnahmen anzusehen, wenn sie von vornherein mit einer Rückzahlungspflicht verbunden sind, da sie dann nicht endgültig zur Verwendung zur Verfügung stehen und deshalb nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Bestreitung des Lebensunterhalts auch nicht verwendet werden können. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 17.06.2010, B 14 AS 46/09 R, Juris Rn. 16) angenommen für darlehensweise gewährte Leistungen. Es hat allerdings gleichzeitig betont, dass an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags strenge Anforderungen zu stellen sind, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können (a.a.O., Rn. 21). Diese Entscheidung war noch zu der bis zum 30.12.2010 geltenden - und auch in diesem Verfahren einschlägigen - Rechtslage ergangen. Durch den mit Wirkung vom 01.04.2011 neu eingefügten § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II n.F. wird klargestellt, dass auch zufließende Darlehensbeträge aus Sozialleistungen, die dem Lebensunterhalt dienen, Einnahmen in Geldeswert darstellen. Die Regelung macht auch deutlich, dass ebenso wie das BSG auch der Gesetzgeber im Grundsatz davon ausgeht, dass Privatdarlehen kein Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II darstellen.
Dagegen steht es einer Bewertung eines Zuflusses als Einkommen nicht entgegen, wenn die Zahlung auf ein bereits im Soll stehendes Konto erfolgt und also letztlich nur - durch Aufrechnung der Bank oder durch Verrechnung im Kontokorrent - eine Verbindlichkeit des Empfängers getilgt wird. Wie bereits ausgeführt, ist nach Bürgerlichem Recht auch die (wirksame) Befreiung von einer Schuld ein Vermögenszuwachs des Begünstigten und damit eine Leistung im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 BGB (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, § 812 Rn. 10 m.w.N.). Entsprechend hat auch das BSG entschieden, dass sich der Charakter einer Leistung als Einkommen nicht dadurch ändert, dass sie dazu verwendet wird, einen zuvor aufgebauten Überziehungskredit zurückzuführen, weil es sich hierbei lediglich um eine bestimmte Form der Einkommensverwendung handelt (Urteil vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R, Juris Rn. 25). Dies gilt zumindest dann, wenn es dem Begünstigten möglich ist, den Geldeingang von dem Konto abzuheben - und damit den zuvor bestehenden Schuldsaldo wieder zu verursachen (so auch Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl. § 82 SGB XII Rn. 14 m.w.N.; weitergehend LSG-Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.02.2011, L 13 AS 628/11 ER-B, Juris Rn. 5). Eine solche Abhebung trotz weiterhin im Minus befindlichen Saldos ist z. B. nach dem Eingang einer Sozialleistung möglich, weil die Bank hier gemäß § 55 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) i.V.m. § 394 BGB den Zahlungseingang 14 Tage lang nicht (endgültig) mit dem Negativsaldo verrechnen oder aufrechnen darf (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 6). Nichts anderes gilt aber dann, wenn ein Dispositionskredit nicht ausgeschöpft ist oder die Bank eine - erneute - Überziehung weiterhin dulden würde. Hierdurch wird von einem Hilfebedürftigen im Sinne des SGB II nicht verlangt, dass er - erstmals - einen Kredit in Anspruch nimmt, um seinen Lebensunterhalt zu decken. Vielmehr wird nur verlangt, dass er auf den Vermögenszuwachs verzichtet, der in der Tilgung des bereits zuvor aufgelaufenen Negativsaldos auf seinem Konto läge (vgl. im Einzelnen LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 5).
(bb) Die Umbuchungen auf das Girokonto erfolgten nicht nur darlehensweise. Sie waren nicht mit einer Rückzahlungsverpflichtung des Klägers verbunden. Zwar hatte sich die Bank "ku-lanterweise" auch deshalb auf die Umbuchungen eingelassen, damit sie weiterhin die monatlichen Kreditraten von dem Girokonto einziehen konnte. Die Verpflichtung zur Tragung dieser Kreditraten war dem Kläger jedoch schon durch den Kreditvertrag aus dem Jahre 2003 erwachsen. Er und die Bank hatten keine zusätzliche, rechtlich bindende Vereinbarung getroffen, dass der Kläger gerade die Umbuchungsbeträge später wieder zurückzahlen musste. Der Bank kam es nur darauf an, dass die Kreditraten weiterhin getragen würden, aus welchem Zufluss beim Kläger auch immer. Insbesondere hatten der Kläger und die Bank im Umfeld der Umbuchungen keine - weiteren - Kreditverträge geschlossen, was ohnehin nur schriftlich hätte geschehen können (§ 492 Abs. 1 Satz 1 BGB). Welche schuldrechtliche Abrede der Umbuchung zu Grunde lag oder ob die Bank womöglich die Versicherungsleistung ohne Rechtsgrund auf das Girokonto umgebucht hat, kann hier offen bleiben. Jedenfalls wurde keine wirksame Rückzahlungsverpflichtung begründet, die über die schon bestehende Pflicht des Klägers zur Darlehenstilgung hinausgegangen wäre.
