Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 4585/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5236/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus.
Die 1967 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur staatlich anerkannten fremdsprachlichen Wirtschaftskorrespondentin absolviert und war zuletzt von April 1991 bis November 1997 (Beginn des Mutterschutzes) als Exportsachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Im Januar 1998 wurde bei ihr ein Morbus Hodgkin Stadium IV diagnostiziert.
Mit Bescheid vom 7.10.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin vom 1.7.1999 bis 30.6.2001 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, ausgehend von einem Leistungsfall am 8.1.1998.
Den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 2.2.2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4.5.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.9.2001 zunächst ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Heilbronn (S 8 RA 2381/01) gab die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. S. vom 15.4.2002 (Diagnosen: u. a. Panikstörung, Phobien, mittelgradige depressive Episode, Essstörung mit Adipositas permagna; Leistungsvermögen zwei Stunden täglich) ein Anerkenntnis ab, wonach sie sich bereit erklärte, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.6.2001 hinaus bis 31.5.2003 weiter zu gewähren. Dementsprechend erging am 10.6.2002 ein Ausführungsbescheid.
Auf den Weitergewährungsantrag vom 21.1.2003 gewährte die Beklagte der Klägerin nach Einholung eines Gutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. E. vom 5.5.2003 (mittelgradige depressive Episode mit phobischen und Zwangsanteilen; Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich) mit Bescheid vom 23.5.2003 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis 31.5.2004.
Den Weitergewährungsantrag vom 4.2.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.4.2004 ab, nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. S. im Gutachten vom 2.4.2004 ein vollschichtiges Leistungsvermögen (Diagnosen: Anpassungsstörung, Mischkopfschmerz) für die Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bescheinigt hatte. Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte Auskünfte bei der Diplom-Psychologin W. vom 28.7.2004 und den Ärzten für Allgemeinmedizin Dr. Z./Dr. B. vom 3.8.2004 ein und ließ die Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet erneut untersuchen. Nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. M. bei der Klägerin aufgrund des bekannten Morbus Hodgkin vom nodulär-sklerosierenden Typ, einer rezidivierenden depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung im Gutachten vom 11.10.2004 ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden für die Tätigkeit einer Exportsachbearbeiterin und für leichte Tätigkeiten festgestellt und eine erneute Begutachtung und Überprüfung in ca. einem Jahr empfohlen hatte, da die psychotherapeutische Behandlung erst seit sechs Monaten durchgeführt werde, die medikamentöse Behandlung modifiziert und gegebenenfalls eine stationäre Behandlung in einer auf Angsterkrankungen spezialisierten Klinik sowie berufsfördernde Maßnahmen durchgeführt werden sollten, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 17.12.2004 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis Ende Januar 2006.
Am 6.10.2005 beantragte die Klägerin die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.1.2006 hinaus. Die Beklagte zog einen Befundbericht von Dr. Z./Dr. B. vom 7.11.2005 bei und veranlasste eine Begutachtung der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet.
Mit Bescheid vom 16.1.2006 gewährte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis 28.2.2006, da die medizinischen Ermittlungen bis vor Ablauf der Befristung (31.1.2006) nicht abgeschlossen sein würden.
Der Neurologe und Psychiater Dr. O. führte im Gutachten vom 9.1.2006 aus, auffällig sei, dass bei der Klägerin keine konsequente nervenärztliche Behandlung durchgeführt werde. Die Psychopharmaka seien in der Regel unspezifisch gewesen wie das zur Zeit eingenommene Insidon und würden vom Hausarzt verschrieben. Bezüglich des neurologischen Befundes hätten sich keine Auffälligkeiten gezeigt. Es seien lediglich Verspannungen im Halswirbelsäulen- und Nackenbereich gefunden worden. Die angegebenen Kopfschmerzen dürften im Wesentlichen analgetikabedingt sein. Im Vordergrund stehe ein depressiv-ängstliches Mischbild im Sinne einer Anpassungsstörung. Die Mutter der Klägerin leide unter einer schweren Depression, so dass eine genetisch-erbliche Komponente gegeben sein dürfte. Die letzte berufliche Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin sei weiterhin vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr, durchführbar. Jedoch sollte vor dem Hintergrund der Erkrankung eine langsame Steigerung der täglichen Arbeitszeit (zunächst unter drei Stunden, dann nach vier bis sechs Wochen drei bis unter sechs Stunden und nach weiteren vier bis sechs Wochen sechs Stunden und mehr) erfolgen. Die Feststellungen würden seit Januar 1999 gelten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten - wegen der Gonarthrose beidseits - zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen und ständig im Sitzen durchgeführt werden. Wegen der Anpassungsstörung sollten die Arbeiten in Tagesschicht verrichtet werden. Erforderlich seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere eine schrittweise Heranführung an den Arbeitsprozess und eine konsequente nervenärztliche Behandlung.
Mit Bescheid vom 7.2.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung über den Monat Februar 2006 hinaus ab, weil die Klägerin Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.2.2006 Widerspruch ein und machte geltend, ihr Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert, so dass ihr weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren sei. Die Erkrankung führe immer noch zu erheblichen psychischen bzw. nervlichen Belastungen, die die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zuließen.
