L 5 R 2153/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2788/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 2153/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.2.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige mit einem Auftraggeber.

Am 24.2.2006 beantragte der (1955 geborene) Kläger, von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige mit einem Auftraggeber (§ 2 Satz 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) - befristet für Existenzgründer - befreit zu werden. Außerdem beantragte er die Zahlung von Beiträgen (Mindestbeitrag) für eine freiwillige Versicherung.

Zur Begründung gab der Kläger an, er sei (ohne über eine Erlaubnis gem. § 3 Güterkraftverkehrsgesetz zu verfügen) seit 1.1.2006 als LKW-Fahrer selbstständig erwerbstätig. Gegenstand seines (Einzel-)Unternehmens seien Fahrten im Nahverkehr bzw. der Transport von Baumaterialien. Er sei überwiegend für einen Auftraggeber, die Firma W. L. GmbH & Co KG (Beigeladene Nr. 1), ab und zu auch für die Firma S., tätig und beziehe mindestens fünf Sechstel seiner gesamten Betriebseinnahmen (regelmäßig über 400 EUR monatlich) aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber (Beigeladene Nr. 1). Vor der jetzigen Tätigkeit sei er für die genannten Auftraggeber nicht als Arbeitnehmer tätig gewesen. Eigenes Kapital setze er nicht ein; die LKWs würden von seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Auch sei im Hinblick auf "Mundpropaganda" Werbung für sein Unternehmen nicht erforderlich. Aufträge dürfe er nach freier Entscheidung annehmen oder ablehnen und sei im Übrigen an Weisungen und Arbeitszeiten nicht gebunden. Die Befreiung solle befristet bis 1.1.2008 erteilt werden.

Dem Antrag war ein Schreiben der Beigeladenen Nr. 1 vom 22.2.2006 beigefügt. Darin wird unter der Überschrift "Vereinbarung" bestätigt, dass dem Kläger ein LWK überlassen wird und er als selbstständiger Fahrer für das Unternehmen arbeitet. Der Kläger legte außerdem eine Gewerbeanmeldung zum 1.12.2003 vor (angemeldete Tätigkeit: Dienstleistungen, LKW und Bus, Hol- und Bringdienst, Handel mit Fahrzeugen).

Unter dem 27.3.2006 gab der Kläger auf einem ihm übersandten Fragebogen (u.a.) ergänzend an, die Tätigkeit als LKW-Fahrer werde täglich von 6.00 Uhr bis ca. 17.00 Uhr ausgeübt. Vorher sei er als Feuerwehrmann bei der Firma D. beschäftigt gewesen. Eigene Betriebsräume würden nicht unterhalten, Arbeitnehmer nicht beschäftigt; Gewerbesteuer werde nicht gezahlt. Die Arbeitszeit könne teilweise frei gewählt werden. Weisungen hinsichtlich der Ausführung der Arbeit würden erteilt, wobei er teilweise die gleichen Arbeiten wie fest angestellte Mitarbeiter seines Auftraggebers ausführe. Er müsse die Arbeit persönlich verrichten. Der Einsatz eigenen Kapitals oder die Gestellung von Sicherheiten sei nicht notwendig. Konkrete Kalkulationsangebote in Konkurrenz zu anderen würden nicht abgegeben, er könne die Preise aber selbst gestalten und stelle monatlich (umsatzsteuerpflichtige) Rechnungen. Über einen eigenen Kundenstamm verfüge er nicht. Er führe eine Unfallversicherung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft. Bei Krankheit müsse er eine Ersatzkraft nicht stellen, gebe vielmehr die Aufträge zurück. Angaben zur Haftung für Schäden oder für Schlechtleistung machte der Kläger nicht.

Die Ehefrau des Klägers teilte auf Nachfrage der Beklagten am 9.8.2006 (u.a.) mit, die Rechnungen würden monatlich an die Beigeladene Nr. 1 gestellt, wobei bei Beginn der Tätigkeit ein Stundensatz ausgehandelt worden sei. Der Kläger bekomme für die Touren einen Einsatzplan, den er sodann abarbeite. Die Aufträge würden von der Beigeladenen Nr. 1 vermittelt, in deren Namen der Kläger auch nach außen auftrete; er werde ausschließlich über die Beigeladene Nr. 1 angefordert. Im Urlaubsfall müsse ein Ersatzfahrer nicht gestellt werden.

