Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 13 SB 962/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5176/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grads der Behinderung (GdB) nach Eintritt der Heilungsbewährung streitig.
Bei dem 1950 geborenen Kläger stellte das Landratsamt R. - Kreissozialamt-Versorgungsamt - (VA) nach einer am 17.02.2004 erfolgten transurethralen Blasentumorresektion (Stadium pTa G1 Mx M0) mit Bescheid vom 08.12.2005 wegen einer Harnblasenerkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 50) und einer Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronischer Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch (Teil-GdB 20) den GdB mit 50 fest.
Im Februar 2006 leitete das VA ein Nachprüfungsverfahren ein. Es zog medizinische Befundunterlagen bei (Berichte des Universitätsklinikums T. vom 13.03.2001, Dr. B.-Z. vom 15.04.2002, Dr. B. vom 11.02.2004, 03.06.2004, 13.06.2005, Kreiskrankenhaus M. vom 23.08.2004, Kreiskliniken R. vom 24.08.2004, 04.04.2005, 12.04.2005 und 27.04.2005, Allgemeinarzt G. vom 11.10.2004 und 26.09.2005, Dr. S. vom 12.10.2004, Dr. H.-S. vom 16.02.2005, Dr. O. vom 21.11.2005, Dr. W. vom 30.11.2005 und 23.01.2006, Dr. S. vom 02.02.2006 und 13.02.2006) und holte die ärztlichen Befundscheine von Dr. H. vom 31.05.2006 und Dr. B. vom 09.12.2006 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. H. vom 04.05.2007) und Anhörung des Klägers (Schreiben vom 28.09.2006) stellte das VA mit Bescheid vom 07.05.2007 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.12.2005 beim Kläger wegen einer Harnblasenerkrankung, Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase (Teil-GdB 30), Heiserkeit (Teil-GdB 20), Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronische Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch (Teil-GdB 20), funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 10) sowie einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 10) den GdB mit 40 ab 11.05.2007 neu fest.
Gegen den Bescheid vom 07.05.2007 legte der Kläger am 14.05.2007 Widerspruch ein. Das VA holte - auf Bitte des Klägers - den weiteren Befundschein von Dr. H. vom 21.06.2007 ein, der weitere medizinische Befundunterlagen vorlegte (Berichte Dr. B. vom 20.06.2006 und 19.12.2006, Durchgangsarztbericht Dr. H. vom 20.07.2000, Dr. K. vom 01.02.2007, Physiotherapeutin S. vom 14.03.2007, Kreiskliniken R. vom 05.04.2007, Dr. W. vom 25.04.2007). Nach versorgungsärztlicher Auswertung (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 19.02.2008, der wegen einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase - Teil-GdB 20 -, Heiserkeit und funktionelle Organbeschwerden - Teil-GdB 20 -, Refluxkrankheit der Speiseröhre, Speiseröhrengleitbruch - Teil-GdB 10 -, chronische Bronchitis und Lungenblähung - Teil-GdB 10 - sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Schulter-Arm-Syndrom - Teil-GdB 20 - den GdB mit 40 ab 01.04.2007 vorschlug sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit bejahte), stellte das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2008 beim Kläger eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit ab 11.05.2007 fest; im Übrigen wies es den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des VA vom 07.05.2007 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 10.03.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung trug er vor, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der bislang für die Prostatavergrößerung und die Entleerungsstörung der Harnblase gewährte Teil-GdB von 30 auf 20 herabgesetzt werde. Die Refluxkrankheit sei mit einem Teil GdB von 20 bis 30 und die chronische Bronchitis und Lungenblähung mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Die gemeinschaftliche Bewertung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und des Schulter-Arm-Syndroms mit einem Teil-GdB von 20 sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Eine Coxarthrose beidseits sowie eine Gonalgie/Prae-Arthrose beider Knie sei nicht berücksichtigt worden. Der Kläger legte Befundberichte von Dr. H. vom 12.04.2008, Dr. S. vom 13.03.2008, Dr. S. vom 09.05.2008, Dr. B.-Z. vom 03.07.2008, Dr. W. vom 25.06.2009 und 13.07.2009 sowie Dr. O.-O. vom 03.07.2009 und 06.10.2009 vor.
Das SG hörte den Internisten Dr. W., den Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. H., den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S., den Urologen Dr. B., die HNO-Ärztin B.-Z. und die Fachärztin für Neurologie Dr. O.-O. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. W. teilte in seiner Stellungnahme vom 27.05.2008 mit, aktuelle Untersuchungsbefunde lägen nicht vor, die letzte Untersuchung des Klägers sei im Januar 2006 erfolgt. Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 28.05.2008 unter Vorlage medizinischer Befundberichte den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er stimmte der Beurteilung des versorgungsärztlichen Dienstes (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. H. vom 04.05.2007) mit Ausnahme der Bewertung des Krebsleidens (Heilungsbewährung fünf Jahre, GdB über 50) zu. Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2008 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er stimmte der Beurteilung des versorgungsärztlichen Dienstes zu. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2008 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Den auf urologischem Gebiet vom Versorgungsarzt Dr. H. angenommenen Teil-GdB von 30 bewertete er als korrekt. Dr. B.-Z. teilte in ihrer Stellungnahme vom 03.07.2008 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit; auf HNO-Gebiet hat sie einen GdB verneint. Dr. O.-O. teilte in ihrer Stellungnahme vom 22.12.2009 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit.
Das SG holte das orthopädische Gutachten von Dr. K. vom 22.04.2009 ein. Dr. K. diagnostizierte in seinem Gutachten beim Kläger eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen (Teil-GdB 30), eine Fußverbildung und Fersensporne beidseits sowie degenerative Veränderungen (Teil-GdB 10) und ein Schulter-Arm-Syndrom links (Teil-GdB 10). Im Bereich der Hüft-, Knie- und der Ellenbogengelenke sowie der Hände lägen andauernde Gesundheitsstörungen nicht vor bzw. seien nicht mit Sicherheit nachweisbar. Dr. K. schätzte unter Berücksichtigung der übrigen Teil-GdB-Ansätze des versorgungsärztlichen Dienstes den Gesamt-GdB auf 50 ein.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. vom 20.10.2008 und Dr. M. vom 27.08.2009 entgegen.
