Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 914/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5734/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Anspruch auf Löschung von Sozialdaten; Fernwirkung des aus dem Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VII folgenden Beweisverwertungsverbots auf gerichtliche Gutachten
1. Ein gerichtlich eingeholtes Gutachten unterliegt nicht bereits deshalb der Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots, wenn darin ein unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VII unzulässig erlangtes Gutachten wiedergegeben wird und die Gutachten im Ergebnis übereinstimmen (ob eine Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots bei rechtlich unzulässig erstelltem Gutachten grundsätzlich besteht, wird offen gelassen).
2. Der Löschungsanspruch nach § 84 SGB X ist nicht auf solche „Folgespeicherungen"" in Dokumenten einer Verwaltungsakte auszudehnen, wenn in dem Dokument ein datenschutzrechtlich unzulässig eingeholtes, bereits entferntes beratungsärztliches Gutachten lediglich mit Nennung des Beratungsarztes und seines Gutachtensergebnisses zitiert wird.
3. Der Löschungsanspruch nach § 84 SGB X ist mit einer Verpflichtungsklage geltend zu machen. Der Klageantrag muss die unzulässig genutzten Sozialdaten hinreichend bestimmt umschreiben, die Bezugnahme auf ein konkretes Gutachten reicht aus.
1. Ein gerichtlich eingeholtes Gutachten unterliegt nicht bereits deshalb der Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots, wenn darin ein unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VII unzulässig erlangtes Gutachten wiedergegeben wird und die Gutachten im Ergebnis übereinstimmen (ob eine Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbots bei rechtlich unzulässig erstelltem Gutachten grundsätzlich besteht, wird offen gelassen).
2. Der Löschungsanspruch nach § 84 SGB X ist nicht auf solche „Folgespeicherungen"" in Dokumenten einer Verwaltungsakte auszudehnen, wenn in dem Dokument ein datenschutzrechtlich unzulässig eingeholtes, bereits entferntes beratungsärztliches Gutachten lediglich mit Nennung des Beratungsarztes und seines Gutachtensergebnisses zitiert wird.
3. Der Löschungsanspruch nach § 84 SGB X ist mit einer Verpflichtungsklage geltend zu machen. Der Klageantrag muss die unzulässig genutzten Sozialdaten hinreichend bestimmt umschreiben, die Bezugnahme auf ein konkretes Gutachten reicht aus.
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11. November 2010 sowie der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2010 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, die Stellungnahmen von Dr. F. vom 28. April und 28. Mai 2004 aus der Verwaltungsakte zu entfernen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf die Löschung beratungsärztlicher Stellungnahmen in den Verwaltungsakten der Beklagten und im Wege einer Zugunstenentscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Rücknahme der Entscheidung über Ablehnung einer Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalles am 24.10.2001 hat.
Die 1959 in R. geborene Klägerin war 1989 als Asylbewerberin über Griechenland nach Deutschland ausgereist. Während ihres Asylverfahrens war sie mit Aushilfstätigkeiten beschäftigt, teilweise wegen Abschiebungsandrohung auch untergetaucht. Seit 1999 ist die Klägerin deutscher Staatsangehöriger. Aufgrund ihres in R. abgeschlossenen Studiums der Zahnmedizin hatte sie zunächst als Anpassungsassistentin gearbeitet, um die Approbation als Zahnärztin zu erlangen. Nach nicht bestandener Prüfung 1998 war sie arbeitslos und ab April 2001 arbeitete sie als Pharmaberaterin.
Auf der Rückfahrt von einer Tagung am 24.10.2001, zu der sie vom Arbeitgeber entsandt worden war, trat während der Fahrt auf der Autobahn in einer leichten Linkskurve an der Servolenkung des von ihr selbst gefahrenen Geschäftswagens eine Störung auf. Sie konnte das Fahrzeug auf einem zufällig zu diesem Zeitpunkt in gerader Fahrtrichtung gelegenen Parkplatz anhalten, wo es abgeschleppt wurde. Die Klägerin fuhr danach mit einem Mietwagen nachhause.
Die Klägerin zeigte der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte), mit Schreiben vom 25.11.2001, das der Beklagten über die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zugeleitet worden war, das Ereignis als Arbeitsunfall an, denn sie sei seit diesem Zeitpunkt erkrankt und in psychiatrischer Behandlung wegen extremer Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Angststörungen. Unter den 02.04.2002 erklärte die Klägerin ihr Einverständnis damit, dass die Beklagte die sie betreffenden ärztlichen Unterlagen beizieht.
Der behandelnde Psychiater M. gab auf Anfrage der Beklagten an (Bericht vom 11.04.2002), die Klägerin seit dem 16.11.2001 ambulant wegen einer isolierten Phobie bei vorbestehender generalisierter Angststörung zu behandeln. Es handele sich um Autofahrängste, die vor dem Unfallereignis nicht vorhanden gewesen seien. In dem von der Beklagten eingeholten Vorerkrankungsverzeichnis der AOK - Die Gesundheitskasse M. O. vom 21.06.2002 waren u. a. Arbeitsunfähigkeitszeiten enthalten für Dezember 1992 und Mai 1993 wegen reaktiver Depression, Suizidgefahr, für Februar/April 1997 wegen reaktiver Depression, für Juli 1998 wegen Globusgefühl, Erschöpfungssyndrom, Depression und für Februar/März 2000 wegen Belastungsreaktion/Anpassungsstörung, depressive Episode, phobische Störungen.
Mit Hinweisschreiben vom 17.06.2002 schlug die Beklagte der Klägerin mehrere Gutachter vor und wies auf ihr Recht, der Übermittlung von Sozialdaten an den Gutachter zu widersprechen, hin. In dem von der Beklagten veranlasst Gutachten von Prof. Dr. S. vom 27.03.2003 mit Ergänzung vom 28.07.2003 beurteilte er den Vorfall vom 24.10.2001 als Teilursache einer vorübergehenden Verschlimmerung einer unfallunabhängig vorbestehenden Angst und Depression. Sie habe zu einer Arbeitsunfähigkeit von zwei Wochen nach dem Vorfall geführt. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 v.H. für die Dauer eines Jahres, danach 10 v.H. Hierzu holte die Beklagte die Stellungnahme des Nervenarztes Dr. F. vom 13.10.2003 ein, der mit nachfolgenden Ergänzungen vom 28.04. und 28.05.2004 an seiner Beurteilung, eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor und eine unfallabhängige Behandlungsbedürftigkeit habe nur für drei Monate nach dem Vorfall bestanden, festhielt.
Mit Bescheid vom 11.06.2004 stellte die Beklagte den Arbeitsunfall vom 24.10.2001 fest und lehnte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2004 wurde der hiergegen eingelegte Widerspruch zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 4 U 3809/04), das von Amts wegen das Gutachten von Dr. He. vom 11.03.2005 mit Ergänzung vom 29.04.2005 einholte. Der Sachverständige bejahte eine unfallbedingte Panikstörung mit einer hieraus resultierenden MdE um 30 v.H. Die Beklagte erhob gegen das Gutachten Einwendungen unter Berufung auf die von ihr eingeholte und dem Gericht vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Dr. W ... Die Klägerin verwies auf die Äußerung von Nervenarzt M. vom 08.07.2005, wonach als weitere Diagnose eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Mit Urteil vom 10.02.2006 stellte das Sozialgericht eine Panikstörung als Unfallfolge fest und verurteilte die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Gewährung einer Rente nach einer MdE um 20 v.H.
Beide Beteiligte legten gegen das Urteil beim Landessozialgericht Berufung ein (L 10 U 1417/06). Die Beklagten begründete ihre Berufung mit der eingeholten beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Hec. vom 27.03.2006. Das Landessozialgericht holte von Amts wegen das Gutachten von Prof. Dr. Fo. vom 26.03.2007 mit Ergänzung vom 03.04.2007 ein, das von Dr. H. mitunterzeichnet war. Im Gutachten wird davon ausgegangen, der Arbeitsunfall habe mit Wahrscheinlichkeit nur eine akute Belastungssituation ohne messbare MdE hervorgerufen. Bei der Klägerin sei eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig in einer mittelgradigen Episode und eine gemischte Angststörung mit Neigung zu Panikattacken zu diagnostizieren. Es sei nicht anzunehmen, dass ein direkter ursächlicher Zusammenhang dieser Gesundheitsstörungen mit dem Ereignis vom 24.10.2001 bestehe. Der jetzige Zustand sei Ausprägung der schon vor dem Unfall bestehenden psychischen Krankheitsveranlagung.
In dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten von Dr. L. vom 04.09.2007 wurden als Unfallfolge eine rezidivierende depressive Störung und einer Panikstörung beschrieben. Diese habe sich durch den Unfall verschlimmert, was bis Februar 2007 eine unfallbedingte MdE um 20 v.H., danach um 40 v.H. bedinge.
Mit Urteil vom 21.02.2008 hob das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts auf und wies die Klage vollends ab. In den Entscheidungsgründen stützte sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. Fo ...
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hob das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 18.11.2008 - B 2 U 101/08 B - das Urteil vom 21.02.2008 auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das Landessozialgericht. Das Gutachten von Prof. Dr. Fo. sei nicht verwertbar, denn es sei in einem wesentlichen Teil nicht durch den Sachverständigen, sondern durch den mitunterzeichnenden Dr. H. erstellt worden. Das Untersuchungsgespräch durch Dr. H. habe zweieinhalb Stunden gedauert. Die Relation dieser Gesprächsdauer zu dem nach den Feststellungen des Landessozialgerichts nur wenige Minuten dauernden Gesprächs der Klägerin mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Fo. zeige deutlich die Übertragung eines wichtigen und prägenden Teils der Gutachtenerstattung an Dr. H ... Danach sei die Gutachtenserstattung entgegen § 407a Abs. 2 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) unbefugt einem anderen übertragen worden.
In dem vor dem Landessozialgericht fortgeführten Berufungsverfahren (L 10 U 5978/08) holte der Senat die Stellungnahme von Prof. Dr. Fo. vom 30.01.2009 ein (die Untersuchung von Dr. H. habe 2 Stunden, das gemeinsame Gespräch zwischen der Klägerin, dem Sachverständige und Dr. H. habe 30 Minuten gedauert), wies das Befangenheitsgesuch der Klägerin gegen Prof. Dr. Fo. als unzulässig ab (Beschluss vom 25.02.2009) und hörte in nichtöffentlicher Sitzung am 31.03.2009 Dr. H. als Zeugen und die Klägerin ergänzend an. Mit Urteil vom 14.05.2009 änderte das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts vom 10.02.2006 ab und wies die Klage - erneut - insgesamt ab. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass das von Dr. H. geführte Untersuchungsgespräch 2 Stunden und hieran anschließend das Gespräch der Klägerin mit Prof. Dr. Fo. rund eine halbe Stunde gedauert habe. Unter Beachtung der bindenden allgemeinen Ausführungen des Bundessozialgerichts bestünden daher gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. keine Bedenken. Die Einschätzung des Sachverständigen, die Beantwortung der Beweisfragen sei aufgrund der Untersuchungsergebnisse und Kenntnis der Aktenlage nach Art und Ausmaß nicht von einer überragenden Schwierigkeit gewesen, so dass aufgrund der qualifizierten Voruntersuchung durch Dr. H. die eigene Befunderhebung im Rahmen von 30 Minuten ausreichen gewesen sei, begegne keinen Bedenken. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wurde vom Bundessozialgericht mit Beschluss vom 04.08.2009 (B 2 U 164/09 B) als unzulässig verworfen.
Am 19.06.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (Schreiben vom 15.06.2009), alle gutachtlichen Stellungnahmen in der Verfahrensakte der Beklagten zu löschen, namentlich die ihr bekannten von Dr. Dr. W. , Dr. Hec. und Dr. F ... Sie sei nicht über die Datenvermittlung an diese Ärzte informiert worden und ihr sei auch keine Auswahl unter drei Gutachtern ermöglicht worden. Außerdem werde beantragt, den Bescheid vom 11.06.2004 aufzuheben, soweit ein Anspruch auf Rente verneint worden sei.
Die Bundesagentur für Arbeit bat die Beklagte um Übersendung der beratungsärztlichen Unterlagen (Anfrage vom 07.08.2008) unter Vorlage der unter dem 25.06.2008 abgegebenen Erklärung der Klägerin zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, da eine Begutachtung durch ihren ärztlichen Dienst beabsichtigt sei.
In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme ihres Datenschutzbeauftragten vom 27.07.2009 wurde die Empfehlung ausgesprochen, gemäß § 84 Abs. 2 SGB X die Stellungnahmen von Dr. F. und Dr. Dr. W. , die als Gutachten im Sinne von § 200 Abs. 2 SGB VII anzusehen seien, zu löschen. Die Stellungnahme von Dr. Hec. sei inhaltlich als beratende Stellungnahme und nicht als Gutachten zu werten. Zu unterscheiden sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwischen dem Rechtsverstoß gegen die Gutachterauswahl und einen Verstoß gegen die Belehrung über das Widerspruchsrecht. Ein Rechtsverstoß gegen das Widerspruchsrecht ziehe ein Beweisverwertungsverbot nach sich. Ein solcher Verstoß könne nur durch die Entfernung der Gutachten aus den Akten geheilt werden.
Die Beklagte entfernte daraufhin die Stellungnahmen von Dr. F. vom 13.10.2003 und Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 aus ihren Verfahrensakten.
