Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1196/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4155/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.08.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden in beiden Rechtszügen nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die 1963 geborene Klägerin ist gelernte Erzieherin und hatte in diesem Beruf bis 1989 gearbeitet. Seit 2004 war sie als Beraterin in einem Orthopädiefachgeschäft in Teilzeit tätig, ab März 2006 besteht Arbeitsunfähigkeit. Am 24.07.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diese zog ein im Hinblick auf eine zuvor beantragte Rehabilitationsmaßnahme erstelltes Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. vom 05.06.2007 bei. Dieser diagnostizierte u.a. variabler Immundefekt mit Antikörpermangel (CVID), Immunglobulin-Substitution, Anpassungsstörung mit depressiver Episode, allergische Rhinokonjunktivitis, hyperreaktives Bronchialsystem sowie Übergewicht und Fettleber. Bei dem vorliegenden Immunglobulinmangel handle es sich um einen per Infusion ausgleichbaren Defekt. Für mittelschwere körperliche Arbeiten bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit, die letzte berufliche Tätigkeit als Beraterin in einem Orthopädieschuhgeschäft könne vollschichtig ausgeübt werden. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 24.09.2007 ab. Zur Begründung ihres am 23.10.2007 eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin u. a. an, die Problematik der Immunerkrankung bestehe nicht darin, dass sie lebensgefährlich sei, sondern dass sie eine erhebliche Beeinträchtigung im täglichen Leben darstelle. Der Behandlungsablauf stelle eine harte Belastung dar, zumal die Infusionstherapie in F. durchgeführt werden müsse. Ein Wechsel zur Thoraxklinik am Universitätsklinikum H. sei versucht worden. Dort habe man die Klägerin aber nicht ausreichend behandelt, insbesondere trotz des Hinweises auf allergische Reaktionen bei den Infusionen keine Herz- und Kreislaufüberwachung durchgeführt, so dass die Klägerin die Therapie wieder in F. fortgesetzt habe. Zwischenzeitlich leide sie auch unter einer starken Depression und befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Am 14.04.2008 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim erhoben. Sie trägt u. a. vor, bei ihrer Erkrankung handle es sich um einen variablen Immundefekt (Common variable Immunodefiency - CVID), der durch unzureichende oder fehlende Spiegel von Antikörpern charakterisiert sei. Deshalb leide sie an vermehrt auftretenden Infektionen bis hin zu chronischen Veränderungen der Organe und Atemwege. Therapiert werde die Erkrankung mit der Gabe von Immunglobulinen. Ihre Erwerbsminderung ergebe sich aus den Folgen des Immundefekts. Denn sie vertrage die Therapie nur schlecht und reagiere auf die verabreichten Immunglobuline allergisch. Deshalb sei die Einnahme von Antiallergika und Cortisonpräparaten zwingend erforderlich, was wiederum mit erheblichen Nebenwirkungen wie Schwindel, Herzrasen und Müdigkeit verbunden sei. Ebenfalls würden hierdurch Depressionen ausgelöst bzw. verstärkt. Bereits eine konstante Haushaltsführung sei ihr nicht mehr möglich. Das Sozialgericht befragte die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen. Dr. W. - Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie - teilte am 03.10.2008 mit, er habe die Klägerin lediglich einmal am 31.01.2008 gesehen. Aus kardiologischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin nicht eingeschränkt. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L.-K. berichtete am 16.10.2008 über die seit August 26.08.2006 mit wöchentlichen Sitzungen durchgeführte Psychotherapie der Klägerin. Sie hielt sie zum damaligen Zeitpunkt für so belastbar, dass sie die notwendige medikamentöse Einstellungsphase mit den damit einhergehenden Nebenwirkungen verkraften könne. Eine zusätzliche Belastung durch eine geregelte Arbeit hielt sie nicht für möglich und nahm ein unter dreistündiges Leistungsvermögen an. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. W. ging in ihrer Stellungnahme vom 23.10.2008 aufgrund des komplexen Krankheitsbildes der Klägerin von einem aufgehobenen Leistungsvermögen aus. Dr. G. - Assistenzärztin am Fachbereich Rheumatologie und Klinische Immunologie des Universitätsklinikums F. - berichtete mit Schreiben vom 04.11.2008 über die seit dem 23.03.2006 durchgeführte ambulante Behandlung der Klägerin. Die subkutane Immunglobulin-Substitionsbehandlung sei am 12.06.2006 begonnen worden. Problematisch seien die systemischen Nebenwirkungen der Therapie im Sinne von Schwindel, Schweißausbruch, Druck auf der Brust. Wegen dieser Nebenwirkungen seien die Immunglobulin-Präparate mehrmals gewechselt und eine Prämedikation mit Cortison und Antihystaminika erforderlich geworden. Die Klägerin sei noch dazu in der Lage, täglich mindestens sechs Stunden eine leichte körperliche Arbeit zu verrichten. Eine Wiedereingliederung könne versucht werden. Entgegenstehen könne aber die Abgeschlagenheit, die bei chronisch kranken Patienten öfter auftrete, und die Substitutionsbehandlung, falls sich die Klägerin am Tag der Substitution nicht gut fühle. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. teilte am 20.11.2008 mit, aufgrund von Untersuchungen am 19. und 24.06.2008 seien bei der Klägerin eine depressive Entwicklung bei chronischer körperlicher Erkrankung und ein psycho-physisches Erschöpfungs-Syndrom zu diagnostizieren. Es bestehe ein aufgehobenes Leistungsvermögen, da sich die Klägerin fast dauerhaft in einem psychischen wie physischen Erschöpfungszustand befinde. Die zur Behandlung der Nebenwirkungen durchgeführte Kortisongabe könne eine bestehende Depression verstärken bzw. eine solche auslösen. Das eingenommene Antiallergikum Tavegil verursache Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Das Sozialgericht erhob ferner von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten. Dr. Dr. H. - Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie - stellte in ihrem Gutachten vom 25.02.2009 eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik fest, die eine verminderte Belastbarkeit, eine eingeschränkte Umstellungsfähigkeit, eine verminderte Gestaltungsfähigkeit sowie ein anhaltendes Erschöpfungsgefühl bedinge. Das Durchhaltevermögen sei reduziert, es bestehe eine schnelle Ermüdbarkeit, eine eingeschränkte Flexibilität im Umgang mit belastenden Situationen. Nicht mehr zumutbar seien mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten, dagegen seien Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung von Stehen und Sitzen bis sechs Stunden täglich möglich. Ein stationäres Heilverfahren sei wenig erfolgversprechend. Desweiteren beauftragte das Sozialgericht den Facharzt für Innere Medizin Dr. S. von Amts wegen mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser diagnostiziert in seinem Gutachten vom 02.06.2009 ein CVID, hyperreagibles Bronchialsystem, Fettleber und Neigung zu Hypertonie. Wegen der Nebenwirkungen der alle zwei Tage zu verabreichenden Immunglobulinbehandlung mit Subcuvia könne der Klägerin eine vollschichtige Tätigkeit nicht zugemutet werden. Möglich seien ausschließlich leichte körperliche Arbeiten im Gehen oder Stehen oder im Sitzen, in geschlossenen, wohltemperierten Räumen maximal vier Stunden täglich. Die Beklagte trat der Klage entgegen und vertrat unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes (Dr. L.) vom 11.8.2009 die Auffassung, dass bisher weder die Infektgefährdung noch eine tatsächlich mehrtägige Verschlechterung des Allgemeinzustandes durch die Immunglobulin-Substitution dokumentiert sei. Bei Annahme eines Trainingsmangels wäre eine Rehamaßnahme in einer geeigneten Fachklinik erfolgversprechend. Diese werde angeboten.
Das Sozialgericht Mannheim hat die Beklagte mit Urteil vom 28.08.2009 verurteilt, der Klägerin ab 1.7.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit für 3 Jahre zu gewähren und den Bescheid vom 24.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.3.2008 aufgehoben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Gewährung einer Zeitrente, da sie nur noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen bis 4 Stunden täglich zu verrichten. Das Sozialgericht stütze sich auf die Begutachtung durch Dr. Dr. S., der eine entsprechende Leistungsminderung der Klägerin aufgrund des internistischen Befundes festgestellt habe. In neurologisch-psychiatrischer Hinsicht lasse sich keine quantitative Leistungsminderung nachweisen. Das Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. H. habe eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik aufgezeigt, die aber lediglich qualitative Einschränkungen bedinge. Demgegenüber zeige der gerichtliche Sachverständige Dr. S. die Auswirkungen des erstmals im März 2006 diagnostizierten CVID auf. Die zur Behandlung dieser Erkrankung durchgeführte subkutane Immunglobulin-Substitution habe auch - wie die Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. G. dokumentiere - zu einer Besserung der Beschwerden im Sinne einer Verminderung der Infektanfälligkeit geführt. Es hätten sich aber systemische Auswirkungen der Therapie im Sinne von Schwindel, Schweißausbruch, Druck auf der Brust während der Infusion gezeigt. Deshalb hätten die Immunglobulin-Präparate mehrmals gewechselt und eine Prämedikation mit Kortison und Antihystaminika durchgeführt werden müssen. Die langwierige Therapie sei erkennbar mit erheblichen Folgeerscheinungen verbunden. Die Schlussfolgerung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S., dass die Klägerin insbesondere wegen der Nebenwirkungen der alle 2 Tage zu verabreichenden Immunglobulin-Behandlung mit Subcuvia keinen vollständigen Arbeitstag mehr bewältigen könne, sei daher nachvollziehbar. Gerade die in psychiatrischer Hinsicht beobachtete schnelle Ermüdbarkeit sowie ein anhaltendes Erschöpfungsgefühl führten zu einer qualitativen Leistungsminderung. Der Einschätzung von Dr. S. stehe auch nicht die Aussage von Dr. G. entgegen, wonach eine Wiedereingliederung versucht werden könne. Eine solche Wiedereingliederung bedeute zwangsläufig, dass zunächst mit reduzierter Arbeitszeit begonnen und dann nach einer gewissen Anlaufphase versucht werde, wieder auf eine volle Arbeitszeit überzugehen. Auch Dr. G. betone, dass ein Wiedereingliederungsversuch durch die Abgeschlagenheit der Klägerin und die Immunglobulinsubstitution belastet sei, d.h. dass es eher als unwahrscheinlich angesehen werden müsse, dass die Klägerin eine 6-stündige Tätigkeit verrichten könne. Die Einwände der Beklagten durch die Stellungnahme von Dr. L. vom 11.8.2009 teilte das Sozialgericht nicht. Nach dem dokumentierten Krankheitsverlauf der Klägerin seit März 2006 und der daraus ersichtlichen Therapie mit problematischen Nebenwirkungen erscheine es verkürzt, aktuelle Einschränkungen ausschließlich einem Trainingsmangel zuzuschreiben. Auch wenn Dr. S. keine relevanten funktionellen Einschränkungen im internistischen Bereich habe feststellen können, sei wesentlich, dass die Klägerin durch die Nebenwirkungen der laufend durchgeführten Immunglobulin-Substitution regelmäßig in ihrer Belastbarkeit eingeschränkt werde und deshalb nicht oder noch nicht in der Lage sei, eine volle Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einem Leistungsvermögen von maximal 4 Stunden täglich bestehe eine teilweise Erwerbsminderung, die aber rechtlich wegen Fehlens eines Teilzeitarbeitsplatzes zur vollen Erwerbsminderung führe. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sei die deshalb zu gewährende Rente auf Zeit zu leisten. Auch wenn der gerichtliche Sachverständige von einem Dauerzustand ausgehe, sei es noch nicht unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Hierzu könne die angebotene Rehabilitationsmaßnahme durchaus sinnvoll sein und solle unbedingt auch von der Klägerin in Anspruch genommen werden. Unverzichtbar sei dabei aber, dass die Beklagte eine tatsächlich für das Krankheitsbild der Klägerin geeignete Klinik anbiete. Nach Durchführung einer solchen Rehabilitationsmaßnahme wäre dann erneut zu prüfen, ob eine Änderung des derzeitigen Leistungsvermögens eingetreten sei.
