L 7 AS 4175/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 4689/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4175/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 6. September 2011 (Versagung einstweiligen Rechtsschutzes) wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers ist unter Beachtung des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Beschwerdeausschlussgründe im Sinne des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die Beschwerde ist daher zulässig.

Allerdings hat sie keinen Erfolg. Das Sozialgericht Freiburg (SG) hat mit Beschluss vom 6. September 2011 den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung den zutreffenden Ausführungen des SG in vollem Umfang an und nimmt zur Begründung seiner Entscheidung hierauf gem. § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Bezug.

Ergänzend ist zum Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren anzumerken, dass entgegen seiner Ansicht das SG im angefochtenen Beschluss nicht behauptet hat, er habe Umzugskosten vom Antragsgegner erhalten. Die Gewährung von Umzugskosten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes war nicht Gegenstand der sozialgerichtlichen Entscheidung. Das SG hat in seinem Beschluss lediglich ausgeführt, der Antragsteller habe Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Mietkautionskosten sowie ein Darlehen für die begehrte Erstausstattung erhalten. Soweit der Antragsteller beanstandet, das SG habe zu Unrecht einen Teil des Verfahrens nicht abgetrennt und nicht an das Verwaltungsgericht weitergeleitet, ist darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller Ansprüche geltend macht, deren Grundlage sich im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch findet. Für diese Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - und nicht die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit - zuständig. Überdies ist für den Senat nicht ersichtlich, welcher Teil des Verfahrens vom SG hätte abgetrennt und an das Verwaltungsgericht weitergeleitet werden sollen. Soweit der Antragsteller bemängelt, dass die Entscheidung des SG nicht durch drei Richter ergangen ist, ist darauf zu verwiesen, dass die stets durch Beschluss gem. § 86b Abs. 4 SGG ergehende Entscheidung des Gerichts zwar auch aufgrund mündlicher Verhandlung unter Mitwirkung ehrenamtlicher Richter ergehen kann. Aufgrund der Notwendigkeit, über Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zeitnah und ohne Verzögerung zu entscheiden, wird jedoch in aller Regel über diese Anträge ohne mündliche Verhandlung, also ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG) entschieden. In jedem Fall liegt die Entscheidung, ob aufgrund mündlicher Verhandlung oder ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, im Ermessen des Kammervorsitzenden. Ein Anspruch des Antragstellers, dass über seinen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur aufgrund mündlicher Verhandlung unter Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entschieden wird, besteht nicht. Soweit der Antragsteller beantragt, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen, steht dieses Recht allein ihm im Wege des Individualbeschwerdeverfahrens nach Artikel 34 der Europäischen Menschenrechtskonvention, nicht aber den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, zu.

In seinem Schreiben vom 29. September 2011 bemängelt der Antragsteller erstmals, dass der Antragsgegner nicht die volle Miete zahlt, "obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist". Sollte hierin in Ergänzung zu seinem erstinstanzlichen Begehren, das auf die "Bezahlung der Grundsicherung" gerichtet war, das Begehren gesehen werden, ihm im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig höhere Leistungen durch Übernahme der Mietkosten in tatsächlicher Höhe zu gewähren, bliebe dieses Begehren gleichwohl ohne Erfolg. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form der hier allein in Betracht kommenden Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ist neben der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), wobei diese beiden Voraussetzungen nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft zu machen sind. Eine Eilbedürftigkeit in diesem Sinne ist bei der Regelungsanordnung dann gegeben, wenn eine gerichtliche Entscheidung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist, also dem Antragsteller ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nicht zuzumuten ist. Vermieden werden soll hierdurch die Schaffung vollendeter Tatsachen, die nachträglich nicht mehr oder nur noch schwer wieder gut zu machen sind. Eine Eilbedürftigkeit im dargelegten Sinn liegt jedoch jedenfalls im hier maßgebenden Zeitpunkt der Senatsentscheidung nicht vor. Der Antragsteller hat weder behauptet noch glaubhaft gemacht, welche ihm nicht wieder gut zu machenden Nachteile durch die nicht in vollem Umfang erfolgte Übernahme der tatsächlichen Mietkosten durch den Antragsgegner drohen. Entsprechende Nachteile sind auch für den Senat nicht zu ersehen.

Erstmals im Beschwerdeverfahren begehrt der Antragsteller vom Antragsgegner die Erstattung von Fahrtkosten aus Anlass der Arbeitssuche, die Zahlung von Umzugskosten sowie wohl die Erstattung von (geliehenen) 60,- Euro nebst "5 % Zinsen ab dem Tag der Schuld". Ob der Antragsteller diese Leistungen im Wege der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt, erscheint zweifelhaft, da er insoweit eine Eilbedürftigkeit weder behauptet noch glaubhaft gemacht hat. Auch sind aus den vorliegenden Unterlagen insoweit keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Notwendigkeit der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes rechtfertigen könnten. Selbst wenn in diesem Vorbringen ein Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gesehen werden sollte, wäre hierfür eine Zuständigkeit des Senats nicht gegeben. Über Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entscheidet nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG das Gericht der Hauptsache, das nach § 86b Abs. 2 Satz 3 SGG das Gericht des ersten Rechtszuges ist. Lediglich dann, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, ist Gericht der Hauptsache das Berufungsgericht (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz SGG). Eine Hauptsache im Berufungsverfahren ist vorliegend jedoch nicht anhängig. Eine Zuständigkeit des Senats wäre damit nicht gegeben.

Gleichwohl hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag das Begehren des Antragstellers auf Erstattung von Fahrtkosten, Umzugskosten und Erstattung (geliehener) 60,- Euro nebst Zinsen vom vorliegenden Beschwerdeverfahren abgetrennt und an das zuständige SG verwiesen.

Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes somit zu Recht abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde konnte keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. Bundessozialgericht SozR 3-1500 § 193 Nr. 6).

Aus den genannten Gründen hat auch das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers mangels hinreichender Erfolgsaussicht keinen Erfolg (§ 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO), weshalb es auf die weiteren Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr ankommt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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