L 5 KR 4922/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3561/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4922/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.09.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Krankengeld über den 22.06.2008 hinaus streitig.

Der 1959 geborene Kläger war zuletzt als Arbeiter im Lager und im Verkauf bei einem Handelsunternehmen versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde aus betriebsbedingten Gründen zum 30.09.2008 beendet. Bereits zum 31.08.2008 hatte sich der Kläger bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet, nach Arbeitslosmeldung bezog der Kläger seit 1.10.2008 Arbeitslosengeld I.

Der Kläger war ab dem 09.05.2008 wegen eines Rückenbeschwerdesyndroms arbeitsunfähig krank. Er bezog bis zum 19.06.2008 weiterhin Arbeitsentgelt und anschließend ab dem 20.06.2008 Krankengeld.

Die Beklagte holte ein Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (im Folgenden: MDK) ein. Im MDK-Gutachten nach Aktenlage vom 19.06.2008 führte Dr. E. aus, der Kläger leide unter einem Lendenwirbelsäulensyndrom. Beim Kläger bestünden weder Geh- noch Stehstörungen und auch keine Bewegungs- bzw. Koordinationsstörungen. Es sei zu einer Rückensymptomatik als Schmerz gekommen, welche nunmehr konservativ behandelt werde. Der Kläger könne seine zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit nunmehr wieder ausüben. Letzter Tag der Arbeitsunfähigkeit sei der 19.06.2008.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 19.06.2008 mit, dass die Arbeitsunfähigkeit zum 22.06.2008 ende und ab diesem Tag kein Krankengeld mehr bezahlt werde. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25.06.2008 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, seine Schmerzen hätten sich trotz Einnahme von Schmerzmitteln, Krankengymnastik und Tragen von Einlagen nicht wesentlich verbessert.

Der Hausarzt des Klägers, Allgemeinmediziner K., teilte auf Nachfrage der Beklagten am 30.06.2008 mit, der Kläger leide unter Rückenbeschwerdesyndrom und es sei am 28.07.2008 ein MRT geplant. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten nach Aktenlage beim MDK ein. Im MDK-Gutachten vom 14.07.2008 führte Dr. E. aus, der Kläger leide unter Rückenbeschwerdesyndrom. Es lägen keine Befunde vor, die zu der Einschätzung führen müssten, dass die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit nicht mehr möglich sei. Allein die in relativ ferner Zukunft anstehende ergänzende Untersuchung könne an der vorherigen Beurteilung nichts ändern. Die lange zeitliche Latenz für das MRT am 28.07.2008 unterstütze einen dringenden Behandlungsbedarf wegen Aktualität der Erkrankung oder Fortschreitens der Erkrankung nicht. Es bleibe bei der Aussage im Gutachten vom 19.06.2008. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 18.07.2008 nochmals vorgetragen hatte, dass sich sein Zustand nicht verbessert habe und dass er als Kassenpatient erst am 28.07.2008 einen MRT-Termin bekommen habe, welcher doch bitte abgewartet werden solle, hat die Beklagte den MRT-Befund vom 28.07.2008 (u.a. kein Nachweis einer spezifischen Beeinträchtigung nervaler Strukturen, insbesondere unauffällige Verhältnisse im Verlauf der Wurzeln/des Spinalnervs L 5 links) beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme beim MDK eingeholt. In der ergänzenden Stellungnahme vom 05.08.2008 führte Dr. E. aus, aus dem MRT-Befund ergebe sich keine Strukturstörung, welche eine berufliche Leistungsminderung erklären könne. Dem Grunde nach liege ein altersentsprechender Befund vor. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten beim MDK ein. Im MDK-Gutachten nach persönlicher Untersuchung vom 27.08.2008 führte Dr. A. aus, der Kläger leide unter einem Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom in Besserung bei Protrusion L2/3 sowie Dysthymie, Sehschwäche links mit Strabismus convergens und chronisch asthmatoiden Beschwerden. Es lägen keine neurologischen Beeinträchtigungen bzw. relevanten objektivierbaren Befundmerkmale und Fähigkeitsstörungen in Bezug zur bisherigen Tätigkeit vor. Somit könne weiterhin von einer Beendigung der Arbeitsunfähigkeit am 19.06.2008 ausgegangen werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 als unbegründet zurück. Es liege über den 22.06.2008 hinaus keine Arbeitsunfähigkeit mehr vor. Zur Begründung stützte sie sich auf die Aussagen des MDK.