Gegen das ihr am 07.09.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.09.2009 Berufung eingelegt. Sie führt zur Begründung aus, Dr. S. sei bei seiner Leistungseinschätzung offenbar davon ausgegangen, dass die Sachverständige Dr. Dr. H. ebenfalls ein vierstündiges Leistungsvermögen angenommen habe. Dies treffe aber nicht zu. Zudem sei auch nicht plausibel, warum kein sechsstündiges Leistungsvermögen bestehe, wenn eine Leistungsfähigkeit für noch vier Stunden angenommen werde. Sie nahm Bezug auf die frühere Stellungnahme von Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst vom 11.08.2009 und dessen aktuelle Stellungnahme vom 16.11.2009, wonach leistungsmindernde Auswirkungen der Substitutionstherapie nicht ausreichend objektiviert seien. Auch Dr. G. und Prof. P vom Universitätsklinikum F. hätten ein sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht. Da das Sozialgericht von einem Leistungsfall zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung ausgegangen sei, hätte eine Zeitrente ohnehin frühestens ab dem 01.02.2008 bewilligt werden können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.08.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Dieses habe sich zu Recht auf die Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. S. gestützt. Es sei nicht erkennbar, dass diese allein auf der Einschätzung der Gutachterin Dr. Dr. H. basiert habe, diese habe lediglich eine Einschätzung auf der Grundlage ihres Fachgebietes abgegeben. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass eine leistungsmindernde Auswirkung der unerwünschten Nebenwirkungen der durchzuführenden Therapie nicht objektiviert sei, sei dem entgegenzuhalten, dass Dr. G. in ihrer Auskunft angegeben habe, dass aber die Abgeschlagenheit, die bei chronisch kranken Patienten öfter auftrete, und die Substitutionsbehandlung, falls sich die Klägerin am Tag der Substitution nicht gut fühle, einer Wiedereingliederung entgegenstehen könnten. Genau dies sei aber bei der Klägerin der Fall. Außerdem sei das Gericht in seinen Entscheidungsgründen von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bei Diagnosestellung im März 2006 ausgegangen, so dass ein verspäteter Rentenantrag i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI vorliege und die Rente zu Recht ab Antragstellung zugesprochen worden sei.
Der Senat hat weitere Ermittlungen durchgeführt. Zunächst hat er ein Gutachten des Prof. Dr. P und der Frau G. vom Universitätsklinikum F. eingeholt. In dem Gutachten vom 30.04.2010 haben die Gutachter folgende Diagnosen gestellt:
1. Variabler Immundefekt (CVID), Typ Ib (D80.1), EM in der Kindheit, ED 03/06 bei • Erniedrigung aller 3 Immunglobulin-Klassen, • Fehlenden Impfantikörpern auf Pneumovax • Infektanamnese: rezidivierende respiratorische Infekte • Ausschluss sekundäre Formen 2. Hyperreagibles Bronchialsystem (auswärtige Diagnose) 3. Z.n. 2-maliger Fazialisparese 1992 und 2003 4. Gonarthralgien 5. Steatosis hepatis; leichte Erhöhung GPT und gGT 6. Nierenzyste links 7. Hypertensive Entgleisung unter IgG Substitution 8. Mäßiggradige Heberden- und Bouchard-Arthrose sowie STT-Arthrosen bds.
Die Therapie bei IgG-Werten unter dem Zielbereich habe auf 3-mal in der Woche erweitert werden müssen. Es bestehe bei der Klägerin sowohl während der Infusionen als auch bis zum nächsten Tag um die Mittagszeit eine extreme Müdigkeit, Blutdruckerhöhung, Herzrhytmusstörungen und Schwindel. Somit leide die Klägerin in dem jetzigen Zustand von Montag bis Samstag an den Folgen der Therapieunverträglichkeit und sei nicht in der Lage einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Aktuell bestehe aufgrund von vermehrten allergischen Beschwerden sogar eine Verschlechterung des im Vorjahr erreichten Zustandes. Aus diesem Grund und angesichts der Vorgeschichte mit mehreren Therapieumstellungen werde die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit für drei Jahren befürwortet. Danach könne eine Wiedereingliederung mit 4 Stunden am Tag mit einer leichten körperlichen Arbeit unternommen werden. Dabei sollten Tätigkeiten mit erhöhter Infektgefährdung, Kälte, Nässe, Zugluft oder größerer Menschenansammlung in Infektzeiten vermieden werden.
Die Beklagte hat sich hierzu unter Bezugnahme auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. L. vom 18.05.2010 geäußert und erneut beanstandet, dass die von der Klägerin vorgetragene Beschwerdeausprägung weder gutachterlich beobachtet noch anderweitig objektiviert worden sei. Es sei bisher in keiner Begutachtung eine vorzeitige Erschöpfbarkeit festgestellt worden, da die Klägerin sich die Medikamente zu Hause eigenständig appliziere. Eine vermehrte Erschöpfbarkeit sei aber jedenfalls im Rahmen einer mehrstündigen Begutachtung durchaus objektivierbar. Ein leistungsmindernder Schweregrad der Erkrankung auch für leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden sei nicht erkennbar.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.07.2010 haben die Gutachter Prof. Dr. P und Dr. G. ausgeführt, Patienten mit schwerem Antikörpermangel und chronisch erhöhter sinubronchialer Infektanfälligkeit seien per se schon leichter erschöpfbar als gesunde Personen. Wenn hierzu noch Unverträglichkeitsreaktionen durch die erforderlichen Immunglobulin-Substitutionen kommen würden, werde die Problematik nicht einfacher. Bei der Klägerin seien nach intravenöser Immunglobulinsubstitution Schwindel, Schweißausbrüche, Druck auf Brustkorb, Dyspnoe, Palpitationen, erhöhter Blutdruck, Juckreiz und ausgeprägte Müdigkeit aufgetreten. Diese ausgeprägten Kreislaufreaktionen seien so schwer gewesen, dass die Infusionen zum Teil hätten abgebrochen werden müssen. Auch durch den Wechsel auf andere Präparate seien die Beschwerden nicht erträglicher geworden. Erst nach dem Wechsel auf subcutane Infusionen montags, mittwochs und freitags (Heimtherapie) sei die Immunglobulin-Substitutions-verträglichkeit insgesamt besser geworden, die Einnahme von Prednison 15 mg vor und 5 mg nach der Infusion sei aber weiterhin notwendig. Daraus resultierten auch Störungen der circadianen Befindlichkeit, da die Hauptdosis an Prednison abends genommen wird, um die Müdigkeit nach der subcutanen Infusion zu vermindern. Der Wechsel zur subcutanen ambulanten Heimtherapie habe insgesamt eine Besserung, aber kein völliges Verschwinden der Nebenwirkungsreaktionen erbracht.
Hierzu hat sich die Beklagte unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Dr. L. geäußert und an ihrem Standpunkt festgehalten. Dr. L. hat in seiner Stellungnahme vom 02.08.2010 ausgeführt, Zeichen einer vorzeitigen Erschöpfung fänden sich trotz sorgfältiger Lektüre in keinem der vorliegenden Gutachten und in keiner der ärztlichen Stellungnahmen. Im Gutachten der Universitätsklinik F. vom 30.04.2010 würden die Beschwerdeangaben der Klägerin aufgeführt. Ihren Angaben zufolge halte die Müdigkeit im Rahmen der abendlichen Immunglobulin-Infusionen am Tag nach der Infusion bis zum Nachmittag an. Eine Objektivierung dieser Angaben sei nicht vorgenommen worden. Beschrieben worden sei ein vollständig unauffälliger Untersuchungsbefund eben ohne Erschöpfungszeichen. Allein die Aussage der Klägerin hinsichtlich der auch am Folgetag nach der Immunglobulin-Infusion andauernden Müdigkeit reiche für die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht aus. Trotz der bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Ätiologie könne hier ein Vergleich zu anderen, das Immunsystem betreffenden Erkrankungen (wie etwa der HIV-Infektion) gezogen werden. Das Ausmaß der resultierenden Leistungsminderung hänge im Wesentlichen ab von den Sekundärschäden im Bereich des Allgemeinzustandes oder der Muskulatur oder resultierenden Funktionsdefiziten der Organsysteme. Hier fänden sich jedoch bei Frau B. erfreulicherweise keine Defizite.