Mit Bescheid vom 28.08.2009 lehnte die Beklagte ab, ihren Bescheid vom 11.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2004 zurückzunehmen und ein erneutes Verwaltungsverfahren einzuleiten. Nach § 44 Abs. 1 SGB X sei der Verwaltungsakt nicht zurückzunehmen, denn ein etwaiger Verfahrensfehler verpflichte nicht zur Rücknahme, wenn der Verwaltungsakt der materiellen Rechtslage entspreche. Die beiden ärztlichen Äußerungen von Dr. F. und Dr. Dr. W. seien gelöscht, ein darüber hinausgehender Löschungsanspruch bestehe nicht. Die Klägerin habe darüber hinaus nichts vorgetragen, was Zweifel an der Rechtmäßigkeit der durch rechtskräftiges Urteil des Landessozialgerichts bestätigten Bescheide erkennen lasse. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob am 03.02.2010 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe und machte geltend, die beratungsärztlichen Stellungnahmen unterlägen dem aus § 200 Abs. 2 SGB VII folgenden Beweisverwertungsverbot. Auch das Gutachten von Prof. Dr. Fo. sei wegen Verstoßes gem. § 407a Abs. 2 ZPO nicht verwertbar. Als Entscheidungsgrundlage des geltend gemachten Verletztenrentenanspruchs verbleibe es beim Gutachten von Prof. Dr. S. , der eine Verletztenrente bejaht habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.11.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte habe sich bei ihrer Entscheidung nach § 44 SGB X ohne neue Sachprüfung auf die Bindungswirkung der Bescheide vom 11.06.2004 und 13.08.2004 berufen können. Grundsätzlich unterlägen ein unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII erstattetes Gutachten und unter Umständen eingeholte Folgegutachten einem Beweisverwertungsverbot. Ob die klagegegenständlichen beratungsärztlichen Stellungnahmen als Gutachten zu beurteilen seien, könne dahinstehen. Gemäß § 295 ZPO habe die Klägerin ihr diesbezügliches Rügerecht verloren. Einen Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII habe die anwaltlich vertretene Klägerin weder während des erstinstanzlichen Verfahrens noch im Berufungsverfahren, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2009, gerügt.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 18.11.2010 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.12.2010 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe sie neue Tatsachen vorgetragen. Sie habe einen Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der Stellungnahmen von Dr. Dr. W. , Dr. Hec. und Dr. F. sowie des auf diesen Stellungnahmen beruhenden Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Fo. gerügt. Infolge des hieraus resultierenden Beweisverwertungsverbots habe eine völlig andere Tatsachenlage bestanden. Ihr Rügerecht habe sie nicht verloren, denn § 295 ZPO gelte für Verfahrensvorschriften, um die es sich bei der materiellrechtlichen Vorschrift des § 200 Abs. 2 SGB VII aber nicht handele. Zwar gelte die Vorschrift auch im gerichtlichen Verfahren, sie richte sich aber nicht an das Gericht, sondern ausschließlich an die Behörde. § 200 Abs. 2 SGB VII werde daher nicht vom Geltungsbereich des § 295 ZPO umfasst. Hinzu komme, dass fraglich sei, an welcher Verfahrenshandlung des Gerichts die Präklusionswirkung des § 295 ZPO vorliegend anknüpfen solle, da der Verwertung der beratungsärztlichen Gutachten kein separater Beweisbeschluss des Gerichts, der für die Anwendung des § 295 ZPO erforderlich sei, vorausgegangen sei. Zwar seien die Stellungnahme von Dr. F. vom 13.10.2003 und von Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 aus den Akten entfernt worden, weitere Stellungnahmen von Dr. F. vom 28.04.2004 und 28.05.2004 bzw. der Schriftsatz der Beklagten vom 18.04.2005, der die entfernte Stellungnahme von Dr. Dr. W. zitiere, seien in der Akte verblieben, obgleich sie auch vom Löschungsanspruch umfasst seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten müsse auch die gutachterliche Stellungnahme von Dr. Hec. vom 27.03.2006 aus der Akte entfernt werden. Zurzeit der Gutachtenserstattung durch Prof. Dr. Fo. seien die genannten Stellungnahmen der Beratungsärzte noch in der Akte gewesen, auf die der Sachverständige auch ausdrücklich Bezug nehme, sowie im Sachverständigengutachten auch inhaltlich auf die Stellungnahme von Dr. Hec. Bezug genommen werde. Das Gutachten von Prof. Dr. Fo. baue vorliegend auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen auf und unterliege ebenfalls einem Beweisverwertungsverbot. Darüber hinaus verstoße nach dem rechtskräftigen Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18.11.2008 das Gutachten gegen § 407a Abs. 2 ZPO und sei auch deshalb unverwertbar. Eine konkludente Genehmigung der Verwertung der beratungsärztlichen Äußerungen durch die Schweigepflichtentbindungserklärung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit sei nicht anzunehmen. Eine solche müsste zumindest gegenüber der Behörde abgegeben worden seien, die den Rechtsverstoß begangen habe. Dies sei aber nicht die Bundesagentur für Arbeit, sondern die Beklagte gewesen. Im Übrigen reagiere die Bundesagentur auf die Verweigerung der Entbindungserklärung üblicherweise mit der Ablehnung der beantragten Leistung mangels Mitwirkungspflicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2010 sowie den Bescheid vom 11.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sämtliche gutachterlichen Stellungnahmen der die Beklagte beratenden Ärzte samt der auf diese gutachterlichen Stellungnahmen verweisenden Schriftstücke aus der Verwaltungsakte zu entfernen, insbesondere die Stellungnahmen von Dr. F. vom 28.05.2004, den Schriftsatz der Beklagten vom 18.04.2005 sowie die gutachterliche Stellungnahmen von Dr. Hec. vom 27.03.2006, sowie die Beklagte zu verurteilen, wegen ihres Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 Verletztenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Erweiternd führt sie aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei das Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 SGB VII rein verwaltungsverfahrensrechtlicher Natur. Das Rügerecht sei mit Abschluss des Berufungsverfahrens verloren gegangen. Eine Verletzung dieser Vorschrift sei, auch wenn sie ungeheilt bleibe, mit Abschluss des Verwaltungsverfahrens grundsätzlich unbeachtlich. Darüber hinaus könne die nachträglich erstrittene Löschung eines unter Missachtung des Auswahlrechts eingeholten Gutachtens in der Akte nicht die Kenntnis des Gerichts von diesem Gutachten beseitigen. Der Löschungsanspruch hänge allein von der Unzulässigkeit einer Speicherung von Sozialdaten ab. Für den Löschungsanspruch sei danach auch unerheblich, ob ein von der Verwaltung eingeholtes Gutachten vom Gericht gewürdigt werden dürfe oder einem Beweisverwertungsverbot unterfalle. Klarstellend sei anzumerken, dass nicht die Löschung von unzulässig erhobenen Sozialdaten im Streit stehe, sondern die Frage, ob die Ablehnung einer Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X rechtmäßig gewesen sei. Sie halte ihren Rechtstandpunkt aufrecht, dass verfahrensrechtliche Fehler allein keine der materiellen Rechtslage widersprechende Rücknahme nach § 44 SGB X begründen könnten. Im übrigen habe die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, den wiederum angesprochenen Verstoß gegen § 407a ZPO in der Nichtzulassungsbeschwerde von 2009 zu rügen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts sowie die Berufungsakten des 10. Senats aus dem vorangegangenen Verfahren (L 10 U 1417/06 und L 10 U 5978/08) beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
Die Berufung ist nur teilweise begründet. Sie ist begründet, soweit ein Löschungsanspruch (hierzu unten A) gegenüber den ergänzenden Stellungnahmen von Dr. F. verfolgt wird (A4). Das Sozialgericht hat dagegen die darüber hinausgehenden Klagen zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat weder einen weitergehenden Löschungsanspruch (A3) noch Anspruch auf Rücknahme und Neuentscheidung nach § 44 SGB X zur Gewährung einer Verletztenrente (B).
A1 Der mit der Berufung verfolgte Klageantrag, sämtliche gutachterlichen Stellungnahmen der die Beklagte beratenden Ärzte und hierauf verweisende Schriftstücke aus der Akte zu entfernen, ist mangels hinreichender Bestimmtheit und daraus folgender fehlender Vollstreckbarkeit nicht zulässig. Es kann nicht dem Vollzug eines entsprechenden Urteilsausspruchs durch die Beklagte oder einer erforderlichen Vollstreckung im Vollstreckungsverfahren überlassen sein, zu entscheiden, ob die Aktenunterlage eine beratungsärztliche Stellungnahme oder eine sonstige ärztliche Äußerung ist, abgesehen davon dass auch für den Senat hinreichend sicher der Streitgegenstand zu bezeichnen ist. Nach sachgerechter Auslegung geht der Senat davon aus, dass jedenfalls für die im Klageantrag näher bezeichneten Schriftstücke ("insbesondere") der Löschungsanspruch geltend gemacht wird. Dies gilt auch für die im Berufungsantrag nicht mehr gesondert erwähnte Stellungnahme von Dr. F. vom 28.04.2004. Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass die noch im Antrag vor dem Sozialgericht angeführte Stellungnahme nur versehentlich im Berufungsantrag unerwähnt geblieben ist.
A2 Nach § 84 Abs. 2 SGB X sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Gemäß § 84 Abs. 3 SGB X tritt an die Stelle einer Löschung eine Sperrung, soweit 1. einer Löschung gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen, 2. Grund zu der Annahme besteht, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden, oder 3. eine Löschung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nicht mit angemessenem Aufwand möglich ist.
Sozialdaten sind die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, die von einer in § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) genannten Stelle erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67 Abs. 1 SGB X). Die Angaben zur Person der Klägerin und ihren gesundheitlichen Verhältnissen usw. unterfallen somit dem Sozialgeheimnis (§ 35 Abs. 1 SGB I) und unterliegen als Sozialdaten, soweit die Beklagte es zur Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben verwaltet und berücksichtigt, dem Sozialdatenschutz nach § 67a SGB III ff. Das Verarbeiten von Sozialdaten umfasst nach der Begriffsbestimmung in § 67 Abs. 6 SGB X das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen der Daten. Das Speichern von Sozialdaten ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung (§ 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB VII). Damit sind nicht nur elektronische Speichermedien, sondern auch schriftliche Akten Datenträger im Sinne der Vorschrift (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 67 Rn. 24).
Der Löschungsanspruch nach § 84 SGB X erfasst damit die Unkenntlichmachung unzulässig erhobener Sozialdaten. Die Klägerin rügt nicht die Verwendung einzelner sie betreffender Sozialdaten, sondern im Ergebnis die mit Aktenübersendung an die Beratungsärzte erfolgte generelle Offenlegung aller ihrer in der Akte befindlichen Sozialdaten. Damit sind auch im Sinne der Verarbeitung nach § 67 Abs. 6 SGB X die aus der unzulässigen Übermittlung und der daraus folgenden Nutzung der Sozialdaten (§ 67 Abs. 7 SGB X) durch den Beratungsarzt stammende Datenspeicherungen, nämlich die Archivierung der beratungsärztlichen Stellungnahmen in der Akte, vom Löschungsanspruch erfasst, da sich aus dem gespeicherten Schriftstück unzulässig genutzte Sozialdaten, nämlich die gutachtliche Auswertung und das gutachtliche Ergebnis, ergeben (die Frage, ob das Leistungsbegehren auf Löschung eines "Gutachtens" hinreichend bestimmt ist, noch offen lassend: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - , juris).
Über den geltend gemachten Löschungsanspruch nach § 84 SGB X ist durch Verwaltungsakt zu entscheiden (BSG, Urteil vom 21.03.2006, SozR 4-1300 § 84 Nr. 1), wobei im Rahmen der Interessenabwägung die Art der Löschung (Schwärzen/Unkenntlichmachung einzelner Daten oder Entfernen der Daten(-sätze) aus dem Datenträger) oder eine Sperrung zu prüfen ist (Bieresborn a.a.O. Rn. 8ff). Diese Voraussetzung liegt vor. Im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 wird im Entscheidungssatz nur der Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X abgelehnt. In den Entscheidungsgründen ist aber ausgeführt, dass auf den entsprechenden Antrag der Klägerin nach Maßgabe der Äußerung des Datenschutzbeauftragten der Beklagten zwei ärztliche Äußerungen gelöscht worden sind, ein darüber hinausgehender Löschungsanspruch jedoch nicht besteht. Auch im Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 wird in den Entscheidungsgründen ein weitergehender Löschungsanspruch verneint. Die Beklagte hat daher entsprechend dem Antrag der Klägerin auch über den Löschungsantrag, soweit dem Antrag nicht durch Vornahme des beantragten Verwaltungshandelns entsprochen wurde, in den angefochtenen Bescheiden entschieden. Insoweit ist das mit der Berufung verfolgte Begehren als Verpflichtungsklage (auf Erlass eines Verwaltungsaktes zur Datenlöschung, vgl BSG Urteil vom 21.03.2006 a.a.O.; a.A. Bieresborn a.a.O. Rn. 10 m.w.N.:kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage) zulässig.
Ob darüber hinaus ein Löschungsanspruch direkt aus einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts, das den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) betrifft, oder aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch herzuleiten ist, der kraft Sachzusammenhangs mit der nach § 44 SGB X begehrten Verletztenrente auch vor den Sozialgerichten geltend zu machen wäre, kann dahinstehen.
A3 Da es hinsichtlich des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.04.2005 sowie der Stellungnahme von Dr. Hec. vom 27.03.2006 bereits an einer unzulässigen Speicherung von Sozialdaten fehlt, ist ein Löschungsanspruch insoweit nicht gegeben. Die Berufung ist diesbezüglich unbegründet.
Nach § 200 Abs. 2 SGB VII soll vor Erteilung eines Gutachtensauftrages der Unfallversicherungsträger dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem auf sein Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 SGB X hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.
Der Verstoß gegen das Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII ist unverzüglich zu rügen. Den Versicherten trifft eine verwaltungsverfahrensrechtliche Rügeobliegenheit, die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens auszuüben ist. Unterbleibt sie, ist der Verstoß gegen das Auswahlrecht grundsätzlich unbeachtlich (BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - , juris). Ob damit auch ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verbunden ist, mag dahinstehen, denn ein solcher Verstoß wurde von der Klägerin weder im Verwaltungsverfahren wegen der Äußerungen von Dr. F. noch später in den gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht wegen der Äußerungen von Dr. Dr. W. und Dr. Hec. gerügt.