Mit Urteil vom 30.09.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Beklagte sei berechtigt gewesen, beim Kläger den GdB auf 40 herabzusetzen. Hinsichtlich des Blasentumors sei durch Eintritt der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingetreten. Der vom Beklagten weiter berücksichtigte Teil-GdB von 20 sei ausreichend. Es käme auch lediglich einen Teil-GdB von 10 wegen Entleerungsstörungen der Blase leichten Grades in Betracht. Die Einschätzung des Teil-GdB von 10 wegen der Refluxkrankheit der Speiseröhre, der chronischen Magenschleimhautent-zündung und des Zwerchfellbruchs sei nicht zu beanstanden. Auch gegen die Bewertung der Heiserkeit und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 20 bestünden keine Einwände. Dies gelte auch für die chronische Bronchitis mit allgemeinem Emphysem mit einem Teil-GdB von 10. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge auch unter Berücksichtigung eines Schulter-Arm-Syndroms einen GdB von 20. Ein GdB von 30 liege nicht vor. Der Beurteilung von Dr. K. könne nicht gefolgt werden. Beim Kläger lägen in keinem Wirbelsäulenabschnitt durchgehend mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen vor, die einen GdB von 30 rechtfertigen könnten. Aus den festgestellten Einzel-GdB-Werten sei ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.10.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.11.2010 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, er wende sich gegen die Herabsetzung des GdB von 50 auf 40. Bei ihm lägen gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, welche einen GdB von mindestens 50 rechtfertigten. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge im Hinblick auf die bestehende Bewegungseinschränkung, der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte sowie der vorliegenden Wurzelreiz-Symptomatik einen Teil-GdB von 30. Dr. K. habe entgegen den Feststellungen im Urteil des SG eine Lumboischialgie links mit Wurzelreiz-Symptomatik bei Bandscheibenprotrusion L4/5 festgestellt. Dr. K. habe die Wurzelreiz-Symptomatik bestätigt. Es lägen infolge der Nervenwurzelreizzeichen mittelschwere bis schwere Funktionsbeein-trächtigungen in drei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dies sei vorliegend nicht bewertet worden. Der Ansicht des SG könne nicht gefolgt werden. Ein Einzel-GdB von 30 sei mehr als gerechtfertigt. Die Refluxkrankheit der Speiseröhre und der Speiseröhrengleitbruch seien mit einem Teil-GdB von 10 deutlich zu niedrig bewertet. Durch eine medikamentöse Behandlung habe keine Besserung erzielt werden können. Auch die chronische Bronchitis und die Lungenblähung seien nicht ausreichend bewertet. Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingten eine zeitweise Arbeitsunfähigkeit. Die Harnblasenerkrankung, Entleerungsstörung der Harnblase sowie Prostatavergrößerung bedingten Beeinträchtigungen, insbesondere Schmerzen bei der Miktion, die einen Teil-GdB von 30 rechtfertigten. Der Kläger hat Befundberichte von Dr. K. vom 01.02.2007 und 24.09.2010 sowie von Dr. K. vom 17.09.2007 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. September 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Ansicht des Klägers könne nicht gefolgt werden. Ein Teil-GdB von 30 für degenerative Veränderungen der Wirbelsäule lasse sich anhand der objektiven Befunddaten nicht begründen. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats sei für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft zumindest ein Einstiegs-GdB von 30 erforderlich.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. K. hat in seiner Stellungnahme vom 10.03.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen den Behandlungsverlauf, die vom Kläger geklagten Beschwerden, die Befunde und Diagnosen mitgeteilt.
Der Rechtsstreit ist in der nichtöffentlichen Sitzung am 17.06.2011 durch den Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert worden. Im Termin hat der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 18.05.2011 vorgelegt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 17.06.2011 wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig. Richtige Klageart ist die reine Anfechtungsklage, da der Kläger sich gegen die Herabsetzung des GdB von 50 auf 40 wendet. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist ein Antrag des Klägers auf Feststellung eines höheren GdB wegen Verschlimmerung festgestellter oder neu hinzugetretenen Behinderungen. Damit kommt eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht in Betracht. Dem entspricht der im Berufungsverfahren gestellte Antrag des Klägers.
Die Berufung ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 07.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.02.2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des angegriffenen Bescheides, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.12.2005 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem ab 11.05.2007 rechtfertigt.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides mit Schreiben des VA vom 28.09.2006 ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 SGB X). Die Einholung weiterer medizinischer Unterlagen im Widerspruchsverfahren erfolgte auf Bitte des Klägers, weshalb hinsichtlich dieser Unterlagen eine erneute Anhörung des Klägers nicht zu erfolgen brauchte. Einen Anhörungsfehler hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.12.2005 mit einem GdB von 50 bewertete Behinderungszustand.
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der vom Kläger gegen die streitgegenständlichen Bescheide erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 28.02.2008. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96-, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7). Hierüber wäre im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens wegen Verschlimmerung zu befinden, das nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang sind vorliegend noch (bis zum 31.12.2008) die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R-, BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Die erst seit 01.01.2009 an die Stelle der AHP getretene - inhaltsgleiche - Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersorgungsmedizinVerordnung; VersMedV) ist vorliegend nicht heranzuziehen.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Verfahren keine Schlechterstellung eintritt.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.12.2005 zugrunde lagen, eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X durch Heilungsbewährung eingetreten ist. Mit diesem Bescheid war nach der am 17.02.2004 erfolgten Operation wegen eines Urothelcarcinoms der Harnblase (transurethrale Blasentumorresektion im Stadium pTa G1 Nx M0, Berichte Dr. B. vom 23.02.2004 und 19.12.2006) u.a. eine Harnblasenerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung (mit einem Teil-GdB von 50) als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeein-trächtigung zu berücksichtigen. Hierauf wurde der Kläger im Bescheid vom 08.12.2005 auch hingewiesen. Nach den AHP Nr. 26.1 ist nach Entfernung des Tumors im Frühstadium unter Belassung der Harnblase (Ta-1 N0 M0, Grading G1), wie dies beim Kläger zutrifft, eine Heilungsbewährung von zwei Jahren abzuwarten. Der davon abweichenden Ansicht von Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 28.05.2008 an das SG, in der von einer Heilungsbewährung von fünf Jahren ausgegangen wird, kann nicht gefolgt werden. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist im Februar 2006 beendet. Zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung ist es beim Kläger nicht gekommen, wie sich aus den zu den Akten gelangten Befundberichten sowie der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. B. vom 02.06.2008 an das SG ergibt. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse für die Zeit ab 11.05.2007 vorzunehmen.
Zu Recht hat der Beklagte den GdB - für die Zukunft - von 50 auf 40 herabgesetzt. Die verbliebenen Behinderungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40.
