Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 2374/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4442/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen über verfahrensrechtliche Verpflichtungen des Antragsgegners.
Die Antragsteller beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Antragsgegner.
Im vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zwischen den Beteiligten geführten Beschwerdeverfahren L 7 AS 2404/11 ER-B erweiterten die Antragsteller mit einem am 6. August 2011 eingegangenen Schreiben (Schriftsatz vom 2. August 2011) ihre Beschwerde um folgende Anträge: "Die Beklagte wird verurteilt: a) zur Einhaltung der Weisungen der B. f. A. zu § 37 SGB II, b) zur sofortigen Bearbeitung der ab 20. April 2011 per Fax und E-Mail gestellten Anträge, c) zur sofortigen schriftlichen Rücknahme der rechtswidrigen Einschränkungen betreffs Antragstellung - Bearbeitung aller zukünftigen Anträge, die per E-Mail und Fax beim JC eingehen." Mit Beschluss vom 8. August 2011 hat das LSG Baden-Württemberg die Verfahrensteile betreffend das Schreiben vom 2. August 2011 abgetrennt und an das Sozialgericht Reutlingen (SG) verwiesen.
Die Antragsteller machen insoweit geltend, dass der Geschäftsführer des Antragsgegners mit Schreiben vom 4. Mai 2011 dem Antragsteller mitgeteilt habe, außerhalb des Postwegs in elektronischer Form an das J. T. gerichtete Dokumente nicht mehr entgegenzunehmen. Hierfür bestehe keine rechtliche Grundlage. Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 sei die Nichtannahme von Anträgen und sonstigen Dokumenten auf den Fax-Versand ausgedehnt worden, was den Weisungen der Bundesagentur für Arbeit widerspreche. Der Antragsgegner provoziere hierdurch eine Räumungsklage, da die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung von Nebenkosten sowie die Erteilung von korrekten und vollständigen Umzugszusicherungen verweigert werde. Aufgrund der Nichtbearbeitung fehlten notwendige Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums. Es müsse befürchtet werden, dass auch der per Fax und E-Mail gestellte Weiterbewilligungsantrag nicht bearbeitet werde.
Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten und hat ausgeführt, es liege keine Notlage vor. Die Nebenkosten hätten die Antragsteller entsprechend der Abrechnung erhalten. Die Verweisung auf den Postweg begründe keine Eilbedürftigkeit, der Antragsteller könne gegen nicht bearbeitete Eingaben im nachrangigen Rechtsschutz vorgehen.
Mit Beschluss vom 9. September 2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Beteiligten stritten in der Sache darüber, ob der Antragsgegner berechtigt sei, die Entgegennahme und Bearbeitung von Eingaben der Antragsteller auf den Postweg zu beschränken. Hierzu sei ein Hinweis veranlasst. § 37 SGB II sehe eine bestimmte Form des Antrags nicht vor. Die Entgegennahme von Eingaben dürfe unter Hinweis auf die Einhaltung des Postwegs nicht verweigert werden. Für das SG sei nicht erkennbar, auf welcher rechtlichen Grundlage die insoweit getroffene Entscheidung des Antragsgegners erfolgt sei. Im Hinblick auf die zu erwartende Rechtstreue des Antragsgegners gehe das SG davon aus, dass hieraus die gebotenen Folgerungen gezogen würden und der Antragsgegner die Antragsteller hierüber in einem gesonderten Schreiben in Kenntnis setze. Ungeachtet dessen lägen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor, eine besondere Eilbedürftigkeit sei nicht glaubhaft gemacht. Ein konkreter Schaden aus der Nichtbearbeitung eines Antrags sei nicht glaubhaft gemacht. Dem Schreiben der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion - vom 25. August 2011 an die Antragsteller sei zu entnehmen, dass diese mit dem Antragsgegner Kontakt aufgenommen habe und von diesem die Entgegennahme und Bearbeitung von Faxen und E-Mails zugesichert worden sei. Inzwischen dürfte die gerügte Verfahrensweise des Antragsgegners daher überholt sein. Den Antragstellern sei für Heiz- und Betriebskosten 2010 am 10. September 2011 ein Betrag von 739,28 EUR bar ausgezahlt worden. Dass ein Umzug zum gegenwärtigen Zeitpunkt an der Erteilung einer entsprechenden Zusicherung scheitere, sei für das Gericht nicht erkennbar.
