L 10 U 1057/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 4011/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1057/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 03.02.2010 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren von der Beklagten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger am 31.01.2009 einen Arbeitsunfall erlitt.

Der am 1975 geborene Kläger war ab Januar 2009 bei der Firma L. -Werk E. GmbH (nachfolgend: Firma L. ) als Aushilfskraft beschäftigt. Er nahm am 31.01.2009 an dem zwei Mal jährlich stattfindenden "28. innerbetrieblichen L. -Fußballturnier" in der Längenfeldhalle in E. , das vom Betriebsrat der Firma L. unter Billigung und finanzieller Unterstützung der Firmenleitung organisiert wurde, teil. Bei diesem Turnier traten 24 Mannschaften mit jeweils bis zu 15 Spielern aus den verschiedenen Bereichen der Firma L. an. Bei den beiden Auszubildenden-Mannschaften spielten auch Frauen mit, die im gesamten Unternehmen mit ca. 2.700 Beschäftigten eine Quote von 10 % ausmachen. Insgesamt spielten 300 Betriebsangehörige aktiv Fußball, ferner waren 700 Zuschauer anwesend, vorrangig weitere Mitarbeiter und Angehörige. Zum Turnier erschienen auch der Geschäftsführer sowie andere leitende Angestellte. Das Turnier begann um 8:30 Uhr und endete um 18:30 Uhr. In der Zeit von 16:00 Uhr bis 16:30 Uhr fand eine Kindertombola, bei der jedes Kind ein L. -Werbegeschenk gewinnen konnte, statt. Die Verpflegung wurde vom Betriebsrat über die betriebliche Kantine organisiert. Die Ankündigung des Turniers enthielt die Anrede "LiE. Sportfreunde", im weiteren Text folgte eine Einladung an die gesamte Belegschaft, "um die teilnehmenden Mannschaften kräftig zu unterstützen". Auf die Kindertombola und darauf, dass für das "leibliche Wohl" bestens gesorgt sei, wurde hingewiesen.

Der Kläger zog sich bei diesem Turnier während eines Fußballspiels eine Luxationsfraktur am oberen Sprunggelenk mit hoher Wadenbeinfraktur links zu.

Mit Bescheid vom 19.05.2009 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles und die Gewährung von Leistungen ab. Das Fußballturnier sei weder als Betriebssport, noch als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung versichert gewesen, denn es sei ein Ausscheidungsturnier mit Wettkampfcharakter durchgeführt worden. Für die Anerkennung als versicherter Betriebssport fehle es am notwendigen Ausgleich für die körperliche, geistige oder nervliche Belastung durch die Betriebstätigkeit. Da über den Turnierablauf hinaus keine weiteren Programmpunkte stattfanden, sei die Förderung des Gemeinschaftsgedankens gegenüber dem Wettkampfcharakter in den Hintergrund getreten, so dass auch keine versicherte Gemeinschaftsveranstaltung vorgelegen habe.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch u.a. mit dem Hinweis auf ein Schreiben der Hauptverwaltung der Beklagten vom 30.06.2009, in dem der Firma L. mitgeteilt wurde, dass das Fußballturnier als Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz stehe, wenn 20 bis 25 % der Belegschaft daran teilnehmen würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Wesentlichen unter Wiederholung der bereits im Ausgangsbescheid genannten Argumente zurück und ergänzte, das Turnierprogramm habe nur Sportinteressierte angesprochen. Das Schreiben der Hauptverwaltung vom 30.06.2009 sei unvollständig und ohne Relevanz.

Deswegen hat der Kläger am 09.11.2009 beim Sozialgericht Ulm Klage erhoben. Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 03.02.2010 unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 31.01.2009 um einen Arbeitsunfall handelte. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei die Veranstaltung nicht als Betriebssport versichert gewesen, jedoch bestehe Versicherungsschutz als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Die Einladung sei an die gesamte Belegschaft gerichtet gewesen. Wie sich aus der durchgeführten Kindertombola ergebe, sei es nicht nur um das Turnier gegangen. Die Unternehmensleitung sei anwesend gewesen und habe die Veranstaltung unterstützt. Die Teilnehmerzahl belege die Eignung der Veranstaltung, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu fördern. Schließlich sei in der Einladung die Unterstützung der verschiedenen Mannschaften in den Vordergrund gerückt worden. Unschädlich sei die zusätzliche Anwesenheit von Familienangehörigen.

