Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 18 AS 3712/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4305/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 20. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Kosten der Unterkunft für August 2011 in Höhe von 459 EUR.
Der 1948 geborene Antragsteller bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Für den Zeitraum Januar bis Juni 2011 wurden ihm mit Bescheid vom 9. Dezember 2010 Leistungen in Höhe von 785,70 EUR monatlich bewilligt (359 EUR Regelleistung, 426,70 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung). Über den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 20. Mai 2011 ist noch nicht entschieden, es besteht insoweit Streit, ob die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt wurden. In der Folgezeit erhielt der Antragsteller Barauszahlungen als Vorschuss.
Im Juni 2011 wurde die Wohnung des Antragstellers zwangsgeräumt. Dieser wohnte anschließend bei verschiedenen Bekannten und suchte auch die Obdachlosenunterkunft W. in P. auf. Vom 13. bis 31. August 2011 übernachtete der Antragsteller im Gasthaus zur Stadt P. "B.", wofür er - belegt durch Quittungen - 595 EUR bezahlte. Beim Antragsgegner beantragte er die Übernahme dieser Kosten.
Mit Bescheid vom 8. September 2011 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Übernachtungskosten ab, da die Obdachlosigkeit durch Übernachtung im W. hätte vermieden werden können. Es sei dem Antragsteller zumutbar, sich für eine Übergangszeit in eine Obdachlosenunterkunft zu begeben und von dort aus eine neue Wohnung zu suchen. Die stattdessen entstandenen weitaus höheren Kosten einer Unterbringung im Gasthaus seien nicht angemessen. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch erhoben.
Am 1. September 2011 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) vorläufigen Rechtsschutz beantragt im Hinblick darauf, dass ihm für Juni 2011 die Regelleistung nicht ausgezahlt worden sei. Für die Übernachtung im Gasthaus "B." im August mache er pro Nacht 27 EUR (ohne Frühstück) und damit 459 EUR für 17 Tage geltend. Er habe die letzte Rechnung nur zahlen können, weil ihm seine Freundin ein Darlehen über 200 EUR gewährt habe. Dieses Geld benötige die Freundin nun dringend zurück für die Versorgung ihres Sohnes.
Der Antragsgegner hat sich bereit erklärt, für die im Zeitraum 13. bis 31. August 2011 entstandenen Unterkunftskosten 139 EUR zu gewähren entsprechend dem Betrag, der bei Übernachtung im W. angefallen wäre. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass dem Antragsteller im Juni Leistungen vorenthalten worden seien, nach der Auszahlungsübersicht seien 790,70 EUR tatsächlich ausgezahlt worden.
Mit Beschluss vom 20. September 2011 hat das SG den Antragsgegner entsprechend seinem Teilanerkenntnis verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen in Höhe von 139 EUR für die im Zeitraum 13. bis 31. August 2011 entstandenen Unterkunftskosten zu gewähren und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Eine Regelungsanordnung sei zulässig, wenn die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine (§ 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Anordnungsanspruch - ein in der Hauptsache durchsetzbarer Anspruch - und Anordnungsgrund - Eilbedürftigkeit - seien glaubhaft zu machen. Vorliegend sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, denn der streitgegenständliche Zeitraum (Unterkunft im "B." im August 2011 und Auszahlung Regelleistung für Juni 2011) sei bereits abgelaufen, so dass lediglich Leistungen für die Vergangenheit im Streit stünden. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung sei nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein gegenwärtiger, schwerer, irreparabler Nachteil glaubhaft gemacht werde und ein Nachholbedarf bestehe. Eine existenzbedrohende Notlage, die es durch umgehende Bezahlung der Leistung zu beseitigen gelte, sei nicht glaubhaft gemacht. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen drohten nicht, der Antragsteller habe die Rechnungen bezahlt. Es drohe auch keine Wohnungslosigkeit, da der Antragsteller nicht mehr im Hotel "B." wohne. Eine besondere Dringlichkeit ergebe sich auch nicht im Hinblick auf das vorgetragene Darlehen. Zum einen sei dies nicht glaubhaft gemacht und es sei nichts vorgetragen worden zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Freundin. Auch wenn ein Darlehen nicht als Einkommen oder anderweitige Bedarfsdeckung zu sehen sei, führe dies nicht zum Bejahen eines Anordnungsgrundes. Die Darlehensgeberin sei weder Beteiligte des Verfahrens noch besonders schutzwürdig, es falle in ihr wirtschaftliches Risiko, wenn sie dem Antragsteller ein Darlehen gewähre. Eine Abwälzung dieses Risikos auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II sei nicht Aufgabe der staatlichen Transferleistung. Auf die Frage des Anordnungsanspruchs komme es nicht mehr an, ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens sei zumutbar.