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt, am 03.11.2008 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, seine behandelnden Ärzte hätten entgegen der Ansicht der Beklagten bei ihm durchgehend eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Er sei von seinem Hausarzt zum Orthopäden und zum Neurologen überwiesen worden. Sein behandelnder Neurologe Dr. H. habe eine somatoforme Schmerzstörung festgestellt. Der behandelnde Hausarzt habe weiterhin Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Aufgrund der nun diagnostizierten somatoformen Schmerzstörung sei die von Seiten der Beklagten getroffene Entscheidung nicht korrekt. Beigefügt war eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Hausarzt K. vom 19.9.2008 für den Zeitraum 05.09.2008 bis 26.09.2008 sowie ein Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 05.09.2008, wonach der Kläger unter einer psychosomatischen Beschwerden, nämlich einer somatoformen Schmerzstörung leide, die stationäre Behandlung erforderlich mache; hierauf beziehe sich die aktuell ausgesprochene Arbeitsunfähigkeit.

Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen vernommen. Der Hausarzt des Klägers und Facharzt für Allgemeinmedizin K. hat am 16.02.2009 berichtet, der Kläger leide unter einem Lendenwirbelsäulensyndrom mit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen (Erstdiagnose 09.05.2008). Es habe eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit bestanden. Er habe sich mit einer Beendigung der Arbeitsunfähigkeit durch die Beklagte zum 19.06.2008 nicht einverstanden erklärt und angegeben, er könne die Einwände des MDK bei der Ausprägung der Symptome und den Schmerzzuständen sowie den Bewegungseinschränkungen im Rahmen des LWS-Syndroms mit ischialgieformer Ausbreitung nicht nachvollziehen. Der Facharzt für Orthopädie Dr. M. hat am 05.03.2009 berichtet, der Kläger habe sich bei ihm am 14.05.2008 erstmals wegen L5-Syndrom links mit Schmerzausstrahlung ins linke Bein vorgestellt. Es seien dann paravertebrale Injektionen, Einlagenverordnung und Krankengymnastik erfolgt. Da sich die Beschwerden bis zum 30.07.2008 nicht verbessert hätten und auch das MRT vom 28.07.2008 keine Erklärung für die bestehenden Schmerzen geboten habe, habe er die neurologische Abklärung angeraten. Es habe bei zu erwartender L5-Läsion links weiterhin Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. hat am 01.04.2009 ausgesagt, der Kläger leide unter somatisierter Depression bzw. somatoformer Schmerzstörung, Dysthymie und depressiver Erschöpfung. Die letzte Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei am 05.09.2008 für einen Zeitraum vom 05.09.2008 bis zum 21.09.2008 erfolgt. Ausschlaggebend dafür seien insbesondere der vom Kläger geäußerte Leidensdruck und die Einschränkungen im Alltag gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 22.09.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Fall sei die Arbeitsunfähigkeit des Klägers am 09.05.2008 eingetreten, während das Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Arbeiter im Lager und im Verkauf noch bestanden habe. Das Beschäftigungsverhältnis sei dann zum 30.09.2008 beendet worden. Daran anschließend sei Arbeitslosigkeit des Klägers eingetreten. Folglich sei Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit abstrakt die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung bzw. gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten. Eine Verweisungstätigkeit müsse wie oben dargestellt im Bezug auf die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen. Das Gericht sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger eine Tätigkeit wie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiter im Lager und im Verkauf ab dem 19.06.2008 wieder ausüben könne und die Beendigung der Krankengeldzahlung durch die Beklagte ab dem 22.06.2008 nicht zu beanstanden sei. Diese Feststellung entnehme das Gericht dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der medizinischen Beweisaufnahme, insbesondere den Gutachten des MDK vom 19.06.2008, vom 14.07.2008 und vom 27.08.2008. Zwar habe der Hausarzt des Klägers und Allgemeinmediziner K. dem Kläger weiterhin das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit attestiert. Auch in seiner Aussage als sachverständiger Zeuge vom 16.02.2008 habe Hausarzt K. die Auffassung vertreten, der Kläger sei durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Diese medizinischen Feststellungen stünden aber im Widerspruch zu den Aussagen des MDK und den weiter vorliegenden medizinischen Unterlagen. Dr. E. habe im MDK-Gutachten vom 19.06.2008 ausgeführt, beim Kläger bestünden weder Geh- oder Stehstörungen und keine Bewegungs- und Koordinationsstörungen. Im Gutachten vom 14.07.2008 habe Dr. E. ausgeführt, es lägen beim Kläger keine Befunde vor, die zu der Einschätzung führen müssten, dass er die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit nicht mehr ausüben könne. Auch die anstehende MRT-Untersuchung am 28.07.2008 begründe keine weitergehende Arbeitsunfähigkeit. Im Übrigen spreche die lange zeitliche Latenz für das MRT gegen einen dringenden Behandlungsbedarf wegen Aktualität der Erkrankung oder fortschreitender Erkrankung. Zudem habe Dr. A. im MDK-Gutachten vom 27.08.2008 nach persönlicher Untersuchung ausgeführt, es lägen keine neurologischen Beeinträchtigungen bzw. relevanten objektivierbaren Befundmerkmale und Fähigkeitsstörungen vor, welche die Ausübung der bisherigen Tätigkeit nicht mehr zuließen. Die Ausführungen des MDK seien für das Gericht in sich schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Das Gericht habe keinen Anlass, an diesen Feststellungen und den daraus abgeleiteten Einschätzungen zur Arbeitsunfähigkeit zu zweifeln. Die Einschätzung des MDK zur Arbeitsunfähigkeit werde unter anderem unterstützt durch den Facharztbericht des Radiologen Dr. E. vom 26.07.2008, nach dem beim Kläger im Bereich der Lendenwirbelsäule multisegmental Chondrose mit Verschmälerung von Bandscheiben und Bandscheibenprotrusionen sowie im Segment LW 2/3 bei Spondylarthrose leichte degenerative Retrolisthesis vorlägen. Jedoch finde sich ausweislich dieses radiologischen Berichts kein Nachweis spezifischer Beeinträchtigungen nervaler Strukturen, insbesondere lägen unauffällige Verhältnisse im Verlauf der Wurzeln des Spinalnervs L5 links vor. Ferner spreche auch der Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom Juni 2008, in dem ein unauffälliger neurologischer Befund dargestellt werde, gegen das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit über den 22.06.2008 hinaus. Auch die Aussagen der sachverständigen Zeugen könnten das Gericht nicht von einem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit über den 22.06.2008 hinaus überzeugen. Die von Hausarzt K. angegebenen Diagnosen und Funktionseinschränkungen hätten bei den Beurteilungen durch den MDK Berücksichtigung gefunden. Die Aussage des Dr. H. sei auch nicht geeignet, eine Arbeitsunfähigkeit über den 22.06.2008 hinaus zu begründen, da Dr. H. lediglich aussagt habe, dass er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 05.09. bis zum 21.09.2008 ausgestellt habe. Die Aussage des Dr. M. sei nicht geeignet, die Aussagen des MDK zu widerlegen, da Dr. M. lediglich Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 14.05.2008 bis zum 06.06.2008 attestiert habe. Danach habe sich der Kläger jedoch erst wieder am 30.07.2008 bei Dr. M. in Behandlung befunden. Mithin liege keine über den 22.06.2008 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit mehr vor.