Mit Bescheid vom 29.8.2006 lehnte die Beklagte den Befreiungsantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger könne von der Versicherungspflicht nur befreit werden, wenn er eine selbstständige Tätigkeit ausübe, die zur Versicherungspflicht als Selbstständiger mit einem Auftraggeber gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI führe. Das sei nicht der Fall, da er seine Tätigkeit in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausübe (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch, SGB IV). Er sei in den Betrieb der Beigeladenen Nr. 1 integriert und hinsichtlich der Arbeitsleistung deren Weisungen unterworfen. Eigenes Kapital setze er nicht ein und trage damit auch kein Unternehmerrisiko.

Mit Schreiben vom 29.8.2006 teilte die Beklagte der Beigeladenen Nr. 1 mit, der Kläger sei bei ihr als Arbeitnehmer beschäftigt. Man möge ihn als versicherungspflichtigen Arbeitnehmer bei der zuständigen Einzugsstelle anmelden.

Zur Begründung seines gegen den Bescheid vom 29.8.2006 eingelegten Widerspruchs trug der Klägers vor, er habe eine Gewerbeanmeldung als selbstständiger Kraftfahrer abgegeben, mit der Maßgabe, dass er zwar auf fremden Fahrzeugen fahre, sich aber aussuche, bei wem er wann, wie oft und zu welchen Zeiten fahren wolle. Derzeit werde er allerdings überwiegend von der Beigeladenen Nr. 1 beschäftigt. Es komme jedoch vor, dass auch andere Auftraggeber bei ihm anfragten; dabei handele es sich um die Firma Sch. B. in D., die Straßenbaufirma M. und die Firma K ... Sei er bereits vergeben, versuche er, die Fahraufträge an andere selbstständige LKW-Fahrer zu vermitteln. Für seine Tätigkeit benötige er im eigentlichen Sinne kein Büro. Er sei soweit bekannt, dass die Auftraggeber ihn über seine Telefon- bzw. Handynummer jederzeit erreichen könnten. Die Verwaltungsarbeit erledige er am Wochenende zu Hause.

Mit Bescheid vom 9.3.2007 lehnte die Beklagte auch den Antrag des Klägers auf Zahlung von Beiträgen für eine freiwillige Versicherung ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1.3.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, da die Beigeladene Nr. 1 dem Kläger einen LKW zur Verfügung stelle, trage dieser mangels Kapitaleinsatzes kein Unternehmerrisiko. Er sei außerdem an die Weisungen des Auftraggebers und dessen Arbeitszeiten gebunden. Insgesamt überwögen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechenden Tätigkeitsmerkmale. Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI liege nicht vor; deswegen könne der Kläger hiervon auch nicht gem. § 6 Abs. la SGB VI befreit werden. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger mit einem am 6.3.2007 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben.

Am 10.4.2007 (Dienstag nach Ostermontag 2007) erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart. Zur Begründung trug er vor, er brauche kein Kapital, da er seine Dienste anbiete. Ihm stehe die freie Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung von Aufträgen zu; er habe also unternehmerische Freiheit, worauf es ausschlaggebend ankomme. An Weisungen und Arbeitszeiten des Auftraggebers sei er nicht gebunden und er bekomme auch kein Arbeitsentgelt. Jede Fahrt werde in einer Monatsrechnung gesondert abgerechnet. Das Berufsbild des selbständigen LKW-Fahrers bedinge die Nutzung eines fremden Fahrzeugs, da nur Fahrerdienste angeboten würden. Zudem habe er sich auf LKW-Auskleidungen spezialisiert und dafür Werkzeuge für nahezu 9.000 EUR (später: 17.000 EUR) angeschafft. Derzeit sei er im Auftrag eines Ingenieurbüros als LKW-Testfahrer (LKWs der Firma D.) tätig. Auch dabei handele es sich um eine selbstständige Erwerbstätigkeit.