Gegen den ihr am 11.02.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 03.03.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 07.12.2004, B 2 U 47/03 R in SozR 4-2007 § 8 Nr. 11) seien rein sportliche Veranstaltungen nicht versichert. Ein Versicherungsschutz bestehe nur dann, wenn die sportliche Veranstaltung alle Betriebsangehörigen, auch die nicht Sportinteressierten, einbeziehe. Davon könne hier nicht ausgegangen werden. Einziger Programmpunkt sei das Fußballturnier gewesen. Ein Programm für nicht am Fußball Interessierte sei nicht angeboten worden. Die Tombola habe nur der Freude betriebsfremder Kinder gedient. Auf Grund der kurzen Dauer der Tombola sei diese nicht geeignet gewesen, der Sportveranstaltung den Charakter einer Gemeinschaftsveranstaltung zu geben.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 03.02.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält die Entscheidung des Sozialgerichts Ulm für zutreffend.

Der Senat hat die Firma L. um ergänzende Stellungnahme gebeten. Wegen des Antwortschreibens des Personalleiters J. und des Betriebsratsvorsitzenden E. wird auf Blatt 12/13 LSG-Akte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger stand im Zeitpunkt des Unfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei dem Ereignis vom 31.01.2009 handelte es sich somit um einen Arbeitsunfall.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).

Dass der Kläger am 31.01.2009 bei dem vom Betriebsrat seines Unternehmens organisierten "innerbetrieblichen Fußballturnier" einen Unfall mit Luxationsfraktur am oberen Sprunggelenk links und Wadenbeinfraktur links erlitt, steht fest, ebenso der grundsätzliche Versicherungsschutz auf Grund seiner versicherten Tätigkeit als Angestellter der Firma L. nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Doch auch die vom Kläger zur Zeit des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung - die aktive Teilnahme am Fußballturnier - stand entgegen der Auffassung der Beklagten im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bei der Firma L ...

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (s. BSG, Urteile vom 09.12.2003, B 2 U 52/02 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 2 m.w.N.) kann die Teilnahme von Beschäftigten etwa an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen Gemeinschaftsveranstaltungen dem Unternehmen zugerechnet und der versicherten Tätigkeit gleichgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zusammenkunft der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dient. Die Veranstaltung muss deshalb allen Beschäftigten des Unternehmens bei Großbetrieben mindestens allen Beschäftigten einzelner Abteilungen oder anderer betrieblicher Einheiten offen stehen und von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder zumindest gebilligt oder gefördert und von ihrer Autorität als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung getragen werden. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung diese Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der nach der Rechtsprechung des BSG (s. eben) von Folgendem auszugehen ist:

Eine Veranstaltung ist dann von der Autorität der Unternehmensleitung getragen, wenn der Veranstalter dabei nicht oder nicht nur aus eigenem Antrieb und freier Entschließung, sondern im Einvernehmen mit der Unternehmensleitung oder für diese handelt. Die Unternehmensleitung muss nicht selbst Veranstalter sein; es genügt, dass sie die Veranstaltung billigt und fördert. Veranstalter - im Auftrag der Unternehmensleitung - kann auch der Betriebsrat oder eine Gruppe bzw. einzelne Beschäftigte des Unternehmens sein.

Eine Anwesenheit der Unternehmensleitung während der gesamten Veranstaltung ist nicht erforderlich. Die Veranstaltung ist von der Autorität der Unternehmensleitung auch zu einer Zeit getragen, in der sie nicht selbst anwesend ist, z.B. der Betriebsrat die Veranstaltung leitet und dabei zugleich für das Unternehmen handelt. Grundsätzlich muss die Unternehmensleitung oder Teile von ihr aber an der Veranstaltung teilnehmen, damit die betriebliche Zielsetzung Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten erreicht werden kann.

Um die für den Versicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen wesentliche "betriebliche Zielsetzung" - Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander - zu erreichen, muss die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offen stehen, von besonderen Fallgestaltungen in Großbetrieben, Versorgungsunternehmen usw. abgesehen. Es reicht nicht aus, dass allen Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme an einer für sie und nicht für alle Beschäftigten des Unternehmens oder Unternehmensteils ausgerichteten Veranstaltung offen steht. Die Veranstaltung muss von ihrem Programm her geeignet sein, die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Teil anzusprechen (vom BSG für ein Faschingsfußballturnier am Veranstaltungsort Kiel wegen des Fehlens einer und auch nicht erwarteter nennenswerten Karnevalsbegeisterung verneint: Urteil vom 22.09.2009, B 2 U 27/08 R, juris).

