Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 4917/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2633/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 höhere Kosten der Unterkunft und Heizung als Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der am 1984 geborene Kläger ist geistig behindert und dauerhaft voll erwerbsgemindert (sog. Prader-Willi-Syndrom); eine Betreuung ist nicht angeordnet. Mit einem derzeitigen Grad der Behinderung von 90 (sowie Merkzeichen G und RF) ist er als schwerbehinderter Mensch anerkannt (Funktionsbeeinträchtigungen: geistige Behinderung, Verhaltensstörung, Depression, Entleerungsstörungen, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform). Er wohnte im streitigen Zeitraum mit seiner Großmutter E. M. (E.M.) in deren lastenfreier Eigentumswohnung im Erdgeschoss eines Zwei-Familien-Hauses. Die Heizung erfolgt mittels Strom (Nachtspeicheröfen); der Gebührenbescheid des Versorgungsunternehmens wird an die E.M. adressiert. Die monatliche Abschlagszahlung für Strom zuzüglich Wasser/Abwasser und Abfall betrug in 2007 bis April 2008 EUR 290.-. Die andere Wohnung des Hauses steht im Eigentum der Mutter des Klägers, der Zeugin B. K. (B.K.) und wird auch von dieser, seinem Vater und seiner Schwester bewohnt. Für diese Wohnung besteht ein eigener Stromzähler. Das Versorgungsunternehmen erstellt hierfür eine gesonderte Gebührenrechnung, während die Kosten für Wasser/Abwasser und Abfall für das gesamte Haus nur in der an E.M. gerichteten Gebührenrechnung enthalten waren. Die Eigentumswohnung der E.M. war lastenfrei. Die Darlehensbelastungen aus einem in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre erfolgten Umbau des Hauses wurden allein von den Eltern des Klägers getragen; E.M. wurde hierfür nicht in Anspruch genommen, ihre Wohnung nicht belastet. Die E.M. verfügte über Einkommen aus einer Rente aus eigener Versicherung, einer Witwen- und einer Betriebsrente in Gesamthöhe von ca. EUR 1.700.- monatlich. Ab dem 1. Juli 2007 war sie in Pflegestufe I, ab dem 1. Mai 2009 in Pflegestufe II eingestuft.
Der Kläger bezog im streitigen Zeitraum aus einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) monatlich EUR 77,70 Arbeitsprämie zzgl. EUR 26,00 Arbeitsförderungsgeld. Über einzusetzendes Vermögen verfügt er nicht.
Im Rahmen eines beim Landkreis Reutlingen (im Folgenden Landkreis) gestellten Antrages auf Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) vom 30. Januar 2003 gab der Kläger u.a. an, von den Eltern erhalte er "Unterhalt zur Deckung der Miete". Diese belaufe sich auf EUR 260.- (Kaltmiete) zzgl. Nebenkosten i.H.v. EUR 50.-; die Kosten für Warmwasser seien darin enthalten. Hierzu legte er einen auf den 28. Januar 2003 datierten Mietvertrag zwischen ihm und der E.M. ab 1. Januar 2003 vor. Neben der angegebenen Kaltmiete waren danach Nebenkosten in Gesamthöhe von EUR 50.- (Strom, Heizung, Wasser, Müll) erfasst. In einer Mietbescheinigung vom 14. Oktober 2003 bestätigte E.M. diese Vereinbarung; auf die im Vordruck enthaltene Frage gab sie keine Mietschulden an.
Auf Ersuchen des Landkreises stellte der Rentenversicherungsträger unter dem 4. August 2004 die dauerhafte volle Erwerbsminderung fest.
In einem Schreiben an den Landkreis vom 28. März 2005 führten die Eltern des Klägers aus, dieser erhalte durch sie keine monatlichen Unterhaltsleistungen; sie hätten jedoch die Miete und Verpflegung für ihn übernommen und würden diese mit ihm abrechnen. Die Aufteilung der Nebenkosten wurde unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der E.M. wiederum angegeben mit: Strom, Wasser, Abwasser jeweils EUR 13.- sowie Abfall EUR 11.-. Beigelegt wurden auch monatliche Bescheinigungen über den Erhalt der Kaltmiete einschließlich Nebenkosten für den Zeitraum Januar 2003 bis April 2005, die jeweils von E.M. unterschrieben waren, sowie an die E.M. gerichtete Gebührenrechnungen des Versorgungsunternehmens vom 16. Januar 2004 und 14. Januar 2005 für Strom, Wasser, Abwasser, Abfall. Das Schreiben samt Anlagen ging am 5. April 2005 beim Landkreis ein.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2005 bewilligte der Landkreis Leistungen nach dem GSiG für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004. Ausdrücklich wurde in der Begründung ausgeführt, die Eigentumswohnung der Großmutter sei schuldenfrei; daher seien als Bedarf nur die anteiligen Betriebs- und Heizungskosten zu berücksichtigen; ein hälftiger Anteil beim Kläger werde anerkannt. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Im Rahmen eines am 14. März 2006 bei der Beklagten gestellten Antrages auf Grundsicherungsleistungen legte der Kläger monatliche Bestätigungen der E.M. über Mietzahlungen für den Zeitraum vom Januar 2005 bis Dezember 2005 vor. Die Bestätigungen für die Monate Januar bis April 2005 weichen im Text, die für Januar und Februar 2005 auch im Datum von den Bestätigungen ab, die für den gleichen Zeitraum beim Landkreis vorgelegt wurden. Der ebenfalls vorgelegte Formularmietvertrag zwischen dem Kläger und E.M. datiert auf den 1. Januar 2003.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2006 bewilligte die Beklagte Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Zeitraum von Januar 2005 bis Januar 2006. Dabei wurden Kosten der Unterkunft i.H.v. EUR 37.- (Wasser und Abwasser je EUR 13.-, Abfall EUR 11.-) berücksichtigt. Die Kosten für Strom seien bereits im Regelsatz enthalten. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Auf den Folgeantrag vom 4. Oktober 2006, in dessen Rahmen der Kläger eine schriftliche Vollmacht für seine Eltern vorgelegt hatte, bewilligte die Beklagte mit nicht angefochtenem Bescheid vom 19. Oktober 2006 Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum von Februar 2006 bis 31. Januar 2007, wiederum mit Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. EUR 37.- monatlich.
Im Weiterbewilligungsantrag vom 26. Januar 2007 wurden keine Angaben zu einer Kaltmiete gemacht; Veränderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wurden verneint. Im Begleitschreiben vom 24. Januar 2007 gaben die Eltern nur die Nebenkosten an und schlüsselten diese näher auf (Strom, Wasser, Abwasser jeweils EUR 13, Abfall EUR 11.-). Eine Kaltmiete wurde nicht genannt.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2007 gewährte die Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 i.H.v. EUR 337,89 monatlich (Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich EUR 37.-; anzurechnendes Einkommen EUR 22,03).
Hiergegen legte der Kläger am 5. März 2007 Widerspruch ein und bat um Nachberechnung der Mietkosten ab der ersten Antragstellung ab dem 1. Januar 2003. Er zahle monatlich EUR 260.- Miete zzgl. EUR 50 Nebenkosten. Die E.M. sei aus finanziellen Gründen und eigener Hilfebedürftigkeit wegen Pflege auf die Vermietung angewiesen. Eine entsprechende Bestätigung der E.M. wurde beigelegt.
Nachdem die Beklagte den Widerspruch dem Landratsamt als zuständiger Widerspruchsbehörde vorgelegt hatte, forderte dieses mehrmals fruchtlos weitere Unterlagen beim Kläger an, insbesondere Kontoauszüge zum Beleg für Mietzahlungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2007 verwarf das Landratsamt den Widerspruch gegen die Bescheide vom 3. Juni 2005, 16. Mai 2006 und 19. Oktober 2006 wegen Fristversäumung als unzulässig und wies den Widerspruch gegen Bescheid vom 5. Februar 2007 als unbegründet zurück. Der Kläger wohne seit dem 1. Januar 2003 in Haushaltsgemeinschaft mit E.M. in deren schuldenfreier Eigentumswohnung. Als Kosten der Unterkunft und Heizung könnten daher nur der auf den Kläger entfallende Anteil an den Betriebs- und Nebenkosten i.H.v. EUR 37.- berücksichtigt werden. Bei der vom Kläger geltenden gemachten Kaltmiete i.H.v. EUR 260.- zzgl. Nebenkosten EUR 50.- handle es sich nicht um tatsächlich anfallende Kosten. Überweisungen über entsprechende Beträge hätten nicht festgestellt werden können. Die vorgelegten, meist nicht unterschriebenen "Nachweise über Mietzahlungen" seien bedeutungslos. Denn sie seien auch für Zeiträume vorgelegt worden, in denen der Kläger mangels Leistungsgewährung gar nicht in der Lage gewesen wäre, entsprechende Beträge bar zu zahlen. Bei dem abgeschlossenen Mietvertrag handle es sich, da die darin vereinbarten Mietzahlungen tatsächlich nicht geleistet worden seien, um ein unbeachtliches Scheingeschäft.