Seine Geschäfte entwickelten sich langsam. Auch für eine Firma G. habe er mittlerweile Fahrten durchgeführt. Außerdem übernehme er Auskleidungsaufträge. Er habe zwei Mitarbeiter als geringfügig Beschäftigte (Monatsentgelt 400,00 EUR) eingestellt und führe Beiträge zur I. Region St. ab. Die A., bei der er freiwillig versichert sei, erkenne ihn offenbar als selbständig Erwerbstätigen an und erhebe dementsprechend Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Zu weiteren Klagebegründung legte der Kläger ein Schreiben der Firma W. Sch. Transporte/Erdarbeiten/Baustoffe (Firma Sch.) vom 25.9.2007 vor. Darin heißt es, der Kläger übernehme mehrmals im Monat LKW-Fahrten. Diese würden über die Beigeladene Nr. 1 abgerechnet. Außerdem legte der Kläger Rechnungen über LKW-Auskleidungen, Kontoauszüge, Abrechnungen für 2006 und 2007, eine an die Firma C. GmbH gerichtete Rechnung über 117 Arbeitsstunden zu 24 EUR (Technische Versuchsfahrten für die Firma D.), eine Rechnung an die Firma Sch. über Dienstleistungen im Oktober 2007 (3.492 EUR) sowie eine Gewerbeummeldung vom 24.8.2007 (neu: LKW-Innenauskleidung, weiterhin: Dienstleistungen, LKW-Fahrer) und einen Gewerbesteuervorauszahlungsbescheid für das Jahr 2008 vor.

Die Beklagte trug vor, unterschiedliche Tätigkeiten müssten ggf. getrennt gewürdigt werden. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei allein die Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer. Diese werde in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt, da die Beigeladene Nr. 1 den LKW zur Verfügung stelle und es daher mangels eigenen Kapitaleinsatzes am Unternehmerrisiko des Klägers fehle. Auch die Fahrten des Klägers für die Firma Sch. würden über die Beigeladene Nr. 1 abgerechnet.

Das Sozialgericht holte schriftliche Zeugenaussagen der Inhaber/Mitarbeiter der Firmen L. und Sch. ein.

Von der Firma Sch. wurde angegeben, im Jahr 2007 sei der Kläger für sie im Oktober und November tätig gewesen und habe Baggerarbeiten erledigt und eine Raupe bedient; er habe vertretungsweise (Urlaub/Krankheit) Aufgaben eigener Angestellter gegen stundenweise Abrechnung übernommen und sei dabei ihren Weisungen unterworfen gewesen. Von der Beigeladenen Nr. 1 wurde angegeben, im Jahr 2007 sei der Kläger an 166 Tagen für sie tätig gewesen und habe die (an Dritte übertragbaren) Arbeiten mit ihren Fahrzeugen in freier Einteilung der Arbeitszeit erledigt. Er sei gegen Rechnung stundenweise bezahlt worden. Man habe ihn auch an andere Unternehmen vermittelt.

Die Beklagte trug ergänzend vor, die Firma Sch. habe bestätigt, dass der Kläger ihrem Weisungsrecht unterworfen sei. Anzunehmen sei, dass der Bagger, mit dem der Kläger Arbeiten verrichtet habe, ebenfalls von der Firma Sch. zur Verfügung gestellt werde. Nach Angaben der Beigeladenen Nr. 1 habe der Kläger Fahrten nie im eigenen Namen, sondern ausschließlich im Namen und als Lieferant der Beigeladenen Nr. 1 ausgeführt. Die Beitragsrechnungen der A. beträfen deren Vertragsverhältnis mit dem Kläger und könnten eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht belegen. Aus den eingeholten Stellungnahmen der Unternehmen gehe hervor, dass der Kläger mit deren LKWs Fahrten unternommen habe und gegenüber deren Kunden nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Unternehmen aufgetreten sei. Er habe Arbeiten geleistet, die sonst von Mitarbeitern dieser Unternehmen hätten erledigt werden müssen.

Das Sozialgericht holte abschließend schriftliche Zeugenaussagen von Mitarbeitern der Firmen C. und G. ein.

Vor der Firma C. wurde mitgeteilt, der Kläger sei für sie im Oktober, November und Dezember 2007 tätig gewesen und habe einen LKW der Firma D. gefahren. Die Abrechnung sei auf Stundenbasis erfolgt. Vor der Firma G. wurde angegeben, der Kläger habe für sie in der Zeit von Januar bis August 2008 Fahrzeuginstandsetzungsarbeiten ausgeführt.

Am 29.7.2009 führte das Sozialgericht eine nichtöffentliche Erörterungsverhandlung und am 26.2.2010 eine mündliche Verhandlung durch.