Die Beklagte holte einen Befundbericht bei Dr. Z./Dr. B. vom 29.5.2006 ein und gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 24.10.2006 eine ganztägige ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von voraussichtlich sechs Wochen im Rehabilitationszentrum Bad Mergentheim Klinik T. Mangels Mitwirkung der Klägerin wurde diese Maßnahmen nicht durchgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7.2.2006 zurück, weil über den 28.2.2006 hinaus kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bestehe, da die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf als Exportsachbearbeiterin vollschichtig tätig sein könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 19.12.2007 Klage zum SG Heilbronn erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den Monat Februar 2006 hinaus weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Gesundheitszustand habe sich nicht verbessert. Ihre Erkrankung führe immer noch zu erheblichen psychischen bzw. nervlichen Belastungen, die ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unmöglich machten. An der Schilddrüse sei ein neuer Knoten entdeckt worden, der seitdem beobachtet werden müsse und zu einer zusätzlichen Belastung führe. Sie befinde sich derzeit nicht in psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. (Auskunft vom 23.4.2008: vor allem psychische bzw. psychosomatische Beschwerden; die Beurteilung der Leistungsfähigkeit müsse durch einen Facharzt bzw. Psychiater erfolgen), den Rheumatologen Dr. R., Oberarzt am Caritas-Krankenhauses B. M., (Auskunft vom 8.5.2008: letzte Behandlung am 20.12.2006; zur aktuellen Leistungsfähigkeit könne keine hinreichende Stellungnahme abgegeben werden) sowie den Internisten und Gastroenterologen Prof. Dr. D., Chefarzt des Caritas-Krankenhauses B. M., (Auskunft vom 29.5.2008: Behandlung am 18.12.2007; die Leistungsfähigkeit könne aufgrund der einmaligen Vorstellung zur Reevaluierung der Tumorbefunde nicht ausreichend beurteilt werden) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem sowie internistisch-onkologisch-hämatologischem Gebiet eingeholt.
Dr. S., Arzt für Innere Medizin, Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut, hat im neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 29.8.2008 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert: • Persistierende Anpassungsstörungen in Form eines ängstlich-deprimierten Syndroms, prädisponierende Persönlichkeitszüge • Kopfschmerzleiden, ggf. migränoide Spannungskopfschmerzen, ggf. additiv analgetika-induziert • Verdacht auf leichtgradig ausgeprägte Polyneuropathie, ggf. chemotherapiebedingt • Morbus Hodgkin, Erstdiagnose 1998 ohne Hinweis auf ein Rezidiv • Adipositas. Die Klägerin habe sich geistig flexibel gezeigt. Hirnorganische Erkrankungen, kognitive Defizite, eine Antriebsminderung oder gar eine psychomotorische Hemmung lägen nicht vor. Sie sei in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Exportsachbearbeiterin vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden seien schwere und ständig mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten unter vermehrtem Zeitdruck, mit vermehrtem Publikumsverkehr, vermehrten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und unter Akkordbedingungen, in Nacht- und Wechselschicht sowie mit häufig wechselndem Arbeitszeiten. Auffällig sei die Diskrepanz zwischen der Darstellung einer starken Beeinträchtigung im Alltagsleben und der Wahrnehmung entsprechender therapeutischer Optionen, worauf auch schon die Vorgutachter hingewiesen hätten.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. H., Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie am Caritas-Krankenhaus B. M., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem internistisch-onkologisch-hämatologischen Gutachten vom 3.2.2009 hat Dr. H. folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin genannt: • Hodgkin-Lymphom vom nodulär-sklerosierenden Typ, Stadium CS IV (L.), Erstdiagnose 1/1998, Zustand nach 8 Zyklen BEACOP-II-Basis-Schemata bis 4/1999; Radiatio bis 8/1999 bei supraclaviculären und abdominellen Restlymphomen; Radiatio-Chemo-therapie-Folgen: Polyneuropathie Fuß rechts, Amenorrhoe, Infertilität • Euthyreote normgroße Schilddrüse mit kleinen, größenkonstanten Herden/Schilddrüsen-hormon und Jod-substituiert • Persistierende Anpassungsstörungen, ängstlich-deprimiertes Syndrom; schwierige Krankheitsverarbeitung bei primär hochmaligner Erkrankung • Migränoide Spannungskopfschmerzen, DD rezidivierende Kopfschmerzen bei ausgeprägten Tendomyosen der S.r-Nackenregion • Adipositas. Seitens des Morbus Hodgkin und der aufgetretenen geringen Spätkomplikationen sei die Klägerin in der Lage, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Auch körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
In dem gem. § 109 SGG erstatteten nervenärztlichen Gutachten vom 2.11.2009 hat Dr. E. folgende Diagnosen genannt: • Chronifizierte Depression mit Angstanteilen und Somatisierung im Rahmen einer Anpassungsstörung • Chronifizierte Spannungskopfschmerzen, eventuell Analgetika-Kopfschmerz • Sensible Polyneuropathie, vermutlich chemotherapieinduziert • Adipositas durch gestörtes Essverhalten mit mangelnder Bewegung • Morbus Hodgkin Stadium IV mit Chemotherapie und Bestrahlung. Nach Aussage der Klägerin habe sich diese nie in nervenärztlicher psychiatrischer Behandlung befunden und sei von den Hausärzten auch nicht darauf hingewiesen worden. Allerdings sei sie von ihm (anlässlich der Begutachtung im April 2003) und nach Aktenlage auch von anderen Gutachtern auf die notwendige intensive psychopharmakologische Therapie hingewiesen worden, die sie selbst nicht gefordert und in Anspruch genommen habe. Insofern bestehe der Eindruck, dass der Wunsch nach Veränderung nur vordergründig - in der Aussage der Klägerin - gegeben bzw. das Krankheitsbild nicht in der schweren Ausprägung vorhanden gewesen sei, wie dies von der Klägerin berichtet werde. Es bestehe der Eindruck, dass sie sich in der Situation eingerichtet und ihr Ausscheiden aus dem Erwerbsleben akzeptiert habe, wobei sie dafür auch Veränderungen