Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 4837/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3236/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wehrt sich gegen die Geltendmachung von Rentenversicherungsbeiträgen nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für den Zeitraum 1. September 1999 bis einschließlich 31. Mai 2000.
Die Klägerin wandte sich Ende 1992 wiederholt an die Beklagte mit der Bitte um Prüfung, ob sie trotz ihrer Tätigkeit als selbständige Sozialpädagogin freiwillige Rentenversicherungsbeiträge entrichten könne. Mit Bescheid vom 7. April 1993 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. März 1994 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht als versicherungspflichtige Selbstständige nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI ab Dezember 1991 - ausgenommen blieb der Zeitraum Januar 1993 bis einschließlich April 1993 - fest.
Mit Bescheid vom 16. Juni 1999 stellte die Beklagte die Fortdauer der Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI fest und machte einen monatlichen Rentenbeitrag in Höhe von 122,85 DM auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheids 1996 für die Zeit ab Januar 1999 geltend. Mit Bescheid vom 6. Juli 2000 stellte die Beklagte neuerlich die Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI fest. Gestützt auf den Einkommenssteuerbescheid der Klägerin für das Jahr 1998 wurde ein monatlicher Beitrag für die Zeit von Juni 2000 an in Höhe von 121,95 DM geltend gemacht. Zugleich wurde die Klägerin um Übersendung des noch fehlenden Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1997 ersucht.
Die Klägerin legte den Einkommenssteuerbescheid 1997, der ihr selbst am 14. Juni 1999 zugegangen war, am 15. August 2000 der Beklagten vor. Aus dem Einkommenssteuerbescheid ergibt sich ein zu versteuerndes Einkommen (Einkünfte aus selbstständiger Arbeit) in Höhe von 38.776,00 DM für das Jahr 1997.
Am 7. September 2000 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid, mit dem sie für den Zeitraum ab 1. September 1999 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 641,45 DM und ab 1. Januar 2000 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 652,02 DM festsetzte. Hieraus errechne sich für den Zeitraum von September 1999 bis Mai 2000 ein Zahlbetrag in Höhe von 5.825,90 DM. Die Klägerin habe in diesem Zeitraum 1.099,35 DM bereits gezahlt, sodass eine Forderung in Höhe von 4.726,55 DM verbleibe. Den hiergegen am 25. September 2000 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, es sei ihr nicht erklärbar, weshalb der Einkommenssteuerbescheid 1997 als Berechnungsgrundlage für die Jahre 1999 und 2000 zugrunde gelegt werde. Auch habe sich ihre selbstständige Tätigkeit 1997 dahingehend geändert, dass sie nun in "der Verwaltung, Organisation, Management" tätig sei. Sie sei seit 1994 an der Pädagogischen Hochschule F. im Fachbereich Erwachsenenbildung eingeschrieben. Ihren Lebensunterhalt bestreite sie seither aus diversen Werk- und Honorarvorträgen und beim Institut für Weiterbildung an der E. Fachhochschule F. e.V. Unter dem 25. Mai 2001 teilte die Klägerin mit, sie sei seit 1. Januar 2001 beim Institut für Weiterbildung an der E. Fachhochschule F. fest angestellt.
Mit Bescheid vom 24. November 2004 setzte die Beklagte- entsprechend der bisherigen Feststellungen - für den Zeitraum ab 1. September 1999 ein Beitrag in Höhe von monatlich 641,45 DM, ab 1. Januar 2000 ein Betrag in Höhe von monatlich 652,02 DM und ab 1. Juni 2000 einen Beitrag in Höhe von monatlich 121,59 DM fest. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Beiträge seien für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis einschließlich 31. Dezember 2000 insgesamt noch 2.047,50 EUR zu entrichten. Diese Gesamtforderung enthalte alle für die Zeit bis zum 24. November 2004 zu zahlenden Beiträge und berücksichtige sämtliche Geldeingänge bis zur letzten Zahlung am 31. Juli 2001. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2006 wies dann die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht durch Bescheid vom 24. November 2004 abgeholfen worden sei, zurück. Maßgeblich für die Berechnung der einkommensgerechten Beiträge aufgrund der selbständigen Tätigkeit der Klägerin für die Zeit ab 1. September 1999 bis zur Aufgabe der Tätigkeit zum 31. Dezember 2000 bleibe der Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahr 1997.