Der Verstoß gegen die Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII besteht für ärztliche Gutachten. Der unterlassene Hinweis oder die Nichtbeachtung des Widerspruchs begründen einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und damit ein Beweisverwertungsverbot, das mit Blick auf den Sozialdatenschutz im konkreten Verfahren und künftige Verfahren zur Verhinderung der Perpetuierung des Verfahrensverstoßes nur durch die Entfernung des entsprechenden Gutachtens aus der Akte geheilt werden kann (grundsätzlich BSG Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 8/07 R -, juris, BSGE 100, 25, SGb 2009, 40, NZS 2009, 99) und gegebenenfalls auch Fernwirkung des Verwertungsverbots auf hierauf gestützte weiterer Beweismittel begründet (BSG, Urteil vom 05.02.2008 a.a.O.).
Die Stellungnahme von Dr. F. vom 13.10.2003 zum Gutachten von Prof. Dr. S. und von Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 zum Gutachten von Dr. He. sind von der Beklagten unter Annahme des Verstoßes über die Belehrungspflicht entfernt worden.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 18.04.2005, adressiert an das Sozialgericht Karlsruhe, unterliegt selbst nicht der Regelung des § 200 Abs. 2 SGB VII und bezieht sich lediglich auf diese beratungsärztlichen Äußerungen von Dr. F. und Dr. Dr. W. , ohne deren inhaltliche Auseinandersetzung unter Offenlegung der durch sie verwendeten Sozialdaten zu wiederholen. Vielmehr wird auf das von Dr. He. erstattete Gutachten, zu der die Äußerung von Dr. Dr. W. in der Anlage des Schriftsatzes vorgelegt worden ist, und zu dessen psychiatrischen Befunden und Schlussfolgerungen eingegangen. Außer der Tatsache, dass die genannten Ärzte eine andere Auffassung als der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. He. vertreten, ist dem Schriftsatz der Beklagten keine Information über die Verwendung und Nutzung von Sozialdaten der Klägerin zu entnehmen. Eine Perpetuierung des geltend gemachten Verfahrensverstoßes nach § 200 Abs. 2 SGB VII (vgl. BSG Urteil vom 05.02.2008 a.a.O) zwingt daher rechtlich nicht, den Löschungsanspruch auch auf solche "Folgespeicherungen" auszudehnen, in denen sich nur Bezugnahmen auf die einmal vorhanden gewesene - unzulässige - Speicherungen finden. Um ein unzulässig erstelltes Gutachten i.S. des § 200 Abs. 2 SGB VII handelt sich bei dem Schriftsatz der Beklagten sowieso nicht.
Doch selbst dann, wenn in der bloßen Information über das Vorhandensein einer - unzulässig erlangten - ärztlichen Stellungnahme auch eine unzulässige Speicherung im oben genannten Sinne gesehen würde bzw. als Folgenbeseitigung eines fortwirkenden Verstoßes gegen das Persönlichkeitsrecht ein Löschungsanspruch zu bejahen wäre, ist damit die Entfernung des gesamten, überwiegend auch nicht zu beanstandende Passagen enthaltenden Dokuments nicht gerechtfertigt. Denn ausreichend ist bei einer lediglich zitierenden Erwähnung die Unkenntlichmachung der Textstelle, z.B. durch Schwärzung des Zitats. Ob die diesbezüglich unterbliebene Prüfung und Entscheidung auf den Löschungsantrag der Klägerin, der auch grundsätzlich die bloße Schwärzung umfasst, den angefochtenen Verwaltungsakt der Beklagten vom 28.08.2009/Widerspruchsbescheid vom 05.05.2010 insoweit (teilweise) rechtswidrig macht, kann dahinstehen. Mit der Verpflichtungsklage wird ausdrücklich nur die Entfernung des - gesamten - Dokuments aus der Verwaltungsakte verfolgt. Ob der Verwaltungsakt insoweit bereits mangels konkreter Anfechtung im Widerspruchsverfahren bestandskräftig wurde, mag ebenfalls dahinstehen.
Die Stellungnahme von Dr. Hec. ist nach Auffassung des Senats bereits kein Gutachten, dessen Erstellung eine Belehrung nach § 200 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VII hätte vorausgehen müssen. Auf die ärztlichen Stellungnahmen, die nur eine fachliche Bewertung eines anderweitig eingeholten Gutachtens abgeben, ist die Vorschrift nicht anwendbar (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 5/10 R -, juris). Maßstab zur Abgrenzung einer solchen beratungsärztlichen Stellungnahme gegenüber einem Gutachten nach Aktenlage ist nach Auffassung des Senats, inwieweit eigene gutachterliche Schlussfolgerungen auch unter eigener Auswertung der Aktenlage vorgenommen werden. Ist die Stellungnahme des Beratungsarztes von solchen Überlegungen geprägt und nicht hauptsächlich auf eine kritische Auseinandersetzung mit den Ausführungen in dem zu bewertenden Gutachten anhand der herrschenden Lehre und üblicher Untersuchungsstandards beschränkt, ist trotz einer gegen ein Gutachten sprechenden äußeren Form oder Honorarforderung, was bei nicht eindeutiger inhaltlicher Auseinandersetzung aber durchaus gewichtiges Indiz sein kann, von einem Gutachten auszugehen.
Die 12 Seiten umfassende Stellungnahme von der Dr. Hec. vom 27.03.2006 setzt sich im einzelnen auf den Seite 1-11 mit der von Dr. He. erhobenen und in seinem Gutachten vom 11.03.2005 (mit Ergänzung vom 29.04.2005) beschriebenen Anamnese, dem aus dem Gutachten ersichtlichen Beschwerdevorbringen der Klägerin auseinander und verweist auf die in solchen Fällen nach Standard erforderliche Erfassung der Primärpersönlichkeit, die nach herrschender medizinischer und forensischer Literatur - mit Quellenangabe - erforderlichen Auseinandersetzungen mit Vorerkrankungen, insbesondere bei auch den von Dr. He. beschriebenen anderen Ängsten. Zudem wird unter Zugrundelegung der im Gutachten mitgeteilten Beschwerden und der nach üblichem Diagnoseschlüssel ICD 10 vorzunehmenden Prüfung darauf eingegangen, inwieweit die im Gutachten von Dr. He. erstellte Diagnose insoweit nachvollziehbar ist. Lediglich auf der letzten Seite seiner Stellungnahme nimmt Dr. Hec. eine eigene fallbezogene Schlussfolgerung mit der Diagnose einer phobischen Störung vor, die zum Teil aber auch ein Resümee aus den zuvor aus seiner Sicht beschriebenen Mängel im Gutachten von Dr. He. ist. Inhaltlich stellt sich die Stellungnahme von Dr. Hec. sonach als fachärztliche, kritische Bewertung des Gutachtens von Dr. He. dar, die nicht überwiegend von eigenen gutachtlichen Auswertungen der Akten und eigenen gutachtlichen Schlussfolgerungen geprägt ist.
A4 Dagegen ist die Berufung begründet, soweit die Löschung der in der Akte verbliebenen Stellungnahmen von Dr. F. begehrt wird. Ob die vom klägerischen Antrag erfassten beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. F. vom 28.04.2004 und vom 28.05.2004 selbst einem Verfahrensverstoß nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII unterfallen, entweder originär als gutachterliche Stellungnahmen oder infolge der Auswirkung eines Verfahrensverstoßes bei der Erstellung der vorausgegangenen Stellungnahme von Dr. F. vom 13.10.2003, kann dahinstehen. Die Beklagte hat auf den Löschungsantrag der Klägerin die vorausgegangene Stellungnahme von Dr. F. , auf die dessen Äußerungen vom April und Mai 2004 Bezug nehmen, ihrer Verwaltungsakte entnommen. Sie hat damit einen Löschungsanspruch der Klägerin bezogen auf die gutachtlichen Äußerungen, die aus der von Dr. F. als Beratungsarzt entfalteten Aktivitäten stammen, anerkannt. Da die beiden ergänzenden Stellungnahmen vom April und Mai 2004 in Folge der dem anerkannten Löschungsanspruch unterliegenden Hauptäußerung von Dr. F. vom 13.10.2003 ergangen sind, ist nicht ersichtlich, warum sie nicht ohne weiteres zu entfernen sind. Im angefochtenen Verwaltungsakt der Beklagten sind hierzu keine Ausführungen vorhanden. Der Entfernung entgegenstehende Gründe sind auch nicht ersichtlich. Die Äußerungen beziehen sich auf das entfernte Gutachten vom 13.10.2003 und verwerten die darin enthaltenen Sozialdaten erneut. Da der etwaige Verlust von Rügerechten der Klägerin, gestützt auf eine möglich unterbliebene Beanstandung einer gerichtlichen Verfahrensweise nach § 295 ZPO, bei der Entfernung des Gutachtens vom 13.10.2003 der Klägerin von der Beklagten nicht entgegengehalten wurde, erstreckt sich das im Verwaltungsverfahren vollzogene "Anerkenntnis" des Löschungsanspruchs auch auf diese ergänzenden Äußerungen, die verfahrensrechtlich der gleichen Beweisaufnahme durch das Gutachten vom 13.10.2003 zuzuordnen sind. Dass die Klägerin sich in ihrer Erklärung vom 25.06.2008 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit mit der Beiziehung der Akten der Beklagten ohne Einschränkung einverstanden erklärt und die sie behandelnden und untersuchenden Ärzte von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte, ist unter dem Gesichtspunkt einer nachträglichen Genehmigung oder eines treuwidrigen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) nicht entscheidungserheblich (zur vergleichbaren Konstellation einer nicht erkennbaren Differenzierung zwischen Einverständnis mit der Verwertung von Arztunterlagen einerseits durch die Bundesagentur für Arbeit und andererseits durch den Unfallversicherungsträger: Urteil des Senats vom 25.02.2011 - L 8 U 2815/10, juris; www.sozialgerichtsbarkeit.de). Da die Beklagte das Gutachten von Dr. F. vom 13.10.2003 aus der Akte entfernt hat, hat sie auf etwaige diesbezügliche Einwände verzichtet.
B1 Die Berufung ist auch insoweit unbegründet, als eine Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X begehrt wird.
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG. Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneuten Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m. w. H.).
Unabhängig von der Frage, inwieweit der Rechtsprechung zu einem abgestuften Prüfungsverfahren (vgl. u.a. BSG Urteil vom 03.02.1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33 und vom 0304.2004 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20) gefolgt werden kann, ist zu beachten, dass § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Ablehnung der Gewährung einer Verletztenrente mit Bescheid vom 11.06.2004 nicht als rechtswidrig, weshalb dieser Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2004 auch nicht zurückzunehmen ist. Weder sind Rechtsfehler dargelegt, die zur Beurteilung eines anderen Sachverhalts oder zur Aufnahme weiterer Ermittlungen zwingen, noch sind Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Die Beklagte ist nicht gehalten aus Rechtsgründen von einem geänderten Sachverhalt auszugehen, denn die Verwertung des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. , auf das sich die Beklagte zur Begründung der Rechtmäßigkeit ihres bestandskräftigen Bescheids vom 11.06.2004 stützt, ist nicht unzulässig.
B2 Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte nicht schon allein deshalb gehindert, das Gutachten zu berücksichtigen, weil mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18.11.2008 der Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen worden ist mit der Begründung, das Gutachten sei mit dem aus § 407a Abs. 2 ZPO folgenden Mangel behaftet. Nach § 407a Abs. 2 ZPO ist der Sachverständige nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.
Mit dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts wurde das vorausgegangene Urteil des Landessozialgerichts vom 21.02.2008 vollständig aufgehoben. Der Entscheidung des Bundessozialgerichts ist nicht zu entnehmen, dass vom Tatsachengericht getroffene Feststellungen von der Aufhebung unberührt bleiben. Darauf hat das Landessozialgericht in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 14.05.2009 hingewiesen. Die vom 10. Senat des Landessozialgerichts nach der Zurückverweisung durch das Bundessozialgericht vorgenommene Beweisaufnahme zu den Umständen der Gutachtenserstattung durch Prof. Dr. Fo. widersprach damit nicht für bindend erklärten Feststellungen des Bundessozialgerichts, das lediglich die bis dahin getroffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen seiner Entscheidung zu Grunde legte.
Ein Verfahrensverstoß gegen § 407a Abs. 2 ZPO liegt auch zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Senat lässt dahinstehen, ob im Urteil des 10. Senats vom 14.05.2009 getroffene Feststellungen als tragende Gründe seiner Entscheidung an der Rechtskraft des Urteils teilnehmen und zwischen den Beteiligten insoweit Bindungswirkung entfalten. Der erkennende Senat folgt nach eigener Prüfung mit urkundenbeweislicher Verwertung der Angaben der Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung am 31.03.2009 und der Aussage des Zeugen Dr. H. der Beweiswürdigung des 10. Senats. Danach ist auch zur sicheren Überzeugung des erkennenden Senats festzustellen, dass der Sachverständige Prof. Dr. Fo. nach einer zweistündigen (Vor-)Untersuchung durch Dr. H. die Klägerin im Rahmen eines halbstündigen Gesprächs beobachten und befragen konnte und dies nach der Beurteilung des Sachverständigen, was zu seiner Sachkompetenz gehört, ausreichend war, eine eigenverantwortliche gutachterliche Bewertung abzugeben.