Gegen diesen ihm am 25.09.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 26.10.2009 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und im wesentlichen geltend gemacht, das SG habe in seiner Entscheidung nicht ausreichend beachtet, dass seine behandelnden Ärzte in ihren Stellungnahmen mitgeteilt hätten, dass über die attestierte Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.06.2008 weiterhin eine Arbeitsunfähigkeit bei dem Kläger über den 22.06.2008 hinaus bestanden habe. Der beauftragte Hausarzt Dr. K., habe in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 16.02.2009 bestätigt, dass an der Arbeitsunfähigkeit vom 09.05.2008 bis 16.09.2008 keinerlei Zweifel bestünden, da die Ausprägung der Symptome und die Schmerzzustände sowie die Bewegungseinschränkungen im Rahmen des LWS-Syndroms mit ischialgieformer Ausbreitung eine längere Arbeitsunfähigkeit bedingt hätten. Dies sei auch bestätigt worden durch den mitbehandelnden Arzt für Orthopädie. Dieser habe in seinem Gutachten vom 05.03.2009 darauf hingewiesen, dass eine neurologische Abklärung erfolgen sollte. Dies habe auch der behandelnde Facharzt für Psychiatrie Dr. H. bestätigt und mitgeteilt, dass eine somatisierte Depression bzw. somatoforme Schmerzstörung vorliege sowie auch eine depressive Erschöpfung, die einhergehe mit den Schmerzzuständen im Bereich der Wirbelsäule. Auch er gebe eine Arbeitsunfähigkeit bis 21.09.2008 an. Wie bereits in der Klagebegründung vorgetragen, seien die behandelnden Ärzte zuerst davon ausgegangen, dass er unter einem Bandscheibenproblem leide, nachdem jedoch eine MRT erfolgt sei, sei festgestellt worden, dass kein Bandscheibenvorfall vorliege, sondern dass eine Untersuchung durch den Neurologen erfolgen müsse. Hierbei sei von Seiten des behandelnden Neurologen Dr. H. festgestellt worden, dass er an einer somatoformen Schmerzstörung leide. Dieser halte eine weitere Behandlung für notwendig, vor allen Dingen auch eine stationäre Behandlung.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 22.09.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 19.06.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 23.06.2008 bis einschließlich 30.09.2008 Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei Prof. Dr. K., dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Krankenhauses B ... Dieser hat in seinem Sachverständigengutachten von 15.04.2010 mitgeteilt, dass der Kläger ab Anfang Mai 2008 seinen Schilderungen und den damaligen ärztlichen Berichten zufolge ein ausgeprägtes Schmerzsyndrom im LWS-Bereich mit Ausstrahlung in den linken Unterschenkel entwickelt habe. Der Hausarzt habe ein LWS Syndrom mit Bewegungseinschränkungen und Schmerzen diagnostiziert, Analgetika verordnet und den Kläger in orthopädische Behandlung überwiesen. Orthopädischerseits sei der Verdacht auf ein L5-Wurzelreizsyndrom gestellt und zunächst konservative Behandlung empfohlen worden. Der Kläger sei medikamentös analgetisch, durch paravertebrale Injektionen sowie krankengymnastisch behandelt worden. All diese Behandlungen hätten keinen wesentlichen Therapieerfolg gebracht, die Beschwerden hätten unverändert weiterbestanden, so dass er bei Bewegungen, jedoch auch bei längerem Stehen oder Sitzen heftige Schmerzen bekommen habe. Des Weiteren habe sich seine Stimmung zunehmend verschlechtert. Er habe sich völlig erschöpft gefühlt, antriebslos und niedergeschlagen. Deutlich verschlechtert habe sich seine Stimmung nochmals durch die Mitteilung der Krankenkasse, dass er kein Krankengeld mehr bekomme. Die durchgeführte Kernspinuntersuchung am 28.07.2008 habe keinen wesentlichen Befund erbracht, so dass sich die Verdachtsdiagnose eines Bandscheibenvorfalls nicht bestätigt habe. Der behandelnde Psychiater Dr. H. habe Anfang September 2008 eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine Depression diagnostiziert und eine antidepressive Behandlung mit Mirtazapin begonnen. Unter dieser Medikation sei es zu einer deutlichen Rückbildung der Symptomatik im Verlauf des Septembers 2008 gekommen, so dass der Kläger ab Anfang Oktober 2008 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Im Nachhinein betrachtet hätten beim Kläger im Zeitraum Mai bis September 2008 die