Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AS 3504/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 45/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2008.
Der 1959 geborene Kläger beantragte am 14. Mai 2008 für sich, seine 1961 geborene Ehefrau sowie die 1990 geborene Tochter S. und die 1998 Tochter J. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Der Kläger war bis März 2008 als Kraftfahrer bei einem niederländischen Unternehmen beschäftigt und anschließend arbeitslos. S. absolvierte ab 15. Januar 2008 eine Kochlehre. In dem von dem Kläger und seiner Ehefrau unterschriebenen Antragsformular wurde angegeben, dass die Ehefrau Einkommen in Höhe von monatlich 600,00 EUR erziele, hierzu wurde eine Lohnabrechnung von Rechtsanwältin W.-H. vom 28. April 2008 über 750,00 EUR brutto und 600,08 EUR netto vorgelegt. Am 29. Mai 2008 wurden der Ehefrau zuzüglich Urlaubsgeld 710,11 EUR netto gezahlt. Der Kläger gab an, dass die Familie von dem Einkommen der Ehefrau und Kindergeld, zusammen 908,00 EUR monatlich, lebe. Nach der für S. vorgelegten Bezüge-Abrechnung erhielt diese eine Ausbildungsvergütung von 591,00 EUR brutto und 469,26 EUR netto, wobei wegen 205,00 EUR Sachbezug eine Auszahlung von 264,26 EUR erfolgte.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 14. Mai bis 31. August 2008 (für Mai: 436,59 EUR, für Juni 818,35 EUR und für Juli und August 832,35 EUR). Hierbei wurden als Einkommen das Kindergeld sowie die Bezüge der Ehefrau und der Tochter S. angerechnet.
Über einen automatisierten Datenabgleich erfuhr der Beklagte Anfang September 2008, dass die Ehefrau des Klägers zusätzlich bei der Firma A. Service und S.-S.-Reinigung in I. beschäftigt war. Der Beklagte forderte mit Schreiben vom 3. September 2008 den Kläger auf, den Arbeitsvertrag und die Lohnabrechnungen vorzulegen. Zusätzlich gab er Gelegenheit zur Stellungnahme, wies auf die Mitwirkungspflichten hin und behielt sich eine Entscheidung über die Rückforderung von Leistungen nach Aktenlage vor. Mit weiterem Schreiben vom 2. Oktober 2008 forderte der Beklagte erneut vom Kläger die entsprechenden Unterlagen und kündigte an, bei fehlender Vorlage die Leistungen gegebenenfalls ab Mai in vollem Umfang zurückzufordern. Der Beklagte forderte sodann von der Firma A. die Verdienstbescheinigungen an, welche ihm am 9. Oktober 2008 zugingen. Danach war die Ehefrau bereits seit 30. Mai 2007 beschäftigt, wobei für April 2008 365,12 EUR brutto wie netto und von Mai bis August 2008 ein Pauschallohn von monatlich 305,00 EUR gezahlt wurde, der jeweils am 12. des Folgemonats fällig war.
Mit einem an den Kläger gerichteten Änderungsbescheid vom 25. März 2009 änderte der Beklagte die Bewilligung für den Zeitraum 14. Mai bis 31. Juli 2008 ab, wobei er zusätzliches Einkommen von 365,12 EUR im Mai und 305,00 EUR in den Monaten Juni und Juli berücksichtigte und insoweit den Bescheid vom 13. Juni 2008 nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurücknahm. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, die eine Darstellung des angerechneten Einkommens enthielt.
Ebenfalls am 25. März 2009 erließ der Beklagte drei getrennte Erstattungsbescheide gegenüber der Ehefrau und J., ferner dem Kläger sowie S., wobei die Erstattungsbeträge jeweils nach Person und Monat getrennt aufgeführt waren.