im sozialen Bereich und im zwischenmenschlichen Bereich in Kauf nehme. Das Verhalten sei aus seiner Sicht durch die immer wieder erfolgten Verlängerungen der Erwerbsunfähigkeitsrente sekundär verstärkt worden, wobei nicht der Eindruck einer bewusstseinsnahen Verhaltensweise bestehe. Ebenso wie andere Gutachter sei er der Meinung, dass durch eine konsequente psychopharmakologische Behandlung und eventuell durch eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik eine Besserung erreicht werden könne. Aufgrund der Antriebsminderung, der depressiven Symptomatik und der soziophobischen Züge sei die Klägerin derzeit als Sachbearbeiterin und Fremdsprachenkorrespondentin nicht einsatzfähig. Sie sei jedoch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (zunächst) halbschichtig zu verrichten. Da sie schon über 10 Jahre aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sei, eine psychiatrische Problematik und eine Fehleinschätzung der eigenen beruflichen Leistungsfähigkeit vorliege, sei eine vollschichtige Tätigkeit aus seiner Sicht kurzfristig nicht realistisch. Diese Leistungseinschätzung gelte für ein Jahr, damit sich die Klägerin wieder in einem Beruf zurecht finden könne, wobei zu fordern sei, dass sie in dieser Zeit eine konsequente nervenärztliche psychiatrische Behandlung in Anspruch nehme. Falls sie dies nicht tue, sollte nach Ablauf des Jahres auch die Teilrente gestrichen werden. Sollte trotz konsequenter suffizienter Behandlung eine Besserung nicht zu erreichen sein, müsse die Rentenfrage erneut diskutiert werden.
Dr. S. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 22.1.2010 ausgeführt, die eher geringe Inanspruchnahme spezifischer medizinischer Behandlung spreche eindeutig gegen eine erhebliche Schwere der psychischen Beschwerden. Aus dem Gutachten von Dr. E. gehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit hervor, warum das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt sein soll. Eine weitgehende Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit) liege nicht vor. Es verbleibe deswegen bei seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung im Gutachten vom 29.8.2008. Dr. E. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.3.2010 bei seiner Leistungseinschätzung verblieben und hat ausgeführt, hinsichtlich der mittelfristigen Einschätzung lägen sein Gutachten und das von Dr. S. nicht weit auseinander.
Mit Urteil vom 24.9.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe über den 28.2.2006 hinaus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit. Darüber hinaus bestehe auch kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. In der Zeit ab 1.3.2006 seien schon die weniger weit gehenden Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit nicht gegeben, da die Klägerin seitdem wieder in der Lage gewesen sei, ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Exportsachbearbeiterin ganztägig zu verrichten. Das SG folge bei seiner Beurteilung zunächst dem Gutachten von Dr. O ... Dessen Beurteilung sei durch das Sachverständigengutachten von Dr. S. bestätigt worden. Gegen eine tiefgehende depressive Erkrankung spreche insbesondere, dass sich die Klägerin seit Beginn ihrer Erkrankung an Morbus Hodgkin und Beginn des Rentenbezugs bisher nicht in psychiatrische Behandlung begeben habe, obwohl sämtliche Gutachter ihr dies geraten hätten. Sämtliche Gutachter hätten mitgeteilt, dass die therapeutischen Optionen bei weitem nicht ausgeschöpft seien. Dieses Verhalten spreche gegen einen erheblichen Leidensdruck der Klägerin. Auch das auf Antrag der Klägerin bei Dr. H. eingeholte Gutachten bestätige die von der Beklagten getroffene Leistungseinschätzung. Der abweichenden Beurteilung des nach § 109 SGG beauftragten Nervenarztes Dr. E. vermöge demgegenüber das SG nicht zu folgen. Er begründe die Leistungsbeeinträchtigung primär mit der langen Abwesenheit vom Arbeitsmarkt und nicht mit gesundheitlichen Einschränkungen. Tatsächliche Beeinträchtigungen der Klägerin in nervenärztlicher Hinsicht, die einer vollen Erwerbstätigkeit in dem zuletzt ausgeübten Beruf entgegenstünden, ergäben sich aus seinem Gutachten nicht, weshalb dieses nicht geeignet sei, die ausführlichen und überzeugenden Gutachten von Dr. O., Dr. S. und Dr. H. zu widerlegen. Da bereits die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus nicht vorgelegen hätten, seien die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erst recht nicht gegeben. Auch nach dem seit 1.1.2001 geltendem Recht bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 13.10.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.11.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, das SG habe sein Urteil ausschließlich auf die Gutachten von Dr. O., Dr. S. und Dr. H. gestützt. Zu den als sachverständige Zeugen gehörten Ärzten Dr. Z., Dr. R. und Prof. Dr. D. habe es kein Wort verloren. Das SG habe sich auch mit dem Gutachten des Dr. E. nicht ausreichend auseinandergesetzt, der lediglich leichte körperliche Tätigkeiten halbschichtig für möglich gehalten habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. September 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den 28. Februar 2006 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, das Urteil des SG sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Das SG habe die Klage nach umfassender Sachverhaltsermittlung mit zutreffender Begründung abgewiesen. Entgegen der Annahme der Klägerin sei auch eine schlüssige Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. E. erfolgt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit - § 43 und § 44 SGB VI a.F. - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin ihren zuletzt ausgeübten Beruf ab 1.3.2008 vollschichtig (d.h. 8 Std. täglich) verrichten kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass es nicht zu beanstanden ist, dass das SG seine Überzeugung auf die hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin übereinstimmenden Gutachten von Dr. O. und Dr. S. (auf nervenärztlichem Gebiet) und Dr. H. (auf internistisch-gastroenterologisch-hämatologischem Gebiet) gestützt hat.