Am 29. September 2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die Beklagte habe die Klägerin zu Unrecht als Pflichtversicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI geführt. Denn die Klägerin sei nicht etwa als Lehrerin oder Erzieherin selbstständig tätig gewesen, sondern als freiberufliche Sozialpädagogin. Ihre Tätigkeit habe mit derjenigen von Lehrern oder Erziehern auch nichts gemeinsam gehabt. Sie sei daher zu keinem Zeitpunkt aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit versicherungspflichtig gewesen. Die mit Bescheid vom 7. September 2000 erhobene Beitragsnachforderung sei rechtswidrig, denn sie basiere auf einer unzutreffenden Feststellung eines Versicherungsverhältnisses. Im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Mai 2000 sei die Klägerin deshalb zweifelsfrei nicht selbstständig, sondern abhängig beschäftigt gewesen. Der Bescheid vom 7. April 1993 sei gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückzunehmen. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin einen Honorarvertrag mit dem Institut für Weiterbildung e.V. an der E. Fachhochschule F. vom 4. Februar 2000, betreffend die Tätigkeit ab Januar 2000 bis Dezember 2000 sowie einen weiteren Honorarvertrag zwischen den gleichen Vertragspartnern für die Zeit von Januar 2000 bis Oktober 2001 vom 26. Oktober 2000 vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Beim angefochtenen Bescheid vom 7. September 2000 habe es sich nur um einen Änderungsbescheid zur Beitragshöhe für die Zeit ab 1. September 1999, nicht aber um einen Feststellungsbescheid zur Versicherungspflicht dem Grunde nach gehandelt. Diese sei bereits mit Bescheid vom 7. April 1993 rechtskräftig festgestellt worden. Im Übrigen sei auch bei Zugrundelegung der Ausführungen der Klägerin eine Versicherungspflicht als Selbstständige gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gegeben gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. Juni 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Versicherungspflicht der Klägerin sei mit Bescheid vom 7. April 1993 festgestellt worden. Dieser Bescheid sei in Bestandskraft erwachsen und binde daher die Beteiligten sowie die Kammer. Die aufgrund der danach bestehenden Versicherungspflicht erhobenen Beiträge seien rechtmäßig. Soweit der Klägerbevollmächtigte darüber hinaus den Bescheid vom 7. April 1993 in diesem Verfahren zum Streitgegenstand machen wolle, handele es sich um eine nach § 99 SGG unzulässige, weil nicht sachdienliche Klageänderung. Denn bisher sei über eine Aufhebung dieses Bescheides durch die Beklagte noch nicht entschieden worden.
Die am 12. Juli 2010 eingelegte Berufung der Klägerin wird im Wesentlichen auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren gestützt. Ergänzend wird vorgetragen, es sei schon fraglich, ob die Beklagte, nachdem sie das Widerspruchsverfahren über sechs Jahre hinausgezögert habe, nicht ohnehin jedweden Anspruch verwirkt habe. Die Annahme, der Verwaltungsakt vom 7. April 1993 entfalte Bindungswirkung irgendeiner Art, die in diesem Verfahren relevant sei, sei nicht vertretbar. Denn Rentenversicherungspflicht bestehe im Falle des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen auch dann, wenn ein Bescheid nicht ergehe. Umgekehrt könne auch eine unzutreffende Feststellung des Rentenversicherungsträgers eine Rentenversicherungspflicht nicht begründen, wenn Rentenversicherungspflicht in Ermangelung der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliege. Die Bindungswirkung des Verwaltungsaktes vom 7. April 1993 könne sich auch nicht auf einen Zeitraum erstrecken, in dem durch einen neuen Verwaltungsakt, nämlich den hier streitgegenständlichen vom 7. September 2000, erneut ein Rechtsverhältnis festgestellt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. September 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. November 2004, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Gerichtsbescheid.
Am 8. Februar 2011 hat eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Streitgegenstandes stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 8. Februar 2011 verwiesen.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. September 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. November 2004, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gegenstand der Klage ist die Festsetzung von Rentenversicherungsbeiträgen gemäß § 165 SGB VI für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Mai 2000 und die daraus resultierende, von der Klägerin noch nicht beglichene Nachforderung von Rentenversicherungsbeiträgen: Die Beklagte hat mit Bescheid vom 7. September 2000 Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum von September 1999 bis Dezember 1999 in Höhe von monatlich 641,45 DM und für den Zeitraum von Januar 2000 bis Mai 2000 in Höhe von 652,02 DM - abweichend von der bisherigen Festsetzung mit Bescheid vom 16. Juni 1999 (monatlich 122,85 DM) - festgesetzt und unter Berücksichtigung bereits erfolgter Zahlungen der Klägerin eine Nachforderung für diesen Zeitraum in Höhe von 4.726,55 DM geltend gemacht. Mit Bescheid vom 24. November 2004 hat die Beklagte unter Beibehaltung der für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis einschließlich 31. Dezember 2000 bereits erfolgten Beitragsfestsetzungen und unter Berücksichtigung zwischenzeitlich geleisteter Zahlungen der Klägerin die Nachforderung für diesen Zeitraum auf 4.004,55 DM (2.047,50 EUR) reduziert und den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2006 zurückgewiesen.
Die Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, dass sie mit Bescheid vom 24. November 2004 festgestellt habe, dass seit 1. Januar 2001 aufgrund der seither ausgeübten abhängigen Beschäftigung die bisherige Versicherungspflicht als selbstständig Tätige entfallen sei. Ob sich diese Feststellung dem Umstand entnehmen lässt, dass im Bescheid vom 24. November 2004 über den 31. Dezember 2000 hinaus keine weiteren Monatsbeiträge mehr geltend gemacht worden sind - sonstige Anhaltspunkte für die behauptete Feststellung finden sich nicht - kann dahingestellt bleiben, weil dieser Zeitraum nicht streitgegenständlich ist.