Der Bevollmächtigte legte für sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegen den Änderungsbescheid vom 25. März 2009 Widerspruch ein und führte aus, dass eine Rücknahme nach § 45 SGB X nicht möglich sei. Bereits bei Antragstellung sei angegeben worden, dass Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt werde. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hätten darauf vertrauen können, dass die ihnen gewährten Leistungen rechtmäßig berechnet worden seien. Sie hätten nicht fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt und die Leistungen im Vertrauen auf die rechtmäßige Gewährung verbraucht. Auch gegen die Erstattungsbescheide wurde Widerspruch eingelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2009 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid zurück. Er führte aus, dass das Erwerbseinkommen (betreffend die Tätigkeit bei der Firma A.) zum Zeitpunkt des Zuflusses zu berücksichtigen sei. Bei Antragstellung sei lediglich ein Einkommen der Ehefrau hinsichtlich der Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei bekannt gewesen, die bereits seit Mai 2007 ausgeübte Tätigkeit bei der Firma A. sei nicht erwähnt worden. Einkünfte aus dieser Nebentätigkeit seien wiederholt nicht angegeben worden. In der Broschüre SGB II, deren Erhalt der Kläger bestätigt habe, sei auf S. 34 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Einkommen vollständig angegeben werden müsse. Der Ehefrau und den beiden Töchtern seien die vom Kläger gemachten Angaben zuzurechnen, da § 38 SGB II ausdrücklich auch die Antragstellung umfasse. Die Bewilligung sei daher teilweise aufzuheben, weil der Kläger als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft zumindest grob fahrlässig falsche bzw. unvollständige Angaben bezüglich der Erwerbseinkünfte seiner Ehefrau gemacht habe. Mit Widerspruchsbescheiden vom gleichen Tag wies der Beklagte auch die Widersprüche gegen die Erstattungsbescheide zurück.
Am 16. Juli 2009 haben die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Sie machen geltend, dass vor Erlass des Änderungsbescheides eine Anhörung nach § 24 SGB X unterblieben sei. Der Änderungsbescheid sei auch nicht hinreichend bestimmt, da die einzelnen Aufhebungsbeträge für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht zu erkennen seien. Es bestehe auch keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung, die Leistungen seien verbraucht. Zudem sei fraglich, wie ein Verschulden des Klägers den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet werden könne, § 38 SGB II gebe dafür nichts her. Zudem habe der Bescheid eine Regelung nicht nur gegenüber dem Kläger als Adressaten getroffen, sondern auch gegenüber den anderen Klägern; insoweit hätten gesonderte Bescheide ergehen müssen.
Die zugleich erhobenen Klagen gegen die Erstattungsbescheide hat das SG auf Antrag der Beteiligten im Hinblick auf die vorrangige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung zum Ruhen gebracht.
Mit Urteil vom 7. Dezember 2010 hat das SG den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 insoweit aufgehoben, als darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Monat Mai 2008 aufgehoben und für die Ehefrau und S. auch für die Monate Juni und Juli 2008 aufgehoben wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bewilligungsbescheid sei bezogen auf den Monat Mai 2008 nicht rechtswidrig, da der von der Ehefrau bezogene nicht berücksichtigte Arbeitslohn bereits vor Antragstellung auf Arbeitslosengeld II fällig gewesen sei. Ausgehend von einem Zufluss vor Antragstellung handele es sich bei dem Arbeitslohn nicht mehr um Einkommen, sondern um nicht zu berücksichtigendes Vermögen. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides bezogen auf die Aufhebung der Bewilligung für die Ehefrau und S. folge aus dem Umstand, dass der Änderungsbescheid lediglich an den Kläger gerichtet gewesen sei, inhaltlich aber Regelungen auch gegenüber der Ehefrau und S. getroffen werden sollten. Der Kläger sei zwar nach § 38 SGB II als bevollmächtigt anzusehen, Leistungen zu beantragen und entgegen zu nehmen, eine darüberhinausgehende Vollmacht zur Vertretung im Aufhebungsverfahren sei damit aber nicht verbunden. Der Beklagte hätte daher den Bescheid über eine teilweise Zurücknahme der Bewilligung allen hiervon betroffenen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft bekannt geben müssen. Dies gelte allerdings nicht für die minderjährige J., weil diese von ihrem Vater gesetzlich vertreten werde. Darüber hinaus sei der Bescheid vom 25. März 2009 nicht rechtswidrig. Eine Anhörung sei bereits mit den Schreiben vom 3. September und 2. Oktober 2008 jedenfalls gegenüber dem Kläger und damit auch J. erfolgt. Der Bescheid sei hinreichend begründet, denn jedenfalls der Anlage zu dem Bescheid lasse sich eindeutig entnehmen, wie das Einkommen berechnet worden sei. Die Rücknahme sei auch hinreichend bestimmt verfügt (§ 33 SGB X). Entscheidend sei, dass erkennbar sei, für welchen Monat und - da es sich um Individualansprüche handele - für welches Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen aufgehoben werden sollten. Es könne dahin stehen, ob es bereits ausreiche, dass der frühere Bewilligungsbescheid zum Vergleich der beiden Regelungen herangezogen werden könne. Denn jedenfalls habe der Beklagte mit den zeitgleich erlassenen Erstattungsbescheiden zu erkennen gegeben, in welcher Höhe die Bewilligung für jeden Monat und für jede Person zu erstatten sei.
