L 8 U 3315/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 1491/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3315/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. Juni 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die 1937 geborene Klägerin am 11.09.2008 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Klägerin und ihr Ehemann beziehen Altersrente. Der Ehemann der Klägerin ist als Nebenerwerbslandwirt bei der Beklagten versichert. Die Nebenerwerbslandwirtschaft umfasst Grünland (0,32 Ar), forstwirtschaftliche Flächen (0,14 Ar), Hausgärten (0,02 Ar), Fischzucht (0,01 Ar) sowie Schafhaltung (5 Schafe). Zusätzlich betätigt er sich mit geschichtlichen Forschungen und Arbeiten im Auftrag von Instituten und Archiven sowie mit der Möbelrestauration. Die Klägerin und ihr Ehemann bewohnen zusammen ein - in einen Hang gebautes - zweigeschossiges Haus.

Mit Unfallanzeige vom 18.09.2008 teilte der Ehemann der Klägerin der Beklagten mit, seine Ehefrau habe am 11.09.2008 auf seine Anweisung hin einen Salzleckstein für die Schafe aus dem Keller holen sollen und sei dabei gegen circa 16:00 Uhr auf der Kellertreppe schwer gestürzt. Die Klägerin zog sich bei dem Sturz u.a. eine komplette Querschnittsläsion in Höhe des Brustwirbelkörpers 9 zu (Berichte des Klinikums M. vom 11.09.2008 und Prof. Dr. L. vom 16.01.2009).

Die Beklagte veranlasste eine Untersuchung durch ihren Außendienstmitarbeiter S., die am 28.10.2008 im Wohnhaus der Klägerin stattfand. Nach dem - auf Angaben des Ehemanns der Klägerin gestützten - Bericht vom 29.10.2008 (Bl. 27-30 und 36/37 der Akte der Beklagten) befanden sich im Obergeschoss des Hauses Wohnräume (Esszimmer, Wohnzimmer, Flur). Im Untergeschoss (als "Keller" genutzte Einliegerwohnung) befanden sich eine Werkstatt zur Möbelrestauration, ein Lagerraum mit alten Möbeln, ein Abstellraum mit Kisten mit Apfelsaft, ein Raum mit einer Schlachtbank für Karpfen und Schafe sowie zwei großen Gefriertruhen und einem Trockenschrank, ein Flur mit mehreren leeren Obstkisten, neben der hinteren Eingangstüre ein halbhohes Regal mit verschiedenen Werkzeugen (Handwerksgeschirr und allerlei Kleinigkeiten) sowie am Boden ein Salzleckstein. Ober- und Untergeschoss des Gebäudes sind im Bereich der Flure durch eine nach beiden Seiten offene Steintreppe verbunden. An der Holzwand im Bereich des Treppenpodestes befanden sich Blutspuren. Die in der Nebenerwerbslandwirtschaft erzeugten Produkte werden direkt vermarktet. Die Klägerin verrichtete im landwirtschaftlichen Nebenbetrieb regelmäßig verschiedene Arbeiten zwischen 6 bis 8 Stunden täglich. Die Klägerin begann am Unfalltag gegen 7:30 Uhr ihre Arbeit. Sie fütterte bis zum Mittag die Fische und Schafe und erntete Stangenbohnen. Ab 13:00 Uhr sammelte sie Walnüsse ein und verarbeitete die Nüsse. Zuletzt sollte die Klägerin einen Salzleckstein aus dem Keller holen, der durch den Ehemann auf einem Brettchen montiert werden sollte. Der Ehemann fand die Klägerin nach ihrem Sturz auf der Treppe liegend.

Mit Bescheid vom 20.11.2008 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestünden deshalb nicht.

Gegen den Bescheid vom 20.11.2008 legte die Klägerin am 22.12.2008 Widerspruch ein. Sie machte zur Begründung unter Bezug auf sozialgerichtliche Rechtsprechung geltend, für die mit der Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes Salzleckstein zusammenhängenden Arbeiten und die Betriebswege, die hierfür erforderlich würden, bestehe Unfallversicherungsschutz. Dies gelte auch für Betriebswege innerhalb des vom Versicherten bewohnten Gebäudes. Eine private Tätigkeit oder eine private Unterbrechung ihrer Arbeit habe nicht stattgefunden. Sie habe draußen gearbeitet und den Salzleckstein holen sollen.

Die Beklagte holte die Berichte von Prof. Dr. L. vom 16.01.2009 und Dr. B. vom 06.03.2009 ein. Prof. Dr. L. teilte u.a. mit, als Unfallursache sei ein Treppensturz ohne Angabe einer beruflichen Tätigkeit als Ursache angegeben worden, weshalb von der Erstattung eines Durchgangsarztberichtes abgesehen worden sei. Dr. B. teilte die erhobenen Befunde und Diagnosen mit und bestätigte im Wesentlichen die Angaben der Klägerin/ihres Ehemannes zum Zeitpunkt und zum Hergang des Unfalles.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei dem Salzleckstein handele es sich nicht um ein Arbeitsgerät. Unabhängig davon begründe die Absicht, eine Betriebstätigkeit auszuüben oder der Gang zu einer beabsichtigten betrieblichen Arbeit keinen Unfallversicherungsschutz. Bei der Benutzung einer Treppe in einem Haus, in dem die privaten Räume und die Arbeitsräume lägen, beginne der Unfallversicherungsschutz erst mit dem Betreten der Arbeitsräume. Die Klägerin sei nicht im betrieblichen Bereich verunglückt, weshalb Unfallversicherungsschutz nicht bestanden habe.