Gegen den am 13. September 2011 eingelegten Beschluss richtet sich die am 13. Oktober 2011 eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Es drohten schwere, nicht anders abwendbare Beeinträchtigungen. Eine Räumungsklage drohe, weil die Wohnung bereits zum 31. Dezember 2009 rechtskräftig gekündigt worden sei und der Antragsgegner fortgesetzt Zusicherungen für konkrete Wohnungsangebote verweigere und durch die Verweigerung der Antragsannahme die Zahlungsverpflichtung an den Vermieter wegen der Nebenkostenabrechnung 2010 um Monate verzögert habe. Der Geschäftsführer des Antragsgegners habe dem zuständigen Mitarbeiter die Weisung erteilt, Eingaben, die auf elektronischem Wege eingingen, unbearbeitet zu lassen. Zwar sei von der Regionaldirektion versichert worden, dass Faxe und E-Mails zur Kenntnis genommen und auch bearbeitet würden, dies sei aber in der Praxis niemals verwirklicht worden. Der Antragsteller habe eine vollständige Aufstellung seiner Eingaben und Anträge vorgelegt, deren Verbleib für ihn ungeklärt sei, er habe nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten. Alle Anfragen über den Verbleib dieser Anträge und Unterlagen seien unbeantwortet geblieben. Die Ungewissheit, ob die eingereichten Anträge ordnungsgemäß bearbeitet und die daraus resultierenden Beträge fristgerecht ausbezahlt würden, führten zu einer unzumutbaren psychischen Belastung. Solch grobe Verletzungen von Rechten der Leistungsberechtigten verlangten zwingend die Erteilung einstweiliger Verfügungen.
Die Antragsteller beantragen - wie zuvor beim SG - sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2011 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, a) die Dienstanweisungen der B. f. A. zu § 37 SGB II einzuhalten, b) alle noch unbearbeiteten Anträge, Widersprüche und sonstige Eingaben, die per E-Mail oder Fax oder auf sonstigem Weg beim J. eingegangen sind, sofort bzw. innerhalb von 14 Tagen abschließend zu bearbeiten und zu bescheiden, c) alle Einschränkungen aus den Schreiben vom 4. Mai und 28. Juli 2011 bezüglich der Antragstellung und Bearbeitung von Anträgen, Widersprüchen und sonstigen Eingaben, die per E-Mail oder Fax beim J. eingehen sofort zurückzunehmen und die Antragsteller hierüber zu informieren, d) die im Schreiben vom 28. Juli 2011 ausgesprochene Untersagung der Bearbeitung von Anträgen und Eingaben, die per E-Mail oder Fax beim J. T. eingehen, sofort zurückzunehmen und die Antragsteller hierüber zu informieren, sowie e) gegen den Geschäftsführer des Antragsgegners ein Ordnungsgeld zu verhängen und f) ferner den Antragsgegner zu verpflichten, das Vorhandensein sämtlicher seit dem 1. April 2011 beim J. eingegangenen Anträge nachzuweisen und sicherzustellen, dass sensible Sozialdaten nicht in unbefugte Hände gelangt sind, g) für jeden seit 1. April 2011 eingegangenen Antrag und zukünftig eingehende Anträge und sonstige Eingaben den Antragstellern sofort nach Erhalt eine Eingangsbestätigung zu senden.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen. Die Vorakten des LSG und die Akten der weiteren anhängigen Verfahren der 14. Kammer des SG wurden beigezogen.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.
Soweit die Antragsteller auch im vorliegenden Verfahren eine Befangenheit des Vorsitzenden beim SG geltend machen - es ist nicht ganz klar, ob sich ihre Ausführungen insoweit allein auf die noch anhängigen Verfahren beziehen - wäre ein Ablehnungsgesuch nach Abschluss der Instanz jedenfalls unzulässig, weil damit die beteiligten Richter ihre richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet haben; die getroffene Entscheidung kann von dem Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, nicht mehr geändert werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz (SGG), 9. Aufl., § 60 Rdnr. 11). Hinsichtlich der übrigen Ablehnungsgesuche ist auf die Entscheidung des Senats vom heutigen Tag unter dem Aktenzeichen L 12 SF 4544/11 AB zu verweisen.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet, das SG hat im Ergebnis zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Indes sind einige der gestellten Anträge der Antragsteller bereits unzulässig.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).
Die Anträge zu a), c), d), f) und g) betreffen letztlich alle die Frage, wie mit den Anträgen und Eingaben der Antragsteller vom Antragsgegner umgegangen wird bzw. umzugehen ist und sind vorliegend unzulässig. Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit dem gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 44a Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), das Verwaltungsverfahren nicht durch die isolierte Anfechtung von unselbständigen Verfahrenshandlungen zu verzögern oder zu erschweren. Die Gerichte sollen nicht mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen und u.U. noch offen ist, ob die Betroffenen im Ergebnis überhaupt in der Sache beschwert sind. Dieser Rechtsgedanke ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 1500 § 144 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10. Dezember 1992 - 11 RAr 71/91 - BB 1993, 1443; BSG SozR 4-2500 § 36 Nr. 1). Als Verfahrenshandlung i.S.v. § 44a VwGO kommen alle Maßnahmen in Betracht, die eine Behörde in einem Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen vornimmt oder vorzunehmen ablehnt, auch konkludentes Verhalten oder bloßes Unterlassen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 44a Rdnr. 3). Die vorliegenden Anträge sind teilweise auf die Anfechtung einer Verfahrenshandlung, nämlich die - inzwischen möglicherweise überholte - Zurückweisung von Eingaben mittels E-Mail oder Fax und im Übrigen auf Verpflichtungen des Antragsgegners gerichtet. Unter § 44a VwGO fallen insoweit nicht nur Rechtsbehelfe, die auf die Anfechtung einer Behördenentscheidung gerichtet sind, sondern darüber hinaus auch alle anderen Arten von förmlichen Rechtsbehelfen, auch Verpflichtungs- oder Leistungsklagen sowie Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 4 m.w.N.).
Die Antragsteller können ihre mit der Behandlung ihrer Eingaben zusammenhängenden Begehren nach alledem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erreichen. Sie werden hierdurch jedoch nicht rechtlos gestellt, da sie ihre Begehren im konkreten Einzelfall gerichtlich geltend machen können, ggf. auch im Eilverfahren. Ob ein Antrag vorliegt, der ggf. nicht bearbeitet wurde, ist dann inzident zu prüfen. Der sozialgerichtliche Rechtsschutz ist grundsätzlich nachgängiger und nicht verfahrensbegleitender Rechtsschutz.
Hinsichtlich des unter b) gestellten Antrags fehlt es an einem Anordnungsgrund und damit der Eilbedürftigkeit. Die Antragsteller können im konkreten Einzelfall Untätigkeitsklage erheben und haben dies teilweise auch bereits getan. Insoweit ist es ihnen zumutbar, den Ausgang der Hauptsacheverfahren abzuwarten. Es ist nicht ersichtlich, dass hier noch eine aktuelle Bedarfslage offen wäre, die sich auf Zeiträume nach Beginn des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bezieht. Insbesondere hat der Antragsgegner auf den am 19. September 2011 (per Fax) gestellten Weiterbewilligungsantrag mit Bescheid vom 10. Oktober 2011 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. November 2011 bis 30. April 2011 vorläufig Leistungen in Höhe von 1.199,11 EUR monatlich bewilligt.
Hinsichtlich des unter e) gestellten Antrags ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch ersichtlich.
Der gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im Wesentlichen über verfahrensrechtliche Verpflichtungen des Antragsgegners.
Die Antragsteller beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vom Antragsgegner.
Im vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zwischen den Beteiligten geführten Beschwerdeverfahren L 7 AS 2404/11 ER-B erweiterten die Antragsteller mit einem am 6. August 2011 eingegangenen Schreiben (Schriftsatz vom 2. August 2011) ihre Beschwerde um folgende Anträge: "Die Beklagte wird verurteilt: a) zur Einhaltung der Weisungen der B. f. A. zu § 37 SGB II, b) zur sofortigen Bearbeitung der ab 20. April 2011 per Fax und E-Mail gestellten Anträge, c) zur sofortigen schriftlichen Rücknahme der rechtswidrigen Einschränkungen betreffs Antragstellung - Bearbeitung aller zukünftigen Anträge, die per E-Mail und Fax beim JC eingehen." Mit Beschluss vom 8. August 2011 hat das LSG Baden-Württemberg die Verfahrensteile betreffend das Schreiben vom 2. August 2011 abgetrennt und an das Sozialgericht Reutlingen (SG) verwiesen.
Die Antragsteller machen insoweit geltend, dass der Geschäftsführer des Antragsgegners mit Schreiben vom 4. Mai 2011 dem Antragsteller mitgeteilt habe, außerhalb des Postwegs in elektronischer Form an das J. T. gerichtete Dokumente nicht mehr entgegenzunehmen. Hierfür bestehe keine rechtliche Grundlage. Mit Schreiben vom 28. Juli 2011 sei die Nichtannahme von Anträgen und sonstigen Dokumenten auf den Fax-Versand ausgedehnt worden, was den Weisungen der Bundesagentur für Arbeit widerspreche. Der Antragsgegner provoziere hierdurch eine Räumungsklage, da die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung von Nebenkosten sowie die Erteilung von korrekten und vollständigen Umzugszusicherungen verweigert werde. Aufgrund der Nichtbearbeitung fehlten notwendige Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums. Es müsse befürchtet werden, dass auch der per Fax und E-Mail gestellte Weiterbewilligungsantrag nicht bearbeitet werde.
Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten und hat ausgeführt, es liege keine Notlage vor. Die Nebenkosten hätten die Antragsteller entsprechend der Abrechnung erhalten. Die Verweisung auf den Postweg begründe keine Eilbedürftigkeit, der Antragsteller könne gegen nicht bearbeitete Eingaben im nachrangigen Rechtsschutz vorgehen.
Mit Beschluss vom 9. September 2011 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Beteiligten stritten in der Sache darüber, ob der Antragsgegner berechtigt sei, die Entgegennahme und Bearbeitung von Eingaben der Antragsteller auf den Postweg zu beschränken. Hierzu sei ein Hinweis veranlasst. § 37 SGB II sehe eine bestimmte Form des Antrags nicht vor. Die Entgegennahme von Eingaben dürfe unter Hinweis auf die Einhaltung des Postwegs nicht verweigert werden. Für das SG sei nicht erkennbar, auf welcher rechtlichen Grundlage die insoweit getroffene Entscheidung des Antragsgegners erfolgt sei. Im Hinblick auf die zu erwartende Rechtstreue des Antragsgegners gehe das SG davon aus, dass hieraus die gebotenen Folgerungen gezogen würden und der Antragsgegner die Antragsteller hierüber in einem gesonderten Schreiben in Kenntnis setze. Ungeachtet dessen lägen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor, eine besondere Eilbedürftigkeit sei nicht glaubhaft gemacht. Ein konkreter Schaden aus der Nichtbearbeitung eines Antrags sei nicht glaubhaft gemacht. Dem Schreiben der Bundesagentur für Arbeit - Regionaldirektion - vom 25. August 2011 an die Antragsteller sei zu entnehmen, dass diese mit dem Antragsgegner Kontakt aufgenommen habe und von diesem die Entgegennahme und Bearbeitung von Faxen und E-Mails zugesichert worden sei. Inzwischen dürfte die gerügte Verfahrensweise des Antragsgegners daher überholt sein. Den Antragstellern sei für Heiz- und Betriebskosten 2010 am 10. September 2011 ein Betrag von 739,28 EUR bar ausgezahlt worden. Dass ein Umzug zum gegenwärtigen Zeitpunkt an der Erteilung einer entsprechenden Zusicherung scheitere, sei für das Gericht nicht erkennbar.
Gegen den am 13. September 2011 eingelegten Beschluss richtet sich die am 13. Oktober 2011 eingelegte Beschwerde der Antragsteller. Es drohten schwere, nicht anders abwendbare Beeinträchtigungen. Eine Räumungsklage drohe, weil die Wohnung bereits zum 31. Dezember 2009 rechtskräftig gekündigt worden sei und der Antragsgegner fortgesetzt Zusicherungen für konkrete Wohnungsangebote verweigere und durch die Verweigerung der Antragsannahme die Zahlungsverpflichtung an den Vermieter wegen der Nebenkostenabrechnung 2010 um Monate verzögert habe. Der Geschäftsführer des Antragsgegners habe dem zuständigen Mitarbeiter die Weisung erteilt, Eingaben, die auf elektronischem Wege eingingen, unbearbeitet zu lassen. Zwar sei von der Regionaldirektion versichert worden, dass Faxe und E-Mails zur Kenntnis genommen und auch bearbeitet würden, dies sei aber in der Praxis niemals verwirklicht worden. Der Antragsteller habe eine vollständige Aufstellung seiner Eingaben und Anträge vorgelegt, deren Verbleib für ihn ungeklärt sei, er habe nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten. Alle Anfragen über den Verbleib dieser Anträge und Unterlagen seien unbeantwortet geblieben. Die Ungewissheit, ob die eingereichten Anträge ordnungsgemäß bearbeitet und die daraus resultierenden Beträge fristgerecht ausbezahlt würden, führten zu einer unzumutbaren psychischen Belastung. Solch grobe Verletzungen von Rechten der Leistungsberechtigten verlangten zwingend die Erteilung einstweiliger Verfügungen.
Die Antragsteller beantragen - wie zuvor beim SG - sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 9. September 2011 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, a) die Dienstanweisungen der B. f. A. zu § 37 SGB II einzuhalten, b) alle noch unbearbeiteten Anträge, Widersprüche und sonstige Eingaben, die per E-Mail oder Fax oder auf sonstigem Weg beim J. eingegangen sind, sofort bzw. innerhalb von 14 Tagen abschließend zu bearbeiten und zu bescheiden, c) alle Einschränkungen aus den Schreiben vom 4. Mai und 28. Juli 2011 bezüglich der Antragstellung und Bearbeitung von Anträgen, Widersprüchen und sonstigen Eingaben, die per E-Mail oder Fax beim J. eingehen sofort zurückzunehmen und die Antragsteller hierüber zu informieren, d) die im Schreiben vom 28. Juli 2011 ausgesprochene Untersagung der Bearbeitung von Anträgen und Eingaben, die per E-Mail oder Fax beim J. T. eingehen, sofort zurückzunehmen und die Antragsteller hierüber zu informieren, sowie e) gegen den Geschäftsführer des Antragsgegners ein Ordnungsgeld zu verhängen und f) ferner den Antragsgegner zu verpflichten, das Vorhandensein sämtlicher seit dem 1. April 2011 beim J. eingegangenen Anträge nachzuweisen und sicherzustellen, dass sensible Sozialdaten nicht in unbefugte Hände gelangt sind, g) für jeden seit 1. April 2011 eingegangenen Antrag und zukünftig eingehende Anträge und sonstige Eingaben den Antragstellern sofort nach Erhalt eine Eingangsbestätigung zu senden.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen. Die Vorakten des LSG und die Akten der weiteren anhängigen Verfahren der 14. Kammer des SG wurden beigezogen.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg.
Soweit die Antragsteller auch im vorliegenden Verfahren eine Befangenheit des Vorsitzenden beim SG geltend machen - es ist nicht ganz klar, ob sich ihre Ausführungen insoweit allein auf die noch anhängigen Verfahren beziehen - wäre ein Ablehnungsgesuch nach Abschluss der Instanz jedenfalls unzulässig, weil damit die beteiligten Richter ihre richterliche Tätigkeit im konkreten Verfahren beendet haben; die getroffene Entscheidung kann von dem Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, nicht mehr geändert werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz (SGG), 9. Aufl., § 60 Rdnr. 11). Hinsichtlich der übrigen Ablehnungsgesuche ist auf die Entscheidung des Senats vom heutigen Tag unter dem Aktenzeichen L 12 SF 4544/11 AB zu verweisen.
Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere wäre auch in der Hauptsache die Berufung zulässig (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache ist die Beschwerde jedoch nicht begründet, das SG hat im Ergebnis zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Indes sind einige der gestellten Anträge der Antragsteller bereits unzulässig.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.).
Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Wird im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt, ist die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 - FEVS 57, 72 und 164).
Die Anträge zu a), c), d), f) und g) betreffen letztlich alle die Frage, wie mit den Anträgen und Eingaben der Antragsteller vom Antragsgegner umgegangen wird bzw. umzugehen ist und sind vorliegend unzulässig. Rechtsbehelfe gegen Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit dem gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf geltend gemacht werden. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 44a Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), das Verwaltungsverfahren nicht durch die isolierte Anfechtung von unselbständigen Verfahrenshandlungen zu verzögern oder zu erschweren. Die Gerichte sollen nicht mit Streitfällen befasst werden, obwohl das Verfahren noch gar nicht abgeschlossen und u.U. noch offen ist, ob die Betroffenen im Ergebnis überhaupt in der Sache beschwert sind. Dieser Rechtsgedanke ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren zu beachten (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 1500 § 144 Nr. 39; BSG, Urteil vom 10. Dezember 1992 - 11 RAr 71/91 - BB 1993, 1443; BSG SozR 4-2500 § 36 Nr. 1). Als Verfahrenshandlung i.S.v. § 44a VwGO kommen alle Maßnahmen in Betracht, die eine Behörde in einem Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen vornimmt oder vorzunehmen ablehnt, auch konkludentes Verhalten oder bloßes Unterlassen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl., § 44a Rdnr. 3). Die vorliegenden Anträge sind teilweise auf die Anfechtung einer Verfahrenshandlung, nämlich die - inzwischen möglicherweise überholte - Zurückweisung von Eingaben mittels E-Mail oder Fax und im Übrigen auf Verpflichtungen des Antragsgegners gerichtet. Unter § 44a VwGO fallen insoweit nicht nur Rechtsbehelfe, die auf die Anfechtung einer Behördenentscheidung gerichtet sind, sondern darüber hinaus auch alle anderen Arten von förmlichen Rechtsbehelfen, auch Verpflichtungs- oder Leistungsklagen sowie Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 4 m.w.N.).
Die Antragsteller können ihre mit der Behandlung ihrer Eingaben zusammenhängenden Begehren nach alledem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erreichen. Sie werden hierdurch jedoch nicht rechtlos gestellt, da sie ihre Begehren im konkreten Einzelfall gerichtlich geltend machen können, ggf. auch im Eilverfahren. Ob ein Antrag vorliegt, der ggf. nicht bearbeitet wurde, ist dann inzident zu prüfen. Der sozialgerichtliche Rechtsschutz ist grundsätzlich nachgängiger und nicht verfahrensbegleitender Rechtsschutz.
Hinsichtlich des unter b) gestellten Antrags fehlt es an einem Anordnungsgrund und damit der Eilbedürftigkeit. Die Antragsteller können im konkreten Einzelfall Untätigkeitsklage erheben und haben dies teilweise auch bereits getan. Insoweit ist es ihnen zumutbar, den Ausgang der Hauptsacheverfahren abzuwarten. Es ist nicht ersichtlich, dass hier noch eine aktuelle Bedarfslage offen wäre, die sich auf Zeiträume nach Beginn des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bezieht. Insbesondere hat der Antragsgegner auf den am 19. September 2011 (per Fax) gestellten Weiterbewilligungsantrag mit Bescheid vom 10. Oktober 2011 für den Bewilligungsabschnitt vom 1. November 2011 bis 30. April 2011 vorläufig Leistungen in Höhe von 1.199,11 EUR monatlich bewilligt.
Hinsichtlich des unter e) gestellten Antrags ist weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch ersichtlich.
Der gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist wegen fehlender Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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