Diagnosen einer somatoformen Schmerzstörung (F45.4) sowie einer mittelgradigen Depression (F32.1) vorgelegen. Der Kläger sei aufgrund der genannten Diagnosen vom 09.05.2008 bis Ende September 2008 arbeitsunfähig krank gewesen. Sowohl durch die Schmerzsymptomatik als auch durch die depressive Symptomatik sei er während dieser Zeit nicht in der Lage gewesen, seine normale Berufstätigkeit auszuüben, auch eine anderweitige Berufstätigkeit hätte er nicht ausüben können. Durch das Schmerzsyndrom sei er in seinen Bewegungen, jedoch auch bei längerem Sitzen oder Stehen so eingeschränkt gewesen, dass eine Berufstätigkeit während dieser Zeit nicht vorstellbar gewesen sei. Hinzukomme die Einschränkung durch die Depression, die sich in reduziertem Antrieb, reduzierter Belastbarkeit und reduzierter Konzentrationsfähigkeit geäußert habe. Dies sei natürlich eine nachträgliche Einschätzung, jedoch gebe es keinen Grund, an den Befunden der damalig behandelnden Ärzte zu zweifeln, die sich mit den Schilderungen des Klägers deckten. Es seien keine Inkongruenzen erkennbar, die Beschwerdeentwicklung sei nachvollziehbar und mit den genannten Diagnosen auch erklärbar. Dr. A. stützte sich in seinem Gutachten nur auf die fehlende neurologische Symptomatik sowie den weitgehend unauffälligen MRT-Befund und gehe von einem BWS-LWS-Syndrom mit Bezug auf vorliegende Bandscheibenprotrusionen aus. Er berücksichtige nicht das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung, die als unabhängig von den lokalen Bandscheibenbefunden zu sehen sei, weiter berücksichtige er auch nicht die arbeitsbeeinträchtigende depressive Symptomatik, spreche lediglich von einer "Dysthymie", die er jedoch bei der Beurteilung des Leistungsvermögens nicht heranziehe.

Die Beklagte ist dieser Beurteilung entgegengetreten und hat ausgeführt, dass beim Kläger die Symptome einer somatoformen Schmerzstörung sowie einer mittelgradigen Depression (Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit und Erschöpfung) so ausgeprägt gewesen seien, dass er aufgrund dessen nicht in der Lage gewesen wäre, seiner beruflichen Tätigkeit nachzugehen, sei insofern nicht plausibel als der Kläger sich diesbezüglich nicht zeitnah in ärztliche Behandlung begeben habe. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Psychiater Dr. H., bei dem der Kläger ausweislich dessen Befundbericht vom 01.04.2009 seit Januar 2008 - bei dessen Praxisvorgänger seit Februar 2007 - regelmäßig in Behandlung sei, erst am 05.09.2008 im Rahmen einer Routinekonsultation aufgesucht worden sei, nachdem der letzte Besuch bei Dr. H. am 16.06.2008 erfolgt sei. Exakt in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum sei der Kläger also aufgrund der Beschwerden, die nach Auffassung des Sachverständigen Arbeitsunfähigkeit begründet hätten, nicht in fachärztlicher, psychiatrischer Behandlung bei Dr. H. gewesen. Zudem habe Dr. H. auf die Frage nach Veränderungen im Behandlungsverlauf im Befundbericht vom 01.04.2009 eine sich ständig verschärfende Situation angegeben. Wenn dennoch nach dem Besuch am 16.06.2008 keine kurzfristige erneute Vorstellung, sondern eine Routinekonsultation erst für den 05.09.2008 vereinbart worden sei und Dr. H. zudem am 05.09.2008 die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt habe, gebe es keine Anzeichen dafür, dass die psychische Symptomatik, die schon seit 2007 bekannt sei, bereits Ende Juni 2008, als die Beklagte das Krankengeld eingestellt habe, Arbeitsunfähigkeit begründet habe. Vor diesem Hintergrund habe der MDK die Dysthymie, deren Bestehen seit 18.09.2007 Dr. H. bescheinigt habe (Bl. 26 der Verwaltungsakte), zu Recht bei der Beurteilung des Leistungsvermögens nicht herangezogen. Im Ergebnis seien die Ausführungen von Dr. K. in seinem Gutachten vom 15.04.2010 somit nicht schlüssig. Zudem bestätigten die Aussagen des Klägers, seine Stimmung habe sich durch die Mitteilung der Beklagten, dass er kein Krankengeld mehr bekomme, nochmals deutlich verschlimmert (vgl. Seite 10 des Sachverständigengutachtens), dass die Änderung der Befunde, die letztlich zu der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. H. ab 05.09.2008 geführt habe, erst nach der Einstellung des Krankengeldes eingetreten sei.