Die behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. Zahn, Dr. R. und Prof. Dr. D. wurden als sachverständige Zeugen gehört und mussten sich nicht umfassend unter gutachterlichen Gesichtspunkten mit dem Leistungsvermögen der Klägerin auseinandersetzen. Im Übrigen haben sowohl Dr. R. als auch Prof. Dr. D. erklärt, dass sie zur Frage der Leistungsfähigkeit der Klägerin wegen der zurückliegenden Behandlungszeit (so Dr. R.) bzw. der einmaligen Vorstellung zur Reevaluierung der Tumorbefunde (so Prof. Dr. D.) keine hinreichende bzw. ausreichende Beurteilung abgeben könnten. Der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG als Sachverständiger gehörte Dr. Hartung, der am selben Krankenhaus wie Dr. R. und Prof. Dr. D. tätig ist, hat bestätigt, dass seitens des Morbus Hodgkin und der damit verbundenen geringen Spätkomplikationen keine gesundheitsbedingten Einschränkungen vorliegen, die die Klägerin an einer über sechsstündigen Ausübung ihres früheren Berufs hindern würden. Darüber hinaus beruhten die früheren Rentengewährungen ab 1.7.2001 auch nicht auf der Erkrankung an Morbus Hodgkin, sondern auf Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. hat ebenfalls keine Leistungsbeurteilung vorgenommen, sondern zu Recht darauf verwiesen, dass die Leistungsbeurteilung durch einen Facharzt bzw. Psychiater erfolgen müsse, da vor allem psychische bzw. psychosomatische Beschwerden im Vordergrund stünden.
Die Neurologen und Psychiater Dr. O. und Dr. S. sind für den Senat nachvollziehbar und überzeugend zum Ergebnis gelangt, dass die bei der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (vor allem Anpassungsstörungen in Form eines ängstlich-deprimierten Syndroms und Kopfschmerzen) die Klägerin nicht daran hindern, ihre früher ausgeübte Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin in Tagesschicht vollschichtig zu verrichten. Zu Recht hat Dr. S. in der hier ergänzenden Stellungnahme vom 22.1.2010 darauf hingewiesen, dass eine weitgehende Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens bei der Klägerin nicht feststellbar ist. So versorgt sie den Haushalt, macht Einkäufe, nimmt Termine wahr, kümmert sich um ihren Sohn bzw. dessen schulische Belange, macht mit diesem Gesellschaftsspiele, liest und beschäftigt sich mit ihren Zimmerpflanzen. Am Wochenende geht sie mit der Familie zum Schwimmen bzw. Minigolfspielen und ist zwei Stunden in der Kirchengemeinde tätig. Mit ihrer Familie fährt sie in den Bayerischen Wald in Urlaub. Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentrationsfähigkeit wurden bei der Klägerin in den gutachterlichen Situationen nicht festgestellt. Hinzu kommt, dass die Klägerin - obwohl ihr aufgrund ihres psychischen Zustandes jahrelang Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde - keine Behandlungen bei einem Psychiater und erst recht nicht in einem psychiatrischen Krankenhaus in Anspruch genommen hat und auch nicht einmal die auf ihren Wunsch wohnortnah bewilligte ambulante medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Rehazentrum B. M. Klinik T. angetreten hat.
Angesichts der oben dargelegten fehlenden Einschränkung der Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens und der fehlenden Inanspruchnahme psychiatrischer und psychopharma-kologischer Behandlungen vermag sich der Senat - ebenso wie das SG - der Beurteilung von Dr. E. nicht anzuschließen. Im Übrigen konnte Dr. E. - im Hinblick auf die fehlende Inanspruchnahme der oben genannten Behandlungsmaßnahmen - nicht ausschließen, dass das Krankheitsbild bei der Klägerin nicht so ausgeprägt ist, wie von ihr geschildert wurde. Darüber hinaus hatte er auch den Eindruck, dass die Klägerin sich in ihrer Situation eingerichtet und ihr Ausscheiden aus dem Erwerbsleben akzeptiert hat, wobei dieses Verhalten auch durch die ständigen Verlängerungen der Erwerbsunfähigkeitsrente sekundär verstärkt worden sein könnte.
Da die Klägerin seit 1.3.2006 aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert ist, als Exportsachbearbeiterin bzw. Fremdsprachenkorrespondentin vollschichtig tätig zu sein, steht ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus nicht zu. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit kommt damit erst recht nicht in Betracht. Für einen neuen Leistungsfall nach dem 28.2.2006, auf den das ab 1.1.2001 geltende Recht (neues Recht) Anwendung finden würde, gibt es keinen Anhalt und wird auch von der Klägerin nicht behauptet.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus.
Die 1967 geborene Klägerin hat eine Ausbildung zur staatlich anerkannten fremdsprachlichen Wirtschaftskorrespondentin absolviert und war zuletzt von April 1991 bis November 1997 (Beginn des Mutterschutzes) als Exportsachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Im Januar 1998 wurde bei ihr ein Morbus Hodgkin Stadium IV diagnostiziert.
Mit Bescheid vom 7.10.1999 gewährte die Beklagte der Klägerin vom 1.7.1999 bis 30.6.2001 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, ausgehend von einem Leistungsfall am 8.1.1998.