Die verbliebenen Folgen der Harnblasenerkrankung des Klägers unter Berücksichtigung einer gutartigen Prostatavergrößerung sind mit einem GdB von 20 vom Beklagten nicht zu niedrig bewertet. Entleerungsstörungen der Blase (auch durch Harnröhrenverengung) sind nach den AHP Nr. 26.12 erst bei einem stärkeren Grad (z. B. Notwendigkeit manueller Entleerung, Anwendung eines Blasenschrittmachers, erhebliche Restharnbildung, schmerzhaftes Harnlassen) mit einem GdB von 20 (bis 40) zu bewerten. Nach den AHP Nr. 26.13 richtet sich bei einem Prostataadenom der GdB-Grad nach den Harnentleerungsstörungen und der Rückwirkung auf die Nierenfunktion. Dass beim Kläger Entleerungsstörungen der Blase bestehen, die die Ausschöpfung des GdB-Rahmens auf 30 oder 40 rechtfertigen, lässt sich den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Nach dem Befundbericht von Dr. B. vom 19.12.2006 besteht beim Kläger eine zufriedenstellende Miktion bei deutlichem Prostataadenom. Teilweise bestehen beim Kläger Schmerzen bei der Miktion. Auch in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 02.06.2008 an das SG nennt Dr. B. nur leichtgradige Probleme des Klägers hinsichtlich des Miktionsverhaltens. Demgegenüber hat Dr. H. in seinem Befundschein an das VA vom 31.05.2006 mitgeteilt, dass der Kläger zu einer Miktionsstörung sowie der Vita sexualis in seiner Praxis keine Angaben gemacht hat. Dass beim Kläger die Notwendigkeit einer manuellen Entleerung bzw. einer Anwendung eines Blasenschrittmachers besteht oder dass es zu einer erheblichen Restharnbildung kommt, ist nicht der Fall. Das Vorliegen einer Nierenfunktionsstörung ist den zahlreich zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht zu entnehmen. Danach hält auch der Senat einen Teil-GdB von 20 auf urologischem Gebiet für angemessen. Der abweichenden Ansicht von Dr. B., der in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 02.06.2008 auf urologischem Gebiet einen Teil-GdB von 30 für korrekt erachtet hat, folgt der Senat nicht. Die Bewertung des Teil-GdB mit 30 auf urologischem Gebiet findet nach dem oben Ausgeführten in den AHP keine Grundlage.
Hinsichtlich der Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronischen Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch, die das VA im Bescheid vom 08.12.2005 mit einem Teil-GdB-Ansatz von 20 mit berücksichtigt hat, beträgt nach den AHP Nr. 26.10 bei einer Refluxkrankheit der Speiseröhre mit anhaltenden Refluxbeschwerden je nach Ausmaß der GdB 10 bis 30, nach Nr. 26.11 bei Zwerchfellbrüche (einschl. Zwerchfellrelaxation) und einer Speiseröhren-gleithernie sowie andere kleine Zwerchfellbrüche ohne wesentliche Funktionsstörung der GdB 0 bis 10 und bei größeren Zwerchfellbrüche je nach Funktionsstörung 20 bis 30 und nach Nr. 26.10 bei einer chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut) der GdB 0 bis 10. Dass beim Kläger Refluxbeschwerden oder einen Zwerchfellbruch bestehen, die nach ihrem Ausmaß einem Teil-GdB von mehr als 10 rechtfertigen, ist nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen nicht der Fall. Nach dem Arztbrief von Dr. W. vom 23.01.2006 ist bei noch zeitweiligem Sodbrennen eine Befundbesserung eingetreten. Nach dem Befundschreiben von Dr. H. vom 31.05.2006 bestehen beim Kläger persistierend Rückflussbeschwerden in Form von Sodbrennen, epigastrischen Schmerzen und Heiserkeit ohne Erbrechen. Nach dem Befundbericht von Dr. W. vom 25.04.2007 besteht endoskopisch bis auf eine kleine axiale Hiatushernie ein unauffälliger Befund im oberen GI-Trakt. Entzündliche Veränderungen waren weder im Ösphagus, im Magen noch im Duodenum nachweisbar und eine Hp-Besiedlung hat sich nicht nachweisen lassen. Nach dem Gutachten von Dr. K. vom 22.04.2009 besteht beim Kläger zudem ein guter Allgemein- und Ernährungszustand, weshalb darauf zu schließen ist, dass der Kläger durch den Refluxbeschwerden und den Zwerchfellbruch lediglich geringgradig behindert wird. Auswirkungen der Refluxkrankheit auf Nachbarorgane sind dem medizinischen Befundunterlagen und den durchgeführten Ermittlungen des SG und des Senats nicht zu entnehmen. Eine Verschlimmerung des im Bescheid vom 08.12.2005 berücksichtigten Behinderungszustandes ist danach beim Kläger nicht eingetreten, eher eine Besserung. Der Senat erachtet deshalb einen Teil-GdB von 10, allenfalls von 20, wie ihn der Beklagte ursprünglich angenommen hat, für angemessen.
Die im Vergleich zum Bescheid vom 08.12.2005 neu hinzugetretenen Behinderungen des Klägers stehen der Herabsetzung des GdB von 50 auf 40 nicht entgegen.
Für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und das Schulter-Arm-Syndrom ist auch zur Überzeugung des Senats ein höherer Teil-GdB als 20 nicht gegeben. Bei Wirbelsäulenschäden ist nach den AHP Nr. 26.18 ein GdB von 30 - erst - bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome oder bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (GdB 30 bis 40) anzunehmen. Dass beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelschwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Solche funktionellen Auswirkungen lassen sich den im Verwaltungsverfahren zu den Akten gelangten Befundunterlagen nicht entnehmen. Nach dem Arztbrief von Dr. K. vom 01.02.2007 ist die Bewegungsfähigkeit der Wirbelsäule beim Kläger zwar eingeschränkt. Die Neurologie war unauffällig. Aus dem von Dr. K. im Arztbrief vom 01.02.2007 mitgeteilten Wirbelsäulenbefund lassen sich mittelschwere oder schwere funktionelle Auswirkungen jedoch nicht entnehmen. Dies gilt auch für die von Dr. K. in seinem Gutachten vom 22.04.2009 mitgeteilten Wirbelsäulenbefunde. Danach bestehen beim Kläger zwar Beschwerden in drei Wirbelsäulenabschnitten. Insgesamt besteht eine vertiefte Schwingung der sagittalen Wirbelsäulenabschnitte sowie eine radiologisch sichtbare minimale rechts-links-Drehseitverbiegung, die sich jedoch klinisch nicht darstellt. Die Muskulatur ist mittelgradig bis deutlich verspannt. Die Beweglichkeit der Achsorganabschnitte ist nur endgradig eingeschränkt. Echte Nervenwurzelreizzeichen und eine Spinalkanalstenose sind nicht nachweisbar. Motorische Ausfallerscheinungen liegen nicht vor. Damit kann beim Kläger hinsichtlich seines Wirbelsäulenleidens von mittelgradigen Auswirkungen in keinem Wirbelsäulenabschnitt ausgegangen werden. Mittelgradige Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten hat auch Dr. K. in seinem Gutachten nicht angenommen. Er hat vielmehr die funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden beim Kläger lediglich mit gering- bis mittelgradig eingestuft. Soweit Dr. K. in seinem Gutachten gleichwohl wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen einen Teil-GdB mit 30 annimmt, kann ihm nicht gefolgt werden. Diese Bewertung steht nicht im Einklang mit den dargestellten Vorgaben der AHP.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Dass beim Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule infolge Nervenwurzelreizzeichen bestanden, trifft nicht zu. Dr. K. hat in seinem Arztbrief vom 01.02.2007 chronische Nervenwurzelreizzeichen nicht diagnostiziert. Er hat vielmehr mitgeteilt, dass die Neurologie unauffällig war. Auch Dr. K. hat bei der ambulanten Untersuchung des Klägers am 22.04.2009 Nervenwurzelreizzeichen nicht festgestellt. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die im Arztbrief von Dr. K. vom 24.09.2010 erstmals diagnostizierte Wurzelreiz-Symptomatik L5 links bei Bandscheiben-protrusion L4/5 erst nach dem Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2008 aufgetreten ist und deshalb im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden kann. Auch der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 10.03.2011 lässt sich nicht entnehmen, dass beim Kläger bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 28.02.2008 eine Wurzelreizsymptomatik bestand. Dies gilt auch für die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. O.-O. vom 22.12.2009. Insoweit, wie auch für sonstige nach dem Ergehen des Widerspruchsbescheids beim Kläger festgestellte Gesundheitsstörungen, ist der Kläger auf ein Neufeststellungsverfahren beim VA wegen Verschlimmerung zu verweisen.