Hiergegen hat der Kläger am 24. Dezember 2007 Klage gegen "das Land Baden-Württemberg" beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit dem Antrag erhoben: "Die Bescheide des LRA Reutlingen vom 03.06.2005, 16.05.2006, 19.10.2006 und 05.02.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 werden - alternativ der Bescheid vom 05.02.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 wird aufgehoben und das beklagte LRA Reutlingen wird als Behörde des beklagten Landes verpflichtet, an den Kläger ab dem 01.01.2003 im Rahmen der Grundsicherung Kosten der Unterkunft und Heizung entsprechend den tatsächlichen Kosten zu bezahlen, als dies sind monatlich 310,00 EUR". Auf Hinweis des Landkreises stellte der Kläger am 1. September 2008 klar, dass sich die Klage gegen den jeweiligen Grundsicherungsträger richten solle, also den Landkreis für Leistungen nach dem GSiG und die Stadt für solche nach dem SGB XII. Zur Begründung hat er inhaltlich vorgetragen, er sei zum 1. Januar 2003 in die Wohnung der E.M. gezogen, da es nicht mehr tragbar gewesen sei, sich weiterhin ein Zimmer mit seiner Schwester zu teilen. Der Mietvertrag mit E.M. sei kein Scheingeschäft; diese sei weder verpflichtet noch in der Lage, auf die Miete zu verzichten. Soweit der Kläger vor der erstmaligen Leistungsbewilligung Miete gezahlt habe, sei dies mit Mitteln aus Darlehen geschehen, danach aus den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Eine "Bedarfsgemeinschaft" bestehe mit der E.M. nicht, jeder wirtschafte für sich.
In einem Erörterungstermin hat das SG die E.M. und die B.K. als Zeuginnen vernommen; wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 28. April 2009 (Bl. 84/89 der SG-Akte) verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Wechsel auf Beklagtenseite stelle eine gewillkürte, aber sachdienliche Klageänderung dar. Der Widerspruch gegen die bestandskräftigen Bescheide sei zu Recht als unzulässig verworfen worden. Für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 bestehe kein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Aussagetüchtigkeit der Zeugin E.M. sei offenbar aufgrund ihrer gesundheitlichen Entwicklung erheblich eingeschränkt; ihre finanziellen Verhältnisse würden von der Tochter geregelt, so dass sie selbst keinen vollständigen Überblick habe. Daher käme aber auch den von ihr unterschriebenen Bestätigungen keine Beweiskraft zu. Es handle sich um Gefälligkeitsbescheinigungen, was auch daran ersichtlich sei, dass die auf den 3. April 2005 datierte bereits mit Schreiben vom 28. März 2005 vorgelegt worden sei. Überweisungsbelege seien entgegen der Behauptung, dies sei möglich und werde erfolgen, auch von B.K. nicht vorgelegt worden. Da die E.M. keine Konsequenzen aus der fehlenden Mietzahlung gezogen habe und auch nicht willens hierzu sei, müsse von einer konkludenten und dauerhaften Stundung des Mietzinses auszugehen. Damit seien keine Kosten der Unterkunft angefallen. Eine Vereinbarung, die eine Mietverpflichtung nur bei Übernahme durch den Grundsicherungsträger begründe, wäre sittenwidrig und unbeachtlich.
Gegen diese seiner Bevollmächtigten am 26. Mai 2009 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 9. Juni 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Nach einer von E.M. unterschriebenen Erklärung vom 1. Februar 2008 übertrug diese ihre Eigentumswohnung an ihre Tochter, weil die B.K. sie versorgt, betreut und gepflegt habe, sowie für Wohnungs-, Haus-, Gartenpflege- und Renovierungsarbeiten. Die entsprechende Auflassung erfolgte am 3. April 2008. Gleichzeitig wurde der E.M. ein Wohnungsrecht eingeräumt. Die E.M. befindet sich seit dem 10. März 2010 in stationärer Pflege.
Im Erörterungstermin vom 28. Oktober 2011 hat der Kläger die Berufung für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2007 zurückgenommen.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger über sein bisheriges Vorbringen hinaus vorgetragen, bei E.M. erst zum 1. Januar 2003 eingezogen zu sein; früher sei dieses Zimmer von einem Au-pair-Mädchen genutzt worden. Die Miete habe er tatsächlich wegen fehlender Mittel nicht zahlen können. Gelegentlich seien seine Eltern mit Darlehen eingesprungen, was ihnen aber immer weniger möglich gewesen sei. Darüber hinaus hätten sie reale Gegenleistungen für E.M. erbracht (z.B. Einkaufen, Renovierungsarbeiten). Die Beklagte könne die E.M. nicht über die Ablehnung der Kaltmiete auf Unterhalt für ihn in Anspruch nehmen. Diese habe ihm nur deshalb noch nicht gekündigt, weil die Aussicht bestehe, dass dieser bei Erfolg im vorliegenden Verfahren nachbezahlen könne, und die B.K. ihn weiter pflegen könne, solange er im selben Haus wohne. Die E.M. sei wegen ihrer eigenen Pflegebedürftigkeit auf das Geld angewiesen. Schließlich hat der Kläger auf ein Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. August 2010 (L 8 SO 52/08 - (juris)) verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2011 haben die Beteiligten einen Teilvergleich geschlossen, nach dessen Ziffer 1 sie sich darüber einig seien, dass sich die auf den Kläger entfallenden Kosten für Heizung, Wasser, Abwasser und Abfall im Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 auf monatlich EUR 77,94 beliefen. Nach Ziffer 2 gewährt die Beklagte dem Kläger für den streitigen Zeitraum für diese Kosten noch EUR 40,94 monatlich.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 um EUR 232,06 monatlich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Darüber hinaus geht sie davon aus, dass der Kläger bereits vor dem 1. Januar 2003 in die Wohnung der E.M. eingezogen sei, was von E.M. im Erörterungstermin vor dem SG auch bestätigt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und des Landkreises, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Niederschriften vom 28. Oktober und 8. Dezember 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.
Nachdem die Berufung im Erörterungstermin vom 28. Oktober 2011 für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Januar 2007 zurückgenommen worden war, ist Gegenstand des Verfahrens nur noch der Bescheid vom 5. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 und damit der Bewilligungszeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008. Der Senat hat hinsichtlich der angegriffenen Bescheide nur über die Kosten der Unterkunft und Heizung zu entscheiden. Die zulässige Beschränkung auf diesen abtrennbaren selbständigen Anspruch (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. April 2011 - B 8 SO 18/09 R - (juris) m.w.N.) ergibt sich bereits aus dem Inhalt des gegen den Bescheid vom 5. Februar 2007 eingelegten Widerspruches, der sich ausdrücklich nur auf die "Mietkosten" bezieht. Des Weiteren wurde die Klage beim SG bereits beschränkt auf die Kosten der Unterkunft und Heizung erhoben.
Zutreffend verfolgt der Kläger für den noch streitigen Zeitraum seine Berufung (und Klage) gegen die Stadt Reutlingen; diese ist als Delegationsnehmerin des Landkreises Reutlingen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Delegationssatzung vom 16./22. März 2005 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB XII, § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII in der Fassung des Art. 122 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469, 534)) passivlegitimiert (Senatsurteil vom 14. April 2011 - L 7 SO 2497/10 -; vgl. a. BSGE 103, 178 = SozR 4-3500 § 25 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 9); BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - (juris; Rdnr. 11)). Danach hat der Landkreis der Beklagten die ihm als dem örtlichen Träger der Sozialhilfe nach § 8 SGB XII obliegende Durchführung der Sozialhilfe (u.a. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) vollständig übertragen und sie nicht nur ermächtigt, für ihn in seinem Namen tätig zu werden.
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist aber nicht schon deswegen unzulässig, weil sie nach dem Inhalt der Klageschrift zunächst gegen "das Land Baden-Württemberg, handelnde Landesbehörde: Landratsamt Reutlingen" erhoben worden war. Die Klarstellung, dass sich die Klage für den hier streitigen Zeitraum gegen die Stadt Reutlingen richten soll, ging zwar erst am 1. September 2008 und damit weit nach Ablauf der Klagefrist beim SG ein. Allerdings ist die Bezeichnung des Beklagten der Auslegung zugänglich, da die Angabe des richtigen Beklagten im Einzelfall schwierig sein kann; falsche oder widersprüchliche Angaben schaden dann u.U. nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 92 Rdnr. 7 m.w.N.). Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall, in dem wegen der Delegation der Ausgangsbescheid von der Behörde eines anderen Rechtsträgers erlassen wurde als der Widerspruchsbescheid, der gem. § 99 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB XII hier durch das Landratsamt für den Landkreis erging, das seinerseits wiederum in anderen Zusammenhängen als untere Staatsbehörde für das Land handeln kann. Aufgrund der Angabe der angefochtenen Bescheide und dem deutlich erkennbaren Klagebegehren (höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung) war jedoch bereits bei Eingang der Klageschrift ohne Weiteres ersichtlich, dass sich die Klage gegen den hierfür jeweils zuständigen Grundsicherungsträger richten sollte. Der am 1. September 2008 beim SG eingegangene Schriftsatz der Klägervertreterin bestätigte dieses Auslegungsergebnis.