Hiergegen erhob die Klägerin am 28.05.2009 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trug sie vor, nachzutragen sein, dass gleichzeitig mit den Salzleckstein, der ein Arbeitsgerät sei, ein Schraubenzieher zur Montage des Salzleckstein hätte mitgeholt werden müssen. Dies habe ihr Ehemann dem Außendienstmitarbeiter Sailer auch mitgeteilt. Die Beklagte entfremde mit ihrer Ansicht den von ihr festgestellten Sachverhalt, dass ab morgens gearbeitet worden sei und nicht die bloße Absicht bestanden habe, eine Betriebstätigkeit auszuüben oder zu einer beabsichtigten betrieblichen Arbeit zu gehen. Auch nach dem Holen und Austausch des Salzlecksteins hätte weitergearbeitet werden sollen. Im Keller seien viele Betriebsräume vorhanden, die ausschließlich oder überwiegend für den Betrieb der Landwirtschaft notwendig seien und die regelmäßig benutzt und betreten würden. Auch die zu den Betriebsräumen führende Kellertreppe werde für betriebliche Zwecke genutzt. Sie stehe somit unter Versicherungsschutz. Ferner liege ein versicherter Betriebsweg vor. Das Holen des Salzlecksteins und des Schraubenziehers habe betrieblichen Interessen gedient. Außerdem könne das Holen und Verbringen von betrieblichen Gegenständen im privaten Wohnbereich geschützt sein. Ausreichend sei, dass eine wesentliche sachliche Verbindung zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit bestehe. Eine Beförderung von Arbeitsgeräten liege auch vor, wenn das Zurücklegen des Weges von der Absicht, die Sache nach einem anderen Ort zu schaffen, maßgebend beherrscht werde. Weiter sei Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt des "Verwahrens und Entwahrens" des Arbeitsgerätes begründet.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Lichtbildern entgegen. Sie trug auf richterliche Verfügung unter Vorlage einer Erklärung des Außendienstmitarbeiters S. vom 12.04.2010 vor, die Frage, ob die Klägerin beabsichtigt habe, auch einen Schraubenzieher holen zu wollen, sei zu verneinen. Dieses Vorbringen der Klägerin sei für die Annahme eines Versicherungsschutzes auch nicht entscheidend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts beschränke sich der Versicherungsschutz bei Verwahren eines Arbeitsgerätes auf die Verwahrungshandlung als solche. Ein Arbeitsunfall könne nur dann bestehen, wenn sich die Klägerin im Unfallzeitpunkt auf einem Betriebsweg befunden habe. Dies sei nicht der Fall, weil die Klägerin noch im häuslichen Bereich gestürzt sei.

Mit Urteil vom 22.06.2010 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, es liege weder eine berufliche Tätigkeit (Betriebsweg) noch ein Wegeunfall oder ein Unfall bei der Verwahrung von einem Arbeitsgerät vor.