Der Senat hat desweiteren von Amts wegen ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. Sch. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 22.10.2010 folgende Diagnosen erhoben: 1. CVID (variabler Immundefekt), Erstdiagnose 03/2006. (D80.1) Unter Substituti-onstherapie gebesserte Infektneigung. Problematische Substitutionsbehandlung. 2. Hyperreagibles Bronchialsystem, unter Behandlung keine Einschränkung der Lungenfunktion 3. Fettleber mit diskreter Enzymerhöhung 4. Labiler Hypertonus 5. Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (F43.2) Die Klägerin habe den Verlauf der Erkrankung und der Therapie ohne Abweichung von früheren Berichten geschildert. Nach ihren Angaben verlaufe die Behandlung aktuell in der Weise, dass sie an drei Abenden sich die Infusion gebe, vorher die Medikamente einnehme, welche die allergischen und vegetativen Reaktionen abfingen, und nach den Infusionen alsbald einschlafe. Am nächsten Morgen nehme sie noch einmal eine kleine Dosis des Cortisonpräparates und ggf. noch ein Antihistaminikum gegen die allergischen Reaktionen. Dann fühle sie sich noch bis Mittag abgeschlagen und müde, habe niedrigen Blutdruck, es sei ihr auch schwindelig und sie habe Engegefühl bei der Atmung, welches sie mit einem Symbicort-Spray bekämpfen müsse. Die Untersuchung beim Gutachter sei am Tag nach einer Infusion erfolgt und damit - da sie morgens stattgefunden habe - in die Phase der im häuslichen Umfeld verspürten Leis-tungsunfähigkeit gefallen. Die im Rahmen der Untersuchung gemessenen Kreislaufparameter hätten einen niedrigen Blutdruck nicht objektivieren können; vielmehr sei eine leichte Hypertonie vorhanden gewesen. Eine Tachykardie habe nicht bestanden, es sei hingegen eine leichte Bradykardie festzustellen gewesen. Eine Kreislaufinstabilität sei nicht zu objektivieren gewesen. Im Stehtest hätten sich die Kreislaufparameter eher als auffallend stabil mit einer leichten Tendenz zur hypertonen Regulation erwiesen. Die Lungenfunktionsuntersuchung habe eine ungestörte Ventilation ergeben, also keine Obstruktion oder Restriktion, sodass sich für den von der Klägerin im Rahmen des explorativen Interviews hypothetisch geäußerten Zusammenhang eines morgendlichen Engegefühls in der Brust (welches sie auch während der Untersuchung angegeben habe) mit einer gestörten Lungenfunktion keine objektive Bestätigung gefunden habe. In Anbetracht des aus den Akten bereits diskutierten Streitpunktes der Müdigkeit und Antriebslosigkeit habe das mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtete Verhaltens der Probandin insgesamt keine relevanten Einschränkungen im Hinblick auf die Konzentrationsfähigkeit, das Durchhaltevermögen und die Psychomotorik allgemein erkennen lassen. Es sei zwar davon auszugehen, dass es einen Unterschied darstelle, ob die Klägerin zu Hause die beschriebenen Symptome wahrnehme oder ob sie sich im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung in einer Arztpraxis befinde, wo durch die äußeren Umstände naturgegeben eine erheblichere Stimulation stattfinde. Insofern könne aus der hier fehlenden Objektivierbarkeit der Symptome nicht zwingend abgeleitet werden, dass diese erfunden oder eingebildet seien. Auf der anderen Seite schließe aber das Auftreten der subjektiven Beschwerden im häuslichen Rahmen nicht eine Erwerbstätigkeit aus, da bei einer Erwerbstätigkeit in Bezug auf die genannten stimulierenden Faktoren vergleichbare Umstände angenommen werden könnten wie in der Arztpraxis. Die im häuslichen Rahmen festgestellten subjektiven Beschwerden seien nach der Einschätzung des Gutachters vorwiegend der psychiatrischen Beeinträchtigung zuzuschreiben, da die dort festgestellte, depressiv getönte Anpassungsstörung mit entsprechenden Minderungen des Antriebs und weiterer mental-kognitiver Funktion einhergehe, diese aber nicht so schwerwiegend ausgeprägt seien, dass sie das erwerbsbezogene Leistungsvermögen in quantitativer Hinsicht einschränken würden. Die im psychiatrischen Gutachten von Dr. Dr. H. als möglicherweise einschränkend apostrophierten internistischen Einschränkungen könnten jedoch aufgrund der nunmehr erhobenen Befunde als nicht relevant leistungsmindernd eingeschätzt werden. Die in den verschiedenen Vorgutachten und Stellungnahmen angenommenen erheblichen Einschränkungen des erwerbsbezogenen Leistungsvermögens aufgrund der Therapienebenwirkungen übernähmen zum einen die subjektiven Angaben der Klägerin, zum anderen gingen sie von deduzierten Annahmen aus, welche offenkundig nicht zuträfen, was der Sachverständige im Einzelnen (vgl. Bl. 93 Rückseite der Senatsakten) dargelegt hat. Im Ergebnis sei es bei der Untersuchung nicht gelungen, die leistungsmindernden Nebenwirkungen der Behandlung mit Immunglobulinen zu objektivieren. Aus sämtlichen festgestellten Befunden müsse abgeleitet werden, dass eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht vorliege. Die Klägerin könne in einem täglichen Umfang von sechs und mehr Stunden ausschließlich leichte Tätigkeiten verrichten, welche nicht mit erhöhter Infektgefährdung, Kälte, Nässe und Hitze, Staubexposition und Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen, besonderem Zeitdruck, überdurchschnittlichen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und Nachtschicht verbunden seien.
Die Klägerin hat durch ihre Bevollmächtigte zu dem Gutachten vortragen lassen, es liege entgegen der Auffassung des Gutachters keine ausreichende Kompensation ihrer Infektanfälligkeit durch die Behandlung vor. Angesichts der beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen sei fraglich, welchen Arbeitsplatz es überhaupt gebe, der diesen Einschränkungen gerecht werde. Die Begutachtung sei zur Zeit eines geringen Pollenfluges vorgenommen worden. In Zeiten starken Pollenfluges bestehe wegen der erhöhten Allergieanfälligkeit aufgrund der Substitutionstherapie aber hinsichtlich der Lungenfunktion eine erhebliche Problematik, die eine Cortisonpulstherapie erfordere. Es sei daher anzunehmen, dass die bisherigen Gutachter den objektiven Zustand der Klägerin zutreffend beschrieben hätten. Der Gutachter habe ausgeführt, dass die von der Klägerin beschriebenen körperlichen Beeinträchtigungen am Tag nach einer Infusion nicht objektivierbar seien, da unter anderen ein zu niedriger Blutdruck nicht habe festgestellt werden können. Dass bei einer solchen Untersuchung aufgrund der dann akuten Stresssituation nicht die üblichen Werte messbar seien, dürfe auf der Hand liegen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die bisher von den vertrauten Ärzten bescheinigten Werte die objektive Situation darstellen würden. Dr. Sch. habe in diesem Zusammenhang zu Recht festgestellt, dass bei einer gutachterlichen Untersuchung in einer Arztpraxis durch äußere Umstände naturgegeben eine erhebliche Stimulation stattfinde. Insofern könne aus der fehlenden Objektivierbarkeit der Symptome nicht zwingend abgeleitet werden, dass diese erfunden oder eingebildet seien. Nicht nachvollziehbar sei jedoch, dass Dr. Sch. vergleichbare Umstände hinsichtlich der stimulierenden Faktoren im Rahmen der Erwerbstätigkeit und des Besuchs in der Arztpraxis annehme. Eine ärztliche Begutachtung im Zuge eines Klageverfahrens stelle eine besondere Ausnahmesituation dar, welche keinesfalls mit einem gewöhnlichen Arbeitstag verglichen werden könne. Dementsprechend könne nicht auf eine der Untersuchungssituation ähnliche Stimulation am Arbeitsplatz geschlossen und die Arbeitsfähigkeit der Klägerin daran festgemacht werden. Die von Dr. Sch. angenommene stimulierende Wirkung des Cortisons sei bei einer Dauermedikation mit Cortison nicht gegeben. Im Übrigen habe Dr. Sch. die vorangegangenen Gutachten und Stellungnahmen pauschal als unzutreffend abgehandelt. Eine überzeugende Begründung seiner Leistungseinschätzung und der Abweichung von früheren Gutachten habe er nicht gegeben. Unter Vorlage eines Karteikartenauszugs ihrer behandelnden Ärztin Dr. W. gab die Klägerin an, in der Zeit vom 01.10.2009 bis zum 21.09.2010 mehrfach an einer Seitenstrangangina und Sinusitis erkrankt gewesen zu sein, die mit entsprechenden Antibiotika hätten behandelt werden müssen. Ebenso seien Kreislaufbeschwerden und Gelenkbeschwerden aufgetreten. Der Gutachter habe sich auch nicht mit der Stellungnahme von Dr. H. vom 11.10.2010, den die Klägerin vorgelegt habe, auseinandergesetzt.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hatte in seiner Stellungnahme vom 11.10.2010 als Diagnose eine depressive Entwicklung bei chronischer körperlicher Erkrankung angegeben und das vorhandene Krankheitsbild als komplex mit deutlicher Tendenz zur Verschlechterung beschrieben. Die langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen bedingten nach seiner Auffassung zusätzlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit.
Dr. Sch. hat sich am 04.07.2011 zu den Einwendungen der Klägerin geäußert. Zur Frage, ob ein den Leistungsausschlüssen entsprechender Arbeitsplatz gefunden werden könne, hat er darauf hingewiesen, dass die genannten Leistungsausschlüsse nicht besonders zahlreich und nicht besonders exkludierend und bei einer nur geringen Zahl von Arbeitsplätzen vorhanden seien. Der Hinweis auf Zeiten des Pollenflugs habe überrascht, da eine Pollenallergie bei ihm nicht berichtet worden sei. Auch aus den Unterlagen der Hausärztin seien keine entsprechenden Auswirkungen etwa im Sinne eines Asthmas zu entnehmen. Hinsichtlich der Aktivierungswirkung der Untersuchungssituation halte er weiterhin eine Vergleichbarkeit mit dem Arbeitsleben für gegeben. Eine echte Ausnahmesituation mit erregten oder irritierten Reaktionen habe während der Untersuchung habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Mit dem Hinweis auf die Dauerbehandlung mit Cortison könne seine Auffassung, die vorgebrachte Müdigkeit sei mit der Cortisongabe nicht zu begründen, weil Cortison eine stimulierende Wirkung habe, nicht entkräftet werden. Die morgendliche Gabe von Cortison passe sich den physiologischen Gegebenheiten des Körpers an, der auch bei unbehandelten Personen am Morgen die stärkste Cortisonausschüttung zeige. Er habe sich in seiner Erörterung explizit mit den wesentlichen Gesichtspunkten der vorhandenen Gutachten auseinandergesetzt und diese nicht pauschal als unzutreffend abgelehnt. Dass die Infektanfälligkeit mit der durchgeführten Therapie gut beherrscht werde, habe die Klägerin selbst angegeben. Zu der von Dr. H. beschriebenen Verschlechterung der psychischen Verfassung der Klägerin habe er in seinem Gutachten ausgeführt, dass in der Untersuchungssituation eine relevante psychische Erschöpfung nicht habe festgestellt werden können. Die Erwähnung von Kreislaufbeschwerden sei sehr unspezifisch und gebe lediglich die subjektiven Empfindungen der Klägerin wieder. Ebenso handele es sich bei den angeführten Gelenkproblemen um keine medizinische Diagnose oder ausreichend präzise Beschreibung, aus der irgendwelche Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen gezogen werden könnten. Der Karteikarte der Hausärztin sei im Übrigen zu entnehmen, dass sich aufgetretene Gelenksbeschwerden nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder gebessert hätten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Das Urteil des Sozialgerichts kann daher keinen Bestand behalten.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Davon ausgehend steht der Klägerin Erwerbsminderungsrente nicht zu, da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Das hat die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ergeben.
Nach den Feststellungen der im Berufungsverfahren beauftragten Gutachter leidet die Klägerin in internistischer Hinsicht an einem variablen Immundefekt (CVID), Typ Ib (D80.1), einem hyperreagiblen Bronchialsystem, einer Fettleber mit diskreter Enzymerhöhung und einem labilen Hypertonus. Dies ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Gutachten von Prof. Dr. P/Dr. G. vom 30.04.2010 und von Dr. Sch. vom 22.10.2010. Daneben nennen Prof. Dr. P/Dr. G. einen Zustand nach zweimaliger Fazialisparese 1992 und 2003 sowie eine Nierenzyste links und auf orthopädischem Fachgebiet Gonarthralgien und eine mäßig gradige Heberden- und Bouchard-Arthrose sowie STT-Arthrosen beidseits. Dr. Sch. führt aus dem psychiatrischen Fachgebiet eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (F43.2) auf. Im Vordergrund stehen die internistischen Beschwerden der Klägerin, insbesondere der Immundefekt (CVID), zu dessen Behandlung sich die Klägerin einer dauerhaften Substitionstherapie durch subkutane Gabe von Immunglobulinen unterzieht. Die Klägerin hat sich im Verfahren auf erhebliche Nebenwirkungen dieser Therapie berufen, die aus ihrer Sicht zu einer rentenrelevanten Minderung der Erwerbsfähigkeit führen. Dies hatte der Gutachter Dr. S. im erstinstanzlichen Verfahren auch bestätigt, so dass das Sozialgericht von einem Restleistungsvermögen für einen Tätigkeit von lediglich vier Stunden arbeitstäglich ausgegangen ist und der Klägerin eine Zeitrente bewilligt hat.