Die beim Kläger bestehende leichtgradige Fußdeformität beidseits mit deutlicher Senk- und Spreizfußstellung und dadurch resultierenden leichten statischen Auswirkungen und die Fersensporne beidseits bedingen nach dem Gutachten von Dr. K. allenfalls einen Teil-GdB von 10. Entsprechendes gilt für das Schulter-Arm-Syndrom, für das Dr. K. - wohlwollend - bei vollständig freier Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits wegen möglicher wiederkehrenden Reizerscheinungen im Bereich des linken Schultergelenkes den Teil-GdB ebenfalls mit 10 angenommen hat. Dem schließt sich der Senat an. Mit einem Teil-GdB zu berücksichtigende Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Hüft-, Knie-, und der Ellenbogengelenke sowie der Hände liegen beim Kläger nicht vor bzw. sind nicht Sicherheit nachweisbar, wie Dr. K. in seinem Gutachten vom 22.04.2009 für den Senat weiter nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat.
Auch die vom Beklagten berücksichtigte Heiserkeit und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 20 sind nicht zu beanstanden. Dr. H. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG dieser Bewertung durch den versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten (Heiserkeit Teil-GdB 20 und funktionelle Organbeschwerden Teil-GdB 10) zugestimmt. Dr. B.-Z. geht auf HNO-ärztlichem Fachgebiet sogar von einem GdB von 0 aus. Einwendungen hat der Kläger gegen diese Bewertung des Teil-GdB im Übrigen auch nicht erhoben.
Die beim Kläger weiter bestehende chronische Bronchitis und Lungenblähung ist zur Überzeugung des Senats mit einem Teil-GdB von 10 ausreichend bewertet. Dass beim Kläger deswegen eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion besteht, die einen Teil-GdB von 20 (oder mehr) rechtfertigt, ist nicht ersichtlich. Dr. H. hat in seinem Befundschein vom 21.06.2007 keine wegweisenden Befunde hinsichtlich einer Lungenerkrankung des Klägers mitgeteilt, sondern die Vermutung geäußert, dass der Kläger eine chronische Heiserkeit/Hustenreiz lediglich als Lungenkrankheit interpretiert. Nach dem von Dr. H. mit seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vorgelegten Arztbrief von Dr. W. vom 12.05.2008 besteht beim Kläger eine unauffällige Lungenfunktion ohne Obstruktion oder Hyperreaktivität. Eine chronisch-obstruktive Bronchitis hat Dr. W. ausgeschlossen. Die Ursache eines Reizhustens führte Dr. W. auf eine Sinusitis maxilaris links zurück. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. B.-Z. vom 03.06.2008 trat beim Kläger nach einer operativen Sanierung der Nasennebenhöhlen eine deutliche Besserung der Sinusitisbeschwerden ein. Dass beim Kläger eine Krankheit der Atmungsorgane (z. B. Brustfellschwarten, chronisch-obstruktive - auch "spastische" oder "asthmoide" - Bronchitis, Bronchiektasen, Lungenemphysem, Pneumokoniosen, Lungenfibrosen, inaktive Lungentuberkulose) eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung [z. B. forsches Gehen [5 - 6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit]; statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte, Blutgaswerte im Normbereich) besteht, die nach den AHP Nr. 26.8 einen GdB von 20 (bis 40) rechtfertigt, kann danach nicht angenommen werden.
Sonstige Behinderungen, die mit einem Teil-GdB von über 10 zu bewerten sind, liegen nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und den vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen beim Kläger nicht vor. Dies hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.
Nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist ein höherer GdB als 40 nicht gerechtfertigt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Senates selbst dann, wenn mit dem Kläger für die Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronischer Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch sowie hinsichtlich der chronischen Bronchitis und Lungenblähung zu Gunsten des Klägers jeweils von einem Teil-GdB von 20 ausgegangen würde. Beim Kläger besteht keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 jedoch vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist es deshalb grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen (Urteil des Senats vom 05.03.2010 - 8 SB 5038/08 - m.w.N.), worauf der Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen hat. Teil-GdB-Werte von 10 sind nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor. Der abweichenden Bewertung des Gesamt-GdB von Dr. K. in seinem Gutachten vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den Sachverhalt für aufgeklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Herabsetzung des Grads der Behinderung (GdB) nach Eintritt der Heilungsbewährung streitig.
Bei dem 1950 geborenen Kläger stellte das Landratsamt R. - Kreissozialamt-Versorgungsamt - (VA) nach einer am 17.02.2004 erfolgten transurethralen Blasentumorresektion (Stadium pTa G1 Mx M0) mit Bescheid vom 08.12.2005 wegen einer Harnblasenerkrankung in Heilungsbewährung (Teil-GdB 50) und einer Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronischer Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch (Teil-GdB 20) den GdB mit 50 fest.
Im Februar 2006 leitete das VA ein Nachprüfungsverfahren ein. Es zog medizinische Befundunterlagen bei (Berichte des Universitätsklinikums T. vom 13.03.2001, Dr. B.-Z. vom 15.04.2002, Dr. B. vom 11.02.2004, 03.06.2004, 13.06.2005, Kreiskrankenhaus M. vom 23.08.2004, Kreiskliniken R. vom 24.08.2004, 04.04.2005, 12.04.2005 und 27.04.2005, Allgemeinarzt G. vom 11.10.2004 und 26.09.2005, Dr. S. vom 12.10.2004, Dr. H.-S. vom 16.02.2005, Dr. O. vom 21.11.2005, Dr. W. vom 30.11.2005 und 23.01.2006, Dr. S. vom 02.02.2006 und 13.02.2006) und holte die ärztlichen Befundscheine von Dr. H. vom 31.05.2006 und Dr. B. vom 09.12.2006 ein. Nach versorgungsärztlicher Auswertung (gutachtliche Stellungnahme Dr. H. vom 04.05.2007) und Anhörung des Klägers (Schreiben vom 28.09.2006) stellte das VA mit Bescheid vom 07.05.2007 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.12.2005 beim Kläger wegen einer Harnblasenerkrankung, Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase (Teil-GdB 30), Heiserkeit (Teil-GdB 20), Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronische Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch (Teil-GdB 20), funktionelle Organbeschwerden (Teil-GdB 10) sowie einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Schulter-Arm-Syndrom (Teil-GdB 10) den GdB mit 40 ab 11.05.2007 neu fest.