Zwar ist ein Teilnahmezwang unserer heutigen Rechtsordnung fremd, jedoch wird eine bestimmte Mindestbeteiligung zu fordern sein, um noch tatsächlich von einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ausgehen zu können, die den beabsichtigten Zweck erreichen kann. Bei einer Beteiligungsquote von 26,5 bzw. 40 % hatte das BSG (Nachweise im Urteil vom 09.12.2003, a.a.O.) keine Bedenken gegen eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Eine feste Mindestbeteiligungsquote ist keiner Entscheidung des BSG zu entnehmen. Entscheidend sind immer die konkreten Verhältnisse im Einzelfall im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung. Dabei kann u.a. das Ziel der Unternehmensleitung (oder des Betriebsrats), letztlich über eine Folge von Veranstaltungen alle Beschäftigten zur Stärkung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander zu erreichen, berücksichtigt werden (BSG a.a.O.).

Form und Ort der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung sind nicht eng begrenzt, wie u.a. Weihnachtsfeiern, Jubiläen und Betriebsausflüge zeigen. Ebenso ist der Zeitpunkt der Gemeinschaftsveranstaltung für den Versicherungsschutz unerheblich.

Unter Versicherungsschutz stehen bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung alle Verrichtungen, die mit dem Zweck der Veranstaltung vereinbar sind. Dies werden oft Verrichtungen sein, die sonst mit der betrieblichen Tätigkeit nicht im unmittelbaren, inneren Zusammenhang stehen. Sportliche Betätigungen mit spielerischem Charakter sind unter diesen Voraussetzungen versichert, wenn sie der Förderung des Gemeinsinns oder des Zusammengehörigkeitsgefühls aller Beschäftigten und nicht allein dem persönlichen Interesse des Betroffenen dienen.

Es muss sich jedoch insgesamt um eine Veranstaltung handeln, welche nach ihrer Programmgestaltung an sich geeignet ist, zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, indem sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Interessentenkreis der Beschäftigten (z.B. den fußballinteressierten Teil) anspricht. Auch eine Werbewirkung des Unternehmens, die im Zusammenhang mit einer im Interesse der Beschäftigten durchgeführten sportlichen Veranstaltung in Erscheinung tritt, ist hierbei nicht außer Betracht zu lassen

Die Teilnahme an Freizeit- oder Erholungsveranstaltungen hingegen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang.

Nach der Entscheidung des BSG vom 07.12.2004 (B 2 U 47/03 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 11) stehen "sportliche Gemeinschaftsveranstaltungen" ebenso wie Freizeitveranstaltungen (zunächst) nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Etwas anderes gilt, wenn sie die Voraussetzungen für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung erfüllen. Hierzu stellte das BSG klar, dass auch ein Fußballturnier eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung bzw. ein Teil einer solchen sein kann. Eine grundsätzliche Entscheidung der Frage, inwieweit das Turnier einer bestimmten Sportart Teil einer oder alleine eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung sein kann, ist demnach nicht möglich. Vielmehr hängt dies von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab (z.B. Geschlechterverteilung in der Belegschaft, Sportart, gibt es nur Männer- oder auch Frauen- oder gemischte Mannschaften?). Der "Kampf" der Mannschaften gegeneinander führt, auch wenn er die jeweilige Mannschaft zusammenschweißen sollte, nicht automatisch zu einer versicherten Tätigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass es sich bei dem "innerbetrieblichen Fußballturnier" am 31.01.2009 um eine unter dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung der Firma L. handelte.

Das vom Betriebsrat organisierte Turnier wurde von der Unternehmensleitung, die bei der Veranstaltung auch anwesend war, gefördert und unterstützt. Die enge betriebliche Verflechtung zeigte sich u.a. in dem Umstand, dass die Verpflegung über die Betriebskantine organisiert wurde. An der Billigung und Förderung der vom Betriebsrat organisierten Veranstaltung durch die Unternehmensleitung bestehen vor diesem Hintergrund keine Zweifel. Auch die Beklagte hat solche Zweifel nicht geäußert.

Das Turnier stand allen Betriebsangehörigen offen. Ausdrücklich wurden in der Ankündigung nicht nur die "Sportfreunde", sondern es wurde die gesamte Belegschaft eingeladen. Der Senat geht davon aus, dass die Veranstaltung nicht nur den wirklich fußballinteressierten Teil der Belegschaft ansprach. Vielmehr sprechen verschiedene Gesichtspunkte für eine deutlich größere Breitenwirkung.