Der in der Klageschrift vom 19. Dezember 2007 ausdrücklich gestellte Antrag bedarf ebenfalls der Auslegung. Die dort gewählte Formulierung "alternativ" deutet zwar zunächst darauf hin, dass es sich mangels unbedingten und eindeutigen Rechtsschutzbegehrens um eine unzulässige Klage handeln könnte. Nach § 123 SGG ist das Gericht aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden, sondern entscheidet über die "vom Kläger erhobenen Ansprüche". Maßgeblich ist das erkennbare Klagebegehren. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen; es ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen. Es ist derjenige Rechtsbehelf gegen den Verwaltungsakt als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr. 2; Bolay in Hk-SGG, 3. Aufl., § 123 Rdnr. 5 m.w.N.). Bereits in der Klageschrift wurde in der weiteren Begründung deutlich gemacht, dass der Kläger die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 1. Januar 2003 begehrt. Darüber hinaus wird der hier noch angefochtene Bescheid vom 5. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 im formulierten Antrag in beiden "Alternativen" genannt. Letztlich besteht somit kein Zweifel, dass dieser Bescheid unbedingt angefochten werden sollte, zumal gerade (nur) insoweit im Widerspruchsbescheid eine Sachentscheidung getroffen worden war. Schließlich wurde begehrt, den Beklagten zu Leistungen für Unterkunft und Heizung "entsprechend den tatsächlichen Kosten zu bezahlen, als dies sind monatlich EUR 310,00". Da die Beklagte bereits entsprechende Leistungen i.H.v. EUR 37.- monatlich bewilligt sowie sich im Teilvergleich vom 8. Dezember 2011 zur Gewährung weiterer Kosten in Höhe von EUR 40,94 monatlich verpflichtet hatte, umfasst das klägerische Begehren nunmehr noch den Differenzbetrag in Höhe von EUR 232,06 monatlich, wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auch beantragt wurde.
Der alleinstehende und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Kläger erfüllt dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 19 Abs. 2 Satz 1, 41 SGB XII (hier in den Fassungen vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022 bzw. vom 20. April 2007 für Januar 2008, BGBl. I S. 554). Insbesondere konnte er im streitigen Zeitraum seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen. Der Kläger verfügte nicht über einzusetzendes Einkommen. Sein aus der Tätigkeit in der WfbM erzieltes Einkommen erreicht nicht annähernd die Höhe des ihm zustehenden Regelsatzes. Mangels abweichender Anhaltspunkte bleiben etwaige Unterhaltsansprüche des Klägers gegen seine Eltern gem. § 43 Abs. 2 SGB XII unberücksichtigt. An der Hilfebedürftigkeit des Klägers besteht daher kein Zweifel.
Die Leistungen der Grundsicherung erfassen nach § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII u.a. die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII (jeweils in der Fassung vom 2. Dezember 2006, BGBl. I S. 2670). Danach werden Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen (soweit angemessen) erbracht (§ 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Bereits nach dem Wortlaut kommt dabei nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht. Dies sind in erster Linie Kosten, die durch Mietvertrag entstanden sind, wie sie der Kläger vorliegend auch geltend macht. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG SozR 4-3500 § 29 Nr. 1; Beschluss vom 25. August 2011 - B 8 SO 1/11 B - (juris) sowie SozR 4-4200 § 22 Nrn. 15 und 21 zur Parallelvorschrift des § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)). Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von Wohnraum müssen dabei nicht einem sog. Fremdvergleich standhalten (BSG, Beschluss vom 25. August 2011, a.a.O.; SozR 4-4200 § 22 Nrn. 15), andererseits ist gerade bei engen familiären Beziehungen genau zu prüfen, ob auf "geschuldete Miete" nicht endgültig verzichtet wird, wenn der Grundsicherungsträger diese nicht zu übernehmen bereit ist (vgl. BSG SozR 4-3500 § 29 Nr. 1).
Aus dem von der Klägerseite angeführten Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. August 2010 (L 8 SO 52/08 - (juris)) ergibt sich nichts anderes. Vielmehr hat das LSG Niedersachsen-Bremen im dortigen Fall unter Heranziehung dieser Rechtsprechung gerade die Übernahme von Kosten aus einem behaupteten Mietvertrag mangels ernstlichen Rechtsbindungswillens abgelehnt. Soweit es einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgrund einer Aufteilung der für die Wohnung anfallenden Kosten nach Kopfteilen anerkannt hatte, wurde dieses Urteil durch das BSG aufgehoben (Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 29/10 R - (juris)): Lebt eine volljährige hilfebedürftige Person mit nichthilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen und besteht weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach SGB II noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch einer sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist, setzt die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung tatsächliche Aufwendungen des Hilfebedürftigen voraus. Vorliegend hat die Beklagte die tatsächlich für die schuldenfreie Wohnung insgesamt anfallenden Kosten bewilligt (Wasser, Abwasser, Müll und Heizung), soweit sie auch nach dessen eigenem Vortrag auf den Kläger entfallen. Es bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, ob dies nach der genannten Rechtsprechung des BSG erforderlich gewesen wäre, da der Kläger hierdurch jedenfalls begünstigt wird. Die Höhe dieser Kosten wurde von den Beteiligten durch den in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Teilvergleich "unstreitig gestellt", was zulässig ist, obgleich es sich bei diesen Nebenkosten nicht um einen eigenständigen und abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 1 und SozR 4-4200 § 12 Nr. 13, jeweils m.w.N.). Wenn hierdurch die Amtsermittlungspflicht des Gerichts auch nicht vollständig suspendiert wird, muss es in weitere Ermittlungen nur einsteigen, wenn die Annahme naheliegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind. Für einen solchen Fall fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten, zumal sich der im Teilvergleich genannte Betrag aus den vorgelegten Turnusrechnungen des Versorgungsunternehmens vom 17. Januar 2008 und 15. Januar 2009 (Bl. 158/169 der Senatsakte) errechnen lässt.
Ein weitergehender Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Kaltmiete (EUR 260.- monatlich) - beschränkt auf den noch streitigen Monatsbetrag i.H.v. EUR 232,06 - besteht hingegen nicht. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderungen aus einem wirksamen und ernsthaft geschlossenen Mietvertrag ausgesetzt war, auf die auch nicht verzichtet wurde. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Zwar liegt ein schriftlicher Mietvertrag mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt vor. Allerdings wurden hierzu zwei Urkunden mit unterschiedlichen Ausstellungsdaten vorgelegt (1. bzw. 28. Januar 2003). Diese abweichenden Daten konnten weder vom Kläger noch der Zeugin B.K. zufriedenstellend erklärt werden; die vom SG als Zeugin vernommene E.M. hat hierzu nichts aussagen können. Zwar mag es vorkommen, dass zwei Mietvertragsurkunden unterschiedliche Daten für die Unterschrift der jeweiligen Vertragspartei aufweisen. Vorliegend wurde jedoch auf jeder Vertragsurkunde von beiden Parteien unter jeweils einem Datum unterschrieben, nur dass eben dieses Datum zwischen den beiden Urkunden variiert. Dies fällt insbesondere in Gewicht, weil bei den beiden betroffenen Leistungsträgern nicht jeweils eine Kopie derselben Urkunde vorgelegt wurde, nämlich naheliegender Weise die des Klägers. Vielmehr wurde beim Landkreis der auf den 28. Januar, bei der Beklagten drei Jahre später der auf den 1. Januar 2003 datierte Vertrag eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Zeugin B.K. zwar angegeben, dass der Kläger nicht immer bereit sei, etwas sofort zu unterschreiben; es könne daher sein, dass er den Vertrag später unterschrieben habe. Dass dies tatsächlich so gewesen sei, wollte sie hingegen nicht ausdrücklich bestätigen. Dabei fällt auf, dass sie zur selben Frage vor dem SG keine Erklärung für die unterschiedlichen Daten abgeben konnte. Ohnehin erklärt auch dies nicht, weshalb unter unterschiedlichen Daten beide Unterschriften vorhanden sind. Naheliegend wäre es vielmehr in einem solchen Fall, das abweichende Datum der einen Unterschrift auszuweisen.
Hinsichtlich der vorgelegten Bestätigungen über den Erhalt der Mietzahlungen hatte das SG u.a. angeführt, die auf den 3. April 2005 datierte Bescheinigung sei bereits mit Schreiben vom 28. März 2005 vorgelegt worden. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass dieses Schreiben samt Anlagen erst am 5. April 2005 beim Landkreis eingegangen war, so dass es durchaus möglich ist, dass die nach dem Anschreiben datierende Bescheinigung dem Schreiben noch beigelegt worden war. Gleichwohl fällt auf, dass für einige Monate zwei Bescheinigungen unterschiedlichen Datums ausgestellt wurden, von denen je eine beim Landkreis sowie viel später bei der Beklagten vorgelegt wurde. Soweit neue Bescheinigungen ausgestellt werden mussten, weil die unterschriebenen Originale bereits beim Landkreis eingereicht worden waren, ist zu beachten, dass die entsprechenden Bescheinigungen bei der beklagten Stadt erst im März 2006 vorgelegt wurden. Wenn also die weiteren Bescheinigungen erstellt worden sein sollten, um sie bei der Beklagten einzureichen, ist nicht erklärbar, weshalb sie Ausstellungsdaten aus 2005 tragen sollten. Darüber hinaus sind die Bescheinigungen für die Zeit ab Juni 2005 nicht unterschrieben, obwohl vorgetragen wurde, die Miete sei durch die Eltern bis Ende 2005 jeweils gezahlt worden. Der Senat misst daher diesen Bescheinigungen keinen Beweiswert zu.
