L 3 AS 5361/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 143/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 5361/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02. November 2010 wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem beklagten JobCenter die Übernahme bzw. Erstattung von Gerichts- und (gegnerischen) Anwaltskosten aus einem Räumungsprozess.

1. Der am 23.08.1953 geborene, erwerbsfähige Kläger bezog ab August 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten.

Seinem ersten Leistungsantrag hatte er unter anderem den "Einheitsmietvertrag" vom 28.07.2005 beigelegt, nach dem er ab dem 01.08.2005 bei der Zeugin Kr. eine 2-Zimmer-Wohnung für EUR 300,00 im Monat nettokalt gemietet hatte. Nachdem der Kläger einen neuen, ab dem 01.01.2007 geltenden Mietvertrag mit der Zeugin Kr. vorgelegt hatte, nach dem er nunmehr drei Zimmer für EUR 360,00 nettokalt angemietet hatte, und geltend machte, er benötige das zusätzliche Zimmer für die Aufenthalte seiner Tochter bei sich an den Wochenenden, bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheiden vom 13.03.2007 dem Kläger und seiner Tochter in Bedarfsgemeinschaft für Dezember 2006 sowie für Januar bis Juni 2007 höhere Leistungen unter Berücksichtigung der genannten Wohnkosten.

Spätestens ab dem 22.03.2007 war der Kläger bei der Zeugin Kr., die eine Apotheke betreibt, auch beschäftigt.

Auf Grund von Angaben der früheren Ehefrau des Klägers, einer Überprüfung der Apotheke der Zeugin Kr. durch das zuständige Zollamt und auf Grund der Feststellungen seines Ermittlungsdienstens kam der Beklagte im Frühjahr 2007 zu der Ansicht, der Kläger und die Zeugin Kr. lebten in einer Einkommens- und Verantwortungsgemeinschaft. Der Beklagte stellte sodann zunächst mit Bescheid vom 19.04.2007 die Leistungsgewährung sowohl an den Kläger als auch an seine Tochter ab dem 01.05.2007 vorläufig ein. Außerdem forderte er den Kläger darin unter anderem auf, zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Zeugin Angaben zu machen und Unterlagen vorzulegen.

Nachdem der Kläger dem nicht nachgekommen war, entzog der Beklagte mit Bescheid vom 10.05.2007 dem Kläger die bereits bewilligten Leistungen wegen fehlender Mitwirkung und hob die Leistungsbewilligung vom 13.03.2007 ab dem 01.05.2007 ganz auf. In einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 4 AS 1830/07 ER) verpflichtete das Sozialgericht Konstanz (SG) den Beklagten mit Beschluss vom 05.07.2007, dem Kläger bis zum 15.08.2007 vorläufig 70 % der Regelleistung, einen Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung sowie die vollen Unterkunftskosten zu gewähren. Der Beklagte setzte diesen Beschluss mit Bescheiden vom 10.07.2007 um. Ab dem 16.08.2007 erfolgten keine Zahlungen mehr.

In der Hauptsache hatte die Klage des Klägers gegen den Bescheid vom 10.05.2007 (S 4 AS 1977/07) keinen Erfolg (Urteil vom 19.07.2007). Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil wies der erkennende Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 3 AS 4053/07) mit Beschluss vom 11.12.2007 zurück. Der Senat führte darin aus, es sei davon auszugehen, dass der Kläger (bereits) wegen verschwiegenen eigenen Einkommens oder Vermögens nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II sei. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in jenem Beschluss verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 13.08.2008 als unzulässig (B 4 AS 180/07 B).

Der Kläger beantragte am 26.07.2007 erneut Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zu diesem Zeitpunkt wohnte er noch in dem Haus der Zeugin Kr. Der Beklagte versagte diese Leistungen mit Bescheid vom 29.08.2007, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 10.09.2007, wegen fehlender Mitwirkung, weil der Kläger über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Zeugin Kr. die Angaben nicht gemacht und die Unterlagen nicht vorgelegt hatte, die der Beklagte angefordert hatte. Auch mit seiner Klage gegen diesen Bescheid hatte der Kläger vor dem SG (S 4 AS 2568/07) keinen Erfolg (Gerichtsbescheid vom 05.08.2010). Auf die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil (L 3 AS 4599/10) hin hat der erkennende Senat mit weiterem Urteil vom heutigen Tage den Bescheid vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Er hat darin ausgeführt, dem Kläger habe die von dem Beklagten verlangte Mitwirkung nicht oblegen, außerdem habe die Beklagte nicht ausreichend Ermessen ausgeübt. Wegen der Einzelheiten der weiteren Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zwischen den Beteiligten seit Mai 2007 wird auf das genannte Urteil verwiesen.