Die Ermittlungen, die der Senat von Amts wegen auf die von der Beklagten erhobenen Einwendungen hin im Berufungsverfahren durchgeführt hat, bestätigen die Einschätzung von Dr. S. nicht. Auf der Grundlage des von Dr. Sch. erstellten Gutachtens gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die Substitutionstherapie keine Nebenwirkungen von so gravierendem Ausmaß entfaltet, dass diese das Leistungsvermögen der Klägerin auf einen Umfang von unter sechs Stunden arbeitstäglich einschränken oder gar aufheben würden. Nach den Feststellungen von Dr. Sch. ist die Klägerin im Rahmen der durchzuführenden Substitutionstherapie inzwischen so gut eingestellt, dass nicht nur der Mangel an Immunglobulinen und die daraus resultierende Infektanfälligkeit ausreichend kompensiert sind, sondern dass auch die damit verbundenen Nebenwirkungen auf ein Maß beschränkt sind, dass ihnen Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin nicht in einem erwerbsmindernden Umfang zukommen.
Dr. Sch. hat die Klägerin an einem auf eine Substitutionsbehandlung folgenden Tag begutachtet. Er konnte die von der Klägerin im Rahmen der Exploration vorgetragenen Beschwerden, die sowohl den Gutachten von Dr. S. als auch von Prof. Dr. P/Dr. G. zugrunde gelegt wurden, nicht verifizieren. Die Klägerin hatte von Abgeschlagenheit und Müdigkeit bis zum Mittag des Tages berichtet, der auf die abends durchgeführte subkutane Substitutionsbehandlung folgt, ferner von niedrigem Blutdruck, Schwindel und Engegefühl bei der Atmung. Dr. Sch. hat im Rahmen seiner Untersuchungen kein klinisches Korrelat für derartige Beschwerden erheben können. Die Blutdruckwerte haben eher eine leichte Hypertonie als einen niedrigen Blutdruck ergeben. Kreislaufinstabilitäten waren nicht nachzuweisen, im Stehtest haben sich sogar auffallend stabile Kreislaufparameter ergeben. Auch die Lungenfunktionsprüfung hat eine ungestörte Ventilation ergeben, so dass sich für das von der Klägerin beschriebene Engegefühl kein klinischer Nachweis ergeben hat, insbesondere nicht die von der Klägerin vermutete gestörte Lungenfunktion. Vielmehr haben sich die von der Beklagten wiederholt geäußerten Zweifel an der Objektivierbarkeit der von der Klägerin berichteten Nebenwirkungen bestätigt.
Dr. L. vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten hat in seinen im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen wiederholt darauf abgestellt, eine vorzeitige Erschöpfbarkeit der Klägerin sei nicht nachvollziehbar objektiviert worden, sondern von den Gutachtern Dr. S. sowie Prof. Dr. P/Dr. G. stets auf der Grundlage der nicht validierten Angaben der Klägerin angenommen worden. Dr. S. hatte bei seiner Untersuchung der Klägerin weder auffällige Blutdruckwerte noch einen auffälligen kardiologischen oder pulmonalen Befund erhoben. Eine relevante Pumpfunktionsstörung der linken Herzkammer konnte ausgeschlossen werden, im Ruhe-EKG fanden sich keine relevanten Auffälligkeiten. Das Belastungs-EKG wurde bei 75 Watt unter Hinweis auf Kniebeschwerden abgebrochen. Ein Hinweis auf eine Koronarinsuffizienz hatte sich im erbrachten Leistungsbereich nicht gefunden. Eine Lungenfunktionsprüfung ergab Werte im Normalbereich, sowohl hinsichtlich der Lungenvolumina, als auch bei der Ergospirometrie. Hier erreichte die Klägerin auf dem Laufband einen Wert von 130 Watt, der einem Fahrradäquivalent von 90 Watt entsprach. Der Gutachter war bei ansonsten fehlenden Hinweisen auf eine kardio-pulmonale Erkrankung insoweit von einem Trainingsmangel ausgegangen. Ungeachtet dieser unauffälligen Befunde ist Dr. S. aufgrund der Angaben im Arztbericht der Universitätsklinik F. vom 30.04.2008 und der Angaben der Klägerin davon ausgegangen, dass eine schnelle Ermüdbarkeit und ein anhaltendes Erschöpfungsgefühl einem vollschichtigen Leistungsvermögen entgegen stehe. Allerdings ergibt sich aus dem von Dr. S. herangezogenen Bericht der Universitätsklinik F., dass seit Anfang 2008 eine gute Verträglichkeit der Substutionsmedikation zu verzeichnen war und die zunächst aufgetretenen Beschwerden bei der Einstellung zurückgegangen waren.
Aus diesem Grund vermag auch die Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin, die im Gutachten von Prof. Dr. P/Dr. G. vom Universitätsklinikum F. vom 30.04.2010 abgegeben wurde, den Senat nicht zu überzeugen. Die Gutachter waren von einem aufgehobenen Leistungsvermögen aufgrund der Therapieunverträglichkeit ausgegangen. Dabei gingen die Gutachter davon aus, dass die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Begutachtung dreimal wöchentlich Infusionen erhielt, sowohl während der Infusionen als auch anschließend bis zum nächsten Tag um die Mittagszeit an einer extremen Müdigkeit, Blutdruckerhöhung, Herzrhythmusstörungen und Schwindel leidet. Es sei insoweit eine Verschlechterung gegenüber dem im Vorjahr erreichten Zustand eingetreten. Diese Feststellungen der Gutachter beruhen jedoch ausschließlich auf den Angaben der Klägerin, da sie die subkutanen Infusionen zu Hause durchführt. Eine dem Arztbericht vom 30.04.2008 vergleichbare Dokumentation der als Nebenwirkung geklagten Beschwerden liegt nicht vor. Die Gutachter Prof. Dr. P und Dr. G. haben ihre Feststellungen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 06.07.2010, die der Senat aufgrund der von der Beklagten geäußerten Bedenken eingeholt hatte, auch durchaus relativiert. So haben sie dort berichtet, dass die massiven Kreislaufreaktionen, die bei der intravenösen Verabreichung der Infusionen aufgetreten seien, durch einen Wechsel auf die subkutane Infusionsform insgesamt besser geworden seien, aber kein völliges Verschwinden der Nebenwirkungen erbracht habe. Sie führen aus, dass dies den allgemeinen Erfahrungen entspreche und auch bei der Klägerin so eingetreten sei. Es seien aber auch bei der subkutanen Heimtherapie noch mildere Nebenwirkungen vorhanden. Diese Angaben entsprechen im Wesentlichen dem im Arztbericht vom 30.04.2008 dokumentierten Verlauf. Zu einer Verschlechterung in jüngerer Zeit und zu deren Objektivierung haben die Gutachter aber in der ergänzenden Stellungnahme keine Angaben mehr gemacht. Aufgrund dieser wenig greifbaren Feststellungen ist das Gutachten vom 30.04.2010 mit der Ergänzung vom 06.07.2010 nicht zum Nachweis von leistungsmindernden Nebenwirkungen der Substitutionstherapie geeignet.
Schließlich fällt auf, dass auch die Angaben der Klägerin selbst nicht frei von Inkonsistenzen sind. So hat die Klägerin gegenüber Dr. S. bei der Untersuchung am 30.04.2009 angegeben, wenn sie sich die Infusionen verabreiche, bekomme sie Atembeschwerden und der Blutdruck gehe hoch. Gegenüber den Gutachtern des Universitätsklinikums F. berichtete sie im April 2010, sie werde während der Infusionen sehr müde und müsse schlafen, einmalig gibt sie Herzrasen und Druck auf die Brust und erhöhten Blutdruck an. Am Morgen nach der Infusion sei der Blutdruck hoch, nachmittags wieder niedrig, was ihr Schwindel verursache. Von Atembeschwerden hat sie dort nichts berichtet. Gegenüber Dr. Sch. hat sie angegeben, sie habe am Tag nach der Infusion beim Atmen ein Engegefühl in der Brust. Am Folgetag sei der Blutdruck morgens immer ganz niedrig, es sei ihr schwindlig, sie sei bis zum Nachmittag müde, dann gehe es ihr langsam besser. Von Atembeschwerden während der Infusion hat sie dort nichts berichtet, die Angaben zum Blutdruckverlauf stehen im Widerspruch zu ihren Angaben bei Dr. S. und Dr. G ... Darüber hinaus ist bereits bei der Begutachtung durch Dr. S. aufgefallen, dass die Angabe der Klägerin, sie nehme seit Jahren das Antidepressivum Opipramol, keine Bestätigung in der Laboruntersuchung gefunden hat, bei der nicht einmal Spuren dieser Substanz im Blutserum nachweisbar gewesen sind. Auch bei Dr. Sch. hat die Klägerin die Einnahme vom Opipramol (2 Tabletten abends) angegeben, auch hier lag der bei der Laboruntersuchung nachgewiesene Wert unterhalb des Referenzbereichs.
Entgegen den von der Klägerin geäußerten Einwendungen hält der Senat auch den Vergleich von Dr. Sch. für nachvollziehbar, dass die stimulierenden Faktoren in der Begutachtungssituation denjenigen einer Erwerbstätigkeit entsprechen. Dr. Sch. hat in seinem Gutachten in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass aus der fehlenden Objektivierbarkeit der berichteten Symptome im Rahmen der Begutachtung nicht zwingend geschlossen werden könne, dass diese erfunden oder eingebildet seien. Die im häuslichen Bereich festgestellten subjektiven Beschwerden sind nach der Auffassung von Dr. Sch. der auf psychiatrischem Fachgebiet diagnostizierten depressiv getönten Anpassungsstörung zuzuordnen, allerdings nicht in einem für das quantitative Leistungsvermögen maßgeblichen Ausmaß. Dies hält der Senat aufgrund der ansonsten fehlenden klinischen Befunde für schlüssig und überzeugend.
Auch den Einwand der Klägerin, bei der Begutachtung durch Dr. Sch. habe keine besondere Pollenexposition bestanden, während solcher Zeiten sei aber die Lungenfunktion erheblich problematischer, vermag das Ergebnis der Begutachtung durch Dr. Sch. nicht in Zweifel zu ziehen. Dr. Sch. weist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.07.2011 zu Recht darauf hin, dass die Klägerin ihm gegenüber von Beschwerden während des Pollenflugs nichts berichtet habe. Zwar hat die Klägerin gegenüber Dr. G. eine Pollenallergie mitgeteilt, die auch im Arztbericht vom 30.04.2008 dokumentiert ist. Sie hat aber, so die Angaben im Rahmen der Begutachtung an der Uniklinik F. im April 2010, davon berichtet, dass diese durch Therapie mit Fenistil erfolgreich behandelt werden konnte.