In der Erörterungsverhandlung vom 29.7.2009 gab der Kläger (u.a.) an, er sei 2005 auf 2006 bei der Firma D. ausgeschieden und habe sich (mit Kunststoff) selbständig machen wollen. Die Fahrtätigkeit – zunächst als Urlaubs- und Krankheitsvertretung - sei als Überbrückung gedacht gewesen. Die Beigeladene Nr. 1 betreibe einen Schrotthandel mit etwa 20 fest angestellten Beschäftigten. Er habe dort alles gemacht, was angefallen sei, u.a. im Hof gearbeitet, Gabelstapler gefahren und Reparaturen erledigt. Bei Ausfall eines Fahrers sei er LKW gefahren. Am Morgen des Arbeitstags habe er einen Plan vorgefunden und die aufgeführten Arbeiten erledigt. Die Tätigkeit als Aushilfsfahrer sei nicht strikt durch Dienstplan geregelt gewesen. Üblicherweise habe er von 7.00/7.30 bis gegen 16.00/17.00 Uhr gearbeitet, bei Fahrten entsprechend länger bis Fahrtende. Die Firmen Sch. und G. hätten bei kurzfristigem Bedarf (nach einem "Springer") bei der Beigeladenen Nr. 1 angefragt, ob er für sie arbeiten könne. Diese habe mit ihm Rücksprache gehalten und er habe sodann die Tätigkeiten (bei Nutzung von Fahrzeugen der Beigeladenen Nr. 1) regelmäßig über die Beigeladene Nr. 1 (teils auch unmittelbar mit der Firma G.) abgerechnet. Für die Firma C. habe er Testfahrten ausgeführt wegen eines speziellen Programms für Bremsen. Er habe kurzzeitig selbst mit Aushilfsfahrern gearbeitet; diese seien jedoch nicht zuverlässig genug gewesen. Seine Arbeit (jeglicher Art) habe er immer nach Stundensätzen abgerechnet (18 EUR, später 19,50 EUR).

Mit Urteil vom 26.2.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige mit nur einem Auftraggeber (Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2007). Die Beklagte habe dies in den angefochtenen Bescheiden zu Recht abgelehnt.

Gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI seien Personen versicherungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigten, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400,00 EUR im Monat übersteige und die auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig seien. Sie könnten nach näherer Maßgabe des § 6 Abs. la Satz 1 Nr. 1, Abs. 2, 4 und 5 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit werden. Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften seien nicht erfüllt, da der Kläger in der streitigen Zeit nicht (i. S. d. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI) selbständig erwerbstätig, sondern als LKW-Fahrer gem. § 7 Abs. 1 SGB IV abhängig beschäftigt gewesen sei. Mangels schriftlicher Vereinbarungen müsse auf die tatsächliche Übung im Verhältnis des Klägers zu den beteiligten Unternehmen abgestellt werden. Die Tätigkeit als LKW-Fahrer könne zwar sowohl in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (vgl. allgemein hierzu BSG, Urt. v. 19.8.2003, - B 2 U 38/02 -; Urt. v. 22.6.2005, - B 12 KR 28/03 R -) wie in einem freien Dienstverhältnis (vgl. BSG, Urt. v. 27.11.1980, - 8a RU 26/80 -) ausgeübt werden. Hier überwögen allerdings die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale.

Für die Zeit vom 1.1.2006 bis 30.9.2007 habe der Kläger ausschließlich Abrechnungen mit der Beigeladenen Nr. 1 vorgelegt. Er sei bei diesem Unternehmen abhängig beschäftigter Arbeitnehmer gewesen. Der Kläger habe, für Beschäftigte typisch, nur seine Arbeitskraft, jedoch keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht auf Einnahmen bzw. Verluste eingesetzt und deswegen ein Unternehmerrisiko nicht getragen. Den für die Fahrten genutzten LKW habe die Beigeladene Nr. 1 zur Verfügung gestellt. Diese habe auch für Wartung, Betankung und Reparaturen gesorgt. Die Belastung mit Risiken durch die Verwertung der Arbeitskraft spreche nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Arbeitseinsatzes gegenüberstehe (vgl. BSG, Urt. v. 28.5.2008, - B 12 KR 13/07 R -). Auch daran fehle es. Der Kläger habe nämlich regelmäßig von Montag bis Freitag, teilweise sogar am Samstag, im Umfang (mindestens) eines üblichen Arbeitstages für die Beigeladene Nr. 1 gearbeitet. Er sei, wie (u.a.) aus seinen Angaben in der Erörterungsverhandlung vom 29.7.2009 hervorgehe, in deren Betrieb eingegliedert und einem umfassenden Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung unterworfen gewesen; die zu verrichtenden Tätigkeiten habe er allmorgendlich einem Dienstplan entnommen. Die (theoretische) Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, ändere daran nichts. Auch in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen seien Vertragsgestaltungen nicht unüblich, bei denen es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen werde, ob er im Anforderungsfall tätig werden wolle oder nicht. Werde etwa bei Arbeit auf Abruf oder in Vertretungsfällen nur im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen, könne dem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.11.2008, - L 4 KA 4098/06 -; LSG Hessen, Urt. v. vom 24.2.2009, - L 1 KA 249/08 -). Nehme der Arbeitnehmer das Angebot an, übe er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus. Der Kläger habe die für ihn vorgesehenen Tätigkeiten auch regelmäßig verrichtet. Arbeiten für die Firma Sch. seien (ebenfalls) über die Beigeladene Nr. 1, deren Fahrzeuge der Kläger benutzt habe, abgerechnet worden; letztendlich sei der Kläger samt Fahrzeug an die Firma Sch. "verliehen" worden.