2. Die Zeugin Kr. mahnte bei dem Kläger unter dem 07.05.2007 ausstehende Mietzahlungen für Mai 2007 an. Am 02.06.2007 kündigte sie das Mietverhältnis (und den Anstellungsvertrag). Später erhob sie Räumungs- und Zahlungsklage zum Amtsgericht (AG) Bad Saulgau (1 C 303/07) gegen den Kläger, die am 29.08.2007 zugestellt wurde. Sie trug dort vor, der Kläger sei die Mieten für Mai bis (zwischenzeitlich) August schuldig geblieben und habe lediglich am 18.07.2007 einen Abschlag von EUR 900,00 nachbezahlt. Hierzu legte sie drei Quittungen über je EUR 300,00 vom 18.07.2007 vor. Am 25.09.2007 informierte das AG den Landkreis S. (der zuständige Träger der Sozialhilfe und kommunale Träger des Beklagten) über die anhängige Räumungsklage. Die Zeugin Kr. zahlte einen Gerichtskostenvorschuss von EUR 408,00 zur Landeskasse ein. Später beauftragte sie einen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung. Dieser erwirkte gegen den Kläger das Anerkenntnisurteil vom 29.10.2007 über Räumung und Zahlung. Die Landeskasse zahlte der Zeugin am 09.11.2007 von den vorgeschossenen Gerichtskosten EUR 272,00 zurück. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.11.2007 setzte das AG gegen den (hiesigen) Kläger eine Forderung der Zeugin Kr. von insgesamt EUR 1.165,35 (Rechtsanwaltsgebühren von EUR 1.029,35 und restliche Gerichtskosten von EUR 136,00) fest. Dieser Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Kläger am 15.11.2007 zugestellt. Rechtsbehelfe wurden nicht eingelegt.

Mit Schreiben vom 17.11.2007 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Übernahme bzw. Erstattung der genannten Kosten in Höhe von EUR 1.165,35. Er führte aus, dieser Aufwand sei nicht von der Regelleistung der Grundsicherung für Arbeitsuchende abgedeckt. Außerdem habe der Beklagte diese Kosten schuldhaft verursacht, nachdem er fälschlicherweise von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Zeugin Kr. ausgegangen sei und das Arbeitslosengeld II ab Mai 2007 zu Unrecht entzogen bzw. versagt habe. Der Kläger legte auch das Anerkenntnisurteil und den Kostenfestsetzungsbeschluss vor. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 14.12.2007 ab. Er führte aus, für den vom Kläger erhobenen Anspruch sehe das SGB II keine Grundlage vor. Außerdem stehe der Kläger aktuell nicht im Leistungsbezug.

Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 zurück. Er führte darin ergänzend aus, nach dem Urteil des SG vom 19.07.2007 und dem Beschluss des erkennenden Senats vom 11.12.2007 sei der Kläger nicht hilfebedürftig.

Hiergegen hat der Kläger am 15.01.2008 Klage zum SG erhoben.

3. Zwischenzeitlich hatte die Zeugin Kr. den zuständigen Gerichtsvollzieher, OGV H., mit der Vollstreckung des Räumungsurteils beauftragt. Der Gerichtsvollzieher teilte der zuständigen Orts¬polizeibehörde, der Gemeinde O., am 29.04.2008 mit, er werde die Zimmer des Klägers am 04.06.2008 räumen. Die Gemeinde O. wies den Kläger daraufhin mit Bescheid vom 04.06.2008 ab diesem Tag in die kommunale Obdachlosenunterkunft ein und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Einweisungsverfügung an.

Kurz zuvor, am 29.05.2008, hatte der Kläger erneut Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt. Der Beklagte versagte diese mit Bescheid vom 11.11.2008 erneut wegen fehlender Mitwirkung und bestätigte dies durch Widerspruchsbescheid vom 01.12.2008. In dem anschließenden Klagverfahren vor dem SG (S 4 AS 3562/08) wies der Kläger - nunmehr über seinen Prozessbevollmächtigten - unter anderem darauf hin, dass er nicht mehr bei der Zeugin Kr., sondern in der genannten Obdachlosenunterkunft wohne. Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger mit zwei Bescheiden vom 28.04.2009 rückwirkend ab dem 04.06.2008 Leistungen unter Berücksichtigung der Aufwendungen für die Obdachlosenunterkunft.

4. In dem hier streitigen Komplex (Übernahme der Kosten des Räumungsprozesses) hat das SG zunächst den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) mit Beschluss vom 23.07.2010 abgelehnt. Das SGB II sehe keine Rechtsgrundlage für die Übernahme der genannten Kosten vor. Außerdem sei der Kläger nicht hilfebedürftig, da er mit der Zeugin Kr. in Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft lebe und außerdem über bislang nicht angegebenes eigenes Einkommen und Vermögen verfüge. Die Beschwerde des Klägers gegen diese Ablehnung seines PKH-Antrags hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 12.10.2010 zurückgewiesen, wobei er zur Begründung insoweit auf die Ausführungen des SG verwiesen hat.