Gegen das der Klägerin am 05.07.2010 zugestellte Urteil hat sie am 14.07.2010 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung - durch ihre nunmehrige Prozessbevollmächtigte - vorgetragen, entgegen der Ansicht des SG sei sie bei einer versicherten Tätigkeit verunglückt. Sie sei von ihrem Ehemann angewiesen worden, einen Schraubenzieher und einen Salzleckstein zu holen. Es komme nicht darauf an, ob es sich bei dem Salzleckstein um ein Futtermittel oder um ein Arbeitsgerät handele. Vermutlich handele es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel. Bei der Fütterung der Tiere in der Landwirtschaft, auch bei der Verabreichung von Nahrungsergänzungsmittel, handele es sich um eine landwirtschaftliche Betriebstätigkeit. Zum Zeitpunkt des Unfalles habe sie also beabsichtigt, unmittelbar eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen. Diese Absicht reiche zwar nicht aus, wenn der Unfall sich an einer Stelle ereigne, der dem rein persönlichen Lebensbereich zuzurechnen sei. Grenze sei die Eingangstür, allerdings nur, wenn in der Wohnung des Versicherten nicht zugleich eine Arbeitsstätte sei. Die Treppe führe zu Räumen, die hauptsächlich für landwirtschaftliche Betriebszwecke bestimmt seien. Bei Wegen innerhalb eines landwirtschaftlichen Anwesens hinge der Beginn des Versicherungsschutzes davon ab, ob der Teil des Gebäudes, den der Verunglückte im Zeitpunkt des Unfalls erreicht habe, in rechtlich wesentlichem Umfang den Zwecken des Unternehmens diene. Dies sei bei der Treppe der Fall gewesen. Die regelmäßige Benutzung der Kellerräume über die Treppe diene wesentlich betrieblichen Zwecken. Damit diene auch die Treppe im überwiegenden Umfang dem landwirtschaftlichen Unternehmen. Entgegen der Ansicht des SG komme es für den Beginn des Versicherungsschutzes nicht darauf an, ob die eigentlich versicherte Tätigkeit bereits im Zeitpunkt des Unfalles begonnen gewesen sei. Die Klägerin hat sich auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts berufen. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass sowohl der obere Gebäudeteil als auch der Keller privat und betrieblich genutzt würden. Der obere Flur werde von der Gartenseite durch die Haustüre betreten. Schräg gegenüber dieser Tür stehe ein Schrank, in welchem landwirtschaftliche Kleingeräte aufbewahrt würden, sowie ein Tisch, an dem Aufzeichnungen bezüglich Pflanzzeiten usw. gemacht würden. Drei Meter neben diesem Schrank beginne die Treppe in die unteren Räume, auf der sich der Unfall ereignet habe. Die Treppe verbinde beide Gebäudeteile, die betrieblich genutzt würden. Die Ansicht der Beklagten, die oberen Räume würden ausschließlich privat genutzt, sei nicht richtig. Gegebenenfalls können hierzu einen Augenschein eingenommen und ihr Ehemann befragt werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. Juni 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 20. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Unfall vom 11. September 2008 ein Arbeitsunfall war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, weil weder eine berufliche Tätigkeit (Betriebsweg) noch ein Wegeunfall oder ein Unfall bei der Verwahrung von einem Arbeitsgerät vorliege. Dem Hinweis der Klägerin, dass es sich bei dem Salzleckstein vermutlich um ein Nahrungsergänzungsmittel handele, sei zuzustimmen. Ausschlaggebend sei, ob die Treppe als Teil des Gebäudes rechtlich wesentlich den Zwecken des Unternehmens diene. Dies sei nicht der Fall, weil eine vollständige räumliche Trennung der betrieblichen Zwecken dienenden Räume des Untergeschosses und dem ausschließlich dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Obergeschoss bestünde. In diesen Fällen entstehe der Versicherungsschutz erst mit dem Betreten eines der betrieblichen Zwecken dienenden Räume. Die von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts rechtfertigten keine andere Beurteilung. Unerheblich sei, wie oft die Klägerin die im Wohnbereich befindliche Treppe auf dem Weg zu oder von einer betrieblichen Tätigkeit benutzt habe. Ob ein Gebäudeteil in rechtlich wesentlichem Umfang den Zwecken des Unternehmens diene, ergebe sich nicht dadurch, dass sich ein Versicherter regelmäßig auf einer im privaten Lebensbereich befindlichen Treppe der versicherten Betriebstätigkeit zuwende.

Der Senat (Beschluss des Vorsitzenden vom 12.12.2011) hat das Entscheidungsdatum des angefochtenen Urteils wegen offensichtlicher Unrichtigkeit berichtigt ("Urteil vom 22.06.2010").

Außerdem hat der Senat die ergänzende Stellungnahme des Außendienstmitarbeiters S. vom 20.03.2011 eingeholt, wonach im Flur, Treppenbereich und im Esszimmer keine Gegenstände auf eine betriebliche Nutzung schließen ließen, vielmehr der Eindruck bestanden habe, dass es sich im Bereich des oberen Stockwerks um eine reine Wohnung handele. Die Frage, ob landwirtschaftliche Bedarfsartikel in der Wohnung gelagert worden seien, habe sich nicht gestellt.

Die Klägerin hat zu der Stellungnahme des Außendienstmitarbeiters S. mit Schriftsatz vom 26.05.2011 ergänzend vorgetragen, sie habe Dipl. Ing. S. um eine aktuelle Besichtigung der Räumlichkeiten gegeben. Diese habe ergeben, dass sich in dem Bereich oberhalb der Treppe betrieblich genutzte Räume befänden und auf halber Höhe der Treppe selbst ein alleine dem Betrieb dienender Schalter angebracht sei. Die Klägerin hat hierzu die Stellungnahme des Dipl.Ing. S. vom 23.05.2011 vorgelegt.