Als Gegenleistung für seine Tätigkeit habe der Kläger Arbeitsentgelt nach einem festen Stundensatz bekommen und wie Arbeitnehmer Stundenabrechnungen vorgelegt (vgl. dazu LSG Baden- Württemberg, Urt. v. 21.11.2008, - L 4 KA 4098/06 -; LSG Hessen, Urt. v. 24.2.2009, - L 1 KA 249/08 -). Pauschalvergütungen für bestimmte Aufträge seien nicht gezahlt worden. Die Ausweisung von Mehrwertsteuer in den vom Kläger erstellten Rechnungen besage für dessen sozialversicherungsrechtlichen Status nichts. Entsprechendes gelte für die Abführung von I.-Beiträgen bzw. die Gewerbeanmeldung des Klägers oder dessen freiwillige Versicherung bei der A. (vgl. LSG Baden-Württemberg und LSG Hessen, a. a. O., LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 11.11.2005, - L 13 R 112/05 -).

Das Risiko, wegen Krankheit oder Urlaub nicht arbeiten zu können, stelle ein Unternehmerrisiko nicht dar, treffe vielmehr jeden Arbeitnehmer, der nur nach Zeitverträgen oder auf Abruf arbeite und nach Stunden bezahlt werde oder unständig Beschäftigter sei (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 11.11.2005, - L 13 R 112/05 -). Anderes gelte nur dann, wenn bei Arbeitsmangel über das Ausbleiben von Einnahmen hinaus (weiterlaufende) Kosten für betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfielen oder Investitionen brachlägen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O). Auch das sei hier nicht der Fall. Der Kläger habe die Arbeitsleistung schließlich persönlich erbracht und nach eigenen Angaben nur kurzzeitig mit Aushilfsfahrern gearbeitet.

Für die im Oktober bis Dezember 2007 zusätzlich für die Firma Sch. geleistete Arbeit gelte nichts anderes. Dort habe der Kläger ebenfalls Fahrzeuge des Unternehmens eingesetzt. Die Arbeit sei ihm jeweils morgens zugeteilt und weisungsgebunden für einen festen Stundensatz verrichtet worden. Die im Oktober und November 2007 bei der Firma C. ausgeübte Tätigkeit als Testfahrer sei ebenfalls weisungsgebunden im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses verrichtet worden. Ein Unternehmerrisiko habe der Kläger, der die Fahrzeuge der Firma D. für festen Stundenlohn zu Testzwecken gefahren habe, wiederum nicht getragen. Er habe an genau festgelegten Tagen bestimmte Testungen mit den Fahrzeugen ausführen müssen. Dass der Kläger im Herbst/Winter 2007 für verschiedene Auftraggeber gearbeitet habe, sei unerheblich, da auch abhängig Beschäftigte für mehrere Auftraggeber tätig sein könnten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.11.2008, a. a. O.).