Die Klage selbst hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 02.11.2010 abgewiesen und seine Ausführungen aus dem Beschluss vom 23.07.2010 wiederholt. Ausführungen zu Anspruchsgrundlagen außerhalb des Sozialrechts enthält der Gerichtsbescheid nicht.

5. Am 19.11.2010 hat der Kläger Berufung zum LSG eingelegt. Er trägt vor, die begehrte Erstattung bzw. Übernahme sei nicht in der Regelleistung enthalten. Außerdem habe der Beklagte die Kosten des Räumungsprozesses verursacht. Einen Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem AG habe er nicht mit Erfolg stellen können, da die Räumungsklage der Zeugin Kr. begründet gewesen sei. Er habe bereits ab August/September 2007 erfolglos versucht, eine andere Wohnung zu finden. Hierzu nennt der Kläger Namen und Anschriften von vier Vermietern bzw. Hausverwaltungen sowie der Gemeinde O.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 02.11.2010 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.01.2008 zu verurteilen, ihm EUR 1.165,35 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen. Er verweist darauf, dass der Kläger in dem Räumungsprozess vor dem AG PKH hätte beantragen können. Ferner habe er die Möglichkeit gehabt, sofort aus der Wohnung auszuziehen. Der Beklagte behauptet, der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 19.07.2007 in dem Verfahren S 4 AS 1977/07 selbst mitgeteilt, er werde bei der Zeugin Kr. ausziehen. Hierzu legt der Beklagte das Protokoll jener Verhandlung vor, auf das Bezug genommen wird. Letztlich trägt der Beklagte vor, der Kläger habe in der fraglichen Zeit mit der Zeugin Kr. in Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft gelebt und sei daher nicht hilfebedürftig gewesen.

Der Berichterstatter des Senats hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 11.03.2011 verwiesen.

Ferner hat der Senat die Akte des Räumungsprozesses vor dem AG beigezogen. Auf das darin enthaltene Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 29.10.2007 wird wegen der Angaben des Klägers ebenfalls verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, auch wenn der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 07.09.2011 nicht erschienen ist. Der Kläger war ordnungsgemäß geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch ohne seine Anwesenheit hingewiesen worden.

2. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie war auch nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - hier i.V.m. § 105 Abs. 2 Satz 1 - Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulassungsbedürftig, denn der Kläger ist aus dem angegriffenen Gerichtsbescheid um EUR 1.165,35 und damit um mehr als EUR 750,00 beschwert.

3. Der Senat prüft das Begehren des Klägers unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, also nicht nur etwaige sozialrechtliche Ansprüche, sondern insbesondere auch einen möglichen Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung (Amtshaftungsanspruch) aus § 839 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Satz 1 Grundgesetz (GG). Diese Befugnis und Pflicht zur umfassenden Prüfung folgt aus § 17 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i.V.m. § 202 SGG.

a) Auch ein derartiger möglicher Amtshaftungsanspruch ist Gegenstand dieses Verfahrens.

Bereits im Antragsverfahren bei dem Beklagten hatte der Kläger nicht nur ausgeführt, die Regelleistungen des SGB II erfassten die geltend gemachten Kosten nicht, daher müsse es eine eigenständige Anspruchsgrundlage geben. Er hat bereits dort ferner vorgetragen, der Beklagte habe diese Kosten schuldhaft verursacht, nachdem er fälschlicherweise von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Zeugin Kr. ausgegangen sei und das Arbeitslosengeld II ab Mai 2007 zu Unrecht entzogen bzw. versagt habe. Aus dieser Begründung ergab sich, dass der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.165,36 bzw. Freihaltung von einer entsprechenden Zahlungsforderung der Zeugin Kr. aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des AG (vgl. hierzu den Rechtsgedanken des § 257 Satz 1 BGB) nicht nur auf sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen (des SGB II), sondern auch auf eine Amtshaftung des Beklagten stützt. Zwar hat er diese Ausführung im Klagverfahren vor dem SG nicht wiederholt, jedoch in seiner Klagschrift vom 12./15.01.2008 auf den Widerspruchsbescheid vom 08.01.2008 hingewiesen. Dies reichte aus, um seinen Vortrag aus dem Vorverfahren auch in das Klagverfahren einzubeziehen. In der Berufungsschrift vom 18./19.11.2011 hat der Kläger dann wieder deutlich auch Amtshaftung geltend gemacht.

