Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 2119/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 4072/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.6.2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 6.500 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Disziplinarmaßnahme (Geldbuße von 1.500 EUR).
Der Kläger ist Kieferorthopäde und nimmt seit 1973 als Zahnarzt und seit 1979 als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie (mit Vertragsarztsitz in R.) an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 25.4.1995 ist ihm die Zulassung für das Fachgebiet Kieferorthopädie erteilt worden.
Im Jahr 2005 war gegen den Kläger auf Antrag der AOK Baden-Württemberg ein Zulassungsentziehungsverfahren durchgeführt worden. Mit Bescheid vom 5.7.2005 (Beschluss vom 28.6.2005) entzog der Zulassungsausschuss für Vertragszahnärzte für den Regierungsbezirk T. (ZA) dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung; der Kläger habe Behandlungen aus Budgetgründen unterbrochen oder den Behandlungsabschluss verzögert und Weiterbehandlungen von der Zahlung privatzahnärztlicher Rechnungen für (modell-)diagnostische Leistungen abhängig gemacht. Auf den Widerspruch des Klägers hob der Zulassungs-Berufungsausschuss für Vertragszahnärzte für den Regierungsbezirk T. den Bescheid des ZA mit Beschluss vom 18.1.2006 auf. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die seinerzeit maßgeblichen Bestimmungen des BEMA-Z (Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen) seien nicht unzweifelhaft gewesen. Der Kläger habe mit Privatliquidationen zwar monetäre Interessen in unangemessener Weise verfolgt, was disziplinarisch geahndet werden könne; eine Zulassungsentziehung sei aber noch nicht ausreichend vertretbar. Zuvor war ein Antrag der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten vom 16.4.1997 auf Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens abgelehnt worden (Beschluss des ZA vom 6.5.1997).
Im Jahr 2006 stellte der Kläger den bei der AOK Baden-Württemberg versicherten Patienten A. L. (geb. 1989), L. J. (geb. 1986) und S. F. (geb. 1988) bzw. deren gesetzlichen Vertretern unter Anwendung der GOZ jeweils privatärztliche Rechnungen über 74,15 EUR für ein Dokumentationsmodell aus. Dem lagen folgende Vereinbarungen zu Grunde:
Vereinbarung über außervertragliche kieferorthopädische Leistungen
von (Name des Versicherten)
Ich wurde darüber aufgeklärt, dass in meinem Behandlungsfall zum Zwecke der Dokumentation und Sicherung der Behandlungsqualität aus juristischen Gründen zusätzliche, über das notwendige, ausreichende und wirtschaftliche Maß hinausgehende diagnostische Leistungen erforderlich sind.
Diese Leistungen dürfen von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden: Die Abrechnung erfolgt nach der Gebührenordnung für Zahnärzte/Ärzte (GOZ/GOÄ) gemäß nachfolgendem Kostenvoranschlag. Kostenvoranschlag
GOZ/GOÄ Bezeichnung Anzahl Betrag
006A Dokumentationsmodell 1 33,62 EUR
Honorar für zahnärztliche Leistungen 33,62 EUR
Zusätzliche Material- und Laborkosten ca.: 40,53 EUR
Gesamtkosten: 74,15 EUR Unterschrift Behandler und Zahlungspflichtiger
Die Versicherten A. L. und S. F. zahlten den geforderten Betrag. Der Kläger führte die Behandlung zu Ende und stellte unter dem 19.12.2006 entsprechende Abschlussbescheinigungen (§ 29 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) aus. L. J. bezahlte die Privatrechnung nicht und beendete die Behandlung beim Kläger.
Die Eltern der Versicherten A. L. und S. F. wandten sich an die AOK. In einem Aktenvermerk vom 22.1.2007 ist festgehalten, der Kläger habe gegenüber der Mutter des Versicherten A. L. geäußert, wenn die Privatrechnung nicht bezahlt werde, werde er die Behandlung nicht abschließen. Nach (notgedrungener) Zahlung des Betrags habe der Kläger die Abschlussbescheinigung erst nach über einem Monat ausgestellt. In einem Schreiben des Vaters des L. J. vom 10.1.2007 heißt es, der Kläger habe sich geweigert, die Abschlussbescheinigung ohne Zahlung der Privatrechnung auszustellen und geäußert, auf Kassenpatienten ohnehin nicht angewiesen zu sein.
Nachdem sich die AOK Baden-Württemberg an die Beklagte gewandt hatte, forderte diese den Kläger zur Stellungnahme bzw. Änderung seines Abrechnungsverhaltens auf (Schreiben vom 15.3. und 19.6.2007). Die KFO-Referenten seien der Auffassung, dass die Erteilung der Abschlussbescheinigung nach § 29 SGB V nicht von einer Privatvereinbarung bzw. Abrechnung eines Diagnostikmodells (Nr. 0006, 601 GOZ) abhängig gemacht werden dürfe. Gleichwohl werde ein Situationsmodell zur Dokumentation des Abschlusszustands der kieferorthopädischen Behandlung empfohlen. Hierfür seien nach BEMA-Z gesondert Material- und Laborkosten über die Beklagte abrechnungsfähig. Eine diagnostische Auswertung nach Nr. 7a BEMA-Z könne nicht berechnet werden. Der Kläger reagierte auf die Schreiben der Beklagten nicht.
Mit Schreiben vom 30.7.2007 beantragte die Beklagte beim Disziplinarausschuss die Einbeziehung der genannten Sachverhalte (des Jahres 2006) in ein gegen den Kläger bereits seit dem 13.10.2005 anhängiges Disziplinarverfahren. Gem. § 4 Abs. 5 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) dürfe der Vertragszahnarzt vom Versicherten nur dann eine Vergütung fordern, soweit dieser klar erkennbar verlange, auf eigene Kosten behandelt zu werden. Hierüber solle vor Behandlungsbeginn eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Die private Abrechnung eines Dokumentationsmodells sei nicht möglich, da dieses nicht auf Wunsch des Versicherten angefertigt werde und für ihn auch keinen Mehrwert darstelle (vgl. KFO-Vereinbarung vom 24.3.2004). Ein Vertragszahnarzt, der die Erbringung von Kassenleistungen (unzulässig) von zusätzlichen Zahlungen des Versicherten abhängig mache, verletze seine vertragszahnärztlichen Pflichten (BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -).
Gegenstand des seit Oktober 2005 anhängigen Disziplinarverfahrens waren Behandlungsfälle aus den Jahren 2004 und 2005. Dem Kläger war (ebenfalls) vorgeworfen worden, er habe die kieferorthopädische Weiterbehandlung gesetzlich Versicherter von der vorherigen Unterzeichnung einer Privatliquidation für weitere diagnostische Leistungen (Modelle und Röntgenaufnahmen) abhängig gemacht. Über diese Tatvorwürfe führte der Disziplinarausschuss am 26.9.2007 eine mündliche Verhandlung durch. Der Kläger beantragte, die (neuen) Tatvorwürfe, die Gegenstand des (Erweiterungs-)Antrags der Beklagten sind, mit zu verhandeln. Der Vorsitzende des Disziplinarausschusses lehnte dies ab; der Ausschuss sei über die neuen Fälle noch nicht informiert und der Kläger habe hierzu auch noch nicht Stellung genommen.
Mit Beschluss/Bescheid vom 26.9.2007 stellte der Disziplinarausschuss das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe aus den Jahren 2004 und 2005 ein. Zur Begründung führte er (u.a.) aus, der Kläger sei erst mit Schreiben der Beklagten vom 7.3.2005 nach mehrfachen anderslautenden Äußerungen über die Verfahrensweise bei Altfällen (unmissverständlich) informiert und aufgefordert worden, die privatzahnärztliche Abrechnung von Leistungen für gesetzlich Versicherte zu unterlassen. Bis dahin könne ihm daher kein Vorwurf gemacht werden. Das gelte nicht für Fälle nach dem 7.3.2005. Allerdings habe nicht festgestellt werden können, ob die Fortsetzung von Behandlungen auch nach diesem Zeitpunkt noch von der Begleichung privatzahnärztlicher Rechnungen abhängig gemacht worden sei. Von weiteren Ermittlungen habe man abgesehen, da angesichts der vorausgegangenen unklaren Informationslage eine etwaige Schuld des Klägers noch als gering anzusehen sei und auch die Folgen eines Pflichtverstoßes bei einem materiellen Schaden von maximal ca. 300,00 EUR wohl gerade noch als unbedeutend eingestuft werden könnten.
Mit Verfügung vom 29.10.2007 leitete der Disziplinarausschuss ein erneutes Disziplinarverfahren hinsichtlich der Behandlungsfälle aus dem Jahr 2006 ein und gab dem Kläger Gelegenheit, zu den Tatvorwürfen Stellung zu nehmen.
Der Kläger trug vor, der Begriff der Notwendigkeit habe in der Terminologie der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine andere Bedeutung als in der privaten Krankenversicherung. In der Prothetik und konservierenden Zahnheilkunde würden täglich Kassenleistungen neben Privatleistungen berechnet. Leistungen die aufgrund von Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht notwendig und daher vom Leistungskatalog der GKV nicht umfasst seien, müssten mit dem Patienten vereinbart werden. Wenn die Weiterführung der Behandlung ohne die Erbringung dieser Leistungen nicht verantwortet werden könne, habe der Patient wie auch der Arzt das Recht, die Weiterbehandlung abzulehnen, soweit es sich nicht um einen Notfall handele. Der Patient L. J. habe das Recht zur Vertragskündigung wahrgenommen. Die AOK Baden-Württemberg bringe die Eltern der Patienten mit falschen Informationen gegen ihn auf.
Am 5.12.2007 führte der Disziplinarausschuss eine mündliche Verhandlung durch, zu der der Kläger am 3.11.2007 geladen worden war. In der Sitzungsniederschrift ist festgehalten, der Kläger habe angegeben, bei einem Verlängerungsantrag dürften nur drei Modelle über die Krankenkasse abgerechnet werden. Er benötige jedoch vier Modelle und er gebe keine Abschlussbescheinigung ohne das vierte Modell ab. Bei dem Abschlussmodell bezahle die Krankenkasse nur die Labor- und Materialkosten, jedoch kein zahnärztliches Honorar. Für den Patienten habe das vierte Modell keine Vorteile. Er fertige das Modell zur Dokumentation an und benötige es zu seiner eigenen Sicherheit. Ohne Dokumentationsmodell müsse er die Kosten der Behandlung an die Krankenkasse zurückbezahlen. Wenn der Patient die Kosten für das Dokumentationsmodell nicht bezahle, stelle er keine Abschlussbescheinigung aus. Er habe die Abschlussbescheinigung aber nicht von der Begleichung der Privatrechnung abhängig gemacht. Wenn der Patient das Modell nicht bezahle, aber trotzdem bei ihm in Behandlung bleiben wolle, sei das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt grundlegend gestört, weswegen er das Behandlungsverhältnis kündige. Er gebe dem Patienten sodann die Adresse eines Kollegen, bei dem das Abschlussmodell kostenlos zu erhalten sei. Das Dokumentationsmodell diene seinem eigenen Schutz, damit er die Behandlungskosten bei der Krankenkasse nicht zurückzahlen müsse. Die AOK mache im Übrigen als einzige Kasse Schwierigkeiten. Seiner Auffassung nach werde der Patient von ihm nicht genötigt, da er sich bei einem Kollegen kostenfrei das Abschlussmodell anfertigen lassen könne und somit ein Nachteil nicht entstehe.
Mit Disziplinarbescheid vom 5.12.2007 setzte der Disziplinarausschuss gegen den Kläger wegen schuldhaften Verstoßes gegen vertragszahnärztliche Pflichten in drei Fällen eine Geldbuße in Höhe von 1.500,00 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger (Einkommen aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit nach eigenen Angaben jährlich 82.000 EUR, 1997 disziplinarrechtlich verwarnt) habe Leistungen erbracht, die weder zahnmedizinisch notwendig seien noch der zahnmedizinischen Versorgung der Patienten, sondern ausschließlich seinen (beweis-)rechtlichen Interessen dienten. Solche Leistungen dürfe der Kläger auch nicht privatärztlich abrechnen, zumal ein entsprechendes Verlangen der Versicherten nicht vorgelegen habe. Die Kosten von Maßnahmen zur Beweissicherung müsse der Zahnarzt, nicht der Patient tragen. Die Materialkosten und die Kosten für die zahntechnischen Leistungen der Modellherstellung könne der Kläger im Übrigen zu Lasten der GKV abrechnen. Eine weitere Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten bestehe darin, dass der Kläger bei Nichtzahlung der Privatliquidation Behandlungen unter dem Vorwand eines Bruchs des Vertrauensverhältnisses beendet und den Versicherten dadurch der Gefahr ausgesetzt habe, seine Behandlungskosten (in vierstelliger Höhe) mangels Abschlussbescheinigung nicht erstattet zu bekommen. Dadurch sei der Versicherte auch zumindest mittelbar gezwungen worden, einen anderen Zahnarzt zu konsultieren.
Das Fehlverhalten des Klägers, das Züge einer gewissen Verwerflichkeit trage und mit allgemeinen standesrechtlichen und ethischen Grundsätzen der Zahnmedizin nicht vereinbar sei, sei auch schuldhaft. Die Rechtsänderungen zum 1.1.2004 (Inkrafttreten des neuen BEMA-Z) seien hierfür ohne Belang; zur Tatzeit sei die Verfahrensweise bei Altfällen bereits geklärt gewesen. Der Kläger habe zudem betont, sich in berufsrechtlichen Angelegenheiten sehr gut auszukennen und auf dem Laufenden zu sein. Er hätte die Rechtswidrigkeit seines Handelns durchaus erkennen können und habe daher zumindest fahrlässig gehandelt.