Auf das ihm am 6.4.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5.5.2010 Berufung eingelegt. Er bekräftigt sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, maßgeblich für die Einstufung einer Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit sei das Gesamtbild im Einzelfall. Dabei könne es hier nicht ausschlaggebend darauf ankommen, ob der (selbständige) LKW-Fahrer einen eigenen LKW einsetze oder mit fremden Fahrzeugen (der Auftraggeber) arbeite. Er sei vor der Tätigkeit als LKW-Fahrer Berufsfeuerwehrmann bei der Werksfeuerwehr der Firma D. gewesen und habe mit dem Fahrergewerbe nichts zu tun gehabt. Auch der selbständige LKW-Fahrer müsse die Weisungen seines Auftraggebers befolgen, weswegen das Merkmal der Weisungsgebundenheit unergiebig sei. Angestellte Arbeitnehmer müssten ihre Arbeitskraft in einem bestimmten Arbeitszeitrahmen zu einem festen Lohn oder Stundenlohn anbieten; für ihn habe das nicht gegolten. Er habe auch weder Urlaub noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beanspruchen können. Im Lauf des zweiten Jahres hätten sich Veränderungen ergeben, da er auch Aufträge für andere Unternehmen durchgeführt und als Testfahrer gearbeitet habe. Außerdem habe er vermehrt LKW-Auskleidungen vorgenommen; letzteres habe den Großteil des Geschäfts ausgemacht. Das Sozialgericht habe das nicht ausreichend gewürdigt und nicht untersucht, ob und in welchem Umfang er den ausgeprägten Willen zur Selbständigkeit umgesetzt habe. Insoweit müsse die (regelmäßig langsame) Entwicklung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Rahmen einer entsprechenden Übergangszeit bedacht werden. Er habe im Willen zur Selbständigkeit ein Gewerbe angemeldet und sich um Aufträge bemüht, die er im Laufe der Zeit zunehmend erhalten habe. Jedenfalls die LKW-Auskleidungen würden im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit ausgeführt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.2.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29.8.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.3.2007 zu verurteilen, ihn von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung für Selbstständige mit einem Auftraggeber während der Zeit vom 1.1.2006 bis 31.12.2007 zu befreien.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Kläger hat mitgeteilt, er habe zum 1.5.2011 wieder ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht für Selbständige mit einem Auftraggeber und auf Zahlung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge zu Recht abgelehnt; er hat darauf keinen Anspruch.

I. Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers sind die Bestimmungen in § 2 Satz 1 Nr. 9 und § 6 Abs. 1a bzw. § 7 SGB VI.

1.) Gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI in der bis 30.4.2007 geltenden Fassung sind versicherungspflichtig selbständig tätige Personen, die (a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400 EUR im Monat übersteigt, und (b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind. In der ab 1.5.2007 geltenden Gesetzesfassung ist bei Buchstabe a auf ein bestimmtes Arbeitsentgelt eines beschäftigten Arbeitnehmers nicht mehr abgestellt.

Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtige Personen werden gem. § 6 Abs. 1a SGB VI von der Versicherungspflicht befreit (1.) für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erfüllt, (2.) nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden. Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten. Sie wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt (§ 6 Abs. 2 bis 5 SGB VI).

Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1a SGB VI setzt Versicherungspflicht als Selbständiger nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI voraus; andernfalls ginge die Befreiung ins Leere. Werden im Einzelfall mehrere Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt, sind diese hinsichtlich des Bestehens der Versicherungspflicht jeweils getrennt zu beurteilen. Dies folgt aus der Rechtsprechung des BSG, wonach bei nebeneinander vorliegenden verschiedenen rentenversicherungsrechtlich bedeutsamen Sachverhalten das Bestehen von Versicherungspflicht (oder Versicherungsfreiheit bzw. Versicherungsbefreiung) hinsichtlich des einen Sachverhalts grundsätzlich keine Wirkung für den anderen Sachverhalt hat, jeder Sachverhalt mithin, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, selbstständig zu beurteilen ist, und es deshalb zulässigerweise zu Mehrfachversicherungen und mehrfacher Beitragspflicht kommen kann (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung – vgl. BSG, Urt. v. 4.11.2009, - B 12 R 7/08 R – m. w. N., allerdings mit dem Hinweis darauf, dass die Beklagte dieses Gebot bei unterschiedlichen, jeweils nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI zu beurteilenden selbstständigen Tätigkeiten offenbar nicht konsequent durchführen will; vgl. auch jurisPK/Pietrek, SGB VI § 2 Rdnr. 176).