Außerdem muss auch ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit selbst dann von Amts wegen prüfen, ob es über einen Amtshaftungsanspruch zu entscheiden hat, wenn der Kläger diesen nicht ausdrücklich benennt. Denn zwar obliegt es nach der auch im sozialgerichtlichen Verfahren maßgebenden Dispositionsmaxime (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, vor § 60 Rn. 3) dem Kläger, welche "Ansprüche" er nach § 123 SGG "erheben" will. Damit ist jedoch nicht in sein Belieben gestellt, auf welche materiell-rechtlichen Vorschriften er sein Begehren stützen will, vielmehr ist hiermit nur gesagt, dass er den Streitgegenstand bestimmt, also den Lebenssachverhalt und dasjenige, was er auf dessen Grundlage als gerichtliche Entscheidung anstrebt ("prozessualer Anspruch"; vgl. Leitherer, a.a.O., § 95 Rn. 5): Der Kläger hat die Fakten zu liefern, die rechtliche Subsumtion ist Sache des Gerichts ("da mihi factum, dabo tibi ius"; "iura novit curia"; vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 28.03.2000, BSGE 86, 78, 79 f. und jüngst BSG, Beschluss vom 20.10.2010, B 13 R 63/10 B, Juris Rn. 22).

b) Der Senat kann und muss das Verfahren auch nicht trennen und die Klage des Klägers, soweit sie auf Amtshaftungsansprüche gestützt ist, an das Landgericht Hechingen als das zuständige Gericht (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) des - ebenfalls - eröffneten ordentlichen Rechtswegs (Art. 34 Satz 3 GG, §§ 13, 17 Abs. 2 Satz 2 GVG) verweisen.

An dieser Stelle kann offen bleiben, ob das SG während des erstinstanzlichen Verfahrens zu einer derartigen Trennung und (Teil-)ver¬weisung befugt gewesen wäre oder ob es sich bei seiner Entscheidung auf mögliche Anspruchsgrundlagen außerhalb der Amtshaftung beschränken durfte. Diese Verfahrensweise hätte einer verbreiteten Rechtsansicht entsprochen, die zur Begründung anführt, dass einerseits das GVG keine Teilverweisung kenne und andererseits eine Verweisung des gesamten Rechtsstreits (Streitgegenstands) nicht erfolgen dürfe (vgl. hierzu § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG), wenn das angerufene Gericht zumindest für einen Teil der einschlägigen materiellen Ansprüche zuständig sei (vgl. BSG, Beschluss vom 20.10.2010, a.a.O., Rn. 23 m.w.N.). Das SG hat jedoch keinen der beiden Wege gewählt, sondern über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch insgesamt und nach allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen entschieden. Hätte das SG seine Prüfung auf sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen beschränken wollen, so hätte es dies in dem Gerichtsbescheid deutlich machen müssen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 20). Es finden sich zu diesem Punkt jedoch keinerlei Ausführungen. Nach dem Grundsatz, dass eine Zahlungs- bzw. Leistungsklage nur abgewiesen werden kann, wenn überhaupt keine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch vorliegt, ist daher davon auszugehen, dass das SG jegliche Anspruchsgrundlage verneint hat, wobei der Senat davon ausgeht, dass dem SG nicht bewusst war, dass der Anspruch des Klägers womöglich auch auf § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG gestützt war. Gleichwohl ist nicht von einem verdeckten Teilurteil (Teilgerichtsbescheid) auszugehen, bei dem ein Teil des Streitgegenstandes noch vor dem SG anhängig wäre. Wie ausgeführt, kann der einheitliche Anspruch des Klägers nicht geteilt werden, sondern nur auf unterschiedliche Anspruchsgrundlagen gestützt sein.

Für den Senat in der Berufungsinstanz gilt nunmehr § 17a Abs. 5 GVG: Nach dieser Vorschrift prüft ein Gericht, das über ein Rechtsmittel in der Hauptsache entscheidet, nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Hierzu hat das BSG in dem Beschluss vom 20.10.2010 entschieden, dass die Bindungswirkung dieser Norm immer dann eingreift, wenn das erstinstanzliche Gericht "in der Sache" auch über eine Amtshaftung entschieden hat. Dies ist nach dem genannten Beschluss nur dann nicht der Fall, wenn das erstinstanzliche Gericht unter Missachtung des § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG trotz einer Rüge des fehlerhaften Rechtswegs zur Sache entschieden hat (a.a.O., Rn. 26) oder wenn es die Klage gerade wegen der fehlenden Rechtswegzuständigkeit für (teilweise) unzulässig erklärt hat (a.a.O., Rn. 27 m.w.N.). Dagegen ist in der Rechtsprechung des BSG eine "Entscheidung in der Hauptsache" i.S. von § 17a Abs. 5 GVG selbst dann angenommen worden, wenn das SG die auf Amtshaftung gerichtete Klage als unzulässig abgewiesen hat, weil es die Klage aus einem anderen Grund als dem des Rechtswegs (z. B. mangels Vorverfahrens) für unzulässig gehalten hat (vgl. BSG, SozR 4-1720 § 17a Nr. 1 Rn. 5; BSG, SozR 4-2500 § 132a Nr. 2 Rn. 35). Und eine "Entscheidung in der Hauptsache" ist immer dann anzunehmen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (BSG, a.a.O., Rn. 29; Bundesgerichtshof [BGH], BGHZ 127, 297). Das Verbot der Prüfung des Rechtswegs durch das Rechtsmittelgericht soll selbst dann gelten, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw. diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BSG, a.a.O., Rn. 29; BGH, NJW 2008, 3572, 3573).