Gegen den Bescheid vom 07.05.2007 legte der Kläger am 14.05.2007 Widerspruch ein. Das VA holte - auf Bitte des Klägers - den weiteren Befundschein von Dr. H. vom 21.06.2007 ein, der weitere medizinische Befundunterlagen vorlegte (Berichte Dr. B. vom 20.06.2006 und 19.12.2006, Durchgangsarztbericht Dr. H. vom 20.07.2000, Dr. K. vom 01.02.2007, Physiotherapeutin S. vom 14.03.2007, Kreiskliniken R. vom 05.04.2007, Dr. W. vom 25.04.2007). Nach versorgungsärztlicher Auswertung (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. B. vom 19.02.2008, der wegen einer Prostatavergrößerung und Entleerungsstörung der Harnblase - Teil-GdB 20 -, Heiserkeit und funktionelle Organbeschwerden - Teil-GdB 20 -, Refluxkrankheit der Speiseröhre, Speiseröhrengleitbruch - Teil-GdB 10 -, chronische Bronchitis und Lungenblähung - Teil-GdB 10 - sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und Schulter-Arm-Syndrom - Teil-GdB 20 - den GdB mit 40 ab 01.04.2007 vorschlug sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit bejahte), stellte das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2008 beim Kläger eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit ab 11.05.2007 fest; im Übrigen wies es den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des VA vom 07.05.2007 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 10.03.2008 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Zur Begründung trug er vor, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der bislang für die Prostatavergrößerung und die Entleerungsstörung der Harnblase gewährte Teil-GdB von 30 auf 20 herabgesetzt werde. Die Refluxkrankheit sei mit einem Teil GdB von 20 bis 30 und die chronische Bronchitis und Lungenblähung mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Die gemeinschaftliche Bewertung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und des Schulter-Arm-Syndroms mit einem Teil-GdB von 20 sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Eine Coxarthrose beidseits sowie eine Gonalgie/Prae-Arthrose beider Knie sei nicht berücksichtigt worden. Der Kläger legte Befundberichte von Dr. H. vom 12.04.2008, Dr. S. vom 13.03.2008, Dr. S. vom 09.05.2008, Dr. B.-Z. vom 03.07.2008, Dr. W. vom 25.06.2009 und 13.07.2009 sowie Dr. O.-O. vom 03.07.2009 und 06.10.2009 vor.
Das SG hörte den Internisten Dr. W., den Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. H., den Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. S., den Urologen Dr. B., die HNO-Ärztin B.-Z. und die Fachärztin für Neurologie Dr. O.-O. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. W. teilte in seiner Stellungnahme vom 27.05.2008 mit, aktuelle Untersuchungsbefunde lägen nicht vor, die letzte Untersuchung des Klägers sei im Januar 2006 erfolgt. Dr. H. teilte in seiner Stellungnahme vom 28.05.2008 unter Vorlage medizinischer Befundberichte den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er stimmte der Beurteilung des versorgungsärztlichen Dienstes (versorgungsärztliche Stellungnahme Dr. H. vom 04.05.2007) mit Ausnahme der Bewertung des Krebsleidens (Heilungsbewährung fünf Jahre, GdB über 50) zu. Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2008 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Er stimmte der Beurteilung des versorgungsärztlichen Dienstes zu. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 02.06.2008 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit. Den auf urologischem Gebiet vom Versorgungsarzt Dr. H. angenommenen Teil-GdB von 30 bewertete er als korrekt. Dr. B.-Z. teilte in ihrer Stellungnahme vom 03.07.2008 den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit; auf HNO-Gebiet hat sie einen GdB verneint. Dr. O.-O. teilte in ihrer Stellungnahme vom 22.12.2009 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf und die Diagnosen mit.
Das SG holte das orthopädische Gutachten von Dr. K. vom 22.04.2009 ein. Dr. K. diagnostizierte in seinem Gutachten beim Kläger eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen (Teil-GdB 30), eine Fußverbildung und Fersensporne beidseits sowie degenerative Veränderungen (Teil-GdB 10) und ein Schulter-Arm-Syndrom links (Teil-GdB 10). Im Bereich der Hüft-, Knie- und der Ellenbogengelenke sowie der Hände lägen andauernde Gesundheitsstörungen nicht vor bzw. seien nicht mit Sicherheit nachweisbar. Dr. K. schätzte unter Berücksichtigung der übrigen Teil-GdB-Ansätze des versorgungsärztlichen Dienstes den Gesamt-GdB auf 50 ein.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. vom 20.10.2008 und Dr. M. vom 27.08.2009 entgegen.
Mit Urteil vom 30.09.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Beklagte sei berechtigt gewesen, beim Kläger den GdB auf 40 herabzusetzen. Hinsichtlich des Blasentumors sei durch Eintritt der Heilungsbewährung eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingetreten. Der vom Beklagten weiter berücksichtigte Teil-GdB von 20 sei ausreichend. Es käme auch lediglich einen Teil-GdB von 10 wegen Entleerungsstörungen der Blase leichten Grades in Betracht. Die Einschätzung des Teil-GdB von 10 wegen der Refluxkrankheit der Speiseröhre, der chronischen Magenschleimhautent-zündung und des Zwerchfellbruchs sei nicht zu beanstanden. Auch gegen die Bewertung der Heiserkeit und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 20 bestünden keine Einwände. Dies gelte auch für die chronische Bronchitis mit allgemeinem Emphysem mit einem Teil-GdB von 10. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge auch unter Berücksichtigung eines Schulter-Arm-Syndroms einen GdB von 20. Ein GdB von 30 liege nicht vor. Der Beurteilung von Dr. K. könne nicht gefolgt werden. Beim Kläger lägen in keinem Wirbelsäulenabschnitt durchgehend mittelgradige Funktionsbeeinträchtigungen vor, die einen GdB von 30 rechtfertigen könnten. Aus den festgestellten Einzel-GdB-Werten sei ein Gesamt-GdB von 40 zu bilden.