Die Aussage des Zeugen Dr. H. steht im Einklang mit der schriftlichen Erklärung des Sachverständigen Prof. Dr. Fo. vom 30.01.2009, wonach Dr. H. die Klägerin innerhalb von 2 Stunden untersucht, danach ein gemeinsames Gespräch mit der Klägerin, Dr. H. und dem Sachverständigen für die Dauer von 30 Minuten stattgefunden hat. Der Sachverständige hatte Gelegenheit im Gespräch mit der Klägerin sich von ihr ein eigenes Bild auf der Grundlage der von Dr. H. erhobenen anamnestischen Angaben und seiner zuvor erworbenen Kenntnis der Akten zu machen. Dies war nach Einschätzung des Sachverständigen ausreichend, weil die Beantwortung der Beweisfragen nach seiner Bewertung nach Art und Ausmaß nicht von einer überragenden Schwierigkeit war. Der dem widersprechende Vortrag der Klägerin ist auch für den Senat nicht hinreichend glaubhaft, denn den beigezogenen Akten ist zu entnehmen, dass die Klägerin das diesbezügliche Vorbringen in wesentlichen Punkten im Verlauf des Verfahrens änderte. Sie behauptete anfangs, der Sachverständige habe sie lediglich 3 Minuten befragt (Schriftsatz ihrer damaligen Bevollmächtigten vom 24.05.2007) und nach Ankündigung durch Dr. H. , Prof. Dr. Fo. habe nur ein paar Minuten Zeit, sei sie schließlich zu Prof. Fo. eingelassen worden, der dann nur 2 Fragen gestellt und geäußert habe, wie die Klägerin wegen einer solchen Kleinigkeit sich habe aus der Bahn werfen lassen können. Ein Gutachter, der sie nur wenige Minuten gesehen habe, könne andere Gutachten nicht übergehen (Schriftsatz des früheren Klägerbevollmächtigten vom 05.12.2007). Demgegenüber räumte die Klägerin bei ihrer Anhörung ein, dass sie an dem halbstündigen Gespräch teilgenommen und die Hälfte dieser Zeit im Gespräch mit Dr. H. verbracht, mit Prof. Dr. Fo. vermutlich aber nicht mehr als 3-4 Minuten gesprochen habe. Ihre aktenkundige Behauptung, dass das Gespräch - insgesamt - nur 3 Minuten gedauert und mehr oder weniger im Stehen stattgefunden habe, hatte sie bei ihrer Anhörung auf Vorhalt des Berichterstatters abgestritten, ohne eine nähere Begründung für den entsprechenden anders lautenden Vortrag ihrer Bevollmächtigten abzugeben.
B3 Die Verwertung des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich auf unzulässig erlangte Beweismittel stützt. Das Gutachten von Prof. Dr. Fo. vom 26.03.2007 selbst unterliegt als gerichtliches Gutachten nicht den Verfahrensanforderungen des § 200 Abs. 2 SGB VII.
Die Klägerin hatte bis zur mündlichen Verhandlung am 14.05.2009 vor dem 10. Senat des Landessozialgerichts die Beweisanordnung des Sozialgerichts vom 04.01.2005 (Gutachtensauftrag an Dr. He. ) und des Landessozialgerichts vom 30.10.2006 und 05.07.2007 (Gutachtensaufträge an Prof. Dr. Fo. und Psychiater L. ) nicht beanstandet, obgleich in deren Beweisfragen den ernannten Sachverständigen aufgegeben worden war, Abweichungen zu den Stellungnahmen von Dr. F. bzw. den Vorgutachten darzulegen. Die Klägerin hatte sich auch jeweils in der darauf folgenden mündlichen Verhandlung auf die Beweiswürdigung der genannten Gutachten eingelassen, ohne zu rügen, dass die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten uneingeschränkt zum Verfahrensgegenstand gemacht wurde. Der Senat lässt offen, ob die im vorangegangenen, abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren nach § 295 ZPO präkludierte Rüge einer gerichtlichen Verfahrenshandlung, nämlich einer unzulässigen Einführung unzulässig erlangter Beweismittel (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2011 - L 8 U 2815/10 a.a.O.), bewirkt, dass auch in einem neuen, auf Antrag nach § 44 SGB X aufgenommenen Verwaltungsverfahren und dem hieran anschließenden Gerichtsverfahren bindende Tatsachenfeststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landessozialgerichts vom 14.05.2009 einer Rüge des Verstoßes gegen § 200 Abs. 2 SGB VI entgegenstehen.
Die von der Klägerin gerügten Verstöße nach § 200 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. F. , Dr. Dr. W. und Dr. Hec. führen letztlich nur dann zu einem Beweisverwertungsverbot des gerichtlichen Gutachtens von Prof. Dr. Fo. , wenn von der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten auszugehen ist (grundsätzlich die Fernwirkung dieses Beweisverwertungsverbotes bejahend: BSG Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 8/07 R , BSGE 100, 25).
Der Senat vertieft nicht die Überlegung, dass der den Schutz von Sozialdaten bezweckende § 200 Abs. 2 SGB VII möglicherweise überhaupt nicht unterlaufen werden kann, wenn ein gerichtliches Gutachten von Amts wegen eingeholt und zu diesem Zweck die Verwaltungsakte des Unfallversicherungsträgers an den gerichtlich bestellten Sachverständigen übersandt wird. Die darin enthaltenen Sozialdaten des Versicherten, die dem Beratungsarzt möglicherweise unzulässig offenbart wurden, gelangen aufgrund der Beweisanordnung des Gerichts auf jeden Fall zur Kenntnis des Sachverständigen, unabhängig davon ob die Sozialdaten bereits zulässig oder unzulässig in einer beratungsärztlichen Stellungnahme genutzt wurden. Bei den regelmäßig nach Aktenlage erstatteten beratungsärztlichen Stellungnahmen ist auch nicht davon auszugehen, dass sich nun vom Beratungsarzt unzulässig erhobene "neue" Sozialdaten, z.B. durch eigene Untersuchungen etc., in der Akte befinden. Neuer Akteninhalt in diesem Sinne ist nur das Gutachtensergebnis der beratungsärztlichen Stellungnahme. Es dürfte aber eine Frage der gerichtlichen Beweiswürdigung sein, ob die Verwertung des unzulässig zu Stande gekommenen beratungsärztlichen Beweisergebnisses - mit Blick auf den Sozialdatenschutz die durch Neuverknüpfung von Sozialdaten erfolgte Nutzung (§ 67 Abs. 7 SGB X) - zu einer nachvollziehbaren und überzeugenden eigenen gutachterlichen Bewertung und Schlussfolgerung im gerichtlichen Gutachten geführt hat. Die bloße unerlaubte Verwendung von Sozialdaten macht eine medizinische beratungsärztliche Äußerung noch nicht fachlich unrichtig, so dass selbst eine "deckungsgleiche" Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen im nachfolgenden Gutachten nicht die ungeprüfte Fortschreibung eines unverwertbaren früheren Beweisergebnisses sein muss. Es ist dem Gutachtensbeweis eigen, dass unter Anwendung von vorgegebenen Beurteilungsstandards und nach lege artis gebotenen Untersuchungsmethoden mit Berücksichtigung der herrschenden Lehre wiederholbare gutachterliche Ergebnisse erzielt werden. Ob etwas anderes gilt, wenn der Sachverständige sich auf die für ihn fachfremde Beurteilung einer beratungsärztlichen Äußerung stützt (der Sachverständige als Internist stützt sich auf die neurologische Beurteilung des Beratungsarztes), mag dahinstehen.
Unabhängig von der Frage, ob daher im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ein Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII bei der veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme die Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbotes begründen kann (zweifelnd zuletzt BSG, Urteil vom 18.01.2011, a.a.O.), ist jedenfalls Voraussetzung der Fernwirkung, dass eine Kausalität zwischen dem Beweisergebnis des neuen Beweismittels und dem dem Beweisverbot unterliegenden unzulässigen Beweismittel besteht. Maßstab für die Reichweite bzw. für die Annahme der Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbotes ist, ob durch das weitere Beweismittel das Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des ersten Beweismittels umgangen würde, ob das zweite Beweismittel auch ohne das erste Bestand hätte oder inwieweit das zweite Beweismittel auf dem ersten aufbaut (BSG, Urteil vom 05.02.2008 a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben wird das Gutachten von Prof. Dr. Fo. von der Fernwirkung eines Verwertungsverbotes weder der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. F. noch der von Dr. Dr. W. erfasst. Die Stellungnahme von Dr. Hec. , die nach Auffassung des Senats keine gutachterliche, den Verfahrensanforderungen von § 200 Abs. 2 SGB VII unterliegende Äußerung ist, kann demgegenüber außer Betracht bleiben.
Zwar finden sich in der kurzen Wiedergabe des Aktenstand im Gutachten von Prof. Dr. Fo. knappe, summarische Zusammenfassungen der Stellungnahme von Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 und von Dr. F. vom 13.10.2003 einschließlich seiner Ergänzung vom 28.04.2004. Allein die Erwähnung der Beweisergebnisse dieser gutachterlichen Stellungnahmen rechtfertigt nach Auffassung des Senats jedoch die Annahme einer Fernwirkung des Beweisverwertungsverbotes nicht. Die Beklagte hat zwar konsequenterweise unter der Annahme eines Beweisverwertungsverbotes diese beratungsärztlichen Stellungnahmen aus ihrer Verwaltungsakte entfernt. Eine Umgehung des Beweisverwertungsverbots, indem in einem anderen Dokument diese Beweismittel ersichtlich werden, lässt sich damit nicht begründen, da mit der bloßen, grob inhaltlichen Wiedergabe keine gutachtlichen Schlussfolgerungen verknüpft sind, die einer dem Beweisverbot unterfallende Beweiswürdigung gleichkommen.
Es ist auch nicht hinreichend sicher festzustellen, dass das Gutachten von Prof. Dr. Fo. nur aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahmen eingeholt worden ist, denn vorausgegangen ist das gerichtliche Gutachten von Dr. He. sowie die beratungsärztliche fachliche Stellungnahme von Dr. Hec. , die für sich allein bereits Anlass für eine weitere Beweiserhebung haben geben können. Außerdem ist bei der Frage der Fernwirkung durchaus fraglich, ob die Kausalität zwischen dem zu weiteren Ermittlungen anlassgebenden unzulässig erhobenen Beweismittel und hiervon mit eigenem Aussagewert erlangten neuen Beweismittel auch ein Beweisverwertungsverbot für das solchermaßen erlangte neue Beweismittel begründet (vgl. Diemer in Karlsruher Kommentar zur StPO - online-, § 136a Rn. 42 m.w.N.: unzulässig erlangtes Geständnis/Aussage führt zur verwertbaren Aussage von Belastungszeugen).
Lediglich in der gutachtlichen Diskussion, inwieweit von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen ist, erwähnt der Sachverständige Prof. Dr. Fo. in einem Klammerzusatz den Beratungsarzt Dr. F. (Seite 24 des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. ), indem die widerstreitenden Auffassungen von Dr. F. und Prof. Dr. S. zum ausreichenden traumatisierenden Ereignis angeführt werden. Letztlich gelangt Prof. Dr. Fo. zu der sich nur im Ergebnis mit der von Dr. F. deckenden Schlussfolgerung, dass keine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, mit einer eigenständigen Begründung, die er allein aus der von ihm selbst bzw. Dr. H. vorgenommenen Exploration der Klägerin erlangt hat. Er verneint die zur Diagnosestellung unverzichtbaren Wiedererinnerungserlebnisse in Form der Intrusionen, und weicht insofern von dem Argumentationsmuster von Dr. F. , der auf das Ausmaß des Vermeidungsverhaltens abgestellt hatte, ab. Bereits deshalb hat das Gutachten einen eigenen Aussagewert und hat auch ohne die beratungsärztliche Stellungnahme noch fachlichen Bestand. Dass bei gleicher Symptomatik und der einheitlichen Vorgabe des Diagnoseschlüssels ICD-10 Entsprechungen zu den diagnostischen Darlegungen von Dr. F. auftreten, liegt in der Natur der Sache und ist unvermeidbar, rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass das Gutachten von Prof. Dr. Fo. auf den, das gleiche Fachgebiet betreffenden gutachtlichen Stellungnahmen von Dr. F. aufbaut.
Bestehen deshalb keine rechtlichen Hinderungsgründe an der Verwertung des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. , ist auch zur Überzeugung des Senats dessen gutachterliche Schlussfolgerung nachvollziehbar und einleuchtend begründet. Die bereits vor dem Unfallereignis psychisch auffällige und behandlungsbedürftige Klägerin, was durch das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse und die ärztlichen Befundberichte und Aussagen der behandelnden Ärzte belegt ist, ist durch den Unfall nach Abklingen einer akuten Belastungsreaktion nicht zusätzlich psychisch belastet. Ihr Zustand, wie von Prof. Dr. Fo. aktuell festgestellt, ist seiner Ausprägung nach dem vorherigen psychischen Zustand aus der umschriebenen Krankheitsanlage gleich zu erachten. Eine unfallbedingte rentenrelevante MdE ist dadurch nicht verursacht worden. Damit erweist sich der bestandskräftige Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 11.06.2004 als rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei ist der Senat davon ausgegangen, dass im verfolgten prozessualen Anspruch, im Rahmen einer Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X Verletztenrente zu erhalten, das bedeutungsvollere Hauptanliegen der Klägerin zu sehen ist. Mit diesem prozessualen Anspruch hatte die Klägerin keinen Erfolg. Insoweit beträgt das Maß des Unterliegens der Klägerin mehr als die Hälfte. Der aus dem Verfahrensverstoß nach § 200 Abs. 2 SGB VII, der auch Begründung für den Anspruch nach § 44 SGB X war, hergeleitete, im Klägerinteresse weniger bedeutsame Löschungsanspruch war nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Der umfassend gestellte Löschungsantrag war nicht hinreichend bestimmt und insoweit als unzulässig beurteilt worden. Der hilfsweise verfolgte Löschungsanspruch gegenüber drei genannten Dokumentenarten war nur hinsichtlich einer Dokumentenart erfolgreich. Dies rechtfertigt die vom Senat festgesetzte Quote der Kostenerstattung.