Das SG hat, wie ausgeführt, in dem angegriffenen Gerichtsbescheid stillschweigend, aber in der Sache, über die Amtshaftungsansprüche des Klägers entschieden. Insbesondere hat es die Klage nicht aus anderen Gründen als fehlender Rechtswegeröffnung für unzulässig gehalten. Daher muss der Senat nunmehr - ebenfalls - in der Sache entscheiden.

Es verletzt auch nicht § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG, wonach Art. 34 Satz 3 GG unberührt bleibt, wenn der Senat als Gericht der Sozialgerichtsbarkeit über Amtshaftungsansprüche des Klägers in der Sache entscheidet. Diese Regelung gilt in einer Rechtsmittelinstanz nicht, weil § 17a Abs. 5 GVG insoweit die speziellere Vorschrift darstellt und dort eine entsprechende Vorbehalts- bzw. Ausnahmeklausel nicht vorhanden ist. Diese (einschränkende) Anwendung der Ausnahmevorschrift in § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG verstößt nicht gegen Art. 34 Satz 3 GG. Diese Verfassungsnorm verbietet (dem Gesetzgeber) lediglich, den ordentlichen Rechtsweg von vornher¬ein auszuschließen; das Verbot einer durch allgemeine Verfahrensvorschriften ausnahmsweise begründeten Zuständigkeit ist darin nicht enthalten (BSG, a.a.O., Rn. 31; BSG, SozR 4-1720 § 17a Nr. 1 Rn. 8; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 14.12.1998, 5 AS 8/98, Juris Rn. 18). Auch das Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter (Art 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ist durch eine solche Entscheidung dann nicht verletzt.

c) Der Senat sieht auch davon ab, lediglich nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG den angegriffenen Gerichtsbescheid aufzuheben und das Verfahren an das SG zurückzuverweisen. Es kann daher auch hier offen bleiben, ob das SG in der Sache über Amtshaftungsansprüche (bzw. genauer: über entsprechende Anspruchsgrundlagen) entscheiden durfte oder zu einer (Teil-)verweisung verpflichtet war.

Selbst wenn ein solcher Fehler vorliegt, ist der Senat nicht zu einer bloßen Aufhebung der Entscheidung erster Instanz und Zurückverweisung des Verfahrens verpflichtet. § 159 Abs. 1 SGG räumt dem Berufungsgericht Ermessen bei dieser Entscheidung ein (Keller, a.a.O., § 159 Rn. 5). Hierbei ist die Zurückverweisung eine Ausnahme. Gegen eine Zurückverweisung spricht es außerdem, wenn sie zu einer - ggfs. weiteren - Verzögerung des Verfahrens führen würde, wenn die Beteiligten mit einer Entscheidung des Berufungsgerichts in der Sache einverstanden sind, wenn die Sache entscheidungsreif ist oder das Berufungsgericht zumindest schon in Ermittlungen eingetreten ist (vgl. Keller, a.a.O., Rn. 5a, 5b).

Dieses Ermessen übt der Senat dahin aus, dass er über die Berufung selbst entscheidet. Hierfür spricht nicht nur, dass das Verfahren insgesamt – also unter Einbeziehung von Antrags- und Vorverfahren – bereits fünf Jahre schwebt und weitere Verzögerungen vermieden werden sollten. Vor allem könnte der Senat nur eine Teil-Aufhebung und Teil-Zurückverweisung aussprechen, nämlich nur hinsichtlich der Amtshaftungsansprüche. Das SG könnte dann nichts anderes tun als diesen Teil des Rechtsstreits an das Landgericht Hechingen zu verweisen. Dies widerspräche der Regelung des § 17a Abs. 5 GVG, es käme fast einer Umgehung dieser gesetzlichen Wertung gleich.

4. Auch nach diesem (umfassenden) Prüfungsmaßstab ist die Berufung allerdings nicht begründet. Dem Kläger steht aus allen in Betracht kommenden Grundlagen der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten nicht zu.

a) Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, sieht das SGB II keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Übernahme bzw. Erstattung von Kosten eines Räumungsprozesses gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Erwägungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheid. Ergänzend ist lediglich auszuführen:

Einen Anspruch auf Übernahme von Prozesskosten sieht allein § 33 Abs. 4 Satz 2 SGB II vor. Diese Norm betrifft aber allein solche Prozesskosten, die einem Hilfebedürftiger im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens erwachsen, das er führt, weil ihm der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende jene Unterhaltsansprüche gegen Dritte zur gerichtlichen Geltendmachung zurück¬übertragen hat (§ 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II).

