Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 6055/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3456/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.06.2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1963 geborene Klägerin war zuletzt als Verkaufsstellenverwalterin bei der Fa. Sch. beschäftigt. Wegen Beschwerden an den Schultern unterzog sie sich in den Jahren 2004 und 2008 zunächst rechts dann links operativer Eingriffe. Auf Grund eines Bandscheibenvorfalls wurde die Klägerin im Jahr 2005 und erneuter Beschwerden wegen einer Wirbelsäuleninstabilität im Jahr 2006 operiert. Es erfolgten eine Versteifung L4 bis S1. Nach dem Eingriff im Jahr 2006 konnte die Klägerin nicht wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden, da sie immer wieder Beschwerden angibt.
Die Klägerin bezog bis zur Aussteuerung Krankengeld und ab dem 07.02.2007 Arbeitslosengeld. Auf Veranlassung der Bundesagentur für Arbeit, die von einem Leistungsvermögen unter 15 Stunden wöchentlich ausging, stellte die Klägerin im Januar 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen, der später als Rentenantrag weiter bearbeitet wurde (Bl. 46 VA, Formantrag Bl. 35 VA).
Die Beklagte holte das Gutachten des Facharztes für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. D. ein, der nach einer Untersuchung der Klägerin im April 2007 wegen anhaltender Belastungsbeschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS) von einem Leistungsvermögen für leichte Frauenarbeiten in wechselnden Körperhaltungen von drei bis unter sechs Stunden täglich ausging und eine Besserung für unwahrscheinlich hielt. Im Entlassungsbericht zu der im Juni/Juli 2007 im Rehazentrum Schömberg durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme diagnostizierten die dort tätigen Ärzte unter anderem ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium II und ein degeneratives LWS-Syndrom. Die Klägerin wurde arbeitsunfähig entlassen. Gleichwohl gingen die Ärzte von einem zeitlichen Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden sowohl für eine Tätigkeit als Verkäuferin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus, gegebenenfalls nach Durchführung einer stufenweisen Wiedereingliederung. Gestützt auf den Entlassungsbericht lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2007 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. B. berichtete von Funktionseinschränkungen bei längerem Sitzen und Stehen wegen LWS-Beschwerden, der Allgemeinmediziner R. von gelegentlichen LWS-Beschwerden und einer Funktionseinschränkung beim schweren Heben. Die Neurologin Dr. W. gab an, es liege keine neurologische Krankheit vor. Gutachtlich gingen sowohl der Facharzt für Nerven- und Gemütsleiden Dr. St. (Untersuchung im April 2008) als auch der Facharzt für Orthopädie Dr. H. (Untersuchung im Juli 2008) davon aus, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (beim Treppen- und Leiternsteigen, auf Gerüsten) in wechselnder Körperhaltung verrichten könne. Dr. St. diagnostizierte neben der Wirbelfusion eine Lumboischialgie, Dr. H. gab als Diagnose die durchgeführte Wirbelfusion und nicht einzuordnende Beinschmerzen an. Im Übrigen schloss er eine lumbo-sacrale Wurzelreizung und eine Instabilität der Wirbelsäule aus. Seine Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens stellte er unter den Vorbehalt, dass die eingebrachten Pedikel-Schrauben korrekt liegen würden. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin Hempel wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2008 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 02.12.2008 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben. Das Sozialgericht hat den Orthopäden Dr. N. , den Allgemeinmediziner R. und die Neurologin Dr. W. als sachverständige Zeugin schriftlich befragt. Dr. N. und Dr. W. haben im Februar 2009 übereinstimmend angegeben, dass die Klägerin seit Januar 2008 nicht mehr in ihrer Behandlung gewesen sei. Allgemeinmediziner R. hat eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich nicht ausgeschlossen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht Dr. S. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach zweifacher Fusionsoperation an der LWS nebst unsicherem Gangbild ohne sicher nachweisbarer neurologischer Symptomatik und eine muskuläre Dysbalance an beiden Schultergelenken mit endgradiger Bewegungseinschränkung diagnostiziert und die Klägerin unter anderem unter Hinweis auf die hochdosierte Schmerzmitteltherapie nur noch für in der Lage erachtet, einer Tätigkeit unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (insbesondere ohne Stehen) drei bis unter sechs Stunden nachzugehen. Sodann hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. K. , der nach Untersuchung der Klägerin am 12.10.2009 ein Failed-Back-Syndrom (vorwiegend lumbal lokalisierte Schmerzen ohne bildgebendes Korrelat nach einer Wirbelsäulenoperation) diagnostiziert und eine somatoforme Störung ausgeschlossen hat, eingeholt. Das Implantat sei gut eingewachsen. Er hat die Klägerin für in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten (Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg, gelegentlich 10 kg) in wechselnden Körperhaltungen sechs Stunden täglich zu verrichten (ohne einförmige Körperhaltung, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten). Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das SG schließlich noch das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. eingeholt. Auch dieser hat bei der Klägerin ein Failed-Back-Syndrom - mit somatoformer Schmerzstörung - diagnostiziert und eine leichte Tätigkeit unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, kein überwiegendes Stehen, häufiges Bücken, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, unter ungünstigen Witterungseinflüssen, im Akkord oder am Fließband) von mindestens sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Unter anderem hat er darauf hingewiesen, dass die Angaben der Klägerin zu ihrem Schmerzmittelkonsum nicht mit den von ihm erhobenen Blutwerten in Übereinstimmung zu bringen gewesen seien. Das Ausmaß der Schmerzschilderung habe im Widerspruch zu der im Bewegungsablauf in der Untersuchungssituation nicht erkennbar wesentlich schmerzbedingten Beeinträchtigung gestanden. Ihren weiteren Antrag nach § 109 SGG auf Einholung eines "schmerztherapeutischen" Gutachtens beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. hat die Klägerin nicht aufrechterhalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.06.2010 hat das Sozialgericht die Klage gestützt auf die Ausführungen von Dr. K. , Dr. B. und Dr. R. abgewiesen. Der bei der Klägerin bestehende Zustand nach zweimaliger LWS-Operation, ein Failed-Back-Syndrom und eine somatoforme Schmerzstörung stünden einer leichten Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, ohne überwiegendem Stehen, häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie einförmigen Körperhaltungen nicht entgegen. Eine solche Tätigkeit könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Gegen den ihr am 29.06.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.07.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie auf eine neu begonnene Schmerztherapie beim Rehabilitationsmediziner Dr. D. hingewiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2008 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. nach § 109 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat den Allgemeinmediziner R. und Dr. D. als sachverständige Zeugen befragt. Der Allgemeinmediziner R. hat von einer Verschlechterung des Gesundheitszustands berichtet und die Klägerin nur noch für in der Lage erachtet, vier bis fünf Stunden täglich zu arbeiten. Auch Dr. D. ist von einem Leistungsvermögen von maximal vier Stunden mit arbeitsunüblichen Pausen ausgegangen und hat zur Begründung ausgeführt, selbst bei geringen Belastungen im Lumbalbereich trete eine deutliche Schmerzverstärkung mit Ausstrahlung in beide Beine ein. Es bestünde eine deutliche Bewegungseinschränkung mit atrophischer Muskulatur, die schmerzbedingt nur begrenzt auftrainiert werden könne.
Der Senat hat den Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Fachklinik in H. Prof. Dr. Dr. H. mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat eine geringfügige Periarthralgie beider Schultergelenke, ein funktionell muskuläres unteres Halswirbelsäulensyndrom und einen Zustand nach dorsaler Fusion an der LWS mit verbliebenem funktionellen Defizit ohne restradikuläre Störung diagnostiziert und ist von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ausgegangen (ohne lang anhaltende Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Gewichten über 10 bis 12 kg, ohne Hock-, Bück- oder knieender Stellung, nicht auf unebenem Gelände und nicht auf Leitern und Gerüsten). Offensichtlich bestehe bei der Klägerin ein postoperatives Schmerzsyndrom (Postfusionssyndrom), das durch medikamentöse Maßnahmen angegangen werde. Entgegen dem neurologischen Gutachten von Dr. K. handle es sich mit Sicherheit nicht um ein Failed-Back-Surgery-Syndrom. Die korrekt von Dr. B. diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung beeinträchtige das Restleistungsvermögen qualitativ, jedoch nicht quantitativ. Das von Dr. D. angegebene halbschichtige Leistungsvermögen sei sozialmedizinisch nicht haltbar.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben steht der Klägerin eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht zu.