1. Die Klägerin war in dem, der Beitragsfestsetzung mit Bescheid vom 7. September 2000 zugrunde liegenden Zeitraum als selbstständig Tätige versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht als selbstständig Tätige wurde erstmals mit Bescheid vom 7. April 1993, geringfügig geändert durch Bescheid vom 28. März 1994 festgestellt. Mit Bescheid vom 16. Juni 1999 sowie 6. Juli 2000 wurde neuerlich die Versicherungspflicht der Klägerin gemäß § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI festgestellt. Nachdem die Klägerin gegen diese Bescheide kein Rechtsmittel eingelegt hat und die Bescheide auch nicht nichtig sind, sind diese in Bestandskraft erwachsen. Die darin getroffenen Feststellungen über die Fortdauer der Versicherungspflicht als selbstständig Tätige entfalten ihre Bindungswirkung nicht nur im Verhältnis zwischen den Beteiligten am Verwaltungsverfahren; vielmehr kommt diesen Feststellungen eine sogenannte Tatbestandswirkung zu, weshalb die Verwaltungsakte auch von anderen ressortfremden Behörden und nicht zur Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit berufenen Gerichten ohne Rücksicht auf ihre Rechtmäßigkeit zu beachten sind (BSG vom 26.07.1979 - 8b RK 5/78 = SozR 2200 § 176c Nr. 3 - Juris Rdnr. 15). Eine solche Wirkung kommt denjenigen Entscheidungen zu, die in späteren Verwaltungsverfahren ohne Rücksicht auf ihre Rechtmäßigkeit wie unbestrittene Tatsachen - Tatbestandswirkung - zu beachten sind, weil ein bestimmter Sachverhalt in bestimmter Weise geregelt worden ist (BSG a.a.O.). Es handelt sich dabei regelmäßig um Entscheidungen, die feststellende Wirkung entfalten; typisch hierfür sind insbesondere Statusentscheidungen wie die hier vorliegende Feststellung der Versicherungspflicht als selbstständig Tätige (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 141 Rdnr. 4). Da die Bescheide vom 16. Juni 1999 und 6. Juli 2000, welche die Feststellung der Versicherungspflicht für den hier streitigen Zeitraum treffen, nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens geworden sind (und zulässigerweise auch nicht zum Gegenstand gemacht hätten werden können), ist die von den Bescheiden ausgehende Tatbestandswirkung für den streitgegenständlichen Zeitraum im vorliegenden Verfahren zu beachten.
2. Die streitgegenständlichen Bescheide begegnen auch insoweit keinen Bedenken, als sie die mit Bescheid vom 16. Juli 1999 getroffene Festsetzung monatlicher Beiträge in Höhe von 122,85 DM mit Wirkung ab September 1999 zum Nachteil der Klägerin abgeändert haben. Die Neufestsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen ab September 1999 und die sich daraus ergebende Erhöhung der Beitragspflicht beurteilt sich nach § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI in der hier anzuwendenden Fassung vom 24. März 1999. Diese Vorschrift enthält eine eigenständige Regelung für die Änderung der beitragspflichtigen Einnahmen und ist insoweit als vorrangig gegenüber den §§ 44 ff. SGB X anzusehen (LSG Baden-Württemberg vom 16. Juni 2009 - L 11 R 5563/08, Juris Rdnr. 21). § 165 SGB VI regelt die Beitragsbemessung für in der Rentenversicherung versicherungspflichtige Selbstständige. Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGB VI sind bei selbstständig Tätigen beitragspflichtige Einnahmen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 630,00 Deutsche Mark. Die Klägerin hat sich für den hier streitgegenständlichen Zeitraum für eine einkommensgerechte Beitragszahlung entschieden gehabt. Hierzu bedarf es keines förmlichen Antrags beim Rentenversicherungsträger. Eine geänderte Beitragsfestsetzung erfolgt vielmehr dadurch, dass der Versicherte dem Rentenversicherungsträger sein tatsächliches Arbeitseinkommen nachweist (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Juris Rdnr.23 m.w.N.). Die Klägerin hat regelmäßig durch Vorlage der jeweiligen Einkommenssteuerbescheide den entsprechenden Nachweis ihres Arbeitseinkommens erbracht. So basierte die Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 6. Juli 2000 für die - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum nachfolgende - Zeit ab Juni 2000 auf dem am 31. Mai 2000 vorgelegten Einkommenssteuerbescheid 1998. Dem Widerspruch der Klägerin vom 22. September 2000, eingegangen bei der Beklagten am 25. September 2000 kann auch kein wirksamer Wechsel für den streitgegenständlichen Zeitraum von der einkommensgerechten Beitragszahlung zur Regelbeitragszahlung entnommen werden. Ein solcher Wechsel kann nur für die Zukunft erfolgen (KassKomm, SGB VI § 165 Rdnr. 28; Juris-PK SGB VI § 165 Rdnr. 98). Dies ergibt sich aus der gebotenen entsprechenden Anwendung von § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI (KassKomm a.a.O.).