Die Regelungen über Mehrbedarfszuschläge in § 21 Abs. 1 bis Abs. 5 SGB II erfassen die Kosten eines Räumungsprozesses nicht, außerdem betreffen sie nur laufende Mehrbedarfe, die zumindest für einen längeren Zeitraum bestehen, was für Prozesskosten nicht zutrifft. Leistungen für einmalige Bedarfe konnten nach § 23 Abs. 3 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung für die Erstausstattung der Wohnung und mit Kleidung und außerdem für mehrtägige Klassenfahrten verlangt werden, nach § 24 Abs. 3 SGB II n.F. bestehen die Erstausstattungsansprüche fort, statt der Leistungen für Klassenfahrten gibt es jetzt solche für orthopädische Maßschuhe und therapeutische Geräte. Im Bereich von Unterkunft und Heizung sieht § 22 SGB II nur Ansprüche auf Leistungen für laufende Kosten wie Miete oder ggfs. Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB vor sowie auf Leistungen für die Beschaffung neuen Wohnraums (Makler-, Umzugskosten).

Der Kläger kann sich auch nicht auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09 u. a.) berufen. Dort hat das BVerfG zwar entschieden, die Verfassung verlange einen gesonderten Anspruch zur "Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs für die nach § 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch Leistungsberechtigten ( ...), der bisher nicht von den Leistungen nach §§ 20 folgende Sozialgesetzbuch Zweites Buch erfasst wird, zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch zwingend zu decken ist." Zur Schaffung eines solchen Anspruchs hat das BVerfG dem Gesetzgeber jedoch Zeit bis zum 31.10.2010 gegeben. Zwar hat es weiterhin einen entschieden, dass bis zu einer gesetzlichen Neuregelung (vgl. nunmehr § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II) ein solcher Anspruch unmittelbar aus der Verfassung folge und nach § 35 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) unmittelbar gegen die Bundesagentur für Arbeit und zu Lasten des Bundes geltend gemacht werden könne. Dies gilt jedoch erst ab der Verkündung des Urteils des BVerfG, also ab dem 09.02.2010. Und selbst wenn sich der Kläger noch auf diese Anordnung des BVerfG berufen könnte, weil nämlich der Ablehnungsbescheid des Beklagten an diesem Tage noch nicht bestandskräftig war (vgl. hierzu § 79 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG), dann scheitert auch dieser Anspruch bei ihm daran, dass die Kosten aus dem fraglichen Räumungsprozess mit der Zeugin Kr. keinen laufende, sondern allenfalls einen einmaligen Bedarf darstellten.

Da nach alledem der Bedarf, den der Kläger hier geltend macht, Teil der Regelleistung ist (§ 20 Abs. 1 SGB II), besteht gegen den Beklagten allenfalls ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 23 Abs. 1 SGB II a.F. (heute § 24 Abs. 1 SGB II n.F.), sofern das Schonvermögen des Klägers, auch der zusätzliche Freibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II, nicht ausreicht, um diesen Sonderbedarf zu decken. Der Kläger begehrt jedoch kein Darlehen, sondern einen verlorenen Zuschuss, nämlich die endgültige Übernahme bzw. Erstattung jener Prozesskosten.

Gerade diese Möglichkeit eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II, zur vorläufigen Tragung derartiger Prozesskosten ggfs. nach § 23 Abs. 1 SGB II ein Darlehen zu erhalten, führt auch dazu, dass das dargestellte Anspruchssystem nicht gegen die Verfassung verstößt. Der Anspruch des Einzelnen auf staatliche Leistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz aus Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) verlangt nicht, dass der Staat Gerichtsverfahren kostenfrei ausgestaltet oder Ansprüche auf endgültige Übernahme von Prozesskosten für Hilfebedürftige begründet. Die Betroffenen sind durch die Regelungen über die Prozesskostenhilfe (§§ 114 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]), die grundsätzlich in allen Verfahrensordnungen gelten (vgl. z. B. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG), ausreichend geschützt. Sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung eines Hilfebedürftigen hinreichende Erfolgsaussichten bietet, führt die Bewilligung von PKH dazu, dass er keine Gerichtskosten und grundsätzlich auch keine eigenen Anwaltskosten tragen muss. Nur die gegnerischen Anwaltskosten müssen auch bei einer Bewilligung von PKH getragen werden (§ 123 ZPO). Diese Kosten fallen einem Hilfebedürftigen jedoch grundsätzlich nur dann zur Last, wenn er als Kläger oder Beklagter in dem fraglichen Verfahren unterliegt. Grundsätzlich hat also selbst eine Ursache für diese Kostenlast gesetzt, sei es durch Erhebung einer unberechtigten Klage, sei es z. B. durch die Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung. Der Höhe nach ist der Hilfebedürftige ausreichend dadurch geschützt, dass der gegnerische Anwalt nur die angemessenen, gesetzlich festgelegten Gebühren gegen ihn geltend machen kann.