Gegen das der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.10.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.11.2010 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung vorgetragen, er wende sich gegen die Herabsetzung des GdB von 50 auf 40. Bei ihm lägen gesundheitliche Beeinträchtigungen vor, welche einen GdB von mindestens 50 rechtfertigten. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge im Hinblick auf die bestehende Bewegungseinschränkung, der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte sowie der vorliegenden Wurzelreiz-Symptomatik einen Teil-GdB von 30. Dr. K. habe entgegen den Feststellungen im Urteil des SG eine Lumboischialgie links mit Wurzelreiz-Symptomatik bei Bandscheibenprotrusion L4/5 festgestellt. Dr. K. habe die Wurzelreiz-Symptomatik bestätigt. Es lägen infolge der Nervenwurzelreizzeichen mittelschwere bis schwere Funktionsbeein-trächtigungen in drei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dies sei vorliegend nicht bewertet worden. Der Ansicht des SG könne nicht gefolgt werden. Ein Einzel-GdB von 30 sei mehr als gerechtfertigt. Die Refluxkrankheit der Speiseröhre und der Speiseröhrengleitbruch seien mit einem Teil-GdB von 10 deutlich zu niedrig bewertet. Durch eine medikamentöse Behandlung habe keine Besserung erzielt werden können. Auch die chronische Bronchitis und die Lungenblähung seien nicht ausreichend bewertet. Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen bedingten eine zeitweise Arbeitsunfähigkeit. Die Harnblasenerkrankung, Entleerungsstörung der Harnblase sowie Prostatavergrößerung bedingten Beeinträchtigungen, insbesondere Schmerzen bei der Miktion, die einen Teil-GdB von 30 rechtfertigten. Der Kläger hat Befundberichte von Dr. K. vom 01.02.2007 und 24.09.2010 sowie von Dr. K. vom 17.09.2007 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. September 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 7. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Ansicht des Klägers könne nicht gefolgt werden. Ein Teil-GdB von 30 für degenerative Veränderungen der Wirbelsäule lasse sich anhand der objektiven Befunddaten nicht begründen. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats sei für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft zumindest ein Einstiegs-GdB von 30 erforderlich.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. K. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dr. K. hat in seiner Stellungnahme vom 10.03.2011 unter Vorlage medizinischer Unterlagen den Behandlungsverlauf, die vom Kläger geklagten Beschwerden, die Befunde und Diagnosen mitgeteilt.
Der Rechtsstreit ist in der nichtöffentlichen Sitzung am 17.06.2011 durch den Berichterstatter mit den Beteiligten erörtert worden. Im Termin hat der Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 18.05.2011 vorgelegt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 17.06.2011 wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig. Richtige Klageart ist die reine Anfechtungsklage, da der Kläger sich gegen die Herabsetzung des GdB von 50 auf 40 wendet. Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist ein Antrag des Klägers auf Feststellung eines höheren GdB wegen Verschlimmerung festgestellter oder neu hinzugetretenen Behinderungen. Damit kommt eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nicht in Betracht. Dem entspricht der im Berufungsverfahren gestellte Antrag des Klägers.
Die Berufung ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 07.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.02.2008 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des angegriffenen Bescheides, weil eine wesentliche Änderung gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsbescheid vom 08.12.2005 eingetreten ist, die die Herabsetzung des GdB auf 40 seit dem ab 11.05.2007 rechtfertigt.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist nicht formell rechtswidrig. Der Kläger ist vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides mit Schreiben des VA vom 28.09.2006 ordnungsgemäß angehört worden (§ 24 Abs. 1 SGB X). Die Einholung weiterer medizinischer Unterlagen im Widerspruchsverfahren erfolgte auf Bitte des Klägers, weshalb hinsichtlich dieser Unterlagen eine erneute Anhörung des Klägers nicht zu erfolgen brauchte. Einen Anhörungsfehler hat der Kläger im Übrigen auch nicht gerügt.
Rechtsgrundlage für die Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen - welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören - zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 -9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustandes mit dem bindend festgestellten - früheren - Behinderungszustand ermittelt werden. Dies ist vorliegend der mit Bescheid vom 08.12.2005 mit einem GdB von 50 bewertete Behinderungszustand.
Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen beurteilt sich die Begründetheit der vom Kläger gegen die streitgegenständlichen Bescheide erhobenen Anfechtungsklage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens, hier dem Widerspruchsbescheid vom 28.02.2008. Danach eingetretene Änderungen sind nicht zu berücksichtigten (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96-, SozR 3-3870 § 3 Nr. 7). Hierüber wäre im Rahmen eines Neufeststellungsverfahrens wegen Verschlimmerung zu befinden, das nicht Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind seit 01.07.2001 die Vorschriften des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (vgl. Art. 63, 68 des Gesetzes vom 19.06.2001 BGBl. I S. 1046). Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 17 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang sind vorliegend noch (bis zum 31.12.2008) die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 -SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R-, BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Die erst seit 01.01.2009 an die Stelle der AHP getretene - inhaltsgleiche - Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersorgungsmedizinVerordnung; VersMedV) ist vorliegend nicht heranzuziehen.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Der Gesamt-GdB ist vorliegend noch unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Im Übrigen hat die seit 01.01.2009 an die Stelle AHP getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) die AHP - soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Verfahren keine Schlechterstellung eintritt.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass in den gesundheitlichen Verhältnissen des Klägers und den sich daraus ergebenden Funktionsbeeinträchtigungen gegenüber den gesundheitlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 08.12.2005 zugrunde lagen, eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 SGB X durch Heilungsbewährung eingetreten ist. Mit diesem Bescheid war nach der am 17.02.2004 erfolgten Operation wegen eines Urothelcarcinoms der Harnblase (transurethrale Blasentumorresektion im Stadium pTa G1 Nx M0, Berichte Dr. B. vom 23.02.2004 und 19.12.2006) u.a. eine Harnblasenerkrankung im Stadium der Heilungsbewährung (mit einem Teil-GdB von 50) als Funktionsbeeinträchtigung anerkannt worden. Bei Erkrankungen, die - wie bei einem Krebsleiden - zu Rezidiven neigen, ist abzuwarten, ob es im Stadium der Heilungsbewährung zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Erkrankung kommt. Im Zustand der Heilungsbewährung ist der GdB höher eingeschätzt, als er dem tatsächlichen Zustand entspricht (AHP Nr. 18 Abs. 7). Nach Eintritt der Heilungsbewährung ist bei der Bewertung - im Unterschied zur Erstfeststellung - nur noch die bestehende Funktionsbeein-trächtigung zu berücksichtigen. Hierauf wurde der Kläger im Bescheid vom 08.12.2005 auch hingewiesen. Nach den AHP Nr. 26.1 ist nach Entfernung des Tumors im Frühstadium unter Belassung der Harnblase (Ta-1 N0 M0, Grading G1), wie dies beim Kläger zutrifft, eine Heilungsbewährung von zwei Jahren abzuwarten. Der davon abweichenden Ansicht von Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft vom 28.05.2008 an das SG, in der von einer Heilungsbewährung von fünf Jahren ausgegangen wird, kann nicht gefolgt werden. Das Stadium der Heilungsbewährung war vorliegend nach Ablauf der Heilungsbewährungsfrist im Februar 2006 beendet. Zu einer Progression bzw. zu einem Rezidiv der Tumorerkrankung ist es beim Kläger nicht gekommen, wie sich aus den zu den Akten gelangten Befundberichten sowie der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. B. vom 02.06.2008 an das SG ergibt. Der Beklagte war deshalb berechtigt und auch verpflichtet, eine Neufeststellung der Behinderung des Klägers wegen einer wesentlicher Änderung der Verhältnisse für die Zeit ab 11.05.2007 vorzunehmen.
Zu Recht hat der Beklagte den GdB - für die Zukunft - von 50 auf 40 herabgesetzt. Die verbliebenen Behinderungen des Klägers bedingen jedenfalls zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids keinen höheren GdB als 40.