Der Senat hat die Revision mit Blick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfragen zur Reichweite des Löschungsanspruchs und des Beweisverwertungsverbots zugelassen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf die Löschung beratungsärztlicher Stellungnahmen in den Verwaltungsakten der Beklagten und im Wege einer Zugunstenentscheidung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Rücknahme der Entscheidung über Ablehnung einer Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalles am 24.10.2001 hat.
Die 1959 in R. geborene Klägerin war 1989 als Asylbewerberin über Griechenland nach Deutschland ausgereist. Während ihres Asylverfahrens war sie mit Aushilfstätigkeiten beschäftigt, teilweise wegen Abschiebungsandrohung auch untergetaucht. Seit 1999 ist die Klägerin deutscher Staatsangehöriger. Aufgrund ihres in R. abgeschlossenen Studiums der Zahnmedizin hatte sie zunächst als Anpassungsassistentin gearbeitet, um die Approbation als Zahnärztin zu erlangen. Nach nicht bestandener Prüfung 1998 war sie arbeitslos und ab April 2001 arbeitete sie als Pharmaberaterin.
Auf der Rückfahrt von einer Tagung am 24.10.2001, zu der sie vom Arbeitgeber entsandt worden war, trat während der Fahrt auf der Autobahn in einer leichten Linkskurve an der Servolenkung des von ihr selbst gefahrenen Geschäftswagens eine Störung auf. Sie konnte das Fahrzeug auf einem zufällig zu diesem Zeitpunkt in gerader Fahrtrichtung gelegenen Parkplatz anhalten, wo es abgeschleppt wurde. Die Klägerin fuhr danach mit einem Mietwagen nachhause.
Die Klägerin zeigte der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte), mit Schreiben vom 25.11.2001, das der Beklagten über die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie zugeleitet worden war, das Ereignis als Arbeitsunfall an, denn sie sei seit diesem Zeitpunkt erkrankt und in psychiatrischer Behandlung wegen extremer Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Angststörungen. Unter den 02.04.2002 erklärte die Klägerin ihr Einverständnis damit, dass die Beklagte die sie betreffenden ärztlichen Unterlagen beizieht.
Der behandelnde Psychiater M. gab auf Anfrage der Beklagten an (Bericht vom 11.04.2002), die Klägerin seit dem 16.11.2001 ambulant wegen einer isolierten Phobie bei vorbestehender generalisierter Angststörung zu behandeln. Es handele sich um Autofahrängste, die vor dem Unfallereignis nicht vorhanden gewesen seien. In dem von der Beklagten eingeholten Vorerkrankungsverzeichnis der AOK - Die Gesundheitskasse M. O. vom 21.06.2002 waren u. a. Arbeitsunfähigkeitszeiten enthalten für Dezember 1992 und Mai 1993 wegen reaktiver Depression, Suizidgefahr, für Februar/April 1997 wegen reaktiver Depression, für Juli 1998 wegen Globusgefühl, Erschöpfungssyndrom, Depression und für Februar/März 2000 wegen Belastungsreaktion/Anpassungsstörung, depressive Episode, phobische Störungen.
Mit Hinweisschreiben vom 17.06.2002 schlug die Beklagte der Klägerin mehrere Gutachter vor und wies auf ihr Recht, der Übermittlung von Sozialdaten an den Gutachter zu widersprechen, hin. In dem von der Beklagten veranlasst Gutachten von Prof. Dr. S. vom 27.03.2003 mit Ergänzung vom 28.07.2003 beurteilte er den Vorfall vom 24.10.2001 als Teilursache einer vorübergehenden Verschlimmerung einer unfallunabhängig vorbestehenden Angst und Depression. Sie habe zu einer Arbeitsunfähigkeit von zwei Wochen nach dem Vorfall geführt. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 v.H. für die Dauer eines Jahres, danach 10 v.H. Hierzu holte die Beklagte die Stellungnahme des Nervenarztes Dr. F. vom 13.10.2003 ein, der mit nachfolgenden Ergänzungen vom 28.04. und 28.05.2004 an seiner Beurteilung, eine posttraumatische Belastungsstörung liege nicht vor und eine unfallabhängige Behandlungsbedürftigkeit habe nur für drei Monate nach dem Vorfall bestanden, festhielt.
Mit Bescheid vom 11.06.2004 stellte die Beklagte den Arbeitsunfall vom 24.10.2001 fest und lehnte die Gewährung einer Verletztenrente ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2004 wurde der hiergegen eingelegte Widerspruch zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob hiergegen Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (S 4 U 3809/04), das von Amts wegen das Gutachten von Dr. He. vom 11.03.2005 mit Ergänzung vom 29.04.2005 einholte. Der Sachverständige bejahte eine unfallbedingte Panikstörung mit einer hieraus resultierenden MdE um 30 v.H. Die Beklagte erhob gegen das Gutachten Einwendungen unter Berufung auf die von ihr eingeholte und dem Gericht vorgelegte beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Dr. W ... Die Klägerin verwies auf die Äußerung von Nervenarzt M. vom 08.07.2005, wonach als weitere Diagnose eine posttraumatische Belastungsstörung vorliege. Mit Urteil vom 10.02.2006 stellte das Sozialgericht eine Panikstörung als Unfallfolge fest und verurteilte die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Gewährung einer Rente nach einer MdE um 20 v.H.
Beide Beteiligte legten gegen das Urteil beim Landessozialgericht Berufung ein (L 10 U 1417/06). Die Beklagten begründete ihre Berufung mit der eingeholten beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Hec. vom 27.03.2006. Das Landessozialgericht holte von Amts wegen das Gutachten von Prof. Dr. Fo. vom 26.03.2007 mit Ergänzung vom 03.04.2007 ein, das von Dr. H. mitunterzeichnet war. Im Gutachten wird davon ausgegangen, der Arbeitsunfall habe mit Wahrscheinlichkeit nur eine akute Belastungssituation ohne messbare MdE hervorgerufen. Bei der Klägerin sei eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig in einer mittelgradigen Episode und eine gemischte Angststörung mit Neigung zu Panikattacken zu diagnostizieren. Es sei nicht anzunehmen, dass ein direkter ursächlicher Zusammenhang dieser Gesundheitsstörungen mit dem Ereignis vom 24.10.2001 bestehe. Der jetzige Zustand sei Ausprägung der schon vor dem Unfall bestehenden psychischen Krankheitsveranlagung.
In dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholten Gutachten von Dr. L. vom 04.09.2007 wurden als Unfallfolge eine rezidivierende depressive Störung und einer Panikstörung beschrieben. Diese habe sich durch den Unfall verschlimmert, was bis Februar 2007 eine unfallbedingte MdE um 20 v.H., danach um 40 v.H. bedinge.
Mit Urteil vom 21.02.2008 hob das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts auf und wies die Klage vollends ab. In den Entscheidungsgründen stützte sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. Fo ...
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hob das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 18.11.2008 - B 2 U 101/08 B - das Urteil vom 21.02.2008 auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das Landessozialgericht. Das Gutachten von Prof. Dr. Fo. sei nicht verwertbar, denn es sei in einem wesentlichen Teil nicht durch den Sachverständigen, sondern durch den mitunterzeichnenden Dr. H. erstellt worden. Das Untersuchungsgespräch durch Dr. H. habe zweieinhalb Stunden gedauert. Die Relation dieser Gesprächsdauer zu dem nach den Feststellungen des Landessozialgerichts nur wenige Minuten dauernden Gesprächs der Klägerin mit dem Sachverständigen Prof. Dr. Fo. zeige deutlich die Übertragung eines wichtigen und prägenden Teils der Gutachtenerstattung an Dr. H ... Danach sei die Gutachtenserstattung entgegen § 407a Abs. 2 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) unbefugt einem anderen übertragen worden.
In dem vor dem Landessozialgericht fortgeführten Berufungsverfahren (L 10 U 5978/08) holte der Senat die Stellungnahme von Prof. Dr. Fo. vom 30.01.2009 ein (die Untersuchung von Dr. H. habe 2 Stunden, das gemeinsame Gespräch zwischen der Klägerin, dem Sachverständige und Dr. H. habe 30 Minuten gedauert), wies das Befangenheitsgesuch der Klägerin gegen Prof. Dr. Fo. als unzulässig ab (Beschluss vom 25.02.2009) und hörte in nichtöffentlicher Sitzung am 31.03.2009 Dr. H. als Zeugen und die Klägerin ergänzend an. Mit Urteil vom 14.05.2009 änderte das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts vom 10.02.2006 ab und wies die Klage - erneut - insgesamt ab. Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass das von Dr. H. geführte Untersuchungsgespräch 2 Stunden und hieran anschließend das Gespräch der Klägerin mit Prof. Dr. Fo. rund eine halbe Stunde gedauert habe. Unter Beachtung der bindenden allgemeinen Ausführungen des Bundessozialgerichts bestünden daher gegen die Verwertbarkeit des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. keine Bedenken. Die Einschätzung des Sachverständigen, die Beantwortung der Beweisfragen sei aufgrund der Untersuchungsergebnisse und Kenntnis der Aktenlage nach Art und Ausmaß nicht von einer überragenden Schwierigkeit gewesen, so dass aufgrund der qualifizierten Voruntersuchung durch Dr. H. die eigene Befunderhebung im Rahmen von 30 Minuten ausreichen gewesen sei, begegne keinen Bedenken. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wurde vom Bundessozialgericht mit Beschluss vom 04.08.2009 (B 2 U 164/09 B) als unzulässig verworfen.
Am 19.06.2009 beantragte die Klägerin bei der Beklagten (Schreiben vom 15.06.2009), alle gutachtlichen Stellungnahmen in der Verfahrensakte der Beklagten zu löschen, namentlich die ihr bekannten von Dr. Dr. W. , Dr. Hec. und Dr. F ... Sie sei nicht über die Datenvermittlung an diese Ärzte informiert worden und ihr sei auch keine Auswahl unter drei Gutachtern ermöglicht worden. Außerdem werde beantragt, den Bescheid vom 11.06.2004 aufzuheben, soweit ein Anspruch auf Rente verneint worden sei.
Die Bundesagentur für Arbeit bat die Beklagte um Übersendung der beratungsärztlichen Unterlagen (Anfrage vom 07.08.2008) unter Vorlage der unter dem 25.06.2008 abgegebenen Erklärung der Klägerin zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht, da eine Begutachtung durch ihren ärztlichen Dienst beabsichtigt sei.
In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme ihres Datenschutzbeauftragten vom 27.07.2009 wurde die Empfehlung ausgesprochen, gemäß § 84 Abs. 2 SGB X die Stellungnahmen von Dr. F. und Dr. Dr. W. , die als Gutachten im Sinne von § 200 Abs. 2 SGB VII anzusehen seien, zu löschen. Die Stellungnahme von Dr. Hec. sei inhaltlich als beratende Stellungnahme und nicht als Gutachten zu werten. Zu unterscheiden sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwischen dem Rechtsverstoß gegen die Gutachterauswahl und einen Verstoß gegen die Belehrung über das Widerspruchsrecht. Ein Rechtsverstoß gegen das Widerspruchsrecht ziehe ein Beweisverwertungsverbot nach sich. Ein solcher Verstoß könne nur durch die Entfernung der Gutachten aus den Akten geheilt werden.
Die Beklagte entfernte daraufhin die Stellungnahmen von Dr. F. vom 13.10.2003 und Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 aus ihren Verfahrensakten.
Mit Bescheid vom 28.08.2009 lehnte die Beklagte ab, ihren Bescheid vom 11.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2004 zurückzunehmen und ein erneutes Verwaltungsverfahren einzuleiten. Nach § 44 Abs. 1 SGB X sei der Verwaltungsakt nicht zurückzunehmen, denn ein etwaiger Verfahrensfehler verpflichte nicht zur Rücknahme, wenn der Verwaltungsakt der materiellen Rechtslage entspreche. Die beiden ärztlichen Äußerungen von Dr. F. und Dr. Dr. W. seien gelöscht, ein darüber hinausgehender Löschungsanspruch bestehe nicht. Die Klägerin habe darüber hinaus nichts vorgetragen, was Zweifel an der Rechtmäßigkeit der durch rechtskräftiges Urteil des Landessozialgerichts bestätigten Bescheide erkennen lasse. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.