(cc) Der Einstufung als Einkommen stand auch nicht entgegen, dass die Umbuchungen im Januar vollständig und im März teilweise auf ein im Soll befindliches Girokonto erfolgten. Dem Kläger war gleichwohl eine jederzeitige Verwendung des Zuflusses möglich, eine "Kontensperre" oder dgl. hatte die Bank nicht verfügt. Dies zeigt sich schon darin, dass der Kläger über die Zuflüsse letztlich auch verfügt hat, zum Teil durch Abhebung, zum Teil dadurch, dass die laufenden Kreditraten von EUR 271,00 monatlich abgebucht werden konnten. Hieran ändert auch die Angabe der Bank in dem Schreiben vom 15.03.2010 nichts, der Kläger könne nur mit Zustimmung der Bank über die Versicherungsleistungen verfügen. Abgesehen davon, dass die rechtliche Begründung der Bank - die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen seien an sie "abgetreten" - nicht zutraf, hat die Bank gerade durch die Umbuchung auf das Girokonto eine freie Verfügungsmöglichkeit für den Kläger geschaffen und den späteren Abhebungen durch den Kläger auch nicht widersprochen.
cc) Dieses Einkommen des Klägers durch die Umbuchungen auf sein Girokonto war nicht als zweckbestimmte Einnahme mit einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II unberücksichtigt zu lassen (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F.).
(1) Allerdings wären die beiden hier in Rede stehenden Zwecke der Umbuchung - die Abbuchung der künftigen Kreditraten zu ermöglichen und allgemein den Negativsaldo und damit die Überziehungszinsen des Klägers zu verringern - andere Zwecke als sie die Leistungen nach dem SGB II verfolgen. Die Tilgung von Schulden und die Ermöglichung pünktlicher Kredittilgungen sind kein Leistungsziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
(2) Es fehlt jedoch an der "Bestimmung" eines solchen Zwecks im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F.
Nach der heutigen Regelung in § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II n.F. sind ohnehin nur noch öffentlich-rechtliche zweckgebundene Leistungen ggfs. anrechnungsfrei. Aber auch unter der im Streitzeitraum noch anwendbaren Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F. ergab sich eine relevante Zweckbestimmung regelmäßig aus einer öffentlich-rechtlichen Norm (vgl BSG, Urteil vom 06.12.2007, B 14/7b AS 16/06 R, Juris Rn. 16), allerdings konnten damals auch zweckbestimmte Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage hierunter fallen (BSG, Urteil vom 03.03.2009, B 4 AS 47/08 R, Juris Rn. 20). Die für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben zu zweckbestimmten Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage bereits im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen wegen Verlusts des Arbeitsplatzes gefordert, dass eine Vereinbarung vorhanden sein muss, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zweck (privatrechtlicher Verwendungszweck) verwendet werden soll (BSG, Urteil vom 03.03.2009, a.a.O., Rn. 21). Gemeint ist eine echte zivilrechtliche Abrede in Vertragscharakter oder zumindest eine solche Absprache, die zwar keine unmittelbaren Rückzahlungsansprüche bei einer zweckwidrigen Verwendung auslöst, aber zumindest Ansprüche des Leistenden wegen Zweckverfehlung aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 BGB (condictio ob rem) oder zumindest Ansprüche auf Anpassung der Leistungsbeziehung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) auslöst. Eine rechtlich völlig unwirksame Zweckvereinbarung oder eine nur innere Erwartung des Leistenden, der Empfänger werde die Zuwendung in einer bestimmten Weise verwenden, genügt nicht. Hierin läge keine "Zweckbestimmung" im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 lit. a SGB II a.F. Als tragfähige Indizien für eine solche Zweckbestimmung kann es gewertet werden, wenn die Leistung der Höhe nach genau dem notwendigen Bedarf entspricht, wenn sie in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu der Bedarfsentstehung erbracht wird oder wenn die von dem Leistenden unmittelbar zur Bedarfsbefriedigung geleistet wird, also z. B. als Leistung eines Dritten i.S.v. §§ 267, 268 BGB (so auch das LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.04.2010, L 7 AS 5268/09, Juris Rn. 50).