Da hiernach das SGB II überhaupt keine Grundlage für den geltend gemachten Anspruch vorsieht, lässt der Senat hier offen, ob der Kläger zur Zeit seines Erstattungsantrags bei dem Beklagten und danach hilfebedürftig war und daher überhaupt Ansprüche nach dem SGB II innehatte.

b) Der Kläger kann sein Zahlungs- bzw. Freistellungsbegehren auch nicht auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs stützen.

aa) Grundsätzlich hat der sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat, sodann ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht und schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können, wobei die Korrektur durch den Herstellungsanspruch dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen darf (vgl. etwa BSG, SozR 4-4300 § 137 Nr. 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Konkret ist unter anderem Voraussetzung, dass die verletzte Pflicht dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegt und dass sie zumindest gleichwertig (neben anderen Bedingungen) den Nachteil bewirkt hat, wobei sie außerdem darauf gerichtet war, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (sog. Schutzzweckzusammenhang, vgl. zu allem LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2011, L 3 R 748/10, Juris Rn. 21).

bb) Den Nachteil, den der Kläger hier geltend macht, könnte der Beklagte nicht mit einer zulässigen Amtshandlung ausgleichen. Es gibt im SGB II, wie ausgeführt, keine Grundlage für einen Anspruch auf Übernahme oder Erstattung von Prozesskosten aus einem Räumungsprozess. Wenn aber eine geltend gemachte Sozialleistung überhaupt nicht existiert, kann sie auch nicht im Rahmen eines Herstellungsanspruchs verlangt werden. Mit diesem Herstellungsanspruch können lediglich einzelne Voraussetzungen eines an sich bestehenden Sozialleistungsanspruchs fingiert werden.

cc) Außerdem fehlt es an dem notwendigen Kausalzusammenhang zwischen der angeblichen Pflichtverletzung des Beklagten, nämlich der Entziehung bzw. späteren Versagung von Leistungen nach dem SGB II ab Mai 2007, und den Kosten des späteren Räumungsprozesses.

Zum einen war jene Entziehung nicht eine zumindest gleichwertige Ursache für die spätere Kostenlast des Klägers aus dem Räumungsprozess. Wegen der Entziehung der laufenden Leistungen war der Kläger womöglich nicht mehr in der Lage, eine etwa geschuldete Miete an die Zeugin Kr. zu zahlen. Kausal auf dieser Entziehung beruhten daher zunächst nur solche Zusatzkosten, die wegen der Nichtzahlung entstanden sind, vor allem z. B. Verzugszinsen. Ebenfalls noch in einem ausreichenden Zusammenhang hätten z. B. Kosten für die Beschaffung neuen Wohnraums nach einer Kündigung des Mietverhältnisses durch die Zeugin beruht. Die Kosten des späteren Prozesses dagegen beruhen überwiegend auf einer anderen und damit wesentlichen Ursache, die den laufenden Kausalzusammenhang zu der angeblichen Pflichtverletzung des Beklagten unterbrochen hat. Ursache für die Klagerhebung durch die Zeugin Kr. war nämlich, dass der Kläger trotz der Kündigung des Mietverhältnisses, die er selbst als berechtigt ansah, nicht freiwillig auszog. Dieser freie Entschluss wiegt schwerer als die mögliche Pflichtverletzung des Beklagten zuvor. Es lässt sich auch nicht sagen, dem Kläger sei ein solcher Auszug nicht möglich gewesen, sodass kein freier Entschluss vorgelegen habe, in der Wohnung zu bleiben. Die Zeugin Kr. hatte das Mietverhältnis bereits am 02.06.2007 gekündigt, nachdem der Kläger zu diesem Zeitpunkt (gerade eben) mit zwei Monatsmieten im Verzug war und daher der Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a BGB bestand. Die Klage der Zeugin wurde dem Kläger erst am 29.08.2007 zugestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren dem Kläger keine Prozesskosten entstanden, insbesondere keine Gerichtskosten. In den dazwischen liegenden fast drei Monaten hätte der Kläger ausziehen können. Dass er seinem Vortrag nach keine Wohnung gefunden hat, ändert an dieser Einschätzung nichts. Wie der spätere Ablauf zeigt, war die Gemeinde O. in der Lage, dem Kläger binnen weniger Tage eine Unterkunft zu verschaffen.