Prof. Dr. K. wurde zu diesen Einwänden ergänzend befragt und hat in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 02.08.2010 mitgeteilt, er habe bereits in seinem Gutachten erwähnt, dass somatoforme Schmerzstörungen sehr vielgestaltig sein könnten und dass die anfängliche Symptomatik zu Recht zunächst an ein Wurzelreizsyndrom habe denken lassen. Die Depression sei bei nachträglicher Betrachtung vermutlich erst im Laufe des Krankheitsprozesses zunehmend sichtbar geworden. Dies liege einerseits daran, dass sich Depressionen auch in Körpersymptomen "maskieren" könnten, hier sei die frühere Bezeichnung der "somatisierten Depression" durchaus anzuwenden, andererseits habe vermutlich die anhaltende Schmerzsymptomatik die depressiven Symptome im Verlauf verstärkt. Zum genannten Arztbesuch bei Dr. H. am 16.06.2008 könne er nichts Konkretes sagen, da ihm diese Information neu sei. Es könnte jedoch durchaus sein, dass dies eine Routinekonsultation bei vorbestehender Dysthymia gewesen sei, zu dieser Zeit der Verdacht auf eine organisch begründete Schmerzstörung bestanden habe, bezüglich derer der Kläger auch schon in Behandlung gewesen sei und die deshalb von dem behandelnden Psychiater nicht in Frage gestellt worden sei. Festzuhalten bleibe, dass ein gewisser Zeitraum vergangen sei, bis die richtige Diagnose habe gestellt werden können, was aber kein Argument gegen das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit sein könne, diese sei vielmehr durch die ausgeprägte und von mehreren Ärzten bestätigte Beschwerdesymptomatik begründet, die die Berufstätigkeit des Klägers zu diesem Zeitpunkt unmöglich gemacht habe. Verwunderlich sei für ihn in diesem Zusammenhang, dass es möglich sei, dass der Kostenträger nach Aktenlage - ohne Untersuchung des Versicherten - gegen die Einschätzung der behandelnden Ärzte entscheide, dass ein Patient wieder arbeitsfähig sei. Er könne nur nochmals betonen, dass die gesamte Beschwerdeentwicklung nach den Schilderungen des Klägers sowie nach den ärztlichen Einschätzungen für ihn in der dargestellten Form nachvollziehbar sei und keine Inkongruenzen erkennbar seien, auch wenn die korrekten Diagnosen erst am Ende gestellt worden seien. Insofern weiche er von der Einschätzung seines Gutachtens vom 15.04.2010 auch nach nochmaliger Prüfung nicht ab.

Die Beklagte hat sich hierzu nochmals geäußert und ausgeführt, obwohl sowohl der Kläger als auch sein behandelnder Hausarzt K. im zeitlichen Zusammenhang mit der Feststellung des Endes der Arbeitsunfähigkeit mehrfach mit ihr in Kontakt getreten seien (BI. 17/18, 35/36, 25, 33, 41 der Verwaltungsakte), hätten beide das Vorliegen psychischer Beschwerden nicht vorgebracht oder diese gegen das festgestellte Ende eingewandt. Selbst Dr. H., bei dem der Kläger noch am 16.06.2008 in Behandlung gewesen sei, habe eine somatoforme Störung als Schmerzursache nicht festgestellt (BI. 26 d.A.). Dies sei insbesondere deshalb von Bedeutung, weil ihm die Dysthymia (= Verstimmung, Depression, depressives Syndrom, Ausdruck aus Pschyrembel siehe Anlage) als "Dauerdiagnose seit 18.09.2007" bekannt gewesen sei und seine Diagnostik als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie auf Krankheiten psychischen Ursprungs ausgerichtet sei. Schließlich habe Dr. H. auch zu diesem Zeitpunkt keine Arbeitsunfähigkeit festgestellt und erst einen Routinebesuch am 05.09.2008 (vgl. Befundbericht vom 01.04.2009), also nach 11 1/2 Wochen für nötig gehalten. Hätte er im Rahmen des Besuches vom 16.06.2008 auf seinem Fachgebiet schwerwiegende Befunde erhoben, aufgrund derer der Kläger sogar arbeitsunfähig gewesen wäre, wäre eine zeitnahe Weiterbehandlung erfolgt. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Dr. St., der Praxisvorgänger von Herrn Dr. H., wegen der Dysthymia vom 18.09.2007 bis 15.10.2007 Arbeitsunfähigkeit festgestellt gehabt habe, danach auch regelmäßige Weiterbehandlung in der Praxis erfolgt sei, ohne dass vor dem 05.09.2008 wieder Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden wäre, sei davon auszugehen, dass das Krankheitsbild in dem vorliegend streitigen Zeitraum nicht derart ausgeprägt gewesen sei, dass es Arbeitsunfähigkeit ausgelöst hätte. Die bei dem Kläger vorliegenden Rückenbeschwerden hätten nach den gutachterlichen Feststellungen des MDK einer Arbeitsaufnahme nicht entgegengestanden. Nicht maßgeblich sei, auf welcher Ursache sie beruht hätten. Denn nach der Rechtsprechung des BSG sei zu prüfen, ob die vorliegenden Befunde den Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit ausfüllten. Dass mit der somatoformen Schmerzstörung, von deren Vorliegen der Sachverständige ausgehe, weitere Einschränkungen einhergegangen seien, hätten die behandelnden Ärzte nicht festgestellt. Entsprechende Befunde seien nicht erhoben worden. Insoweit stütze er sein Gutachten lediglich auf die nachträglichen Schilderungen des Klägers. Voraussetzung für die Zahlung von Krankengeld sei eine ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von Herrn K., die mit den Rückenbeschwerden begründet worden sei, sei als Anspruchsgrundlage nicht ausreichend, da eben diese Beschwerden entsprechend den Gutachten des MDK keine Arbeitsunfähigkeit im Rechtssinne ausgelöst hätten. An der Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund anderer Befunde, die sich aus der Diagnose "somatoforme Schmerzstörung" ergeben haben könnten, fehle es hingegen. Damit müsse der Krankengeldanspruch bereits an der nicht ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit scheitern.

Der Kläger hat zuletzt das Attest des Hausarztes K. vom 30.6.2011 vorgelegt, wonach er zwischen dem 9.5.2008 und dem 5.9.2008 unter der Medikation von Katodolon (Muskelrelaxanz - zentral wirkendes Schmerzmittel) und Arcoxia 90 (antientzündliches Schmerzmittel) gestanden habe. Unter dieser Medikation sei der Kläger verstärkt müde und reaktionsverlangsamt und deshalb auch nicht in der Lage gewesen, ein Kraftfahrzeug zu führen; es habe Verkehrsunfähigkeit bezüglich des Führerscheins bestanden. Der Kläger hat hierzu ergänzend vorgetragen, er habe von F./N. nach St./O. zum Großmarkt fahren müssen. An drei Marktagen und drei Liefertagen habe er die einfache Strecke von 21,8 km insgesamt 12 Mal in der Woche mit zusammen 261,6 km zurückgelegt. Hierzu teilte der vom Senat als Zeuge schriftlich befragte frühere Vorgesetzte des Klägers T. T. unter dem 27.10.2011 und dem 28.11.2011 mit, der Kläger habe in der Zeit vom 1.1.2008 bis 6.4.2008 15 Warentransporte und 4 sonstige Dienstreisen ausgeführt. Seine Tätigkeiten hätten im Wesentlichen in der Kassenabwicklung einschließlich der Prüfung des Wareneingangs, des Warenbestands und des Warenausgangs, der Beratung und Betreuung von Kunden, der Durchführung von Warenlieferungen sowie des Warenmanagements und der Warenpräsentation bestanden. Auf die von ihm vorgelegte vollständige Arbeitsplatzbeschreibung Bl. 104/105 Senatsakte wird ergänzend Bezug genommen. Grundsätzlich sei Fahrtauglichkeit Voraussetzung seiner Tätigkeit gewesen, da wegen des Personalstands keine zusätzlichen Ressourcen für Transportfahrten vorgesehen waren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. § 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Der Kläger begehrt Krankengeld für die Zeit vom 23.06.2008 bis einschließlich 30.09.2008. Das in der Zeit vom 19.06.2008 bis 22.06.2008 gewährte Krankengeld betrug kalendertäglich 54,10 EUR, so dass hinsichtlich des hier streitigen Zeitraums von 100 Tagen der Beschwerdewert für die zulassungsfreie Berufung (750 EUR) überschritten ist. Die Berufung ist auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 19.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Weitergewährung von Krankengeld über den 22.06.2008 hinaus.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Krankengeld sind die Bestimmungen der §§ 44 ff. SGB V. Gem. § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Keinen Anspruch auf Krankengeld haben gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V (u.a.) die nach § 10 SGB V Versicherten, das sind Personen in der Zeit, für die sie über die Familienversicherung mitversichert sind.