Der Beklagte sei berechtigt und verpflichtet gewesen, die Bewilligung von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld für den Kläger und die Tochter J. für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2008 teilweise nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zurückzunehmen, denn die Bewilligung sei bereits bei Erlass des Bewilligungsbescheides wegen fehlender Berücksichtigung des weiteren Einkommens von monatlich 305,00 EUR teilweise rechtswidrig gewesen. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit vor, denn der Kläger habe durch Verschweigen des weiteren Einkommens in wesentlicher Beziehung unrichtige und unvollständige Angaben in seinem Antrag gemacht. Dies habe jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz beruht. Für Vorsatz spreche insbesondere die Erklärung des Klägers, wonach das Einkommen inklusive Kindergeld 908,00 EUR betrage. J. müsse sich die grobe Fahrlässigkeit des Klägers zurechnen lassen (§ 1629, 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sei eingehalten. Bei der Entscheidung über die Rücknahme sei kein Ermessen auszuüben (§ 40 SGB II, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Das SG hat die Berufung zugelassen, weil die Entscheidung von der Frage abhänge, ob ein Aufhebungsbescheid auch gegenüber dem Vertreter der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit Wirkung für diese erlassen werden könne.
Gegen dieses Urteil haben sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft am 6. Januar 2011 Berufung eingelegt. Die - durch das Urteil nicht beschwerte - Ehefrau sowie Tochter S. haben die Berufung in der Folgezeit wieder zurückgenommen. Zur Begründung der Berufung wird vorgetragen, dass der Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X sei. Nach dem Gebot der inhaltlichen Bestimmtheit sei für eine Aufhebung zunächst eine hinreichende Identifizierung des jeweils zurückzunehmenden Bewilligungsbescheids durch konkrete Benennung erforderlich. Sinnvollerweise erfolge dies durch Angabe des Datums des aufzuhebenden Bescheids, der Leistungsart und des Bewilligungszeitraums, der Leistungshöhe insgesamt und - soweit mehrere Personen als Leistungsempfänger in einem Bescheid zusammengefasst seien - auch des Leistungsanteils der betroffenen Person. Eine diesen Maßstäben genügende hinreichende Identifizierung des zurückzunehmenden Bescheids sei vorliegend nicht erfolgt. Die einzelnen Aufhebungsbeträge für die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien nicht erkennbar. Gegenüber jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft müsse ein rechtlich gesonderter Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergehen, wobei Bescheide, die Leistungen für minderjährige Kinder aufheben, an die jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu adressieren seien. Ein jeweils gesonderter Aufhebungsbescheid sei hier aber nicht ergangen. Das SG habe festgehalten, dass der Bescheid aufgrund der fehlenden Individualisierung teilweise aufzuheben sei. Da der Bescheid insgesamt rechtswidrig sei, müsse auch der gesamte Bescheid aufgehoben werden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Dezember 2010 abzuändern und den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 insgesamt aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und trägt ergänzend vor, dass er weiterhin die Auffassung vertrete, dass die teilweise Aufhebung für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2010 nicht lediglich gegenüber dem Kläger und der von diesem vertretenen minderjährigen Tochter sondern auch gegenüber den weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft wirke.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten des Beklagten und die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg wegen des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen Betrugs (Az. 220 Js 7376/10) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben.
Streitgegenstand ist nur noch die teilweise Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum 1. Juni bis 31. Juli 2008 gegenüber dem Kläger und seiner minderjährigen Tochter J. (Klägerin). Nur diese sind Berufungsführer. Insoweit hatte der Senat auch nicht zu überprüfen, ob die teilweise Aufhebung der Bewilligung auch gegenüber der Ehefrau des Klägers sowie der Tochter S. rechtmäßig war, denn der Beklagte hat das Urteil des SG nicht angefochten, so dass dieses insoweit rechtskräftig geworden ist.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Kläger ist statthaft (§ 143 SGG), da das SG die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist hieran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet, denn der Beklagte war wegen des von der Ehefrau des Klägers erzielten Einkommens bei der Firma A. berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die Monate Juni und Juli 2008 gegenüber den Berufungsführern aufzuheben.