Bei der Auswahl und Bemessung der Disziplinarmaßnahme habe man zulasten des Klägers berücksichtigt, dass er nach Eindruck des Disziplinarausschusses keine Einsicht in sein Fehlverhalten zeige und ihm dieses deshalb nachhaltig bewusst zu machen sei, auch, um künftig vor der Begehung solcher oder rechtlich gleich oder ähnlich gelagerter Taten einer unzulässigen Privatliquidation abzuschrecken. Durch eine deutliche, um ein Mehrfaches gesteigerte "Abschöpfung" des zu Unrecht erhaltenen Betrags sei der Anreiz zu unrechtmäßiger Abrechnung zu nehmen. Außerdem stelle das Verhalten des Klägers einen keineswegs unerheblichen Vertrauensmissbrauch gegenüber dem Versicherten dar, der auf korrektes Abrechnungsverhalten des Arztes vertrauen müsse. Zu Gunsten des Klägers sei berücksichtigt worden, dass die Pflichtverstöße in eine auslaufende Umstellungsphase aufgrund einer Gesetzesänderung gefallen seien, die einige Unklarheiten mit sich gebracht habe, und die Fehlabrechnungsbeträge zwar nicht als unbedeutend, aber auch nicht als außergewöhnlich hoch einzustufen seien. Der Kläger sei disziplinarrechtlich bislang nicht in gravierendem Maße in Erscheinung getreten. Die Geldbuße sei danach insgesamt sachgerecht und angemessen. Man gehe davon aus, dass der Kläger die zu Unrecht abgerechneten Beträge zurückzahle. Der Disziplinarbescheid wurde dem Kläger bzw. dessen Bevollmächtigtem am 15.2.2008 zugestellt.
Am 13.3.2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht S ... Zur Begründung trug er vor, er benötige stets aktuelle Modelle für die Dokumentation der Behandlung. Da Modelle zur Einstufung der Behandlung nicht älter als drei Monate sein dürften, seien bei mehrjährigen Behandlungen mehrere Modelle erforderlich. Auch die Krankenkassen verlangten mehrere Modelle, bezahlten diese aber nicht in vollem Umfang. Deswegen müsse er die nicht vergüteten Modelle privatärztlich abrechnen.
Die ihm vorgeworfenen Abrechnungen fielen in die Umbruchphase des neuen BEMA-Z, als die genauen Abrechnungsmodalitäten höchst strittig gewesen seien. Die Beklagte habe zum Problem der Modellvergütung fünfmal eine andere Meinung vertreten. Erst nach dem 7.3.2005 habe sich dem Kommentar zum BEMA-Z hinsichtlich der Gebühren-NR. 7 entnehmen lassen, dass für den gesamten Behandlungsfall drei Modelle zzgl. eines weiteren Modells bei einem Verlängerungsantrag abrechnungsfähig seien. An diese Kommentierung habe er sich gehalten.
Die Vereinbarungen, die er mit seinen Patienten geschlossen habe, seien zudem fehlerhaft ausgelegt worden. Die Leistungen seien medizinisch, und zwar aus juristischen Gründen, notwendig gewesen. Sie überschritten nur in der GKV das Maß des Erforderlichen, während eine umfassende Diagnostik durch Modelle aus strafrechtlichen Gründen notwendig sei. Er müsse den Patienten die fachlich bestmögliche Behandlung nach dem neusten Stand der fachzahnärztlichen Wissenschaft anbieten mit umfassender Diagnostik durch Modelle. Dafür sei eine fortlaufende Behandlungskontrolle erforderlich, damit er sicher wisse, welche weiteren Maßnahmen notwendig seien. Ihm sei es nicht um seine eigenen Interessen, sondern um seine Absicherung durch Erbringung der bestmöglichen Leistungen gegangen.
Der Disziplinarausschuss habe gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, indem er ein neues Verfahren mit geänderter Besetzung durchgeführt habe. Mit der Einstellung des ersten Disziplinarverfahrens seien für ihn auch die erweiterten Anträge erledigt und der in der Sitzung vom 26.9.2007 vereinbarte neue Verhandlungstermin nur eine Formsache gewesen. Man habe ihn im Glauben gelassen, mit der Verfahrenseinstellung seien alle Vorwürfe erledigt. Die Bestandskraft des Einstellungsbeschlusses umfasse auch die jetzt geahndeten Taten. Außerdem setze sich der Disziplinarausschuss in Widerspruch zum Einstellungsbeschluss vom 26.9.2007, in dem eine geringe Schuld (auch für etwaige Taten nach dem 7.3.2005) festgestellt worden sei. Der Ausschuss habe die Rechtslage für verworren gehalten.
Seine Äußerungen in der mündlichen Verhandlung seien in der Sitzungsniederschrift missverständlich wiedergegeben worden. Es treffe nicht zu, dass er Behandlungen aus finanziellen Gründen abgebrochen habe bzw. habe abbrechen wollen. Vielmehr könne und müsse er Behandlungsverträge kündigen, wenn das Vertrauensverhältnis gestört sei. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn er eine bestimmte Leistung für medizinisch notwendig erachte, der Patient diese Einschätzung aber nicht teile. Wenn ihm der Patient nicht vertraue, sei die Fortsetzung der Behandlung nicht zumutbar. Nur das habe er vor dem Ausschuss darlegen wollen. Um die Erzwingung von Zahlungen sei es nicht gegangen. Vielmehr wolle letztlich wohl der Patient aus finanziellen Gründen eine von ihm vorgeschlagene medizinisch notwendige Leistung nicht in Anspruch nehmen. Die Ausstellung der Abschlussbescheinigung habe er nicht von der Bezahlung einer Privatrechnung abhängig gemacht. Schließlich sei die Höhe der Geldbuße unverhältnismäßig, da die erbetenen Privathonorare nur sehr niedrig gewesen seien.
Die Beklagte trug vor, das vorausgegangene Disziplinarverfahren sei eingestellt worden, weil man nicht habe nachweisen können, dass der Kläger die weitere Behandlung bzw. die Stellung eines Verlängerungsantrages von der Begleichung privatzahnärztlicher Rechnung abhängig gemacht habe. Dies sei hier anders gewesen. Bei den Ausführungen im Einstellungsbeschluss zur Geringfügigkeit der Schuld handele es sich nur um zusätzliche Erwägungen. Es sei zwar die Erweiterung des (anhängigen) Disziplinarverfahrens beantragt worden, man habe den Antrag jedoch als Antrag auf Einleitung eines neuen Verfahrens ausgelegt. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass Disziplinarverfahren gemeinsam und in einer bestimmten Besetzung verhandelt werden. Das vorausgegangene Disziplinarverfahren habe keine Bedeutung mehr, da diesem eine andere Sach- und Beweislage zugrunde gelegen habe. Das gehe aus dem Beschluss vom 26.9.2007 unmissverständlich hervor. Zudem habe der Ausschussvorsitzende ausweislich der Sitzungsniederschrift die Verhandlung der neuen (hier in Rede stehenden) Fälle am 26.9.2007 ausdrücklich abgelehnt. Der Disziplinarausschuss habe diese Fälle auch nicht durch Beschluss in das laufende Verfahren einbezogen.
Die zum 1.1.2004 eingetretenen Rechtsänderungen (neuer BEMA-Z) seien hier nicht von Belang. Hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit von Leistungen habe sich die Rechtslage nicht geändert. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung auch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Modelle zu seiner persönlichen juristischen Absicherung, also als Beweismittel, und nicht aus medizinischen Gründen angefertigt worden seien. Er schulde auch nicht die fachlich bestmögliche Behandlung. Der zivilrechtliche Sorgfaltsmaßstab orientiere sich am Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die Patienten könnten nicht beanspruchen, immer nach den neuesten Methoden behandelt zu werden. In der GKV dürfe das Maß des Notwendigen nicht überschritten werden. Sofern die Leistungen demnach nicht von der GKV abgedeckt seien, müssten sie außerhalb der GKV erbracht und abgerechnet werden. Dies setze jedoch ein entsprechendes Verlangen des Patienten voraus, woran es hier fehle. Wenn der Kläger meine, nach den Vorgaben der GKV nicht behandeln zu können, möge er seine Zulassung zurückgeben.
Nach den eigenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses habe er das Behandlungsverhältnis des Patienten L. J. beendet, weil die diesem vorgelegte Vereinbarung nicht unterschrieben bzw. die privatzahnärztliche Rechnung nicht bezahlt worden sei. Die gleiche Vorgehensweise habe er auch für andere Behandlungsfälle eingeräumt. Außerdem habe er angegeben, ohne Begleichung der Privatrechnung keine Abschlussbescheinigung auszustellen. Diese sei aber erforderlich, damit der Versicherte die anteilige Zahlung der Krankenkasse (§ 29 Abs. 3 Satz 2 SGB V) erhalten könne. Der Vertragszahnarzt dürfe die Weiterbehandlung Versicherter nur in begründeten Fällen und nicht aus finanziellen Gründen wegen vermeintlich unzureichender Honorierung ablehnen. Durch die Verweigerung von Leistungen der GKV bzw. der Weiterbehandlung habe der Kläger gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten verstoßen. Mit dem Bestreiten des entsprechenden Vortrags vor dem Disziplinarausschuss setze er sich in Widerspruch zu seinem bisherigen Vorbringen, da er diese Vorwürfe erst während des Klageverfahrens thematisiert habe.
Mit Urteil vom 30.6.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Disziplinarbescheid vom 5.12.2007 sei rechtmäßig. Die darin geahndeten Tatvorwürfe seien nicht Gegenstand des vorausgegangenen Disziplinarverfahrens gewesen und deswegen im Hinblick auf den Grundsatz ne bis in idem auch nicht verbraucht. Nach dem Antrag der Beklagten auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 13.10.2005, der Eröffnungsverfügung vom 7.8.2006 und des Disziplinarbescheides vom 26.9.2007 habe das frühere Disziplinarverfahren Behandlungsfälle aus den Jahren 2004 und 2005 betroffen, während es hier um 3 Behandlungsfälle aus dem Jahr 2006 gehe. Ein einheitliches Tatgeschehen (Tateinheit) liege nicht vor, unbeschadet dessen, dass der Kläger jeweils gleichartige Pflichtverletzung begangen habe. Tateinheit setze nämlich voraus, dass die tatbestandlichen Ausführungshandlungen zumindest teilweise identisch seien (Tröndle/Fischer, StGB, vor § 52 Rd. 3). Der Kläger habe jedoch in jedem der Behandlungsfälle selbstständige Pflichtverletzungen begangen, weshalb eine Mehrheit von Taten vorliege.
Der Disziplinarausschuss habe die das Jahr 2006 betreffenden Tatvorwürfe auch nicht in das erste Disziplinarverfahren einbeziehen müssen. Die Verfahrensordnung schreibe nicht vor, dass mehrere gleichgelagerte Pflichtverletzungen in einem Verfahren zu behandeln seien. Gem. § 7 Abs. 1 DiszO entscheide der Vorsitzende des Disziplinarausschusses, nicht die Beklagte, über die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens. Auch gegen das Gebot eines fairen Verfahrens sei nicht verstoßen worden. Der Disziplinarausschuss habe insbesondere nicht den Anschein erweckt, mit der Einstellung des ersten Disziplinarverfahrens seien auch die Vorwürfe zu den Behandlungsfällen des Jahres 2006 erledigt. Der Ausschussvorsitzende habe es, so die Sitzungsniederschrift, vielmehr ausdrücklich abgelehnt, die Fälle des Jahres 2006 in das laufende Disziplinarverfahren einzubeziehen, da der Ausschuss über die neuen Fälle noch nicht informiert sei und eine Stellungnahme des Betroffenen noch nicht vorliege. Auch der Einstellungsbeschluss vom 26.9.2007 habe allein die Pflichtverletzungen aus den Jahren 2004 und 2005 zum Gegenstand.
Der Kläger habe die im Disziplinarbescheid genannten Pflichtverletzungen begangen, indem er den Versicherten Kosten für Modelle in Rechnung gestellt habe, die nach seinen eigenen Angaben nicht der Behandlung selbst, sondern allein der abschließenden Dokumentation des Behandlungsergebnisses gedient hätten. Das gehe aus den bei den Akten befindlichen Rechnungen und Vereinbarungen hervor. So sei auf den Rechnungen vermerkt, die Leistungen würden "zum Zwecke der Dokumentation" bzw. als "Dokumentationsmodelle" abgerechnet. Eine diagnostische Auswertung habe anhand dieser Modelle daher nicht erfolgen sollen. Dokumentationsmodelle dieser Art dürften nicht gesondert zu Lasten der GKV erbracht werden. Gem. Gebühren-Nr. 7 BEMA-Z könnten Abformung und Bissnahme in habitueller Okklusion für das Erstellen von dreidimensionalen Modellen des Ober- und Unterkiefers nur zur diagnostischen Auswertung und Planung abgerechnet werden. Modelle, die ausschließlich zur Dokumentation einer bestimmten Situation angefertigt würden, seien von Gebühren-NR. 7 BEMA-Z nicht erfasst (Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Stand: Juli 2005, KFO Nr. 7a/b, S. 8). Für Situationsmodelle ohne Auswertung und Arbeitsmodelle seien nur die Materialkosten für das Abformmaterial und die zahntechnischen Leistungen der Modellherstellung als Auslagenersatz gesondert abrechnungsfähig. Diese Rechtslage habe auch schon vor der Umstrukturierung des BEMA-Z zum 1.1.2004 gegolten (vgl. GNR 6 und 7 BEMA-Z a. F., Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Stand: Januar 1995, Teil 3 Nr. 6, 7, S. 308). Die Änderung des BEMA-Z zum 1.1.2004 und die Problematik der Altfallbehandlung seien deswegen nicht von Belang.