Die Beklagte hat zum ergänzenden Vorbringen der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.07.2011 Stellung genommen. Sie hat vorgetragen, ungeachtet dessen, ob die nunmehr beschriebene Nutzung im Dielen-/Flurbereich tatsächlich den wirklichen Verhältnissen entspreche, ergebe sich daraus kein Versicherungsschutz der Klägerin im Unfallzeitpunkt, weil die Treppe den üblichen Hauptzugang zum häuslichen Bereich darstelle. Selbst dann, wenn dem Dielen-/Flurbereich eine gewisse betriebliche Nutzung zukommen sollte, habe diese für die Treppe keine bzw. eine sehr untergeordnete Bedeutung. Es sei auch festzustellen, dass der mit einer Größe von 0,02 Ar bewirtschaftete Garten versicherungsfrei sei. Folglich stellten Arbeiten in diesem Gartenbereich keine versicherte Betriebstätigkeit dar. Allein deswegen, dass sich auf halber Höhe des ersten Treppenabschnitts ein Schalter zum Ein- und Ausschalten der Umwälzpumpe für die Fischteiche und für die Bewässerungsanlage im Außenbereich befinde, diene die Treppe nicht wesentlich betrieblichen Zwecken.

Die Klägerin hat zum Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 20.07.2011 vorgetragen, die Treppe werde beständig und nicht nur gelegentlich für betriebliche Zwecke genutzt. Sie sei nicht bei Arbeiten im Hausgarten verunglückt. Der Schalter am Treppenaufgang diene nicht nur der Bedienung der Umweltpumpe für den Fischteich, sondern der gesamten Stromversorgung für die Landwirtschaft im Außenbereich. Dipl. Ing. S. habe in der Stellungnahme vom 23.05.2011 nicht sämtliche für die landwirtschaftliche Tätigkeit benötigten Gegenstände im Schrank aufgeführt. Die Klägerin hat die ergänzende Stellungnahme von Dipl. Ing. S. vom 27.08.2011 vorgelegt.

Die Beklagte hat sich zum Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 23.08.2011 mit Schriftsatz vom 18.10.2011 geäußert und an ihrer Ansicht festgehalten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist auch sonst zulässig. Die Klage ist als Feststellungsklage zulässig. Mit der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage kann die Feststellung des streitigen Unfalls als Arbeitsunfall begehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Dieses Begehren ist nicht auf die Feststellung eines nichtfeststellungsfähigen Tatbestandsmerkmals einer Anspruchnorm gerichtet (BSG SozR 4-1500 § 55 Nr. 4). Es besteht auch ein Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 2. Halbsatz SGG, denn gemäß § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VII haben Versicherte Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld - § 45 SGB VII - und Rente - § 56 SGB VII -).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Ereignis am 11.09.2008 ein Arbeitsunfall war. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 20.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.04.2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das Ereignis am 11.09.2008 war kein Arbeitsunfall.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat. Das Entstehen von längerandauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. stellvertretend BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr., 17; -B 2 U 40/05 R -, UV-Recht Aktuell 2006, 419; - B 2 U 26/04 R-, UV-Recht Aktuell 2006, 497; alle auch veröffentlicht in Juris). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Allerdings ist die Klägerin als mitarbeitende Ehefrau eines bei der Beklagten versicherten landwirtschaftlichen Unternehmers nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII kraft Gesetz unfallversichert. Der Anerkennung des Ereignisses am 11.09.2008, bei dem die Klägerin auf dem Weg in das Untergeschoss (Keller) des von ihr und ihrem Ehemann bewohnten Gebäudes, um für ihren Ehemann dort einen Salzleckstein für die Schafe zu holen, auf der die Flure des Ober- und Untergeschosses verbindenden Treppe stürzte, steht jedoch entgegen, dass der innere bzw. sachliche Zusammenhang nicht gegeben ist, weil der Weg der Klägerin auf der Treppe nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, selbst wenn sie für ihren Ehemann einen Salzleckstein im Rahmen der von ihm ausgeübten landwirtschaftlichen Tätigkeit holen wollte (nachfolgend: 1.) Auch hat sich der Unfall nicht beim Befördern eines Arbeitsgeräts nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII ereignet (nachfolgend: 2.).

1. Zwar ist jede Verrichtung im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, die aufgrund ihrer Handlungstendenz der Ausübung der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt ist (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII: Unfall "infolge" einer versicherten Tätigkeit), ohne Bindung an die Arbeitsstätte und die Arbeitszeit der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Andererseits sind jedoch nicht alle Verrichtungen eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstätte versichert. Dementsprechend stehen auch nicht alle Wege eines Beschäftigten während der Arbeitszeit und/oder auf der Arbeitsstätte unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern nur solche Wege, bei denen ein sachlicher Zusammenhang zwischen der - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit und dem Zurücklegen des Weges gegeben ist, weil der Weg durch die Ausübung des Beschäftigungsverhältnisses oder den Aufenthalt auf der Betriebsstätte bedingt ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass das Zurücklegen von Wegen in aller Regel nicht die Ausübung der versicherten Tätigkeit selbst darstellt, sondern zu der eigentlichen Tätigkeit, weswegen das Beschäftigungsverhältnis eingegangen wurde, in einer mehr (z.B. Betriebswege) oder weniger engen Beziehung (z.B. Weg zum Arbeitsplatz) steht.