Den Weitergewährungsantrag der Klägerin vom 2.2.2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4.5.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.9.2001 zunächst ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Heilbronn (S 8 RA 2381/01) gab die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. S. vom 15.4.2002 (Diagnosen: u. a. Panikstörung, Phobien, mittelgradige depressive Episode, Essstörung mit Adipositas permagna; Leistungsvermögen zwei Stunden täglich) ein Anerkenntnis ab, wonach sie sich bereit erklärte, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30.6.2001 hinaus bis 31.5.2003 weiter zu gewähren. Dementsprechend erging am 10.6.2002 ein Ausführungsbescheid.
Auf den Weitergewährungsantrag vom 21.1.2003 gewährte die Beklagte der Klägerin nach Einholung eines Gutachtens bei dem Neurologen und Psychiater Dr. E. vom 5.5.2003 (mittelgradige depressive Episode mit phobischen und Zwangsanteilen; Leistungsvermögen unter drei Stunden täglich) mit Bescheid vom 23.5.2003 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis 31.5.2004.
Den Weitergewährungsantrag vom 4.2.2004 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.4.2004 ab, nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. S. im Gutachten vom 2.4.2004 ein vollschichtiges Leistungsvermögen (Diagnosen: Anpassungsstörung, Mischkopfschmerz) für die Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin und für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bescheinigt hatte. Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte Auskünfte bei der Diplom-Psychologin W. vom 28.7.2004 und den Ärzten für Allgemeinmedizin Dr. Z./Dr. B. vom 3.8.2004 ein und ließ die Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet erneut untersuchen. Nachdem der Neurologe und Psychiater Dr. M. bei der Klägerin aufgrund des bekannten Morbus Hodgkin vom nodulär-sklerosierenden Typ, einer rezidivierenden depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung im Gutachten vom 11.10.2004 ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden für die Tätigkeit einer Exportsachbearbeiterin und für leichte Tätigkeiten festgestellt und eine erneute Begutachtung und Überprüfung in ca. einem Jahr empfohlen hatte, da die psychotherapeutische Behandlung erst seit sechs Monaten durchgeführt werde, die medikamentöse Behandlung modifiziert und gegebenenfalls eine stationäre Behandlung in einer auf Angsterkrankungen spezialisierten Klinik sowie berufsfördernde Maßnahmen durchgeführt werden sollten, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 17.12.2004 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis Ende Januar 2006.
Am 6.10.2005 beantragte die Klägerin die Weitergewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31.1.2006 hinaus. Die Beklagte zog einen Befundbericht von Dr. Z./Dr. B. vom 7.11.2005 bei und veranlasste eine Begutachtung der Klägerin auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet.
Mit Bescheid vom 16.1.2006 gewährte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit weiter bis 28.2.2006, da die medizinischen Ermittlungen bis vor Ablauf der Befristung (31.1.2006) nicht abgeschlossen sein würden.
Der Neurologe und Psychiater Dr. O. führte im Gutachten vom 9.1.2006 aus, auffällig sei, dass bei der Klägerin keine konsequente nervenärztliche Behandlung durchgeführt werde. Die Psychopharmaka seien in der Regel unspezifisch gewesen wie das zur Zeit eingenommene Insidon und würden vom Hausarzt verschrieben. Bezüglich des neurologischen Befundes hätten sich keine Auffälligkeiten gezeigt. Es seien lediglich Verspannungen im Halswirbelsäulen- und Nackenbereich gefunden worden. Die angegebenen Kopfschmerzen dürften im Wesentlichen analgetikabedingt sein. Im Vordergrund stehe ein depressiv-ängstliches Mischbild im Sinne einer Anpassungsstörung. Die Mutter der Klägerin leide unter einer schweren Depression, so dass eine genetisch-erbliche Komponente gegeben sein dürfte. Die letzte berufliche Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin sei weiterhin vollschichtig, d.h. sechs Stunden und mehr, durchführbar. Jedoch sollte vor dem Hintergrund der Erkrankung eine langsame Steigerung der täglichen Arbeitszeit (zunächst unter drei Stunden, dann nach vier bis sechs Wochen drei bis unter sechs Stunden und nach weiteren vier bis sechs Wochen sechs Stunden und mehr) erfolgen. Die Feststellungen würden seit Januar 1999 gelten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könnten - wegen der Gonarthrose beidseits - zeitweise im Stehen, überwiegend im Gehen und ständig im Sitzen durchgeführt werden. Wegen der Anpassungsstörung sollten die Arbeiten in Tagesschicht verrichtet werden. Erforderlich seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, insbesondere eine schrittweise Heranführung an den Arbeitsprozess und eine konsequente nervenärztliche Behandlung.
Mit Bescheid vom 7.2.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung über den Monat Februar 2006 hinaus ab, weil die Klägerin Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig ausüben könne.
Hiergegen legte die Klägerin am 15.2.2006 Widerspruch ein und machte geltend, ihr Gesundheitszustand habe sich nicht gebessert, so dass ihr weiterhin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren sei. Die Erkrankung führe immer noch zu erheblichen psychischen bzw. nervlichen Belastungen, die die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zuließen.
Die Beklagte holte einen Befundbericht bei Dr. Z./Dr. B. vom 29.5.2006 ein und gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 24.10.2006 eine ganztägige ambulante Leistung zur medizinischen Rehabilitation für die Dauer von voraussichtlich sechs Wochen im Rehabilitationszentrum Bad Mergentheim Klinik T. Mangels Mitwirkung der Klägerin wurde diese Maßnahmen nicht durchgeführt. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 7.2.2006 zurück, weil über den 28.2.2006 hinaus kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bestehe, da die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf als Exportsachbearbeiterin vollschichtig tätig sein könne.