Eine solche Abrede zwischen dem Kläger und der Bank vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Bank hat selbst vorgebracht, in erster Linie aus "Kulanz" gehandelt zu haben, also mit der Umbuchung den Interessen des Klägers gedient zu haben. Es war allenfalls ihre Erwartung, dass mit diesen Umbuchungen auch die weiteren Kreditraten problemlos würden eingezogen werden können und dass sich der Negativsaldo verringere. Eine bindende Absprache, dass der Kläger die Umbuchungen nur für die weiteren Kreditraten verwenden und das Konto nicht wieder überziehen durfte, wurde nicht geschlossen. Entsprechend hat die Bank auch die sofortigen erneuten Überziehungen des Kontos nicht unterbunden. Vor allem sprechen gegen eine Zweckbestimmung die genannten Indizien: Die Umbuchungen erfolgten jeweils in einer Höhe, die nicht notwendig war, um die (nächste) Kreditrate zu tragen, und die nicht ausreichte (im Januar) bzw. höher war als nötig (im März), um das Konto auf Null zu setzen. Es bestand auch kein zeitlicher Zusammenhang: Die Umbuchungen erfolgten am 08.01. und 02.03.2010, während die Kreditraten monatlich zum 15. abgebucht werden sollten. Und selbst wenn man hier eine Zweckvereinbarung sähe, so hätte sich diese nur auf jene Höhe der Umbuchungen erstreckt, die für die jeweils nächste fällige Kreditrate notwendig war, jedoch nicht auf künftige Raten, denn es war bei den Umbuchungen nicht absehbar, dass der Kläger die Versicherungsleistung ggfs. auch zur Begleichung zukünftiger Kreditraten benötigen würde. Die beiden in den streitigen Monaten - Januar und März 2010 - fälligen Kreditraten aber hat der Beklagte in seiner Aufhebungsentscheidung sogar berücksichtigt. Es kann daher offen bleiben, ob er hierzu verpflichtet war.
dd) Gegen die Höhe, in der der Beklagte die Leistungsbewilligungen für Januar und März 2010 aufgehoben hat, sind Einwände nicht erhoben worden und auch nicht ersichtlich.
b) Die Erstattungsforderung gründet sich in der Folge der rechtmäßigen Aufhebungsentscheidung auf § 50 Abs. 1 SGB X.
2. Ob die Anfechtungsklage auch hinsichtlich der Aufrechnungsentscheidung des Beklagten in dem angegriffenen Bescheid rechtmäßig wäre, lässt der Senat offen. Sie ist zumindest unzulässig und war dies auch schon zur Zeit der Entscheidung des SG am 01.12.2010. Der Kläger ist durch die Aufrechnungsentscheidung des Beklagten nicht (mehr) im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Beklagte hat die Aufrechnung, die er ausweislich der Begründung des Widerspruchsbescheids auf § 43 Satz 1 SGB II gestützt hat, ab April 2010 in Höhe von EUR 107,70 monatlich vollzogen. Nachdem der Kläger Ende Juli 2010 aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war und der Beklagte den offenen Restbetrag am 05.10.2010 - zunächst - unmittelbar beitreiben wollte, hat sich die Aufrechnungsentscheidung in dem angegriffenen Bescheid, ihren Charakter als Verwaltungsakt unterstellt, erledigt und ist daher nach § 39 Abs. 2 SGB X unwirksam geworden. Selbst wenn der Kläger später wieder Leistungen des Beklagten beziehen sollte, hätte die hiesige Aufrechnungsentscheidung keine Wirkung mehr. Vielmehr müsste der Beklagte erneut - anfechtbar - die Aufrechnung verfügen, da solche Entscheidungen nach § 43 Satz 1 SGB II immer nur für die Dauer des laufenden Bewilligungszeitraums gelten (vgl. Conradis in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 43 Rn. 18).
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere hat die Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Das Urteil beruht im Wesentlichen auf einer dem Tatrichter vorbehaltenen tatsächlichen und rechtlichen Würdigung der Umbuchung vom Kredit- auf das Girokonto des Klägers.
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