Eine Minderung des Leistungsvermögens hat die Klägerin daher nicht nachgewiesen. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weshalb sein Urteil auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten werden in beiden Rechtszügen nicht erstattet.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die 1963 geborene Klägerin ist gelernte Erzieherin und hatte in diesem Beruf bis 1989 gearbeitet. Seit 2004 war sie als Beraterin in einem Orthopädiefachgeschäft in Teilzeit tätig, ab März 2006 besteht Arbeitsunfähigkeit. Am 24.07.2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Diese zog ein im Hinblick auf eine zuvor beantragte Rehabilitationsmaßnahme erstelltes Gutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. B. vom 05.06.2007 bei. Dieser diagnostizierte u.a. variabler Immundefekt mit Antikörpermangel (CVID), Immunglobulin-Substitution, Anpassungsstörung mit depressiver Episode, allergische Rhinokonjunktivitis, hyperreaktives Bronchialsystem sowie Übergewicht und Fettleber. Bei dem vorliegenden Immunglobulinmangel handle es sich um einen per Infusion ausgleichbaren Defekt. Für mittelschwere körperliche Arbeiten bestehe eine vollschichtige Leistungsfähigkeit, die letzte berufliche Tätigkeit als Beraterin in einem Orthopädieschuhgeschäft könne vollschichtig ausgeübt werden. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 24.09.2007 ab. Zur Begründung ihres am 23.10.2007 eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin u. a. an, die Problematik der Immunerkrankung bestehe nicht darin, dass sie lebensgefährlich sei, sondern dass sie eine erhebliche Beeinträchtigung im täglichen Leben darstelle. Der Behandlungsablauf stelle eine harte Belastung dar, zumal die Infusionstherapie in F. durchgeführt werden müsse. Ein Wechsel zur Thoraxklinik am Universitätsklinikum H. sei versucht worden. Dort habe man die Klägerin aber nicht ausreichend behandelt, insbesondere trotz des Hinweises auf allergische Reaktionen bei den Infusionen keine Herz- und Kreislaufüberwachung durchgeführt, so dass die Klägerin die Therapie wieder in F. fortgesetzt habe. Zwischenzeitlich leide sie auch unter einer starken Depression und befinde sich in psychotherapeutischer Behandlung Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Am 14.04.2008 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim erhoben. Sie trägt u. a. vor, bei ihrer Erkrankung handle es sich um einen variablen Immundefekt (Common variable Immunodefiency - CVID), der durch unzureichende oder fehlende Spiegel von Antikörpern charakterisiert sei. Deshalb leide sie an vermehrt auftretenden Infektionen bis hin zu chronischen Veränderungen der Organe und Atemwege. Therapiert werde die Erkrankung mit der Gabe von Immunglobulinen. Ihre Erwerbsminderung ergebe sich aus den Folgen des Immundefekts. Denn sie vertrage die Therapie nur schlecht und reagiere auf die verabreichten Immunglobuline allergisch. Deshalb sei die Einnahme von Antiallergika und Cortisonpräparaten zwingend erforderlich, was wiederum mit erheblichen Nebenwirkungen wie Schwindel, Herzrasen und Müdigkeit verbunden sei. Ebenfalls würden hierdurch Depressionen ausgelöst bzw. verstärkt. Bereits eine konstante Haushaltsführung sei ihr nicht mehr möglich. Das Sozialgericht befragte die behandelnden Ärzte der Klägerin als sachverständige Zeugen. Dr. W. - Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie - teilte am 03.10.2008 mit, er habe die Klägerin lediglich einmal am 31.01.2008 gesehen. Aus kardiologischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin nicht eingeschränkt. Die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L.-K. berichtete am 16.10.2008 über die seit August 26.08.2006 mit wöchentlichen Sitzungen durchgeführte Psychotherapie der Klägerin. Sie hielt sie zum damaligen Zeitpunkt für so belastbar, dass sie die notwendige medikamentöse Einstellungsphase mit den damit einhergehenden Nebenwirkungen verkraften könne. Eine zusätzliche Belastung durch eine geregelte Arbeit hielt sie nicht für möglich und nahm ein unter dreistündiges Leistungsvermögen an. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. W. ging in ihrer Stellungnahme vom 23.10.2008 aufgrund des komplexen Krankheitsbildes der Klägerin von einem aufgehobenen Leistungsvermögen aus. Dr. G. - Assistenzärztin am Fachbereich Rheumatologie und Klinische Immunologie des Universitätsklinikums F. - berichtete mit Schreiben vom 04.11.2008 über die seit dem 23.03.2006 durchgeführte ambulante Behandlung der Klägerin. Die subkutane Immunglobulin-Substitionsbehandlung sei am 12.06.2006 begonnen worden. Problematisch seien die systemischen Nebenwirkungen der Therapie im Sinne von Schwindel, Schweißausbruch, Druck auf der Brust. Wegen dieser Nebenwirkungen seien die Immunglobulin-Präparate mehrmals gewechselt und eine Prämedikation mit Cortison und Antihystaminika erforderlich geworden. Die Klägerin sei noch dazu in der Lage, täglich mindestens sechs Stunden eine leichte körperliche Arbeit zu verrichten. Eine Wiedereingliederung könne versucht werden. Entgegenstehen könne aber die Abgeschlagenheit, die bei chronisch kranken Patienten öfter auftrete, und die Substitutionsbehandlung, falls sich die Klägerin am Tag der Substitution nicht gut fühle. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. teilte am 20.11.2008 mit, aufgrund von Untersuchungen am 19. und 24.06.2008 seien bei der Klägerin eine depressive Entwicklung bei chronischer körperlicher Erkrankung und ein psycho-physisches Erschöpfungs-Syndrom zu diagnostizieren. Es bestehe ein aufgehobenes Leistungsvermögen, da sich die Klägerin fast dauerhaft in einem psychischen wie physischen Erschöpfungszustand befinde. Die zur Behandlung der Nebenwirkungen durchgeführte Kortisongabe könne eine bestehende Depression verstärken bzw. eine solche auslösen. Das eingenommene Antiallergikum Tavegil verursache Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Das Sozialgericht erhob ferner von Amts wegen ein psychiatrisches Gutachten. Dr. Dr. H. - Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie - stellte in ihrem Gutachten vom 25.02.2009 eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik fest, die eine verminderte Belastbarkeit, eine eingeschränkte Umstellungsfähigkeit, eine verminderte Gestaltungsfähigkeit sowie ein anhaltendes Erschöpfungsgefühl bedinge. Das Durchhaltevermögen sei reduziert, es bestehe eine schnelle Ermüdbarkeit, eine eingeschränkte Flexibilität im Umgang mit belastenden Situationen. Nicht mehr zumutbar seien mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten, dagegen seien Tätigkeiten mit wechselnder Körperhaltung von Stehen und Sitzen bis sechs Stunden täglich möglich. Ein stationäres Heilverfahren sei wenig erfolgversprechend. Desweiteren beauftragte das Sozialgericht den Facharzt für Innere Medizin Dr. S. von Amts wegen mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser diagnostiziert in seinem Gutachten vom 02.06.2009 ein CVID, hyperreagibles Bronchialsystem, Fettleber und Neigung zu Hypertonie. Wegen der Nebenwirkungen der alle zwei Tage zu verabreichenden Immunglobulinbehandlung mit Subcuvia könne der Klägerin eine vollschichtige Tätigkeit nicht zugemutet werden. Möglich seien ausschließlich leichte körperliche Arbeiten im Gehen oder Stehen oder im Sitzen, in geschlossenen, wohltemperierten Räumen maximal vier Stunden täglich. Die Beklagte trat der Klage entgegen und vertrat unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes (Dr. L.) vom 11.8.2009 die Auffassung, dass bisher weder die Infektgefährdung noch eine tatsächlich mehrtägige Verschlechterung des Allgemeinzustandes durch die Immunglobulin-Substitution dokumentiert sei. Bei Annahme eines Trainingsmangels wäre eine Rehamaßnahme in einer geeigneten Fachklinik erfolgversprechend. Diese werde angeboten.
Das Sozialgericht Mannheim hat die Beklagte mit Urteil vom 28.08.2009 verurteilt, der Klägerin ab 1.7.2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit für 3 Jahre zu gewähren und den Bescheid vom 24.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.3.2008 aufgehoben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Gewährung einer Zeitrente, da sie nur noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen bis 4 Stunden täglich zu verrichten. Das Sozialgericht stütze sich auf die Begutachtung durch Dr. Dr. S., der eine entsprechende Leistungsminderung der Klägerin aufgrund des internistischen Befundes festgestellt habe. In neurologisch-psychiatrischer Hinsicht lasse sich keine quantitative Leistungsminderung nachweisen. Das Gutachten der Sachverständigen Dr. Dr. H. habe eine Anpassungsstörung mit emotionaler Symptomatik aufgezeigt, die aber lediglich qualitative Einschränkungen bedinge. Demgegenüber zeige der gerichtliche Sachverständige Dr. S. die Auswirkungen des erstmals im März 2006 diagnostizierten CVID auf. Die zur Behandlung dieser Erkrankung durchgeführte subkutane Immunglobulin-Substitution habe auch - wie die Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. G. dokumentiere - zu einer Besserung der Beschwerden im Sinne einer Verminderung der Infektanfälligkeit geführt. Es hätten sich aber systemische Auswirkungen der Therapie im Sinne von Schwindel, Schweißausbruch, Druck auf der Brust während der Infusion gezeigt. Deshalb hätten die Immunglobulin-Präparate mehrmals gewechselt und eine Prämedikation mit Kortison und Antihystaminika durchgeführt werden müssen. Die langwierige Therapie sei erkennbar mit erheblichen Folgeerscheinungen verbunden. Die Schlussfolgerung des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S., dass die Klägerin insbesondere wegen der Nebenwirkungen der alle 2 Tage zu verabreichenden Immunglobulin-Behandlung mit Subcuvia keinen vollständigen Arbeitstag mehr bewältigen könne, sei daher nachvollziehbar. Gerade die in psychiatrischer Hinsicht beobachtete schnelle Ermüdbarkeit sowie ein anhaltendes Erschöpfungsgefühl führten zu einer qualitativen Leistungsminderung. Der Einschätzung von Dr. S. stehe auch nicht die Aussage von Dr. G. entgegen, wonach eine Wiedereingliederung versucht werden könne. Eine solche Wiedereingliederung bedeute zwangsläufig, dass zunächst mit reduzierter Arbeitszeit begonnen und dann nach einer gewissen Anlaufphase versucht werde, wieder auf eine volle Arbeitszeit überzugehen. Auch Dr. G. betone, dass ein Wiedereingliederungsversuch durch die Abgeschlagenheit der Klägerin und die Immunglobulinsubstitution belastet sei, d.h. dass es eher als unwahrscheinlich angesehen werden müsse, dass die Klägerin eine 6-stündige Tätigkeit verrichten könne. Die Einwände der Beklagten durch die Stellungnahme von Dr. L. vom 11.8.2009 teilte das Sozialgericht nicht. Nach dem dokumentierten Krankheitsverlauf der Klägerin seit März 2006 und der daraus ersichtlichen Therapie mit problematischen Nebenwirkungen erscheine es verkürzt, aktuelle Einschränkungen ausschließlich einem Trainingsmangel zuzuschreiben. Auch wenn Dr. S. keine relevanten funktionellen Einschränkungen im internistischen Bereich habe feststellen können, sei wesentlich, dass die Klägerin durch die Nebenwirkungen der laufend durchgeführten Immunglobulin-Substitution regelmäßig in ihrer Belastbarkeit eingeschränkt werde und deshalb nicht oder noch nicht in der Lage sei, eine volle Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einem Leistungsvermögen von maximal 4 Stunden täglich bestehe eine teilweise Erwerbsminderung, die aber rechtlich wegen Fehlens eines Teilzeitarbeitsplatzes zur vollen Erwerbsminderung führe. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sei die deshalb zu gewährende Rente auf Zeit zu leisten. Auch wenn der gerichtliche Sachverständige von einem Dauerzustand ausgehe, sei es noch nicht unwahrscheinlich, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne. Hierzu könne die angebotene Rehabilitationsmaßnahme durchaus sinnvoll sein und solle unbedingt auch von der Klägerin in Anspruch genommen werden. Unverzichtbar sei dabei aber, dass die Beklagte eine tatsächlich für das Krankheitsbild der Klägerin geeignete Klinik anbiete. Nach Durchführung einer solchen Rehabilitationsmaßnahme wäre dann erneut zu prüfen, ob eine Änderung des derzeitigen Leistungsvermögens eingetreten sei.