Aufgrund dessen wirft gerade bei Wegen die Bestimmung des Grenzpunktes für den Beginn bzw. das Ende des Versicherungsschutzes in Abgrenzung zum nicht versicherten privaten Lebensbereich Schwierigkeiten auf. Ausgehend von der der gesetzlichen Unfallversicherung zu Grunde liegenden Haftung des Unternehmers für Betriebsgefahren in Verbindung mit seiner Haftungsfreistellung sind Wege in dem vom Versicherten bewohnten Haus als nicht vom Versicherungsschutz mit umfasst anzusehen. Diese Abgrenzung gilt sowohl für Wege zu und von der Arbeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (früher: § 550 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung) als auch für Betriebswege. Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und der einhelligen Auffassung in der Literatur. Bei dieser auf objektive Merkmale gegründeten klaren Grenzziehung zwischen dem versicherten Teil und dem unversicherten Teil des Weges hat das BSG keine Ausnahme zugelassen. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" trennt klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem unversicherten Bereich ab, dem von dem Versicherten bewohnten Haus bzw. dem Haus, in dem seine Wohnung liegt. Diese Grenze ist so jedoch nicht anwendbar, wenn sich die Wohnung des Versicherten und die Arbeitsstätte in einem Haus befinden (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - m.N., SozR 4-2700 § 8 Nr. 21; juris).

Befinden sich betrieblich und privat genutzte Räume im gleichen Gebäude, wie dies im Fall der Klägerin zutrifft, so ist für die Frage, ob Unfallversicherungsschutz besteht, darauf abzustellen, ob die Wohnräume und Betriebsräume räumlich vollständig getrennt sind. In diesen Fällen beginnt der Unfallversicherungsschutz grundsätzlich erst mit dem Erreichen der Betriebsräume (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 RdNr. 7.14.2 m.w.N.). Hiervon geht das SG im angefochtenen Urteil aus, indem eine klare Trennung von privatem Bereich (im Obergeschoss) und Betriebsbereich (im Untergeschoss) angenommen wird. Ob dieser Ansicht uneingeschränkt zu folgen ist, kann vorliegend dahinstehen. Denn das Unfallereignis am 11.09.2008 steht auch unter Berücksichtigung des tatsächlichen Vorbringens der Klägerin (insbesondere im Berufungsverfahren), mit dem sie sich gegen die genannte Ansicht des SG wendet, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Nach den von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen (Bericht des Außendienstmitarbeiters S. vom 29.10.2008) und die hierzu dem SG vorgelegte Lichtbilder werden das Ober- und das Untergeschoss des Gebäudes im Bereich der Flure durch eine Steintreppe verbunden, auf der sich unstreitig der Unfall ereignete. Im Obergeschoss des Hauses befanden sich (zur Zeit des Unfallgeschehens am 11.09.2008) Wohnräume (Esszimmer, Wohnzimmer, Flur) und im Untergeschoss sowohl Betriebsräume der landwirtschaftlichen Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin (Raum mit einer Schlachtbank, zwei große Gefriertruhen und ein Trockenschrank, ein Flur mit mehreren leeren Obstkisten, ein halbhohes Regal mit verschiedenen Werkzeugen sowie am Boden ein Salzleckstein, ein Abstellraum mit Apfelsaftkisten) wie auch nicht der landwirtschaftlichen Nebentätigkeit dienende Räume (Werkstatt zur Möbelrestauration, Lagerraum mit alten Möbeln). Nach dem ergänzenden Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren befanden sich zudem im Obergeschoss ein Schrank (zur Aufbewahrung von Gemüsesaatgut, zwei handbetriebene Maschinen zum Sähen, ein Stäubeapparat und verschiedene Gartenwerkzeuge) sowie ein der landwirtschaftlichen Nebentätigkeit dienender Arbeitstisch. Weiter befindet sich im unteren Bereich der Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, ein Schalter für Strom zur Stromversorgung des Außenbereichs. Diese Gegebenheiten werden im Wesentlichen auch durch die von der Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegte Stellungnahme von Dipl. Ing. S. vom 23.05.2011 / 27.08.2011 bestätigt. Hiervon ausgehend wäre der Unfallort weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zuzuordnen.

Bei Unfällen, die sich in Räumen bzw. auf Treppen ereignen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden können hat das BSG zur Entscheidung über den Versicherungsschutz darauf abgestellt, ob der Ort, an dem sich der Unfall ereignete, auch Betriebszwecken wesentlich dient, ob der rein persönliche Lebensbereich schon verlassen wurde bzw. auf den Nutzungszweck zum Unfallzeitpunkt. In der Entscheidung vom 27.10.1987 (- 2 RU 32/87 -, Sturz eines Landwirtes in dem von ihm bewohnten und betrieblich auf allen Etagen genutzten Hauses) hat das BSG es als maßgeblich angesehen, ob neben den zu berücksichtigenden gesamten Umständen des Einzelfalls der Teil des Gebäudes, in dem sich der Unfall ereignete, rechtlich wesentlich den Zwecken des Unternehmens dient. Kriterium für die Wesentlichkeit ist eine ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung des Unfallorts für betriebliche Zwecke (vgl. BSG Urteil vom 12.12.2006, a.a.O., m.w.N.).