Die Angaben der Zeugin B.K., wie die Mietzahlungen tatsächlich erfolgt sein sollen, sind nicht konsistent und daher für den Senat nicht glaubhaft. Vor dem Senat hat sie ausdrücklich ausgesagt und auf Nachfrage bestätigt, dass die Zahlung der "Miete" durch die Eltern durchweg und ausschließlich bar erfolgt sei. Hingegen hatte sie beim SG angegeben, die Miete überwiesen zu haben. Entgegen dem Einwand der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, bezogen sich diese Angaben vor dem SG nicht nur auf die Nebenkosten, die vom Konto des Klägers überwiesen worden seien. Vielmehr ist in der Niederschrift des SG vom 28. April 2009 ausdrücklich als Aussage festgehalten: "In der Zeit davor haben wir die Miete überwiesen, wenn Geld vorhanden war. Damit meine ich auch unser eigenes Geld, nicht nur Geld des Klägers." Die Beschränkung auf die Nebenkosten unter Ausnahme der Kaltmiete in der weiteren Aussage bezieht sich allein auf die Frage Dauerauftrag/Einzelüberweisung, nicht bar oder unbar. Vielmehr hatte die Zeugin weiter ausgeführt, "es ist auch vorgekommen, dass die Mietzahlungen bar erfolgt sind", beispielsweise wenn die E.M. das Geld gerade benötigt habe. Dieses "auch vorgekommen" ist mit einer durchgehenden Barzahlung, wie nun vor dem Senat ausdrücklich angegeben, nicht zu vereinbaren. Der weitere Vortrag, dass die Miete durch Realleistungen wie Einkaufen und Renovierungen abgegolten worden sei, widerspricht zum einen den vorgelegten Bescheinigungen und lässt sich nicht mit der Erklärung der E.M. vom 1. Februar 2008 vereinbaren, dass zum Ausgleich für diese Kosten gerade die Eigentumswohnung an B.K. übertragen werde. Dies macht keinen Sinn, wenn vorher abzugeltende Mietschulden bestanden haben sollen.
Seitens des Klägers wird vorgetragen, der Mietvertrag sei zum 1. Januar 2003 geschlossen worden, weil es nicht mehr tragbar gewesen sei, dass er mit seiner jüngeren Schwester ein Zimmer teile; auch sei es zu Auseinandersetzungen gekommen. Dies wurde auch von der Zeugin B.K. so angegeben. Gleichwohl fällt auf, dass der Beginn des Mietvertrages genau auf den Zeitpunkt fällt, zu dem erstmals ein eigenständiger, vom Einkommen und Vermögen seiner Eltern weitgehend unabhängiger Grundsicherungsanspruch des Klägers gesetzlich geschaffen wurde. So hat B.K. vor dem Senat ausdrücklich eingeräumt, vor Abschluss des Mietvertrages beratende Hilfen in Anspruch genommen zu haben; man habe ihr zum Abschluss eines Mietvertrages zwischen ihrer Mutter (der E.M.) und dem Kläger geraten, um staatliche Hilfen in Anspruch nehmen zu können. Auch dies spricht dafür, dass eine "Verpflichtung" des Klägers nur gewollt war, um einen Grundsicherungsanspruch insoweit erst zu schaffen, ohne dass er tatsächlich selbst zur Zahlung herangezogen werden sollte.
Dass der Kläger keinen ernsthaften Mietzinsverpflichtungen ausgesetzt werden sollte, zeigt sich insbesondere im konkreten Ablauf. Wie ausgeführt, sind die vorgelegten Bescheinigungen ab Juni 2005 von E.M. nicht mehr unterschrieben worden. Gleichwohl hat sie im Oktober 2005 gegenüber dem Leistungsträger nicht angegeben, dass Mietschulden bestünden. Für den Senat besonders gewichtig war jedoch, dass die E.M. trotz fehlender Mietzahlung keinerlei Konsequenzen zog, sondern den Kläger weiter bei sich wohnen ließ. Bereits auf Seiten des Klägers ist es nicht nachvollziehbar, dass er Bewilligungsbescheide über einen Zeitraum von fast fünf Jahren bestandskräftig werden ließ, also nichts tat, um die Übernahme der Kosten der Unterkunft zu erreichen, wenn er ernsthaft Miete geschuldet hätte. Offenbar wurde auch seitens der E.M. nicht darauf gedrungen. Klägerseits wurde wiederholt vorgetragen, die Eltern hätten (jedenfalls ab Januar 2006) nur gelegentlich - darlehensweise - die Miete gezahlt. Es kann noch nachvollziehbar sein, dass ein Vermieter keine Konsequenzen aus der fehlenden Mietzahlung zieht, solange der Streit mit dem Grundsicherungsträger auf Übernahme noch anhängig ist, weil er darauf hoffen kann, die Nachzahlung zu erhalten. Dies kann aber nicht mehr gelten, wenn wie hier mehrere ablehnende Bescheide bestandskräftig werden, also solch eine Erwartung nicht mehr bestehen kann. Eine Nachberechnung der Leistungen ab dem 1. Januar 2003 wurde jedoch vom Kläger erstmals im März 2007 geltend gemacht. Dass die die "Kaltmiete" ablehnenden Entscheidungen aus "Behördengläubigkeit" nicht angefochten worden seien, wie im Berufungsverfahren geltend gemacht, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Denn die Zeugin B.K. hat ausdrücklich angegeben, vorab beratende Hilfen in Anspruch genommen zu haben.
Ebenso vermag der Vortrag den Senat nicht zu überzeugen, der Kläger sei schon deshalb ernsthaften Mietzinsforderungen ausgesetzt gewesen, weil die E.M. dringend auf diese finanziellen Mittel angewiesen gewesen sei. Vielmehr verfügte diese angesichts der lastenfreien Eigentumswohnung und des relativ hohen Renteneinkommens über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen, das Renteneinkommen habe nicht ausgereicht, den pflegerischen Hilfebedarf der E.M. zu decken. Zum Zeitpunkt des behaupteten Mietvertrags am 1. Januar 2003 war noch keine erhebliche Pflegebedürftigkeit der E.M. festgestellt. Erst ab dem 1. Juli 2007 und damit viereinhalb Jahre später, war sie in Pflegestufe I, ab dem 1. Mai 2009 in Pflegestufe II eingestuft. Dass sie bereits Jahre früher - vorausschauend - Mittel zur Absicherung bei Pflegebedürftigkeit zurücklegen wollte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. So wurde vorgetragen, sie hätte ein Zimmer an Studenten vermieten müssen, wenn der Kläger nicht eingezogen wäre. Tatsächlich ist dies aber zu keinem Zeitpunkt erfolgt, obwohl sie nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1994 über sieben Jahre Gelegenheit hierzu gehabt hätte. Selbst wenn man - ausgehend von den Aussagen der B.K. - davon ausginge, dass dies für drei bis vier Jahre wegen der Belegung durch ein Au-pair nicht möglich gewesen wäre, verbleiben mehrere Jahre einer möglichen, aber nicht wahrgenommenen Vermietung.
Schließlich hat auch die Zeugin B.K. eingeräumt, dass die E.M. den Kläger trotz fehlender Mietzahlungen nicht "vor die Tür gesetzt" hätte; vielmehr sei sogar von Anfang an klar gewesen, dass eine Rückkehr des Klägers in die elterliche Wohnung nicht in Betracht komme.