Gegen das ihr am 07.09.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10.09.2009 Berufung eingelegt. Sie führt zur Begründung aus, Dr. S. sei bei seiner Leistungseinschätzung offenbar davon ausgegangen, dass die Sachverständige Dr. Dr. H. ebenfalls ein vierstündiges Leistungsvermögen angenommen habe. Dies treffe aber nicht zu. Zudem sei auch nicht plausibel, warum kein sechsstündiges Leistungsvermögen bestehe, wenn eine Leistungsfähigkeit für noch vier Stunden angenommen werde. Sie nahm Bezug auf die frühere Stellungnahme von Dr. L. vom sozialmedizinischen Dienst vom 11.08.2009 und dessen aktuelle Stellungnahme vom 16.11.2009, wonach leistungsmindernde Auswirkungen der Substitutionstherapie nicht ausreichend objektiviert seien. Auch Dr. G. und Prof. P vom Universitätsklinikum F. hätten ein sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht. Da das Sozialgericht von einem Leistungsfall zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung ausgegangen sei, hätte eine Zeitrente ohnehin frühestens ab dem 01.02.2008 bewilligt werden können.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28.08.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Dieses habe sich zu Recht auf die Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. S. gestützt. Es sei nicht erkennbar, dass diese allein auf der Einschätzung der Gutachterin Dr. Dr. H. basiert habe, diese habe lediglich eine Einschätzung auf der Grundlage ihres Fachgebietes abgegeben. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass eine leistungsmindernde Auswirkung der unerwünschten Nebenwirkungen der durchzuführenden Therapie nicht objektiviert sei, sei dem entgegenzuhalten, dass Dr. G. in ihrer Auskunft angegeben habe, dass aber die Abgeschlagenheit, die bei chronisch kranken Patienten öfter auftrete, und die Substitutionsbehandlung, falls sich die Klägerin am Tag der Substitution nicht gut fühle, einer Wiedereingliederung entgegenstehen könnten. Genau dies sei aber bei der Klägerin der Fall. Außerdem sei das Gericht in seinen Entscheidungsgründen von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits bei Diagnosestellung im März 2006 ausgegangen, so dass ein verspäteter Rentenantrag i.S.v. § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI vorliege und die Rente zu Recht ab Antragstellung zugesprochen worden sei.
Der Senat hat weitere Ermittlungen durchgeführt. Zunächst hat er ein Gutachten des Prof. Dr. P und der Frau G. vom Universitätsklinikum F. eingeholt. In dem Gutachten vom 30.04.2010 haben die Gutachter folgende Diagnosen gestellt:
1. Variabler Immundefekt (CVID), Typ Ib (D80.1), EM in der Kindheit, ED 03/06 bei • Erniedrigung aller 3 Immunglobulin-Klassen, • Fehlenden Impfantikörpern auf Pneumovax • Infektanamnese: rezidivierende respiratorische Infekte • Ausschluss sekundäre Formen 2. Hyperreagibles Bronchialsystem (auswärtige Diagnose) 3. Z.n. 2-maliger Fazialisparese 1992 und 2003 4. Gonarthralgien 5. Steatosis hepatis; leichte Erhöhung GPT und gGT 6. Nierenzyste links 7. Hypertensive Entgleisung unter IgG Substitution 8. Mäßiggradige Heberden- und Bouchard-Arthrose sowie STT-Arthrosen bds.
Die Therapie bei IgG-Werten unter dem Zielbereich habe auf 3-mal in der Woche erweitert werden müssen. Es bestehe bei der Klägerin sowohl während der Infusionen als auch bis zum nächsten Tag um die Mittagszeit eine extreme Müdigkeit, Blutdruckerhöhung, Herzrhytmusstörungen und Schwindel. Somit leide die Klägerin in dem jetzigen Zustand von Montag bis Samstag an den Folgen der Therapieunverträglichkeit und sei nicht in der Lage einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Aktuell bestehe aufgrund von vermehrten allergischen Beschwerden sogar eine Verschlechterung des im Vorjahr erreichten Zustandes. Aus diesem Grund und angesichts der Vorgeschichte mit mehreren Therapieumstellungen werde die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit für drei Jahren befürwortet. Danach könne eine Wiedereingliederung mit 4 Stunden am Tag mit einer leichten körperlichen Arbeit unternommen werden. Dabei sollten Tätigkeiten mit erhöhter Infektgefährdung, Kälte, Nässe, Zugluft oder größerer Menschenansammlung in Infektzeiten vermieden werden.
Die Beklagte hat sich hierzu unter Bezugnahme auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. L. vom 18.05.2010 geäußert und erneut beanstandet, dass die von der Klägerin vorgetragene Beschwerdeausprägung weder gutachterlich beobachtet noch anderweitig objektiviert worden sei. Es sei bisher in keiner Begutachtung eine vorzeitige Erschöpfbarkeit festgestellt worden, da die Klägerin sich die Medikamente zu Hause eigenständig appliziere. Eine vermehrte Erschöpfbarkeit sei aber jedenfalls im Rahmen einer mehrstündigen Begutachtung durchaus objektivierbar. Ein leistungsmindernder Schweregrad der Erkrankung auch für leichte Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden sei nicht erkennbar.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.07.2010 haben die Gutachter Prof. Dr. P und Dr. G. ausgeführt, Patienten mit schwerem Antikörpermangel und chronisch erhöhter sinubronchialer Infektanfälligkeit seien per se schon leichter erschöpfbar als gesunde Personen. Wenn hierzu noch Unverträglichkeitsreaktionen durch die erforderlichen Immunglobulin-Substitutionen kommen würden, werde die Problematik nicht einfacher. Bei der Klägerin seien nach intravenöser Immunglobulinsubstitution Schwindel, Schweißausbrüche, Druck auf Brustkorb, Dyspnoe, Palpitationen, erhöhter Blutdruck, Juckreiz und ausgeprägte Müdigkeit aufgetreten. Diese ausgeprägten Kreislaufreaktionen seien so schwer gewesen, dass die Infusionen zum Teil hätten abgebrochen werden müssen. Auch durch den Wechsel auf andere Präparate seien die Beschwerden nicht erträglicher geworden. Erst nach dem Wechsel auf subcutane Infusionen montags, mittwochs und freitags (Heimtherapie) sei die Immunglobulin-Substitutions-verträglichkeit insgesamt besser geworden, die Einnahme von Prednison 15 mg vor und 5 mg nach der Infusion sei aber weiterhin notwendig. Daraus resultierten auch Störungen der circadianen Befindlichkeit, da die Hauptdosis an Prednison abends genommen wird, um die Müdigkeit nach der subcutanen Infusion zu vermindern. Der Wechsel zur subcutanen ambulanten Heimtherapie habe insgesamt eine Besserung, aber kein völliges Verschwinden der Nebenwirkungsreaktionen erbracht.
Hierzu hat sich die Beklagte unter Vorlage einer weiteren Stellungnahme des Dr. L. geäußert und an ihrem Standpunkt festgehalten. Dr. L. hat in seiner Stellungnahme vom 02.08.2010 ausgeführt, Zeichen einer vorzeitigen Erschöpfung fänden sich trotz sorgfältiger Lektüre in keinem der vorliegenden Gutachten und in keiner der ärztlichen Stellungnahmen. Im Gutachten der Universitätsklinik F. vom 30.04.2010 würden die Beschwerdeangaben der Klägerin aufgeführt. Ihren Angaben zufolge halte die Müdigkeit im Rahmen der abendlichen Immunglobulin-Infusionen am Tag nach der Infusion bis zum Nachmittag an. Eine Objektivierung dieser Angaben sei nicht vorgenommen worden. Beschrieben worden sei ein vollständig unauffälliger Untersuchungsbefund eben ohne Erschöpfungszeichen. Allein die Aussage der Klägerin hinsichtlich der auch am Folgetag nach der Immunglobulin-Infusion andauernden Müdigkeit reiche für die Annahme einer quantitativen Leistungsminderung nicht aus. Trotz der bestehenden Unterschiede hinsichtlich der Ätiologie könne hier ein Vergleich zu anderen, das Immunsystem betreffenden Erkrankungen (wie etwa der HIV-Infektion) gezogen werden. Das Ausmaß der resultierenden Leistungsminderung hänge im Wesentlichen ab von den Sekundärschäden im Bereich des Allgemeinzustandes oder der Muskulatur oder resultierenden Funktionsdefiziten der Organsysteme. Hier fänden sich jedoch bei Frau B. erfreulicherweise keine Defizite.