Der Senat hat bereits Zweifel, ob die nachträglich geschilderte betriebliche Nutzung des Flurs im Obergeschosses zum Unfallzeitpunkt bereits vorlag, weshalb der vom SG festgestellte Sachverhalt einer deutlichen Trennung von Betriebs- und Privatbereich doch zutreffen würde. Der Ehemann der Klägerin hatte bei der Ortsbesichtigung des Mitarbeiters der Beklagten S. auf eine betriebliche Nutzung des Obergeschosses nicht hingewiesen. Eine solche Nutzung sprang dem Mitarbeiter S. während seines Aufenthalts im Obergeschoss des Gebäudes nicht ins Auge, was nach den Ausführungen von Dipl. Ingenieur S. nicht zu erwarten war, da jedenfalls der Schrank im Flur des Obergeschosses äußerlich nicht als landwirtschaftlich genutzter Vorrats- und Lagerschrank erkennbar ist und die sonstige Einrichtung nicht auf eine betriebliche Nutzung hinweisen. Umso mehr verwundert es, dass der Ehemann der Klägerin die betriebliche Funktion der Flurnutzung im Obergeschoß nicht auch angegeben hat, nachdem der dem Ehemann auch offengelegte Zweck der Besichtigung durch den Mitarbeiter S. gerade der Feststellung der betrieblich genutzten Räume diente. Es hätte daher nahe gelegen, dass darauf verwiesen wird, dass der Unfallort, die Treppe, auch verschiedene Betriebsräume in den Geschossen verbindet.

Zu Gunsten der Klägerin unterstellt der Senat jedoch eine landwirtschaftlichen Zwecken dienende Nutzung des Flurs im Obergeschoss, wie dies nachträglich für die landwirtschaftliche Bearbeitung der hinter dem Haus im nördlichen Grundstücksteil liegenden Fläche behauptet worden ist.

Hiervon ausgehend dient die Treppe, auf der sich der vorliegend streitige Unfall ereignete, nach wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen des Einzelfalls nicht wesentlich den Betriebszwecken des landwirtschaftlichen Betriebs des Ehemanns der Klägerin. Nach der Stellungnahme des Außendienstmitarbeiters S. vom 29.10.2008, den dieser Stellungnahme beigefügten Grundrisszeichnungen des Ober- und Untergeschosses und der von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme des Dipl. Ing. S. vom 23.05.2011/27.08.2011 hat die Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, aufgrund ihrer räumlich funktionellen Zuordnung zum Erreichen der Wohnräume wesentliche Bedeutung. Die Hauseingangstüre befindet sich auf der Südseite des Gebäudes im Untergeschoss. Von der Hauseingangstüre aus ist nach den räumlichen Gegebenheiten das Erreichen der Wohnräume im Obergeschoss nur über diese Treppe möglich. Zwar kann das Obergeschoss auch durch einen auf der Nordseite des Wohnhauses gelegenen weiteren Eingang erreicht werden. Nach der Stellungnahme des Dipl. Ing. S. wird dieser Eingang jedoch nicht als privater Zugang zu den Wohnräumen, sondern weitgehend für Tätigkeiten benutzt, welche im betrieblichen Bereich anfallen. Demgegenüber können die Betriebsräume im Untergeschoss sowohl durch die Hauseingangstüre wie auch durch einen weiteren Eingang auf der Ostseite des Gebäudes direkt erreicht werden. Die Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, ist für das Erreichen der unteren Betriebsräume nur erforderlich, wenn die Betriebsräume vom Obergeschoss, d.h. vom privaten räumlichen Bereich aus aufgesucht werden. Dies ist im Hinblick auf die im Untergeschoss vorhandenen Eingänge jedoch nicht für jede (der im Schriftsatz der Klägerin vom 11.11.2010 genannte) betriebliche Tätigkeit notwendig. Damit kommt der Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, für den privaten Bereich im Obergeschoss die überragende Bedeutung zu, die bei der Beurteilung des Gesamtcharakters des zurückgelegten Weges für den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung ausschlaggebendes Gewicht hat. Aufgrund der dargestellten räumlich funktionellen Zuordnung der Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, besteht eine Situation, die unfallversicherungsrechtlich der Situation der räumlichen Trennung von Wohnräumen und Betriebsräumen gleichkommt, weshalb es der Senat bei wertender Betrachtung bereits aus diesem Grund für gerechtfertigt erachtet, die Treppe, auf der sich der Unfall vor dem Erreichen der Betriebsräume im Untergeschoss ereignete, noch dem privaten und damit nicht dem versicherten Bereich zuzuordnen, der von der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfallereignisses noch nicht verlassen worden war, womit der Unfall nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