Dem Spielplan des Turniers ist zu entnehmen, dass sich die verschiedensten Abteilungen der Firma L. beteiligten. Bei insgesamt 24 Mannschaften ging es vornehmlich um die Beteiligung möglichst vieler Beschäftigter, jeweils im Zusammenhang mit ihren Kollegen am konkreten Arbeitsplatz. Der sicher nicht gänzlich in Abrede zu stellende sportliche Wettkampfcharakter wurde dabei zur Überzeugung des Senats nur als "Aufhänger" benutzt, um eine große Veranstaltung auf die Beine zu stellen, die dann aber in der Tat in der Lage war, ein betriebliches Gemeinschaftserlebnis zu erzeugen. Gegen einen überwiegenden sportlichen Wettkampfcharakter spricht, dass die einzelnen Spiele nur zehn Minuten dauerten und ohne weitere besondere wertungsmäßige Berücksichtigung auch zwei gemischt-geschlechtliche Mannschaften antraten. Die große Anzahl der Mannschaften mit insgesamt 300 Spielern sowie die Anwesenheit von weiteren 700 Zuschaueren belegt zur Überzeugung des Senats, dass es dem Betriebsrat gelungen war, eine innerbetriebliche Traditionsveranstaltung - immerhin handelte es sich um das 28. Turnier - zu etablieren, die nicht (jedenfalls nicht mehr) nur den klassisch fußballinteressierten Teil der Belegschaft ansprach. Auf eine solche Möglichkeit - über eine Folge von Veranstaltungen alle Beschäftigten zur Stärkung der Verbundenheit zwischen Unternehmensleitung und Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander zu erreichen - wies das BSG im Urteil vom 09.12.2003 (a.a.O.), das einen ebenfalls im Wesentlichen aus einem Fußballturnier bestehenden "Familiensonntag" betraf, ausdrücklich hin. Entgegen der Ansicht der Beklagten schließt der Umstand, dass eine Veranstaltung im Wesentlichen aus einem sportlichen Turnier besteht, die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftveranstaltung nicht generell aus (s. auch BSG, Urteil vom 07.12.2004, a.a.O.).

Insgesamt nahmen an der Veranstaltung 1.000 Personen teil. Dies entsprach ca. 37 % der Belegschaft. Soweit hier einzuschränken ist, dass bei den passiven Zuschauern auch Familienangehörige, u.a. die Kinder zu deren Unterhaltung die Tombola veranstaltet wurde, anwesend waren, geht der Senat gleichwohl von einer sicher ausreichenden Mindestbeteiligung von Seiten der Belegschaft aus. Nach der Rechtsprechung des BSG lässt sich keine starre Mindestbeteiligungsquote festlegen (s.o.). Der Senat geht davon aus, dass die vom BSG als unbedenklich (ausreichend) erwähnte Quote von 26,5 % - die Hauptverwaltung der Beklagten erachtete im Schreiben vom 30.06.2009 bereits 20 % als ausreichend an - allein bezogen auf die eigentliche Belegschaft der Firma L. überschritten wurde. Offen bleibt, ob die anwesenden Familienangehörigen gänzlich aus der Quote herauszurechnen sind oder ob die von der Beklagten im Hinblick auf die Kinder vorgenommene Charakterisierung als "Betriebsfremde" hier eine sachlich nicht gerechtfertigte Einengung darstellt. Immerhin kann die Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander generell auch durch die Einbeziehung der Familienangehörigen gefördert werden. Anhaltspunkte dafür, dass neben den Familienangehörigen in relevanter Zahl Zuschauer anwesend waren, die so verstanden wirklich "betriebsfremd" waren, sind - auch wenn keine Eingangskontrolle stattfand - nicht ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere, dass das Turnier ausdrücklich als "innerbetrieblich" qualifiziert wurde.

Die durchgeführte Kindertombola stellt entgegen der Ansicht der Beklagten einen Programmpunkt dar, der den Charakter des Turniers als groß angelegte betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung weiter bestätigt. Über die Tombola wurde für die "an sich" weniger sportinteressierten Beschäftigten mit Familie ein zusätzlicher Anreiz zur Teilnahme geschaffen. Die besondere betriebliche Bezogenheit wurde dabei noch einmal mehr dadurch verdeutlicht, als im Rahmen der Kindertombola jedes Kind ein Werbegeschenk der Arbeitgeberin der Mutter oder des Vaters erhielt.

Prägend für den Charakter der Veranstaltung war zur Überzeugung des Senats auch die von Seiten des Betriebsrats mit Billigung der Unternehmensleitung über die betriebliche Kantine organisierte Verpflegung. Bedenkt man, dass ein erheblicher Anteil der teilnehmenden Mannschaften auf Grund des Spielplans bei nur kurzen aktiven Spielen veranlasst war, mehr oder minder einen ganzen Tag auf der Veranstaltung ohne die sportliche Betätigung zu verbringen, wird klar, dass es hier nicht nur um das Fußballspielen und die Unterstützung von Mannschaften, sondern wesentlich auch um das allgemeine Beisammensein bei "bester Sorge" um das "leibliche Wohl" ging. Neben mehr oder weniger Sportinteressierten und Müttern und Vätern wurden damit auch jene Beschäftigten angesprochen, die Freude am geselligen Beisammensein bei guter Verpflegung hatten.

Alles in allem geht der Senat davon aus, dass hier weder die Freizeitgestaltung für die Betriebsangehörigen noch eine Unterhaltung oder Erholung für den Einzelnen im Vordergrund stand. Vielmehr sollte im Rahmen des ausdrücklich auf den innerbetrieblichen Bereich beschränkten Turniers der Gemeinschaftssinn und das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Beschäftigten gestärkt werden. Auch wenn das Turnier unzweifelhaft vom Ansatz her Wettkampfcharakter hatte und außer der Kindertombola und der Verpflegung keine weiteren Programmpunkte angeboten wurden, ist nicht von einer rein sportlichen Freizeitveranstaltung auszugehen. Vielmehr geht aus den dargestellten Umständen hervor, dass das Turnier im Sinne eines "Spaßturniers" als Mittel benutzt wurde, um mit Erfolg eine große betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung anzubieten. Gerade diesen Aspekt - Vorführung zur Unterhaltung und Belustigung aller Teilnehmer - hat das BSG (Urteil vom 09.12.2003) als ausschlaggebend für den Zweck der Gemeinschaftspflege angesehen.

Die hier streitgegenständliche Veranstaltung kann nicht mit dem dem Urteil des BSG vom 22.09.2009 (a.a.O.) zu Grunde liegenden Sachverhalt, einem in Kiel durchgeführten "Faschingsfußballturnier", verglichen werden. Bei diesem Faschingsfußballturnier waren bei ca. 1.600 Beschäftigten des Unternehmens ca. 100 Teilnehmer, mithin nur 6,25 %, anwesend. Diese Beteiligungsquote lag damit ganz erheblich unter der hier gegebenen Quote (s.o.). Im Übrigen war für die Entscheidung des BSG (siehe eben) nicht tragend, dass sich die Einladung zum Faschingsfußballturnier nur an Fußballinteressierte gerichtet hätte, sondern nach den mit keinen zulässigen und begründeten Verfahrensrügen erfolgten Feststellungen des Landessozialgerichts nur an den begrenzten Ausschnitt von "karnevalsbegeisterten Beschäftigten" an einem Ort, an dem mit keiner nennenswerten Karnevalsbegeisterung zu rechnen war, auch nicht mit der Entwicklung einer solchen. Dies stellt sich im vorliegenden Fall anders dar. Alleine auf Grund der Zahl der teilnehmenden 24 Mannschaften mit insgesamt 300 Aktiven ist ausgeschlossen, dass sich das Turnier nur an eine "Minderheit" richtete. Dabei geht der Senat auf Grund allgemeiner Lebenserfahrung - insbesondere nach der Fußballweltmeisterschaft im Jahr 2006 - davon aus, dass bei der Durchführung einer von Fußball geprägten Veranstaltung von Seiten der eigentlich nicht an Fußball Interessierten eine deutlich höhere Akzeptanz und Bereitschaft zur Teilnahme zu erwarten ist, als bei Durchführung einer Faschingsveranstaltung in einer Region ohne nennenswerte Karnevalsbegeisterung von Seiten der Faschingsmuffel bzw. Karnevalsverweigerer. Auch vor diesem Hintergrund ist der Senat - wie bereits ausgeführt - davon überzeugt, dass das innerbetriebliche Fußballturnier der Firma L. konzeptionell auf die Teilnahme aller Beschäftigten des Unternehmens abzielte, so wie es im Ankündigungsschreiben auch ausdrücklich vermerkt war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage des Versicherungsschutzes bei (sportlichen) Gemeinschaftsveranstaltungen liegt vor. Diese wurde vom Senat unter Bewertung der Einzelfallumstände beachtet.
Rechtskraft
Aus
Saved