Die Beklagte hat auch zutreffend für den hier streitgegenständlichen Zeitraum auf den Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahre 1997 abgestellt. Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VI sind für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach Satz 1 Nr. 1 - also bei einer Entscheidung für eine einkommensgerechte Beitragszahlung - die sich aus dem letzten Einkommenssteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommenssteuerbescheid vorgelegt wird. Maßgebend war demnach zunächst für die Zeit ab Januar 1999 ein auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheides 1996 ermitteltes, mit bestandskräftigem Bescheid vom 16. Juli 1999 festgestelltes Mindesteinkommen von 7.560,00 DM, woraus sich ein monatlicher Beitrag von 122,85 DM errechnete. Den am 31. Mai 2000 vorgelegten Einkommenssteuerbescheid 1998 hat die Beklagte zutreffend erst ab Juni 2000 mit gleichfalls bestandskräftigem Bescheid vom 6. Juli 2000 berücksichtigt. Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI werden Änderungen des Arbeitseinkommens vom ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommenssteuerbescheides an berücksichtigt. Der am 22. März 2000 erstellte Einkommenssteuerbescheid war somit frühestens, zugleich auch spätestens ab 1. Juni 2000 zu berücksichtigen. Der erst auf Aufforderung der Beklagten hin am 15. August 2000 vorgelegte Einkommenssteuerbescheid 1997 hätte bei isolierter Betrachtung des Datums der Vorlage des Bescheides erst ab September 2000 zu einer Änderung des Arbeitseinkommens geführt. Da der Einkommenssteuerbescheid aber bereits am 11. Juni 1999 ausgefertigt worden war, musste nach § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI eine Berücksichtigung ab 1. September 1999 (Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung) erfolgen. Nachdem der für die Klägerin günstigere Einkommenssteuerbescheid 1998 - wie bereits oben dargestellt - erst ab 1. Juni 2000 berücksichtigt werden konnte, war das mit Einkommenssteuerbescheid 1997 nachgewiesene Arbeitseinkommen bis einschließlich 31. Mai 2000 der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
3. Die Beklagte hat darüber hinaus auf Grundlage des rechtmäßigerweise zugrunde gelegten Einkommenssteuerbescheids 1997 zutreffend die monatlichen Beiträge errechnet. Insbesondere hat die Beklagte den Dynamisierungsquotienten unter Zugrundelegung der Anlage 1 zum SGB VI in der Fassung vom 18. Dezember 1998 (für die Berechnung des Beitragszeitraums vom 1. September 1999 bis 31. Dezember 1999) bzw. in der Fassung vom 29. November 1999 (für den Zeitraum ab 1. Januar 2000) richtig berechnet. Auch gegen die Höhe der zuletzt geltend gemachten Nachforderung in Höhe von 2.047,50 EUR bestehen keine Bedenken. Einwände hiergegen hat die Klägerin auch nicht vorgebracht.
4. Entgegen dem Berufungsvorbringen der Klägerin ist diese Nachforderung auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und dort insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt BSG vom 27. Juli 2011 - B 12 R 16/09 R - Juris Rdnr. 36). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (BSG a.a.O.). Erforderlich ist neben einem Zeitmoment, also einem längeren Zeitraum, in dem der Berechtigte die Ausübung seines Rechts unterlassen hat, ein Umstandsmoment, aufgrund dessen der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde; weiterhin muss der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut haben, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG a.a.O.). Ein solches Umstandsmoment kann vorliegend allein aufgrund des langwierigen Widerspruchsverfahrens nicht bejaht werden. In Teilen ist die besondere Länge des Widerspruchsverfahrens darauf zurückzuführen, dass die Klägerin nur schleppend auf Schreiben der Beklagten reagiert hat (vgl. die Anfragen der Beklagten vom 15. November 2000 und 31. Januar 2001 sowie vom 12. Februar 2001 und 24. April 2001). Der Änderungsbescheid vom 24. November 2004 sowie ein Informationsschreiben der Beklagten vom 24. Mai 2006 und im Januar 2005 erfolgte Mahnungen mussten der Klägerin andrerseits deutlich vor Augen führen, dass seitens der Beklagten ein Verzicht auf die Forderung nicht angedacht war. Soweit sich der Bevollmächtigte der Klägerin auf eine Verletzung von Art. 6 EMRK bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Verletzung lediglich ein Schadensersatzanspruch nach sich ziehen kann.
Die Bescheide der Beklagten waren nach alledem rechtmäßig; die Berufung der Klägerin konnte keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; dabei wurde berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren letztlich keinen Erfolg hatte.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr.1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin wehrt sich gegen die Geltendmachung von Rentenversicherungsbeiträgen nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für den Zeitraum 1. September 1999 bis einschließlich 31. Mai 2000.