Auf eine erneute Vernehmung der E.M. hat der Senat im Hinblick auf deren Demenz verzichtet, zumal die von ihr vor dem SG gemachten Angaben ohnehin ernsthaften Mietzinsverpflichtungen des Klägers widersprechen. So hatte sie u.a. ausgeführt, der Mietvertrag sei geschlossen worden, ohne dass es einen Anlass dafür gegeben habe; der Kläger habe kein Geld und könne daher nicht bezahlen; sie würde ihn nie "rausschmeißen", auch wenn er keine Miete zahle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 höhere Kosten der Unterkunft und Heizung als Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der am 1984 geborene Kläger ist geistig behindert und dauerhaft voll erwerbsgemindert (sog. Prader-Willi-Syndrom); eine Betreuung ist nicht angeordnet. Mit einem derzeitigen Grad der Behinderung von 90 (sowie Merkzeichen G und RF) ist er als schwerbehinderter Mensch anerkannt (Funktionsbeeinträchtigungen: geistige Behinderung, Verhaltensstörung, Depression, Entleerungsstörungen, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform). Er wohnte im streitigen Zeitraum mit seiner Großmutter E. M. (E.M.) in deren lastenfreier Eigentumswohnung im Erdgeschoss eines Zwei-Familien-Hauses. Die Heizung erfolgt mittels Strom (Nachtspeicheröfen); der Gebührenbescheid des Versorgungsunternehmens wird an die E.M. adressiert. Die monatliche Abschlagszahlung für Strom zuzüglich Wasser/Abwasser und Abfall betrug in 2007 bis April 2008 EUR 290.-. Die andere Wohnung des Hauses steht im Eigentum der Mutter des Klägers, der Zeugin B. K. (B.K.) und wird auch von dieser, seinem Vater und seiner Schwester bewohnt. Für diese Wohnung besteht ein eigener Stromzähler. Das Versorgungsunternehmen erstellt hierfür eine gesonderte Gebührenrechnung, während die Kosten für Wasser/Abwasser und Abfall für das gesamte Haus nur in der an E.M. gerichteten Gebührenrechnung enthalten waren. Die Eigentumswohnung der E.M. war lastenfrei. Die Darlehensbelastungen aus einem in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre erfolgten Umbau des Hauses wurden allein von den Eltern des Klägers getragen; E.M. wurde hierfür nicht in Anspruch genommen, ihre Wohnung nicht belastet. Die E.M. verfügte über Einkommen aus einer Rente aus eigener Versicherung, einer Witwen- und einer Betriebsrente in Gesamthöhe von ca. EUR 1.700.- monatlich. Ab dem 1. Juli 2007 war sie in Pflegestufe I, ab dem 1. Mai 2009 in Pflegestufe II eingestuft.
Der Kläger bezog im streitigen Zeitraum aus einer Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) monatlich EUR 77,70 Arbeitsprämie zzgl. EUR 26,00 Arbeitsförderungsgeld. Über einzusetzendes Vermögen verfügt er nicht.
Im Rahmen eines beim Landkreis Reutlingen (im Folgenden Landkreis) gestellten Antrages auf Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) vom 30. Januar 2003 gab der Kläger u.a. an, von den Eltern erhalte er "Unterhalt zur Deckung der Miete". Diese belaufe sich auf EUR 260.- (Kaltmiete) zzgl. Nebenkosten i.H.v. EUR 50.-; die Kosten für Warmwasser seien darin enthalten. Hierzu legte er einen auf den 28. Januar 2003 datierten Mietvertrag zwischen ihm und der E.M. ab 1. Januar 2003 vor. Neben der angegebenen Kaltmiete waren danach Nebenkosten in Gesamthöhe von EUR 50.- (Strom, Heizung, Wasser, Müll) erfasst. In einer Mietbescheinigung vom 14. Oktober 2003 bestätigte E.M. diese Vereinbarung; auf die im Vordruck enthaltene Frage gab sie keine Mietschulden an.
Auf Ersuchen des Landkreises stellte der Rentenversicherungsträger unter dem 4. August 2004 die dauerhafte volle Erwerbsminderung fest.
In einem Schreiben an den Landkreis vom 28. März 2005 führten die Eltern des Klägers aus, dieser erhalte durch sie keine monatlichen Unterhaltsleistungen; sie hätten jedoch die Miete und Verpflegung für ihn übernommen und würden diese mit ihm abrechnen. Die Aufteilung der Nebenkosten wurde unter Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der E.M. wiederum angegeben mit: Strom, Wasser, Abwasser jeweils EUR 13.- sowie Abfall EUR 11.-. Beigelegt wurden auch monatliche Bescheinigungen über den Erhalt der Kaltmiete einschließlich Nebenkosten für den Zeitraum Januar 2003 bis April 2005, die jeweils von E.M. unterschrieben waren, sowie an die E.M. gerichtete Gebührenrechnungen des Versorgungsunternehmens vom 16. Januar 2004 und 14. Januar 2005 für Strom, Wasser, Abwasser, Abfall. Das Schreiben samt Anlagen ging am 5. April 2005 beim Landkreis ein.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2005 bewilligte der Landkreis Leistungen nach dem GSiG für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004. Ausdrücklich wurde in der Begründung ausgeführt, die Eigentumswohnung der Großmutter sei schuldenfrei; daher seien als Bedarf nur die anteiligen Betriebs- und Heizungskosten zu berücksichtigen; ein hälftiger Anteil beim Kläger werde anerkannt. Der Bescheid wurde nicht angefochten.
Im Rahmen eines am 14. März 2006 bei der Beklagten gestellten Antrages auf Grundsicherungsleistungen legte der Kläger monatliche Bestätigungen der E.M. über Mietzahlungen für den Zeitraum vom Januar 2005 bis Dezember 2005 vor. Die Bestätigungen für die Monate Januar bis April 2005 weichen im Text, die für Januar und Februar 2005 auch im Datum von den Bestätigungen ab, die für den gleichen Zeitraum beim Landkreis vorgelegt wurden. Der ebenfalls vorgelegte Formularmietvertrag zwischen dem Kläger und E.M. datiert auf den 1. Januar 2003.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2006 bewilligte die Beklagte Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Zeitraum von Januar 2005 bis Januar 2006. Dabei wurden Kosten der Unterkunft i.H.v. EUR 37.- (Wasser und Abwasser je EUR 13.-, Abfall EUR 11.-) berücksichtigt. Die Kosten für Strom seien bereits im Regelsatz enthalten. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Auf den Folgeantrag vom 4. Oktober 2006, in dessen Rahmen der Kläger eine schriftliche Vollmacht für seine Eltern vorgelegt hatte, bewilligte die Beklagte mit nicht angefochtenem Bescheid vom 19. Oktober 2006 Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum von Februar 2006 bis 31. Januar 2007, wiederum mit Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. EUR 37.- monatlich.
Im Weiterbewilligungsantrag vom 26. Januar 2007 wurden keine Angaben zu einer Kaltmiete gemacht; Veränderungen in den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wurden verneint. Im Begleitschreiben vom 24. Januar 2007 gaben die Eltern nur die Nebenkosten an und schlüsselten diese näher auf (Strom, Wasser, Abwasser jeweils EUR 13, Abfall EUR 11.-). Eine Kaltmiete wurde nicht genannt.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2007 gewährte die Beklagte Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 i.H.v. EUR 337,89 monatlich (Kosten der Unterkunft und Heizung monatlich EUR 37.-; anzurechnendes Einkommen EUR 22,03).
Hiergegen legte der Kläger am 5. März 2007 Widerspruch ein und bat um Nachberechnung der Mietkosten ab der ersten Antragstellung ab dem 1. Januar 2003. Er zahle monatlich EUR 260.- Miete zzgl. EUR 50 Nebenkosten. Die E.M. sei aus finanziellen Gründen und eigener Hilfebedürftigkeit wegen Pflege auf die Vermietung angewiesen. Eine entsprechende Bestätigung der E.M. wurde beigelegt.
Nachdem die Beklagte den Widerspruch dem Landratsamt als zuständiger Widerspruchsbehörde vorgelegt hatte, forderte dieses mehrmals fruchtlos weitere Unterlagen beim Kläger an, insbesondere Kontoauszüge zum Beleg für Mietzahlungen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Dezember 2007 verwarf das Landratsamt den Widerspruch gegen die Bescheide vom 3. Juni 2005, 16. Mai 2006 und 19. Oktober 2006 wegen Fristversäumung als unzulässig und wies den Widerspruch gegen Bescheid vom 5. Februar 2007 als unbegründet zurück. Der Kläger wohne seit dem 1. Januar 2003 in Haushaltsgemeinschaft mit E.M. in deren schuldenfreier Eigentumswohnung. Als Kosten der Unterkunft und Heizung könnten daher nur der auf den Kläger entfallende Anteil an den Betriebs- und Nebenkosten i.H.v. EUR 37.- berücksichtigt werden. Bei der vom Kläger geltenden gemachten Kaltmiete i.H.v. EUR 260.- zzgl. Nebenkosten EUR 50.- handle es sich nicht um tatsächlich anfallende Kosten. Überweisungen über entsprechende Beträge hätten nicht festgestellt werden können. Die vorgelegten, meist nicht unterschriebenen "Nachweise über Mietzahlungen" seien bedeutungslos. Denn sie seien auch für Zeiträume vorgelegt worden, in denen der Kläger mangels Leistungsgewährung gar nicht in der Lage gewesen wäre, entsprechende Beträge bar zu zahlen. Bei dem abgeschlossenen Mietvertrag handle es sich, da die darin vereinbarten Mietzahlungen tatsächlich nicht geleistet worden seien, um ein unbeachtliches Scheingeschäft.