Zwar leidet die Klägerin neben den Beeinträchtigungen von Seiten der LWS, wie Prof. Dr. Dr. H. überzeugend dargestellt hatte, auch an einer geringfügigen Periarthralgie beider Schultergelenke, einem funktionellen muskulären unteren Halswirbelsäulensyndrom und einer mäßiggradigen Senk-Spreizfußbildung beidseits mit leichter Zehendeformität und Nagelmykose. Diese Gesundheitsstörungen sind aber sozialmedizinisch, d.h. im Hinblick auf das berufliche Leistungsvermögen, - so wiederum Prof. Dr. Dr. H. überzeugend - im Wesentlichen irrelevant. Die Schulterbeschwerden schließen lediglich schwere Tätigkeiten sowie länger andauernde Tätigkeiten mit Überkopfhaltung der Arme aus. Soweit im Laufe des anhängigen Rentenverfahrens auf Grund von Beschwerden zuletzt im Jahr 2008 eine Operation an der Schulter links stattgefunden hat, haben diese Beschwerden keine dauerhafte Leistungseinschränkung begründet. Auch die Klägerin ist - wie sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. H. ergibt - mit den Operationsergebnissen subjektiv sehr zufrieden und hat insoweit keine wesentlichen Schmerzen mehr angegeben. Es ist - so Prof. Dr. Dr. H. - zu einem sehr schönen Ausheilungsergebnis gekommen.
Sozialmedizinisch relevant sind hier vielmehr die Beschwerden, die die Klägerin infolge der wegen eines Bandscheibenvorfalls und einer Wirbelsäuleninstabilität durchgeführten Versteifungsoperationen entwickelt hat. Der Senat kann letztlich dahingestellt lassen, ob diese Beschwerden alternativ oder kumulativ als "Zustand nach dorsaler Fusion L 4/L 5 und L 5/S 1 mit Fixateur interne und PLIF L 5/S 1 mit verbliebenem funktionellen Defizit ohne restradikuläre Störung" (Prof. Dr. Dr. H. ), als Failed-Back-Syndrom (Dr. K. und Dr. B. ) bzw. als somatoforme Schmerzstörung/Postfusionssyndrom (Dr. B. , Prof. Dr. Dr. H. ) zu diagnostizieren sind. Maßgeblich für die hier zu treffende Entscheidung sind vielmehr die durch die Versteifung verursachten Beschwerden und die damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen. Insoweit kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin bei Beachtung der von Prof. Dr. Dr. H. aufgeführten qualitativen Einschränkungen (keine schweren und ausschließlich mittelschweren Tätigkeiten, keine Tätigkeiten ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen, keine Arbeiten in Rumpfanteklination, kein Heben und Tragen von Lastgewichten über 10 bis 12 kg, keine Arbeiten in hockender, bückender oder knieender Stellung, keine Arbeiten auf unebenem Gelände bzw. auf Leitern und Gerüsten) auf unter sechs Stunden abgesunken ist. Der Senat stützt sich dabei auf die ungeachtet der zum Teil abweichenden Diagnosestellung hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens im Wesentlichen übereinstimmenden Gutachten von Dr. St. , Dr. H. , Dr. K. , Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H ... Soweit Dr. K. bzw. Dr. B. nur Lastenmanipulationen bis 5 kg für zumutbar erachtet haben, folgt hieraus kein anderes Ergebnis. Denn auch dann sind der Klägerin leichte Tätigkeiten ohne rentenrelevante zeitliche Einschränkung zumutbar.