Die Klägerin erhob am 03.02.2010 Klage vor dem Sozialgericht Karlsruhe und machte geltend, die beratungsärztlichen Stellungnahmen unterlägen dem aus § 200 Abs. 2 SGB VII folgenden Beweisverwertungsverbot. Auch das Gutachten von Prof. Dr. Fo. sei wegen Verstoßes gem. § 407a Abs. 2 ZPO nicht verwertbar. Als Entscheidungsgrundlage des geltend gemachten Verletztenrentenanspruchs verbleibe es beim Gutachten von Prof. Dr. S. , der eine Verletztenrente bejaht habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.11.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte habe sich bei ihrer Entscheidung nach § 44 SGB X ohne neue Sachprüfung auf die Bindungswirkung der Bescheide vom 11.06.2004 und 13.08.2004 berufen können. Grundsätzlich unterlägen ein unter Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII erstattetes Gutachten und unter Umständen eingeholte Folgegutachten einem Beweisverwertungsverbot. Ob die klagegegenständlichen beratungsärztlichen Stellungnahmen als Gutachten zu beurteilen seien, könne dahinstehen. Gemäß § 295 ZPO habe die Klägerin ihr diesbezügliches Rügerecht verloren. Einen Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII habe die anwaltlich vertretene Klägerin weder während des erstinstanzlichen Verfahrens noch im Berufungsverfahren, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2009, gerügt.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten am 18.11.2010 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15.12.2010 Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe sie neue Tatsachen vorgetragen. Sie habe einen Verstoß gegen § 200 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der Stellungnahmen von Dr. Dr. W. , Dr. Hec. und Dr. F. sowie des auf diesen Stellungnahmen beruhenden Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Fo. gerügt. Infolge des hieraus resultierenden Beweisverwertungsverbots habe eine völlig andere Tatsachenlage bestanden. Ihr Rügerecht habe sie nicht verloren, denn § 295 ZPO gelte für Verfahrensvorschriften, um die es sich bei der materiellrechtlichen Vorschrift des § 200 Abs. 2 SGB VII aber nicht handele. Zwar gelte die Vorschrift auch im gerichtlichen Verfahren, sie richte sich aber nicht an das Gericht, sondern ausschließlich an die Behörde. § 200 Abs. 2 SGB VII werde daher nicht vom Geltungsbereich des § 295 ZPO umfasst. Hinzu komme, dass fraglich sei, an welcher Verfahrenshandlung des Gerichts die Präklusionswirkung des § 295 ZPO vorliegend anknüpfen solle, da der Verwertung der beratungsärztlichen Gutachten kein separater Beweisbeschluss des Gerichts, der für die Anwendung des § 295 ZPO erforderlich sei, vorausgegangen sei. Zwar seien die Stellungnahme von Dr. F. vom 13.10.2003 und von Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 aus den Akten entfernt worden, weitere Stellungnahmen von Dr. F. vom 28.04.2004 und 28.05.2004 bzw. der Schriftsatz der Beklagten vom 18.04.2005, der die entfernte Stellungnahme von Dr. Dr. W. zitiere, seien in der Akte verblieben, obgleich sie auch vom Löschungsanspruch umfasst seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten müsse auch die gutachterliche Stellungnahme von Dr. Hec. vom 27.03.2006 aus der Akte entfernt werden. Zurzeit der Gutachtenserstattung durch Prof. Dr. Fo. seien die genannten Stellungnahmen der Beratungsärzte noch in der Akte gewesen, auf die der Sachverständige auch ausdrücklich Bezug nehme, sowie im Sachverständigengutachten auch inhaltlich auf die Stellungnahme von Dr. Hec. Bezug genommen werde. Das Gutachten von Prof. Dr. Fo. baue vorliegend auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen auf und unterliege ebenfalls einem Beweisverwertungsverbot. Darüber hinaus verstoße nach dem rechtskräftigen Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18.11.2008 das Gutachten gegen § 407a Abs. 2 ZPO und sei auch deshalb unverwertbar. Eine konkludente Genehmigung der Verwertung der beratungsärztlichen Äußerungen durch die Schweigepflichtentbindungserklärung gegenüber der Bundesagentur für Arbeit sei nicht anzunehmen. Eine solche müsste zumindest gegenüber der Behörde abgegeben worden seien, die den Rechtsverstoß begangen habe. Dies sei aber nicht die Bundesagentur für Arbeit, sondern die Beklagte gewesen. Im Übrigen reagiere die Bundesagentur auf die Verweigerung der Entbindungserklärung üblicherweise mit der Ablehnung der beantragten Leistung mangels Mitwirkungspflicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.2010 sowie den Bescheid vom 11.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sämtliche gutachterlichen Stellungnahmen der die Beklagte beratenden Ärzte samt der auf diese gutachterlichen Stellungnahmen verweisenden Schriftstücke aus der Verwaltungsakte zu entfernen, insbesondere die Stellungnahmen von Dr. F. vom 28.05.2004, den Schriftsatz der Beklagten vom 18.04.2005 sowie die gutachterliche Stellungnahmen von Dr. Hec. vom 27.03.2006, sowie die Beklagte zu verurteilen, wegen ihres Arbeitsunfalls vom 24.10.2001 Verletztenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen. Erweiternd führt sie aus, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei das Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 SGB VII rein verwaltungsverfahrensrechtlicher Natur. Das Rügerecht sei mit Abschluss des Berufungsverfahrens verloren gegangen. Eine Verletzung dieser Vorschrift sei, auch wenn sie ungeheilt bleibe, mit Abschluss des Verwaltungsverfahrens grundsätzlich unbeachtlich. Darüber hinaus könne die nachträglich erstrittene Löschung eines unter Missachtung des Auswahlrechts eingeholten Gutachtens in der Akte nicht die Kenntnis des Gerichts von diesem Gutachten beseitigen. Der Löschungsanspruch hänge allein von der Unzulässigkeit einer Speicherung von Sozialdaten ab. Für den Löschungsanspruch sei danach auch unerheblich, ob ein von der Verwaltung eingeholtes Gutachten vom Gericht gewürdigt werden dürfe oder einem Beweisverwertungsverbot unterfalle. Klarstellend sei anzumerken, dass nicht die Löschung von unzulässig erhobenen Sozialdaten im Streit stehe, sondern die Frage, ob die Ablehnung einer Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X rechtmäßig gewesen sei. Sie halte ihren Rechtstandpunkt aufrecht, dass verfahrensrechtliche Fehler allein keine der materiellen Rechtslage widersprechende Rücknahme nach § 44 SGB X begründen könnten. Im übrigen habe die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, den wiederum angesprochenen Verstoß gegen § 407a ZPO in der Nichtzulassungsbeschwerde von 2009 zu rügen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akte des Sozialgerichts sowie die Berufungsakten des 10. Senats aus dem vorangegangenen Verfahren (L 10 U 1417/06 und L 10 U 5978/08) beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung hat entscheiden können (§ 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig.
Die Berufung ist nur teilweise begründet. Sie ist begründet, soweit ein Löschungsanspruch (hierzu unten A) gegenüber den ergänzenden Stellungnahmen von Dr. F. verfolgt wird (A4). Das Sozialgericht hat dagegen die darüber hinausgehenden Klagen zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat weder einen weitergehenden Löschungsanspruch (A3) noch Anspruch auf Rücknahme und Neuentscheidung nach § 44 SGB X zur Gewährung einer Verletztenrente (B).
A1 Der mit der Berufung verfolgte Klageantrag, sämtliche gutachterlichen Stellungnahmen der die Beklagte beratenden Ärzte und hierauf verweisende Schriftstücke aus der Akte zu entfernen, ist mangels hinreichender Bestimmtheit und daraus folgender fehlender Vollstreckbarkeit nicht zulässig. Es kann nicht dem Vollzug eines entsprechenden Urteilsausspruchs durch die Beklagte oder einer erforderlichen Vollstreckung im Vollstreckungsverfahren überlassen sein, zu entscheiden, ob die Aktenunterlage eine beratungsärztliche Stellungnahme oder eine sonstige ärztliche Äußerung ist, abgesehen davon dass auch für den Senat hinreichend sicher der Streitgegenstand zu bezeichnen ist. Nach sachgerechter Auslegung geht der Senat davon aus, dass jedenfalls für die im Klageantrag näher bezeichneten Schriftstücke ("insbesondere") der Löschungsanspruch geltend gemacht wird. Dies gilt auch für die im Berufungsantrag nicht mehr gesondert erwähnte Stellungnahme von Dr. F. vom 28.04.2004. Der Senat geht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass die noch im Antrag vor dem Sozialgericht angeführte Stellungnahme nur versehentlich im Berufungsantrag unerwähnt geblieben ist.
A2 Nach § 84 Abs. 2 SGB X sind Sozialdaten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist. Gemäß § 84 Abs. 3 SGB X tritt an die Stelle einer Löschung eine Sperrung, soweit 1. einer Löschung gesetzliche, satzungsmäßige oder vertragliche Aufbewahrungsfristen entgegenstehen, 2. Grund zu der Annahme besteht, dass durch eine Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden, oder 3. eine Löschung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nicht mit angemessenem Aufwand möglich ist.
Sozialdaten sind die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person, die von einer in § 35 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) genannten Stelle erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (§ 67 Abs. 1 SGB X). Die Angaben zur Person der Klägerin und ihren gesundheitlichen Verhältnissen usw. unterfallen somit dem Sozialgeheimnis (§ 35 Abs. 1 SGB I) und unterliegen als Sozialdaten, soweit die Beklagte es zur Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben verwaltet und berücksichtigt, dem Sozialdatenschutz nach § 67a SGB III ff. Das Verarbeiten von Sozialdaten umfasst nach der Begriffsbestimmung in § 67 Abs. 6 SGB X das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen der Daten. Das Speichern von Sozialdaten ist das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Sozialdaten auf einem Datenträger zum Zwecke ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung (§ 67 Abs. 6 Nr. 1 SGB VII). Damit sind nicht nur elektronische Speichermedien, sondern auch schriftliche Akten Datenträger im Sinne der Vorschrift (Bieresborn in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl., § 67 Rn. 24).
Der Löschungsanspruch nach § 84 SGB X erfasst damit die Unkenntlichmachung unzulässig erhobener Sozialdaten. Die Klägerin rügt nicht die Verwendung einzelner sie betreffender Sozialdaten, sondern im Ergebnis die mit Aktenübersendung an die Beratungsärzte erfolgte generelle Offenlegung aller ihrer in der Akte befindlichen Sozialdaten. Damit sind auch im Sinne der Verarbeitung nach § 67 Abs. 6 SGB X die aus der unzulässigen Übermittlung und der daraus folgenden Nutzung der Sozialdaten (§ 67 Abs. 7 SGB X) durch den Beratungsarzt stammende Datenspeicherungen, nämlich die Archivierung der beratungsärztlichen Stellungnahmen in der Akte, vom Löschungsanspruch erfasst, da sich aus dem gespeicherten Schriftstück unzulässig genutzte Sozialdaten, nämlich die gutachtliche Auswertung und das gutachtliche Ergebnis, ergeben (die Frage, ob das Leistungsbegehren auf Löschung eines "Gutachtens" hinreichend bestimmt ist, noch offen lassend: BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - , juris).
Über den geltend gemachten Löschungsanspruch nach § 84 SGB X ist durch Verwaltungsakt zu entscheiden (BSG, Urteil vom 21.03.2006, SozR 4-1300 § 84 Nr. 1), wobei im Rahmen der Interessenabwägung die Art der Löschung (Schwärzen/Unkenntlichmachung einzelner Daten oder Entfernen der Daten(-sätze) aus dem Datenträger) oder eine Sperrung zu prüfen ist (Bieresborn a.a.O. Rn. 8ff). Diese Voraussetzung liegt vor. Im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.08.2009 wird im Entscheidungssatz nur der Antrag der Klägerin nach § 44 SGB X abgelehnt. In den Entscheidungsgründen ist aber ausgeführt, dass auf den entsprechenden Antrag der Klägerin nach Maßgabe der Äußerung des Datenschutzbeauftragten der Beklagten zwei ärztliche Äußerungen gelöscht worden sind, ein darüber hinausgehender Löschungsanspruch jedoch nicht besteht. Auch im Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 wird in den Entscheidungsgründen ein weitergehender Löschungsanspruch verneint. Die Beklagte hat daher entsprechend dem Antrag der Klägerin auch über den Löschungsantrag, soweit dem Antrag nicht durch Vornahme des beantragten Verwaltungshandelns entsprochen wurde, in den angefochtenen Bescheiden entschieden. Insoweit ist das mit der Berufung verfolgte Begehren als Verpflichtungsklage (auf Erlass eines Verwaltungsaktes zur Datenlöschung, vgl BSG Urteil vom 21.03.2006 a.a.O.; a.A. Bieresborn a.a.O. Rn. 10 m.w.N.:kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage) zulässig.
Ob darüber hinaus ein Löschungsanspruch direkt aus einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts, das den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) betrifft, oder aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch herzuleiten ist, der kraft Sachzusammenhangs mit der nach § 44 SGB X begehrten Verletztenrente auch vor den Sozialgerichten geltend zu machen wäre, kann dahinstehen.
A3 Da es hinsichtlich des Schriftsatzes der Beklagten vom 18.04.2005 sowie der Stellungnahme von Dr. Hec. vom 27.03.2006 bereits an einer unzulässigen Speicherung von Sozialdaten fehlt, ist ein Löschungsanspruch insoweit nicht gegeben. Die Berufung ist diesbezüglich unbegründet.
Nach § 200 Abs. 2 SGB VII soll vor Erteilung eines Gutachtensauftrages der Unfallversicherungsträger dem Versicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem auf sein Widerspruchsrecht nach § 76 Abs. 2 SGB X hinzuweisen und über den Zweck des Gutachtens zu informieren.
Der Verstoß gegen das Auswahlrecht nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB VII ist unverzüglich zu rügen. Den Versicherten trifft eine verwaltungsverfahrensrechtliche Rügeobliegenheit, die bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens auszuüben ist. Unterbleibt sie, ist der Verstoß gegen das Auswahlrecht grundsätzlich unbeachtlich (BSG, Urteil vom 20.07.2010 - B 2 U 17/09 R - , juris). Ob damit auch ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verbunden ist, mag dahinstehen, denn ein solcher Verstoß wurde von der Klägerin weder im Verwaltungsverfahren wegen der Äußerungen von Dr. F. noch später in den gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht und dem Landessozialgericht wegen der Äußerungen von Dr. Dr. W. und Dr. Hec. gerügt.
Der Verstoß gegen die Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII besteht für ärztliche Gutachten. Der unterlassene Hinweis oder die Nichtbeachtung des Widerspruchs begründen einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen und damit ein Beweisverwertungsverbot, das mit Blick auf den Sozialdatenschutz im konkreten Verfahren und künftige Verfahren zur Verhinderung der Perpetuierung des Verfahrensverstoßes nur durch die Entfernung des entsprechenden Gutachtens aus der Akte geheilt werden kann (grundsätzlich BSG Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 8/07 R -, juris, BSGE 100, 25, SGb 2009, 40, NZS 2009, 99) und gegebenenfalls auch Fernwirkung des Verwertungsverbots auf hierauf gestützte weiterer Beweismittel begründet (BSG, Urteil vom 05.02.2008 a.a.O.).