An dieser Bewertung ändert nichts, dass sich nach dem - erstmaligen - Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren zur Zeit des Unfalles am 11.09.2008 auch im Obergeschoss der landwirtschaftlichen Tätigkeit dienende Gegenstände (Schrank mit "Arbeitsgeräten" und Arbeitstisch) befunden haben sollen. Durch Augenschein ist dies auch nicht weiter aufklärbar, da der Aufbewahrungsort leicht beweglicher Gegenstände zu einem früheren Zeitpunkt nicht durch den Augenschein sicher zu ermitteln ist. Insoweit ist der angeregte Augenschein kein geeignetes Beweismittel. Die Angaben der Klägerin und des Ehemanns sind insoweit auch nicht hinreichend glaubhaft, weil eine betriebliche Nutzung des Flurschranks bzw. des Flurs im Obergeschoss zunächst unerwähnt blieben und nachfolgend jeweils auf Einwand der Beklagten der Vortrag mehrfach nachgebessert worden ist. Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob dieses Vorbringen tatsächlich zutrifft, weshalb weitere Ermittlungen hierzu nicht veranlasst sind. Denn auch auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren ändert sich am dargelegten Gesamtcharakter des auf der Treppe zurückgelegten Weges der Klägerin nichts. Nach der Stellungnahme des Dipl. Ing. S. vom 23.05.2011 befanden sich im Schrank Gegenstände, die für den Gemüseanbau benötigt werden (Saatgut, zwei Maschinen zum Sähen von Gemüsesaatgut, Gartenwerkzeuge und einen Stäbeapparat). Nach den Ausführungen von Dipl. Ing. S. erfolgt der Gemüseanbau im Garten, der im oberen Grundstücksbereich liegt. Die Benutzung der Eingänge im Untergeschoss zur Erreichung des Gartens bedingt durch die Topographie des Grundstückes einen Umweg von ca. 50 Meter. Der Garten ist über den Eingang im Obergeschoss bequemer erreichbar, der auch - wie bereits ausgeführt - vom und zum Garten (betrieblich) benutzt wird. Eine relevante betriebsorganisatorische Verbindung der Betriebsgegenstände im Obergeschoss und der Betriebsräume im Untergeschoss besteht damit nicht. Zur betrieblichen Nutzung des Gartens ist die Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, daher ohne nennenswerte Bedeutung. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich des Arbeitstisches. Die Aufbewahrung von Gegenständen in dem Schrank, die auch der Bearbeitung anderer Flächen dienen, ist nicht nachgewiesen. Dass Dipl. Ing. S. in seiner Stellungnahme vom 23.05.2011 tatsächlich nicht sämtliche für die landwirtschaftliche Tätigkeit benötigten Gegenstände aufgeführt hat, wie die Klägerin auf den Schriftsatz der Beklagten vom 20.07.2011 nachgetragen hat, hält der Senat im Hinblick auf die Dipl. Ing. S. vorgegebene Aufgabenstellung (Augenschein der örtlichen Gegebenheiten und Stellungnahme zum Sachverhalt vor Ort), die von der Klägerin genannten, nicht zu übersehenden Gegenstände (Literatur, Arbeitskleidung, Fanghaken für Schafe, Arzneimittel, Obstbaum-, Ast- und Baumsägen, Spritzmittel, Wühlmausgas, Fallen mit Patronen, Gegenstände zur Zaunreparatur und Kleinteile) sowie den Umstand, dass die Klägerin hierauf nicht bereits bei der Vorlage der von ihr veranlassten Stellungnahme hingewiesen hat, für nicht glaubhaft. Dieses Vorbringen der Klägerin wird von Dipl. Ing. S. auch in der vorgelegten Stellungnahme vom 27.08.2011 nicht bestätigt. In dieser Stellungnahme ergänzt bzw. erläutert Dipl. Ing. S. (zur Vermeidung von Missverständnissen) seine Stellungnahme vom 23.05.2011, ohne auf das Vorbringen der Klägerin, er habe nicht sämtliche für die landwirtschaftliche Tätigkeit benötigten Gegenstände aufgeführt, einzugehen. Sollte dieses Vorbringen der Klägerin tatsächlich zutreffen, hätte für Dipl. Ing. S. alle Veranlassung bestanden, sich in seiner Stellungnahme vom 27.08.2011 auch hier zu äußern. Dem Senat drängt sich damit der Eindruck auf, dass die Klägerin lediglich versucht, nachträglich die tatsächlichen Gegebenheiten den Einwendungen der Beklagten (versicherungsfreier Garten) anzupassen. Auf das - von der Klägerin widersprochene - Vorbringen der Beklagten, dass der mit einer Größe von 0,02 Ar bewirtschaftete Garten im oberen Grundstücksbereich versicherungsfrei sei, kommt es mithin nicht entscheidungserheblich an und bedarf deshalb keiner weiteren Aufklärung.