Hiergegen hat der Kläger am 24. Dezember 2007 Klage gegen "das Land Baden-Württemberg" beim Sozialgericht Reutlingen (SG) mit dem Antrag erhoben: "Die Bescheide des LRA Reutlingen vom 03.06.2005, 16.05.2006, 19.10.2006 und 05.02.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 werden - alternativ der Bescheid vom 05.02.2007 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2007 wird aufgehoben und das beklagte LRA Reutlingen wird als Behörde des beklagten Landes verpflichtet, an den Kläger ab dem 01.01.2003 im Rahmen der Grundsicherung Kosten der Unterkunft und Heizung entsprechend den tatsächlichen Kosten zu bezahlen, als dies sind monatlich 310,00 EUR". Auf Hinweis des Landkreises stellte der Kläger am 1. September 2008 klar, dass sich die Klage gegen den jeweiligen Grundsicherungsträger richten solle, also den Landkreis für Leistungen nach dem GSiG und die Stadt für solche nach dem SGB XII. Zur Begründung hat er inhaltlich vorgetragen, er sei zum 1. Januar 2003 in die Wohnung der E.M. gezogen, da es nicht mehr tragbar gewesen sei, sich weiterhin ein Zimmer mit seiner Schwester zu teilen. Der Mietvertrag mit E.M. sei kein Scheingeschäft; diese sei weder verpflichtet noch in der Lage, auf die Miete zu verzichten. Soweit der Kläger vor der erstmaligen Leistungsbewilligung Miete gezahlt habe, sei dies mit Mitteln aus Darlehen geschehen, danach aus den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Eine "Bedarfsgemeinschaft" bestehe mit der E.M. nicht, jeder wirtschafte für sich.
In einem Erörterungstermin hat das SG die E.M. und die B.K. als Zeuginnen vernommen; wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 28. April 2009 (Bl. 84/89 der SG-Akte) verwiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Wechsel auf Beklagtenseite stelle eine gewillkürte, aber sachdienliche Klageänderung dar. Der Widerspruch gegen die bestandskräftigen Bescheide sei zu Recht als unzulässig verworfen worden. Für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 bestehe kein Anspruch auf höhere Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Aussagetüchtigkeit der Zeugin E.M. sei offenbar aufgrund ihrer gesundheitlichen Entwicklung erheblich eingeschränkt; ihre finanziellen Verhältnisse würden von der Tochter geregelt, so dass sie selbst keinen vollständigen Überblick habe. Daher käme aber auch den von ihr unterschriebenen Bestätigungen keine Beweiskraft zu. Es handle sich um Gefälligkeitsbescheinigungen, was auch daran ersichtlich sei, dass die auf den 3. April 2005 datierte bereits mit Schreiben vom 28. März 2005 vorgelegt worden sei. Überweisungsbelege seien entgegen der Behauptung, dies sei möglich und werde erfolgen, auch von B.K. nicht vorgelegt worden. Da die E.M. keine Konsequenzen aus der fehlenden Mietzahlung gezogen habe und auch nicht willens hierzu sei, müsse von einer konkludenten und dauerhaften Stundung des Mietzinses auszugehen. Damit seien keine Kosten der Unterkunft angefallen. Eine Vereinbarung, die eine Mietverpflichtung nur bei Übernahme durch den Grundsicherungsträger begründe, wäre sittenwidrig und unbeachtlich.
Gegen diese seiner Bevollmächtigten am 26. Mai 2009 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 9. Juni 2009 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Nach einer von E.M. unterschriebenen Erklärung vom 1. Februar 2008 übertrug diese ihre Eigentumswohnung an ihre Tochter, weil die B.K. sie versorgt, betreut und gepflegt habe, sowie für Wohnungs-, Haus-, Gartenpflege- und Renovierungsarbeiten. Die entsprechende Auflassung erfolgte am 3. April 2008. Gleichzeitig wurde der E.M. ein Wohnungsrecht eingeräumt. Die E.M. befindet sich seit dem 10. März 2010 in stationärer Pflege.
Im Erörterungstermin vom 28. Oktober 2011 hat der Kläger die Berufung für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Januar 2007 zurückgenommen.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger über sein bisheriges Vorbringen hinaus vorgetragen, bei E.M. erst zum 1. Januar 2003 eingezogen zu sein; früher sei dieses Zimmer von einem Au-pair-Mädchen genutzt worden. Die Miete habe er tatsächlich wegen fehlender Mittel nicht zahlen können. Gelegentlich seien seine Eltern mit Darlehen eingesprungen, was ihnen aber immer weniger möglich gewesen sei. Darüber hinaus hätten sie reale Gegenleistungen für E.M. erbracht (z.B. Einkaufen, Renovierungsarbeiten). Die Beklagte könne die E.M. nicht über die Ablehnung der Kaltmiete auf Unterhalt für ihn in Anspruch nehmen. Diese habe ihm nur deshalb noch nicht gekündigt, weil die Aussicht bestehe, dass dieser bei Erfolg im vorliegenden Verfahren nachbezahlen könne, und die B.K. ihn weiter pflegen könne, solange er im selben Haus wohne. Die E.M. sei wegen ihrer eigenen Pflegebedürftigkeit auf das Geld angewiesen. Schließlich hat der Kläger auf ein Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. August 2010 (L 8 SO 52/08 - (juris)) verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2011 haben die Beteiligten einen Teilvergleich geschlossen, nach dessen Ziffer 1 sie sich darüber einig seien, dass sich die auf den Kläger entfallenden Kosten für Heizung, Wasser, Abwasser und Abfall im Zeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 auf monatlich EUR 77,94 beliefen. Nach Ziffer 2 gewährt die Beklagte dem Kläger für den streitigen Zeitraum für diese Kosten noch EUR 40,94 monatlich.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 20. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008 um EUR 232,06 monatlich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Darüber hinaus geht sie davon aus, dass der Kläger bereits vor dem 1. Januar 2003 in die Wohnung der E.M. eingezogen sei, was von E.M. im Erörterungstermin vor dem SG auch bestätigt worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und des Landkreises, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie die Niederschriften vom 28. Oktober und 8. Dezember 2011 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.
Nachdem die Berufung im Erörterungstermin vom 28. Oktober 2011 für die Zeit vom 1. Januar 2003 bis 31. Januar 2007 zurückgenommen worden war, ist Gegenstand des Verfahrens nur noch der Bescheid vom 5. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 und damit der Bewilligungszeitraum vom 1. Februar 2007 bis 31. Januar 2008. Der Senat hat hinsichtlich der angegriffenen Bescheide nur über die Kosten der Unterkunft und Heizung zu entscheiden. Die zulässige Beschränkung auf diesen abtrennbaren selbständigen Anspruch (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14. April 2011 - B 8 SO 18/09 R - (juris) m.w.N.) ergibt sich bereits aus dem Inhalt des gegen den Bescheid vom 5. Februar 2007 eingelegten Widerspruches, der sich ausdrücklich nur auf die "Mietkosten" bezieht. Des Weiteren wurde die Klage beim SG bereits beschränkt auf die Kosten der Unterkunft und Heizung erhoben.
Zutreffend verfolgt der Kläger für den noch streitigen Zeitraum seine Berufung (und Klage) gegen die Stadt Reutlingen; diese ist als Delegationsnehmerin des Landkreises Reutlingen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Delegationssatzung vom 16./22. März 2005 i.V.m. § 99 Abs. 1 SGB XII, § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII in der Fassung des Art. 122 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1. Juli 2004 (GBl. S. 469, 534)) passivlegitimiert (Senatsurteil vom 14. April 2011 - L 7 SO 2497/10 -; vgl. a. BSGE 103, 178 = SozR 4-3500 § 25 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 9); BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 21/08 R - (juris; Rdnr. 11)). Danach hat der Landkreis der Beklagten die ihm als dem örtlichen Träger der Sozialhilfe nach § 8 SGB XII obliegende Durchführung der Sozialhilfe (u.a. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) vollständig übertragen und sie nicht nur ermächtigt, für ihn in seinem Namen tätig zu werden.
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist aber nicht schon deswegen unzulässig, weil sie nach dem Inhalt der Klageschrift zunächst gegen "das Land Baden-Württemberg, handelnde Landesbehörde: Landratsamt Reutlingen" erhoben worden war. Die Klarstellung, dass sich die Klage für den hier streitigen Zeitraum gegen die Stadt Reutlingen richten soll, ging zwar erst am 1. September 2008 und damit weit nach Ablauf der Klagefrist beim SG ein. Allerdings ist die Bezeichnung des Beklagten der Auslegung zugänglich, da die Angabe des richtigen Beklagten im Einzelfall schwierig sein kann; falsche oder widersprüchliche Angaben schaden dann u.U. nicht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 92 Rdnr. 7 m.w.N.). Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall, in dem wegen der Delegation der Ausgangsbescheid von der Behörde eines anderen Rechtsträgers erlassen wurde als der Widerspruchsbescheid, der gem. § 99 Abs. 1 Halbsatz 2 SGB XII hier durch das Landratsamt für den Landkreis erging, das seinerseits wiederum in anderen Zusammenhängen als untere Staatsbehörde für das Land handeln kann. Aufgrund der Angabe der angefochtenen Bescheide und dem deutlich erkennbaren Klagebegehren (höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung) war jedoch bereits bei Eingang der Klageschrift ohne Weiteres ersichtlich, dass sich die Klage gegen den hierfür jeweils zuständigen Grundsicherungsträger richten sollte. Der am 1. September 2008 beim SG eingegangene Schriftsatz der Klägervertreterin bestätigte dieses Auslegungsergebnis.