Soweit Dr. S. als einziger Sachverständiger ein zeitlich auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränktes Leistungsvermögen gesehen hat, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. S. hat die von ihm angenommene zeitliche Leistungseinschränkung mit der Schmerzmedikation der Klägerin und den Beschwerden beim Sitzen begründet. Dabei erschließt sich schon nicht, warum eine - lindernde - Schmerzmedikation zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen soll. Zudem hat sich die von der Klägerin behauptete Medikamenteneinnahme in den von Dr. B. erhobenen Laborwerten nicht nachweisen lassen. Ferner hat Dr. B. bei der Klägerin noch Inkonsistenzen in der Schilderung des Schmerzcharakters und Schmerzverlaufs gesehen. Gleiches gilt für die Beschwerden beim Sitzen: diesen kann durch qualitative Einschränkungen Rechnung getragen werden. Darüber hinaus hat die Beklagte zu Recht eingewandt, dass Dr. S. ungeprüft und ohne kritisches Hinterfragen die subjektiven Angaben der Klägerin zu ihrer Belastbarkeit übernommen hat. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben sprechen jedoch, wie sich insbesondere aus dem Gutachten von Dr. K. , Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H. ergibt, gewichtige Anhaltspunkte. So bewältigt die Klägerin nach ihren Angaben zum Tagesablauf gegenüber Dr. K. die Hausarbeit mit Ausnahme schwerer Arbeiten in ihrem 160 m2 großen Haus im Wesentlichen selbst. Mehrmals täglich geht sie mit ihrem Hund im normalen Tempo spazieren und schwimmt täglich in ihrem eigenen Schwimmbad. Ferner hindern sie ihre Gesundheitsstörungen nicht daran, zweimal pro Woche eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Altenpflegeheim durchzuführen. Dr. B. , den die Klägerin selbst als Sachverständigen ausgewählt hat, hat das von der Klägerin geschilderte Ausmaß ihrer Schmerzen nicht durch entsprechende schmerzbedingte Beeinträchtigungen im Bewegungsablauf in der Untersuchungssituation bestätigt gesehen.
Auch aus den Angaben der Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. H. zum aktuellen Beschwerdebild - zeitlich gesehen also nach der vom sachverständigen Zeugen R. gesehenen Verschlechterung des Gesundheitszustands und auch nach Beginn der Behandlungen bei Dr. D. - kann auf keine rentenrelevante Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten geschlossen werden. Denn befragt nach ihrem aktuellen Beschwerdebild hat die Klägerin lediglich angegeben, sie könne die früher leidenschaftlich von ihr betriebenen Sportarten nicht mehr ausüben, Laufen und Liegen würde ihr gut tun, Stehen sei problematisch. Zu den Hauptproblemen im Flankenbereich beidseits mit körperpositions- und belastungsabhängiger Ausstrahlung bis in beide Oberschenkel hat sie näher ausgeführt, sie könne sich kaum bücken, keine schweren Gewichte vom Boden anheben und habe Probleme beim Tragen schwerer Gewichte. Fahrrad fahren sei nicht mehr möglich. Diese Einschränkungen bestätigen zwar die genannten qualitativen Einschränkungen. Der Senat hält es jedoch angesichts dieser Angaben für fernliegend, über die qualitativen Einschränkungen hinausgehend auch ein zeitlich rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen anzunehmen. Den Aussagen der sachverständigen Zeugen R. und Dr. D. folgt der Senat daher nicht.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von den Sachverständigen genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG lehnt der Senat ab. Im erstinstanzlichen Verfahren wurden bereits zwei Gutachten nach § 109 SGG, eines davon auf dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet (Dr. B. ), eingeholt. Da es sich bei dem von der Klägerin nunmehr benannten Dr. W. um einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie handelt, liegt ein wiederholender Antrag auf Anhörung eines Arztes desselben Fachgebiets vor, der abzulehnen ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage § 109 Rdnr. 10a/b).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1963 geborene Klägerin war zuletzt als Verkaufsstellenverwalterin bei der Fa. Sch. beschäftigt. Wegen Beschwerden an den Schultern unterzog sie sich in den Jahren 2004 und 2008 zunächst rechts dann links operativer Eingriffe. Auf Grund eines Bandscheibenvorfalls wurde die Klägerin im Jahr 2005 und erneuter Beschwerden wegen einer Wirbelsäuleninstabilität im Jahr 2006 operiert. Es erfolgten eine Versteifung L4 bis S1. Nach dem Eingriff im Jahr 2006 konnte die Klägerin nicht wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden, da sie immer wieder Beschwerden angibt.
Die Klägerin bezog bis zur Aussteuerung Krankengeld und ab dem 07.02.2007 Arbeitslosengeld. Auf Veranlassung der Bundesagentur für Arbeit, die von einem Leistungsvermögen unter 15 Stunden wöchentlich ausging, stellte die Klägerin im Januar 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen, der später als Rentenantrag weiter bearbeitet wurde (Bl. 46 VA, Formantrag Bl. 35 VA).
Die Beklagte holte das Gutachten des Facharztes für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. D. ein, der nach einer Untersuchung der Klägerin im April 2007 wegen anhaltender Belastungsbeschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS) von einem Leistungsvermögen für leichte Frauenarbeiten in wechselnden Körperhaltungen von drei bis unter sechs Stunden täglich ausging und eine Besserung für unwahrscheinlich hielt. Im Entlassungsbericht zu der im Juni/Juli 2007 im Rehazentrum Schömberg durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme diagnostizierten die dort tätigen Ärzte unter anderem ein chronisches Schmerzsyndrom Stadium II und ein degeneratives LWS-Syndrom. Die Klägerin wurde arbeitsunfähig entlassen. Gleichwohl gingen die Ärzte von einem zeitlichen Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden sowohl für eine Tätigkeit als Verkäuferin als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus, gegebenenfalls nach Durchführung einer stufenweisen Wiedereingliederung. Gestützt auf den Entlassungsbericht lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.09.2007 die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Der Facharzt für Neurochirurgie Dr. B. berichtete von Funktionseinschränkungen bei längerem Sitzen und Stehen wegen LWS-Beschwerden, der Allgemeinmediziner R. von gelegentlichen LWS-Beschwerden und einer Funktionseinschränkung beim schweren Heben. Die Neurologin Dr. W. gab an, es liege keine neurologische Krankheit vor. Gutachtlich gingen sowohl der Facharzt für Nerven- und Gemütsleiden Dr. St. (Untersuchung im April 2008) als auch der Facharzt für Orthopädie Dr. H. (Untersuchung im Juli 2008) davon aus, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (beim Treppen- und Leiternsteigen, auf Gerüsten) in wechselnder Körperhaltung verrichten könne. Dr. St. diagnostizierte neben der Wirbelfusion eine Lumboischialgie, Dr. H. gab als Diagnose die durchgeführte Wirbelfusion und nicht einzuordnende Beinschmerzen an. Im Übrigen schloss er eine lumbo-sacrale Wurzelreizung und eine Instabilität der Wirbelsäule aus. Seine Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens stellte er unter den Vorbehalt, dass die eingebrachten Pedikel-Schrauben korrekt liegen würden. Nach Einholung einer weiteren Stellungnahme ihrer beratenden Ärztin Hempel wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2008 zurück.
Deswegen hat die Klägerin am 02.12.2008 beim Sozialgericht Freiburg Klage erhoben. Das Sozialgericht hat den Orthopäden Dr. N. , den Allgemeinmediziner R. und die Neurologin Dr. W. als sachverständige Zeugin schriftlich befragt. Dr. N. und Dr. W. haben im Februar 2009 übereinstimmend angegeben, dass die Klägerin seit Januar 2008 nicht mehr in ihrer Behandlung gewesen sei. Allgemeinmediziner R. hat eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich nicht ausgeschlossen.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht Dr. S. mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach zweifacher Fusionsoperation an der LWS nebst unsicherem Gangbild ohne sicher nachweisbarer neurologischer Symptomatik und eine muskuläre Dysbalance an beiden Schultergelenken mit endgradiger Bewegungseinschränkung diagnostiziert und die Klägerin unter anderem unter Hinweis auf die hochdosierte Schmerzmitteltherapie nur noch für in der Lage erachtet, einer Tätigkeit unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (insbesondere ohne Stehen) drei bis unter sechs Stunden nachzugehen. Sodann hat das Sozialgericht das Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. K. , der nach Untersuchung der Klägerin am 12.10.2009 ein Failed-Back-Syndrom (vorwiegend lumbal lokalisierte Schmerzen ohne bildgebendes Korrelat nach einer Wirbelsäulenoperation) diagnostiziert und eine somatoforme Störung ausgeschlossen hat, eingeholt. Das Implantat sei gut eingewachsen. Er hat die Klägerin für in der Lage erachtet, leichte Tätigkeiten (Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg, gelegentlich 10 kg) in wechselnden Körperhaltungen sechs Stunden täglich zu verrichten (ohne einförmige Körperhaltung, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten). Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das SG schließlich noch das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. B. eingeholt. Auch dieser hat bei der Klägerin ein Failed-Back-Syndrom - mit somatoformer Schmerzstörung - diagnostiziert und eine leichte Tätigkeit unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, kein überwiegendes Stehen, häufiges Bücken, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, unter ungünstigen Witterungseinflüssen, im Akkord oder am Fließband) von mindestens sechs Stunden täglich für möglich erachtet. Unter anderem hat er darauf hingewiesen, dass die Angaben der Klägerin zu ihrem Schmerzmittelkonsum nicht mit den von ihm erhobenen Blutwerten in Übereinstimmung zu bringen gewesen seien. Das Ausmaß der Schmerzschilderung habe im Widerspruch zu der im Bewegungsablauf in der Untersuchungssituation nicht erkennbar wesentlich schmerzbedingten Beeinträchtigung gestanden. Ihren weiteren Antrag nach § 109 SGG auf Einholung eines "schmerztherapeutischen" Gutachtens beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. hat die Klägerin nicht aufrechterhalten.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.06.2010 hat das Sozialgericht die Klage gestützt auf die Ausführungen von Dr. K. , Dr. B. und Dr. R. abgewiesen. Der bei der Klägerin bestehende Zustand nach zweimaliger LWS-Operation, ein Failed-Back-Syndrom und eine somatoforme Schmerzstörung stünden einer leichten Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, ohne überwiegendem Stehen, häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie einförmigen Körperhaltungen nicht entgegen. Eine solche Tätigkeit könne die Klägerin mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Gegen den ihr am 29.06.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.07.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie auf eine neu begonnene Schmerztherapie beim Rehabilitationsmediziner Dr. D. hingewiesen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2008 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. nach § 109 SGG einzuholen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat den Allgemeinmediziner R. und Dr. D. als sachverständige Zeugen befragt. Der Allgemeinmediziner R. hat von einer Verschlechterung des Gesundheitszustands berichtet und die Klägerin nur noch für in der Lage erachtet, vier bis fünf Stunden täglich zu arbeiten. Auch Dr. D. ist von einem Leistungsvermögen von maximal vier Stunden mit arbeitsunüblichen Pausen ausgegangen und hat zur Begründung ausgeführt, selbst bei geringen Belastungen im Lumbalbereich trete eine deutliche Schmerzverstärkung mit Ausstrahlung in beide Beine ein. Es bestünde eine deutliche Bewegungseinschränkung mit atrophischer Muskulatur, die schmerzbedingt nur begrenzt auftrainiert werden könne.
Der Senat hat den Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der Fachklinik in H. Prof. Dr. Dr. H. mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Dieser hat eine geringfügige Periarthralgie beider Schultergelenke, ein funktionell muskuläres unteres Halswirbelsäulensyndrom und einen Zustand nach dorsaler Fusion an der LWS mit verbliebenem funktionellen Defizit ohne restradikuläre Störung diagnostiziert und ist von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ausgegangen (ohne lang anhaltende Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Gewichten über 10 bis 12 kg, ohne Hock-, Bück- oder knieender Stellung, nicht auf unebenem Gelände und nicht auf Leitern und Gerüsten). Offensichtlich bestehe bei der Klägerin ein postoperatives Schmerzsyndrom (Postfusionssyndrom), das durch medikamentöse Maßnahmen angegangen werde. Entgegen dem neurologischen Gutachten von Dr. K. handle es sich mit Sicherheit nicht um ein Failed-Back-Surgery-Syndrom. Die korrekt von Dr. B. diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung beeinträchtige das Restleistungsvermögen qualitativ, jedoch nicht quantitativ. Das von Dr. D. angegebene halbschichtige Leistungsvermögen sei sozialmedizinisch nicht haltbar.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach diesen Maßstäben steht der Klägerin eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nicht zu.
Zwar leidet die Klägerin neben den Beeinträchtigungen von Seiten der LWS, wie Prof. Dr. Dr. H. überzeugend dargestellt hatte, auch an einer geringfügigen Periarthralgie beider Schultergelenke, einem funktionellen muskulären unteren Halswirbelsäulensyndrom und einer mäßiggradigen Senk-Spreizfußbildung beidseits mit leichter Zehendeformität und Nagelmykose. Diese Gesundheitsstörungen sind aber sozialmedizinisch, d.h. im Hinblick auf das berufliche Leistungsvermögen, - so wiederum Prof. Dr. Dr. H. überzeugend - im Wesentlichen irrelevant. Die Schulterbeschwerden schließen lediglich schwere Tätigkeiten sowie länger andauernde Tätigkeiten mit Überkopfhaltung der Arme aus. Soweit im Laufe des anhängigen Rentenverfahrens auf Grund von Beschwerden zuletzt im Jahr 2008 eine Operation an der Schulter links stattgefunden hat, haben diese Beschwerden keine dauerhafte Leistungseinschränkung begründet. Auch die Klägerin ist - wie sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. H. ergibt - mit den Operationsergebnissen subjektiv sehr zufrieden und hat insoweit keine wesentlichen Schmerzen mehr angegeben. Es ist - so Prof. Dr. Dr. H. - zu einem sehr schönen Ausheilungsergebnis gekommen.
Sozialmedizinisch relevant sind hier vielmehr die Beschwerden, die die Klägerin infolge der wegen eines Bandscheibenvorfalls und einer Wirbelsäuleninstabilität durchgeführten Versteifungsoperationen entwickelt hat. Der Senat kann letztlich dahingestellt lassen, ob diese Beschwerden alternativ oder kumulativ als "Zustand nach dorsaler Fusion L 4/L 5 und L 5/S 1 mit Fixateur interne und PLIF L 5/S 1 mit verbliebenem funktionellen Defizit ohne restradikuläre Störung" (Prof. Dr. Dr. H. ), als Failed-Back-Syndrom (Dr. K. und Dr. B. ) bzw. als somatoforme Schmerzstörung/Postfusionssyndrom (Dr. B. , Prof. Dr. Dr. H. ) zu diagnostizieren sind. Maßgeblich für die hier zu treffende Entscheidung sind vielmehr die durch die Versteifung verursachten Beschwerden und die damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen. Insoweit kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin bei Beachtung der von Prof. Dr. Dr. H. aufgeführten qualitativen Einschränkungen (keine schweren und ausschließlich mittelschweren Tätigkeiten, keine Tätigkeiten ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen, keine Arbeiten in Rumpfanteklination, kein Heben und Tragen von Lastgewichten über 10 bis 12 kg, keine Arbeiten in hockender, bückender oder knieender Stellung, keine Arbeiten auf unebenem Gelände bzw. auf Leitern und Gerüsten) auf unter sechs Stunden abgesunken ist. Der Senat stützt sich dabei auf die ungeachtet der zum Teil abweichenden Diagnosestellung hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens im Wesentlichen übereinstimmenden Gutachten von Dr. St. , Dr. H. , Dr. K. , Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H ... Soweit Dr. K. bzw. Dr. B. nur Lastenmanipulationen bis 5 kg für zumutbar erachtet haben, folgt hieraus kein anderes Ergebnis. Denn auch dann sind der Klägerin leichte Tätigkeiten ohne rentenrelevante zeitliche Einschränkung zumutbar.
Soweit Dr. S. als einziger Sachverständiger ein zeitlich auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränktes Leistungsvermögen gesehen hat, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. S. hat die von ihm angenommene zeitliche Leistungseinschränkung mit der Schmerzmedikation der Klägerin und den Beschwerden beim Sitzen begründet. Dabei erschließt sich schon nicht, warum eine - lindernde - Schmerzmedikation zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen soll. Zudem hat sich die von der Klägerin behauptete Medikamenteneinnahme in den von Dr. B. erhobenen Laborwerten nicht nachweisen lassen. Ferner hat Dr. B. bei der Klägerin noch Inkonsistenzen in der Schilderung des Schmerzcharakters und Schmerzverlaufs gesehen. Gleiches gilt für die Beschwerden beim Sitzen: diesen kann durch qualitative Einschränkungen Rechnung getragen werden. Darüber hinaus hat die Beklagte zu Recht eingewandt, dass Dr. S. ungeprüft und ohne kritisches Hinterfragen die subjektiven Angaben der Klägerin zu ihrer Belastbarkeit übernommen hat. Gegen die Richtigkeit dieser Angaben sprechen jedoch, wie sich insbesondere aus dem Gutachten von Dr. K. , Dr. B. und Prof. Dr. Dr. H. ergibt, gewichtige Anhaltspunkte. So bewältigt die Klägerin nach ihren Angaben zum Tagesablauf gegenüber Dr. K. die Hausarbeit mit Ausnahme schwerer Arbeiten in ihrem 160 m2 großen Haus im Wesentlichen selbst. Mehrmals täglich geht sie mit ihrem Hund im normalen Tempo spazieren und schwimmt täglich in ihrem eigenen Schwimmbad. Ferner hindern sie ihre Gesundheitsstörungen nicht daran, zweimal pro Woche eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Altenpflegeheim durchzuführen. Dr. B. , den die Klägerin selbst als Sachverständigen ausgewählt hat, hat das von der Klägerin geschilderte Ausmaß ihrer Schmerzen nicht durch entsprechende schmerzbedingte Beeinträchtigungen im Bewegungsablauf in der Untersuchungssituation bestätigt gesehen.
Auch aus den Angaben der Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. H. zum aktuellen Beschwerdebild - zeitlich gesehen also nach der vom sachverständigen Zeugen R. gesehenen Verschlechterung des Gesundheitszustands und auch nach Beginn der Behandlungen bei Dr. D. - kann auf keine rentenrelevante Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten geschlossen werden. Denn befragt nach ihrem aktuellen Beschwerdebild hat die Klägerin lediglich angegeben, sie könne die früher leidenschaftlich von ihr betriebenen Sportarten nicht mehr ausüben, Laufen und Liegen würde ihr gut tun, Stehen sei problematisch. Zu den Hauptproblemen im Flankenbereich beidseits mit körperpositions- und belastungsabhängiger Ausstrahlung bis in beide Oberschenkel hat sie näher ausgeführt, sie könne sich kaum bücken, keine schweren Gewichte vom Boden anheben und habe Probleme beim Tragen schwerer Gewichte. Fahrrad fahren sei nicht mehr möglich. Diese Einschränkungen bestätigen zwar die genannten qualitativen Einschränkungen. Der Senat hält es jedoch angesichts dieser Angaben für fernliegend, über die qualitativen Einschränkungen hinausgehend auch ein zeitlich rentenrelevant eingeschränktes Leistungsvermögen anzunehmen. Den Aussagen der sachverständigen Zeugen R. und Dr. D. folgt der Senat daher nicht.
Die Klägerin kann daher zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von den Sachverständigen genannten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.
Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG lehnt der Senat ab. Im erstinstanzlichen Verfahren wurden bereits zwei Gutachten nach § 109 SGG, eines davon auf dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet (Dr. B. ), eingeholt. Da es sich bei dem von der Klägerin nunmehr benannten Dr. W. um einen Facharzt für Neurologie und Psychiatrie handelt, liegt ein wiederholender Antrag auf Anhörung eines Arztes desselben Fachgebiets vor, der abzulehnen ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage § 109 Rdnr. 10a/b).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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