Der Senat hat desweiteren von Amts wegen ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. Sch. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 22.10.2010 folgende Diagnosen erhoben: 1. CVID (variabler Immundefekt), Erstdiagnose 03/2006. (D80.1) Unter Substituti-onstherapie gebesserte Infektneigung. Problematische Substitutionsbehandlung. 2. Hyperreagibles Bronchialsystem, unter Behandlung keine Einschränkung der Lungenfunktion 3. Fettleber mit diskreter Enzymerhöhung 4. Labiler Hypertonus 5. Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (F43.2) Die Klägerin habe den Verlauf der Erkrankung und der Therapie ohne Abweichung von früheren Berichten geschildert. Nach ihren Angaben verlaufe die Behandlung aktuell in der Weise, dass sie an drei Abenden sich die Infusion gebe, vorher die Medikamente einnehme, welche die allergischen und vegetativen Reaktionen abfingen, und nach den Infusionen alsbald einschlafe. Am nächsten Morgen nehme sie noch einmal eine kleine Dosis des Cortisonpräparates und ggf. noch ein Antihistaminikum gegen die allergischen Reaktionen. Dann fühle sie sich noch bis Mittag abgeschlagen und müde, habe niedrigen Blutdruck, es sei ihr auch schwindelig und sie habe Engegefühl bei der Atmung, welches sie mit einem Symbicort-Spray bekämpfen müsse. Die Untersuchung beim Gutachter sei am Tag nach einer Infusion erfolgt und damit - da sie morgens stattgefunden habe - in die Phase der im häuslichen Umfeld verspürten Leis-tungsunfähigkeit gefallen. Die im Rahmen der Untersuchung gemessenen Kreislaufparameter hätten einen niedrigen Blutdruck nicht objektivieren können; vielmehr sei eine leichte Hypertonie vorhanden gewesen. Eine Tachykardie habe nicht bestanden, es sei hingegen eine leichte Bradykardie festzustellen gewesen. Eine Kreislaufinstabilität sei nicht zu objektivieren gewesen. Im Stehtest hätten sich die Kreislaufparameter eher als auffallend stabil mit einer leichten Tendenz zur hypertonen Regulation erwiesen. Die Lungenfunktionsuntersuchung habe eine ungestörte Ventilation ergeben, also keine Obstruktion oder Restriktion, sodass sich für den von der Klägerin im Rahmen des explorativen Interviews hypothetisch geäußerten Zusammenhang eines morgendlichen Engegefühls in der Brust (welches sie auch während der Untersuchung angegeben habe) mit einer gestörten Lungenfunktion keine objektive Bestätigung gefunden habe. In Anbetracht des aus den Akten bereits diskutierten Streitpunktes der Müdigkeit und Antriebslosigkeit habe das mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtete Verhaltens der Probandin insgesamt keine relevanten Einschränkungen im Hinblick auf die Konzentrationsfähigkeit, das Durchhaltevermögen und die Psychomotorik allgemein erkennen lassen. Es sei zwar davon auszugehen, dass es einen Unterschied darstelle, ob die Klägerin zu Hause die beschriebenen Symptome wahrnehme oder ob sie sich im Rahmen einer gutachterlichen Untersuchung in einer Arztpraxis befinde, wo durch die äußeren Umstände naturgegeben eine erheblichere Stimulation stattfinde. Insofern könne aus der hier fehlenden Objektivierbarkeit der Symptome nicht zwingend abgeleitet werden, dass diese erfunden oder eingebildet seien. Auf der anderen Seite schließe aber das Auftreten der subjektiven Beschwerden im häuslichen Rahmen nicht eine Erwerbstätigkeit aus, da bei einer Erwerbstätigkeit in Bezug auf die genannten stimulierenden Faktoren vergleichbare Umstände angenommen werden könnten wie in der Arztpraxis. Die im häuslichen Rahmen festgestellten subjektiven Beschwerden seien nach der Einschätzung des Gutachters vorwiegend der psychiatrischen Beeinträchtigung zuzuschreiben, da die dort festgestellte, depressiv getönte Anpassungsstörung mit entsprechenden Minderungen des Antriebs und weiterer mental-kognitiver Funktion einhergehe, diese aber nicht so schwerwiegend ausgeprägt seien, dass sie das erwerbsbezogene Leistungsvermögen in quantitativer Hinsicht einschränken würden. Die im psychiatrischen Gutachten von Dr. Dr. H. als möglicherweise einschränkend apostrophierten internistischen Einschränkungen könnten jedoch aufgrund der nunmehr erhobenen Befunde als nicht relevant leistungsmindernd eingeschätzt werden. Die in den verschiedenen Vorgutachten und Stellungnahmen angenommenen erheblichen Einschränkungen des erwerbsbezogenen Leistungsvermögens aufgrund der Therapienebenwirkungen übernähmen zum einen die subjektiven Angaben der Klägerin, zum anderen gingen sie von deduzierten Annahmen aus, welche offenkundig nicht zuträfen, was der Sachverständige im Einzelnen (vgl. Bl. 93 Rückseite der Senatsakten) dargelegt hat. Im Ergebnis sei es bei der Untersuchung nicht gelungen, die leistungsmindernden Nebenwirkungen der Behandlung mit Immunglobulinen zu objektivieren. Aus sämtlichen festgestellten Befunden müsse abgeleitet werden, dass eine erhebliche Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht nicht vorliege. Die Klägerin könne in einem täglichen Umfang von sechs und mehr Stunden ausschließlich leichte Tätigkeiten verrichten, welche nicht mit erhöhter Infektgefährdung, Kälte, Nässe und Hitze, Staubexposition und Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen, besonderem Zeitdruck, überdurchschnittlichen Anforderungen an die Stressbelastbarkeit und Nachtschicht verbunden seien.
Die Klägerin hat durch ihre Bevollmächtigte zu dem Gutachten vortragen lassen, es liege entgegen der Auffassung des Gutachters keine ausreichende Kompensation ihrer Infektanfälligkeit durch die Behandlung vor. Angesichts der beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen sei fraglich, welchen Arbeitsplatz es überhaupt gebe, der diesen Einschränkungen gerecht werde. Die Begutachtung sei zur Zeit eines geringen Pollenfluges vorgenommen worden. In Zeiten starken Pollenfluges bestehe wegen der erhöhten Allergieanfälligkeit aufgrund der Substitutionstherapie aber hinsichtlich der Lungenfunktion eine erhebliche Problematik, die eine Cortisonpulstherapie erfordere. Es sei daher anzunehmen, dass die bisherigen Gutachter den objektiven Zustand der Klägerin zutreffend beschrieben hätten. Der Gutachter habe ausgeführt, dass die von der Klägerin beschriebenen körperlichen Beeinträchtigungen am Tag nach einer Infusion nicht objektivierbar seien, da unter anderen ein zu niedriger Blutdruck nicht habe festgestellt werden können. Dass bei einer solchen Untersuchung aufgrund der dann akuten Stresssituation nicht die üblichen Werte messbar seien, dürfe auf der Hand liegen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die bisher von den vertrauten Ärzten bescheinigten Werte die objektive Situation darstellen würden. Dr. Sch. habe in diesem Zusammenhang zu Recht festgestellt, dass bei einer gutachterlichen Untersuchung in einer Arztpraxis durch äußere Umstände naturgegeben eine erhebliche Stimulation stattfinde. Insofern könne aus der fehlenden Objektivierbarkeit der Symptome nicht zwingend abgeleitet werden, dass diese erfunden oder eingebildet seien. Nicht nachvollziehbar sei jedoch, dass Dr. Sch. vergleichbare Umstände hinsichtlich der stimulierenden Faktoren im Rahmen der Erwerbstätigkeit und des Besuchs in der Arztpraxis annehme. Eine ärztliche Begutachtung im Zuge eines Klageverfahrens stelle eine besondere Ausnahmesituation dar, welche keinesfalls mit einem gewöhnlichen Arbeitstag verglichen werden könne. Dementsprechend könne nicht auf eine der Untersuchungssituation ähnliche Stimulation am Arbeitsplatz geschlossen und die Arbeitsfähigkeit der Klägerin daran festgemacht werden. Die von Dr. Sch. angenommene stimulierende Wirkung des Cortisons sei bei einer Dauermedikation mit Cortison nicht gegeben. Im Übrigen habe Dr. Sch. die vorangegangenen Gutachten und Stellungnahmen pauschal als unzutreffend abgehandelt. Eine überzeugende Begründung seiner Leistungseinschätzung und der Abweichung von früheren Gutachten habe er nicht gegeben. Unter Vorlage eines Karteikartenauszugs ihrer behandelnden Ärztin Dr. W. gab die Klägerin an, in der Zeit vom 01.10.2009 bis zum 21.09.2010 mehrfach an einer Seitenstrangangina und Sinusitis erkrankt gewesen zu sein, die mit entsprechenden Antibiotika hätten behandelt werden müssen. Ebenso seien Kreislaufbeschwerden und Gelenkbeschwerden aufgetreten. Der Gutachter habe sich auch nicht mit der Stellungnahme von Dr. H. vom 11.10.2010, den die Klägerin vorgelegt habe, auseinandergesetzt.
Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. hatte in seiner Stellungnahme vom 11.10.2010 als Diagnose eine depressive Entwicklung bei chronischer körperlicher Erkrankung angegeben und das vorhandene Krankheitsbild als komplex mit deutlicher Tendenz zur Verschlechterung beschrieben. Die langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen bedingten nach seiner Auffassung zusätzlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit.
Dr. Sch. hat sich am 04.07.2011 zu den Einwendungen der Klägerin geäußert. Zur Frage, ob ein den Leistungsausschlüssen entsprechender Arbeitsplatz gefunden werden könne, hat er darauf hingewiesen, dass die genannten Leistungsausschlüsse nicht besonders zahlreich und nicht besonders exkludierend und bei einer nur geringen Zahl von Arbeitsplätzen vorhanden seien. Der Hinweis auf Zeiten des Pollenflugs habe überrascht, da eine Pollenallergie bei ihm nicht berichtet worden sei. Auch aus den Unterlagen der Hausärztin seien keine entsprechenden Auswirkungen etwa im Sinne eines Asthmas zu entnehmen. Hinsichtlich der Aktivierungswirkung der Untersuchungssituation halte er weiterhin eine Vergleichbarkeit mit dem Arbeitsleben für gegeben. Eine echte Ausnahmesituation mit erregten oder irritierten Reaktionen habe während der Untersuchung habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Mit dem Hinweis auf die Dauerbehandlung mit Cortison könne seine Auffassung, die vorgebrachte Müdigkeit sei mit der Cortisongabe nicht zu begründen, weil Cortison eine stimulierende Wirkung habe, nicht entkräftet werden. Die morgendliche Gabe von Cortison passe sich den physiologischen Gegebenheiten des Körpers an, der auch bei unbehandelten Personen am Morgen die stärkste Cortisonausschüttung zeige. Er habe sich in seiner Erörterung explizit mit den wesentlichen Gesichtspunkten der vorhandenen Gutachten auseinandergesetzt und diese nicht pauschal als unzutreffend abgelehnt. Dass die Infektanfälligkeit mit der durchgeführten Therapie gut beherrscht werde, habe die Klägerin selbst angegeben. Zu der von Dr. H. beschriebenen Verschlechterung der psychischen Verfassung der Klägerin habe er in seinem Gutachten ausgeführt, dass in der Untersuchungssituation eine relevante psychische Erschöpfung nicht habe festgestellt werden können. Die Erwähnung von Kreislaufbeschwerden sei sehr unspezifisch und gebe lediglich die subjektiven Empfindungen der Klägerin wieder. Ebenso handele es sich bei den angeführten Gelenkproblemen um keine medizinische Diagnose oder ausreichend präzise Beschreibung, aus der irgendwelche Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen gezogen werden könnten. Der Karteikarte der Hausärztin sei im Übrigen zu entnehmen, dass sich aufgetretene Gelenksbeschwerden nach vergleichsweise kurzer Zeit wieder gebessert hätten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die von den Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Das Urteil des Sozialgerichts kann daher keinen Bestand behalten.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Davon ausgehend steht der Klägerin Erwerbsminderungsrente nicht zu, da sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Das hat die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren ergeben.
Nach den Feststellungen der im Berufungsverfahren beauftragten Gutachter leidet die Klägerin in internistischer Hinsicht an einem variablen Immundefekt (CVID), Typ Ib (D80.1), einem hyperreagiblen Bronchialsystem, einer Fettleber mit diskreter Enzymerhöhung und einem labilen Hypertonus. Dies ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Gutachten von Prof. Dr. P/Dr. G. vom 30.04.2010 und von Dr. Sch. vom 22.10.2010. Daneben nennen Prof. Dr. P/Dr. G. einen Zustand nach zweimaliger Fazialisparese 1992 und 2003 sowie eine Nierenzyste links und auf orthopädischem Fachgebiet Gonarthralgien und eine mäßig gradige Heberden- und Bouchard-Arthrose sowie STT-Arthrosen beidseits. Dr. Sch. führt aus dem psychiatrischen Fachgebiet eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (F43.2) auf. Im Vordergrund stehen die internistischen Beschwerden der Klägerin, insbesondere der Immundefekt (CVID), zu dessen Behandlung sich die Klägerin einer dauerhaften Substitionstherapie durch subkutane Gabe von Immunglobulinen unterzieht. Die Klägerin hat sich im Verfahren auf erhebliche Nebenwirkungen dieser Therapie berufen, die aus ihrer Sicht zu einer rentenrelevanten Minderung der Erwerbsfähigkeit führen. Dies hatte der Gutachter Dr. S. im erstinstanzlichen Verfahren auch bestätigt, so dass das Sozialgericht von einem Restleistungsvermögen für einen Tätigkeit von lediglich vier Stunden arbeitstäglich ausgegangen ist und der Klägerin eine Zeitrente bewilligt hat.