Der in der Klageschrift vom 19. Dezember 2007 ausdrücklich gestellte Antrag bedarf ebenfalls der Auslegung. Die dort gewählte Formulierung "alternativ" deutet zwar zunächst darauf hin, dass es sich mangels unbedingten und eindeutigen Rechtsschutzbegehrens um eine unzulässige Klage handeln könnte. Nach § 123 SGG ist das Gericht aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden, sondern entscheidet über die "vom Kläger erhobenen Ansprüche". Maßgeblich ist das erkennbare Klagebegehren. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle bekannten Umstände zu berücksichtigen; es ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen. Es ist derjenige Rechtsbehelf gegen den Verwaltungsakt als eingelegt anzusehen, der nach Lage der Sache in Betracht kommt (BSG SozR 4-1500 § 92 Nr. 2; Bolay in Hk-SGG, 3. Aufl., § 123 Rdnr. 5 m.w.N.). Bereits in der Klageschrift wurde in der weiteren Begründung deutlich gemacht, dass der Kläger die Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem 1. Januar 2003 begehrt. Darüber hinaus wird der hier noch angefochtene Bescheid vom 5. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Dezember 2007 im formulierten Antrag in beiden "Alternativen" genannt. Letztlich besteht somit kein Zweifel, dass dieser Bescheid unbedingt angefochten werden sollte, zumal gerade (nur) insoweit im Widerspruchsbescheid eine Sachentscheidung getroffen worden war. Schließlich wurde begehrt, den Beklagten zu Leistungen für Unterkunft und Heizung "entsprechend den tatsächlichen Kosten zu bezahlen, als dies sind monatlich EUR 310,00". Da die Beklagte bereits entsprechende Leistungen i.H.v. EUR 37.- monatlich bewilligt sowie sich im Teilvergleich vom 8. Dezember 2011 zur Gewährung weiterer Kosten in Höhe von EUR 40,94 monatlich verpflichtet hatte, umfasst das klägerische Begehren nunmehr noch den Differenzbetrag in Höhe von EUR 232,06 monatlich, wie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auch beantragt wurde.
Der alleinstehende und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Kläger erfüllt dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 19 Abs. 2 Satz 1, 41 SGB XII (hier in den Fassungen vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022 bzw. vom 20. April 2007 für Januar 2008, BGBl. I S. 554). Insbesondere konnte er im streitigen Zeitraum seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen. Der Kläger verfügte nicht über einzusetzendes Einkommen. Sein aus der Tätigkeit in der WfbM erzieltes Einkommen erreicht nicht annähernd die Höhe des ihm zustehenden Regelsatzes. Mangels abweichender Anhaltspunkte bleiben etwaige Unterhaltsansprüche des Klägers gegen seine Eltern gem. § 43 Abs. 2 SGB XII unberücksichtigt. An der Hilfebedürftigkeit des Klägers besteht daher kein Zweifel.
Die Leistungen der Grundsicherung erfassen nach § 42 Satz 1 Nr. 2 SGB XII u.a. die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechend § 29 SGB XII (jeweils in der Fassung vom 2. Dezember 2006, BGBl. I S. 2670). Danach werden Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen (soweit angemessen) erbracht (§ 29 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB XII). Bereits nach dem Wortlaut kommt dabei nur die Berücksichtigung tatsächlich anfallender Kosten als Hilfebedürftigkeit begründender Bedarf in Betracht. Dies sind in erster Linie Kosten, die durch Mietvertrag entstanden sind, wie sie der Kläger vorliegend auch geltend macht. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist (BSG SozR 4-3500 § 29 Nr. 1; Beschluss vom 25. August 2011 - B 8 SO 1/11 B - (juris) sowie SozR 4-4200 § 22 Nrn. 15 und 21 zur Parallelvorschrift des § 22 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)). Vereinbarungen unter Verwandten über die Überlassung von Wohnraum müssen dabei nicht einem sog. Fremdvergleich standhalten (BSG, Beschluss vom 25. August 2011, a.a.O.; SozR 4-4200 § 22 Nrn. 15), andererseits ist gerade bei engen familiären Beziehungen genau zu prüfen, ob auf "geschuldete Miete" nicht endgültig verzichtet wird, wenn der Grundsicherungsträger diese nicht zu übernehmen bereit ist (vgl. BSG SozR 4-3500 § 29 Nr. 1).
Aus dem von der Klägerseite angeführten Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 26. August 2010 (L 8 SO 52/08 - (juris)) ergibt sich nichts anderes. Vielmehr hat das LSG Niedersachsen-Bremen im dortigen Fall unter Heranziehung dieser Rechtsprechung gerade die Übernahme von Kosten aus einem behaupteten Mietvertrag mangels ernstlichen Rechtsbindungswillens abgelehnt. Soweit es einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgrund einer Aufteilung der für die Wohnung anfallenden Kosten nach Kopfteilen anerkannt hatte, wurde dieses Urteil durch das BSG aufgehoben (Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 29/10 R - (juris)): Lebt eine volljährige hilfebedürftige Person mit nichthilfebedürftigen verwandten oder verschwägerten Personen in einer Haushaltsgemeinschaft zusammen und besteht weder die Konstellation einer Bedarfsgemeinschaft nach SGB II noch einer Einsatzgemeinschaft nach dem SGB XII noch einer sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft, bei der mindestens eine Person dem System des SGB II und mindestens eine andere dem System des SGB XII zuzuordnen ist, setzt die Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung tatsächliche Aufwendungen des Hilfebedürftigen voraus. Vorliegend hat die Beklagte die tatsächlich für die schuldenfreie Wohnung insgesamt anfallenden Kosten bewilligt (Wasser, Abwasser, Müll und Heizung), soweit sie auch nach dessen eigenem Vortrag auf den Kläger entfallen. Es bedarf daher im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, ob dies nach der genannten Rechtsprechung des BSG erforderlich gewesen wäre, da der Kläger hierdurch jedenfalls begünstigt wird. Die Höhe dieser Kosten wurde von den Beteiligten durch den in der mündlichen Verhandlung geschlossenen Teilvergleich "unstreitig gestellt", was zulässig ist, obgleich es sich bei diesen Nebenkosten nicht um einen eigenständigen und abtrennbaren Streitgegenstand handelt (BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 1 und SozR 4-4200 § 12 Nr. 13, jeweils m.w.N.). Wenn hierdurch die Amtsermittlungspflicht des Gerichts auch nicht vollständig suspendiert wird, muss es in weitere Ermittlungen nur einsteigen, wenn die Annahme naheliegt, dass weitere oder abweichende Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind. Für einen solchen Fall fehlt es vorliegend an Anhaltspunkten, zumal sich der im Teilvergleich genannte Betrag aus den vorgelegten Turnusrechnungen des Versorgungsunternehmens vom 17. Januar 2008 und 15. Januar 2009 (Bl. 158/169 der Senatsakte) errechnen lässt.
Ein weitergehender Anspruch des Klägers auf die geltend gemachte Kaltmiete (EUR 260.- monatlich) - beschränkt auf den noch streitigen Monatsbetrag i.H.v. EUR 232,06 - besteht hingegen nicht. Dies würde voraussetzen, dass der Kläger nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderungen aus einem wirksamen und ernsthaft geschlossenen Mietvertrag ausgesetzt war, auf die auch nicht verzichtet wurde. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Zwar liegt ein schriftlicher Mietvertrag mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt vor. Allerdings wurden hierzu zwei Urkunden mit unterschiedlichen Ausstellungsdaten vorgelegt (1. bzw. 28. Januar 2003). Diese abweichenden Daten konnten weder vom Kläger noch der Zeugin B.K. zufriedenstellend erklärt werden; die vom SG als Zeugin vernommene E.M. hat hierzu nichts aussagen können. Zwar mag es vorkommen, dass zwei Mietvertragsurkunden unterschiedliche Daten für die Unterschrift der jeweiligen Vertragspartei aufweisen. Vorliegend wurde jedoch auf jeder Vertragsurkunde von beiden Parteien unter jeweils einem Datum unterschrieben, nur dass eben dieses Datum zwischen den beiden Urkunden variiert. Dies fällt insbesondere in Gewicht, weil bei den beiden betroffenen Leistungsträgern nicht jeweils eine Kopie derselben Urkunde vorgelegt wurde, nämlich naheliegender Weise die des Klägers. Vielmehr wurde beim Landkreis der auf den 28. Januar, bei der Beklagten drei Jahre später der auf den 1. Januar 2003 datierte Vertrag eingereicht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Zeugin B.K. zwar angegeben, dass der Kläger nicht immer bereit sei, etwas sofort zu unterschreiben; es könne daher sein, dass er den Vertrag später unterschrieben habe. Dass dies tatsächlich so gewesen sei, wollte sie hingegen nicht ausdrücklich bestätigen. Dabei fällt auf, dass sie zur selben Frage vor dem SG keine Erklärung für die unterschiedlichen Daten abgeben konnte. Ohnehin erklärt auch dies nicht, weshalb unter unterschiedlichen Daten beide Unterschriften vorhanden sind. Naheliegend wäre es vielmehr in einem solchen Fall, das abweichende Datum der einen Unterschrift auszuweisen.