Die Stellungnahme von Dr. F. vom 13.10.2003 zum Gutachten von Prof. Dr. S. und von Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 zum Gutachten von Dr. He. sind von der Beklagten unter Annahme des Verstoßes über die Belehrungspflicht entfernt worden.
Der Schriftsatz der Beklagten vom 18.04.2005, adressiert an das Sozialgericht Karlsruhe, unterliegt selbst nicht der Regelung des § 200 Abs. 2 SGB VII und bezieht sich lediglich auf diese beratungsärztlichen Äußerungen von Dr. F. und Dr. Dr. W. , ohne deren inhaltliche Auseinandersetzung unter Offenlegung der durch sie verwendeten Sozialdaten zu wiederholen. Vielmehr wird auf das von Dr. He. erstattete Gutachten, zu der die Äußerung von Dr. Dr. W. in der Anlage des Schriftsatzes vorgelegt worden ist, und zu dessen psychiatrischen Befunden und Schlussfolgerungen eingegangen. Außer der Tatsache, dass die genannten Ärzte eine andere Auffassung als der gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. He. vertreten, ist dem Schriftsatz der Beklagten keine Information über die Verwendung und Nutzung von Sozialdaten der Klägerin zu entnehmen. Eine Perpetuierung des geltend gemachten Verfahrensverstoßes nach § 200 Abs. 2 SGB VII (vgl. BSG Urteil vom 05.02.2008 a.a.O) zwingt daher rechtlich nicht, den Löschungsanspruch auch auf solche "Folgespeicherungen" auszudehnen, in denen sich nur Bezugnahmen auf die einmal vorhanden gewesene - unzulässige - Speicherungen finden. Um ein unzulässig erstelltes Gutachten i.S. des § 200 Abs. 2 SGB VII handelt sich bei dem Schriftsatz der Beklagten sowieso nicht.
Doch selbst dann, wenn in der bloßen Information über das Vorhandensein einer - unzulässig erlangten - ärztlichen Stellungnahme auch eine unzulässige Speicherung im oben genannten Sinne gesehen würde bzw. als Folgenbeseitigung eines fortwirkenden Verstoßes gegen das Persönlichkeitsrecht ein Löschungsanspruch zu bejahen wäre, ist damit die Entfernung des gesamten, überwiegend auch nicht zu beanstandende Passagen enthaltenden Dokuments nicht gerechtfertigt. Denn ausreichend ist bei einer lediglich zitierenden Erwähnung die Unkenntlichmachung der Textstelle, z.B. durch Schwärzung des Zitats. Ob die diesbezüglich unterbliebene Prüfung und Entscheidung auf den Löschungsantrag der Klägerin, der auch grundsätzlich die bloße Schwärzung umfasst, den angefochtenen Verwaltungsakt der Beklagten vom 28.08.2009/Widerspruchsbescheid vom 05.05.2010 insoweit (teilweise) rechtswidrig macht, kann dahinstehen. Mit der Verpflichtungsklage wird ausdrücklich nur die Entfernung des - gesamten - Dokuments aus der Verwaltungsakte verfolgt. Ob der Verwaltungsakt insoweit bereits mangels konkreter Anfechtung im Widerspruchsverfahren bestandskräftig wurde, mag ebenfalls dahinstehen.
Die Stellungnahme von Dr. Hec. ist nach Auffassung des Senats bereits kein Gutachten, dessen Erstellung eine Belehrung nach § 200 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VII hätte vorausgehen müssen. Auf die ärztlichen Stellungnahmen, die nur eine fachliche Bewertung eines anderweitig eingeholten Gutachtens abgeben, ist die Vorschrift nicht anwendbar (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 5/10 R -, juris). Maßstab zur Abgrenzung einer solchen beratungsärztlichen Stellungnahme gegenüber einem Gutachten nach Aktenlage ist nach Auffassung des Senats, inwieweit eigene gutachterliche Schlussfolgerungen auch unter eigener Auswertung der Aktenlage vorgenommen werden. Ist die Stellungnahme des Beratungsarztes von solchen Überlegungen geprägt und nicht hauptsächlich auf eine kritische Auseinandersetzung mit den Ausführungen in dem zu bewertenden Gutachten anhand der herrschenden Lehre und üblicher Untersuchungsstandards beschränkt, ist trotz einer gegen ein Gutachten sprechenden äußeren Form oder Honorarforderung, was bei nicht eindeutiger inhaltlicher Auseinandersetzung aber durchaus gewichtiges Indiz sein kann, von einem Gutachten auszugehen.
Die 12 Seiten umfassende Stellungnahme von der Dr. Hec. vom 27.03.2006 setzt sich im einzelnen auf den Seite 1-11 mit der von Dr. He. erhobenen und in seinem Gutachten vom 11.03.2005 (mit Ergänzung vom 29.04.2005) beschriebenen Anamnese, dem aus dem Gutachten ersichtlichen Beschwerdevorbringen der Klägerin auseinander und verweist auf die in solchen Fällen nach Standard erforderliche Erfassung der Primärpersönlichkeit, die nach herrschender medizinischer und forensischer Literatur - mit Quellenangabe - erforderlichen Auseinandersetzungen mit Vorerkrankungen, insbesondere bei auch den von Dr. He. beschriebenen anderen Ängsten. Zudem wird unter Zugrundelegung der im Gutachten mitgeteilten Beschwerden und der nach üblichem Diagnoseschlüssel ICD 10 vorzunehmenden Prüfung darauf eingegangen, inwieweit die im Gutachten von Dr. He. erstellte Diagnose insoweit nachvollziehbar ist. Lediglich auf der letzten Seite seiner Stellungnahme nimmt Dr. Hec. eine eigene fallbezogene Schlussfolgerung mit der Diagnose einer phobischen Störung vor, die zum Teil aber auch ein Resümee aus den zuvor aus seiner Sicht beschriebenen Mängel im Gutachten von Dr. He. ist. Inhaltlich stellt sich die Stellungnahme von Dr. Hec. sonach als fachärztliche, kritische Bewertung des Gutachtens von Dr. He. dar, die nicht überwiegend von eigenen gutachtlichen Auswertungen der Akten und eigenen gutachtlichen Schlussfolgerungen geprägt ist.
A4 Dagegen ist die Berufung begründet, soweit die Löschung der in der Akte verbliebenen Stellungnahmen von Dr. F. begehrt wird. Ob die vom klägerischen Antrag erfassten beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. F. vom 28.04.2004 und vom 28.05.2004 selbst einem Verfahrensverstoß nach § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII unterfallen, entweder originär als gutachterliche Stellungnahmen oder infolge der Auswirkung eines Verfahrensverstoßes bei der Erstellung der vorausgegangenen Stellungnahme von Dr. F. vom 13.10.2003, kann dahinstehen. Die Beklagte hat auf den Löschungsantrag der Klägerin die vorausgegangene Stellungnahme von Dr. F. , auf die dessen Äußerungen vom April und Mai 2004 Bezug nehmen, ihrer Verwaltungsakte entnommen. Sie hat damit einen Löschungsanspruch der Klägerin bezogen auf die gutachtlichen Äußerungen, die aus der von Dr. F. als Beratungsarzt entfalteten Aktivitäten stammen, anerkannt. Da die beiden ergänzenden Stellungnahmen vom April und Mai 2004 in Folge der dem anerkannten Löschungsanspruch unterliegenden Hauptäußerung von Dr. F. vom 13.10.2003 ergangen sind, ist nicht ersichtlich, warum sie nicht ohne weiteres zu entfernen sind. Im angefochtenen Verwaltungsakt der Beklagten sind hierzu keine Ausführungen vorhanden. Der Entfernung entgegenstehende Gründe sind auch nicht ersichtlich. Die Äußerungen beziehen sich auf das entfernte Gutachten vom 13.10.2003 und verwerten die darin enthaltenen Sozialdaten erneut. Da der etwaige Verlust von Rügerechten der Klägerin, gestützt auf eine möglich unterbliebene Beanstandung einer gerichtlichen Verfahrensweise nach § 295 ZPO, bei der Entfernung des Gutachtens vom 13.10.2003 der Klägerin von der Beklagten nicht entgegengehalten wurde, erstreckt sich das im Verwaltungsverfahren vollzogene "Anerkenntnis" des Löschungsanspruchs auch auf diese ergänzenden Äußerungen, die verfahrensrechtlich der gleichen Beweisaufnahme durch das Gutachten vom 13.10.2003 zuzuordnen sind. Dass die Klägerin sich in ihrer Erklärung vom 25.06.2008 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit mit der Beiziehung der Akten der Beklagten ohne Einschränkung einverstanden erklärt und die sie behandelnden und untersuchenden Ärzte von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte, ist unter dem Gesichtspunkt einer nachträglichen Genehmigung oder eines treuwidrigen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) nicht entscheidungserheblich (zur vergleichbaren Konstellation einer nicht erkennbaren Differenzierung zwischen Einverständnis mit der Verwertung von Arztunterlagen einerseits durch die Bundesagentur für Arbeit und andererseits durch den Unfallversicherungsträger: Urteil des Senats vom 25.02.2011 - L 8 U 2815/10, juris; www.sozialgerichtsbarkeit.de). Da die Beklagte das Gutachten von Dr. F. vom 13.10.2003 aus der Akte entfernt hat, hat sie auf etwaige diesbezügliche Einwände verzichtet.
B1 Die Berufung ist auch insoweit unbegründet, als eine Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X begehrt wird.
Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG. Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr 29). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneuten Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18 m. w. H.).
Unabhängig von der Frage, inwieweit der Rechtsprechung zu einem abgestuften Prüfungsverfahren (vgl. u.a. BSG Urteil vom 03.02.1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33 und vom 0304.2004 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr 20) gefolgt werden kann, ist zu beachten, dass § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (vgl BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Ablehnung der Gewährung einer Verletztenrente mit Bescheid vom 11.06.2004 nicht als rechtswidrig, weshalb dieser Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2004 auch nicht zurückzunehmen ist. Weder sind Rechtsfehler dargelegt, die zur Beurteilung eines anderen Sachverhalts oder zur Aufnahme weiterer Ermittlungen zwingen, noch sind Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist.
Die Beklagte ist nicht gehalten aus Rechtsgründen von einem geänderten Sachverhalt auszugehen, denn die Verwertung des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. , auf das sich die Beklagte zur Begründung der Rechtmäßigkeit ihres bestandskräftigen Bescheids vom 11.06.2004 stützt, ist nicht unzulässig.
B2 Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beklagte nicht schon allein deshalb gehindert, das Gutachten zu berücksichtigen, weil mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 18.11.2008 der Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen worden ist mit der Begründung, das Gutachten sei mit dem aus § 407a Abs. 2 ZPO folgenden Mangel behaftet. Nach § 407a Abs. 2 ZPO ist der Sachverständige nicht befugt, den Auftrag auf einen anderen zu übertragen. Soweit er sich der Mitarbeit einer anderen Person bedient, hat er diese namhaft zu machen und den Umfang ihrer Tätigkeit anzugeben, falls es sich nicht um Hilfsdienste von untergeordneter Bedeutung handelt.
Mit dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts wurde das vorausgegangene Urteil des Landessozialgerichts vom 21.02.2008 vollständig aufgehoben. Der Entscheidung des Bundessozialgerichts ist nicht zu entnehmen, dass vom Tatsachengericht getroffene Feststellungen von der Aufhebung unberührt bleiben. Darauf hat das Landessozialgericht in dem rechtskräftig gewordenen Urteil vom 14.05.2009 hingewiesen. Die vom 10. Senat des Landessozialgerichts nach der Zurückverweisung durch das Bundessozialgericht vorgenommene Beweisaufnahme zu den Umständen der Gutachtenserstattung durch Prof. Dr. Fo. widersprach damit nicht für bindend erklärten Feststellungen des Bundessozialgerichts, das lediglich die bis dahin getroffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen seiner Entscheidung zu Grunde legte.
Ein Verfahrensverstoß gegen § 407a Abs. 2 ZPO liegt auch zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Senat lässt dahinstehen, ob im Urteil des 10. Senats vom 14.05.2009 getroffene Feststellungen als tragende Gründe seiner Entscheidung an der Rechtskraft des Urteils teilnehmen und zwischen den Beteiligten insoweit Bindungswirkung entfalten. Der erkennende Senat folgt nach eigener Prüfung mit urkundenbeweislicher Verwertung der Angaben der Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung am 31.03.2009 und der Aussage des Zeugen Dr. H. der Beweiswürdigung des 10. Senats. Danach ist auch zur sicheren Überzeugung des erkennenden Senats festzustellen, dass der Sachverständige Prof. Dr. Fo. nach einer zweistündigen (Vor-)Untersuchung durch Dr. H. die Klägerin im Rahmen eines halbstündigen Gesprächs beobachten und befragen konnte und dies nach der Beurteilung des Sachverständigen, was zu seiner Sachkompetenz gehört, ausreichend war, eine eigenverantwortliche gutachterliche Bewertung abzugeben.