Der Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 ist nicht schon wegen fehlender Bestimmtheit formell rechtswidrig. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf seinen Verfügungssatz, nicht auf die Gründe (Bundessozialgericht (BSG) SozR 1500 § 55 Nr. 35 S. 39). Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Der Verwaltungsakt muss in seinem Regelungsgehalt daher in sich widerspruchsfrei sein (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46 S. 384). Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann auf die Begründung des Verwaltungsakts zurückgegriffen werden (vgl. BSG SozR 3-4100 § 242q Nr. 1). Maßgebend ist insoweit im Rahmen der Anfechtungsklage die Bestimmtheit des Aufhebungs- bzw. Änderungsbescheids vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009. In dem an den Kläger als Leistungsempfänger und zugleich gesetzlichen Vertreter von J. adressierten Bescheid wird - soweit hier noch streitig - geregelt, das gegenüber ihm und J. die Bewilligungen für die Zeitraum 1. Juni bis 31. Juli 2008 teilweise aufgehoben werden. Dabei lässt sich dem Änderungsbescheid eindeutig die neu bewilligte Höhe der Leistungen für jeden einzelnen Leistungsempfänger und jeden einzelnen Monat erkennen. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - (juris)). Unter Rückgriff auf den zuvor ergangenen Bewilligungsbescheid vom 13. Juni 2008 lässt sich ohne weiteres mittels einfacher Rechenoperationen feststellen, in welcher Höhe für welchen Monat und welche Person eine Aufhebung der Bewilligung erfolgt. Zudem können die Kläger die Höhe der Aufhebung auch aus den am gleichen Tag erlassenen Erstattungsbescheiden ersehen. Damit ist für den Kläger eindeutig erkennbar, welche Regelung ihm und welche seiner Tochter gegenüber getroffen wurde (vgl. hierzu BSG SozR 1300 § 37 Nr. 1; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 33 Rdnr. 6). Es ist unbedenklich, dass mehrere Regelungen betreffend mehrere Personen, somit mehrere Einzelverfügungen (Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X) in einem Schreiben zusammengefasst werden, sofern - wie hier - der Empfänger zur Entgegennahme befugt ist und sich eindeutig ergibt, welcher Verwaltungsakt gegenüber welcher Person erlassen wurde. Insoweit ergibt sich vorliegend eindeutig, das gegenüber dem Kläger für Juni die Bewilligung in Höhe von 108,02 EUR und für Juli in Höhe von 107, 66 EUR und gegenüber J. für Juni in Höhe von 49,53 EUR und für Juli in Höhe von 49,61 EUR zurückgenommen wurde.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung ist § 45 SGB X, da der Bewilligungsbescheid bereits bei seinem Erlass rechtswidrig war, denn den Klägern hätten Leistungen nach dem SGB II nicht in der bewilligten Höhe gewährt werden dürfen, da die Bedarfsgemeinschaft durch den Verdienst der Ehefrau bei der Firma A. über weiteres Einkommen verfügte, das ihre Hilfebedürftigkeit schmälerte. Der Beklagte hat insoweit den tatsächlichen Leistungsanspruch mit dem Änderungsbescheid vom 25. März 2009 zutreffend berechnet. Insoweit kann auf Blatt 274 und 276 der Verwaltungsakte Bezug genommen werden. Die darüber hinausgehende Bewilligung mit Bescheid vom 13. Juni 2008 war daher rechtswidrig.
Hinsichtlich der rechtswidrigen Leistungsbewilligungen ist den Klägern kein Vertrauensschutz zuzubilligen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Der Kläger hat, wenn nicht gar vorsätzlich - wofür vieles spricht, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat - jedoch zumindest grob fahrlässig im Leistungsantrag falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht, indem er das Einkommen seiner Ehefrau aus der Tätigkeit bei der Firma A., die diese bereits seit längerem ausübte, nicht angab. Dieses Verschulden des Klägers ist auch der Klägerin als minderjährigem Kind des Klägers wegen der gesetzlichen Vertretung nach § 1629 BGB über § 278 BGB zuzurechnen.
Die Jahresfrist für die Rücknahme der Bewilligung nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Ermessen ist vorliegend nicht auszuüben. Insoweit wird die Vorschrift des § 45 SGB X durch § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III dahingehend modifiziert, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kein Ermessen auszuüben ist (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 40 Rdnr. 61 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2008.
Der 1959 geborene Kläger beantragte am 14. Mai 2008 für sich, seine 1961 geborene Ehefrau sowie die 1990 geborene Tochter S. und die 1998 Tochter J. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Der Kläger war bis März 2008 als Kraftfahrer bei einem niederländischen Unternehmen beschäftigt und anschließend arbeitslos. S. absolvierte ab 15. Januar 2008 eine Kochlehre. In dem von dem Kläger und seiner Ehefrau unterschriebenen Antragsformular wurde angegeben, dass die Ehefrau Einkommen in Höhe von monatlich 600,00 EUR erziele, hierzu wurde eine Lohnabrechnung von Rechtsanwältin W.-H. vom 28. April 2008 über 750,00 EUR brutto und 600,08 EUR netto vorgelegt. Am 29. Mai 2008 wurden der Ehefrau zuzüglich Urlaubsgeld 710,11 EUR netto gezahlt. Der Kläger gab an, dass die Familie von dem Einkommen der Ehefrau und Kindergeld, zusammen 908,00 EUR monatlich, lebe. Nach der für S. vorgelegten Bezüge-Abrechnung erhielt diese eine Ausbildungsvergütung von 591,00 EUR brutto und 469,26 EUR netto, wobei wegen 205,00 EUR Sachbezug eine Auszahlung von 264,26 EUR erfolgte.
Mit Bescheid vom 13. Juni 2008 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 14. Mai bis 31. August 2008 (für Mai: 436,59 EUR, für Juni 818,35 EUR und für Juli und August 832,35 EUR). Hierbei wurden als Einkommen das Kindergeld sowie die Bezüge der Ehefrau und der Tochter S. angerechnet.
Über einen automatisierten Datenabgleich erfuhr der Beklagte Anfang September 2008, dass die Ehefrau des Klägers zusätzlich bei der Firma A. Service und S.-S.-Reinigung in I. beschäftigt war. Der Beklagte forderte mit Schreiben vom 3. September 2008 den Kläger auf, den Arbeitsvertrag und die Lohnabrechnungen vorzulegen. Zusätzlich gab er Gelegenheit zur Stellungnahme, wies auf die Mitwirkungspflichten hin und behielt sich eine Entscheidung über die Rückforderung von Leistungen nach Aktenlage vor. Mit weiterem Schreiben vom 2. Oktober 2008 forderte der Beklagte erneut vom Kläger die entsprechenden Unterlagen und kündigte an, bei fehlender Vorlage die Leistungen gegebenenfalls ab Mai in vollem Umfang zurückzufordern. Der Beklagte forderte sodann von der Firma A. die Verdienstbescheinigungen an, welche ihm am 9. Oktober 2008 zugingen. Danach war die Ehefrau bereits seit 30. Mai 2007 beschäftigt, wobei für April 2008 365,12 EUR brutto wie netto und von Mai bis August 2008 ein Pauschallohn von monatlich 305,00 EUR gezahlt wurde, der jeweils am 12. des Folgemonats fällig war.
Mit einem an den Kläger gerichteten Änderungsbescheid vom 25. März 2009 änderte der Beklagte die Bewilligung für den Zeitraum 14. Mai bis 31. Juli 2008 ab, wobei er zusätzliches Einkommen von 365,12 EUR im Mai und 305,00 EUR in den Monaten Juni und Juli berücksichtigte und insoweit den Bescheid vom 13. Juni 2008 nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurücknahm. Dem Bescheid war eine Anlage beigefügt, die eine Darstellung des angerechneten Einkommens enthielt.
Ebenfalls am 25. März 2009 erließ der Beklagte drei getrennte Erstattungsbescheide gegenüber der Ehefrau und J., ferner dem Kläger sowie S., wobei die Erstattungsbeträge jeweils nach Person und Monat getrennt aufgeführt waren.
Der Bevollmächtigte legte für sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegen den Änderungsbescheid vom 25. März 2009 Widerspruch ein und führte aus, dass eine Rücknahme nach § 45 SGB X nicht möglich sei. Bereits bei Antragstellung sei angegeben worden, dass Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt werde. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hätten darauf vertrauen können, dass die ihnen gewährten Leistungen rechtmäßig berechnet worden seien. Sie hätten nicht fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt und die Leistungen im Vertrauen auf die rechtmäßige Gewährung verbraucht. Auch gegen die Erstattungsbescheide wurde Widerspruch eingelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2009 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid zurück. Er führte aus, dass das Erwerbseinkommen (betreffend die Tätigkeit bei der Firma A.) zum Zeitpunkt des Zuflusses zu berücksichtigen sei. Bei Antragstellung sei lediglich ein Einkommen der Ehefrau hinsichtlich der Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei bekannt gewesen, die bereits seit Mai 2007 ausgeübte Tätigkeit bei der Firma A. sei nicht erwähnt worden. Einkünfte aus dieser Nebentätigkeit seien wiederholt nicht angegeben worden. In der Broschüre SGB II, deren Erhalt der Kläger bestätigt habe, sei auf S. 34 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass Einkommen vollständig angegeben werden müsse. Der Ehefrau und den beiden Töchtern seien die vom Kläger gemachten Angaben zuzurechnen, da § 38 SGB II ausdrücklich auch die Antragstellung umfasse. Die Bewilligung sei daher teilweise aufzuheben, weil der Kläger als Vertreter der Bedarfsgemeinschaft zumindest grob fahrlässig falsche bzw. unvollständige Angaben bezüglich der Erwerbseinkünfte seiner Ehefrau gemacht habe. Mit Widerspruchsbescheiden vom gleichen Tag wies der Beklagte auch die Widersprüche gegen die Erstattungsbescheide zurück.
Am 16. Juli 2009 haben die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Sie machen geltend, dass vor Erlass des Änderungsbescheides eine Anhörung nach § 24 SGB X unterblieben sei. Der Änderungsbescheid sei auch nicht hinreichend bestimmt, da die einzelnen Aufhebungsbeträge für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht zu erkennen seien. Es bestehe auch keine Rechtsgrundlage für die Aufhebung, die Leistungen seien verbraucht. Zudem sei fraglich, wie ein Verschulden des Klägers den anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet werden könne, § 38 SGB II gebe dafür nichts her. Zudem habe der Bescheid eine Regelung nicht nur gegenüber dem Kläger als Adressaten getroffen, sondern auch gegenüber den anderen Klägern; insoweit hätten gesonderte Bescheide ergehen müssen.
Die zugleich erhobenen Klagen gegen die Erstattungsbescheide hat das SG auf Antrag der Beteiligten im Hinblick auf die vorrangige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bewilligung zum Ruhen gebracht.
Mit Urteil vom 7. Dezember 2010 hat das SG den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 insoweit aufgehoben, als darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Monat Mai 2008 aufgehoben und für die Ehefrau und S. auch für die Monate Juni und Juli 2008 aufgehoben wurde. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bewilligungsbescheid sei bezogen auf den Monat Mai 2008 nicht rechtswidrig, da der von der Ehefrau bezogene nicht berücksichtigte Arbeitslohn bereits vor Antragstellung auf Arbeitslosengeld II fällig gewesen sei. Ausgehend von einem Zufluss vor Antragstellung handele es sich bei dem Arbeitslohn nicht mehr um Einkommen, sondern um nicht zu berücksichtigendes Vermögen. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides bezogen auf die Aufhebung der Bewilligung für die Ehefrau und S. folge aus dem Umstand, dass der Änderungsbescheid lediglich an den Kläger gerichtet gewesen sei, inhaltlich aber Regelungen auch gegenüber der Ehefrau und S. getroffen werden sollten. Der Kläger sei zwar nach § 38 SGB II als bevollmächtigt anzusehen, Leistungen zu beantragen und entgegen zu nehmen, eine darüberhinausgehende Vollmacht zur Vertretung im Aufhebungsverfahren sei damit aber nicht verbunden. Der Beklagte hätte daher den Bescheid über eine teilweise Zurücknahme der Bewilligung allen hiervon betroffenen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft bekannt geben müssen. Dies gelte allerdings nicht für die minderjährige J., weil diese von ihrem Vater gesetzlich vertreten werde. Darüber hinaus sei der Bescheid vom 25. März 2009 nicht rechtswidrig. Eine Anhörung sei bereits mit den Schreiben vom 3. September und 2. Oktober 2008 jedenfalls gegenüber dem Kläger und damit auch J. erfolgt. Der Bescheid sei hinreichend begründet, denn jedenfalls der Anlage zu dem Bescheid lasse sich eindeutig entnehmen, wie das Einkommen berechnet worden sei. Die Rücknahme sei auch hinreichend bestimmt verfügt (§ 33 SGB X). Entscheidend sei, dass erkennbar sei, für welchen Monat und - da es sich um Individualansprüche handele - für welches Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen aufgehoben werden sollten. Es könne dahin stehen, ob es bereits ausreiche, dass der frühere Bewilligungsbescheid zum Vergleich der beiden Regelungen herangezogen werden könne. Denn jedenfalls habe der Beklagte mit den zeitgleich erlassenen Erstattungsbescheiden zu erkennen gegeben, in welcher Höhe die Bewilligung für jeden Monat und für jede Person zu erstatten sei.
Der Beklagte sei berechtigt und verpflichtet gewesen, die Bewilligung von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld für den Kläger und die Tochter J. für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2008 teilweise nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zurückzunehmen, denn die Bewilligung sei bereits bei Erlass des Bewilligungsbescheides wegen fehlender Berücksichtigung des weiteren Einkommens von monatlich 305,00 EUR teilweise rechtswidrig gewesen. Darüber hinaus lägen auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit vor, denn der Kläger habe durch Verschweigen des weiteren Einkommens in wesentlicher Beziehung unrichtige und unvollständige Angaben in seinem Antrag gemacht. Dies habe jedenfalls auf grober Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz beruht. Für Vorsatz spreche insbesondere die Erklärung des Klägers, wonach das Einkommen inklusive Kindergeld 908,00 EUR betrage. J. müsse sich die grobe Fahrlässigkeit des Klägers zurechnen lassen (§ 1629, 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sei eingehalten. Bei der Entscheidung über die Rücknahme sei kein Ermessen auszuüben (§ 40 SGB II, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Das SG hat die Berufung zugelassen, weil die Entscheidung von der Frage abhänge, ob ein Aufhebungsbescheid auch gegenüber dem Vertreter der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft mit Wirkung für diese erlassen werden könne.
Gegen dieses Urteil haben sämtliche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft am 6. Januar 2011 Berufung eingelegt. Die - durch das Urteil nicht beschwerte - Ehefrau sowie Tochter S. haben die Berufung in der Folgezeit wieder zurückgenommen. Zur Begründung der Berufung wird vorgetragen, dass der Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X sei. Nach dem Gebot der inhaltlichen Bestimmtheit sei für eine Aufhebung zunächst eine hinreichende Identifizierung des jeweils zurückzunehmenden Bewilligungsbescheids durch konkrete Benennung erforderlich. Sinnvollerweise erfolge dies durch Angabe des Datums des aufzuhebenden Bescheids, der Leistungsart und des Bewilligungszeitraums, der Leistungshöhe insgesamt und - soweit mehrere Personen als Leistungsempfänger in einem Bescheid zusammengefasst seien - auch des Leistungsanteils der betroffenen Person. Eine diesen Maßstäben genügende hinreichende Identifizierung des zurückzunehmenden Bescheids sei vorliegend nicht erfolgt. Die einzelnen Aufhebungsbeträge für die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft seien nicht erkennbar. Gegenüber jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft müsse ein rechtlich gesonderter Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergehen, wobei Bescheide, die Leistungen für minderjährige Kinder aufheben, an die jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu adressieren seien. Ein jeweils gesonderter Aufhebungsbescheid sei hier aber nicht ergangen. Das SG habe festgehalten, dass der Bescheid aufgrund der fehlenden Individualisierung teilweise aufzuheben sei. Da der Bescheid insgesamt rechtswidrig sei, müsse auch der gesamte Bescheid aufgehoben werden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 7. Dezember 2010 abzuändern und den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 insgesamt aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und trägt ergänzend vor, dass er weiterhin die Auffassung vertrete, dass die teilweise Aufhebung für die Zeit vom 1. Juni bis 31. Juli 2010 nicht lediglich gegenüber dem Kläger und der von diesem vertretenen minderjährigen Tochter sondern auch gegenüber den weiteren Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft wirke.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten des Beklagten und die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg wegen des Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen Betrugs (Az. 220 Js 7376/10) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg.
Der Senat kann über die Berufung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben.
Streitgegenstand ist nur noch die teilweise Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum 1. Juni bis 31. Juli 2008 gegenüber dem Kläger und seiner minderjährigen Tochter J. (Klägerin). Nur diese sind Berufungsführer. Insoweit hatte der Senat auch nicht zu überprüfen, ob die teilweise Aufhebung der Bewilligung auch gegenüber der Ehefrau des Klägers sowie der Tochter S. rechtmäßig war, denn der Beklagte hat das Urteil des SG nicht angefochten, so dass dieses insoweit rechtskräftig geworden ist.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Kläger ist statthaft (§ 143 SGG), da das SG die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist hieran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Die Berufung ist indes nicht begründet, denn der Beklagte war wegen des von der Ehefrau des Klägers erzielten Einkommens bei der Firma A. berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die Monate Juni und Juli 2008 gegenüber den Berufungsführern aufzuheben.
Der Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009 ist nicht schon wegen fehlender Bestimmtheit formell rechtswidrig. Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf seinen Verfügungssatz, nicht auf die Gründe (Bundessozialgericht (BSG) SozR 1500 § 55 Nr. 35 S. 39). Aus dem Verfügungssatz muss für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Der Verwaltungsakt muss in seinem Regelungsgehalt daher in sich widerspruchsfrei sein (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46 S. 384). Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann auf die Begründung des Verwaltungsakts zurückgegriffen werden (vgl. BSG SozR 3-4100 § 242q Nr. 1). Maßgebend ist insoweit im Rahmen der Anfechtungsklage die Bestimmtheit des Aufhebungs- bzw. Änderungsbescheids vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2009. In dem an den Kläger als Leistungsempfänger und zugleich gesetzlichen Vertreter von J. adressierten Bescheid wird - soweit hier noch streitig - geregelt, das gegenüber ihm und J. die Bewilligungen für die Zeitraum 1. Juni bis 31. Juli 2008 teilweise aufgehoben werden. Dabei lässt sich dem Änderungsbescheid eindeutig die neu bewilligte Höhe der Leistungen für jeden einzelnen Leistungsempfänger und jeden einzelnen Monat erkennen. Unschädlich ist, wenn zur Auslegung des Verfügungssatzes auf die Begründung des Verwaltungsakts, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden muss (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 - B 14 AS 92/09 R - (juris)). Unter Rückgriff auf den zuvor ergangenen Bewilligungsbescheid vom 13. Juni 2008 lässt sich ohne weiteres mittels einfacher Rechenoperationen feststellen, in welcher Höhe für welchen Monat und welche Person eine Aufhebung der Bewilligung erfolgt. Zudem können die Kläger die Höhe der Aufhebung auch aus den am gleichen Tag erlassenen Erstattungsbescheiden ersehen. Damit ist für den Kläger eindeutig erkennbar, welche Regelung ihm und welche seiner Tochter gegenüber getroffen wurde (vgl. hierzu BSG SozR 1300 § 37 Nr. 1; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 33 Rdnr. 6). Es ist unbedenklich, dass mehrere Regelungen betreffend mehrere Personen, somit mehrere Einzelverfügungen (Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X) in einem Schreiben zusammengefasst werden, sofern - wie hier - der Empfänger zur Entgegennahme befugt ist und sich eindeutig ergibt, welcher Verwaltungsakt gegenüber welcher Person erlassen wurde. Insoweit ergibt sich vorliegend eindeutig, das gegenüber dem Kläger für Juni die Bewilligung in Höhe von 108,02 EUR und für Juli in Höhe von 107, 66 EUR und gegenüber J. für Juni in Höhe von 49,53 EUR und für Juli in Höhe von 49,61 EUR zurückgenommen wurde.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung ist § 45 SGB X, da der Bewilligungsbescheid bereits bei seinem Erlass rechtswidrig war, denn den Klägern hätten Leistungen nach dem SGB II nicht in der bewilligten Höhe gewährt werden dürfen, da die Bedarfsgemeinschaft durch den Verdienst der Ehefrau bei der Firma A. über weiteres Einkommen verfügte, das ihre Hilfebedürftigkeit schmälerte. Der Beklagte hat insoweit den tatsächlichen Leistungsanspruch mit dem Änderungsbescheid vom 25. März 2009 zutreffend berechnet. Insoweit kann auf Blatt 274 und 276 der Verwaltungsakte Bezug genommen werden. Die darüber hinausgehende Bewilligung mit Bescheid vom 13. Juni 2008 war daher rechtswidrig.
Hinsichtlich der rechtswidrigen Leistungsbewilligungen ist den Klägern kein Vertrauensschutz zuzubilligen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Der Kläger hat, wenn nicht gar vorsätzlich - wofür vieles spricht, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat - jedoch zumindest grob fahrlässig im Leistungsantrag falsche bzw. unvollständige Angaben gemacht, indem er das Einkommen seiner Ehefrau aus der Tätigkeit bei der Firma A., die diese bereits seit längerem ausübte, nicht angab. Dieses Verschulden des Klägers ist auch der Klägerin als minderjährigem Kind des Klägers wegen der gesetzlichen Vertretung nach § 1629 BGB über § 278 BGB zuzurechnen.
Die Jahresfrist für die Rücknahme der Bewilligung nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist eingehalten. Ermessen ist vorliegend nicht auszuüben. Insoweit wird die Vorschrift des § 45 SGB X durch § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 SGB III dahingehend modifiziert, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X kein Ermessen auszuüben ist (vgl. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 40 Rdnr. 61 ff.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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