Nach dem BEMA-Z könnten Dokumentationsmodelle daher nicht zusätzlich abgerechnet werden; sie würden als Teil der eigentlichen kieferorthopädischen Behandlung mit der hierfür zu zahlenden Vergütung abgegolten. Ein (Zahn-)Arzt, der von Versicherten der GKV Zahlungen zu Kassenleistungen verlange, verstoße gegen vertrags(zahn)ärztliche Pflichten (BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -; Beschl. v. 14.03.2001, - B 6 KA 76/00 B -). Auch wenn eine Abrechnung nach GOZ zulässig wäre, müsse der Vertragszahnarzt dem Versicherten jedenfalls die Möglichkeit eröffnen, die GKV-Behandlung ohne Zusatzleistungen abzuschließen. Nur wenn der Patient ausdrücklich weitere, vom Leistungskatalog der GKV nicht umfasste Leistungen verlange, dürften ihm die dafür anfallenden Kosten nach Maßgabe der GOZ in Rechnung gestellt werden. Andernfalls habe der Vertragszahnarzt die Behandlung im Umfang der GKV zu erbringen. In den disziplinarisch geahndeten Fällen hätten die Patienten die Anfertigung von Dokumentationsmodellen nicht verlangt. Ein entsprechender Patientenwunsch nach zusätzlichen Leistungen müsse aus der schriftlichen Vereinbarung eindeutig hervorgehen; das sei nicht der Fall.
Der Kläger habe seine vertragszahnärztlichen Pflichten außerdem dadurch verletzt, dass er die Weiterführung bzw. den Abschluss der GKV-Behandlung von der Begleichung der privatzahnärztlichen Rechnungen abhängig gemacht habe. Das gehe aus den eigenen Angaben des Klägers insbesondere im Disziplinarverfahren hervor und werde durch in den Verwaltungsakten dokumentierte Äußerungen der Eltern der Patienten A. L. und L. J. bestätigt.
In seiner ersten Einlassung habe der Kläger geltend gemacht, Arzt und Patient dürften die Weiterbehandlung ablehnen, wenn die Fortsetzung der Behandlung ohne Erbringung der in Rede stehenden Leistung nicht verantwortbar sei. L. J. habe von diesem Recht Gebrauch gemacht. Der Kläger habe damit zu erkennen gegeben, dass er eine Weiterbehandlung abgelehnt habe, weil er nach seiner Auffassung die Weiterbehandlung ohne das Dokumentationsmodell nicht habe verantworten können. Er habe die Fortsetzung der Behandlung auch von der Bezahlung des Dokumentationsmodells abhängig gemacht. Bestätigt werde dies durch die Angaben des Vaters des Patienten gegenüber der Krankenkasse. Auch aus der Niederschrift der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 5.12.2007 gehe hervor, dass der Kläger im Beisein seines Prozessbevollmächtigten erklärt habe, er stelle keine Abschlussbescheinigung aus, wenn der Patient die Kosten (des Dokumentationsmodells) nicht bezahle. Die Einlassung des Klägers im Klageverfahren, er habe (nur) gemeint, eine Weiterbehandlung dürfe abgelehnt werden, wenn der Patient das Vertrauen in seine Einschätzung hinsichtlich der medizinisch notwendigen Leistungen verloren habe, ändere nichts. Der Vertragszahnarzt dürfe die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen (§ 4 Abs. 7 BMV-Z). Dazu gehöre die Entscheidung des Versicherten für GKV-Leistungen ohne Zuzahlung bzw. für privatzahnärztliche Zusatzleistungen nicht. Die Vertragszahnärzte seien gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V verpflichtet, die ärztlichen Leistungen gemäß den Bestimmungen über die vertragszahnärztliche Versorgung zu erbringen.
Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt. Von einem bloßen Versehen könne nicht die Rede sein. Als Vertragszahnarzt hätte er wissen müssen, dass sein Handeln gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten verstoße. Auch Auswahl und Bemessung der verhängten Disziplinarmaßnahme seien nicht zu beanstanden. Das Gericht könne insoweit nur überprüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen, namentlich sein Ermessen nicht überschritten bzw. rechtsmissbräuchlich angewandt habe; das Gericht sei dabei auf die im Disziplinarbescheid mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BSG, Urt. v. 6.11. 2002, - B 6 KA 9/02 -). Davon ausgehend liege ein rechtlich beachtlicher Ermessensfehler nicht vor. Der Disziplinarausschuss habe den Sachverhalt zutreffend ermittelt und sich ausweislich des angefochtenen Bescheids von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Er habe seinen Ermessensspielraum auch nicht überschritten. Die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 1.500,00 EUR sei vor dem Hintergrund der Uneinsichtigkeit des Klägers angemessen. An die Begründung des Bescheids vom 26.9.2007 sei der Disziplinarausschuss nicht gebunden gewesen, da das diesem Bescheid zugrunde liegende, u. a. wegen geringer Schuld eingestellte Disziplinarverfahren andere Pflichtverstöße betroffen habe; die Fälle aus den Jahren 2004 und 2005 hätten Rechnungen für zusätzliche Verlaufsdiagnostik-Leistungen und nicht für Dokumentations-Modelle zum Gegenstand gehabt.
Auf das ihm am 27.7.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.8.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Disziplinarbescheid sei formell rechtswidrig, weil das Verfahren gegen ihn bereits durch den Einstellungsbescheid vom 26.9.2007 bestandskräftig abgeschlossen worden sei. Die drei Behandlungsfälle aus dem Jahr 2006, die Gegenstand des angefochtenen Bescheids seien, habe die Beklagte nämlich ursprünglich als Erweiterung eines anderen Disziplinarverfahrens vorgebracht und mit Schreiben vom 30.7.2007 in das Verfahren eingeführt. So heiße es im Einstellungsbescheid, ob der Betroffene noch nach dem 7.3.2005 eine weitere Behandlung bzw. die Stellung eines Verlängerungsantrags von der Begleichung einer privaten Rechnung abhängig gemacht habe oder eine solche gestellt habe, habe der Ausschuss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen können; hierzu wären weitere Ermittlungen und Beweiserhebungen erforderlich gewesen. Davon habe man abgesehen, da angesichts vorausgegangener Meinungsäußerungen und Meinungsänderungen eine etwaige Schuld des Betroffenen noch als gering anzusehen wäre und auch die Folgen eines Pflichtverstoßes bei einem materiellen Schaden von maximal ca. 300,- EUR wohl gerade noch als unbedeutend angesehen werden könnten. Insgesamt sei somit das Verfahren einzustellen gewesen. Der Disziplinarausschuss habe sich also im Einstellungsbescheid vom 26.9.2007 mit Fällen, die sich nach dem 7.3.2005 ereignet hätten, auseinandergesetzt und damit auch die hier in Rede stehenden Fälle aus dem Jahre 2006 berücksichtigt. Er habe jedenfalls schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass die Angelegenheit mit dem Einstellungsbescheid vom 26.9.2007 vollständig erledigt sei. In diesem Bescheid sei ein entsprechender Eindruck erweckt worden.
Der Disziplinarbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Er habe nicht gegen seine Pflichten als Vertragszahnarzt verstoßen, insbesondere die Behandlung von GKV-Patienten nicht von der Bezahlung von Privatrechnungen abhängig gemacht. Die von ihm erbetenen Privathonorare seien in eine Umbruchphase gefallen, in der durch Gesetzesänderungen die genauen Abrechnungsmodalitäten unklar bzw. höchst strittig gewesen seien. Außerdem seien die Privathonorare (auch im Hinblick auf die Gesamtkosten der erbrachten zahnärztlichen Leistungen) derart niedrig, dass sie nicht ins Gewicht fallen könnten und die festgesetzte Geldbuße jedenfalls unverhältnismäßig hoch sei.
Er sei - wolle er nicht altruistisch handeln - gezwungen gewesen, die von den Krankenkassen zusätzlich verlangten, aber nicht vergüteten Modelle als privatzahnärztliche Leistungen abzurechnen; hierzu habe die Beklagte ihm gegenüber fünfmal eine andere Meinung vertreten. Deswegen habe er in Einklang zu Kommentar-Ausführungen zum BEMA-Z hinsichtlich der Gebühren-Nr. 7 für den ganzen Fall drei Modelle, für einen Verlängerungsantrag nochmals ein weiteres Modell abgerechnet. Er habe nicht erkennen können, dass sein Verhalten möglicherweise beanstandet werde. Außerdem handele es sich bei den Dokumentationsmodellen um medizinisch notwendige Leistungen, die auch aus rechtlichen Gründen erbracht würden, wenngleich damit nach Auffassung der Krankenkassen das Maß des Notwendigen überschritten sei. Er müsse seinen Patienten aus rechtlichen Gründen die fachlich bestmögliche Behandlung bieten, weil er sich andernfalls wegen Körperverletzung strafbar machen könne. Deswegen sei eine umfassende Diagnostik durch jeweils aktuelle Modelle notwendig, um den Verlauf der Behandlung sicher beurteilen zu können; ob die GKV hierfür aufkomme, sei unerheblich. Damit bestimmten die rechtlichen Vorgaben über das medizinisch Notwendige, nämlich die bestmögliche Behandlung im konkreten Einzelfall. Dass die Dokumentationsmodelle zugleich seiner eigenen rechtlichen Absicherung dienten, sei ebenfalls unbeachtlich. Das Disziplinarrecht dürfe nicht verbieten, was das Strafrecht erzwinge. Das Sozialgericht habe die Vereinbarungen im Übrigen fehlerhaft ausgelegt. Schließlich wäre eine etwaige Schuld auch gering und der Schaden unbedeutend, weswegen die Geldbuße unverhältnismäßig sei. Ein schriftlicher Hinweis auf die Rechtsauffassung der Beklagten hätte genügt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.6.2010 und den Bescheid des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 5.12.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, der Kläger habe nicht annehmen dürfen, mit dem Disziplinarbescheid vom 26.9.2007 seien alle Vorwürfe erledigt. Der in den Disziplinarbescheiden jeweils abgehandelte Sachverhalt sei klar erkennbar gewesen. Auch in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses am 26.9.2007 sei der Verfahrensgegenstand eingehend erörtert worden; der Ausschussvorsitzende habe die Einbeziehung weiterer Sachverhalte ausdrücklich abgelehnt. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Rechtslage keineswegs unklar und umstritten gewesen. Die unberechtigte Ablehnung der Behandlung eines gesetzlich Versicherten habe schon immer einen Verstoß gegen vertragszahnärztliche Pflichten dargestellt. Die Höhe der verlangten Privathonorare sei unerheblich. Die (wiederholten) Darlegungen des Klägers zu abrechenbaren Modellen seien unzutreffend. Davon abgesehen berechtigten finanzielle Aspekte, wie die vermeintlich unzureichende Honorierung einer Einzelleistung, den Vertragszahnarzt nicht dazu, einem Versicherten gesetzlich vorgesehene Leistungen zu verweigern (BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -). Nach wie vor verkenne der Kläger, dass die Dokumentationsmodelle nicht medizinisch notwendig seien; er lasse die Vorschriften über die vertragszahnärztliche Versorgung insoweit außer Acht und fühle sich daran offenbar auch nicht gebunden. Ihm sei ersichtlich an der eigenen juristischen Absicherung gelegen. Selbst wenn die Modelle hierfür notwendig wären, dürften sie den Versicherten nicht in Rechnung gestellt werden. Im Kern gehe es primär nicht darum, ob die Leistungen hätten privatärztlich abgerechnet werden dürfen oder nicht, sondern darum, dass Behandlungen verweigert worden seien, auf die die Versicherten einen Anspruch gehabt hätten und die der Kläger aufgrund der vertragszahnärztlichen Vorschriften hätte erbringen müssen, und zwar ohne dies von anderen Leistungen o. ä. abhängig zu machen. Die vom Kläger angeführten abweichenden Auskünfte beträfen den Pflichtverstoß der unberechtigten Behandlungsverweigerung nicht. Die Schuld sei auch nicht gering. Der Disziplinarbescheid vom 26.9.2007 habe sich auf andere Sachverhalte bezogen. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liege nicht vor. Hierbei sei auch besonders zu berücksichtigten, dass die Versicherten wegen des Verhaltens des Klägers Behandlungskosten in vierstelliger Höhe nicht erstattet bekämen. Das Verhalten des Klägers im Disziplinarverfahren belege, dass ein schriftlicher Hinweis nicht mehr ausgereicht hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten (Disziplinarausschuss), des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragszahnärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Da Disziplinarbescheide, die eine Geldbuße verhängen, keine auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakte i. S. d. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG darstellen (BSG Urteil vom 11.09.2002 - B 6 KA 36/01 R -), bedarf die Berufung in keinem Fall der Zulassung durch das Sozialgericht. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) ist richtige Beklagte. Der für die Entscheidung über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zuständige Disziplinarausschuss ist nicht beteiligungsfähig; sein Handeln wird der KZV zugerechnet (vgl. auch BSG, Urt. v. 28.1.2004, - B 6 KA 4/03 R -).
II.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Disziplinarbescheid ist rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die (gem. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG i. V. m. § 81 Abs. 5 Satz 4 SGB V ohne vorheriges Widerspruchsverfahren zulässige) Klage zu Recht abgewiesen.
1.) Rechtsgrundlage des Disziplinarbescheids ist § 81 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 19 der Satzung der Beklagten bzw. den Bestimmungen ihrer Disziplinarordnung.