Die Aussage des Zeugen Dr. H. steht im Einklang mit der schriftlichen Erklärung des Sachverständigen Prof. Dr. Fo. vom 30.01.2009, wonach Dr. H. die Klägerin innerhalb von 2 Stunden untersucht, danach ein gemeinsames Gespräch mit der Klägerin, Dr. H. und dem Sachverständigen für die Dauer von 30 Minuten stattgefunden hat. Der Sachverständige hatte Gelegenheit im Gespräch mit der Klägerin sich von ihr ein eigenes Bild auf der Grundlage der von Dr. H. erhobenen anamnestischen Angaben und seiner zuvor erworbenen Kenntnis der Akten zu machen. Dies war nach Einschätzung des Sachverständigen ausreichend, weil die Beantwortung der Beweisfragen nach seiner Bewertung nach Art und Ausmaß nicht von einer überragenden Schwierigkeit war. Der dem widersprechende Vortrag der Klägerin ist auch für den Senat nicht hinreichend glaubhaft, denn den beigezogenen Akten ist zu entnehmen, dass die Klägerin das diesbezügliche Vorbringen in wesentlichen Punkten im Verlauf des Verfahrens änderte. Sie behauptete anfangs, der Sachverständige habe sie lediglich 3 Minuten befragt (Schriftsatz ihrer damaligen Bevollmächtigten vom 24.05.2007) und nach Ankündigung durch Dr. H. , Prof. Dr. Fo. habe nur ein paar Minuten Zeit, sei sie schließlich zu Prof. Fo. eingelassen worden, der dann nur 2 Fragen gestellt und geäußert habe, wie die Klägerin wegen einer solchen Kleinigkeit sich habe aus der Bahn werfen lassen können. Ein Gutachter, der sie nur wenige Minuten gesehen habe, könne andere Gutachten nicht übergehen (Schriftsatz des früheren Klägerbevollmächtigten vom 05.12.2007). Demgegenüber räumte die Klägerin bei ihrer Anhörung ein, dass sie an dem halbstündigen Gespräch teilgenommen und die Hälfte dieser Zeit im Gespräch mit Dr. H. verbracht, mit Prof. Dr. Fo. vermutlich aber nicht mehr als 3-4 Minuten gesprochen habe. Ihre aktenkundige Behauptung, dass das Gespräch - insgesamt - nur 3 Minuten gedauert und mehr oder weniger im Stehen stattgefunden habe, hatte sie bei ihrer Anhörung auf Vorhalt des Berichterstatters abgestritten, ohne eine nähere Begründung für den entsprechenden anders lautenden Vortrag ihrer Bevollmächtigten abzugeben.
B3 Die Verwertung des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich auf unzulässig erlangte Beweismittel stützt. Das Gutachten von Prof. Dr. Fo. vom 26.03.2007 selbst unterliegt als gerichtliches Gutachten nicht den Verfahrensanforderungen des § 200 Abs. 2 SGB VII.
Die Klägerin hatte bis zur mündlichen Verhandlung am 14.05.2009 vor dem 10. Senat des Landessozialgerichts die Beweisanordnung des Sozialgerichts vom 04.01.2005 (Gutachtensauftrag an Dr. He. ) und des Landessozialgerichts vom 30.10.2006 und 05.07.2007 (Gutachtensaufträge an Prof. Dr. Fo. und Psychiater L. ) nicht beanstandet, obgleich in deren Beweisfragen den ernannten Sachverständigen aufgegeben worden war, Abweichungen zu den Stellungnahmen von Dr. F. bzw. den Vorgutachten darzulegen. Die Klägerin hatte sich auch jeweils in der darauf folgenden mündlichen Verhandlung auf die Beweiswürdigung der genannten Gutachten eingelassen, ohne zu rügen, dass die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten uneingeschränkt zum Verfahrensgegenstand gemacht wurde. Der Senat lässt offen, ob die im vorangegangenen, abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren nach § 295 ZPO präkludierte Rüge einer gerichtlichen Verfahrenshandlung, nämlich einer unzulässigen Einführung unzulässig erlangter Beweismittel (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2011 - L 8 U 2815/10 a.a.O.), bewirkt, dass auch in einem neuen, auf Antrag nach § 44 SGB X aufgenommenen Verwaltungsverfahren und dem hieran anschließenden Gerichtsverfahren bindende Tatsachenfeststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landessozialgerichts vom 14.05.2009 einer Rüge des Verstoßes gegen § 200 Abs. 2 SGB VI entgegenstehen.
Die von der Klägerin gerügten Verstöße nach § 200 Abs. 2 SGB VII hinsichtlich der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. F. , Dr. Dr. W. und Dr. Hec. führen letztlich nur dann zu einem Beweisverwertungsverbot des gerichtlichen Gutachtens von Prof. Dr. Fo. , wenn von der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten auszugehen ist (grundsätzlich die Fernwirkung dieses Beweisverwertungsverbotes bejahend: BSG Urteil vom 05.02.2008 - B 2 U 8/07 R , BSGE 100, 25).
Der Senat vertieft nicht die Überlegung, dass der den Schutz von Sozialdaten bezweckende § 200 Abs. 2 SGB VII möglicherweise überhaupt nicht unterlaufen werden kann, wenn ein gerichtliches Gutachten von Amts wegen eingeholt und zu diesem Zweck die Verwaltungsakte des Unfallversicherungsträgers an den gerichtlich bestellten Sachverständigen übersandt wird. Die darin enthaltenen Sozialdaten des Versicherten, die dem Beratungsarzt möglicherweise unzulässig offenbart wurden, gelangen aufgrund der Beweisanordnung des Gerichts auf jeden Fall zur Kenntnis des Sachverständigen, unabhängig davon ob die Sozialdaten bereits zulässig oder unzulässig in einer beratungsärztlichen Stellungnahme genutzt wurden. Bei den regelmäßig nach Aktenlage erstatteten beratungsärztlichen Stellungnahmen ist auch nicht davon auszugehen, dass sich nun vom Beratungsarzt unzulässig erhobene "neue" Sozialdaten, z.B. durch eigene Untersuchungen etc., in der Akte befinden. Neuer Akteninhalt in diesem Sinne ist nur das Gutachtensergebnis der beratungsärztlichen Stellungnahme. Es dürfte aber eine Frage der gerichtlichen Beweiswürdigung sein, ob die Verwertung des unzulässig zu Stande gekommenen beratungsärztlichen Beweisergebnisses - mit Blick auf den Sozialdatenschutz die durch Neuverknüpfung von Sozialdaten erfolgte Nutzung (§ 67 Abs. 7 SGB X) - zu einer nachvollziehbaren und überzeugenden eigenen gutachterlichen Bewertung und Schlussfolgerung im gerichtlichen Gutachten geführt hat. Die bloße unerlaubte Verwendung von Sozialdaten macht eine medizinische beratungsärztliche Äußerung noch nicht fachlich unrichtig, so dass selbst eine "deckungsgleiche" Bewertung des gerichtlichen Sachverständigen im nachfolgenden Gutachten nicht die ungeprüfte Fortschreibung eines unverwertbaren früheren Beweisergebnisses sein muss. Es ist dem Gutachtensbeweis eigen, dass unter Anwendung von vorgegebenen Beurteilungsstandards und nach lege artis gebotenen Untersuchungsmethoden mit Berücksichtigung der herrschenden Lehre wiederholbare gutachterliche Ergebnisse erzielt werden. Ob etwas anderes gilt, wenn der Sachverständige sich auf die für ihn fachfremde Beurteilung einer beratungsärztlichen Äußerung stützt (der Sachverständige als Internist stützt sich auf die neurologische Beurteilung des Beratungsarztes), mag dahinstehen.
Unabhängig von der Frage, ob daher im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ein Verstoß gegen § 200 Abs. 2 Halbsatz 2 SGB VII bei der veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme die Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbotes begründen kann (zweifelnd zuletzt BSG, Urteil vom 18.01.2011, a.a.O.), ist jedenfalls Voraussetzung der Fernwirkung, dass eine Kausalität zwischen dem Beweisergebnis des neuen Beweismittels und dem dem Beweisverbot unterliegenden unzulässigen Beweismittel besteht. Maßstab für die Reichweite bzw. für die Annahme der Fernwirkung eines Beweisverwertungsverbotes ist, ob durch das weitere Beweismittel das Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des ersten Beweismittels umgangen würde, ob das zweite Beweismittel auch ohne das erste Bestand hätte oder inwieweit das zweite Beweismittel auf dem ersten aufbaut (BSG, Urteil vom 05.02.2008 a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben wird das Gutachten von Prof. Dr. Fo. von der Fernwirkung eines Verwertungsverbotes weder der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. F. noch der von Dr. Dr. W. erfasst. Die Stellungnahme von Dr. Hec. , die nach Auffassung des Senats keine gutachterliche, den Verfahrensanforderungen von § 200 Abs. 2 SGB VII unterliegende Äußerung ist, kann demgegenüber außer Betracht bleiben.
Zwar finden sich in der kurzen Wiedergabe des Aktenstand im Gutachten von Prof. Dr. Fo. knappe, summarische Zusammenfassungen der Stellungnahme von Dr. Dr. W. vom 09.04.2005 und von Dr. F. vom 13.10.2003 einschließlich seiner Ergänzung vom 28.04.2004. Allein die Erwähnung der Beweisergebnisse dieser gutachterlichen Stellungnahmen rechtfertigt nach Auffassung des Senats jedoch die Annahme einer Fernwirkung des Beweisverwertungsverbotes nicht. Die Beklagte hat zwar konsequenterweise unter der Annahme eines Beweisverwertungsverbotes diese beratungsärztlichen Stellungnahmen aus ihrer Verwaltungsakte entfernt. Eine Umgehung des Beweisverwertungsverbots, indem in einem anderen Dokument diese Beweismittel ersichtlich werden, lässt sich damit nicht begründen, da mit der bloßen, grob inhaltlichen Wiedergabe keine gutachtlichen Schlussfolgerungen verknüpft sind, die einer dem Beweisverbot unterfallende Beweiswürdigung gleichkommen.
Es ist auch nicht hinreichend sicher festzustellen, dass das Gutachten von Prof. Dr. Fo. nur aufgrund der beratungsärztlichen Stellungnahmen eingeholt worden ist, denn vorausgegangen ist das gerichtliche Gutachten von Dr. He. sowie die beratungsärztliche fachliche Stellungnahme von Dr. Hec. , die für sich allein bereits Anlass für eine weitere Beweiserhebung haben geben können. Außerdem ist bei der Frage der Fernwirkung durchaus fraglich, ob die Kausalität zwischen dem zu weiteren Ermittlungen anlassgebenden unzulässig erhobenen Beweismittel und hiervon mit eigenem Aussagewert erlangten neuen Beweismittel auch ein Beweisverwertungsverbot für das solchermaßen erlangte neue Beweismittel begründet (vgl. Diemer in Karlsruher Kommentar zur StPO - online-, § 136a Rn. 42 m.w.N.: unzulässig erlangtes Geständnis/Aussage führt zur verwertbaren Aussage von Belastungszeugen).
Lediglich in der gutachtlichen Diskussion, inwieweit von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen ist, erwähnt der Sachverständige Prof. Dr. Fo. in einem Klammerzusatz den Beratungsarzt Dr. F. (Seite 24 des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. ), indem die widerstreitenden Auffassungen von Dr. F. und Prof. Dr. S. zum ausreichenden traumatisierenden Ereignis angeführt werden. Letztlich gelangt Prof. Dr. Fo. zu der sich nur im Ergebnis mit der von Dr. F. deckenden Schlussfolgerung, dass keine posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, mit einer eigenständigen Begründung, die er allein aus der von ihm selbst bzw. Dr. H. vorgenommenen Exploration der Klägerin erlangt hat. Er verneint die zur Diagnosestellung unverzichtbaren Wiedererinnerungserlebnisse in Form der Intrusionen, und weicht insofern von dem Argumentationsmuster von Dr. F. , der auf das Ausmaß des Vermeidungsverhaltens abgestellt hatte, ab. Bereits deshalb hat das Gutachten einen eigenen Aussagewert und hat auch ohne die beratungsärztliche Stellungnahme noch fachlichen Bestand. Dass bei gleicher Symptomatik und der einheitlichen Vorgabe des Diagnoseschlüssels ICD-10 Entsprechungen zu den diagnostischen Darlegungen von Dr. F. auftreten, liegt in der Natur der Sache und ist unvermeidbar, rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass das Gutachten von Prof. Dr. Fo. auf den, das gleiche Fachgebiet betreffenden gutachtlichen Stellungnahmen von Dr. F. aufbaut.
Bestehen deshalb keine rechtlichen Hinderungsgründe an der Verwertung des Gutachtens von Prof. Dr. Fo. , ist auch zur Überzeugung des Senats dessen gutachterliche Schlussfolgerung nachvollziehbar und einleuchtend begründet. Die bereits vor dem Unfallereignis psychisch auffällige und behandlungsbedürftige Klägerin, was durch das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse und die ärztlichen Befundberichte und Aussagen der behandelnden Ärzte belegt ist, ist durch den Unfall nach Abklingen einer akuten Belastungsreaktion nicht zusätzlich psychisch belastet. Ihr Zustand, wie von Prof. Dr. Fo. aktuell festgestellt, ist seiner Ausprägung nach dem vorherigen psychischen Zustand aus der umschriebenen Krankheitsanlage gleich zu erachten. Eine unfallbedingte rentenrelevante MdE ist dadurch nicht verursacht worden. Damit erweist sich der bestandskräftige Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 11.06.2004 als rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei ist der Senat davon ausgegangen, dass im verfolgten prozessualen Anspruch, im Rahmen einer Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X Verletztenrente zu erhalten, das bedeutungsvollere Hauptanliegen der Klägerin zu sehen ist. Mit diesem prozessualen Anspruch hatte die Klägerin keinen Erfolg. Insoweit beträgt das Maß des Unterliegens der Klägerin mehr als die Hälfte. Der aus dem Verfahrensverstoß nach § 200 Abs. 2 SGB VII, der auch Begründung für den Anspruch nach § 44 SGB X war, hergeleitete, im Klägerinteresse weniger bedeutsame Löschungsanspruch war nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Der umfassend gestellte Löschungsantrag war nicht hinreichend bestimmt und insoweit als unzulässig beurteilt worden. Der hilfsweise verfolgte Löschungsanspruch gegenüber drei genannten Dokumentenarten war nur hinsichtlich einer Dokumentenart erfolgreich. Dies rechtfertigt die vom Senat festgesetzte Quote der Kostenerstattung.
Der Senat hat die Revision mit Blick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfragen zur Reichweite des Löschungsanspruchs und des Beweisverwertungsverbots zugelassen.
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