L 2 U 4809/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 7687/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 4809/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bei der Frage eines Wegeunfalles zur Abgrenzung zwischen Weg zum "dritten Ort" zum "Abweg".
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des vom Kläger am 08.11.2006 erlittenen Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall (Wegeunfall).

Der 1964 geborene und in der B.str. , S. wohnhafte, Kläger war zum Unfallzeitpunkt bei die Firma D. AG, Standort S., versicherungspflichtig beschäftigt. Er erlitt am 08.11.2006 um etwa 17.10 Uhr einen unverschuldeten Verkehrsunfall, in dessen Verlauf er sich Verletzungen zuzog, die einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machten. Der Kläger hatte nach seinen Angaben im Erörterungstermin vom 19.07.2011 (Bl. 33 Senatsakte) seine Arbeit bei der D. AG in S. um 15.30 Uhr beendet und begab sich dann mit dem PKW zu seiner Psychotherapeutin Dr. V. nach L. zur Durchführung eines Termins der seinerzeit laufenden Psychotherapie des Klägers. Er traf um ca. 16.00 Uhr zur Durchführung der Therapiesitzung dort ein. Um etwa 17.00 Uhr begab sich der Kläger von der Praxis Dr. V. aus dann mit dem PKW auf den Heimweg. Er beabsichtigte, zunächst über die B 27 und dann über die Autobahn A 8/A 81 Richtung B. zu fahren, danach die Ausfahrt ‚B.-Ost’ zu benutzen und so auf Höhe der Stadt B. auf den sonst von ihm genutzten Heimweg von der Arbeitsstätte (S. – B. – S.) einzumünden. Etwa 7-8 Minuten nach seiner Abfahrt in L. erlitt er auf der B 27 (Autobahnzubringer) den hier streitgegenständlichen Verkehrsunfall, noch bevor er auf die Autobahn A 8 aufbiegen konnte (vgl. auch Skizzenzeichnung des Klägers auf Bl. 10 Verwaltungsakte der Beklagten – VA). Von dem Unfallort aus wurde der Kläger per Rettungstransportwagen in die F.klinik gebracht.

Mit Schreiben vom 26.02.2008 (Bl. 1 VA) teilte der Kläger den geschilderten Ereignisablauf der Beklagten mit und bat um Prüfung, welche Versicherungsleistungen ihm zustünden. Auf Anforderung der Beklagten legte er mit Schreiben vom 10.12.2008 noch eine Skizze vor, auf welcher der übliche Heimweg von der Arbeit in S. zum Wohnort des Klägers ebenso eingezeichnet war wie die Fahrtstrecke nach L. und der Rückweg von dort bis zum Unfallort (Bl. 10 VA).

Nach Auswertung der Angaben des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.04.2009 (Bl. 11 VA) die Anerkennung des am 08.11.2006 erlittenen Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, ein terminierter Arztbesuch sei der Privatsphäre des Klägers zuzurechnen. Ein allein zu diesem privaten Zweck zurückgelegter Weg stehe nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dabei komme es nicht auf die Länge des für private Zwecke eingeschobenen Weges an. Der Unfallversicherungsschutz lebe erst dann wieder auf, wenn sich der Versicherte auf dem üblichen Heimweg befinde. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe sich der Kläger demgegenüber auf einem privaten Zwecken dienenden Rückweg von einem Arztbesuch befunden und habe den unmittelbaren Weg von der Arbeitsstätte zur Wohnung noch nicht erreicht, weshalb er zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.

Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger vor, er habe sich bei Frau Dr. V. aus Gründen in Behandlung befunden, die in seiner Arbeit bei der D. AG begründet gewesen seien. Durch die "Situation an seinem Arbeitsplatz (Mobbing usw.)" sei er dort schon länger in Behandlung. Diese dauere an. Einen ursächlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit nehme er an, weil er aufgrund des Arbeitgeber-Verhältnisses (Mobbing) in ärztlicher Behandlung gestanden habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte zur Begründung aus, ärztliche Untersuchungen gehörten grundsätzlich zum unversicherten persönlichen Lebensbereich, da sie wesentlich der eigenen Gesundheit dienten, an deren Erhaltung oder Wiederherstellung der Versicherte ein eigenwirtschaftliches Interesse habe. Versicherungsschutz bestehe nur bei zusätzlicher Betriebsbezogenheit. Die Behandlung müsste dann wesentlich dazu dienen, einer Verschlechterung des Befindens des Versicherten entgegenzuwirken und ihm auf diese Weise mit Aussicht auf Erfolg eine Fortsetzung der aktuellen betrieblichen Tätigkeit in der Arbeitsschicht zu ermöglichen. Dafür gebe es keine Hinweise. Es habe sich vielmehr um einen im Voraus geplanten Termin bei Dr. V. zur Durchführung einer schon länger andauernden psychotherapeutischen Behandlung gehandelt.