Gem. §§ 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V müssen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Maßnahmen nach Satz 1 sind je nach Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße - bis höchstens 10.000,00 EUR - oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu 2 Jahren (Sätze 2 und 3; vgl. auch § 12 der Disziplinarordnung). Diese Bestimmungen gelten gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V für Zahnärzte entsprechend. Die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen sind ausreichend bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
Der Disziplinarausschuss entscheidet durch Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X). Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, weshalb insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Rechtskontrolle stattfindet (§ 54 Abs. 2 SGG). Das Gericht prüft, ob der Disziplinarausschuss von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen; dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
2.) Der angefochtene Disziplinarbescheid ist formell und materiell rechtmäßig. Die Einwendungen des Klägers sind nicht berechtigt. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten angemerkt:
a.) Der Disziplinarbescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat den Antrag auf Einleitung des Disziplinarverfahrens hinsichtlich der im Jahr 2006 begangenen Taten unter dem 30.7.2007 und damit in Ansehung der Dreijahresfrist des § 4 Abs. 3 der Disziplinarordnung rechtzeitig gestellt. Dass sich der Antrag auf die Einbeziehung der Tatvorwürfe in ein bereits anhängiges Disziplinarverfahren richtete, ist unschädlich; die Einleitung eines neuen Verfahrens ist darin eingeschlossen.
b.) Der Disziplinarbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Seinem Erlass steht der Einstellungsbeschlusses vom 26.9.2007 nicht entgegen. Der Kläger hat seine vertragszahnärztlichen Pflichten schuldhaft verletzt. Die verhängte Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße ist rechtlich nicht zu beanstanden.
aa.) Der Disziplinarausschuss war an der Ahndung der im Jahr 2006 begangenen Taten nicht wegen der Einstellung des vorausgegangenen Disziplinarverfahrens durch Beschluss vom 26.9.2007 gehindert. Dieser Beschluss beendete ein Disziplinarverfahren, das Tatvorwürfe (Sachverhalte) aus den Jahren 2004 und 2005 zum Gegenstand hatte. Der Disziplinarbescheid hat demgegenüber ein Disziplinarverfahren abgeschlossen, das Taten aus dem Jahr 2006 betrifft. Es handelt sich um zwei rechtlich selbständige Disziplinarverfahren, deren Verfahrensgegenstände jeweils rechtlich selbständige Taten bzw. Tatvorwürfe umfassen. Unerheblich ist, dass die Beklagte hinsichtlich der Tatvorwürfe des Jahres 2006 nicht von vornherein die Einleitung eines neuen Disziplinarverfahrens, sondern die Einbeziehung in das bereits anhängige Disziplinarverfahren beantragt hatte. Der Disziplinarausschuss war deswegen nicht daran gehindert, die neuerlichen Tatvorwürfe zum Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens zu machen und den Einbeziehungsantrag der Beklagten als Einleitungsantrag zu behandeln. Das ist mit der Einleitungsverfügung vom 29.10.2007 auch unzweifelhaft geschehen. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung des Disziplinarausschusses vom 26.9.2007 war zuvor der vom Kläger gestellte Antrag, die neuen Tatvorwürfe mit zu verhandeln, abgelehnt worden. Diese Tatvorwürfe sind in der Begründung des Einstellungsbeschlusses vom 26.9.2007 entgegen der Auffassung des Klägers nicht angeführt; Bezug genommen wird ausschließlich auf die ursprünglichen Tatvorwürfe aus den Jahren 2004 und 2005. Der Kläger konnte deswegen – schon angesichts des geschilderten Verfahrensgangs in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses vom 26.9.2007 - nicht annehmen, ein Disziplinarverfahren werde insoweit nicht mehr stattfinden. Dies gilt umso mehr als der Bevollmächtigte des Klägers in der Sitzung vom 26.9.2007 nach Verkündung des Einstellungsbeschlusses gegenüber dem Disziplinarausschuss erklärte, er werde den Kläger auch in dem weiteren Verfahren vertreten.
bb.) Der Kläger hat seine vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt. Er hat gegen die für ihn als zugelassenem Vertragszahnarzt gem. §§ 95 Abs. 3 Satz 3, 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V verbindlichen Vorschriften der Bundemantelverträge verstoßen (vgl. BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -). Er hat unter Verletzung der einschlägigen Bestimmungen (vor allem) des BMV-Z im Zuge der kieferorthopädischen Behandlung gesetzlich Versicherter die Vergütung von Dokumentationsmodellen als privatzahnärztliche Leistung verlangt und damit zu Unrecht eine Zahlung zusätzlich zu den Kassenleistungen gefordert. Außerdem hat er zu Unrecht auch den Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung von dieser Zahlung abhängig gemacht.
Wie das Sozialgericht in seinem Urteil zutreffend dargelegt hat, kann der Vertragszahnarzt für Dokumentationsmodelle der in Rede stehenden Art (Situationsmodelle bzw. Arbeitsmodelle ohne diagnostische Auswertung) bei der Beklagten nur Auslagenersatz wegen der Kosten des Abformmaterials und der zahntechnischen Leistungen der Modellherstellung geltend machen. Darüber hinaus ist ein zusätzliches vertragszahnärztliches Honorar nicht vorgesehen (Teil 3 Vorbem. Teil 2 Nr. 6, 7 Anm. BEMAZ a.F.; Teil 3 Vorbem. Teil 2 Nr. 7 a, b BEMA-Z n.F.). Ob und inwieweit im Zuge kieferorthopädischer Behandlungen angefertigte Dokumentationsmodelle als privatzahnärztliche Leistung nach Maßgabe der GOZ abgerechnet werden können, braucht der Senat nicht zu klären. Die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten aus privatzahnärztlichen Behandlungsverträgen, namentlich die ordnungsgemäße Abrechnung privatzahnärztlicher Leistungen gegenüber dem Patienten, ist vorliegend nicht von Belang, da Grundlage eines vertrags(zahn)ärztlichen Disziplinarverfahrens allein die Verletzung vertrags(zahn)ärztlicher Pflichten ist.
Der Vertragszahnarzt darf mit gesetzlich Versicherten auch privatzahnärztliche Behandlungsverträge abschließen und auf deren Grundlage erbrachte Leistungen unter Anwendung der GOZ abrechnen. Voraussetzung hierfür ist gem. § 4 Abs. 5b Satz 1 BMV-Z aber, dass der Versicherte klar und erkennbar verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden. In jedem Fall unzulässig ist es, Zuzahlungen zu Kassenleistungen zu erwirken, etwa, weil der Leistungsumfang oder die Honorierung der Kassenleistung als unzureichend empfunden wird (dazu eingehend nur etwa BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -). Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers, dass er die Dokumentationsmodelle zur Beweissicherung für etwaige Schadensersatz- oder Regressverfahren und damit allein zur Wahrung eigener Interessen und nicht zum Nutzen der Versicherten angefertigt hat. Deswegen hat auch allein der Kläger den Abschluss der Verträge über die Anfertigung der Dokumentationsmodelle gefordert. Von den Versicherten ist hierzu keinerlei Initiative ausgegangen. Diese haben die Zahlung für das Dokumentationsmodell vielmehr notgedrungen akzeptiert oder sich dagegen sogar zur Wehr gesetzt und in keinem Fall verlangt i. S. d. § 4 Abs. 5b Satz 1 BMV-Z insoweit auf eigene Kosten behandelt zu werden.
Das Vorbringen des Klägers, er halte die Anfertigung der Dokumentationsmodelle für medizinisch notwendig, wertet der Senat als im Nachhinein aufgestellte (und ohnehin untaugliche) Schutzbehauptung. So heißt es schon in den Verträgen über die Modellherstellung unmissverständlich und einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglich, dass die Modelle zusätzliche, über das notwendige, ausreichende und wirtschaftliche Maß hinausgehende Leistungen darstellten, die aus juristischen Gründen erforderlich seien. Der Kläger hat das in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses vom 5.12.2007 selbst bekräftigt und ausweislich der Sitzungsniederschrift (an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt) dargelegt, dass das Dokumentationsmodell für den Patienten keine Vorteile hat und er es zu seiner eigenen Sicherheit und seinem eigenen Schutz benötigt. Wenn der Kläger im Übrigen (tatsächlich) meint, die kieferorthopädische Behandlung als Leistung der GKV umfasse nicht alle aus medizinischen Gründen notwendigen Behandlungs- oder Diagnostikelemente, steht es ihm frei, deswegen seine Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beenden und kieferorthopädische Behandlungen in dem von ihm für medizinisch geboten erachteten Umfang als Privatarzt anzubieten. Unzulässig ist es demgegenüber, die Kassenleistung in der praktizierten Weise durch privat zu vergütende Zusatzleistungen zu ergänzen.
Der Kläger hat außerdem nicht nur pflichtwidrig eine Zuzahlung zur Kassenleistung verlangt, sondern von der Zuzahlung auch die Weiterbehandlung bzw. den Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung der Versicherten abhängig gemacht. Gem. § 4 Abs. 7 BMV-Z darf der Vertragszahnarzt, der mit der Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung und zur Erbringung zahnärztlicher bzw. kieferorthopädischer Behandlungen verpflichtet ist (§§ 95 Abs. 3 Satz 1, 72 Abs. 1 Satz 2, 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V), die Behandlung oder Weiterbehandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen, wobei er vor Ablehnung der Weiterbehandlung die Krankenkasse unter Mitteilung der Gründe zu unterrichten hat (vgl. auch § 7 Abs. 6 EKV-Z). Dass die Verweigerung einer - zudem unzulässigen - Zuzahlung zu einer Kassenleistung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 BMV-Z nicht erfüllt, bedarf keiner näheren Darlegung. Ein (allgemeines) Recht, die Behandlung oder Weiterbehandlung Versicherter aus finanziellen Gesichtspunkten abzulehnen. würde es dem Vertrags(zahn)arzt ermöglichen, die Erfüllung seiner Behandlungspflichten von Erwägungen zur Höhe der Vergütung abhängig zu machen, was mit dem Verbot des Verlangens von durch die Versicherten zu leistenden Zahlungen gerade unterbunden werden soll (so BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -).
Der Senat entnimmt den Angaben der Eltern von Versicherten und dem Vorbringen des Klägers im Disziplinarverfahren, dass dieser den Behandlungsabschluss bzw. die Erteilung der Abschlussbescheinigung (§ 29 SGB V) von der Zahlung der Vergütung für das Dokumentationsmodell abhängig gemacht hat. So hat die Mutter des Versicherten A. bei der zuständigen AOK angegeben, der Kläger habe geäußert, die Behandlung ohne Zahlung der privatzahnärztlichen Rechnung über das Dokumentationsmodell nicht abzuschließen. Gleiches geht aus einem Schrieben des Vaters des Versicherten L. J. vom 10.1.2007 hervor. In der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses vom 5.12.2007 hat der Kläger diesen Vorwurf bestätigt und unmissverständlich bekundet, er stelle keine Abschlussbescheinigung (§ 29 SGB V) aus, wenn die Kosten für das Dokumentationsmodell nicht gezahlt würden; in solchen Fällen kündige er vielmehr die Behandlung auf. Das gegenteilige Vorbringen des Klägers im Gerichtsverfahren wertet der Senat ebenfalls als Schutzbehauptung, mit der sich der Kläger den disziplinarrechtlichen Folgen seines Verhaltens entziehen will.
cc.) Der Kläger hat die Pflichtverletzungen schuldhaft begangen. Dass er nach Maßgabe der genannten Vorschriften insbesondere des BMV-Z Zuzahlungen von Versicherten zu Kassenleistungen nicht verlangen und die Weiterbehandlung nicht von solchen Zahlungen abhängig machen darf, hat der Kläger gewusst. Eine unklare Rechtslage bestand insoweit nicht. Änderungen des vertragszahnärztlichen Abrechnungswesens mit Inkrafttreten des neu gefassten BEMA-Z zum 1.1.2004 und damit verbundene Unsicherheiten sind nicht mehr von Belang, nachdem die Taten im Jahr 2006 und damit über zwei Jahre nach der Rechtsänderung begangen wurden und außerdem seit Oktober 2005 ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger anhängig war, das im Kern vergleichbare Vorwürfe zum Gegenstand hatte.
dd.) Der Disziplinarausschuss hat sich im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens rechtsfehlerfrei für die Verhängung einer Geldbuße von 1.500 EUR entschieden. Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme und die Bemessung der Geldbuße verstoßen insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die im angefochtenen Bescheid festgehaltenden Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden. Das Verschulden des offenbar nicht einsichtigen Klägers ist nicht als gering anzusehen; die Erwägungen im Einstellungsbeschluss vom 26.9.2007, auf die sich der Kläger bezieht, sind für die hier maßgebliche Disziplinarentscheidung nicht bindend. Er hat mit dem Verlangen von Zuzahlungen zu Kassenleistungen und der Weigerung, die Behandlung der Versicherten ohne Zuzahlung abzuschließen, gegen wesentliche vertragszahnärztliche Pflichten verstoßen. Eine geringe Schuld liegt daher nicht vor. Die Höhe der Geldbuße ist auch angesichts des Zuzahlungsbetrags von (nur) 74,15 EUR je Versicherter nicht unangemessen. Insoweit hat der Disziplinarausschuss rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass vor Zuzahlungsverlangen der in Rede stehenden Art abgeschreckt werden soll und der Kläger sich außerdem eines nicht unerheblichen Vertrauensbruchs gegenüber den Versicherten schuldig gemacht hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG (Auffangstreitwert von 5.000 EUR zzgl. Betrag der Geldbuße, BSG, Beschl. v. 1.2.2005, - B 6 KA 70/04 B -).
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 6.500 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Disziplinarmaßnahme (Geldbuße von 1.500 EUR).
Der Kläger ist Kieferorthopäde und nimmt seit 1973 als Zahnarzt und seit 1979 als Fachzahnarzt für Kieferorthopädie (mit Vertragsarztsitz in R.) an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Am 25.4.1995 ist ihm die Zulassung für das Fachgebiet Kieferorthopädie erteilt worden.