Zum anderen fehlt es an dem notwendigen Schutzzweckzusammenhang (Rechts- bzw. Pflichtwidrigkeitszusammenhang). Die Pflicht eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren (und nicht etwa ungerechtfertigterweise zu entziehen oder zu versagen), dient allein dazu, dem Hilfebedürftigen die Unterkunft zu erhalten. Prozesskosten aus einem Räumungsprozess muss der Betroffene aber nur tragen, wenn die Unterkunft ohnehin nicht mehr gehalten werden kann, weil die Kündigung wirksam ist. Leistungen zur Übernahme dieser Kosten würden nicht mehr der Sicherung des Existenzminimums dienen, also nicht mehr dem Zweck des SGB II entsprechen.

c) Auch aus Amtshaftung heraus kann der Kläger vom Beklagten nicht die Übernahme bzw. Erstattung der Kosten des Räumungsprozesses mit der Zeugin Kr. verlangen.

Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB). Art. 34 Satz 1 GG bestimmt ergänzend: Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Drittengegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Diese Haftungsverlagerung auf den Dienstherrn (im statusrechtlichen oder funktionellen Sinne) greift vor allem in den Fällen einer Amtspflichtverletzung nach § 838 Abs. 1 Satz 1 BGB ein. Ersatzfähig ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen (§ 249 Abs. 1 BGB) der materielle (und ggfs. immaterielle, § 253 Abs. 1 BGB) Schaden, der durch die Amtspflichtverletzung adäquat kausal verursacht wurde, der also bei objektiver Betrachtungsweise voraussehbar war.

Der Senat lässt auch hier offen, ob die Entziehung bzw. später Versagung der laufenden Leistungen an den Kläger rechtmäßig war oder - objektiv - eine Amtspflichtverletzung des zuständigen Mitarbeiters des Beklagten war. Es muss daher auch nicht entschieden werden, ob es auf Grund des ersten Verfahrens zwischen den Beteiligten, in dem der Senat mit Beschluss vom 11.12.2007 entschieden hatte, und das inzwischen rechtskräftig beendet ist, nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG zwischen den Beteiligten bindend feststeht, dass die damalige Entziehung, die der Kläger als Ursache für seine Kostenlast sieht, rechtmäßig war.

Offen lässt der Senat ebenfalls, ob der Beklagte eine "Körperschaft" im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG ist, also Schuldner des Amtshaftungsanspruchs sein kann oder der Kläger seine diesbezüglichen Ansprüche gegen jenen der beiden Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richten müsste (Bundesagentur für Arbeit oder Landkreis S.), in deren Diensten der betroffene Mitarbeiter stand.

Jedenfalls ist nichts dafür ersichtlich, dass der zuständige Mitarbeiter des Beklagten bei seiner Entscheidung, die dem Kläger bewilligten Leistungen nach § 66 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ab dem 01.05.2007 wegen fehlender Mitwirkung zu entziehen, vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. In der Rechtsprechung der Sozialgerichte wird und wurde auch schon 2007 durchaus vertreten, dass es einem Leistungsberechtigten oder Antragsteller obliege, Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse seines (vermeintlichen) Partners zu machen und entsprechende Unterlagen beizubringen und dass die Leistungen entzogen oder versagt werden könnten, wenn er dieser Mitwirkungsobliegenheit nicht nachkomme (vgl. nur LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.02.2008, L 8 AS 3380/07, Juris Rn. 26). Ein Schuldvorwurf im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ist einem Behördenmitarbeiter aber dann nicht zu machen, wenn er bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung die Gesetzes- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft geprüft hat und zu einer - auf den fraglichen Zeitpunkt bezogen - vertretbaren Rechtsansicht gelangt ist. Nicht jeder objektive Rechtsirrtum begründet einen Schuldvorwurf. Wenn die nach sorgfältiger Prüfung gewonnene Rechtsansicht als rechtlich vertretbar angesehen werden kann, dann kann aus der späteren Missbilligung dieser Auffassung durch die Gerichte ein Schuldvorwurf nicht hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 08 ...10.1992, III ZR 220/90, NJW 1993, 530, 531; OLG Oldenburg, Urteil vom 21.07.2006, 6 U 30/06, Juris).

Unabhängig von dieser Frage gilt auch hier wie im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, dass der geltend gemachte Schaden des Klägers nicht mehr voraussehbar, also adäquat kausal, auf der möglichen Pflichtverletzung des Mitarbeiters des Beklagten beruhte, sondern eine wesentliche andere Ursache hatte.

d) Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor. Insbesondere folgt der Senat dem genannten Beschluss des BSG vom 20.10.2010 zur Reichweite des § 17a Abs. 5 GVG, sodass keine Divergenz vorliegt (Nr. 2). Mit dem jenem Beschluss ist die Auslegung dieser Norm für die Sozialgerichtsbarkeit auch abschließend geklärt, sodass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) hat (Nr. 1).
Rechtskraft
Aus
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