Hinsichtlich der vorgelegten Bestätigungen über den Erhalt der Mietzahlungen hatte das SG u.a. angeführt, die auf den 3. April 2005 datierte Bescheinigung sei bereits mit Schreiben vom 28. März 2005 vorgelegt worden. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass dieses Schreiben samt Anlagen erst am 5. April 2005 beim Landkreis eingegangen war, so dass es durchaus möglich ist, dass die nach dem Anschreiben datierende Bescheinigung dem Schreiben noch beigelegt worden war. Gleichwohl fällt auf, dass für einige Monate zwei Bescheinigungen unterschiedlichen Datums ausgestellt wurden, von denen je eine beim Landkreis sowie viel später bei der Beklagten vorgelegt wurde. Soweit neue Bescheinigungen ausgestellt werden mussten, weil die unterschriebenen Originale bereits beim Landkreis eingereicht worden waren, ist zu beachten, dass die entsprechenden Bescheinigungen bei der beklagten Stadt erst im März 2006 vorgelegt wurden. Wenn also die weiteren Bescheinigungen erstellt worden sein sollten, um sie bei der Beklagten einzureichen, ist nicht erklärbar, weshalb sie Ausstellungsdaten aus 2005 tragen sollten. Darüber hinaus sind die Bescheinigungen für die Zeit ab Juni 2005 nicht unterschrieben, obwohl vorgetragen wurde, die Miete sei durch die Eltern bis Ende 2005 jeweils gezahlt worden. Der Senat misst daher diesen Bescheinigungen keinen Beweiswert zu.
Die Angaben der Zeugin B.K., wie die Mietzahlungen tatsächlich erfolgt sein sollen, sind nicht konsistent und daher für den Senat nicht glaubhaft. Vor dem Senat hat sie ausdrücklich ausgesagt und auf Nachfrage bestätigt, dass die Zahlung der "Miete" durch die Eltern durchweg und ausschließlich bar erfolgt sei. Hingegen hatte sie beim SG angegeben, die Miete überwiesen zu haben. Entgegen dem Einwand der Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, bezogen sich diese Angaben vor dem SG nicht nur auf die Nebenkosten, die vom Konto des Klägers überwiesen worden seien. Vielmehr ist in der Niederschrift des SG vom 28. April 2009 ausdrücklich als Aussage festgehalten: "In der Zeit davor haben wir die Miete überwiesen, wenn Geld vorhanden war. Damit meine ich auch unser eigenes Geld, nicht nur Geld des Klägers." Die Beschränkung auf die Nebenkosten unter Ausnahme der Kaltmiete in der weiteren Aussage bezieht sich allein auf die Frage Dauerauftrag/Einzelüberweisung, nicht bar oder unbar. Vielmehr hatte die Zeugin weiter ausgeführt, "es ist auch vorgekommen, dass die Mietzahlungen bar erfolgt sind", beispielsweise wenn die E.M. das Geld gerade benötigt habe. Dieses "auch vorgekommen" ist mit einer durchgehenden Barzahlung, wie nun vor dem Senat ausdrücklich angegeben, nicht zu vereinbaren. Der weitere Vortrag, dass die Miete durch Realleistungen wie Einkaufen und Renovierungen abgegolten worden sei, widerspricht zum einen den vorgelegten Bescheinigungen und lässt sich nicht mit der Erklärung der E.M. vom 1. Februar 2008 vereinbaren, dass zum Ausgleich für diese Kosten gerade die Eigentumswohnung an B.K. übertragen werde. Dies macht keinen Sinn, wenn vorher abzugeltende Mietschulden bestanden haben sollen.
Seitens des Klägers wird vorgetragen, der Mietvertrag sei zum 1. Januar 2003 geschlossen worden, weil es nicht mehr tragbar gewesen sei, dass er mit seiner jüngeren Schwester ein Zimmer teile; auch sei es zu Auseinandersetzungen gekommen. Dies wurde auch von der Zeugin B.K. so angegeben. Gleichwohl fällt auf, dass der Beginn des Mietvertrages genau auf den Zeitpunkt fällt, zu dem erstmals ein eigenständiger, vom Einkommen und Vermögen seiner Eltern weitgehend unabhängiger Grundsicherungsanspruch des Klägers gesetzlich geschaffen wurde. So hat B.K. vor dem Senat ausdrücklich eingeräumt, vor Abschluss des Mietvertrages beratende Hilfen in Anspruch genommen zu haben; man habe ihr zum Abschluss eines Mietvertrages zwischen ihrer Mutter (der E.M.) und dem Kläger geraten, um staatliche Hilfen in Anspruch nehmen zu können. Auch dies spricht dafür, dass eine "Verpflichtung" des Klägers nur gewollt war, um einen Grundsicherungsanspruch insoweit erst zu schaffen, ohne dass er tatsächlich selbst zur Zahlung herangezogen werden sollte.
Dass der Kläger keinen ernsthaften Mietzinsverpflichtungen ausgesetzt werden sollte, zeigt sich insbesondere im konkreten Ablauf. Wie ausgeführt, sind die vorgelegten Bescheinigungen ab Juni 2005 von E.M. nicht mehr unterschrieben worden. Gleichwohl hat sie im Oktober 2005 gegenüber dem Leistungsträger nicht angegeben, dass Mietschulden bestünden. Für den Senat besonders gewichtig war jedoch, dass die E.M. trotz fehlender Mietzahlung keinerlei Konsequenzen zog, sondern den Kläger weiter bei sich wohnen ließ. Bereits auf Seiten des Klägers ist es nicht nachvollziehbar, dass er Bewilligungsbescheide über einen Zeitraum von fast fünf Jahren bestandskräftig werden ließ, also nichts tat, um die Übernahme der Kosten der Unterkunft zu erreichen, wenn er ernsthaft Miete geschuldet hätte. Offenbar wurde auch seitens der E.M. nicht darauf gedrungen. Klägerseits wurde wiederholt vorgetragen, die Eltern hätten (jedenfalls ab Januar 2006) nur gelegentlich - darlehensweise - die Miete gezahlt. Es kann noch nachvollziehbar sein, dass ein Vermieter keine Konsequenzen aus der fehlenden Mietzahlung zieht, solange der Streit mit dem Grundsicherungsträger auf Übernahme noch anhängig ist, weil er darauf hoffen kann, die Nachzahlung zu erhalten. Dies kann aber nicht mehr gelten, wenn wie hier mehrere ablehnende Bescheide bestandskräftig werden, also solch eine Erwartung nicht mehr bestehen kann. Eine Nachberechnung der Leistungen ab dem 1. Januar 2003 wurde jedoch vom Kläger erstmals im März 2007 geltend gemacht. Dass die die "Kaltmiete" ablehnenden Entscheidungen aus "Behördengläubigkeit" nicht angefochten worden seien, wie im Berufungsverfahren geltend gemacht, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Denn die Zeugin B.K. hat ausdrücklich angegeben, vorab beratende Hilfen in Anspruch genommen zu haben.
Ebenso vermag der Vortrag den Senat nicht zu überzeugen, der Kläger sei schon deshalb ernsthaften Mietzinsforderungen ausgesetzt gewesen, weil die E.M. dringend auf diese finanziellen Mittel angewiesen gewesen sei. Vielmehr verfügte diese angesichts der lastenfreien Eigentumswohnung und des relativ hohen Renteneinkommens über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts. Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen, das Renteneinkommen habe nicht ausgereicht, den pflegerischen Hilfebedarf der E.M. zu decken. Zum Zeitpunkt des behaupteten Mietvertrags am 1. Januar 2003 war noch keine erhebliche Pflegebedürftigkeit der E.M. festgestellt. Erst ab dem 1. Juli 2007 und damit viereinhalb Jahre später, war sie in Pflegestufe I, ab dem 1. Mai 2009 in Pflegestufe II eingestuft. Dass sie bereits Jahre früher - vorausschauend - Mittel zur Absicherung bei Pflegebedürftigkeit zurücklegen wollte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. So wurde vorgetragen, sie hätte ein Zimmer an Studenten vermieten müssen, wenn der Kläger nicht eingezogen wäre. Tatsächlich ist dies aber zu keinem Zeitpunkt erfolgt, obwohl sie nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1994 über sieben Jahre Gelegenheit hierzu gehabt hätte. Selbst wenn man - ausgehend von den Aussagen der B.K. - davon ausginge, dass dies für drei bis vier Jahre wegen der Belegung durch ein Au-pair nicht möglich gewesen wäre, verbleiben mehrere Jahre einer möglichen, aber nicht wahrgenommenen Vermietung.
Schließlich hat auch die Zeugin B.K. eingeräumt, dass die E.M. den Kläger trotz fehlender Mietzahlungen nicht "vor die Tür gesetzt" hätte; vielmehr sei sogar von Anfang an klar gewesen, dass eine Rückkehr des Klägers in die elterliche Wohnung nicht in Betracht komme.
Auf eine erneute Vernehmung der E.M. hat der Senat im Hinblick auf deren Demenz verzichtet, zumal die von ihr vor dem SG gemachten Angaben ohnehin ernsthaften Mietzinsverpflichtungen des Klägers widersprechen. So hatte sie u.a. ausgeführt, der Mietvertrag sei geschlossen worden, ohne dass es einen Anlass dafür gegeben habe; der Kläger habe kein Geld und könne daher nicht bezahlen; sie würde ihn nie "rausschmeißen", auch wenn er keine Miete zahle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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