Ebenso wie der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI danach tätigkeitsbezogen an Hand der jeweils in Rede stehenden Tätigkeit zu prüfen ist, erfolgt auch die Befreiung von der Versicherungspflicht tätigkeitsbezogen (und nicht personenbezogen). Gem. § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung nämlich auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Die Bestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (berufsständische Versorgungseinrichtungen) stellt (wie die Übergangsvorschrift in § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) ebenfalls auf die (konkrete) Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ab (BSG, Urt. v. 22.10.1998, - B 5/4 RA 80/97 R -; Beschl. v. 13.7.2009, - B 12 R 30/08 B -; LSG Hamburg, Urt. v. 27.5.2008,- L 3 RA 5/04 -; auch BT-Drs- 11/4124, S. 151, 152).

2.) Die Abgrenzung einer selbständigen Erwerbstätigkeit (auch) i. S. d. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI von der abhängigen Beschäftigung richtet sich im Ansatz nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG, Urt. v. 18.12.2001, - B 12 KR 10/01 R -). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG, Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R -). Demgegenüber ist eine selbständige Erwerbstätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig erwerbstätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; Urt. v. 19.6.2001, - B 12 KR 44/00 R - m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urt. v. 25.1.2006, - B 12 KR 30/04 R -; auch Senatsurteil vom 8.6.2011, - L 5 KR 4009/10 -).

3.) Liegt eine abhängige Beschäftigung i. S. d. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV vor, besteht gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die (Pflicht-)Beiträge sind gem. 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vom Beschäftigten und seinem Arbeitgeber zu tragen und gem. § 174 Abs. 1 SGB VI i. V. m. den Vorschriften des SGB IV über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen (abzuführen). Eine freiwillige Versicherung mit der Zahlung freiwilliger Beiträge durch den Versicherten selbst (§§ 171, 173 Satz 1 SGB VI) ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur für Personen möglich, die nicht versicherungspflichtig sind. Besteht Versicherungspflicht, fehlt es am Bedürfnis nach zusätzlicher Sicherung im Rahmen der Versicherungsberechtigung; auf welchem Rechtsgrund die Versicherungspflicht beruht, ist ohne Belang (KassKomm/Gürtner, SGB VI § 7 Rdnr. 4).

II. Davon ausgehend hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht als Selbständiger (§ 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI) und auf Zahlung freiwilliger Beiträge zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat in der streitigen Zeit (1.1.2006 bis 31.12.2007) als LKW-Fahrer eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt. Er war in dieser Tätigkeit vielmehr bei der Beigeladenen Nr. 1 gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) und deswegen versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung; eine freiwillige Versicherung mit der Zahlung freiwilliger Beiträge kommt nicht in Betracht. Der Senat teilt die sozialversicherungsrechtliche Würdigung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten anzumerken:

Streitgegenstand ist die Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2007. Nur diese ist im Hinblick auf die Versicherungspflicht gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI oder die Befreiung hiervon gem. § 6 Abs. 1a SGB VI sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen. Die daneben ausgeübten weiteren Tätigkeiten des Klägers als Testfahrer (im Auftrag der C. GmbH) oder als Anbieter von LKW-Auskleidungen sind nicht von Belang. Sie unterlägen ggf. einer eigenständigen sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung, deren Ergebnis im Hinblick auf das Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung Rückwirkungen auf die Beurteilung der Tätigkeit als LKW-Fahrer nicht hätte. Deswegen kommt es auch nicht darauf an, in welchem Umfang der Kläger LKW-Auskleidungen vorgenommen hat.

Auch für den Senat weist die Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer das Gesamtbild einer abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen Nr. 1 auf. Eine selbständige Erwerbstätigkeit liegt insoweit nicht vor.

Ein Unternehmerrisiko hat der Kläger in der Tätigkeit als LKW-Fahrer nicht getragen. Für seine Arbeit hat er einen LKW der Beigeladenen Nr. 1, der von dieser betankt, gewartet und ggf. repariert wurde, genutzt und auch im Übrigen eigene Betriebsmittel oder eigenes (Wagnis-)Kapital nicht eingesetzt. Die Gewinnaussichten wie die Verlustrisiken des Unternehmers sind allein der Beigeladenen Nr. 1 zugeordnet gewesen. Nur diese hat auch für etwaige Verbindlichkeiten oder die Schlechterfüllung von Aufträgen gehaftet; der Kläger ist solchen, für die Rechtsstellung des selbständigen Unternehmers typischen (über die Arbeitnehmerhaftung hinausgehenden) Haftungsrisiken nicht ausgesetzt gewesen.