Die verbliebenen Folgen der Harnblasenerkrankung des Klägers unter Berücksichtigung einer gutartigen Prostatavergrößerung sind mit einem GdB von 20 vom Beklagten nicht zu niedrig bewertet. Entleerungsstörungen der Blase (auch durch Harnröhrenverengung) sind nach den AHP Nr. 26.12 erst bei einem stärkeren Grad (z. B. Notwendigkeit manueller Entleerung, Anwendung eines Blasenschrittmachers, erhebliche Restharnbildung, schmerzhaftes Harnlassen) mit einem GdB von 20 (bis 40) zu bewerten. Nach den AHP Nr. 26.13 richtet sich bei einem Prostataadenom der GdB-Grad nach den Harnentleerungsstörungen und der Rückwirkung auf die Nierenfunktion. Dass beim Kläger Entleerungsstörungen der Blase bestehen, die die Ausschöpfung des GdB-Rahmens auf 30 oder 40 rechtfertigen, lässt sich den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Nach dem Befundbericht von Dr. B. vom 19.12.2006 besteht beim Kläger eine zufriedenstellende Miktion bei deutlichem Prostataadenom. Teilweise bestehen beim Kläger Schmerzen bei der Miktion. Auch in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 02.06.2008 an das SG nennt Dr. B. nur leichtgradige Probleme des Klägers hinsichtlich des Miktionsverhaltens. Demgegenüber hat Dr. H. in seinem Befundschein an das VA vom 31.05.2006 mitgeteilt, dass der Kläger zu einer Miktionsstörung sowie der Vita sexualis in seiner Praxis keine Angaben gemacht hat. Dass beim Kläger die Notwendigkeit einer manuellen Entleerung bzw. einer Anwendung eines Blasenschrittmachers besteht oder dass es zu einer erheblichen Restharnbildung kommt, ist nicht der Fall. Das Vorliegen einer Nierenfunktionsstörung ist den zahlreich zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht zu entnehmen. Danach hält auch der Senat einen Teil-GdB von 20 auf urologischem Gebiet für angemessen. Der abweichenden Ansicht von Dr. B., der in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 02.06.2008 auf urologischem Gebiet einen Teil-GdB von 30 für korrekt erachtet hat, folgt der Senat nicht. Die Bewertung des Teil-GdB mit 30 auf urologischem Gebiet findet nach dem oben Ausgeführten in den AHP keine Grundlage.
Hinsichtlich der Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronischen Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch, die das VA im Bescheid vom 08.12.2005 mit einem Teil-GdB-Ansatz von 20 mit berücksichtigt hat, beträgt nach den AHP Nr. 26.10 bei einer Refluxkrankheit der Speiseröhre mit anhaltenden Refluxbeschwerden je nach Ausmaß der GdB 10 bis 30, nach Nr. 26.11 bei Zwerchfellbrüche (einschl. Zwerchfellrelaxation) und einer Speiseröhren-gleithernie sowie andere kleine Zwerchfellbrüche ohne wesentliche Funktionsstörung der GdB 0 bis 10 und bei größeren Zwerchfellbrüche je nach Funktionsstörung 20 bis 30 und nach Nr. 26.10 bei einer chronische Gastritis (histologisch gesicherte Veränderung der Magenschleimhaut) der GdB 0 bis 10. Dass beim Kläger Refluxbeschwerden oder einen Zwerchfellbruch bestehen, die nach ihrem Ausmaß einem Teil-GdB von mehr als 10 rechtfertigen, ist nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen nicht der Fall. Nach dem Arztbrief von Dr. W. vom 23.01.2006 ist bei noch zeitweiligem Sodbrennen eine Befundbesserung eingetreten. Nach dem Befundschreiben von Dr. H. vom 31.05.2006 bestehen beim Kläger persistierend Rückflussbeschwerden in Form von Sodbrennen, epigastrischen Schmerzen und Heiserkeit ohne Erbrechen. Nach dem Befundbericht von Dr. W. vom 25.04.2007 besteht endoskopisch bis auf eine kleine axiale Hiatushernie ein unauffälliger Befund im oberen GI-Trakt. Entzündliche Veränderungen waren weder im Ösphagus, im Magen noch im Duodenum nachweisbar und eine Hp-Besiedlung hat sich nicht nachweisen lassen. Nach dem Gutachten von Dr. K. vom 22.04.2009 besteht beim Kläger zudem ein guter Allgemein- und Ernährungszustand, weshalb darauf zu schließen ist, dass der Kläger durch den Refluxbeschwerden und den Zwerchfellbruch lediglich geringgradig behindert wird. Auswirkungen der Refluxkrankheit auf Nachbarorgane sind dem medizinischen Befundunterlagen und den durchgeführten Ermittlungen des SG und des Senats nicht zu entnehmen. Eine Verschlimmerung des im Bescheid vom 08.12.2005 berücksichtigten Behinderungszustandes ist danach beim Kläger nicht eingetreten, eher eine Besserung. Der Senat erachtet deshalb einen Teil-GdB von 10, allenfalls von 20, wie ihn der Beklagte ursprünglich angenommen hat, für angemessen.
Die im Vergleich zum Bescheid vom 08.12.2005 neu hinzugetretenen Behinderungen des Klägers stehen der Herabsetzung des GdB von 50 auf 40 nicht entgegen.
Für die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und das Schulter-Arm-Syndrom ist auch zur Überzeugung des Senats ein höherer Teil-GdB als 20 nicht gegeben. Bei Wirbelsäulenschäden ist nach den AHP Nr. 26.18 ein GdB von 30 - erst - bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome oder bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (GdB 30 bis 40) anzunehmen. Dass beim Kläger schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt oder mittelschwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, ist zur Überzeugung des Senats nicht der Fall. Solche funktionellen Auswirkungen lassen sich den im Verwaltungsverfahren zu den Akten gelangten Befundunterlagen nicht entnehmen. Nach dem Arztbrief von Dr. K. vom 01.02.2007 ist die Bewegungsfähigkeit der Wirbelsäule beim Kläger zwar eingeschränkt. Die Neurologie war unauffällig. Aus dem von Dr. K. im Arztbrief vom 01.02.2007 mitgeteilten Wirbelsäulenbefund lassen sich mittelschwere oder schwere funktionelle Auswirkungen jedoch nicht entnehmen. Dies gilt auch für die von Dr. K. in seinem Gutachten vom 22.04.2009 mitgeteilten Wirbelsäulenbefunde. Danach bestehen beim Kläger zwar Beschwerden in drei Wirbelsäulenabschnitten. Insgesamt besteht eine vertiefte Schwingung der sagittalen Wirbelsäulenabschnitte sowie eine radiologisch sichtbare minimale rechts-links-Drehseitverbiegung, die sich jedoch klinisch nicht darstellt. Die Muskulatur ist mittelgradig bis deutlich verspannt. Die Beweglichkeit der Achsorganabschnitte ist nur endgradig eingeschränkt. Echte Nervenwurzelreizzeichen und eine Spinalkanalstenose sind nicht nachweisbar. Motorische Ausfallerscheinungen liegen nicht vor. Damit kann beim Kläger hinsichtlich seines Wirbelsäulenleidens von mittelgradigen Auswirkungen in keinem Wirbelsäulenabschnitt ausgegangen werden. Mittelgradige Auswirkungen in mehreren Wirbelsäulenabschnitten hat auch Dr. K. in seinem Gutachten nicht angenommen. Er hat vielmehr die funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden beim Kläger lediglich mit gering- bis mittelgradig eingestuft. Soweit Dr. K. in seinem Gutachten gleichwohl wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und degenerative Veränderungen einen Teil-GdB mit 30 annimmt, kann ihm nicht gefolgt werden. Diese Bewertung steht nicht im Einklang mit den dargestellten Vorgaben der AHP.
Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Dass beim Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule infolge Nervenwurzelreizzeichen bestanden, trifft nicht zu. Dr. K. hat in seinem Arztbrief vom 01.02.2007 chronische Nervenwurzelreizzeichen nicht diagnostiziert. Er hat vielmehr mitgeteilt, dass die Neurologie unauffällig war. Auch Dr. K. hat bei der ambulanten Untersuchung des Klägers am 22.04.2009 Nervenwurzelreizzeichen nicht festgestellt. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die im Arztbrief von Dr. K. vom 24.09.2010 erstmals diagnostizierte Wurzelreiz-Symptomatik L5 links bei Bandscheiben-protrusion L4/5 erst nach dem Ergehen des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2008 aufgetreten ist und deshalb im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung finden kann. Auch der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. K. vom 10.03.2011 lässt sich nicht entnehmen, dass beim Kläger bereits zum maßgeblichen Beurteilungszeitraum des Ergehens des Widerspruchsbescheids vom 28.02.2008 eine Wurzelreizsymptomatik bestand. Dies gilt auch für die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. O.-O. vom 22.12.2009. Insoweit, wie auch für sonstige nach dem Ergehen des Widerspruchsbescheids beim Kläger festgestellte Gesundheitsstörungen, ist der Kläger auf ein Neufeststellungsverfahren beim VA wegen Verschlimmerung zu verweisen.
Die beim Kläger bestehende leichtgradige Fußdeformität beidseits mit deutlicher Senk- und Spreizfußstellung und dadurch resultierenden leichten statischen Auswirkungen und die Fersensporne beidseits bedingen nach dem Gutachten von Dr. K. allenfalls einen Teil-GdB von 10. Entsprechendes gilt für das Schulter-Arm-Syndrom, für das Dr. K. - wohlwollend - bei vollständig freier Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits wegen möglicher wiederkehrenden Reizerscheinungen im Bereich des linken Schultergelenkes den Teil-GdB ebenfalls mit 10 angenommen hat. Dem schließt sich der Senat an. Mit einem Teil-GdB zu berücksichtigende Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Hüft-, Knie-, und der Ellenbogengelenke sowie der Hände liegen beim Kläger nicht vor bzw. sind nicht Sicherheit nachweisbar, wie Dr. K. in seinem Gutachten vom 22.04.2009 für den Senat weiter nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat.
Auch die vom Beklagten berücksichtigte Heiserkeit und funktionelle Organbeschwerden mit einem Teil-GdB von 20 sind nicht zu beanstanden. Dr. H. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG dieser Bewertung durch den versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten (Heiserkeit Teil-GdB 20 und funktionelle Organbeschwerden Teil-GdB 10) zugestimmt. Dr. B.-Z. geht auf HNO-ärztlichem Fachgebiet sogar von einem GdB von 0 aus. Einwendungen hat der Kläger gegen diese Bewertung des Teil-GdB im Übrigen auch nicht erhoben.
Die beim Kläger weiter bestehende chronische Bronchitis und Lungenblähung ist zur Überzeugung des Senats mit einem Teil-GdB von 10 ausreichend bewertet. Dass beim Kläger deswegen eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion besteht, die einen Teil-GdB von 20 (oder mehr) rechtfertigt, ist nicht ersichtlich. Dr. H. hat in seinem Befundschein vom 21.06.2007 keine wegweisenden Befunde hinsichtlich einer Lungenerkrankung des Klägers mitgeteilt, sondern die Vermutung geäußert, dass der Kläger eine chronische Heiserkeit/Hustenreiz lediglich als Lungenkrankheit interpretiert. Nach dem von Dr. H. mit seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vorgelegten Arztbrief von Dr. W. vom 12.05.2008 besteht beim Kläger eine unauffällige Lungenfunktion ohne Obstruktion oder Hyperreaktivität. Eine chronisch-obstruktive Bronchitis hat Dr. W. ausgeschlossen. Die Ursache eines Reizhustens führte Dr. W. auf eine Sinusitis maxilaris links zurück. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. B.-Z. vom 03.06.2008 trat beim Kläger nach einer operativen Sanierung der Nasennebenhöhlen eine deutliche Besserung der Sinusitisbeschwerden ein. Dass beim Kläger eine Krankheit der Atmungsorgane (z. B. Brustfellschwarten, chronisch-obstruktive - auch "spastische" oder "asthmoide" - Bronchitis, Bronchiektasen, Lungenemphysem, Pneumokoniosen, Lungenfibrosen, inaktive Lungentuberkulose) eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion geringen Grades (das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung [z. B. forsches Gehen [5 - 6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit]; statische und dynamische Messwerte der Lungenfunktionsprüfung bis zu 1/3 niedriger als die Sollwerte, Blutgaswerte im Normbereich) besteht, die nach den AHP Nr. 26.8 einen GdB von 20 (bis 40) rechtfertigt, kann danach nicht angenommen werden.
Sonstige Behinderungen, die mit einem Teil-GdB von über 10 zu bewerten sind, liegen nach den zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen und den vom SG und vom Senat durchgeführten Ermittlungen beim Kläger nicht vor. Dies hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.
Nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB ist ein höherer GdB als 40 nicht gerechtfertigt. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Senates selbst dann, wenn mit dem Kläger für die Refluxkrankheit der Speiseröhre, chronischer Magenschleimhautentzündung und Zwerchfellbruch sowie hinsichtlich der chronischen Bronchitis und Lungenblähung zu Gunsten des Klägers jeweils von einem Teil-GdB von 20 ausgegangen würde. Beim Kläger besteht keine schwerwiegende Behinderung, die mit einem Teil-GdB von 30 oder mehr zu bewerten ist. Nach den dargestellten Grundsätzen zu Bildung des Gesamt-GdB ist es bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 jedoch vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist es deshalb grundsätzlich nicht möglich, bei Vorliegen mehrerer Behinderungen mit einem Teil-GdB von 20, wie dies beim Kläger zutrifft, einen Gesamt-GdB von 50 zu bilden und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen (Urteil des Senats vom 05.03.2010 - 8 SB 5038/08 - m.w.N.), worauf der Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen hat. Teil-GdB-Werte von 10 sind nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Umstände, wie etwa das besonders ungünstige Zusammenwirken von Behinderungen, die eine Ausnahme zulassen, liegen beim Kläger nicht vor. Der abweichenden Bewertung des Gesamt-GdB von Dr. K. in seinem Gutachten vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den Sachverhalt für aufgeklärt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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