Hiergegen hat die Klägerin am 19.12.2007 Klage zum SG Heilbronn erhoben, mit der sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den Monat Februar 2006 hinaus weiter verfolgt hat. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr Gesundheitszustand habe sich nicht verbessert. Ihre Erkrankung führe immer noch zu erheblichen psychischen bzw. nervlichen Belastungen, die ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unmöglich machten. An der Schilddrüse sei ein neuer Knoten entdeckt worden, der seitdem beobachtet werden müsse und zu einer zusätzlichen Belastung führe. Sie befinde sich derzeit nicht in psychiatrischer Behandlung.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. (Auskunft vom 23.4.2008: vor allem psychische bzw. psychosomatische Beschwerden; die Beurteilung der Leistungsfähigkeit müsse durch einen Facharzt bzw. Psychiater erfolgen), den Rheumatologen Dr. R., Oberarzt am Caritas-Krankenhauses B. M., (Auskunft vom 8.5.2008: letzte Behandlung am 20.12.2006; zur aktuellen Leistungsfähigkeit könne keine hinreichende Stellungnahme abgegeben werden) sowie den Internisten und Gastroenterologen Prof. Dr. D., Chefarzt des Caritas-Krankenhauses B. M., (Auskunft vom 29.5.2008: Behandlung am 18.12.2007; die Leistungsfähigkeit könne aufgrund der einmaligen Vorstellung zur Reevaluierung der Tumorbefunde nicht ausreichend beurteilt werden) schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem sowie internistisch-onkologisch-hämatologischem Gebiet eingeholt.
Dr. S., Arzt für Innere Medizin, Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut, hat im neurologisch-psychiatrischem Gutachten vom 29.8.2008 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert: • Persistierende Anpassungsstörungen in Form eines ängstlich-deprimierten Syndroms, prädisponierende Persönlichkeitszüge • Kopfschmerzleiden, ggf. migränoide Spannungskopfschmerzen, ggf. additiv analgetika-induziert • Verdacht auf leichtgradig ausgeprägte Polyneuropathie, ggf. chemotherapiebedingt • Morbus Hodgkin, Erstdiagnose 1998 ohne Hinweis auf ein Rezidiv • Adipositas. Die Klägerin habe sich geistig flexibel gezeigt. Hirnorganische Erkrankungen, kognitive Defizite, eine Antriebsminderung oder gar eine psychomotorische Hemmung lägen nicht vor. Sie sei in der Lage, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Exportsachbearbeiterin vollschichtig zu verrichten. Zu vermeiden seien schwere und ständig mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten unter vermehrtem Zeitdruck, mit vermehrtem Publikumsverkehr, vermehrten Anforderungen an das Konzentrationsvermögen und unter Akkordbedingungen, in Nacht- und Wechselschicht sowie mit häufig wechselndem Arbeitszeiten. Auffällig sei die Diskrepanz zwischen der Darstellung einer starken Beeinträchtigung im Alltagsleben und der Wahrnehmung entsprechender therapeutischer Optionen, worauf auch schon die Vorgutachter hingewiesen hätten.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Dr. H., Arzt für Innere Medizin und Gastroenterologie am Caritas-Krankenhaus B. M., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem internistisch-onkologisch-hämatologischen Gutachten vom 3.2.2009 hat Dr. H. folgende Gesundheitsstörungen bei der Klägerin genannt: • Hodgkin-Lymphom vom nodulär-sklerosierenden Typ, Stadium CS IV (L.), Erstdiagnose 1/1998, Zustand nach 8 Zyklen BEACOP-II-Basis-Schemata bis 4/1999; Radiatio bis 8/1999 bei supraclaviculären und abdominellen Restlymphomen; Radiatio-Chemo-therapie-Folgen: Polyneuropathie Fuß rechts, Amenorrhoe, Infertilität • Euthyreote normgroße Schilddrüse mit kleinen, größenkonstanten Herden/Schilddrüsen-hormon und Jod-substituiert • Persistierende Anpassungsstörungen, ängstlich-deprimiertes Syndrom; schwierige Krankheitsverarbeitung bei primär hochmaligner Erkrankung • Migränoide Spannungskopfschmerzen, DD rezidivierende Kopfschmerzen bei ausgeprägten Tendomyosen der S.r-Nackenregion • Adipositas. Seitens des Morbus Hodgkin und der aufgetretenen geringen Spätkomplikationen sei die Klägerin in der Lage, ohne Gefährdung ihrer Gesundheit in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Auch körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
In dem gem. § 109 SGG erstatteten nervenärztlichen Gutachten vom 2.11.2009 hat Dr. E. folgende Diagnosen genannt: • Chronifizierte Depression mit Angstanteilen und Somatisierung im Rahmen einer Anpassungsstörung • Chronifizierte Spannungskopfschmerzen, eventuell Analgetika-Kopfschmerz • Sensible Polyneuropathie, vermutlich chemotherapieinduziert • Adipositas durch gestörtes Essverhalten mit mangelnder Bewegung • Morbus Hodgkin Stadium IV mit Chemotherapie und Bestrahlung. Nach Aussage der Klägerin habe sich diese nie in nervenärztlicher psychiatrischer Behandlung befunden und sei von den Hausärzten auch nicht darauf hingewiesen worden. Allerdings sei sie von ihm (anlässlich der Begutachtung im April 2003) und nach Aktenlage auch von anderen Gutachtern auf die notwendige intensive psychopharmakologische Therapie hingewiesen