Der von Dipl. Ing. S. in seiner Stellungnahme vom 23.05.2011 beschriebene Stromschalter und die hierzu von der Klägerin im Schriftsatz vom 28.08.2011 gemachten Ausführungen rechtfertigen zur Überzeugung des Senates ebenfalls nicht die Annahme, die Treppe diente - zum Zeitpunkt des Unfalles am 11.09.2008 - wesentlich Betriebszwecken. Gegen eine solche Annahme spricht die sehr ausführliche und eingehende Stellungnahme des Außendienstmitarbeiters S. vom 29.10.2008, in der der Schalter trotz genauer Besichtigung der Treppe nicht genannt wird. Der Ehemann der Klägerin fand den Schalter daher nicht so bedeutungsvoll, dass er auf seine Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Nutzung bei der Betriebsbesichtigung des Außendienstmitarbeiters der Beklagten hingewiesen hätte. Unabhängig davon lässt sich dem Vorbringen der Klägerin und der Stellungnahme von Dipl. Ing. S. auch nicht entnehmen, dass der Schalter der Treppe das Gepräge eines betrieblich genutzten Raumes gibt, d.h. eine ständige und nicht nur gelegentliche Nutzung vorliegt, weil er betriebsnotwendig ständig und nicht nur gelegentlich betätigt werden muss. Nach dem Vorbringen der Klägerin wird mit dem Schalter eine Steckdose zur Stromversorgung des gesamten Außenbereiches eingeschaltet. Dass es hierzu einer betrieblich notwendigen mehr als gelegentlichen Betätigung des Schalters im Bereich der Treppe bedarf, lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen. Maßgebend für die Beurteilung ist unter Würdigung der Gesamtumstände die Intensität und Häufigkeit der in Betracht kommenden betrieblichen Nutzung. Vorliegend ist eine wesentlich betriebsdienliche Nutzung der Treppe wegen der betrieblich bedingten Betätigung des Schalters nicht zu erkennen. Die Betätigung des Schalters ist eine Verrichtung, die sozusagen nebenher "im Vorbeigehen" ausgeführt wird, und daher bei jeder - auch nicht Betriebszwecken dienenden - Treppenbegehung ausgeführt werden kann. Die von der Klägerin im Schriftsatz vom 23.08.2011 beschriebenen Tätigkeit, die angeblich eine Schalterbetätigung erfordern, sind verteilt über das Geschäftsjahr nicht so häufig - von saisonal bedingten Besonderheiten abgesehen -, dass eine ins Gewicht fallende ständige Treppennutzung anzunehmen ist, zumal Überschneidungen der an die Stromnutzung über die Außensteckdose gebundenen Tätigkeiten vorliegen dürften (z.B. wird der für die Umwälzpumpe am Fischteich eingeschaltete Strom für die Steckdose keine weitere Schalterbetätigung erfordern, wenn Futter für die Schafhaltung gewaschen wird etc.). Hinzu kommt dass sich der Schalter am Treppenaufgang (Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 23.08.2011) bzw. auf halber Höhe des ersten Treppenabschnittes befindet (Dipl.-Ing. S. vom 23.05.2011), der über die südliche und östliche, im Untergeschoss gelegenen Eingangstüren und den anschließenden Flur zu erreichen ist. Am einfachsten gelangt man von dem hangabwärts liegenden Fischteich über diese Türen und Flure zu dem Schalter, weshalb allenfalls eine betriebliche Nutzung der Treppe wegen des Stromschalters nur für den unteren Treppenbereich in Betracht käme. Außerdem kommt der Treppe, auf der sich der Unfall ereignete, nach dem oben Ausgeführten für den privaten Bereich im Obergeschoss eine überragende Bedeutung mit ausschlaggebendem Gewicht zu, die bei wertender Betrachtung durch den im Treppenbereich befindlichen Schalter nicht betroffen wird. Es besteht deshalb auch kein Anlass, den Sachverhalt hierzu weiter zu ermitteln.

Allein die Absicht der Klägerin, den Salzleckstein aus dem Untergeschoss zu holen, kann noch nicht einer betrieblichen Tätigkeit zugerechnet werden (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, a.a.O. § 8 RdNr. 7.14.2). Dies gilt auch unter den besonderen Betriebsverhältnissen landwirtschaftlicher Unternehmen (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.1960 - 2 RU 122/59 -, BSGE 12, 165). Dass die Zurücklegung des Weges im Unfallzeitpunkt im betrieblichen Zusammenhang mit der letzten (versicherten) Tätigkeit der Klägerin (Verarbeitung von Walnüssen) stand, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Dass die Unfallsituation durch eine Art Rufbereitschaft und die Notwendigkeit, sofort zu handeln geprägt war (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12.12.2006, a.a.O., m.w.N.), lässt sich dem Vorbringen der Klägerin ebenfalls nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

2. Die Klägerin stand auf ihrem Weg über die Treppe auch nicht wegen des Beförderns von Arbeitsgeräten unter Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen zutreffend begründet. Der Senat gelangt nach eigner Überprüfung zur selben Überzeugung. Er nimmt insoweit (Seite 7 der Entscheidungsgründe) zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung seiner eigenen Entscheidung hierauf Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht aus den oben genannten Gründen nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved