L 4 R 3625/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2746/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3625/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 18. August 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung, dass sie bis zur rechtskräftigen sozialgerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig nicht verpflichtet ist, Arbeitsverhältnisse nachzuverbeitragen, welche vor der Verkündung des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10 in juris) bereits beendet waren, hilfsweise dies im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen.

Die Antragstellerin betreibt ein Personaldienstleistungsunternehmen in M. mit mehreren tausend Mitarbeitern. Sie wendet bzw. wandte für die Leiharbeitnehmer Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeiter in Personalserviceagenturen (CGZP) an. Bezug nehmend auf den Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10), wonach die CGZP nicht tariffähig ist, teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 01. April 2011 mit, dass nach ihrer Überzeugung die CGZP bereits seit Beginn ihrer Tätigkeit nicht tariffähig gewesen sei. Aus der Tarifunfähigkeit folge, dass die mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge von Anfang an unwirksam gewesen seien. Aufgrund der Unwirksamkeit der Tarifverträge seien die daraus resultierenden equal pay-Ansprüche der betroffenen Beschäftigten (§ 10 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG -) Bemessungsgrundlage für die zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge. Für am 14. Dezember 2010 - dem Datum der Verkündung der Entscheidung - noch nicht verjährte Beiträge gelte eine Verjährungsfrist von 30 Jahren. Nach § 28e Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei die Antragstellerin verpflichtet, von sich aus auf der Grundlage der equal pay-Ansprüche der von ihnen beschäftigten Leiharbeitnehmer Beiträge nachzuzahlen, entsprechende Entgeltmeldungen nach § 28a SGB IV abzugeben und korrigierte Lohnnachweise beim Träger der Unfallversicherung einzureichen. Dies gelte für Beschäftigungszeiten seit einschließlich Dezember 2005 und alle seit Januar 2006 fällig gewordenen Beiträge. Für Fälle, in denen sich die Höhe der equal pay-Ansprüche nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermitteln lasse, seien Vereinfachungslösungen denkbar. Für Rückfragen in diesem Zusammenhang stehe sie, die Antragsgegnerin, der Antragstellerin jederzeit zur Verfügung. Für die Beitrags- und Meldekorrekturen räume sie der Antragstellerin eine Frist bis zum 31. Mai 2011 ein. Ab Juli 2011 werde sie zur Kontrolle Betriebsprüfungen durchführen. Wenn die Antragstellerin ihren gesetzlichen Verpflichtungen, Beiträge in zutreffender Höhe zu zahlen und ordnungsgemäße Meldungen vorzunehmen, nicht nachkomme, würden ab der Verkündung des Beschlusses des BAG vom 14. Dezember 2010 Säumniszuschläge auf die ausstehenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge erhoben.

Mit Bescheid vom 01. April 2011 setzte die Antragsgegnerin außerdem für den Prüfzeitraum vom 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 auf der Grundlage einer vom 28. bis 20. März 2011 durchgeführten Betriebsprüfung eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 4.513,19 fest. Diese Nachforderung umfasste keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge wegen der Tarifverträge der CGZP. Auf die Verpflichtung zur Nachverbeitragung aufgrund des Beschlusses des BAG vom 14. Dezember 2010 wies die Antragsgegnerin auch in diesem Bescheid hin.