Die Klägerin wandte sich Ende 1992 wiederholt an die Beklagte mit der Bitte um Prüfung, ob sie trotz ihrer Tätigkeit als selbständige Sozialpädagogin freiwillige Rentenversicherungsbeiträge entrichten könne. Mit Bescheid vom 7. April 1993 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. März 1994 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht als versicherungspflichtige Selbstständige nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI ab Dezember 1991 - ausgenommen blieb der Zeitraum Januar 1993 bis einschließlich April 1993 - fest.
Mit Bescheid vom 16. Juni 1999 stellte die Beklagte die Fortdauer der Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI fest und machte einen monatlichen Rentenbeitrag in Höhe von 122,85 DM auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheids 1996 für die Zeit ab Januar 1999 geltend. Mit Bescheid vom 6. Juli 2000 stellte die Beklagte neuerlich die Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI fest. Gestützt auf den Einkommenssteuerbescheid der Klägerin für das Jahr 1998 wurde ein monatlicher Beitrag für die Zeit von Juni 2000 an in Höhe von 121,95 DM geltend gemacht. Zugleich wurde die Klägerin um Übersendung des noch fehlenden Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 1997 ersucht.
Die Klägerin legte den Einkommenssteuerbescheid 1997, der ihr selbst am 14. Juni 1999 zugegangen war, am 15. August 2000 der Beklagten vor. Aus dem Einkommenssteuerbescheid ergibt sich ein zu versteuerndes Einkommen (Einkünfte aus selbstständiger Arbeit) in Höhe von 38.776,00 DM für das Jahr 1997.
Am 7. September 2000 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid, mit dem sie für den Zeitraum ab 1. September 1999 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 641,45 DM und ab 1. Januar 2000 einen monatlichen Beitrag in Höhe von 652,02 DM festsetzte. Hieraus errechne sich für den Zeitraum von September 1999 bis Mai 2000 ein Zahlbetrag in Höhe von 5.825,90 DM. Die Klägerin habe in diesem Zeitraum 1.099,35 DM bereits gezahlt, sodass eine Forderung in Höhe von 4.726,55 DM verbleibe. Den hiergegen am 25. September 2000 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, es sei ihr nicht erklärbar, weshalb der Einkommenssteuerbescheid 1997 als Berechnungsgrundlage für die Jahre 1999 und 2000 zugrunde gelegt werde. Auch habe sich ihre selbstständige Tätigkeit 1997 dahingehend geändert, dass sie nun in "der Verwaltung, Organisation, Management" tätig sei. Sie sei seit 1994 an der Pädagogischen Hochschule F. im Fachbereich Erwachsenenbildung eingeschrieben. Ihren Lebensunterhalt bestreite sie seither aus diversen Werk- und Honorarvorträgen und beim Institut für Weiterbildung an der E. Fachhochschule F. e.V. Unter dem 25. Mai 2001 teilte die Klägerin mit, sie sei seit 1. Januar 2001 beim Institut für Weiterbildung an der E. Fachhochschule F. fest angestellt.
Mit Bescheid vom 24. November 2004 setzte die Beklagte- entsprechend der bisherigen Feststellungen - für den Zeitraum ab 1. September 1999 ein Beitrag in Höhe von monatlich 641,45 DM, ab 1. Januar 2000 ein Betrag in Höhe von monatlich 652,02 DM und ab 1. Juni 2000 einen Beitrag in Höhe von monatlich 121,59 DM fest. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Beiträge seien für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis einschließlich 31. Dezember 2000 insgesamt noch 2.047,50 EUR zu entrichten. Diese Gesamtforderung enthalte alle für die Zeit bis zum 24. November 2004 zu zahlenden Beiträge und berücksichtige sämtliche Geldeingänge bis zur letzten Zahlung am 31. Juli 2001. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2006 wies dann die Beklagte den Widerspruch, soweit ihm nicht durch Bescheid vom 24. November 2004 abgeholfen worden sei, zurück. Maßgeblich für die Berechnung der einkommensgerechten Beiträge aufgrund der selbständigen Tätigkeit der Klägerin für die Zeit ab 1. September 1999 bis zur Aufgabe der Tätigkeit zum 31. Dezember 2000 bleibe der Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahr 1997.