Hiergegen richtet sich die am 30. September 2011 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Die Replik des R. der Stadt P. vom 13. September 2011 sei ihm durch das Beschwerdegericht erstmals am 10. Oktober 2011 zur Kenntnis gebracht worden, obwohl der Antragsteller deshalb mehrfach beim Erstgericht vorstellig geworden sei. Hätte das SG nicht so hartnäckig und rechtsstaatswidrig dafür gekämpft, ihm den entscheidenden Schriftsatz der Gegenseite vorzuenthalten, hätte er bereits in der ersten Instanz den Antrag auf die verbliebene Höhe von 459 EUR klarieren können. Es habe sich herausgestellt, dass der Antragsgegner die Leistungen für Juni am 31. Mai 2011 erbracht habe. Ohne das Schreiben des R. habe sich damals entsprechender Vortrag versagt, was dem Antragsteller nun nicht zu einer Schlechterstellung hinsichtlich der Kosten gereichen dürfe. Der Antragsteller habe sich für wenige Stunden in das "W." begeben und einem Klassenkameraden berichtet, es vor erneutem Betreten dieses Hauses zu bevorzugen, in der E. zu schlafen. Dem Antragsteller sei von Herrn R. erklärt worden, dass für Pensionskosten ohne Frühstück vom J. täglich 27 EUR übernommen werden, falls der Kostenvoranschlag vorher eingesehen und akzeptiert werde. Der Antragsteller habe an fünf Tagen hintereinander beim Antragsgegner vorgesprochen, um diesen Stempel auf dem Kostenvordruck zu erhalten, habe das Plazet aber nicht erhalten. Die Gegenseite habe bis Juni 2011 mindestens 420 EUR für Unterkunftskosten bezahlt, diese Aufwendungen habe sie sich von Juli bis September 2011 erspart. Ein Anspruch in Höhe von 459 EUR sei nachgewiesen, die Ersparnis der Gegenseite betrage damit immer noch 688 EUR, es sei nicht ersichtlich, wodurch dieser Vorteil gerechtfertigt sein sollte. Der Inhaber des "B." habe dem Antragsteller mit der Polizei gedroht, falls er die Rechnung nicht sofort begleiche. Wenn dies keine existenzbedrohende Notlage darstelle, was dann?
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beschwerdegegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG), denn ursprünglich ging das Begehren des Antragstellers auf Auszahlung von 344 EUR für Juni 2011 und Übernahme von 459 EUR für Unterkunftskosten. Damit hätte der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR überstiegen. Die mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2011 gemachte Einschränkung der Beschwerde auf Zahlung von noch 459 EUR macht die Beschwerde nicht unzulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rdnr. 19).
In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet, der Antragsgegner ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zur Zahlung von 459 EUR Kosten für die Übernachtung im Gasthaus zur Stadt P. "B." zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier schon die Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Kosten für die Übernachtungen im Gasthaus zur Stadt P. "B." sind im August 2011 und damit vor Eingang des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz angefallen und auch vollständig bezahlt worden. Auch wenn zum damaligen Zeitpunkt eine Notlage vorgelegen haben mag, wie sie der Antragsteller durch Drohen des Wirtes mit der Polizei beschreibt, war diese im September 2011 nicht mehr akut. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt bei Abwarten des Hauptsacheverfahrens insoweit noch Nachteile drohen, die auch im Falle des Erfolgs in der Hauptsache nicht wiedergutzumachen wären. Soweit der Antragsteller sich auf ein seiner Freundin zurückzuzahlendes Darlehen beruft, begründet dies nicht eine besondere Dringlichkeit der Leistung an den Antragsteller. Abgesehen davon steht es ihm frei, zumindest die vom Antragsgegner für die Übernachtungen gezahlten 139 EUR zur Tilgung des Darlehens einzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Kosten der Unterkunft für August 2011 in Höhe von 459 EUR.