worden, die sie selbst nicht gefordert und in Anspruch genommen habe. Insofern bestehe der Eindruck, dass der Wunsch nach Veränderung nur vordergründig - in der Aussage der Klägerin - gegeben bzw. das Krankheitsbild nicht in der schweren Ausprägung vorhanden gewesen sei, wie dies von der Klägerin berichtet werde. Es bestehe der Eindruck, dass sie sich in der Situation eingerichtet und ihr Ausscheiden aus dem Erwerbsleben akzeptiert habe, wobei sie dafür auch Veränderungen im sozialen Bereich und im zwischenmenschlichen Bereich in Kauf nehme. Das Verhalten sei aus seiner Sicht durch die immer wieder erfolgten Verlängerungen der Erwerbsunfähigkeitsrente sekundär verstärkt worden, wobei nicht der Eindruck einer bewusstseinsnahen Verhaltensweise bestehe. Ebenso wie andere Gutachter sei er der Meinung, dass durch eine konsequente psychopharmakologische Behandlung und eventuell durch eine stationäre Behandlung in einer psychiatrischen Klinik eine Besserung erreicht werden könne. Aufgrund der Antriebsminderung, der depressiven Symptomatik und der soziophobischen Züge sei die Klägerin derzeit als Sachbearbeiterin und Fremdsprachenkorrespondentin nicht einsatzfähig. Sie sei jedoch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (zunächst) halbschichtig zu verrichten. Da sie schon über 10 Jahre aus dem Arbeitsprozess ausgeschieden sei, eine psychiatrische Problematik und eine Fehleinschätzung der eigenen beruflichen Leistungsfähigkeit vorliege, sei eine vollschichtige Tätigkeit aus seiner Sicht kurzfristig nicht realistisch. Diese Leistungseinschätzung gelte für ein Jahr, damit sich die Klägerin wieder in einem Beruf zurecht finden könne, wobei zu fordern sei, dass sie in dieser Zeit eine konsequente nervenärztliche psychiatrische Behandlung in Anspruch nehme. Falls sie dies nicht tue, sollte nach Ablauf des Jahres auch die Teilrente gestrichen werden. Sollte trotz konsequenter suffizienter Behandlung eine Besserung nicht zu erreichen sein, müsse die Rentenfrage erneut diskutiert werden.
Dr. S. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 22.1.2010 ausgeführt, die eher geringe Inanspruchnahme spezifischer medizinischer Behandlung spreche eindeutig gegen eine erhebliche Schwere der psychischen Beschwerden. Aus dem Gutachten von Dr. E. gehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit hervor, warum das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt sein soll. Eine weitgehende Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit) liege nicht vor. Es verbleibe deswegen bei seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung im Gutachten vom 29.8.2008. Dr. E. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15.3.2010 bei seiner Leistungseinschätzung verblieben und hat ausgeführt, hinsichtlich der mittelfristigen Einschätzung lägen sein Gutachten und das von Dr. S. nicht weit auseinander.
Mit Urteil vom 24.9.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe über den 28.2.2006 hinaus keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit. Darüber hinaus bestehe auch kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. In der Zeit ab 1.3.2006 seien schon die weniger weit gehenden Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit nicht gegeben, da die Klägerin seitdem wieder in der Lage gewesen sei, ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Exportsachbearbeiterin ganztägig zu verrichten. Das SG folge bei seiner Beurteilung zunächst dem Gutachten von Dr. O ... Dessen Beurteilung sei durch das Sachverständigengutachten von Dr. S. bestätigt worden. Gegen eine tiefgehende depressive Erkrankung spreche insbesondere, dass sich die Klägerin seit Beginn ihrer Erkrankung an Morbus Hodgkin und Beginn des Rentenbezugs bisher nicht in psychiatrische Behandlung begeben habe, obwohl sämtliche Gutachter ihr dies geraten hätten. Sämtliche Gutachter hätten mitgeteilt, dass die therapeutischen Optionen bei weitem nicht ausgeschöpft seien. Dieses Verhalten spreche gegen einen erheblichen Leidensdruck der Klägerin. Auch das auf Antrag der Klägerin bei Dr. H. eingeholte Gutachten bestätige die von der Beklagten getroffene Leistungseinschätzung. Der abweichenden Beurteilung des nach § 109 SGG beauftragten Nervenarztes Dr. E. vermöge demgegenüber das SG nicht zu folgen. Er begründe die Leistungsbeeinträchtigung primär mit der langen Abwesenheit vom Arbeitsmarkt und nicht mit gesundheitlichen Einschränkungen. Tatsächliche Beeinträchtigungen der Klägerin in nervenärztlicher Hinsicht, die einer vollen Erwerbstätigkeit in dem zuletzt ausgeübten Beruf entgegenstünden, ergäben sich aus seinem Gutachten nicht, weshalb dieses nicht geeignet sei, die ausführlichen und überzeugenden Gutachten von Dr. O., Dr. S. und Dr. H. zu widerlegen. Da bereits die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus nicht vorgelegen hätten, seien die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erst recht nicht gegeben. Auch nach dem seit 1.1.2001 geltendem Recht bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.