Am 29. September 2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Die Beklagte habe die Klägerin zu Unrecht als Pflichtversicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI geführt. Denn die Klägerin sei nicht etwa als Lehrerin oder Erzieherin selbstständig tätig gewesen, sondern als freiberufliche Sozialpädagogin. Ihre Tätigkeit habe mit derjenigen von Lehrern oder Erziehern auch nichts gemeinsam gehabt. Sie sei daher zu keinem Zeitpunkt aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit versicherungspflichtig gewesen. Die mit Bescheid vom 7. September 2000 erhobene Beitragsnachforderung sei rechtswidrig, denn sie basiere auf einer unzutreffenden Feststellung eines Versicherungsverhältnisses. Im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Mai 2000 sei die Klägerin deshalb zweifelsfrei nicht selbstständig, sondern abhängig beschäftigt gewesen. Der Bescheid vom 7. April 1993 sei gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückzunehmen. Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin einen Honorarvertrag mit dem Institut für Weiterbildung e.V. an der E. Fachhochschule F. vom 4. Februar 2000, betreffend die Tätigkeit ab Januar 2000 bis Dezember 2000 sowie einen weiteren Honorarvertrag zwischen den gleichen Vertragspartnern für die Zeit von Januar 2000 bis Oktober 2001 vom 26. Oktober 2000 vorgelegt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Beim angefochtenen Bescheid vom 7. September 2000 habe es sich nur um einen Änderungsbescheid zur Beitragshöhe für die Zeit ab 1. September 1999, nicht aber um einen Feststellungsbescheid zur Versicherungspflicht dem Grunde nach gehandelt. Diese sei bereits mit Bescheid vom 7. April 1993 rechtskräftig festgestellt worden. Im Übrigen sei auch bei Zugrundelegung der Ausführungen der Klägerin eine Versicherungspflicht als Selbstständige gemäß § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI gegeben gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. Juni 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Versicherungspflicht der Klägerin sei mit Bescheid vom 7. April 1993 festgestellt worden. Dieser Bescheid sei in Bestandskraft erwachsen und binde daher die Beteiligten sowie die Kammer. Die aufgrund der danach bestehenden Versicherungspflicht erhobenen Beiträge seien rechtmäßig. Soweit der Klägerbevollmächtigte darüber hinaus den Bescheid vom 7. April 1993 in diesem Verfahren zum Streitgegenstand machen wolle, handele es sich um eine nach § 99 SGG unzulässige, weil nicht sachdienliche Klageänderung. Denn bisher sei über eine Aufhebung dieses Bescheides durch die Beklagte noch nicht entschieden worden.
Die am 12. Juli 2010 eingelegte Berufung der Klägerin wird im Wesentlichen auf das Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren gestützt. Ergänzend wird vorgetragen, es sei schon fraglich, ob die Beklagte, nachdem sie das Widerspruchsverfahren über sechs Jahre hinausgezögert habe, nicht ohnehin jedweden Anspruch verwirkt habe. Die Annahme, der Verwaltungsakt vom 7. April 1993 entfalte Bindungswirkung irgendeiner Art, die in diesem Verfahren relevant sei, sei nicht vertretbar. Denn Rentenversicherungspflicht bestehe im Falle des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen auch dann, wenn ein Bescheid nicht ergehe. Umgekehrt könne auch eine unzutreffende Feststellung des Rentenversicherungsträgers eine Rentenversicherungspflicht nicht begründen, wenn Rentenversicherungspflicht in Ermangelung der tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vorliege. Die Bindungswirkung des Verwaltungsaktes vom 7. April 1993 könne sich auch nicht auf einen Zeitraum erstrecken, in dem durch einen neuen Verwaltungsakt, nämlich den hier streitgegenständlichen vom 7. September 2000, erneut ein Rechtsverhältnis festgestellt worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. September 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. November 2004, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Gerichtsbescheid.
Am 8. Februar 2011 hat eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Streitgegenstandes stattgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 8. Februar 2011 verwiesen.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. September 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 24. November 2004, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2006 erweisen sich als rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Gegenstand der Klage ist die Festsetzung von Rentenversicherungsbeiträgen gemäß § 165 SGB VI für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis 31. Mai 2000 und die daraus resultierende, von der Klägerin noch nicht beglichene Nachforderung von Rentenversicherungsbeiträgen: Die Beklagte hat mit Bescheid vom 7. September 2000 Rentenversicherungsbeiträge für den Zeitraum von September 1999 bis Dezember 1999 in Höhe von monatlich 641,45 DM und für den Zeitraum von Januar 2000 bis Mai 2000 in Höhe von 652,02 DM - abweichend von der bisherigen Festsetzung mit Bescheid vom 16. Juni 1999 (monatlich 122,85 DM) - festgesetzt und unter Berücksichtigung bereits erfolgter Zahlungen der Klägerin eine Nachforderung für diesen Zeitraum in Höhe von 4.726,55 DM geltend gemacht. Mit Bescheid vom 24. November 2004 hat die Beklagte unter Beibehaltung der für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis einschließlich 31. Dezember 2000 bereits erfolgten Beitragsfestsetzungen und unter Berücksichtigung zwischenzeitlich geleisteter Zahlungen der Klägerin die Nachforderung für diesen Zeitraum auf 4.004,55 DM (2.047,50 EUR) reduziert und den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2006 zurückgewiesen.
Die Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, dass sie mit Bescheid vom 24. November 2004 festgestellt habe, dass seit 1. Januar 2001 aufgrund der seither ausgeübten abhängigen Beschäftigung die bisherige Versicherungspflicht als selbstständig Tätige entfallen sei. Ob sich diese Feststellung dem Umstand entnehmen lässt, dass im Bescheid vom 24. November 2004 über den 31. Dezember 2000 hinaus keine weiteren Monatsbeiträge mehr geltend gemacht worden sind - sonstige Anhaltspunkte für die behauptete Feststellung finden sich nicht - kann dahingestellt bleiben, weil dieser Zeitraum nicht streitgegenständlich ist.