Der 1948 geborene Antragsteller bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Für den Zeitraum Januar bis Juni 2011 wurden ihm mit Bescheid vom 9. Dezember 2010 Leistungen in Höhe von 785,70 EUR monatlich bewilligt (359 EUR Regelleistung, 426,70 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung). Über den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 20. Mai 2011 ist noch nicht entschieden, es besteht insoweit Streit, ob die erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt wurden. In der Folgezeit erhielt der Antragsteller Barauszahlungen als Vorschuss.
Im Juni 2011 wurde die Wohnung des Antragstellers zwangsgeräumt. Dieser wohnte anschließend bei verschiedenen Bekannten und suchte auch die Obdachlosenunterkunft W. in P. auf. Vom 13. bis 31. August 2011 übernachtete der Antragsteller im Gasthaus zur Stadt P. "B.", wofür er - belegt durch Quittungen - 595 EUR bezahlte. Beim Antragsgegner beantragte er die Übernahme dieser Kosten.
Mit Bescheid vom 8. September 2011 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Übernachtungskosten ab, da die Obdachlosigkeit durch Übernachtung im W. hätte vermieden werden können. Es sei dem Antragsteller zumutbar, sich für eine Übergangszeit in eine Obdachlosenunterkunft zu begeben und von dort aus eine neue Wohnung zu suchen. Die stattdessen entstandenen weitaus höheren Kosten einer Unterbringung im Gasthaus seien nicht angemessen. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch erhoben.
Am 1. September 2011 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) vorläufigen Rechtsschutz beantragt im Hinblick darauf, dass ihm für Juni 2011 die Regelleistung nicht ausgezahlt worden sei. Für die Übernachtung im Gasthaus "B." im August mache er pro Nacht 27 EUR (ohne Frühstück) und damit 459 EUR für 17 Tage geltend. Er habe die letzte Rechnung nur zahlen können, weil ihm seine Freundin ein Darlehen über 200 EUR gewährt habe. Dieses Geld benötige die Freundin nun dringend zurück für die Versorgung ihres Sohnes.
Der Antragsgegner hat sich bereit erklärt, für die im Zeitraum 13. bis 31. August 2011 entstandenen Unterkunftskosten 139 EUR zu gewähren entsprechend dem Betrag, der bei Übernachtung im W. angefallen wäre. Es könne nicht nachvollzogen werden, dass dem Antragsteller im Juni Leistungen vorenthalten worden seien, nach der Auszahlungsübersicht seien 790,70 EUR tatsächlich ausgezahlt worden.
Mit Beschluss vom 20. September 2011 hat das SG den Antragsgegner entsprechend seinem Teilanerkenntnis verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen in Höhe von 139 EUR für die im Zeitraum 13. bis 31. August 2011 entstandenen Unterkunftskosten zu gewähren und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Eine Regelungsanordnung sei zulässig, wenn die Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheine (§ 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Anordnungsanspruch - ein in der Hauptsache durchsetzbarer Anspruch - und Anordnungsgrund - Eilbedürftigkeit - seien glaubhaft zu machen. Vorliegend sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht, denn der streitgegenständliche Zeitraum (Unterkunft im "B." im August 2011 und Auszahlung Regelleistung für Juni 2011) sei bereits abgelaufen, so dass lediglich Leistungen für die Vergangenheit im Streit stünden. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung sei nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein gegenwärtiger, schwerer, irreparabler Nachteil glaubhaft gemacht werde und ein Nachholbedarf bestehe. Eine existenzbedrohende Notlage, die es durch umgehende Bezahlung der Leistung zu beseitigen gelte, sei nicht glaubhaft gemacht. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen drohten nicht, der Antragsteller habe die Rechnungen bezahlt. Es drohe auch keine Wohnungslosigkeit, da der Antragsteller nicht mehr im Hotel "B." wohne. Eine besondere Dringlichkeit ergebe sich auch nicht im Hinblick auf das vorgetragene Darlehen. Zum einen sei dies nicht glaubhaft gemacht und es sei nichts vorgetragen worden zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Freundin. Auch wenn ein Darlehen nicht als Einkommen oder anderweitige Bedarfsdeckung zu sehen sei, führe dies nicht zum Bejahen eines Anordnungsgrundes. Die Darlehensgeberin sei weder Beteiligte des Verfahrens noch besonders schutzwürdig, es falle in ihr wirtschaftliches Risiko, wenn sie dem Antragsteller ein Darlehen gewähre. Eine Abwälzung dieses Risikos auf den Träger der Leistungen nach dem SGB II sei nicht Aufgabe der staatlichen Transferleistung. Auf die Frage des Anordnungsanspruchs komme es nicht mehr an, ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens sei zumutbar.