Gegen das am 13.10.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.11.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, das SG habe sein Urteil ausschließlich auf die Gutachten von Dr. O., Dr. S. und Dr. H. gestützt. Zu den als sachverständige Zeugen gehörten Ärzten Dr. Z., Dr. R. und Prof. Dr. D. habe es kein Wort verloren. Das SG habe sich auch mit dem Gutachten des Dr. E. nicht ausreichend auseinandergesetzt, der lediglich leichte körperliche Tätigkeiten halbschichtig für möglich gehalten habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24. September 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit über den 28. Februar 2006 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erwidert, das Urteil des SG sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Das SG habe die Klage nach umfassender Sachverhaltsermittlung mit zutreffender Begründung abgewiesen. Entgegen der Annahme der Klägerin sei auch eine schlüssige Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Dr. E. erfolgt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin beanspruchte Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit - § 43 und § 44 SGB VI a.F. - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht besteht, weil die Klägerin ihren zuletzt ausgeübten Beruf ab 1.3.2008 vollschichtig (d.h. 8 Std. täglich) verrichten kann. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass es nicht zu beanstanden ist, dass das SG seine Überzeugung auf die hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin übereinstimmenden Gutachten von Dr. O. und Dr. S. (auf nervenärztlichem Gebiet) und Dr. H. (auf internistisch-gastroenterologisch-hämatologischem Gebiet) gestützt hat.
Die behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. Zahn, Dr. R. und Prof. Dr. D. wurden als sachverständige Zeugen gehört und mussten sich nicht umfassend unter gutachterlichen Gesichtspunkten mit dem Leistungsvermögen der Klägerin auseinandersetzen. Im Übrigen haben sowohl Dr. R. als auch Prof. Dr. D. erklärt, dass sie zur Frage der Leistungsfähigkeit der Klägerin wegen der zurückliegenden Behandlungszeit (so Dr. R.) bzw. der einmaligen Vorstellung zur Reevaluierung der Tumorbefunde (so Prof. Dr. D.) keine hinreichende bzw. ausreichende Beurteilung abgeben könnten. Der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG als Sachverständiger gehörte Dr. Hartung, der am selben Krankenhaus wie Dr. R. und Prof. Dr. D. tätig ist, hat bestätigt, dass seitens des Morbus Hodgkin und der damit verbundenen geringen Spätkomplikationen keine gesundheitsbedingten Einschränkungen vorliegen, die die Klägerin an einer über sechsstündigen Ausübung ihres früheren Berufs hindern würden. Darüber hinaus beruhten die früheren Rentengewährungen ab 1.7.2001 auch nicht auf der Erkrankung an Morbus Hodgkin, sondern auf Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Gebiet.
Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Z. hat ebenfalls keine Leistungsbeurteilung vorgenommen, sondern zu Recht darauf verwiesen, dass die Leistungsbeurteilung durch einen Facharzt bzw. Psychiater erfolgen müsse, da vor allem psychische bzw. psychosomatische Beschwerden im Vordergrund stünden.
Die Neurologen und Psychiater Dr. O. und Dr. S. sind für den Senat nachvollziehbar und überzeugend zum Ergebnis gelangt, dass die bei der Klägerin auf psychiatrischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (vor allem Anpassungsstörungen in Form eines ängstlich-deprimierten Syndroms und Kopfschmerzen) die Klägerin nicht daran hindern, ihre früher ausgeübte Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin in Tagesschicht vollschichtig zu verrichten. Zu Recht hat Dr. S. in der hier ergänzenden Stellungnahme vom 22.1.2010 darauf hingewiesen, dass eine weitgehende Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens bei der Klägerin nicht feststellbar ist. So versorgt sie den Haushalt, macht Einkäufe, nimmt Termine wahr, kümmert sich um ihren Sohn bzw. dessen schulische Belange, macht mit diesem Gesellschaftsspiele, liest und beschäftigt sich mit ihren Zimmerpflanzen. Am Wochenende geht sie mit der Familie zum Schwimmen bzw. Minigolfspielen und ist zwei Stunden in der Kirchengemeinde tätig. Mit ihrer Familie fährt sie in den Bayerischen Wald in Urlaub. Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentrationsfähigkeit wurden bei der Klägerin in den gutachterlichen Situationen nicht festgestellt. Hinzu kommt, dass die Klägerin - obwohl ihr aufgrund ihres psychischen Zustandes jahrelang Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt wurde - keine Behandlungen bei einem Psychiater und erst recht nicht in einem psychiatrischen Krankenhaus in Anspruch genommen hat und auch nicht einmal die auf ihren Wunsch wohnortnah bewilligte ambulante medizinische Rehabilitationsmaßnahme im Rehazentrum B. M. Klinik T. angetreten hat.
Angesichts der oben dargelegten fehlenden Einschränkung der Teilhabe an den Aktivitäten des täglichen Lebens und der fehlenden Inanspruchnahme psychiatrischer und psychopharma-kologischer Behandlungen vermag sich der Senat - ebenso wie das SG - der Beurteilung von Dr. E. nicht anzuschließen. Im Übrigen konnte Dr. E. - im Hinblick auf die fehlende Inanspruchnahme der oben genannten Behandlungsmaßnahmen - nicht ausschließen, dass das Krankheitsbild bei der Klägerin nicht so ausgeprägt ist, wie von ihr geschildert wurde. Darüber hinaus hatte er auch den Eindruck, dass die Klägerin sich in ihrer Situation eingerichtet und ihr Ausscheiden aus dem Erwerbsleben akzeptiert hat, wobei dieses Verhalten auch durch die ständigen Verlängerungen der Erwerbsunfähigkeitsrente sekundär verstärkt worden sein könnte.
Da die Klägerin seit 1.3.2006 aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert ist, als Exportsachbearbeiterin bzw. Fremdsprachenkorrespondentin vollschichtig tätig zu sein, steht ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 28.2.2006 hinaus nicht zu. Rente wegen Erwerbsunfähigkeit kommt damit erst recht nicht in Betracht. Für einen neuen Leistungsfall nach dem 28.2.2006, auf den das ab 1.1.2001 geltende Recht (neues Recht) Anwendung finden würde, gibt es keinen Anhalt und wird auch von der Klägerin nicht behauptet.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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