1. Die Klägerin war in dem, der Beitragsfestsetzung mit Bescheid vom 7. September 2000 zugrunde liegenden Zeitraum als selbstständig Tätige versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht als selbstständig Tätige wurde erstmals mit Bescheid vom 7. April 1993, geringfügig geändert durch Bescheid vom 28. März 1994 festgestellt. Mit Bescheid vom 16. Juni 1999 sowie 6. Juli 2000 wurde neuerlich die Versicherungspflicht der Klägerin gemäß § 2 Nr. 1 bis 3 SGB VI festgestellt. Nachdem die Klägerin gegen diese Bescheide kein Rechtsmittel eingelegt hat und die Bescheide auch nicht nichtig sind, sind diese in Bestandskraft erwachsen. Die darin getroffenen Feststellungen über die Fortdauer der Versicherungspflicht als selbstständig Tätige entfalten ihre Bindungswirkung nicht nur im Verhältnis zwischen den Beteiligten am Verwaltungsverfahren; vielmehr kommt diesen Feststellungen eine sogenannte Tatbestandswirkung zu, weshalb die Verwaltungsakte auch von anderen ressortfremden Behörden und nicht zur Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit berufenen Gerichten ohne Rücksicht auf ihre Rechtmäßigkeit zu beachten sind (BSG vom 26.07.1979 - 8b RK 5/78 = SozR 2200 § 176c Nr. 3 - Juris Rdnr. 15). Eine solche Wirkung kommt denjenigen Entscheidungen zu, die in späteren Verwaltungsverfahren ohne Rücksicht auf ihre Rechtmäßigkeit wie unbestrittene Tatsachen - Tatbestandswirkung - zu beachten sind, weil ein bestimmter Sachverhalt in bestimmter Weise geregelt worden ist (BSG a.a.O.). Es handelt sich dabei regelmäßig um Entscheidungen, die feststellende Wirkung entfalten; typisch hierfür sind insbesondere Statusentscheidungen wie die hier vorliegende Feststellung der Versicherungspflicht als selbstständig Tätige (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 141 Rdnr. 4). Da die Bescheide vom 16. Juni 1999 und 6. Juli 2000, welche die Feststellung der Versicherungspflicht für den hier streitigen Zeitraum treffen, nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens geworden sind (und zulässigerweise auch nicht zum Gegenstand gemacht hätten werden können), ist die von den Bescheiden ausgehende Tatbestandswirkung für den streitgegenständlichen Zeitraum im vorliegenden Verfahren zu beachten.
2. Die streitgegenständlichen Bescheide begegnen auch insoweit keinen Bedenken, als sie die mit Bescheid vom 16. Juli 1999 getroffene Festsetzung monatlicher Beiträge in Höhe von 122,85 DM mit Wirkung ab September 1999 zum Nachteil der Klägerin abgeändert haben. Die Neufestsetzung der beitragspflichtigen Einnahmen ab September 1999 und die sich daraus ergebende Erhöhung der Beitragspflicht beurteilt sich nach § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI in der hier anzuwendenden Fassung vom 24. März 1999. Diese Vorschrift enthält eine eigenständige Regelung für die Änderung der beitragspflichtigen Einnahmen und ist insoweit als vorrangig gegenüber den §§ 44 ff. SGB X anzusehen (LSG Baden-Württemberg vom 16. Juni 2009 - L 11 R 5563/08, Juris Rdnr. 21). § 165 SGB VI regelt die Beitragsbemessung für in der Rentenversicherung versicherungspflichtige Selbstständige. Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGB VI sind bei selbstständig Tätigen beitragspflichtige Einnahmen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 630,00 Deutsche Mark. Die Klägerin hat sich für den hier streitgegenständlichen Zeitraum für eine einkommensgerechte Beitragszahlung entschieden gehabt. Hierzu bedarf es keines förmlichen Antrags beim Rentenversicherungsträger. Eine geänderte Beitragsfestsetzung erfolgt vielmehr dadurch, dass der Versicherte dem Rentenversicherungsträger sein tatsächliches Arbeitseinkommen nachweist (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Juris Rdnr.23 m.w.N.). Die Klägerin hat regelmäßig durch Vorlage der jeweiligen Einkommenssteuerbescheide den entsprechenden Nachweis ihres Arbeitseinkommens erbracht. So basierte die Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 6. Juli 2000 für die - dem hier streitgegenständlichen Zeitraum nachfolgende - Zeit ab Juni 2000 auf dem am 31. Mai 2000 vorgelegten Einkommenssteuerbescheid 1998. Dem Widerspruch der Klägerin vom 22. September 2000, eingegangen bei der Beklagten am 25. September 2000 kann auch kein wirksamer Wechsel für den streitgegenständlichen Zeitraum von der einkommensgerechten Beitragszahlung zur Regelbeitragszahlung entnommen werden. Ein solcher Wechsel kann nur für die Zukunft erfolgen (KassKomm, SGB VI § 165 Rdnr. 28; Juris-PK SGB VI § 165 Rdnr. 98). Dies ergibt sich aus der gebotenen entsprechenden Anwendung von § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI (KassKomm a.a.O.).