Der Kläger ist (unbeschadet der für § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI kennzeichnenden Tätigkeit für nur einen Auftraggeber) mit seinen Leistungen nicht als Unternehmer am Markt in Erscheinung getreten. Werbung für seine Fahrertätigkeit hat er nicht betrieben und er hat auch über den Preis seiner Leistungen mit anderen Anbietern nicht konkurriert. Entsprechende Angebote auf der Grundlage einer eigenen Preiskalkulation hat er nicht abgegeben, sondern für die Beigeladene Nr. 1 gegen eine (wie der Stundenlohn von Arbeitnehmern) als Stundensatz festgelegte Vergütung gearbeitet. Dass er diese gegenüber der Beigeladenen Nr. 1 durch Monatsrechnungen geltend gemacht hat, betrifft formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend. Schließlich ist der Kläger auch bei den Kunden von Transportleistungen nicht in eigenem Namen, sondern im Namen der Beigeladenen Nr. 1 aufgetreten; das galt selbst dann, wenn Transportleistungen für andere Unternehmen (Firma Sch.t) erbracht worden sind.

Der Kläger ist auch in den Betrieb der Beigeladenen Nr. 1 eingegliedert und hinsichtlich der Arbeitsleistung deren Weisungen unterworfen gewesen.

Das Merkmal der Weisungsgebundenheit ist entgegen der Auffassung des Klägers für die Festlegung des sozialversicherungsrechtlichen Status keineswegs unergiebig. Freilich trifft es zu, dass auch selbständig Erwerbstätigen für die Erbringung ihrer Leistung "Weisungen" durch ihre Auftraggeber erteilt werden können, denen sie im Einzelfall Folge leisten müssen. Rechtsgrund hierfür sind aber die vertraglichen Vereinbarungen, typischerweise im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags nach §§ 611, 631 BGB, die der Dienstherr oder Besteller mit dem Dienstnehmer oder Werkunternehmer getroffen hat, und deren Erfüllung er - falls notwendig - durch eine "Weisung" geltend machen kann. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers (Beschäftigten) beruht demgegenüber auf der arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis des Arbeitgebers. Die Direktionsbefugnis ist zwar ebenfalls vertraglich (im Arbeitsvertrag) fundiert, umfasst aber auch Weisungen zu Einzelheiten hinsichtlich der konkreten Art und Weise der Arbeitsleistung, die über die Erfüllung der einem Unternehmer vertraglich obliegenden Haupt- und Nebenpflichten hinausgehen. Während der seinen Vertrag erfüllende Unternehmer ungeachtet der Vertragsbindung und der darauf zurückgehenden und dadurch auch begrenzten "Weisungsgebundenheit" seine Leistung ansonsten selbstbestimmt erbringen kann, muss der Arbeitgeberweisungen befolgende Arbeitnehmer typischerweise fremdbestimmte Arbeit in einem fremden Betrieb leisten.

Hier hat der Kläger im Unternehmen der Beigeladenen Nr. 1 täglich von 7.00 Uhr bis ca. 17.00 Uhr, also im Rahmen eines üblichen Arbeitstages, gearbeitet und dabei außer dem Fahren eines LKW eine Vielzahl weiterer Tätigkeiten, u.a. auf dem Betriebshof, mit dem Gabelstapler oder bei Reparaturen, verrichtet. Er hat dabei teils die gleichen Arbeiten wie fest angestellte Mitarbeiter erledigt, war hierzu wie Arbeitnehmer auch in Person verpflichtet und hat die auszuführenden Arbeiten einem Dienstplan entnommen. Dieser beruhte ersichtlich auf der arbeitsrechtlichen Direktionsbefugnis und nicht auf gesonderten vertraglichen Abreden, die der Kläger mit der Beigeladenen Nr. 1 getroffen hätte. Nichts anderes gilt für die Tätigkeit als LKW-Fahrer. Auch dabei hat der Kläger als Beschäftigter arbeitsrechtlich fundierte Weisungen befolgen und nicht (nur) als Unternehmer Vertragspflichten aus Werk- oder Dienstverträgen erfüllen müssen.

Dass zwischen dem Kläger und der Beigeladenen Nr. 1 ein schriftlicher Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden ist, ist für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ebenso unerheblich wie das Vorenthalten typischer Arbeitnehmerrechte (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub). Auch die Anmeldung eines Gewerbes, die Zahlung von I.-Beiträgen oder die krankenversicherungsrechtliche Einstufung des Klägers durch die zuständige Krankenkasse ist nicht ausschlaggebend.

III. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved