Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 6026/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4072/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2003 hinaus.
Der 1962 geborene Kläger kam im September 1978 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war in der Bundesrepublik als angelernter Dreher seit Juli 1980 beschäftigt. Im März 1999 wurde beim Kläger eine dorso-ventrale-dorsale Spondylodese L5/S1 und eine postero-laterale intraforaminale Fusion L4/5 durchgeführt. Nach einer Wiedereingliederungsphase und Umsetzung auf einen Arbeitsplatz als CNC-Dreher arbeitete der Kläger von April 2000 bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit ab 26. September 2001 vollschichtig.
Auf seinen Rentenantrag vom 6. November 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28. Januar 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. April 2002 bis 31. Dezember 2002. Mit Bescheid vom 20. November 2002 wurde die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31. Dezember 2003 weitergewährt.
Den Antrag des Klägers vom 31. Juli 2003 auf Weitergewährung der Rente über den 31. Dezember 2003 hinaus lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2005 ab. Grundlage hierfür waren Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 18. Februar 2004 sowie des Neurologen Dr. Sch. vom 9. Februar 2005.
Dr. R. stellte beim Kläger auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen: • Chronisches Schmerzsyndrom mit therapieresistenter Lumboischialgie beidseits bei Zustand nach Spondylodese L4 bis S1 im Jahr 1999 - Fuß- und Großzehenheberschwäche links/Sensibilitätsstörung - Dermatom L5/S1 links • Dysplasiecoxarthrose links, beginnende Coxarthrose rechts, Verdacht auf abgelaufenen Morbus Pertes • Periarthritis humeroscapularis beidseits • Subacromeales Syndrom beidseits • Statische/myalgische Wirbelsäulenbeschwerden • Zervikal- und Dorsolumbalsyndrom • Periarthropathia coxae beidseits. Er führte aus, in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als angelernter Dreher bestehe beim Kläger nach wie vor ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen (kein Heben und Tragen von mehr als 10 kg, keine Arbeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, seitlicher Rumpffehlbelastung, in Nässe, Kälte und mit Zugluft, keine überwiegend gebückten Tätigkeiten) sechs Stunden und mehr möglich.
Dr. Sch. diagnostizierte beim Kläger eine Lumboischialgie beidseits, einen Verdacht auf einen leichten Wurzelschaden L5 links bei Spondylodese LWK 4 bis Os sacrum 1999 sowie eine Anpassungsstörung mit somatoformer Ausgestaltung des Beschwerdebildes. Als angelernter Dreher sei der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte Arbeiten ohne Nachtschicht könne er mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Anhaltend mittelschwere Arbeiten, Tätigkeiten in ständigem Sitzen, überwiegendem Stehen bzw. Gehen, mit besonderer Belastung der Lendenwirbelsäule, in Zwangshaltungen, mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sollten nicht mehr erbracht werden. Aufgrund der möglichen leichten Fußheberschwäche sollten auch Arbeiten mit besonderer Beanspruchung der Stand- und Gangsicherheit sowie Arbeiten mit Absturzgefahr nicht durchgeführt werden. Unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde sowie der Beobachtung vor und nach der Begutachtung ergäben sich keine Belege dafür, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, mehrmals täglich Strecken von mehr als 500 m selbstständig in akzeptabler Zeit zurückzulegen.
Im anschließenden Klageverfahren (S 12 R 1204/05) holte das Sozialgericht (SG) Karlsruhe nach Befragung der behandelnden Ärzte und des behandelnden Psychotherapeuten sowie Beiziehung ärztlicher Unterlagen Gutachten auf orthopädischem und psychosomatischem Gebiet ein.
Der Orthopäde Dr. U. stellte im Gutachten vom 5. Januar 2006 beim Kläger folgende Diagnosen: • Chronisches Schmerzsyndrom mit therapieresistenter Lumboischialgie beidseits, links mehr als rechts, bei Zustand nach Spondylodese LWK 4 bis SWK 1 im Jahr 1999 mit Fuß- und Großzehenheberschwäche linksseitig sowie Fußsenkerschwäche linksseitig • Sensible Störung Dermatom L4, L5 und S1 am linken Unterschenkel • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke bei radiologisch nachweisbarer Hüftumbaustörung linksseitig mit verkürztem Schenkelhals und pilzförmig deformiertem Hüftkopf bei ausreichend weitem Hüftgelenksspalt linksseitig und initialer Coxarthrose rechtsseitig • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke unklarer Genese • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule mit Schmerzausstrahlung beidseits und Taubheitsgefühl an den körpernahen Unterarmen und Händen beidseits bei radiologisch nachweisbarer Osteochondrose CWK 5/6. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung könne der Kläger über sechs Stunden täglich ausüben. Zu vermeiden seien monotone Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Heben und Tragen von über 10 kg, häufiges Bücken, Arbeiten in überwiegender Rumpfvorbeuge, mit Beanspruchung der Lendenwirbelsäule bei gleichzeitiger Rumpfdrehung und Rumpfbeugung, in Armvorhalte, mit überwiegendem Gehen auf unebenem Gelände, mit ausschließlicher Geh- und Stehbelastung sowie mit regelmäßigen Überkopfarbeiten. Die Gehstrecke sei zwar begrenzt; eine Gehstrecke von mindestens viermal täglich 500 m könne unter Einsatz einer unterstützenden Gehhilfe zurückgelegt werden.
Dr. L., Arzt für Psychotherapeutische Medizin und Oberarzt der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Rheumazentrum B.-B., diagnostizierte im Gutachten vom 23. März 2006 beim Kläger auf seinem Fachgebiet eine somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende leichte depressive Reaktion sowie Nikotinabusus. Zwar sei die Leistungsfähigkeit eingeschränkt, jedoch aus psychosomatisch/psychiatrischer Sicht nicht in besonders gravierender Form. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten drei bis sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein Wechsel der Körperhaltung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sowie häufige Pausen seien empfehlenswert. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, gleichförmige Körperhaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, besondere nervliche Belastung, Zeitdruck, Klettern und Steigen sowie Schicht- und Akkordarbeiten. Den medizinischen Schlussfolgerungen von Dr. R., Dr. Sch. und Dr. U. stimme er im Wesentlichen zu. Er halte jedoch eine psychosomatische Rehabilitationsbehandlung für dringend erforderlich; diese hätte schon frühzeitig beim Einsetzen der Beschwerden, spätestens 2000 bzw. 2001, beginnen sollen.
In der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der R.-H.-Klinik in B. D ... Sie erklärte sich ferner bereit, dem Kläger nach Abschluss der stationären Heilbehandlung auf den Weiterbewilligungsantrag vom 31. Juli 2003 für die Zeit ab 1. Januar 2006 erneut einen rechtsmittelfähigen Bescheid über die beantragte Versichertenrente zu erteilen. Der Kläger nahm die Erklärungen der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt (Niederschrift vom 31. Mai 2006).
Der Kläger befand sich vom 13. Juli bis 10. August 2006 in der R.-H.-Klinik. Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 21. August 2006 folgende Diagnosen: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach Spondylodese LWK 4 bis SWK 1 im März 1999 mit diskreter Fußheberschwäche links • Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen im Rahmen eines Rentenbegehrens • Schmerzmittelabusus, vordergründig Opioide • Benzodiazepinmissbrauch • Hyperlipidämie. Sie gelangten zum Ergebnis, als Dreherhelfer sei der Kläger nur unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung könne der Kläger täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Nicht mehr möglich seien körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten mit häufigem Bücken, häufigem Besteigen von Treppen und Leitern, kniende Tätigkeiten und Überkopfarbeiten.
Mit Bescheid vom 15. September 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger über den 31. Dezember 2003 hinaus nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Dezember 2006 Klage (S 13 R 6026/06) zum SG Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren auf Gewährung von Rente weiter verfolgt hat. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten eingeholt.
Der Orthopäde Dr. B. hat mit am 5. April 2007 beim SG eingegangenen Schreiben mitgeteilt, der Kläger sei bei seinem Vorgänger Dr. H. in Behandlung gewesen. Die Befunde seien dem Kläger mitgegeben worden; ihm lägen keinerlei Unterlagen vor. Der Hausarzt Dr. P. hat am 25. Mai 2007 über die Behandlungen des Klägers vom 15. November 2006 bis 23. April 2007 (insb. Rückenschmerzen, Parästhesien beider Beine, Bronchitis, Magenschmerzen) berichtet und bei Besserung eine Tätigkeit sechs Stunden täglich für möglich gehalten, wobei er auf die Berichte der Orthopäden verwiesen hat.
Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z. hat am 29. Juli 2007 erklärt, der Kläger stehe seit dem zweiten Quartal 2003 in ihrer Behandlung. Sie habe eine Anpassungsstörung (Verbitterungsstörung), ein chronisches Schmerzsyndrom sowie eine Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus bei Bandscheibenschäden diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit sechs Stunden täglich nachzugehen. Maßgeblich hierfür sei die psychische Symptomatik mit Verstimmung, Antriebsstörung, Rückzug und Verlust der positiven Vitalgefühle.
Nachdem sich der Kläger vom 7. August bis 18. August 2007 wegen eines multilokulären Schmerzsyndroms mit ausgeprägter Lumbago, lumboischialgiformen Schmerzen beidseits, schwerer Fußheberschwäche links und Miktionsbeschwerden in stationärer Behandlung der R.-Klinik B. W. befunden hatte, hat das SG Dr. M., Chefarzt der R.-H.t-Klinik, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt.
Dr. Münch hat im Gutachten vom 4. August 2008 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F 45.4) auf dem organischen Boden degenerativer Gelenksveränderungen nach Spondylodese-Operation 1999 LWK 4 bis SWK 1 sowie leichter Dysplasiecoxarthrose links und beginnender Coxarthrose rechts, degenerativer Gelenksveränderungen beider Schultern mit sich hieraus ergebenden erheblichen Einschränkungen der Arbeitsschwere, der Arbeitsorganisation, der Arbeitshaltung, für den Bewegungs- und Haltungsapparat und gewisser Gefährdungsfaktoren sowie reduzierter psychischer Belastbarkeit • deutlich überlagert durch die Entwicklung körperlicher Symptome i.S.v. Aggravationstendenzen im Rahmen eines Rentenbegehrens (ICD 10 F 68.0) • Schmerzmittel- und Benzodiazepinmissbrauch ohne weitere funktionelle Einschränkungen • Arterielle Hypertonie ohne weitere funktionelle Einschränkung. Aufgrund der Neigung zur somatoformen Schmerzfehlverarbeitung, der Versteifung in der Lendenwirbelsäule und der degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen sei der Kläger auf Dauer nicht mehr in der Lage, körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten sowie Arbeiten in ständigem Stehen, Gehen und Sitzen, in Wirbelsäulenzwangshaltung, im Bücken und Knien zu verrichten. Aufgrund der verminderten psychischen Belastbarkeit seien keine Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck sowie keine Wechsel- und Nachtschichten mehr möglich. Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft seien aufgrund der daraus resultierenden Schmerzverstärkung ebenfalls auszuschließen. Körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung, zeitweise im Stehen und Gehen sowie überwiegend im Sitzen, könne der Kläger im gut temperierten Räumen sechs Stunden täglich ausüben. Der Kläger könne auch viermal täglich einen Fußweg von 500 m unter Zuhilfenahme seiner Gehstützen zurücklegen. Dies sei ihm auch in einer Zeit von maximal 18 Minuten möglich. Medizinische Gründe, die gegen die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sprächen, lägen nicht vor. Der Kläger habe selbst angegeben, noch einen PKW zu fahren, wenn auch selten.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.
Prof. Dr. F., Ärztlicher Direktor der S. W.-Klinik, hat im orthopädischen Gutachten vom 19. Januar 2009 beim Kläger folgende Diagnosen gestellt: • Chronisches Schmerzsyndrom, links mehr als rechts, nach Spondylodese LW4 bis SW1 1999 mit Großzehenheberschwäche links (und fraglich vorliegender, geringgradig ausgeprägter Fußheber- und Fußsenkerschwäche links) • Fehlstatik der Lendenwirbelsäule oberhalb LWK 4 • Hüftumbaustörung links mit verkürztem Schenkelhals und pilzförmig deformiertem Hüftkopf bei ausreichend weitem Hüftgelenkspalt linksseitig und allenfalls endphasiger Bewegungseinschränkung • Beginnende degenerative Veränderungen des rechten Hüftgelenks • Beinverkürzung links von 11 mm • Degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule mit Fehlstatik unterhalb HWK 5 ohne sichere sensomotorische Ausfälle • Zustand nach in leichter Fehlstellung knöchern verheiltem, körperfernen Ellenbruch links bei freier Handgelenksbeweglichkeit • Mäßiggradige Arthrose der Fingermittel- und -endgelenke der linken Hand • Verdacht auf Aggravation. Aufgrund der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet könne der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung teils gehend, teils stehend und überwiegend sitzend mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich, verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten im Freien, in Nässe, auf Leitern und Gerüsten, in Zwangspositionen, in vermehrter Rumpfneigung, in regelmäßiger Armvorhalte sowie Überkopfarbeiten. Als CNC-Dreher sei der Kläger nicht mehr einsetzbar.
Der Neurologe und Psychiater Dr. L. hat im Gutachten vom 28. April 2009 folgende Diagnosen gestellt: • Chronisches Schmerzsyndrom nach Spondylodese LW4 bis S1 • Mittelschwere phobische und schwere depressive Symptomatik • Blaseninkontinenz • Konversionssymptomatik • Persönlichkeitsstörung. Er hat ausgeführt, aufgrund der polymorphen psychiatrischen Symptome sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht in der Lage, einer lohnbringenden Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Wettbewerbsbedingungen nachzugehen. Er sei auch nicht in der Lage viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten zurückzulegen und einen PKW zu führen.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von MUDr. Hoffmann vom 3. Juli 2009 vorgelegt, in der diese ausgeführt hat, das Gutachten von Dr. L. vermöge nicht zu überzeugen.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, streitig sei die Gewährung von Rente ab 1. Januar 2006. Dies ergebe sich aus der Niederschrift vom 31. Mai 2006. Aus der dort protokollierten Einigung der Beteiligten ergebe sich, dass die nach Abschluss der stationären Heilbehandlung von der Beklagten erklärte Bereitschaft zur erneuten Bescheiderteilung sich auf die Zeit ab 1. Januar 2006 erstrecken solle. Der Kläger habe für die Zeit ab 1. Januar 2006 keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Er sei trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 11. August 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. September 2009 Berufung eingelegt und vorgetragen, Dr. M. erstatte grundsätzlich Gutachten, in denen er einen Rentenanspruch verneine. Aufgrund seiner gravierenden Erkrankungen sei er nicht mehr in der Lage, eine leichte Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Völlig zu Recht habe Dr. L. darauf hingewiesen, dass die psychiatrische Symptomatik nicht in vollem Ausmaß beschrieben, gewürdigt und akzeptiert worden sei. Völlig unbeachtet geblieben sei auch, dass durch die starken Medikamente seine Konzentrations- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Dezember 2003 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunkt zuließen.
Der Senat hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nebst psychologischen Zusatzgutachten eingeholt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. B. hat im Gutachten vom 17. Juni 2011, eingegangen bei Gericht am 1. August 2011, unter Mitberücksichtigung des psychologischen Zusatzgutachtens von Dr. A. vom 28. Juni 2011 beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach einer Bandscheibenoperation mit Versteifung (Spondylodese der beiden Segmente L4/5 und L5/S1) diagnostiziert. Er hat ausgeführt, infolge der Operation und mäßiger degenerativer Veränderungen bestünden chronische haltungs- und belastungsabhängig verstärkte Kreuzschmerzen und eine leichte, residuale Wurzelläsion L5 links (leichte Zehenheberschwäche etwa KG 4-5, vermutlich leichte, funktionell nicht relevante Sensibilitätsstörungen im Dermatom L5 links). Die vom Kläger angegebene Urin- und Stuhlinkontinenz sei durch neurologische Befunde nicht objektivierbar und erklärbar. Die nach schneller Kopf- oder Körperbewegung für Sekunden auftretenden Drehschwindelattacken seien sehr wahrscheinlich Ausdruck eines gutartigen paroxysmalen Lagerungsschwindels. Sowohl bei der psychologischen als auch bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung hätten sich deutliche Hinweise für eine Überlagerung der körperlichen und psychischen Symptome durch deutliche Aggravationstendenzen ergeben. Aufgrund der somatoformen Störung, der operierten und versteiften unteren LWS, den degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen könne der Kläger nur noch leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit in frei wählbaren Abständen kurz aufzustehen und umherzugehen, verrichten. Vermeiden müsse der Kläger Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, ständigen Überkopfarbeiten, häufigem Bücken, ständigen Vorhalten des Rumpfes, Arbeiten im Freien, in Kälte, Nässe sowie auf Leitern und Gerüsten. Aufgrund der psychischen Erkrankung schieden Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, und erhöhtem Zeitdruck, Akkord-, Fließband- und Nachtschichttätigkeiten aus. Wegen der Einnahme zentral wirksamer Medikamente kämen Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, auf Leitern und Gerüsten, in Gefährdungsbereichen, mit besonderer Eigen- und Fremdgefährdung, mit Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, Sicherungs- und Überwachungstätigkeiten nicht in Betracht. Auch Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, an laufenden ungeschützten Maschinen, berufliche Fahrertätigkeiten sowie Tätigkeiten mit hoher Verantwortung oder ständigem Publikumsverkehr seien zu vermeiden. Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet könne eine quantitative Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden, auch wegen der sehr deutlichen Aggravationstendenzen, nicht begründet werden. Eine Toilette sollte - wegen des berichteten häufigen Harndrangs - in Arbeitsplatznähe vorhanden sein, auch wenn die angegebene Harn- und Stuhlinkontinenz bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung nicht habe objektiviert werden können. Der Kläger sei - bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen - in der Lage, sich auf eine neue Tätigkeit einzustellen. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sei der Kläger in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m in höchstens 15 bis 20 Minuten zurückzulegen und auch zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Nach der Aktenlage sei es sehr wahrscheinlich, dass das nunmehr festgestellte Leistungsvermögen auch schon im Januar 2004 bestanden habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG (S 13 R 6026/06 und S 12 R 1204/05) sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Aufgrund der Angaben des Klägers und der Beklagten, die erklärt haben, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Zeit ab 1. Januar 2006 nicht erfolgt ist, es sich in der Niederschrift vom 31. Mai 2006 um einen Schreibfehler handelt (siehe Vermerk vom 6. November 2006, vorgelegt von der Beklagten mit Schriftsatz vom 31. Januar 2011) und die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 15. September 2006 über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab den Wegfallzeitpunkt (31. Dezember 2003) entschieden hat, ist Streitgegenstand die Gewährung von Rente ab 1. Januar 2004.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtenen Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2003 hinaus hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der Gutachten der Orthopäden Dr. R. vom 18. Februar 2004, Dr. U. vom 5. Januar 2006 und Prof. Dr. F. vom 19. Januar 2009 sowie der Neurologen und Psychiater Dr. Sch. vom 9. Februar 2005, Dr. M. vom 4. August 2008 sowie Dr. B. vom 17. Juni 2011 und des Entlassungsberichts der R.-H.-Klinik vom 21. August 2006.
Im Vordergrund stehen beim Kläger Beschwerden auf neurologisch-psychiatrischem sowie orthopädischem Gebiet. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach einer Bandscheibenoperation mit Spondylodese im Bereich L4/5 und L5/S1, eine Hüftumbaustörung links (mit allenfalls endphasiger Bewegungseinschränkung) und beginnende degenerative Veränderungen des rechten Hüftgelenks sowie um degenerative Gelenkveränderungen beider Schultern.
Diese Gesundheitsstörungen führen zwar zu qualitativen Einschränkungen, hindern den Kläger jedoch seit Januar 2004 nicht daran, körperlich leichte, überwiegend sitzende Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss der Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten in Zwangshaltungen, mit ständigen Überkopfarbeiten, mit häufigem Bücken, mit Vorhalten des Rumpfes, im Freien, in Kälte, in Nässe, auf Leitern und Gerüsten, mit erhöhter Stressbelastung, mit erhöhtem Zeitdruck, mit erhöhter Unfallgefahr, mit besonderer Eigen- und Fremdgefährdung, mit Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, mit hoher Verantwortung oder ständigem Publikumsverkehr. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung in normal temperierten Räumen zur Normalarbeitszeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Wegen des vom Kläger geschilderten Harndrangs sollte eine Toilette in der Nähe des Arbeitsplatzes vorhanden sein, auch wenn die angegebene Harn- und Stuhlinkontinenz bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung durch Dr. B. - ebenso wie bei Prof. Dr. Sch., Dr. U. und Prof. Dr. F. - nicht objektiviert werden konnte und der Kläger - entgegen seiner Behauptung, bei Verlassen des Hauses trage er Einlagen - solche bei mehreren Untersuchungen nicht getragen hat. Auch während des mehrwöchigen Heilverfahrens in der R.-H.-Klinik wurde beim Kläger keine Harn- und Stuhlinkontinenz diagnostiziert. Das Schlafapnoe-Syndrom ist mittels eines Beatmungs-Gerät ausreichend behandelt. Dementsprechend hat der Kläger nur über leichte Schlafstörungen geklagt.
Der von den oben genannten Beurteilungen abweichenden Einschätzung von Dr. L. vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. So haben weder Dr. Sch. noch Dr. L., noch die Ärzte der R.-H.-Klinik noch Dr. M. und auch nicht Dr. B. die von Dr. L. gestellten Diagnosen einer Konversionssymptomatik und Persönlichkeitsstörung sowie einer mittelschweren phobischen und schweren depressiven Symptomatik bestätigen können. Vielmehr hat zuletzt Dr. B. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass gegen die Diagnose einer schweren depressiven Symptomatik schon die erhaltende Tagesstruktur spricht, auch wenn es dem Kläger an einer sinnvollen Beschäftigung fehlt. Darüber hinaus hat Dr. L. die von zahlreichen Untersuchern, Dr. U. (Gutachten vom 5. Januar 2006), Dr. L. (Gutachten vom 23. März 2006), den Ärzten der R.-H.-Klinik (Entlassungsbericht vom 21. August 2006), Dr. M. (Gutachten vom 4. August 2008) und Dr. A. (Gutachten vom 28. Juni 2011) sowie Dr. B. (Gutachten vom 17. Juni 2011) festgestellten Aggravationstendenzen beim Kläger nicht berücksichtigt. Soweit Dr. L. das Leistungsvermögen beim Kläger auf drei bis sechs Stunden einschätzt, begründet er nicht, aufgrund welcher Gesundheitsstörungen der Kläger nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich arbeiten können soll, zumal er selbst das Leistungsvermögen des Klägers aus psychosomatischer/psychiatrischer Sicht als nicht gravierend eingeschränkt beschreibt und den Beurteilungen von Dr. R., Dr. Sch. und Dr. U., die ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen annehmen, im Wesentlichen zustimmt.
Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls seit Januar 2004 körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar, wie die Orthopäden Dr. U. und Prof. Dr. F. sowie die Neurologen und Psychiater Dr. Sch., Dr. M. und Dr. B. dargelegt haben. Ferner spricht auch die Beobachtung von Dr. A., dass der Kläger in der Lage war, eine Wegstrecke von 300 bis 400 m ohne Pausen sicher zu bewältigen, gegen eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Im Übrigen ist der Kläger im Besitz eines Führerscheins und konnte - solange er mit seiner Ehefrau zusammen lebte - das Auto der Familie nutzen, was er zumindest auch zeitweise getan hat. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet schon deswegen aus, weil der Kläger nicht vor dem 2.1.1961 geboren ist.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2003 hinaus.
Der 1962 geborene Kläger kam im September 1978 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Er hat keinen Beruf erlernt und war in der Bundesrepublik als angelernter Dreher seit Juli 1980 beschäftigt. Im März 1999 wurde beim Kläger eine dorso-ventrale-dorsale Spondylodese L5/S1 und eine postero-laterale intraforaminale Fusion L4/5 durchgeführt. Nach einer Wiedereingliederungsphase und Umsetzung auf einen Arbeitsplatz als CNC-Dreher arbeitete der Kläger von April 2000 bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit ab 26. September 2001 vollschichtig.
Auf seinen Rentenantrag vom 6. November 2001 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28. Januar 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. April 2002 bis 31. Dezember 2002. Mit Bescheid vom 20. November 2002 wurde die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum 31. Dezember 2003 weitergewährt.
Den Antrag des Klägers vom 31. Juli 2003 auf Weitergewährung der Rente über den 31. Dezember 2003 hinaus lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2005 ab. Grundlage hierfür waren Gutachten des Orthopäden Dr. R. vom 18. Februar 2004 sowie des Neurologen Dr. Sch. vom 9. Februar 2005.
Dr. R. stellte beim Kläger auf seinem Fachgebiet folgende Diagnosen: • Chronisches Schmerzsyndrom mit therapieresistenter Lumboischialgie beidseits bei Zustand nach Spondylodese L4 bis S1 im Jahr 1999 - Fuß- und Großzehenheberschwäche links/Sensibilitätsstörung - Dermatom L5/S1 links • Dysplasiecoxarthrose links, beginnende Coxarthrose rechts, Verdacht auf abgelaufenen Morbus Pertes • Periarthritis humeroscapularis beidseits • Subacromeales Syndrom beidseits • Statische/myalgische Wirbelsäulenbeschwerden • Zervikal- und Dorsolumbalsyndrom • Periarthropathia coxae beidseits. Er führte aus, in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als angelernter Dreher bestehe beim Kläger nach wie vor ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen (kein Heben und Tragen von mehr als 10 kg, keine Arbeiten mit Wirbelsäulenzwangshaltungen, seitlicher Rumpffehlbelastung, in Nässe, Kälte und mit Zugluft, keine überwiegend gebückten Tätigkeiten) sechs Stunden und mehr möglich.
Dr. Sch. diagnostizierte beim Kläger eine Lumboischialgie beidseits, einen Verdacht auf einen leichten Wurzelschaden L5 links bei Spondylodese LWK 4 bis Os sacrum 1999 sowie eine Anpassungsstörung mit somatoformer Ausgestaltung des Beschwerdebildes. Als angelernter Dreher sei der Kläger drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte Arbeiten ohne Nachtschicht könne er mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Anhaltend mittelschwere Arbeiten, Tätigkeiten in ständigem Sitzen, überwiegendem Stehen bzw. Gehen, mit besonderer Belastung der Lendenwirbelsäule, in Zwangshaltungen, mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg sollten nicht mehr erbracht werden. Aufgrund der möglichen leichten Fußheberschwäche sollten auch Arbeiten mit besonderer Beanspruchung der Stand- und Gangsicherheit sowie Arbeiten mit Absturzgefahr nicht durchgeführt werden. Unter Berücksichtigung der erhobenen Befunde sowie der Beobachtung vor und nach der Begutachtung ergäben sich keine Belege dafür, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, mehrmals täglich Strecken von mehr als 500 m selbstständig in akzeptabler Zeit zurückzulegen.
Im anschließenden Klageverfahren (S 12 R 1204/05) holte das Sozialgericht (SG) Karlsruhe nach Befragung der behandelnden Ärzte und des behandelnden Psychotherapeuten sowie Beiziehung ärztlicher Unterlagen Gutachten auf orthopädischem und psychosomatischem Gebiet ein.
Der Orthopäde Dr. U. stellte im Gutachten vom 5. Januar 2006 beim Kläger folgende Diagnosen: • Chronisches Schmerzsyndrom mit therapieresistenter Lumboischialgie beidseits, links mehr als rechts, bei Zustand nach Spondylodese LWK 4 bis SWK 1 im Jahr 1999 mit Fuß- und Großzehenheberschwäche linksseitig sowie Fußsenkerschwäche linksseitig • Sensible Störung Dermatom L4, L5 und S1 am linken Unterschenkel • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Hüftgelenke bei radiologisch nachweisbarer Hüftumbaustörung linksseitig mit verkürztem Schenkelhals und pilzförmig deformiertem Hüftkopf bei ausreichend weitem Hüftgelenksspalt linksseitig und initialer Coxarthrose rechtsseitig • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke unklarer Genese • Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule mit Schmerzausstrahlung beidseits und Taubheitsgefühl an den körpernahen Unterarmen und Händen beidseits bei radiologisch nachweisbarer Osteochondrose CWK 5/6. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung könne der Kläger über sechs Stunden täglich ausüben. Zu vermeiden seien monotone Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Heben und Tragen von über 10 kg, häufiges Bücken, Arbeiten in überwiegender Rumpfvorbeuge, mit Beanspruchung der Lendenwirbelsäule bei gleichzeitiger Rumpfdrehung und Rumpfbeugung, in Armvorhalte, mit überwiegendem Gehen auf unebenem Gelände, mit ausschließlicher Geh- und Stehbelastung sowie mit regelmäßigen Überkopfarbeiten. Die Gehstrecke sei zwar begrenzt; eine Gehstrecke von mindestens viermal täglich 500 m könne unter Einsatz einer unterstützenden Gehhilfe zurückgelegt werden.
Dr. L., Arzt für Psychotherapeutische Medizin und Oberarzt der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Rheumazentrum B.-B., diagnostizierte im Gutachten vom 23. März 2006 beim Kläger auf seinem Fachgebiet eine somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende leichte depressive Reaktion sowie Nikotinabusus. Zwar sei die Leistungsfähigkeit eingeschränkt, jedoch aus psychosomatisch/psychiatrischer Sicht nicht in besonders gravierender Form. Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten drei bis sechs Stunden täglich zu verrichten. Ein Wechsel der Körperhaltung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen sowie häufige Pausen seien empfehlenswert. Zu vermeiden seien häufiges Bücken, gleichförmige Körperhaltungen, Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, besondere nervliche Belastung, Zeitdruck, Klettern und Steigen sowie Schicht- und Akkordarbeiten. Den medizinischen Schlussfolgerungen von Dr. R., Dr. Sch. und Dr. U. stimme er im Wesentlichen zu. Er halte jedoch eine psychosomatische Rehabilitationsbehandlung für dringend erforderlich; diese hätte schon frühzeitig beim Einsetzen der Beschwerden, spätestens 2000 bzw. 2001, beginnen sollen.
In der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der R.-H.-Klinik in B. D ... Sie erklärte sich ferner bereit, dem Kläger nach Abschluss der stationären Heilbehandlung auf den Weiterbewilligungsantrag vom 31. Juli 2003 für die Zeit ab 1. Januar 2006 erneut einen rechtsmittelfähigen Bescheid über die beantragte Versichertenrente zu erteilen. Der Kläger nahm die Erklärungen der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt (Niederschrift vom 31. Mai 2006).
Der Kläger befand sich vom 13. Juli bis 10. August 2006 in der R.-H.-Klinik. Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 21. August 2006 folgende Diagnosen: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach Spondylodese LWK 4 bis SWK 1 im März 1999 mit diskreter Fußheberschwäche links • Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen im Rahmen eines Rentenbegehrens • Schmerzmittelabusus, vordergründig Opioide • Benzodiazepinmissbrauch • Hyperlipidämie. Sie gelangten zum Ergebnis, als Dreherhelfer sei der Kläger nur unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung könne der Kläger täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Nicht mehr möglich seien körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten mit häufigem Bücken, häufigem Besteigen von Treppen und Leitern, kniende Tätigkeiten und Überkopfarbeiten.
Mit Bescheid vom 15. September 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ab, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Volle bzw. teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger über den 31. Dezember 2003 hinaus nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Dezember 2006 Klage (S 13 R 6026/06) zum SG Karlsruhe erhoben, mit der er sein Begehren auf Gewährung von Rente weiter verfolgt hat. Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten eingeholt.
Der Orthopäde Dr. B. hat mit am 5. April 2007 beim SG eingegangenen Schreiben mitgeteilt, der Kläger sei bei seinem Vorgänger Dr. H. in Behandlung gewesen. Die Befunde seien dem Kläger mitgegeben worden; ihm lägen keinerlei Unterlagen vor. Der Hausarzt Dr. P. hat am 25. Mai 2007 über die Behandlungen des Klägers vom 15. November 2006 bis 23. April 2007 (insb. Rückenschmerzen, Parästhesien beider Beine, Bronchitis, Magenschmerzen) berichtet und bei Besserung eine Tätigkeit sechs Stunden täglich für möglich gehalten, wobei er auf die Berichte der Orthopäden verwiesen hat.
Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Z. hat am 29. Juli 2007 erklärt, der Kläger stehe seit dem zweiten Quartal 2003 in ihrer Behandlung. Sie habe eine Anpassungsstörung (Verbitterungsstörung), ein chronisches Schmerzsyndrom sowie eine Kompression von Nervenwurzeln und Nervenplexus bei Bandscheibenschäden diagnostiziert. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit sechs Stunden täglich nachzugehen. Maßgeblich hierfür sei die psychische Symptomatik mit Verstimmung, Antriebsstörung, Rückzug und Verlust der positiven Vitalgefühle.
Nachdem sich der Kläger vom 7. August bis 18. August 2007 wegen eines multilokulären Schmerzsyndroms mit ausgeprägter Lumbago, lumboischialgiformen Schmerzen beidseits, schwerer Fußheberschwäche links und Miktionsbeschwerden in stationärer Behandlung der R.-Klinik B. W. befunden hatte, hat das SG Dr. M., Chefarzt der R.-H.t-Klinik, mit der Begutachtung des Klägers beauftragt.
Dr. Münch hat im Gutachten vom 4. August 2008 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F 45.4) auf dem organischen Boden degenerativer Gelenksveränderungen nach Spondylodese-Operation 1999 LWK 4 bis SWK 1 sowie leichter Dysplasiecoxarthrose links und beginnender Coxarthrose rechts, degenerativer Gelenksveränderungen beider Schultern mit sich hieraus ergebenden erheblichen Einschränkungen der Arbeitsschwere, der Arbeitsorganisation, der Arbeitshaltung, für den Bewegungs- und Haltungsapparat und gewisser Gefährdungsfaktoren sowie reduzierter psychischer Belastbarkeit • deutlich überlagert durch die Entwicklung körperlicher Symptome i.S.v. Aggravationstendenzen im Rahmen eines Rentenbegehrens (ICD 10 F 68.0) • Schmerzmittel- und Benzodiazepinmissbrauch ohne weitere funktionelle Einschränkungen • Arterielle Hypertonie ohne weitere funktionelle Einschränkung. Aufgrund der Neigung zur somatoformen Schmerzfehlverarbeitung, der Versteifung in der Lendenwirbelsäule und der degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenksveränderungen sei der Kläger auf Dauer nicht mehr in der Lage, körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten sowie Arbeiten in ständigem Stehen, Gehen und Sitzen, in Wirbelsäulenzwangshaltung, im Bücken und Knien zu verrichten. Aufgrund der verminderten psychischen Belastbarkeit seien keine Tätigkeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck sowie keine Wechsel- und Nachtschichten mehr möglich. Arbeiten in Kälte, Nässe und Zugluft seien aufgrund der daraus resultierenden Schmerzverstärkung ebenfalls auszuschließen. Körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung, zeitweise im Stehen und Gehen sowie überwiegend im Sitzen, könne der Kläger im gut temperierten Räumen sechs Stunden täglich ausüben. Der Kläger könne auch viermal täglich einen Fußweg von 500 m unter Zuhilfenahme seiner Gehstützen zurücklegen. Dies sei ihm auch in einer Zeit von maximal 18 Minuten möglich. Medizinische Gründe, die gegen die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sprächen, lägen nicht vor. Der Kläger habe selbst angegeben, noch einen PKW zu fahren, wenn auch selten.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Gutachten auf orthopädischem und neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.
Prof. Dr. F., Ärztlicher Direktor der S. W.-Klinik, hat im orthopädischen Gutachten vom 19. Januar 2009 beim Kläger folgende Diagnosen gestellt: • Chronisches Schmerzsyndrom, links mehr als rechts, nach Spondylodese LW4 bis SW1 1999 mit Großzehenheberschwäche links (und fraglich vorliegender, geringgradig ausgeprägter Fußheber- und Fußsenkerschwäche links) • Fehlstatik der Lendenwirbelsäule oberhalb LWK 4 • Hüftumbaustörung links mit verkürztem Schenkelhals und pilzförmig deformiertem Hüftkopf bei ausreichend weitem Hüftgelenkspalt linksseitig und allenfalls endphasiger Bewegungseinschränkung • Beginnende degenerative Veränderungen des rechten Hüftgelenks • Beinverkürzung links von 11 mm • Degenerative Veränderungen der unteren Halswirbelsäule mit Fehlstatik unterhalb HWK 5 ohne sichere sensomotorische Ausfälle • Zustand nach in leichter Fehlstellung knöchern verheiltem, körperfernen Ellenbruch links bei freier Handgelenksbeweglichkeit • Mäßiggradige Arthrose der Fingermittel- und -endgelenke der linken Hand • Verdacht auf Aggravation. Aufgrund der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet könne der Kläger körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung teils gehend, teils stehend und überwiegend sitzend mit Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg vollschichtig, d.h. sechs Stunden täglich, verrichten. Nicht mehr zumutbar seien Arbeiten im Freien, in Nässe, auf Leitern und Gerüsten, in Zwangspositionen, in vermehrter Rumpfneigung, in regelmäßiger Armvorhalte sowie Überkopfarbeiten. Als CNC-Dreher sei der Kläger nicht mehr einsetzbar.
Der Neurologe und Psychiater Dr. L. hat im Gutachten vom 28. April 2009 folgende Diagnosen gestellt: • Chronisches Schmerzsyndrom nach Spondylodese LW4 bis S1 • Mittelschwere phobische und schwere depressive Symptomatik • Blaseninkontinenz • Konversionssymptomatik • Persönlichkeitsstörung. Er hat ausgeführt, aufgrund der polymorphen psychiatrischen Symptome sei der Kläger aus nervenärztlicher Sicht nicht in der Lage, einer lohnbringenden Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Wettbewerbsbedingungen nachzugehen. Er sei auch nicht in der Lage viermal täglich einen Fußweg von 500 m in jeweils 15 bis 18 Minuten zurückzulegen und einen PKW zu führen.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von MUDr. Hoffmann vom 3. Juli 2009 vorgelegt, in der diese ausgeführt hat, das Gutachten von Dr. L. vermöge nicht zu überzeugen.
Mit Gerichtsbescheid vom 5. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, streitig sei die Gewährung von Rente ab 1. Januar 2006. Dies ergebe sich aus der Niederschrift vom 31. Mai 2006. Aus der dort protokollierten Einigung der Beteiligten ergebe sich, dass die nach Abschluss der stationären Heilbehandlung von der Beklagten erklärte Bereitschaft zur erneuten Bescheiderteilung sich auf die Zeit ab 1. Januar 2006 erstrecken solle. Der Kläger habe für die Zeit ab 1. Januar 2006 keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Er sei trotz der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen den am 11. August 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 4. September 2009 Berufung eingelegt und vorgetragen, Dr. M. erstatte grundsätzlich Gutachten, in denen er einen Rentenanspruch verneine. Aufgrund seiner gravierenden Erkrankungen sei er nicht mehr in der Lage, eine leichte Tätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich auszuüben. Völlig zu Recht habe Dr. L. darauf hingewiesen, dass die psychiatrische Symptomatik nicht in vollem Ausmaß beschrieben, gewürdigt und akzeptiert worden sei. Völlig unbeachtet geblieben sei auch, dass durch die starken Medikamente seine Konzentrations- und Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 5. August 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 31. Dezember 2003 hinaus Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunkt zuließen.
Der Senat hat ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten nebst psychologischen Zusatzgutachten eingeholt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. B. hat im Gutachten vom 17. Juni 2011, eingegangen bei Gericht am 1. August 2011, unter Mitberücksichtigung des psychologischen Zusatzgutachtens von Dr. A. vom 28. Juni 2011 beim Kläger eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach einer Bandscheibenoperation mit Versteifung (Spondylodese der beiden Segmente L4/5 und L5/S1) diagnostiziert. Er hat ausgeführt, infolge der Operation und mäßiger degenerativer Veränderungen bestünden chronische haltungs- und belastungsabhängig verstärkte Kreuzschmerzen und eine leichte, residuale Wurzelläsion L5 links (leichte Zehenheberschwäche etwa KG 4-5, vermutlich leichte, funktionell nicht relevante Sensibilitätsstörungen im Dermatom L5 links). Die vom Kläger angegebene Urin- und Stuhlinkontinenz sei durch neurologische Befunde nicht objektivierbar und erklärbar. Die nach schneller Kopf- oder Körperbewegung für Sekunden auftretenden Drehschwindelattacken seien sehr wahrscheinlich Ausdruck eines gutartigen paroxysmalen Lagerungsschwindels. Sowohl bei der psychologischen als auch bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung hätten sich deutliche Hinweise für eine Überlagerung der körperlichen und psychischen Symptome durch deutliche Aggravationstendenzen ergeben. Aufgrund der somatoformen Störung, der operierten und versteiften unteren LWS, den degenerativen Wirbelsäulen- und Gelenkveränderungen könne der Kläger nur noch leichte Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen, überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit in frei wählbaren Abständen kurz aufzustehen und umherzugehen, verrichten. Vermeiden müsse der Kläger Heben und Tragen von Lasten, Tätigkeiten mit Zwangshaltungen, ständigen Überkopfarbeiten, häufigem Bücken, ständigen Vorhalten des Rumpfes, Arbeiten im Freien, in Kälte, Nässe sowie auf Leitern und Gerüsten. Aufgrund der psychischen Erkrankung schieden Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung, und erhöhtem Zeitdruck, Akkord-, Fließband- und Nachtschichttätigkeiten aus. Wegen der Einnahme zentral wirksamer Medikamente kämen Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr, auf Leitern und Gerüsten, in Gefährdungsbereichen, mit besonderer Eigen- und Fremdgefährdung, mit Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, Sicherungs- und Überwachungstätigkeiten nicht in Betracht. Auch Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, an laufenden ungeschützten Maschinen, berufliche Fahrertätigkeiten sowie Tätigkeiten mit hoher Verantwortung oder ständigem Publikumsverkehr seien zu vermeiden. Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet könne eine quantitative Leistungsminderung auf weniger als sechs Stunden, auch wegen der sehr deutlichen Aggravationstendenzen, nicht begründet werden. Eine Toilette sollte - wegen des berichteten häufigen Harndrangs - in Arbeitsplatznähe vorhanden sein, auch wenn die angegebene Harn- und Stuhlinkontinenz bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung nicht habe objektiviert werden können. Der Kläger sei - bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen - in der Lage, sich auf eine neue Tätigkeit einzustellen. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht sei der Kläger in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m in höchstens 15 bis 20 Minuten zurückzulegen und auch zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Nach der Aktenlage sei es sehr wahrscheinlich, dass das nunmehr festgestellte Leistungsvermögen auch schon im Januar 2004 bestanden habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG (S 13 R 6026/06 und S 12 R 1204/05) sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Aufgrund der Angaben des Klägers und der Beklagten, die erklärt haben, dass eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Zeit ab 1. Januar 2006 nicht erfolgt ist, es sich in der Niederschrift vom 31. Mai 2006 um einen Schreibfehler handelt (siehe Vermerk vom 6. November 2006, vorgelegt von der Beklagten mit Schriftsatz vom 31. Januar 2011) und die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 15. September 2006 über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ab den Wegfallzeitpunkt (31. Dezember 2003) entschieden hat, ist Streitgegenstand die Gewährung von Rente ab 1. Januar 2004.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtenen Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung über den 31. Dezember 2003 hinaus hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.
Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der Gutachten der Orthopäden Dr. R. vom 18. Februar 2004, Dr. U. vom 5. Januar 2006 und Prof. Dr. F. vom 19. Januar 2009 sowie der Neurologen und Psychiater Dr. Sch. vom 9. Februar 2005, Dr. M. vom 4. August 2008 sowie Dr. B. vom 17. Juni 2011 und des Entlassungsberichts der R.-H.-Klinik vom 21. August 2006.
Im Vordergrund stehen beim Kläger Beschwerden auf neurologisch-psychiatrischem sowie orthopädischem Gebiet. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung nach einer Bandscheibenoperation mit Spondylodese im Bereich L4/5 und L5/S1, eine Hüftumbaustörung links (mit allenfalls endphasiger Bewegungseinschränkung) und beginnende degenerative Veränderungen des rechten Hüftgelenks sowie um degenerative Gelenkveränderungen beider Schultern.
Diese Gesundheitsstörungen führen zwar zu qualitativen Einschränkungen, hindern den Kläger jedoch seit Januar 2004 nicht daran, körperlich leichte, überwiegend sitzende Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Vermeiden muss der Kläger schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten, Arbeiten in Zwangshaltungen, mit ständigen Überkopfarbeiten, mit häufigem Bücken, mit Vorhalten des Rumpfes, im Freien, in Kälte, in Nässe, auf Leitern und Gerüsten, mit erhöhter Stressbelastung, mit erhöhtem Zeitdruck, mit erhöhter Unfallgefahr, mit besonderer Eigen- und Fremdgefährdung, mit Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge, mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen, mit hoher Verantwortung oder ständigem Publikumsverkehr. Der Kläger ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung in normal temperierten Räumen zur Normalarbeitszeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Wegen des vom Kläger geschilderten Harndrangs sollte eine Toilette in der Nähe des Arbeitsplatzes vorhanden sein, auch wenn die angegebene Harn- und Stuhlinkontinenz bei der neurologisch-psychiatrischen Untersuchung durch Dr. B. - ebenso wie bei Prof. Dr. Sch., Dr. U. und Prof. Dr. F. - nicht objektiviert werden konnte und der Kläger - entgegen seiner Behauptung, bei Verlassen des Hauses trage er Einlagen - solche bei mehreren Untersuchungen nicht getragen hat. Auch während des mehrwöchigen Heilverfahrens in der R.-H.-Klinik wurde beim Kläger keine Harn- und Stuhlinkontinenz diagnostiziert. Das Schlafapnoe-Syndrom ist mittels eines Beatmungs-Gerät ausreichend behandelt. Dementsprechend hat der Kläger nur über leichte Schlafstörungen geklagt.
Der von den oben genannten Beurteilungen abweichenden Einschätzung von Dr. L. vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. So haben weder Dr. Sch. noch Dr. L., noch die Ärzte der R.-H.-Klinik noch Dr. M. und auch nicht Dr. B. die von Dr. L. gestellten Diagnosen einer Konversionssymptomatik und Persönlichkeitsstörung sowie einer mittelschweren phobischen und schweren depressiven Symptomatik bestätigen können. Vielmehr hat zuletzt Dr. B. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass gegen die Diagnose einer schweren depressiven Symptomatik schon die erhaltende Tagesstruktur spricht, auch wenn es dem Kläger an einer sinnvollen Beschäftigung fehlt. Darüber hinaus hat Dr. L. die von zahlreichen Untersuchern, Dr. U. (Gutachten vom 5. Januar 2006), Dr. L. (Gutachten vom 23. März 2006), den Ärzten der R.-H.-Klinik (Entlassungsbericht vom 21. August 2006), Dr. M. (Gutachten vom 4. August 2008) und Dr. A. (Gutachten vom 28. Juni 2011) sowie Dr. B. (Gutachten vom 17. Juni 2011) festgestellten Aggravationstendenzen beim Kläger nicht berücksichtigt. Soweit Dr. L. das Leistungsvermögen beim Kläger auf drei bis sechs Stunden einschätzt, begründet er nicht, aufgrund welcher Gesundheitsstörungen der Kläger nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich arbeiten können soll, zumal er selbst das Leistungsvermögen des Klägers aus psychosomatischer/psychiatrischer Sicht als nicht gravierend eingeschränkt beschreibt und den Beurteilungen von Dr. R., Dr. Sch. und Dr. U., die ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen annehmen, im Wesentlichen zustimmt.
Zusammenfassend ist der Kläger unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihm diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls seit Januar 2004 körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Der Kläger ist somit nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Kläger ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für ihn zuständige Arbeitsagentur einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).
Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar, wie die Orthopäden Dr. U. und Prof. Dr. F. sowie die Neurologen und Psychiater Dr. Sch., Dr. M. und Dr. B. dargelegt haben. Ferner spricht auch die Beobachtung von Dr. A., dass der Kläger in der Lage war, eine Wegstrecke von 300 bis 400 m ohne Pausen sicher zu bewältigen, gegen eine Einschränkung der Wegefähigkeit. Im Übrigen ist der Kläger im Besitz eines Führerscheins und konnte - solange er mit seiner Ehefrau zusammen lebte - das Auto der Familie nutzen, was er zumindest auch zeitweise getan hat. Auch benötigt der Kläger keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.
Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet schon deswegen aus, weil der Kläger nicht vor dem 2.1.1961 geboren ist.
Nach alledem war der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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