Die Ermittlungen, die der Senat von Amts wegen auf die von der Beklagten erhobenen Einwendungen hin im Berufungsverfahren durchgeführt hat, bestätigen die Einschätzung von Dr. S. nicht. Auf der Grundlage des von Dr. Sch. erstellten Gutachtens gelangt der Senat zu der Auffassung, dass die Substitutionstherapie keine Nebenwirkungen von so gravierendem Ausmaß entfaltet, dass diese das Leistungsvermögen der Klägerin auf einen Umfang von unter sechs Stunden arbeitstäglich einschränken oder gar aufheben würden. Nach den Feststellungen von Dr. Sch. ist die Klägerin im Rahmen der durchzuführenden Substitutionstherapie inzwischen so gut eingestellt, dass nicht nur der Mangel an Immunglobulinen und die daraus resultierende Infektanfälligkeit ausreichend kompensiert sind, sondern dass auch die damit verbundenen Nebenwirkungen auf ein Maß beschränkt sind, dass ihnen Auswirkungen auf das Leistungsvermögen der Klägerin nicht in einem erwerbsmindernden Umfang zukommen.
Dr. Sch. hat die Klägerin an einem auf eine Substitutionsbehandlung folgenden Tag begutachtet. Er konnte die von der Klägerin im Rahmen der Exploration vorgetragenen Beschwerden, die sowohl den Gutachten von Dr. S. als auch von Prof. Dr. P/Dr. G. zugrunde gelegt wurden, nicht verifizieren. Die Klägerin hatte von Abgeschlagenheit und Müdigkeit bis zum Mittag des Tages berichtet, der auf die abends durchgeführte subkutane Substitutionsbehandlung folgt, ferner von niedrigem Blutdruck, Schwindel und Engegefühl bei der Atmung. Dr. Sch. hat im Rahmen seiner Untersuchungen kein klinisches Korrelat für derartige Beschwerden erheben können. Die Blutdruckwerte haben eher eine leichte Hypertonie als einen niedrigen Blutdruck ergeben. Kreislaufinstabilitäten waren nicht nachzuweisen, im Stehtest haben sich sogar auffallend stabile Kreislaufparameter ergeben. Auch die Lungenfunktionsprüfung hat eine ungestörte Ventilation ergeben, so dass sich für das von der Klägerin beschriebene Engegefühl kein klinischer Nachweis ergeben hat, insbesondere nicht die von der Klägerin vermutete gestörte Lungenfunktion. Vielmehr haben sich die von der Beklagten wiederholt geäußerten Zweifel an der Objektivierbarkeit der von der Klägerin berichteten Nebenwirkungen bestätigt.
Dr. L. vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten hat in seinen im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen wiederholt darauf abgestellt, eine vorzeitige Erschöpfbarkeit der Klägerin sei nicht nachvollziehbar objektiviert worden, sondern von den Gutachtern Dr. S. sowie Prof. Dr. P/Dr. G. stets auf der Grundlage der nicht validierten Angaben der Klägerin angenommen worden. Dr. S. hatte bei seiner Untersuchung der Klägerin weder auffällige Blutdruckwerte noch einen auffälligen kardiologischen oder pulmonalen Befund erhoben. Eine relevante Pumpfunktionsstörung der linken Herzkammer konnte ausgeschlossen werden, im Ruhe-EKG fanden sich keine relevanten Auffälligkeiten. Das Belastungs-EKG wurde bei 75 Watt unter Hinweis auf Kniebeschwerden abgebrochen. Ein Hinweis auf eine Koronarinsuffizienz hatte sich im erbrachten Leistungsbereich nicht gefunden. Eine Lungenfunktionsprüfung ergab Werte im Normalbereich, sowohl hinsichtlich der Lungenvolumina, als auch bei der Ergospirometrie. Hier erreichte die Klägerin auf dem Laufband einen Wert von 130 Watt, der einem Fahrradäquivalent von 90 Watt entsprach. Der Gutachter war bei ansonsten fehlenden Hinweisen auf eine kardio-pulmonale Erkrankung insoweit von einem Trainingsmangel ausgegangen. Ungeachtet dieser unauffälligen Befunde ist Dr. S. aufgrund der Angaben im Arztbericht der Universitätsklinik F. vom 30.04.2008 und der Angaben der Klägerin davon ausgegangen, dass eine schnelle Ermüdbarkeit und ein anhaltendes Erschöpfungsgefühl einem vollschichtigen Leistungsvermögen entgegen stehe. Allerdings ergibt sich aus dem von Dr. S. herangezogenen Bericht der Universitätsklinik F., dass seit Anfang 2008 eine gute Verträglichkeit der Substutionsmedikation zu verzeichnen war und die zunächst aufgetretenen Beschwerden bei der Einstellung zurückgegangen waren.
Aus diesem Grund vermag auch die Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin, die im Gutachten von Prof. Dr. P/Dr. G. vom Universitätsklinikum F. vom 30.04.2010 abgegeben wurde, den Senat nicht zu überzeugen. Die Gutachter waren von einem aufgehobenen Leistungsvermögen aufgrund der Therapieunverträglichkeit ausgegangen. Dabei gingen die Gutachter davon aus, dass die Klägerin, die zum Zeitpunkt der Begutachtung dreimal wöchentlich Infusionen erhielt, sowohl während der Infusionen als auch anschließend bis zum nächsten Tag um die Mittagszeit an einer extremen Müdigkeit, Blutdruckerhöhung, Herzrhythmusstörungen und Schwindel leidet. Es sei insoweit eine Verschlechterung gegenüber dem im Vorjahr erreichten Zustand eingetreten. Diese Feststellungen der Gutachter beruhen jedoch ausschließlich auf den Angaben der Klägerin, da sie die subkutanen Infusionen zu Hause durchführt. Eine dem Arztbericht vom 30.04.2008 vergleichbare Dokumentation der als Nebenwirkung geklagten Beschwerden liegt nicht vor. Die Gutachter Prof. Dr. P und Dr. G. haben ihre Feststellungen in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 06.07.2010, die der Senat aufgrund der von der Beklagten geäußerten Bedenken eingeholt hatte, auch durchaus relativiert. So haben sie dort berichtet, dass die massiven Kreislaufreaktionen, die bei der intravenösen Verabreichung der Infusionen aufgetreten seien, durch einen Wechsel auf die subkutane Infusionsform insgesamt besser geworden seien, aber kein völliges Verschwinden der Nebenwirkungen erbracht habe. Sie führen aus, dass dies den allgemeinen Erfahrungen entspreche und auch bei der Klägerin so eingetreten sei. Es seien aber auch bei der subkutanen Heimtherapie noch mildere Nebenwirkungen vorhanden. Diese Angaben entsprechen im Wesentlichen dem im Arztbericht vom 30.04.2008 dokumentierten Verlauf. Zu einer Verschlechterung in jüngerer Zeit und zu deren Objektivierung haben die Gutachter aber in der ergänzenden Stellungnahme keine Angaben mehr gemacht. Aufgrund dieser wenig greifbaren Feststellungen ist das Gutachten vom 30.04.2010 mit der Ergänzung vom 06.07.2010 nicht zum Nachweis von leistungsmindernden Nebenwirkungen der Substitutionstherapie geeignet.
Schließlich fällt auf, dass auch die Angaben der Klägerin selbst nicht frei von Inkonsistenzen sind. So hat die Klägerin gegenüber Dr. S. bei der Untersuchung am 30.04.2009 angegeben, wenn sie sich die Infusionen verabreiche, bekomme sie Atembeschwerden und der Blutdruck gehe hoch. Gegenüber den Gutachtern des Universitätsklinikums F. berichtete sie im April 2010, sie werde während der Infusionen sehr müde und müsse schlafen, einmalig gibt sie Herzrasen und Druck auf die Brust und erhöhten Blutdruck an. Am Morgen nach der Infusion sei der Blutdruck hoch, nachmittags wieder niedrig, was ihr Schwindel verursache. Von Atembeschwerden hat sie dort nichts berichtet. Gegenüber Dr. Sch. hat sie angegeben, sie habe am Tag nach der Infusion beim Atmen ein Engegefühl in der Brust. Am Folgetag sei der Blutdruck morgens immer ganz niedrig, es sei ihr schwindlig, sie sei bis zum Nachmittag müde, dann gehe es ihr langsam besser. Von Atembeschwerden während der Infusion hat sie dort nichts berichtet, die Angaben zum Blutdruckverlauf stehen im Widerspruch zu ihren Angaben bei Dr. S. und Dr. G ... Darüber hinaus ist bereits bei der Begutachtung durch Dr. S. aufgefallen, dass die Angabe der Klägerin, sie nehme seit Jahren das Antidepressivum Opipramol, keine Bestätigung in der Laboruntersuchung gefunden hat, bei der nicht einmal Spuren dieser Substanz im Blutserum nachweisbar gewesen sind. Auch bei Dr. Sch. hat die Klägerin die Einnahme vom Opipramol (2 Tabletten abends) angegeben, auch hier lag der bei der Laboruntersuchung nachgewiesene Wert unterhalb des Referenzbereichs.
Entgegen den von der Klägerin geäußerten Einwendungen hält der Senat auch den Vergleich von Dr. Sch. für nachvollziehbar, dass die stimulierenden Faktoren in der Begutachtungssituation denjenigen einer Erwerbstätigkeit entsprechen. Dr. Sch. hat in seinem Gutachten in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass aus der fehlenden Objektivierbarkeit der berichteten Symptome im Rahmen der Begutachtung nicht zwingend geschlossen werden könne, dass diese erfunden oder eingebildet seien. Die im häuslichen Bereich festgestellten subjektiven Beschwerden sind nach der Auffassung von Dr. Sch. der auf psychiatrischem Fachgebiet diagnostizierten depressiv getönten Anpassungsstörung zuzuordnen, allerdings nicht in einem für das quantitative Leistungsvermögen maßgeblichen Ausmaß. Dies hält der Senat aufgrund der ansonsten fehlenden klinischen Befunde für schlüssig und überzeugend.
Auch den Einwand der Klägerin, bei der Begutachtung durch Dr. Sch. habe keine besondere Pollenexposition bestanden, während solcher Zeiten sei aber die Lungenfunktion erheblich problematischer, vermag das Ergebnis der Begutachtung durch Dr. Sch. nicht in Zweifel zu ziehen. Dr. Sch. weist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 04.07.2011 zu Recht darauf hin, dass die Klägerin ihm gegenüber von Beschwerden während des Pollenflugs nichts berichtet habe. Zwar hat die Klägerin gegenüber Dr. G. eine Pollenallergie mitgeteilt, die auch im Arztbericht vom 30.04.2008 dokumentiert ist. Sie hat aber, so die Angaben im Rahmen der Begutachtung an der Uniklinik F. im April 2010, davon berichtet, dass diese durch Therapie mit Fenistil erfolgreich behandelt werden konnte.
Eine Minderung des Leistungsvermögens hat die Klägerin daher nicht nachgewiesen. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben, weshalb sein Urteil auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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