Mit Schreiben vom 21. April 2011 trug die Antragstellerin ihre Bedenken gegen die Rückabwicklung der Beschäftigungsverhältnisse vor, bat um Anberaumung eines Besprechungs- und Verhandlungstermins und Verlängerung der Frist zur sozialversicherungsrechtlichen Nachdeklaration der Beschäftigungsverhältnisse unter Anwendung des CGZP-Tarifs bis zum 30. Juni 2011. Sie trug vor, es stelle sich die Frage, ob Nachforderungen von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe der Differenz zwischen den in der Vergangenheit tatsächlich gezahlten CGZP-Tarifen einerseits und dem Grundsatz der Gleichstellung (equal pay) seitens der Sozialversicherungsträger überhaupt bestünden, solange von den Sozialversicherungsträgern die bestandskräftigen Betriebsprüfungsbescheide nicht aufgehoben worden seien. Solange bestehe nach ihrer Einschätzung Vertrauensschutz in bestandskräftig abgeschlossene Betriebsprüfungszeiträume. Zur Unterstützung ihrer Auffassung verweise sie auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Januar 2011 (L 5 R 752/08 in juris). Selbst wenn man Vertrauensschutz nicht annehme und von der Korrektur der Beschäftigungsverhältnisse ausgehe, sei es gegenwärtig nicht zweckmäßig und für sie mit hohen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden, wenn diese Korrektur sofort, noch vor Eintritt der Rechtskraft des dazu maßgeblichen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Berlin zur Frage der Tariffähigkeit der CGZP in der Vergangenheit, vorgenommen werden solle (29 BV 13947/10). Im Übrigen habe sie mit der Zusammenstellung der sozialversicherungsrechtlich notwendigen Korrekturen bereits begonnen. Die Einhaltung der Frist zur Nachdeklaration bis 31. Mai 2011 sei ihr aus tatsächlichen Gründen jedoch nicht möglich. Darüber hinaus gehe sie davon aus, dass auch bei einer Fristverlängerung die Korrektur der einzelnen Sozialversicherungsbiografien in sehr vielen Fällen schlichtweg nicht mehr möglich sein werde, unabhängig von dem dafür zur Verfügung stehenden Zeitrahmen. Dies liege maßgeblich daran, dass das Lohnabrechnungsprogramm die Rückabwicklung über einen solch langen Zeitraum nicht ermögliche. Zahlungen, so sie überhaupt gegenwärtig erfolgen sollten, würden nur unter Vorbehalt erfolgen. Zur Fristwahrung legte die Antragstellerin für den Fall, dass die Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 01. April 2011 als Verwaltungsakt zu werten sei, am 03. Mai 2011 Widerspruch ein. Am 17. Mai 2011 führten die Antragstellerin und die Antragsgegnerin eine Besprechung durch. Hierbei sagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin u. a. eine Überprüfung des Zeitraums, für den Beiträge nachzufordern sind, zu, wies darauf hin, dass derzeit ein Exceltool entwickelt werde, mit dem eine möglichst realitätsnahe Ermittlung von equal pay-Ansprüchen vorgenommen werden könne, und bot der Antragstellerin an, ihr dieses Exceltool zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2011 stimmte die Antragsgegnerin einer Fristverlängerung bis auf weiteres zu. Außerdem wies sie darauf hin, dass der Hinweis auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 18. Januar 2011 ins Leere gehe, nachdem die Antragstellerin mit Verwaltungsakt vom 01. April 2011 aufgefordert worden sei, auf der Grundlage des equal pay-Anspruchs für ihre Beschäftigten Beiträge nachzuzahlen und Entgeltmeldungen und Lohnnachweise entsprechend zu korrigieren. Weitere Verwaltungsakte, die den in Rede stehenden Nachforderungszeitraum beträfen, seien nicht ergangen. Aus einer Pressemitteilung folge, dass das Arbeitsgericht Berlin festgestellt habe, dass die CGZP auch in der Vergangenheit nicht tariffähig gewesen sei und keine Tarifverträge habe abschließen können. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um laufenden Lohn handle, gelte nicht das Zufluss-, sondern das Entstehungsprinzip.

Die Antragstellerin beantragte am 09. August 2011 beim Sozialgericht Mannheim (SG) die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Sie begehrte die Feststellung, dass sie bis zu einer rechtskräftigen sozialgerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig nicht verpflichtet sei, Arbeitsverhältnisse nachzuverbeitragen, welche vor der Verkündung des Beschlusses des BAG vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10) bereits beendet gewesen seien. In der Hauptsache sei die Klage als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Eine Pflicht zur Nachverbeitragung im Sinne des Schreibens der Antragsgegnerin vom 01. April 2011 bestehe nicht. Sie genieße Vertrauensschutz in den Bestand von Betriebsprüfungsbescheiden. Zur Frage der Tarifunfähigkeit der CGZP für vergangene Zeiträume sei im Anschluss an die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin ein Verfahren beim Landesarbeitsgericht Berlin (24 TaBV 1395/11) anhängig. Außerdem eröffne ihr Lohnabrechnungsprogramm die Rückabwicklung aller Beschäftigungsverhältnisse für den von der Antragsgegnerin begehrten Zeitraum nicht. Das von der Antragsgegnerin erwähnte Exceltool sei ihr bis dato nicht zur Verfügung gestellt worden. Die von der Antragsgegnerin u.a. als Rechtsgrundlage für die Nachverbeitragung geltend gemachte Stornierungspflicht nach § 14 Datenerfassungs-° und -übermittlungsverordnung (DEÜV) i. V. mit § 28a SGB IV sei lediglich im Falle von Meldungen des Arbeitgebers einschlägig, welche sich aufgrund eigener Erkenntnisse des Arbeitgebers im zeitlichen Zusammenhang mit der Verbeitragung als unrichtig herausstellten. Sie sei nicht Rechtsgrundlage für die Nachverbeitragung - Jahre später - in Folge einer rechtskräftigen arbeitsgerichtlichen Entscheidung zur Tarifunfähigkeit eines Verbandes, nachdem der Tarifvertrag im Zuge der Verbeitragung angewandt worden sei. Tarifverträge seien bindend, solange deren Unwirksamkeit im dafür vorgesehenen förmlichen Verfahren nach dem Arbeitsgerichtsgesetz nicht festgestellt worden seien. Unabhängig davon sei für die Vergangenheit das Zufluss- und nicht das Entstehungsprinzip maßgeblich. Als Folge der Anwendung des Zuflussprinzips für den Ausnahmefall der Tarifunfähigkeit einer Tarifvertragspartei gingen Zeppenfeld/Faust ("Zeitarbeit nach dem CGZP-Beschluss des BAG", NJW 2011, 1643 ff.) sogar davon aus, dass unabhängig von etwaigen bestandskräftigen Betriebsprüfungsbescheiden Vertrauensschutz im Falle der Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht zu gewähren sei. Die bis auf weiteres gewährte Fristverlängerung lasse ihr Eilrechtsschutzbedürfnis unberührt, denn die Fristverlängerung dispensiere sie nicht von der Pflicht zur gegenwärtigen Durchführung der Nachverbeitragung aller auch in der Vergangenheit liegenden Beschäftigungsverhältnisse rückwirkend bis zum Eintritt der Verjährung. Mangels hinreichender administrativer Personalausstattung sei sie nicht in der Lage, tausende Beschäftigungsverhältnisse aus den vergangenen Jahren sozialversicherungsrechtlich nachzumelden und nachzuverbeitragen. Die Antragstellerin legte eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers Jörg A. de Fries vom 09. August 2011 vor.

Die Antragsgegnerin trat dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entgegen. Sie habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 01. April 2011 über den Beschluss des BAG vom 14. Dezember 2010 informiert und grundsätzlich auf die Verpflichtung hinsichtlich der Nachzahlung von Beiträgen hingewiesen. Bei diesen Hinweisen habe es sich um keinen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gehandelt. Dem Schreiben vom 01. April 2011 fehle die Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen. Es handle sich lediglich um einen Hinweis auf eine bestehende gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers (Auswertung des Beschlusses des BAG), die keinen eigenen Regelungsinhalt habe. Eine Betriebsprüfung zum dargestellten Sachverhalt mit eventueller Nachforderung von Beiträgen sei noch nicht durchgeführt worden. Insofern fehle es an einer Beschwer der Antragstellerin. Es sei zunächst die Durchführung einer Betriebsprüfung, die im Laufe dieses Jahres beabsichtigt sei (ein genauer Termin stehe noch nicht fest) und die Erteilung eines entsprechenden Bescheids abzuwarten.

Mit Beschluss vom 18. August 2011 wies das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Der begehrte einstweilige Rechtsschutz scheitere bereits an einem fehlenden Anordnungsanspruch, denn ein Erfolg in der Hauptsache sei nicht wahrscheinlich. Eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zulässig. Nach dieser Bestimmung könne die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung bestehe. Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, sei auch im Rahmen von § 55 SGG von einer Subsidiarität der Feststellungsklage auszugehen. Zweck des Antrags der Antragstellerin sei es, eine Nachverbeitragung durch die Antragsgegnerin aus Beschäftigungsverhältnissen seit Dezember 2005 abzuwenden. Eine konkrete Verpflichtung, Beiträge nachzuentrichten, sei aber bisher noch nicht durch einen Bescheid der Antragsgegnerin festgestellt worden. Dieser werde ggf. erst nach einer zwar beabsichtigten, aber noch nicht durchgeführten Betriebsprüfung ergehen. Die Antragstellerin könne dann Widerspruch und bei negativem Widerspruchsbescheid Klage erheben und ggf. gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragen. Ein Feststellungsinteresse der Antragstellerin, bereits jetzt zu klären, ob sie weitere Beiträge zahlen müsse, könne es (das SG) nicht erkennen. Zwar sei eine Feststellungsklage zur Feststellung einzelner Rechte und Pflicht aus einem Rechtsverhältnis grundsätzlich möglich, nicht dagegen aber eine Feststellungsklage wegen einzelner Elemente, z. B. Rechtsfragen im Vorfeld einer eventuell beabsichtigten Verwaltungsentscheidung. Die Antragstellerin könne folglich im Rahmen eines Feststellungsantrags nach § 55 SGG nicht die Klärung der Rechtsfrage, ob sie Beiträge nachentrichten müsse, bereits im Vorfeld verlangen, bevor überhaupt die angekündigte Betriebsprüfung durchgeführt und ein Beitragsbescheid erlassen werde. Soweit erkennbar, wende sich die Antragstellerin aber zunächst vor allem dagegen, dass ihr durch die Vorlage korrigierter Lohnnachweise und Entgeltmeldungen ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstehen werde. Diese Befürchtung legitimiere aber ebenfalls noch keinen einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel, ihre mögliche Beitragsnachentrichtungsverpflichtung rechtlich zu klären. Die Antragsgegnerin (richtig Antragstellerin) könne insofern die beabsichtigte Betriebsprüfung abwarten, in deren Rahmen sie lediglich verpflichtet sei, angemessene Prüfhilfe zu leisten (§ 28p Abs. 5 Satz 1 SGB IV). Dazu gehöre es insbesondere, die Lohnunterlagen/Entgeltunterlagen und Beitragsabrechnungen geordnet vorzulegen und über alle Tatsachen Auskunft zu geben, die für die Erhebung der Beiträge notwendig seien. Werde den Mitwirkungspflichten nicht entsprochen oder bestehe kein Konsens, welche Mitwirkungshandlung zu erbringen sei, so sei der Rentenversicherungsträger berechtigt, Verpflichtungen durch Verwaltungsakt geltend zu machen (vgl. Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 04. August 2004 - L 9 KR 31/02 - in juris). Dies bedeute, dass die Antragstellerin auch hier zunächst verlangen könne, dass durch Bescheid präzisiert werde, welche angemessene Prüfhilfe sie zu leisten habe. Gegen eine Entscheidung wäre dann ggf. auch der einstweilige Rechtsschutz eröffnet.

Die Antragstellerin hat am 22. August 2011 Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt. Das SG habe das streitgegenständliche Rechtsverhältnis verkannt. Dieses beruhe auf Gesetz, nicht auf behördlichem Handeln. Mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Gestaltungsklage gegen den noch ausstehenden Betriebsprüfungsbescheid verweise sie das SG auf die Zukunft. Streitgegenständlich sei hier jedoch ihre Nachverbeitragungspflicht kraft Gesetzes, deren sich die Antragsgegnerin als Anspruch berühme. Nach ihrer Auffassung bestehe diese Nachverbeitragungspflicht kraft Gesetzes nicht. Dieser Streit begründe eine feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Aus dem gesetzlichen Rechtsverhältnis, aus welchem die Antragsgegnerin Ansprüche gegenwärtig herleite, resultierten auch Verpflichtungen auf Zahlung von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV für den Fall, dass sich die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin als zutreffend herausstelle. Auch diese Rechtsfolge, welche selbstständig geeignet sei, ein Feststellungsverhältnis in der Hauptsache und im Eilverfahren zu begründen, verkenne die erstinstanzliche Entscheidung. Sie habe ein legitimes Interesse in der Gegenwart, auch dieses Rechtsverhältnis im Eilverfahren vorläufig feststellen zu lassen. Selbst mit der Prämisse der erstinstanzlichen Entscheidung, dass der Eilantrag das Subsidiaritätserfordernis nicht wahre, sei eine Zwischenfeststellungsklage zulässig, welche das Subsidiaritätserfordernis nicht wahren müsse, wenn, wie vorliegend nach der Prämisse der erstinstanzlichen Entscheidung zur Subsidiarität, zumindest hinsichtlich der kraft Gesetzes ausgelösten Pflicht zur Entrichtung von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV zumindest insoweit ein vorgreifliches Rechtsverhältnis bestehe. Der Rechtsschutz gegen das hypothetische behördliche Verfahren in der Zukunft, auf das sie das SG verweise, könne die Nachteile nicht mehr abwenden, welche aus dem abgelehnten Rechtsschutz gegen das gegenwärtig bestehende gesetzliche Rechtsverhältnis resultierten. Den vorliegenden Rechtsstreit im Eilverfahren führe sie auch als Primärrechtsschutz im Sinne des § 839 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Soweit der Eilrechtsschutz nicht erfolgreich ende, sei ein späterer Amtshaftungsanspruch ihrerseits jedenfalls insoweit nicht ausgeschlossen. Sie berufe sich auf Verjährung und darauf, dass zwischenzeitlich sogar die Krankenkassen als Einzugsstellen im Sinne des SGB IV die Bindungswirkung bestandskräftiger Prüfungsbescheide anerkannt hätten.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 18. August 2011 aufzuheben und im Wege der einstweiligen Anordnung festzustellen, dass sie bis zur rechtskräftigen sozialgerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig nicht verpflichtet ist, Arbeitsverhältnisse nachzuverbeitragen, welche vor der Verkündung des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10) bereits beendet gewesen sind, hilfsweise dies im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Akteninhalt und die Entscheidung des SG. Das am 24. Mai 2011 angebotene Exceltool werde der Antragstellerin in den nächsten Tagen zur Verfügung gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen. II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Ein Ausschlussgrund nach § 172 Abs. 3 SGG ist nicht gegeben.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Rechtsgrundlage für den von der Antragstellerin begehrten einstweiligen Rechtsschutz ist hier § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Denn ein Fall des § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage angeordnet oder wiederhergestellt werden kann, ist nicht gegeben. Die von der Antragstellerin bestrittene Pflicht, Arbeitsverhältnisse nachzuverbeitragen, verfügte die Antragsgegnerin nicht mit einem Bescheid. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, sodass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund müssen glaubhaft gemacht sein. Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes überwiegend wahrscheinlich sind. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, desto weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden.

Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sind danach vorliegen weder hinsichtlich des Hauptantrags noch hinsichtlich des Hilfsantrags erfüllt, weil diese unzulässig sind.

1. Der von der Antragstellerin gestellte Hauptantrag, formuliert als Feststellungsantrag, ist unzulässig. Feststellungsanträge sind als vorläufige Anträge im Rahmen eines Verfahrens gerichtet auf einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich möglich (vgl. dazu etwa Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 86b Rn. 24). Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch hinsichtlich des Hauptantrags - abgesehen von der Subsidiarität eines Feststellungsantrags (§ 55 SGG analog) - an der hier allein in Betracht kommenden Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines (konkreten) Rechtsverhältnisses nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis versteht man die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder Personen und Gegenständen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Die Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn konkrete Rechte in Anspruch genommen oder bestritten werden, wenn also die Anwendung einer Norm auf einen konkreten Sachverhalt streitig ist (Keller a.a.O. § 55 Rn. 4, 5). An einem solchen konkreten Rechtsverhältnis fehlt es hier. Die Antragsgegnerin hat im Schreiben vom 01. April 2011 und auch in dem Bescheid vom selben Tag betreffend die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aus anderen Gründen nur auf die sich aus § 28e SGB IV ergebende gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers hingewiesen, von sich aus auf der Grundlage der equal pay-Ansprüche der von ihnen beschäftigten Leiharbeitnehmer Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen, entsprechende Entgeltmeldungen nach § 28a SGB IV abzugeben und korrigierte Lohnnachweise beim Träger der Unfallversicherung einzureichen, und außerdem angemerkt, dass dies für Beschäftigungszeiten seit einschließlich Dezember 2005 und alle seit Januar 2006 fällig gewordenen Gesamtsozialversicherungsbeiträge gelte. Ein konkreter Sachverhalt bezüglich einzelner Arbeitnehmer und des erhaltenen bzw. zustehenden Lohns wurde damit nicht dargelegt. Die Antragsgegenerin hat lediglich angekündigt, bei der nächsten Arbeitgeberprüfung (§ 28p SGB IV) bestimmte Sachverhalte zu prüfen, und der Antragstellerin damit die Möglichkeit gegeben, sich darauf einzustellen. Die Antragstellerin begehrt letztlich die Feststellung, dass sie kraft Gesetzes nicht zur Nachverbeitragung verpflichtet sei. Damit wendet sie sich gegen die Rechtmäßigkeit der Norm und beanstandet nicht die Anwendung der Norm auf einen konkreten und überschaubaren Lebenssachverhalt. Zur Klärung abstrakter Rechtsfragen dürfen die Sozialgerichte jedoch nicht angerufen werden, hierfür sind sie nicht zuständig (Keller a.a.O. § 55 Rn. 5). Eine Feststellungsklage mit diesem Begehren ist deshalb nicht statthaft.

Die damit im Grunde begehrte konkrete Normenkontrolle im Wege der Feststellungsklage ist hier auch nicht ausnahmsweise zulässig. Eine Ausnahme ist dann vorgesehen, wenn der Betroffene anders keinen effektiven Rechtsschutz erreichen kann (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz). Voraussetzung ist weiter, dass der Antragsteller von der Norm selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Grundrechten betroffen ist. Eine gegenwärtige Betroffenheit liegt nicht vor, wenn die Betroffenheit vollständig der Vergangenheit angehört oder der Antragsteller erst irgendwann in der Zukunft betroffen sein könnte. Unmittelbarkeit setzt voraus, dass entweder die Rechtsnorm selbst die Betroffenheit in eigenen rechtlich geschützten Belangen hervorruft oder das Abwarten unzumutbar ist (vgl. Keller, a.a.O., § 55 Rn. 10b-d mit weiteren Nachweisen auch zur Rechtsprechung). Insoweit fehlt es, abgesehen davon, dass die Antragstellerin nicht dargelegt hat, in welchen Grundrechten sie betroffen ist, an der gegenwärtigen Betroffenheit der Antragstellerin. Sie wurde nur allgemein auf ihre gesetzliche Verpflichtung hingewiesen, Folgen wurden jedoch noch nicht festgesetzt und treten derzeit auch noch nicht ein. Hierzu bedarf es noch eines Beitragsbescheids. Mit dem möglichen Rechtsschutz gegen den Beitragsbescheid, erhält die Antragstellerin auch effektiven Rechtsschutz.

Auch eine vorbeugende Feststellungsklage kommt hier nicht in Betracht. Eine solche zielt auf die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses ab, bei dem aufgrund einer Ankündigung durch den Beklagten eine belastende Maßnahme unmittelbar bevorsteht. Bei der vorbeugenden Feststellungsklage muss ein berechtigtes Interesse gerade an einer baldigen vorbeugenden Feststellung, also ein spezielles, auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Interesse bestehen (Keller a.a.O. § 55 Rn. 8c). Ein solches berechtigtes Interesse kann hier, abgesehen von einem konkreten Rechtsverhältnis, nicht bejaht werden. Der Antragstellerin ist das Abwarten eines Beitragsbescheides zumutbar.

2. Auch der erstmals im Beschwerdeverfahren gestellte Hilfsantrag, ausdrücklich bezeichnet als "Zwischenfeststellungsklage", ist unzulässig. Der Senat geht davon aus, dass damit ein Zwischenfeststellungsantrag gemeint ist. Ein solcher Zwischenfeststellungsantrag ist wie eine Zwischenfeststellungsklage zulässig zur Feststellung eines für die Entscheidung vorgreiflichen Rechtsverhältnisses (Keller a.a.O. § 55 Rn. 22). Insoweit gilt zwar nicht der Subsidiaritätsgrundsatz. Mit der Zwischenfeststellungsklage kann wie mit der Feststellungsklage aber nur die Feststellung eines zwischen den Beteiligten oder zwischen ihnen und einer dritten Person bestehenden konkreten Rechtsverhältnisses begehrt werden (Keller a.a.O. § 55 Rn ... 22a). Auch insoweit bedarf es damit eines konkreten Rechtsverhältnisses, woran es - wie ausgeführt - fehlt.

3. Selbst wenn die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz zulässig wären, fehlte ein Anordnungsgrund, weil schon nicht glaubhaft gemacht ist, dass die Antragstellerin ihr Begehren, Arbeitsverhältnisse nicht nachverbeitragen zu müssen, mit einer Klage in der Hauptsache verfolgt. Mangels jeglichen Vortrags der Antragstellerin muss der Senat davon ausgehen, dass eine solche Hauptsache nicht anhängig ist.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a SGG i. V. mit § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist endgültig auf EUR 5.000,00 festzusetzen. Dies beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. Die Antragstellerin wendet sich noch nicht gegen eine konkrete Nachverbeitragung, sondern gegen ihre Verpflichtung zur Nachverbeitragung, weshalb der Auffangstreitwert von EUR 5.000,00 anzusetzen ist. Eine Reduzierung des Auffangstreitwerts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht vorgesehen (vgl. etwa ständige Rechtsprechung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 29. März 2010 - L 27 P 14/10 B ER -, vom 11. Mai 2010 - L 27 P 18/10 B ER- und vom 07. Oktober 2010 - L 27 P 32/10 B; alle in juris; Beschluss des erkennenden Senats vom 24. März 2010 - L 4 KR 1029/10 ER-B -; nicht veröffentlicht).

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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