Hiergegen hat der Kläger am 14.11.2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und ausgeführt, er sei nun schwerbehindert und habe seinen Arbeitsplatz nach über 30 Jahren verloren. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes, der durch den Arbeitgeber verursacht sei und die psychische Behandlung dadurch notwendig gemacht habe, sei er wegen eines terminierten Arztbesuches auf direktem Weg zu seinem Arzt gefahren. Nach dem Besuch sei er direkt nach Hause gefahren und auf dem Heimweg verunglückt (Klagebegründungsschrift vom 03.03.2010, Bl. 6 SG-Akte). Er habe sich nur deshalb bei Dr. V. in Behandlung befunden, weil er an seinem Arbeitsplatz Mobbing ausgesetzt gewesen sei. Deshalb bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung des Arzttermins sowie der Ausübung der beruflichen Tätigkeit. Die Durchführung der Psychotherapie sei eine sog. Vorbereitungshandlung gewesen, aufgrund derer die Ausübung der beruflichen Tätigkeit überhaupt erst möglich gewesen sei (Schriftsatz vom 27.04.2010, Bl. 29 f. SG-Akte).

Die Beklagte ist dem mit der Begründung entgegen getreten, dass der Weg zum Arztbesuch allenfalls dann unter Versicherungsschutz stehe, wenn es sich bei dem betrieblichen Mobbing um eine anerkannte Berufskrankheit oder einen Arbeitsunfall gehandelt hätte.

Mit Urteil vom 17.09.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, grundsätzlich seien ärztliche Untersuchungen und Behandlungen zum unversicherten persönlichen Lebensbereich zu rechnen, weil diese Verrichtungen im Wesentlichen der eigenen Gesundheit dienten, an deren Erhaltung oder Wiederherstellung der Versicherte ein eigenwirtschaftliches Interesse habe. Versicherungsschutz bestehe nur ausnahmsweise bei einer zusätzlichen Betriebsbezogenheit. Dies könne der Fall sein, wenn die beabsichtigte Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalls wesentlich dazu dienen solle, einer Verschlechterung des Befundes entgegen zu wirken und dem Versicherten voraussichtlich eine Fortsetzung der aktuellen betrieblichen Tätigkeit in der Arbeitsschicht zu ermöglichen. Lediglich in diesen Fällen trete neben die eigenwirtschaftlichen Interessen das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Weiterarbeit. Beim Kläger liege ein derartiges betriebliches Interesse der Arbeitgeberin nicht vor, denn er habe nach Beendigung seiner Arbeit einen bereits vorher festgelegten Arzttermin in L. wahrgenommen. Auf dem Rückweg – außerhalb der Wegstrecke vom Arbeitsort zum Wohnort – sei der Kläger dann verunfallt. Ein Arztbesuch ohne zusätzliche Betriebsbezogenheit aber gehöre zum unversicherten persönlichen Bereich.

Gegen das seiner Bevollmächtigten am 30.09.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.10.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt der Kläger aus, er sei spätestens seit einer im Jahr 2002 durchgeführten Bandscheibenoperation "massivem Mobbing" seitens seines Arbeitgebers ausgesetzt gewesen. Er sei, wenn er nicht über Wochen gar keine Arbeit erhalten habe, zu Hilfsarbeiten eingeteilt, systematisch schikaniert und angefeindet worden. Verursacht durch das jahrelange massive Mobbing sei der Kläger psychisch krank geworden. Er habe sich dann an die für ihn zuständige Sozialberatung des M. in S. gewandt, wo ihm im Rahmen der Beratung durch die dort eingesetzte Sozialpädagogin dringend nahe gelegt worden sei, einen Therapeuten aufzusuchen und sich entsprechend behandeln zu lassen. Von seinem Hausarzt Dr. W. sei er deshalb an Dr. V. überwiesen worden. Eine Betriebsbezogenheit der ärztlichen Behandlung liege vor. So habe der Arbeitgeber des Klägers selbst über die angebotene Sozialberatung diesen veranlasst, entsprechende ärztliche Behandlung zu suchen, die allein aufgrund der Bedingungen am Arbeitsplatz, also wegen des Mobbings, erforderlich geworden sei, da anderenfalls der Kläger nicht mehr hätte weiterarbeiten können. Der ansonsten versicherte Heimweg des Klägers sei hiernach nur durch eine betrieblich veranlasste Fahrt zum Arzt unterbrochen worden, so dass ein Wegeunfall vorliege.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. September 2010 und den Bescheid vom 27. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Oktober 2009 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem vom Kläger am 8. November 2006 erlittenen Verkehrsunfall um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Der Kläger hat die Kopie eines Schriftsatzes seiner vormaligen Rechtsanwältin, gerichtet gegen einen ehemaligen Vorgesetzten, vom 16.12.2005 (Bl. 26 Senatsakte) vorgelegt, in welchem dieser aufgefordert worden ist, ehrverletzende Äußerungen gegen den Kläger künftig zu unterlassen. Vorgelegt hat er darüber hinaus das erste Blatt eines Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart (Az. 11 Ca 3111/07, Bl. 29 Senatsakte), mit welchem die Firma D. AG verurteilt worden ist, Durchschriften/Kopien von Abmahnungen des Klägers vom 04.04.2007 und vom 25.04.2007 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen.

Ebenfalls vorgelegt hat der Kläger ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin W. vom 10.05.2011 (Bl. 30 Senatsakte), mit welchem dieser mitgeteilt hat, den Kläger wegen "Auffälligkeiten im psychosomatischen Bereich" erstmals im Jahr 2006 angesprochen zu haben. Es habe den Anschein gehabt, dass die von ihm schon seit längerer Zeit geschilderte innerbetriebliche Situation mit starker Belastung durch Vorgesetzte (Mobbing am Arbeitsplatz) eskaliert sei. Er habe den Kläger daraufhin gebeten, mit dem innerbetrieblichen Sozialen Dienst der D. AG Kontakt aufzunehmen, welcher die Empfehlung zu einem Psychotherapeuten ausgesprochen habe. Er habe daraufhin den Kläger mittels Überweisung zur Psychotherapeutin Dr. V. in L. unterstützt.

Hierzu hat der Kläger im Erörterungstermin vom 19.07.2011 ausgeführt, er habe vom Betriebrat erfahren, dass es eine Sozialberatungsstelle bei der Firma D. gebe. Dort sei ihm von der zuständigen Dame gesagt worden, sie finde es wichtig, dass er eine Psychotherapie mache. Eigentlich habe er gar nicht so gerne eine Psychotherapie machen wollen, aber die Sozialberatungsstelle hänge eng mit dem Personalbüro zusammen, weshalb er gemacht habe, was ihm empfohlen worden sei. Sein Hausarzt habe ihm die Psychotherapie auch empfohlen und ihm erklärt, dass alles zusammenhänge, die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und seine Probleme am Arbeitsplatz (Niederschrift vom 19.07.2011, Bl. 34 f. Senatsakte).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die SG-Akte und die Senatsakte Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die form- und fristgerecht erhobene sowie statthafte Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben haben, gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist anerkannt, dass wenn die Frage streitig ist, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist, der Versicherte diese Frage vorab im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und isolierten Feststellungsklage klären lassen kann (vgl. etwa Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 15.02.2005 – B 2 U 1/04 R – m.w.N.).

2. Die Berufung ist nicht begründet. Der vom Kläger am 08.11.2006 erlittene Verkehrsunfall ist kein Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen. Es fehlt an einem inneren Zusammenhang zwischen dem zurückgelegten Weg und der Tätigkeit des Klägers in dem Unternehmen D. Der Kläger hat sich zum Unfallzeitpunkt auf einem maßgeblich eigenwirtschaftlich geprägten sog. "Abweg" außerhalb des Weges von der Arbeitsstätte zu seiner Wohnung befunden ohne seine gewöhnlich von der Arbeitsstätte zurückgelegte Wegstrecke wieder erreicht zu haben, weshalb er zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden ist. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils an und nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt: Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Versicherte Tätigkeit ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des BSG vom 30.01.2007, Az. B 2 U 8/06 R, UV-Recht Aktuell 2007, 860-866, zitiert nach (juris), dort Rn. 10 m.w.N., sowie vom 27.02.2009, Az. B 2 U 18/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31, zitiert nach (juris), dort Rn. 9).

Ein Arbeitsunfall ist nach alledem nur anzunehmen, wenn das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, und diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat. Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 2200 § 548 Nrn. 82 und 97; SozR 3-2200 § 548 Nrn. 19 und 26). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77 = SozR 2200 § 548 Nr. 70; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis erforderlich; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN; BSGE 61, 127, 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund (vgl. insgesamt zum Vorstehenden Urteil des BSG vom 14.12.1999, B 2 U 3/99 R, SozR 3-2700 § 8 Nr. 1, zitiert nach (juris), dort Rn. 15).

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist - wie bei der Vorgängervorschrift des § 550 Abs 1 RVO - der Versicherungsschutz für die Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit nicht auf die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beschränkt. Die Vorschrift verlangt nur, dass die Arbeitsstätte Ziel oder Ausgangspunkt des Weges ist; der andere Grenzpunkt des Weges ist - nach wie vor - gesetzlich nicht festgelegt (vgl. etwa BSG 05.05.1998, B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138-143, zitiert nach (juris), dort Rn. 13 m.w.N.). Allerdings hat der Gesetzgeber nicht schlechthin jeden Weg unter Versicherungsschutz gestellt, der zur Arbeitsstätte hinführt oder von ihr aus begonnen wird. Vielmehr ist es nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII darüber hinaus erforderlich, dass der Weg mit der Tätigkeit in dem Unternehmen (rechtlich) zusammenhängt, d.h. dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem Weg und der Tätigkeit in dem Unternehmen besteht. Dieser innere Zusammenhang setzt voraus, dass der Weg, den der Versicherte zurücklegt, wesentlich dazu dient, den Ort der Tätigkeit oder - nach deren Beendigung - in der Regel die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges von dem Ort der Tätigkeit (sog. "dritter Ort") zu erreichen. Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt wird. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (BSG 05.05.1998 a.a.O.). Für die tatsächlichen Grundlagen des Vorliegens versicherter Tätigkeit muss der volle Beweis erbracht werden, das Vorhandensein versicherter Tätigkeit also sicher feststehen (vgl BSGE 58, 76 , 77 = SozR 2200 § 548 Nr 70; BSGE 61, 127 , 128 = SozR 2200 § 548 Nr 84 mwN), während für die kausale Verknüpfung zwischen ihr und dem Unfall die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt (vgl BSGE 58, 80 , 82 = SozR 2200 § 555a Nr 1 mwN; zum Ganzen Urteil des BSG vom 03.12.2002, SozR 3-2700 § 8 Nr. 13, zitiert nach (juris), dort Rn. 17).

Wenn nicht der häusliche Bereich, sondern ein "dritter Ort" den Ausgangspunkt bzw Endpunkt des nach oder von dem Ort der Tätigkeit angetretenen Weges bildet, ist für den inneren Zusammenhang entscheidend, ob dieser Weg noch von dem Vorhaben des Versicherten, sich zur Arbeit zu begeben oder hiervon zurückzukehren oder davon rechtlich wesentlich geprägt ist, einen eigenwirtschaftlichen Besuch am "dritten Ort" zu unternehmen (Urteil des BSG vom 03.12.2002, Az. B 2 U 18/02 R, zitiert nach (juris), dort Rn. 19 m.w.N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nicht von oder nach der Wohnung angetretener Weg nach Sinn und Zweck des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit stehen muss (a.a.O. Rn. 20). Ein wesentliches, wenn auch nicht das allein entscheidende Kriterium für die Prüfung der Angemessenheit ist mithin die Entfernung, wobei die neuere Rechtsprechung des BSG ausdrücklich fordert, stärker als bisher die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Dabei kommt insbesondere der Frage eine besondere Bedeutung zu, ob am "dritten Ort" Verrichtungen des täglichen Lebens erledigt wurden oder werden sollen, die keinerlei Bezug zur versicherten Tätigkeit an sich haben, oder ob es sich um Verrichtungen handelt, die zumindest mittelbar auch dem Betrieb zugute kommen sollen, wie zB dringende Arztbesuche zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit (hierzu und zum Folgenden vgl. Urteil des BSG vom 03.12.2002, Az. B 2 U 18/02 R, zitiert nach (juris), dort Rn. 21 m.w.N.). Diese betriebsbezogenen Umstände beeinflussen zwar nicht die Beurteilung der Angemessenheit des Weges vom "dritten Ort", können ihn jedoch im Sinne einer Betriebsdienlichkeit prägen (BSG 02.05.2001, B 2 U 33/00 R, Rn. 20, zitiert nach (juris)).

Wege zum Ort der Tätigkeit, die nach einer rein eigenwirtschaftlichen Verrichtung vom dritten Ort angetreten werden, stehen unter Versicherungsschutz, wenn die Länge des Weges in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zur Arbeitsstätte zurückgelegten Weg steht. Das gilt auch für Wege vom Ort der Tätigkeit zu einem dritten Ort. Ist der Weg zum oder vom dritten Ort unverhältnismäßig, unangemessen länger als von der Wohnung zum oder vom Ort der Tätigkeit, wird die erheblich längere Wegstrecke grundsätzlich nicht durch die beabsichtigte oder beendete betriebliche Tätigkeit geprägt, sondern durch die eigenwirtschaftliche Verrichtung am dritten Ort. Hat dagegen der Aufenthalt am dritten Ort betriebsdienliche Motive, war er also - aus der Sicht des Versicherten - dem Betrieb zu dienen bestimmt, ist der innere Zusammenhang auf dem Weg dann - eher - anzunehmen, auch wenn dieser Weg nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum regelmäßig zurückgelegten Weg steht. Die erforderliche Prägung des Weges durch betriebsdienliche Zwecke wird um so eher anzunehmen sein, je näher die beabsichtigte oder schon vollzogene Verrichtung am dritten Ort der eigentlichen versicherten betrieblichen Tätigkeit steht. Das gleiche gilt auch, wenn nach einem rein eigenwirtschaftlichen Aufenthalt am dritten Ort der Weg zum Ort der Tätigkeit aus unvorhersehbaren betrieblichen Gründen angetreten wird (vgl. Urteil des BSG a.a.O. Rn. 21).

Letztlich kann vorliegend offen bleiben, ob der Umstand, dass der Kläger sich vorgestellt hat, mit der Durchführung der Psychotherapie zur Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zumindest auch – mittelbar – betrieblichen Zwecken zu dienen, geeignet ist, dem Weg von der beendeten betrieblichen Tätigkeit zur Psychotherapeutin Dr. V. in L. eine Prägung im Sinne einer Betriebsdienlichkeit zu verleihen, denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stünde dann lediglich der Weg zur Praxis von Dr. V., die dann als "dritter Ort" im Sinne der dargestellten Rechtsprechung anzusehen wäre, unter Versicherungsschutz, und dieser dritte Ort träte dann als Endpunkt des Versicherungsschutzes an die Stelle der Wohnung (Urteil des BSG vom 03.12.2002, B 2 U 18/02 R, zitiert nach (juris), dort Rn. 18 a.E.). Der Rückweg von der Praxis nach Hause, und auf diesem erlitt der Kläger den Verkehrsunfall, stünde auch bei Eingreifen der dargestellten Rechtsprechung zum dritten Ort nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Abgesehen davon kann die Praxis Dr. V. in L. auch wegen des nur einstündigen Aufenthalts des Klägers dort nicht als dritter Ort angesehen werden. Das Bundessozialgericht verlangt seit der teilweisen Aufgabe der zuvor für Wege zum und von dem Ort der beruflichen Tätigkeit bestehenden uneinheitlichen Rechtsprechung im Urteil vom 05.05.1998 (Az. B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138-143, zitiert nach (juris), dort Rn. 18) nunmehr einheitlich zwei Stunden Aufenthalt ohne Anrechung des Weges zu dem anderen Ort (a.a.O. Rn. 14), damit ein Ort "dritter Ort" im Sinne der Rechtsprechung sein kann.

Hier hat sich der Kläger somit auf einem sog. "Abweg" befunden, einer Unterbrechung des versicherten Heimweges von der beruflichen Tätigkeit mit anderer Zielrichtung und – allenfalls – mittelbarem betrieblichem Bezug, denn mit dem Aufsuchen der Therapeutin zur Durchführung einer Therapiesitzung bezweckte der Kläger die Erhaltung bzw. Wiederherstellung seiner Gesundheit und verfolgte damit unmittelbar eigenwirtschaftliche und nur allenfalls mittelbar betriebliche Zwecke. Er hat sich somit, da er noch nicht wieder den gewöhnlichen Weg von dem Ort der versicherten Tätigkeit zu seiner Wohnung erreicht hatte, während des erlittenen Verkehrsunfalls auf der B 27 bei L. nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung befunden (vgl. a.a.O. Rn. 19; vgl. ferner bereits Urteil vom 18.12.1979, 2 RU 53/78, SozR 2200 § 550 Nr 42, zitiert nach (juris), dort Rn. 9). Ein Versicherter, der den Weg von dem Ort der versicherten Tätigkeit bis zu 2 Stunden unterbrochen hat, steht nach Beendigung der Unterbrechung erst nach Erreichen der gewöhnlichen Wegstrecke von der Arbeitsstätte zur Wohnung wieder unter Versicherungsschutz.

Aus diesen Gründen war daher die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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