Die Beklagte hat auch zutreffend für den hier streitgegenständlichen Zeitraum auf den Einkommenssteuerbescheid aus dem Jahre 1997 abgestellt. Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VI sind für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach Satz 1 Nr. 1 - also bei einer Entscheidung für eine einkommensgerechte Beitragszahlung - die sich aus dem letzten Einkommenssteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit so lange maßgebend, bis ein neuer Einkommenssteuerbescheid vorgelegt wird. Maßgebend war demnach zunächst für die Zeit ab Januar 1999 ein auf Grundlage des Einkommenssteuerbescheides 1996 ermitteltes, mit bestandskräftigem Bescheid vom 16. Juli 1999 festgestelltes Mindesteinkommen von 7.560,00 DM, woraus sich ein monatlicher Beitrag von 122,85 DM errechnete. Den am 31. Mai 2000 vorgelegten Einkommenssteuerbescheid 1998 hat die Beklagte zutreffend erst ab Juni 2000 mit gleichfalls bestandskräftigem Bescheid vom 6. Juli 2000 berücksichtigt. Gemäß § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI werden Änderungen des Arbeitseinkommens vom ersten des auf die Vorlage des Bescheides folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommenssteuerbescheides an berücksichtigt. Der am 22. März 2000 erstellte Einkommenssteuerbescheid war somit frühestens, zugleich auch spätestens ab 1. Juni 2000 zu berücksichtigen. Der erst auf Aufforderung der Beklagten hin am 15. August 2000 vorgelegte Einkommenssteuerbescheid 1997 hätte bei isolierter Betrachtung des Datums der Vorlage des Bescheides erst ab September 2000 zu einer Änderung des Arbeitseinkommens geführt. Da der Einkommenssteuerbescheid aber bereits am 11. Juni 1999 ausgefertigt worden war, musste nach § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI eine Berücksichtigung ab 1. September 1999 (Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung) erfolgen. Nachdem der für die Klägerin günstigere Einkommenssteuerbescheid 1998 - wie bereits oben dargestellt - erst ab 1. Juni 2000 berücksichtigt werden konnte, war das mit Einkommenssteuerbescheid 1997 nachgewiesene Arbeitseinkommen bis einschließlich 31. Mai 2000 der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
3. Die Beklagte hat darüber hinaus auf Grundlage des rechtmäßigerweise zugrunde gelegten Einkommenssteuerbescheids 1997 zutreffend die monatlichen Beiträge errechnet. Insbesondere hat die Beklagte den Dynamisierungsquotienten unter Zugrundelegung der Anlage 1 zum SGB VI in der Fassung vom 18. Dezember 1998 (für die Berechnung des Beitragszeitraums vom 1. September 1999 bis 31. Dezember 1999) bzw. in der Fassung vom 29. November 1999 (für den Zeitraum ab 1. Januar 2000) richtig berechnet. Auch gegen die Höhe der zuletzt geltend gemachten Nachforderung in Höhe von 2.047,50 EUR bestehen keine Bedenken. Einwände hiergegen hat die Klägerin auch nicht vorgebracht.
4. Entgegen dem Berufungsvorbringen der Klägerin ist diese Nachforderung auch nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozialversicherungsrecht und dort insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung anerkannt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt BSG vom 27. Juli 2011 - B 12 R 16/09 R - Juris Rdnr. 36). Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die verspätete Geltendmachung des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (BSG a.a.O.). Erforderlich ist neben einem Zeitmoment, also einem längeren Zeitraum, in dem der Berechtigte die Ausübung seines Rechts unterlassen hat, ein Umstandsmoment, aufgrund dessen der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde; weiterhin muss der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut haben, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG a.a.O.). Ein solches Umstandsmoment kann vorliegend allein aufgrund des langwierigen Widerspruchsverfahrens nicht bejaht werden. In Teilen ist die besondere Länge des Widerspruchsverfahrens darauf zurückzuführen, dass die Klägerin nur schleppend auf Schreiben der Beklagten reagiert hat (vgl. die Anfragen der Beklagten vom 15. November 2000 und 31. Januar 2001 sowie vom 12. Februar 2001 und 24. April 2001). Der Änderungsbescheid vom 24. November 2004 sowie ein Informationsschreiben der Beklagten vom 24. Mai 2006 und im Januar 2005 erfolgte Mahnungen mussten der Klägerin andrerseits deutlich vor Augen führen, dass seitens der Beklagten ein Verzicht auf die Forderung nicht angedacht war. Soweit sich der Bevollmächtigte der Klägerin auf eine Verletzung von Art. 6 EMRK bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Verletzung lediglich ein Schadensersatzanspruch nach sich ziehen kann.
Die Bescheide der Beklagten waren nach alledem rechtmäßig; die Berufung der Klägerin konnte keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; dabei wurde berücksichtigt, dass die Klägerin mit ihrem Begehren letztlich keinen Erfolg hatte.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr.1 und 2 SGG).
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