Im Jahr 2005 war gegen den Kläger auf Antrag der AOK Baden-Württemberg ein Zulassungsentziehungsverfahren durchgeführt worden. Mit Bescheid vom 5.7.2005 (Beschluss vom 28.6.2005) entzog der Zulassungsausschuss für Vertragszahnärzte für den Regierungsbezirk T. (ZA) dem Kläger die Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung; der Kläger habe Behandlungen aus Budgetgründen unterbrochen oder den Behandlungsabschluss verzögert und Weiterbehandlungen von der Zahlung privatzahnärztlicher Rechnungen für (modell-)diagnostische Leistungen abhängig gemacht. Auf den Widerspruch des Klägers hob der Zulassungs-Berufungsausschuss für Vertragszahnärzte für den Regierungsbezirk T. den Bescheid des ZA mit Beschluss vom 18.1.2006 auf. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die seinerzeit maßgeblichen Bestimmungen des BEMA-Z (Einheitlicher Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen) seien nicht unzweifelhaft gewesen. Der Kläger habe mit Privatliquidationen zwar monetäre Interessen in unangemessener Weise verfolgt, was disziplinarisch geahndet werden könne; eine Zulassungsentziehung sei aber noch nicht ausreichend vertretbar. Zuvor war ein Antrag der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten vom 16.4.1997 auf Einleitung eines Zulassungsentziehungsverfahrens abgelehnt worden (Beschluss des ZA vom 6.5.1997).
Im Jahr 2006 stellte der Kläger den bei der AOK Baden-Württemberg versicherten Patienten A. L. (geb. 1989), L. J. (geb. 1986) und S. F. (geb. 1988) bzw. deren gesetzlichen Vertretern unter Anwendung der GOZ jeweils privatärztliche Rechnungen über 74,15 EUR für ein Dokumentationsmodell aus. Dem lagen folgende Vereinbarungen zu Grunde:
Vereinbarung über außervertragliche kieferorthopädische Leistungen
von (Name des Versicherten)
Ich wurde darüber aufgeklärt, dass in meinem Behandlungsfall zum Zwecke der Dokumentation und Sicherung der Behandlungsqualität aus juristischen Gründen zusätzliche, über das notwendige, ausreichende und wirtschaftliche Maß hinausgehende diagnostische Leistungen erforderlich sind.
Diese Leistungen dürfen von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden: Die Abrechnung erfolgt nach der Gebührenordnung für Zahnärzte/Ärzte (GOZ/GOÄ) gemäß nachfolgendem Kostenvoranschlag. Kostenvoranschlag
GOZ/GOÄ Bezeichnung Anzahl Betrag
006A Dokumentationsmodell 1 33,62 EUR
Honorar für zahnärztliche Leistungen 33,62 EUR
Zusätzliche Material- und Laborkosten ca.: 40,53 EUR
Gesamtkosten: 74,15 EUR Unterschrift Behandler und Zahlungspflichtiger
Die Versicherten A. L. und S. F. zahlten den geforderten Betrag. Der Kläger führte die Behandlung zu Ende und stellte unter dem 19.12.2006 entsprechende Abschlussbescheinigungen (§ 29 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V) aus. L. J. bezahlte die Privatrechnung nicht und beendete die Behandlung beim Kläger.
Die Eltern der Versicherten A. L. und S. F. wandten sich an die AOK. In einem Aktenvermerk vom 22.1.2007 ist festgehalten, der Kläger habe gegenüber der Mutter des Versicherten A. L. geäußert, wenn die Privatrechnung nicht bezahlt werde, werde er die Behandlung nicht abschließen. Nach (notgedrungener) Zahlung des Betrags habe der Kläger die Abschlussbescheinigung erst nach über einem Monat ausgestellt. In einem Schreiben des Vaters des L. J. vom 10.1.2007 heißt es, der Kläger habe sich geweigert, die Abschlussbescheinigung ohne Zahlung der Privatrechnung auszustellen und geäußert, auf Kassenpatienten ohnehin nicht angewiesen zu sein.
Nachdem sich die AOK Baden-Württemberg an die Beklagte gewandt hatte, forderte diese den Kläger zur Stellungnahme bzw. Änderung seines Abrechnungsverhaltens auf (Schreiben vom 15.3. und 19.6.2007). Die KFO-Referenten seien der Auffassung, dass die Erteilung der Abschlussbescheinigung nach § 29 SGB V nicht von einer Privatvereinbarung bzw. Abrechnung eines Diagnostikmodells (Nr. 0006, 601 GOZ) abhängig gemacht werden dürfe. Gleichwohl werde ein Situationsmodell zur Dokumentation des Abschlusszustands der kieferorthopädischen Behandlung empfohlen. Hierfür seien nach BEMA-Z gesondert Material- und Laborkosten über die Beklagte abrechnungsfähig. Eine diagnostische Auswertung nach Nr. 7a BEMA-Z könne nicht berechnet werden. Der Kläger reagierte auf die Schreiben der Beklagten nicht.
Mit Schreiben vom 30.7.2007 beantragte die Beklagte beim Disziplinarausschuss die Einbeziehung der genannten Sachverhalte (des Jahres 2006) in ein gegen den Kläger bereits seit dem 13.10.2005 anhängiges Disziplinarverfahren. Gem. § 4 Abs. 5 Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) dürfe der Vertragszahnarzt vom Versicherten nur dann eine Vergütung fordern, soweit dieser klar erkennbar verlange, auf eigene Kosten behandelt zu werden. Hierüber solle vor Behandlungsbeginn eine schriftliche Vereinbarung getroffen werden. Die private Abrechnung eines Dokumentationsmodells sei nicht möglich, da dieses nicht auf Wunsch des Versicherten angefertigt werde und für ihn auch keinen Mehrwert darstelle (vgl. KFO-Vereinbarung vom 24.3.2004). Ein Vertragszahnarzt, der die Erbringung von Kassenleistungen (unzulässig) von zusätzlichen Zahlungen des Versicherten abhängig mache, verletze seine vertragszahnärztlichen Pflichten (BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -).
Gegenstand des seit Oktober 2005 anhängigen Disziplinarverfahrens waren Behandlungsfälle aus den Jahren 2004 und 2005. Dem Kläger war (ebenfalls) vorgeworfen worden, er habe die kieferorthopädische Weiterbehandlung gesetzlich Versicherter von der vorherigen Unterzeichnung einer Privatliquidation für weitere diagnostische Leistungen (Modelle und Röntgenaufnahmen) abhängig gemacht. Über diese Tatvorwürfe führte der Disziplinarausschuss am 26.9.2007 eine mündliche Verhandlung durch. Der Kläger beantragte, die (neuen) Tatvorwürfe, die Gegenstand des (Erweiterungs-)Antrags der Beklagten sind, mit zu verhandeln. Der Vorsitzende des Disziplinarausschusses lehnte dies ab; der Ausschuss sei über die neuen Fälle noch nicht informiert und der Kläger habe hierzu auch noch nicht Stellung genommen.
Mit Beschluss/Bescheid vom 26.9.2007 stellte der Disziplinarausschuss das Verfahren hinsichtlich der Tatvorwürfe aus den Jahren 2004 und 2005 ein. Zur Begründung führte er (u.a.) aus, der Kläger sei erst mit Schreiben der Beklagten vom 7.3.2005 nach mehrfachen anderslautenden Äußerungen über die Verfahrensweise bei Altfällen (unmissverständlich) informiert und aufgefordert worden, die privatzahnärztliche Abrechnung von Leistungen für gesetzlich Versicherte zu unterlassen. Bis dahin könne ihm daher kein Vorwurf gemacht werden. Das gelte nicht für Fälle nach dem 7.3.2005. Allerdings habe nicht festgestellt werden können, ob die Fortsetzung von Behandlungen auch nach diesem Zeitpunkt noch von der Begleichung privatzahnärztlicher Rechnungen abhängig gemacht worden sei. Von weiteren Ermittlungen habe man abgesehen, da angesichts der vorausgegangenen unklaren Informationslage eine etwaige Schuld des Klägers noch als gering anzusehen sei und auch die Folgen eines Pflichtverstoßes bei einem materiellen Schaden von maximal ca. 300,00 EUR wohl gerade noch als unbedeutend eingestuft werden könnten.
Mit Verfügung vom 29.10.2007 leitete der Disziplinarausschuss ein erneutes Disziplinarverfahren hinsichtlich der Behandlungsfälle aus dem Jahr 2006 ein und gab dem Kläger Gelegenheit, zu den Tatvorwürfen Stellung zu nehmen.
Der Kläger trug vor, der Begriff der Notwendigkeit habe in der Terminologie der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine andere Bedeutung als in der privaten Krankenversicherung. In der Prothetik und konservierenden Zahnheilkunde würden täglich Kassenleistungen neben Privatleistungen berechnet. Leistungen die aufgrund von Wirtschaftlichkeitserwägungen nicht notwendig und daher vom Leistungskatalog der GKV nicht umfasst seien, müssten mit dem Patienten vereinbart werden. Wenn die Weiterführung der Behandlung ohne die Erbringung dieser Leistungen nicht verantwortet werden könne, habe der Patient wie auch der Arzt das Recht, die Weiterbehandlung abzulehnen, soweit es sich nicht um einen Notfall handele. Der Patient L. J. habe das Recht zur Vertragskündigung wahrgenommen. Die AOK Baden-Württemberg bringe die Eltern der Patienten mit falschen Informationen gegen ihn auf.
Am 5.12.2007 führte der Disziplinarausschuss eine mündliche Verhandlung durch, zu der der Kläger am 3.11.2007 geladen worden war. In der Sitzungsniederschrift ist festgehalten, der Kläger habe angegeben, bei einem Verlängerungsantrag dürften nur drei Modelle über die Krankenkasse abgerechnet werden. Er benötige jedoch vier Modelle und er gebe keine Abschlussbescheinigung ohne das vierte Modell ab. Bei dem Abschlussmodell bezahle die Krankenkasse nur die Labor- und Materialkosten, jedoch kein zahnärztliches Honorar. Für den Patienten habe das vierte Modell keine Vorteile. Er fertige das Modell zur Dokumentation an und benötige es zu seiner eigenen Sicherheit. Ohne Dokumentationsmodell müsse er die Kosten der Behandlung an die Krankenkasse zurückbezahlen. Wenn der Patient die Kosten für das Dokumentationsmodell nicht bezahle, stelle er keine Abschlussbescheinigung aus. Er habe die Abschlussbescheinigung aber nicht von der Begleichung der Privatrechnung abhängig gemacht. Wenn der Patient das Modell nicht bezahle, aber trotzdem bei ihm in Behandlung bleiben wolle, sei das Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Arzt grundlegend gestört, weswegen er das Behandlungsverhältnis kündige. Er gebe dem Patienten sodann die Adresse eines Kollegen, bei dem das Abschlussmodell kostenlos zu erhalten sei. Das Dokumentationsmodell diene seinem eigenen Schutz, damit er die Behandlungskosten bei der Krankenkasse nicht zurückzahlen müsse. Die AOK mache im Übrigen als einzige Kasse Schwierigkeiten. Seiner Auffassung nach werde der Patient von ihm nicht genötigt, da er sich bei einem Kollegen kostenfrei das Abschlussmodell anfertigen lassen könne und somit ein Nachteil nicht entstehe.
Mit Disziplinarbescheid vom 5.12.2007 setzte der Disziplinarausschuss gegen den Kläger wegen schuldhaften Verstoßes gegen vertragszahnärztliche Pflichten in drei Fällen eine Geldbuße in Höhe von 1.500,00 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger (Einkommen aus vertragszahnärztlicher Tätigkeit nach eigenen Angaben jährlich 82.000 EUR, 1997 disziplinarrechtlich verwarnt) habe Leistungen erbracht, die weder zahnmedizinisch notwendig seien noch der zahnmedizinischen Versorgung der Patienten, sondern ausschließlich seinen (beweis-)rechtlichen Interessen dienten. Solche Leistungen dürfe der Kläger auch nicht privatärztlich abrechnen, zumal ein entsprechendes Verlangen der Versicherten nicht vorgelegen habe. Die Kosten von Maßnahmen zur Beweissicherung müsse der Zahnarzt, nicht der Patient tragen. Die Materialkosten und die Kosten für die zahntechnischen Leistungen der Modellherstellung könne der Kläger im Übrigen zu Lasten der GKV abrechnen. Eine weitere Verletzung vertragszahnärztlicher Pflichten bestehe darin, dass der Kläger bei Nichtzahlung der Privatliquidation Behandlungen unter dem Vorwand eines Bruchs des Vertrauensverhältnisses beendet und den Versicherten dadurch der Gefahr ausgesetzt habe, seine Behandlungskosten (in vierstelliger Höhe) mangels Abschlussbescheinigung nicht erstattet zu bekommen. Dadurch sei der Versicherte auch zumindest mittelbar gezwungen worden, einen anderen Zahnarzt zu konsultieren.
Das Fehlverhalten des Klägers, das Züge einer gewissen Verwerflichkeit trage und mit allgemeinen standesrechtlichen und ethischen Grundsätzen der Zahnmedizin nicht vereinbar sei, sei auch schuldhaft. Die Rechtsänderungen zum 1.1.2004 (Inkrafttreten des neuen BEMA-Z) seien hierfür ohne Belang; zur Tatzeit sei die Verfahrensweise bei Altfällen bereits geklärt gewesen. Der Kläger habe zudem betont, sich in berufsrechtlichen Angelegenheiten sehr gut auszukennen und auf dem Laufenden zu sein. Er hätte die Rechtswidrigkeit seines Handelns durchaus erkennen können und habe daher zumindest fahrlässig gehandelt.
Bei der Auswahl und Bemessung der Disziplinarmaßnahme habe man zulasten des Klägers berücksichtigt, dass er nach Eindruck des Disziplinarausschusses keine Einsicht in sein Fehlverhalten zeige und ihm dieses deshalb nachhaltig bewusst zu machen sei, auch, um künftig vor der Begehung solcher oder rechtlich gleich oder ähnlich gelagerter Taten einer unzulässigen Privatliquidation abzuschrecken. Durch eine deutliche, um ein Mehrfaches gesteigerte "Abschöpfung" des zu Unrecht erhaltenen Betrags sei der Anreiz zu unrechtmäßiger Abrechnung zu nehmen. Außerdem stelle das Verhalten des Klägers einen keineswegs unerheblichen Vertrauensmissbrauch gegenüber dem Versicherten dar, der auf korrektes Abrechnungsverhalten des Arztes vertrauen müsse. Zu Gunsten des Klägers sei berücksichtigt worden, dass die Pflichtverstöße in eine auslaufende Umstellungsphase aufgrund einer Gesetzesänderung gefallen seien, die einige Unklarheiten mit sich gebracht habe, und die Fehlabrechnungsbeträge zwar nicht als unbedeutend, aber auch nicht als außergewöhnlich hoch einzustufen seien. Der Kläger sei disziplinarrechtlich bislang nicht in gravierendem Maße in Erscheinung getreten. Die Geldbuße sei danach insgesamt sachgerecht und angemessen. Man gehe davon aus, dass der Kläger die zu Unrecht abgerechneten Beträge zurückzahle. Der Disziplinarbescheid wurde dem Kläger bzw. dessen Bevollmächtigtem am 15.2.2008 zugestellt.
Am 13.3.2008 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht S ... Zur Begründung trug er vor, er benötige stets aktuelle Modelle für die Dokumentation der Behandlung. Da Modelle zur Einstufung der Behandlung nicht älter als drei Monate sein dürften, seien bei mehrjährigen Behandlungen mehrere Modelle erforderlich. Auch die Krankenkassen verlangten mehrere Modelle, bezahlten diese aber nicht in vollem Umfang. Deswegen müsse er die nicht vergüteten Modelle privatärztlich abrechnen.
Die ihm vorgeworfenen Abrechnungen fielen in die Umbruchphase des neuen BEMA-Z, als die genauen Abrechnungsmodalitäten höchst strittig gewesen seien. Die Beklagte habe zum Problem der Modellvergütung fünfmal eine andere Meinung vertreten. Erst nach dem 7.3.2005 habe sich dem Kommentar zum BEMA-Z hinsichtlich der Gebühren-NR. 7 entnehmen lassen, dass für den gesamten Behandlungsfall drei Modelle zzgl. eines weiteren Modells bei einem Verlängerungsantrag abrechnungsfähig seien. An diese Kommentierung habe er sich gehalten.
Die Vereinbarungen, die er mit seinen Patienten geschlossen habe, seien zudem fehlerhaft ausgelegt worden. Die Leistungen seien medizinisch, und zwar aus juristischen Gründen, notwendig gewesen. Sie überschritten nur in der GKV das Maß des Erforderlichen, während eine umfassende Diagnostik durch Modelle aus strafrechtlichen Gründen notwendig sei. Er müsse den Patienten die fachlich bestmögliche Behandlung nach dem neusten Stand der fachzahnärztlichen Wissenschaft anbieten mit umfassender Diagnostik durch Modelle. Dafür sei eine fortlaufende Behandlungskontrolle erforderlich, damit er sicher wisse, welche weiteren Maßnahmen notwendig seien. Ihm sei es nicht um seine eigenen Interessen, sondern um seine Absicherung durch Erbringung der bestmöglichen Leistungen gegangen.
Der Disziplinarausschuss habe gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, indem er ein neues Verfahren mit geänderter Besetzung durchgeführt habe. Mit der Einstellung des ersten Disziplinarverfahrens seien für ihn auch die erweiterten Anträge erledigt und der in der Sitzung vom 26.9.2007 vereinbarte neue Verhandlungstermin nur eine Formsache gewesen. Man habe ihn im Glauben gelassen, mit der Verfahrenseinstellung seien alle Vorwürfe erledigt. Die Bestandskraft des Einstellungsbeschlusses umfasse auch die jetzt geahndeten Taten. Außerdem setze sich der Disziplinarausschuss in Widerspruch zum Einstellungsbeschluss vom 26.9.2007, in dem eine geringe Schuld (auch für etwaige Taten nach dem 7.3.2005) festgestellt worden sei. Der Ausschuss habe die Rechtslage für verworren gehalten.
Seine Äußerungen in der mündlichen Verhandlung seien in der Sitzungsniederschrift missverständlich wiedergegeben worden. Es treffe nicht zu, dass er Behandlungen aus finanziellen Gründen abgebrochen habe bzw. habe abbrechen wollen. Vielmehr könne und müsse er Behandlungsverträge kündigen, wenn das Vertrauensverhältnis gestört sei. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn er eine bestimmte Leistung für medizinisch notwendig erachte, der Patient diese Einschätzung aber nicht teile. Wenn ihm der Patient nicht vertraue, sei die Fortsetzung der Behandlung nicht zumutbar. Nur das habe er vor dem Ausschuss darlegen wollen. Um die Erzwingung von Zahlungen sei es nicht gegangen. Vielmehr wolle letztlich wohl der Patient aus finanziellen Gründen eine von ihm vorgeschlagene medizinisch notwendige Leistung nicht in Anspruch nehmen. Die Ausstellung der Abschlussbescheinigung habe er nicht von der Bezahlung einer Privatrechnung abhängig gemacht. Schließlich sei die Höhe der Geldbuße unverhältnismäßig, da die erbetenen Privathonorare nur sehr niedrig gewesen seien.
Die Beklagte trug vor, das vorausgegangene Disziplinarverfahren sei eingestellt worden, weil man nicht habe nachweisen können, dass der Kläger die weitere Behandlung bzw. die Stellung eines Verlängerungsantrages von der Begleichung privatzahnärztlicher Rechnung abhängig gemacht habe. Dies sei hier anders gewesen. Bei den Ausführungen im Einstellungsbeschluss zur Geringfügigkeit der Schuld handele es sich nur um zusätzliche Erwägungen. Es sei zwar die Erweiterung des (anhängigen) Disziplinarverfahrens beantragt worden, man habe den Antrag jedoch als Antrag auf Einleitung eines neuen Verfahrens ausgelegt. Der Kläger habe keinen Anspruch darauf, dass Disziplinarverfahren gemeinsam und in einer bestimmten Besetzung verhandelt werden. Das vorausgegangene Disziplinarverfahren habe keine Bedeutung mehr, da diesem eine andere Sach- und Beweislage zugrunde gelegen habe. Das gehe aus dem Beschluss vom 26.9.2007 unmissverständlich hervor. Zudem habe der Ausschussvorsitzende ausweislich der Sitzungsniederschrift die Verhandlung der neuen (hier in Rede stehenden) Fälle am 26.9.2007 ausdrücklich abgelehnt. Der Disziplinarausschuss habe diese Fälle auch nicht durch Beschluss in das laufende Verfahren einbezogen.
Die zum 1.1.2004 eingetretenen Rechtsänderungen (neuer BEMA-Z) seien hier nicht von Belang. Hinsichtlich der medizinischen Notwendigkeit von Leistungen habe sich die Rechtslage nicht geändert. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung auch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Modelle zu seiner persönlichen juristischen Absicherung, also als Beweismittel, und nicht aus medizinischen Gründen angefertigt worden seien. Er schulde auch nicht die fachlich bestmögliche Behandlung. Der zivilrechtliche Sorgfaltsmaßstab orientiere sich am Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Die Patienten könnten nicht beanspruchen, immer nach den neuesten Methoden behandelt zu werden. In der GKV dürfe das Maß des Notwendigen nicht überschritten werden. Sofern die Leistungen demnach nicht von der GKV abgedeckt seien, müssten sie außerhalb der GKV erbracht und abgerechnet werden. Dies setze jedoch ein entsprechendes Verlangen des Patienten voraus, woran es hier fehle. Wenn der Kläger meine, nach den Vorgaben der GKV nicht behandeln zu können, möge er seine Zulassung zurückgeben.
Nach den eigenen Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses habe er das Behandlungsverhältnis des Patienten L. J. beendet, weil die diesem vorgelegte Vereinbarung nicht unterschrieben bzw. die privatzahnärztliche Rechnung nicht bezahlt worden sei. Die gleiche Vorgehensweise habe er auch für andere Behandlungsfälle eingeräumt. Außerdem habe er angegeben, ohne Begleichung der Privatrechnung keine Abschlussbescheinigung auszustellen. Diese sei aber erforderlich, damit der Versicherte die anteilige Zahlung der Krankenkasse (§ 29 Abs. 3 Satz 2 SGB V) erhalten könne. Der Vertragszahnarzt dürfe die Weiterbehandlung Versicherter nur in begründeten Fällen und nicht aus finanziellen Gründen wegen vermeintlich unzureichender Honorierung ablehnen. Durch die Verweigerung von Leistungen der GKV bzw. der Weiterbehandlung habe der Kläger gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten verstoßen. Mit dem Bestreiten des entsprechenden Vortrags vor dem Disziplinarausschuss setze er sich in Widerspruch zu seinem bisherigen Vorbringen, da er diese Vorwürfe erst während des Klageverfahrens thematisiert habe.
Mit Urteil vom 30.6.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Disziplinarbescheid vom 5.12.2007 sei rechtmäßig. Die darin geahndeten Tatvorwürfe seien nicht Gegenstand des vorausgegangenen Disziplinarverfahrens gewesen und deswegen im Hinblick auf den Grundsatz ne bis in idem auch nicht verbraucht. Nach dem Antrag der Beklagten auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens vom 13.10.2005, der Eröffnungsverfügung vom 7.8.2006 und des Disziplinarbescheides vom 26.9.2007 habe das frühere Disziplinarverfahren Behandlungsfälle aus den Jahren 2004 und 2005 betroffen, während es hier um 3 Behandlungsfälle aus dem Jahr 2006 gehe. Ein einheitliches Tatgeschehen (Tateinheit) liege nicht vor, unbeschadet dessen, dass der Kläger jeweils gleichartige Pflichtverletzung begangen habe. Tateinheit setze nämlich voraus, dass die tatbestandlichen Ausführungshandlungen zumindest teilweise identisch seien (Tröndle/Fischer, StGB, vor § 52 Rd. 3). Der Kläger habe jedoch in jedem der Behandlungsfälle selbstständige Pflichtverletzungen begangen, weshalb eine Mehrheit von Taten vorliege.
Der Disziplinarausschuss habe die das Jahr 2006 betreffenden Tatvorwürfe auch nicht in das erste Disziplinarverfahren einbeziehen müssen. Die Verfahrensordnung schreibe nicht vor, dass mehrere gleichgelagerte Pflichtverletzungen in einem Verfahren zu behandeln seien. Gem. § 7 Abs. 1 DiszO entscheide der Vorsitzende des Disziplinarausschusses, nicht die Beklagte, über die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens. Auch gegen das Gebot eines fairen Verfahrens sei nicht verstoßen worden. Der Disziplinarausschuss habe insbesondere nicht den Anschein erweckt, mit der Einstellung des ersten Disziplinarverfahrens seien auch die Vorwürfe zu den Behandlungsfällen des Jahres 2006 erledigt. Der Ausschussvorsitzende habe es, so die Sitzungsniederschrift, vielmehr ausdrücklich abgelehnt, die Fälle des Jahres 2006 in das laufende Disziplinarverfahren einzubeziehen, da der Ausschuss über die neuen Fälle noch nicht informiert sei und eine Stellungnahme des Betroffenen noch nicht vorliege. Auch der Einstellungsbeschluss vom 26.9.2007 habe allein die Pflichtverletzungen aus den Jahren 2004 und 2005 zum Gegenstand.
Der Kläger habe die im Disziplinarbescheid genannten Pflichtverletzungen begangen, indem er den Versicherten Kosten für Modelle in Rechnung gestellt habe, die nach seinen eigenen Angaben nicht der Behandlung selbst, sondern allein der abschließenden Dokumentation des Behandlungsergebnisses gedient hätten. Das gehe aus den bei den Akten befindlichen Rechnungen und Vereinbarungen hervor. So sei auf den Rechnungen vermerkt, die Leistungen würden "zum Zwecke der Dokumentation" bzw. als "Dokumentationsmodelle" abgerechnet. Eine diagnostische Auswertung habe anhand dieser Modelle daher nicht erfolgen sollen. Dokumentationsmodelle dieser Art dürften nicht gesondert zu Lasten der GKV erbracht werden. Gem. Gebühren-Nr. 7 BEMA-Z könnten Abformung und Bissnahme in habitueller Okklusion für das Erstellen von dreidimensionalen Modellen des Ober- und Unterkiefers nur zur diagnostischen Auswertung und Planung abgerechnet werden. Modelle, die ausschließlich zur Dokumentation einer bestimmten Situation angefertigt würden, seien von Gebühren-NR. 7 BEMA-Z nicht erfasst (Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Stand: Juli 2005, KFO Nr. 7a/b, S. 8). Für Situationsmodelle ohne Auswertung und Arbeitsmodelle seien nur die Materialkosten für das Abformmaterial und die zahntechnischen Leistungen der Modellherstellung als Auslagenersatz gesondert abrechnungsfähig. Diese Rechtslage habe auch schon vor der Umstrukturierung des BEMA-Z zum 1.1.2004 gegolten (vgl. GNR 6 und 7 BEMA-Z a. F., Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Stand: Januar 1995, Teil 3 Nr. 6, 7, S. 308). Die Änderung des BEMA-Z zum 1.1.2004 und die Problematik der Altfallbehandlung seien deswegen nicht von Belang.
Nach dem BEMA-Z könnten Dokumentationsmodelle daher nicht zusätzlich abgerechnet werden; sie würden als Teil der eigentlichen kieferorthopädischen Behandlung mit der hierfür zu zahlenden Vergütung abgegolten. Ein (Zahn-)Arzt, der von Versicherten der GKV Zahlungen zu Kassenleistungen verlange, verstoße gegen vertrags(zahn)ärztliche Pflichten (BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -; Beschl. v. 14.03.2001, - B 6 KA 76/00 B -). Auch wenn eine Abrechnung nach GOZ zulässig wäre, müsse der Vertragszahnarzt dem Versicherten jedenfalls die Möglichkeit eröffnen, die GKV-Behandlung ohne Zusatzleistungen abzuschließen. Nur wenn der Patient ausdrücklich weitere, vom Leistungskatalog der GKV nicht umfasste Leistungen verlange, dürften ihm die dafür anfallenden Kosten nach Maßgabe der GOZ in Rechnung gestellt werden. Andernfalls habe der Vertragszahnarzt die Behandlung im Umfang der GKV zu erbringen. In den disziplinarisch geahndeten Fällen hätten die Patienten die Anfertigung von Dokumentationsmodellen nicht verlangt. Ein entsprechender Patientenwunsch nach zusätzlichen Leistungen müsse aus der schriftlichen Vereinbarung eindeutig hervorgehen; das sei nicht der Fall.
Der Kläger habe seine vertragszahnärztlichen Pflichten außerdem dadurch verletzt, dass er die Weiterführung bzw. den Abschluss der GKV-Behandlung von der Begleichung der privatzahnärztlichen Rechnungen abhängig gemacht habe. Das gehe aus den eigenen Angaben des Klägers insbesondere im Disziplinarverfahren hervor und werde durch in den Verwaltungsakten dokumentierte Äußerungen der Eltern der Patienten A. L. und L. J. bestätigt.
In seiner ersten Einlassung habe der Kläger geltend gemacht, Arzt und Patient dürften die Weiterbehandlung ablehnen, wenn die Fortsetzung der Behandlung ohne Erbringung der in Rede stehenden Leistung nicht verantwortbar sei. L. J. habe von diesem Recht Gebrauch gemacht. Der Kläger habe damit zu erkennen gegeben, dass er eine Weiterbehandlung abgelehnt habe, weil er nach seiner Auffassung die Weiterbehandlung ohne das Dokumentationsmodell nicht habe verantworten können. Er habe die Fortsetzung der Behandlung auch von der Bezahlung des Dokumentationsmodells abhängig gemacht. Bestätigt werde dies durch die Angaben des Vaters des Patienten gegenüber der Krankenkasse. Auch aus der Niederschrift der Sitzung des Disziplinarausschusses vom 5.12.2007 gehe hervor, dass der Kläger im Beisein seines Prozessbevollmächtigten erklärt habe, er stelle keine Abschlussbescheinigung aus, wenn der Patient die Kosten (des Dokumentationsmodells) nicht bezahle. Die Einlassung des Klägers im Klageverfahren, er habe (nur) gemeint, eine Weiterbehandlung dürfe abgelehnt werden, wenn der Patient das Vertrauen in seine Einschätzung hinsichtlich der medizinisch notwendigen Leistungen verloren habe, ändere nichts. Der Vertragszahnarzt dürfe die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen (§ 4 Abs. 7 BMV-Z). Dazu gehöre die Entscheidung des Versicherten für GKV-Leistungen ohne Zuzahlung bzw. für privatzahnärztliche Zusatzleistungen nicht. Die Vertragszahnärzte seien gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V verpflichtet, die ärztlichen Leistungen gemäß den Bestimmungen über die vertragszahnärztliche Versorgung zu erbringen.
Der Kläger habe auch schuldhaft gehandelt. Von einem bloßen Versehen könne nicht die Rede sein. Als Vertragszahnarzt hätte er wissen müssen, dass sein Handeln gegen seine vertragszahnärztlichen Pflichten verstoße. Auch Auswahl und Bemessung der verhängten Disziplinarmaßnahme seien nicht zu beanstanden. Das Gericht könne insoweit nur überprüfen, ob der Disziplinarausschuss von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei und sich von sachgerechten Erwägungen habe leiten lassen, namentlich sein Ermessen nicht überschritten bzw. rechtsmissbräuchlich angewandt habe; das Gericht sei dabei auf die im Disziplinarbescheid mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BSG, Urt. v. 6.11. 2002, - B 6 KA 9/02 -). Davon ausgehend liege ein rechtlich beachtlicher Ermessensfehler nicht vor. Der Disziplinarausschuss habe den Sachverhalt zutreffend ermittelt und sich ausweislich des angefochtenen Bescheids von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Er habe seinen Ermessensspielraum auch nicht überschritten. Die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 1.500,00 EUR sei vor dem Hintergrund der Uneinsichtigkeit des Klägers angemessen. An die Begründung des Bescheids vom 26.9.2007 sei der Disziplinarausschuss nicht gebunden gewesen, da das diesem Bescheid zugrunde liegende, u. a. wegen geringer Schuld eingestellte Disziplinarverfahren andere Pflichtverstöße betroffen habe; die Fälle aus den Jahren 2004 und 2005 hätten Rechnungen für zusätzliche Verlaufsdiagnostik-Leistungen und nicht für Dokumentations-Modelle zum Gegenstand gehabt.
Auf das ihm am 27.7.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.8.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, der Disziplinarbescheid sei formell rechtswidrig, weil das Verfahren gegen ihn bereits durch den Einstellungsbescheid vom 26.9.2007 bestandskräftig abgeschlossen worden sei. Die drei Behandlungsfälle aus dem Jahr 2006, die Gegenstand des angefochtenen Bescheids seien, habe die Beklagte nämlich ursprünglich als Erweiterung eines anderen Disziplinarverfahrens vorgebracht und mit Schreiben vom 30.7.2007 in das Verfahren eingeführt. So heiße es im Einstellungsbescheid, ob der Betroffene noch nach dem 7.3.2005 eine weitere Behandlung bzw. die Stellung eines Verlängerungsantrags von der Begleichung einer privaten Rechnung abhängig gemacht habe oder eine solche gestellt habe, habe der Ausschuss bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen können; hierzu wären weitere Ermittlungen und Beweiserhebungen erforderlich gewesen. Davon habe man abgesehen, da angesichts vorausgegangener Meinungsäußerungen und Meinungsänderungen eine etwaige Schuld des Betroffenen noch als gering anzusehen wäre und auch die Folgen eines Pflichtverstoßes bei einem materiellen Schaden von maximal ca. 300,- EUR wohl gerade noch als unbedeutend angesehen werden könnten. Insgesamt sei somit das Verfahren einzustellen gewesen. Der Disziplinarausschuss habe sich also im Einstellungsbescheid vom 26.9.2007 mit Fällen, die sich nach dem 7.3.2005 ereignet hätten, auseinandergesetzt und damit auch die hier in Rede stehenden Fälle aus dem Jahre 2006 berücksichtigt. Er habe jedenfalls schutzwürdig darauf vertrauen dürfen, dass die Angelegenheit mit dem Einstellungsbescheid vom 26.9.2007 vollständig erledigt sei. In diesem Bescheid sei ein entsprechender Eindruck erweckt worden.
Der Disziplinarbescheid sei auch materiell rechtswidrig. Er habe nicht gegen seine Pflichten als Vertragszahnarzt verstoßen, insbesondere die Behandlung von GKV-Patienten nicht von der Bezahlung von Privatrechnungen abhängig gemacht. Die von ihm erbetenen Privathonorare seien in eine Umbruchphase gefallen, in der durch Gesetzesänderungen die genauen Abrechnungsmodalitäten unklar bzw. höchst strittig gewesen seien. Außerdem seien die Privathonorare (auch im Hinblick auf die Gesamtkosten der erbrachten zahnärztlichen Leistungen) derart niedrig, dass sie nicht ins Gewicht fallen könnten und die festgesetzte Geldbuße jedenfalls unverhältnismäßig hoch sei.
Er sei - wolle er nicht altruistisch handeln - gezwungen gewesen, die von den Krankenkassen zusätzlich verlangten, aber nicht vergüteten Modelle als privatzahnärztliche Leistungen abzurechnen; hierzu habe die Beklagte ihm gegenüber fünfmal eine andere Meinung vertreten. Deswegen habe er in Einklang zu Kommentar-Ausführungen zum BEMA-Z hinsichtlich der Gebühren-Nr. 7 für den ganzen Fall drei Modelle, für einen Verlängerungsantrag nochmals ein weiteres Modell abgerechnet. Er habe nicht erkennen können, dass sein Verhalten möglicherweise beanstandet werde. Außerdem handele es sich bei den Dokumentationsmodellen um medizinisch notwendige Leistungen, die auch aus rechtlichen Gründen erbracht würden, wenngleich damit nach Auffassung der Krankenkassen das Maß des Notwendigen überschritten sei. Er müsse seinen Patienten aus rechtlichen Gründen die fachlich bestmögliche Behandlung bieten, weil er sich andernfalls wegen Körperverletzung strafbar machen könne. Deswegen sei eine umfassende Diagnostik durch jeweils aktuelle Modelle notwendig, um den Verlauf der Behandlung sicher beurteilen zu können; ob die GKV hierfür aufkomme, sei unerheblich. Damit bestimmten die rechtlichen Vorgaben über das medizinisch Notwendige, nämlich die bestmögliche Behandlung im konkreten Einzelfall. Dass die Dokumentationsmodelle zugleich seiner eigenen rechtlichen Absicherung dienten, sei ebenfalls unbeachtlich. Das Disziplinarrecht dürfe nicht verbieten, was das Strafrecht erzwinge. Das Sozialgericht habe die Vereinbarungen im Übrigen fehlerhaft ausgelegt. Schließlich wäre eine etwaige Schuld auch gering und der Schaden unbedeutend, weswegen die Geldbuße unverhältnismäßig sei. Ein schriftlicher Hinweis auf die Rechtsauffassung der Beklagten hätte genügt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.6.2010 und den Bescheid des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 5.12.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, der Kläger habe nicht annehmen dürfen, mit dem Disziplinarbescheid vom 26.9.2007 seien alle Vorwürfe erledigt. Der in den Disziplinarbescheiden jeweils abgehandelte Sachverhalt sei klar erkennbar gewesen. Auch in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses am 26.9.2007 sei der Verfahrensgegenstand eingehend erörtert worden; der Ausschussvorsitzende habe die Einbeziehung weiterer Sachverhalte ausdrücklich abgelehnt. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Rechtslage keineswegs unklar und umstritten gewesen. Die unberechtigte Ablehnung der Behandlung eines gesetzlich Versicherten habe schon immer einen Verstoß gegen vertragszahnärztliche Pflichten dargestellt. Die Höhe der verlangten Privathonorare sei unerheblich. Die (wiederholten) Darlegungen des Klägers zu abrechenbaren Modellen seien unzutreffend. Davon abgesehen berechtigten finanzielle Aspekte, wie die vermeintlich unzureichende Honorierung einer Einzelleistung, den Vertragszahnarzt nicht dazu, einem Versicherten gesetzlich vorgesehene Leistungen zu verweigern (BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -). Nach wie vor verkenne der Kläger, dass die Dokumentationsmodelle nicht medizinisch notwendig seien; er lasse die Vorschriften über die vertragszahnärztliche Versorgung insoweit außer Acht und fühle sich daran offenbar auch nicht gebunden. Ihm sei ersichtlich an der eigenen juristischen Absicherung gelegen. Selbst wenn die Modelle hierfür notwendig wären, dürften sie den Versicherten nicht in Rechnung gestellt werden. Im Kern gehe es primär nicht darum, ob die Leistungen hätten privatärztlich abgerechnet werden dürfen oder nicht, sondern darum, dass Behandlungen verweigert worden seien, auf die die Versicherten einen Anspruch gehabt hätten und die der Kläger aufgrund der vertragszahnärztlichen Vorschriften hätte erbringen müssen, und zwar ohne dies von anderen Leistungen o. ä. abhängig zu machen. Die vom Kläger angeführten abweichenden Auskünfte beträfen den Pflichtverstoß der unberechtigten Behandlungsverweigerung nicht. Die Schuld sei auch nicht gering. Der Disziplinarbescheid vom 26.9.2007 habe sich auf andere Sachverhalte bezogen. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liege nicht vor. Hierbei sei auch besonders zu berücksichtigten, dass die Versicherten wegen des Verhaltens des Klägers Behandlungskosten in vierstelliger Höhe nicht erstattet bekämen. Das Verhalten des Klägers im Disziplinarverfahren belege, dass ein schriftlicher Hinweis nicht mehr ausgereicht hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten (Disziplinarausschuss), des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat entscheidet in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragszahnärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Da Disziplinarbescheide, die eine Geldbuße verhängen, keine auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsakte i. S. d. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG darstellen (BSG Urteil vom 11.09.2002 - B 6 KA 36/01 R -), bedarf die Berufung in keinem Fall der Zulassung durch das Sozialgericht. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) ist richtige Beklagte. Der für die Entscheidung über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen zuständige Disziplinarausschuss ist nicht beteiligungsfähig; sein Handeln wird der KZV zugerechnet (vgl. auch BSG, Urt. v. 28.1.2004, - B 6 KA 4/03 R -).
II.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der angefochtene Disziplinarbescheid ist rechtmäßig. Das Sozialgericht hat die (gem. § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG i. V. m. § 81 Abs. 5 Satz 4 SGB V ohne vorheriges Widerspruchsverfahren zulässige) Klage zu Recht abgewiesen.
1.) Rechtsgrundlage des Disziplinarbescheids ist § 81 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V und § 19 der Satzung der Beklagten bzw. den Bestimmungen ihrer Disziplinarordnung.
Gem. §§ 81 Abs. 5 Satz 1 SGB V müssen die Satzungen der Kassenärztlichen Vereinigungen die Voraussetzungen und das Verfahren zur Verhängung von Maßnahmen gegen Mitglieder bestimmen, die ihre vertragsärztlichen Pflichten nicht oder nicht ordnungsgemäß erfüllen. Maßnahmen nach Satz 1 sind je nach Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße - bis höchstens 10.000,00 EUR - oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu 2 Jahren (Sätze 2 und 3; vgl. auch § 12 der Disziplinarordnung). Diese Bestimmungen gelten gem. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V für Zahnärzte entsprechend. Die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen sind ausreichend bestimmt (vgl. BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
Der Disziplinarausschuss entscheidet durch Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X). Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen, weshalb insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Rechtskontrolle stattfindet (§ 54 Abs. 2 SGG). Das Gericht prüft, ob der Disziplinarausschuss von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen; dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (BSG, Urt. v. 6.11.2002, - B 6 KA 9/02 R -).
2.) Der angefochtene Disziplinarbescheid ist formell und materiell rechtmäßig. Die Einwendungen des Klägers sind nicht berechtigt. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten angemerkt:
a.) Der Disziplinarbescheid ist formell rechtmäßig. Die Beklagte hat den Antrag auf Einleitung des Disziplinarverfahrens hinsichtlich der im Jahr 2006 begangenen Taten unter dem 30.7.2007 und damit in Ansehung der Dreijahresfrist des § 4 Abs. 3 der Disziplinarordnung rechtzeitig gestellt. Dass sich der Antrag auf die Einbeziehung der Tatvorwürfe in ein bereits anhängiges Disziplinarverfahren richtete, ist unschädlich; die Einleitung eines neuen Verfahrens ist darin eingeschlossen.
b.) Der Disziplinarbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Seinem Erlass steht der Einstellungsbeschlusses vom 26.9.2007 nicht entgegen. Der Kläger hat seine vertragszahnärztlichen Pflichten schuldhaft verletzt. Die verhängte Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße ist rechtlich nicht zu beanstanden.
aa.) Der Disziplinarausschuss war an der Ahndung der im Jahr 2006 begangenen Taten nicht wegen der Einstellung des vorausgegangenen Disziplinarverfahrens durch Beschluss vom 26.9.2007 gehindert. Dieser Beschluss beendete ein Disziplinarverfahren, das Tatvorwürfe (Sachverhalte) aus den Jahren 2004 und 2005 zum Gegenstand hatte. Der Disziplinarbescheid hat demgegenüber ein Disziplinarverfahren abgeschlossen, das Taten aus dem Jahr 2006 betrifft. Es handelt sich um zwei rechtlich selbständige Disziplinarverfahren, deren Verfahrensgegenstände jeweils rechtlich selbständige Taten bzw. Tatvorwürfe umfassen. Unerheblich ist, dass die Beklagte hinsichtlich der Tatvorwürfe des Jahres 2006 nicht von vornherein die Einleitung eines neuen Disziplinarverfahrens, sondern die Einbeziehung in das bereits anhängige Disziplinarverfahren beantragt hatte. Der Disziplinarausschuss war deswegen nicht daran gehindert, die neuerlichen Tatvorwürfe zum Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens zu machen und den Einbeziehungsantrag der Beklagten als Einleitungsantrag zu behandeln. Das ist mit der Einleitungsverfügung vom 29.10.2007 auch unzweifelhaft geschehen. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung des Disziplinarausschusses vom 26.9.2007 war zuvor der vom Kläger gestellte Antrag, die neuen Tatvorwürfe mit zu verhandeln, abgelehnt worden. Diese Tatvorwürfe sind in der Begründung des Einstellungsbeschlusses vom 26.9.2007 entgegen der Auffassung des Klägers nicht angeführt; Bezug genommen wird ausschließlich auf die ursprünglichen Tatvorwürfe aus den Jahren 2004 und 2005. Der Kläger konnte deswegen – schon angesichts des geschilderten Verfahrensgangs in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses vom 26.9.2007 - nicht annehmen, ein Disziplinarverfahren werde insoweit nicht mehr stattfinden. Dies gilt umso mehr als der Bevollmächtigte des Klägers in der Sitzung vom 26.9.2007 nach Verkündung des Einstellungsbeschlusses gegenüber dem Disziplinarausschuss erklärte, er werde den Kläger auch in dem weiteren Verfahren vertreten.
bb.) Der Kläger hat seine vertragszahnärztlichen Pflichten verletzt. Er hat gegen die für ihn als zugelassenem Vertragszahnarzt gem. §§ 95 Abs. 3 Satz 3, 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V verbindlichen Vorschriften der Bundemantelverträge verstoßen (vgl. BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -). Er hat unter Verletzung der einschlägigen Bestimmungen (vor allem) des BMV-Z im Zuge der kieferorthopädischen Behandlung gesetzlich Versicherter die Vergütung von Dokumentationsmodellen als privatzahnärztliche Leistung verlangt und damit zu Unrecht eine Zahlung zusätzlich zu den Kassenleistungen gefordert. Außerdem hat er zu Unrecht auch den Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung von dieser Zahlung abhängig gemacht.
Wie das Sozialgericht in seinem Urteil zutreffend dargelegt hat, kann der Vertragszahnarzt für Dokumentationsmodelle der in Rede stehenden Art (Situationsmodelle bzw. Arbeitsmodelle ohne diagnostische Auswertung) bei der Beklagten nur Auslagenersatz wegen der Kosten des Abformmaterials und der zahntechnischen Leistungen der Modellherstellung geltend machen. Darüber hinaus ist ein zusätzliches vertragszahnärztliches Honorar nicht vorgesehen (Teil 3 Vorbem. Teil 2 Nr. 6, 7 Anm. BEMAZ a.F.; Teil 3 Vorbem. Teil 2 Nr. 7 a, b BEMA-Z n.F.). Ob und inwieweit im Zuge kieferorthopädischer Behandlungen angefertigte Dokumentationsmodelle als privatzahnärztliche Leistung nach Maßgabe der GOZ abgerechnet werden können, braucht der Senat nicht zu klären. Die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten aus privatzahnärztlichen Behandlungsverträgen, namentlich die ordnungsgemäße Abrechnung privatzahnärztlicher Leistungen gegenüber dem Patienten, ist vorliegend nicht von Belang, da Grundlage eines vertrags(zahn)ärztlichen Disziplinarverfahrens allein die Verletzung vertrags(zahn)ärztlicher Pflichten ist.
Der Vertragszahnarzt darf mit gesetzlich Versicherten auch privatzahnärztliche Behandlungsverträge abschließen und auf deren Grundlage erbrachte Leistungen unter Anwendung der GOZ abrechnen. Voraussetzung hierfür ist gem. § 4 Abs. 5b Satz 1 BMV-Z aber, dass der Versicherte klar und erkennbar verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden. In jedem Fall unzulässig ist es, Zuzahlungen zu Kassenleistungen zu erwirken, etwa, weil der Leistungsumfang oder die Honorierung der Kassenleistung als unzureichend empfunden wird (dazu eingehend nur etwa BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -). Der Senat entnimmt dem Vorbringen des Klägers, dass er die Dokumentationsmodelle zur Beweissicherung für etwaige Schadensersatz- oder Regressverfahren und damit allein zur Wahrung eigener Interessen und nicht zum Nutzen der Versicherten angefertigt hat. Deswegen hat auch allein der Kläger den Abschluss der Verträge über die Anfertigung der Dokumentationsmodelle gefordert. Von den Versicherten ist hierzu keinerlei Initiative ausgegangen. Diese haben die Zahlung für das Dokumentationsmodell vielmehr notgedrungen akzeptiert oder sich dagegen sogar zur Wehr gesetzt und in keinem Fall verlangt i. S. d. § 4 Abs. 5b Satz 1 BMV-Z insoweit auf eigene Kosten behandelt zu werden.
Das Vorbringen des Klägers, er halte die Anfertigung der Dokumentationsmodelle für medizinisch notwendig, wertet der Senat als im Nachhinein aufgestellte (und ohnehin untaugliche) Schutzbehauptung. So heißt es schon in den Verträgen über die Modellherstellung unmissverständlich und einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglich, dass die Modelle zusätzliche, über das notwendige, ausreichende und wirtschaftliche Maß hinausgehende Leistungen darstellten, die aus juristischen Gründen erforderlich seien. Der Kläger hat das in der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses vom 5.12.2007 selbst bekräftigt und ausweislich der Sitzungsniederschrift (an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt) dargelegt, dass das Dokumentationsmodell für den Patienten keine Vorteile hat und er es zu seiner eigenen Sicherheit und seinem eigenen Schutz benötigt. Wenn der Kläger im Übrigen (tatsächlich) meint, die kieferorthopädische Behandlung als Leistung der GKV umfasse nicht alle aus medizinischen Gründen notwendigen Behandlungs- oder Diagnostikelemente, steht es ihm frei, deswegen seine Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beenden und kieferorthopädische Behandlungen in dem von ihm für medizinisch geboten erachteten Umfang als Privatarzt anzubieten. Unzulässig ist es demgegenüber, die Kassenleistung in der praktizierten Weise durch privat zu vergütende Zusatzleistungen zu ergänzen.
Der Kläger hat außerdem nicht nur pflichtwidrig eine Zuzahlung zur Kassenleistung verlangt, sondern von der Zuzahlung auch die Weiterbehandlung bzw. den Abschluss der kieferorthopädischen Behandlung der Versicherten abhängig gemacht. Gem. § 4 Abs. 7 BMV-Z darf der Vertragszahnarzt, der mit der Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung und zur Erbringung zahnärztlicher bzw. kieferorthopädischer Behandlungen verpflichtet ist (§§ 95 Abs. 3 Satz 1, 72 Abs. 1 Satz 2, 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB V), die Behandlung oder Weiterbehandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen, wobei er vor Ablehnung der Weiterbehandlung die Krankenkasse unter Mitteilung der Gründe zu unterrichten hat (vgl. auch § 7 Abs. 6 EKV-Z). Dass die Verweigerung einer - zudem unzulässigen - Zuzahlung zu einer Kassenleistung die Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 BMV-Z nicht erfüllt, bedarf keiner näheren Darlegung. Ein (allgemeines) Recht, die Behandlung oder Weiterbehandlung Versicherter aus finanziellen Gesichtspunkten abzulehnen. würde es dem Vertrags(zahn)arzt ermöglichen, die Erfüllung seiner Behandlungspflichten von Erwägungen zur Höhe der Vergütung abhängig zu machen, was mit dem Verbot des Verlangens von durch die Versicherten zu leistenden Zahlungen gerade unterbunden werden soll (so BSG, Urt. v. 14.3.2001, - B 6 KA 36/00 R -).
Der Senat entnimmt den Angaben der Eltern von Versicherten und dem Vorbringen des Klägers im Disziplinarverfahren, dass dieser den Behandlungsabschluss bzw. die Erteilung der Abschlussbescheinigung (§ 29 SGB V) von der Zahlung der Vergütung für das Dokumentationsmodell abhängig gemacht hat. So hat die Mutter des Versicherten A. bei der zuständigen AOK angegeben, der Kläger habe geäußert, die Behandlung ohne Zahlung der privatzahnärztlichen Rechnung über das Dokumentationsmodell nicht abzuschließen. Gleiches geht aus einem Schrieben des Vaters des Versicherten L. J. vom 10.1.2007 hervor. In der mündlichen Verhandlung des Disziplinarausschusses vom 5.12.2007 hat der Kläger diesen Vorwurf bestätigt und unmissverständlich bekundet, er stelle keine Abschlussbescheinigung (§ 29 SGB V) aus, wenn die Kosten für das Dokumentationsmodell nicht gezahlt würden; in solchen Fällen kündige er vielmehr die Behandlung auf. Das gegenteilige Vorbringen des Klägers im Gerichtsverfahren wertet der Senat ebenfalls als Schutzbehauptung, mit der sich der Kläger den disziplinarrechtlichen Folgen seines Verhaltens entziehen will.
cc.) Der Kläger hat die Pflichtverletzungen schuldhaft begangen. Dass er nach Maßgabe der genannten Vorschriften insbesondere des BMV-Z Zuzahlungen von Versicherten zu Kassenleistungen nicht verlangen und die Weiterbehandlung nicht von solchen Zahlungen abhängig machen darf, hat der Kläger gewusst. Eine unklare Rechtslage bestand insoweit nicht. Änderungen des vertragszahnärztlichen Abrechnungswesens mit Inkrafttreten des neu gefassten BEMA-Z zum 1.1.2004 und damit verbundene Unsicherheiten sind nicht mehr von Belang, nachdem die Taten im Jahr 2006 und damit über zwei Jahre nach der Rechtsänderung begangen wurden und außerdem seit Oktober 2005 ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger anhängig war, das im Kern vergleichbare Vorwürfe zum Gegenstand hatte.
dd.) Der Disziplinarausschuss hat sich im Rahmen des ihm zukommenden Ermessens rechtsfehlerfrei für die Verhängung einer Geldbuße von 1.500 EUR entschieden. Die Auswahl der Disziplinarmaßnahme und die Bemessung der Geldbuße verstoßen insbesondere nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die im angefochtenen Bescheid festgehaltenden Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden. Das Verschulden des offenbar nicht einsichtigen Klägers ist nicht als gering anzusehen; die Erwägungen im Einstellungsbeschluss vom 26.9.2007, auf die sich der Kläger bezieht, sind für die hier maßgebliche Disziplinarentscheidung nicht bindend. Er hat mit dem Verlangen von Zuzahlungen zu Kassenleistungen und der Weigerung, die Behandlung der Versicherten ohne Zuzahlung abzuschließen, gegen wesentliche vertragszahnärztliche Pflichten verstoßen. Eine geringe Schuld liegt daher nicht vor. Die Höhe der Geldbuße ist auch angesichts des Zuzahlungsbetrags von (nur) 74,15 EUR je Versicherter nicht unangemessen. Insoweit hat der Disziplinarausschuss rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass vor Zuzahlungsverlangen der in Rede stehenden Art abgeschreckt werden soll und der Kläger sich außerdem eines nicht unerheblichen Vertrauensbruchs gegenüber den Versicherten schuldig gemacht hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG (Auffangstreitwert von 5.000 EUR zzgl. Betrag der Geldbuße, BSG, Beschl. v. 1.2.2005, - B 6 KA 70/04 B -).
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