Hiergegen richtet sich die am 30. September 2011 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Die Replik des R. der Stadt P. vom 13. September 2011 sei ihm durch das Beschwerdegericht erstmals am 10. Oktober 2011 zur Kenntnis gebracht worden, obwohl der Antragsteller deshalb mehrfach beim Erstgericht vorstellig geworden sei. Hätte das SG nicht so hartnäckig und rechtsstaatswidrig dafür gekämpft, ihm den entscheidenden Schriftsatz der Gegenseite vorzuenthalten, hätte er bereits in der ersten Instanz den Antrag auf die verbliebene Höhe von 459 EUR klarieren können. Es habe sich herausgestellt, dass der Antragsgegner die Leistungen für Juni am 31. Mai 2011 erbracht habe. Ohne das Schreiben des R. habe sich damals entsprechender Vortrag versagt, was dem Antragsteller nun nicht zu einer Schlechterstellung hinsichtlich der Kosten gereichen dürfe. Der Antragsteller habe sich für wenige Stunden in das "W." begeben und einem Klassenkameraden berichtet, es vor erneutem Betreten dieses Hauses zu bevorzugen, in der E. zu schlafen. Dem Antragsteller sei von Herrn R. erklärt worden, dass für Pensionskosten ohne Frühstück vom J. täglich 27 EUR übernommen werden, falls der Kostenvoranschlag vorher eingesehen und akzeptiert werde. Der Antragsteller habe an fünf Tagen hintereinander beim Antragsgegner vorgesprochen, um diesen Stempel auf dem Kostenvordruck zu erhalten, habe das Plazet aber nicht erhalten. Die Gegenseite habe bis Juni 2011 mindestens 420 EUR für Unterkunftskosten bezahlt, diese Aufwendungen habe sie sich von Juli bis September 2011 erspart. Ein Anspruch in Höhe von 459 EUR sei nachgewiesen, die Ersparnis der Gegenseite betrage damit immer noch 688 EUR, es sei nicht ersichtlich, wodurch dieser Vorteil gerechtfertigt sein sollte. Der Inhaber des "B." habe dem Antragsteller mit der Polizei gedroht, falls er die Rechnung nicht sofort begleiche. Wenn dies keine existenzbedrohende Notlage darstelle, was dann?
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beschwerdegegners Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG), denn ursprünglich ging das Begehren des Antragstellers auf Auszahlung von 344 EUR für Juni 2011 und Übernahme von 459 EUR für Unterkunftskosten. Damit hätte der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR überstiegen. Die mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2011 gemachte Einschränkung der Beschwerde auf Zahlung von noch 459 EUR macht die Beschwerde nicht unzulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rdnr. 19).
In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet, der Antragsgegner ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zur Zahlung von 459 EUR Kosten für die Übernachtung im Gasthaus zur Stadt P. "B." zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers. Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist hier schon die Eilbedürftigkeit und damit ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Kosten für die Übernachtungen im Gasthaus zur Stadt P. "B." sind im August 2011 und damit vor Eingang des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz angefallen und auch vollständig bezahlt worden. Auch wenn zum damaligen Zeitpunkt eine Notlage vorgelegen haben mag, wie sie der Antragsteller durch Drohen des Wirtes mit der Polizei beschreibt, war diese im September 2011 nicht mehr akut. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller zum jetzigen Zeitpunkt bei Abwarten des Hauptsacheverfahrens insoweit noch Nachteile drohen, die auch im Falle des Erfolgs in der Hauptsache nicht wiedergutzumachen wären. Soweit der Antragsteller sich auf ein seiner Freundin zurückzuzahlendes Darlehen beruft, begründet dies nicht eine besondere Dringlichkeit der Leistung an den Antragsteller. Abgesehen davon steht es ihm frei, zumindest die vom Antragsgegner für die Übernachtungen gezahlten 139 EUR zur Tilgung des Darlehens einzusetzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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