Liegt Arbeitsunfähigkeit vor, setzt das Entstehen des Krankengeldanspruchs - abgesehen von Behandlungen im Krankenhaus oder in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen – weiter voraus, dass die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (ggf. durch Auszahlungsschein für Krankengeld – vgl. § 6 Abs. 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien); gem. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Leistungsanspruch nämlich erst von dem Tag an, der auf den Tag dieser ärztlichen Feststellung folgt. Weitere verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch Vertragsärzte enthalten die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien. Dort ist auch die Zusammenarbeit des Vertragsarztes mit dem MDK näher geregelt. Gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien ist ein Gutachten des MDK zur Frage der Arbeitsunfähigkeit für den Vertragsarzt verbindlich. Bei Meinungsverschiedenheiten kann er allerdings unter schriftlicher Darlegung seiner Gründe bei der Krankenkasse unverzüglich nach Kenntnisnahme der abweichenden Beurteilung des MDK eine erneute Beurteilung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien). In beweisrechtlicher Hinsicht kommt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Bedeutung einer ärztlich-gutachterlichen Stellungnahme zu. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist daher im sozialgerichtlichen Verfahren ein Beweismittel wie jedes andere, so dass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bewirkt zu Gunsten des Versicherten weder eine Beweiserleichterung noch gar eine Beweislastumkehr (BSG, Urt. v. 8.11.2005, - B 1 KR 18/04 R -).

Mit Bescheid vom 19.06.2008 hat die Beklagte, nachdem in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 13.06.2008 Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 20.06.2008 angegeben war, mitgeteilt, dass sie vom Ende der Arbeitsunfähigkeit zum 22.06.2008 ausgehe. Sie hat auf der Grundlage der nächsten Folgebescheinigung vom 20.06.2008 und dem Auszahlungsschein vom 24.06.2008 dementsprechend Krankengeld nur noch bis zum 22.06.2008 gezahlt. Dem Kläger stand Krankengeld über diesen Tag hinaus auch nicht zu, weil Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem 23.06.2008 nicht festgestellt werden kann.

Unter welchen Voraussetzungen Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 44 Abs. 1 SGB V vorliegt, richtet sich nach dem Umfang des Krankenversicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis. Bei Versicherten, die im Zeitpunkt der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit in einem Arbeitsverhältnis stehen und einen Arbeitsplatz innehaben, liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn diese Versicherten die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können. Eine Krankenkasse darf diese Versicherten, solange das Arbeitsverhältnis besteht, nicht auf Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber "verweisen", die sie gesundheitlich noch ausüben könnten. Dem krankenversicherten Arbeitnehmer soll durch die Krg-Gewährung nämlich gerade die Möglichkeit offen gehalten werden, nach Beseitigung des Leistungshindernisses seine bisherige Arbeit wieder aufzunehmen. Bietet der Arbeitgeber im Rahmen seines arbeitsrechtlichen Weisungsrechts seinem Arbeitnehmer jedoch in zulässiger Weise eine andere Arbeit/Tätigkeit an, die der Versicherte im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand noch verrichten kann, liegt Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vor. Die arbeitsvertragliche Zulässigkeit der Zuweisung einer dem Arbeitnehmer gesundheitlich möglichen Arbeit schlägt insoweit auf seinen Anspruch auf Krg durch (vgl. BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 1 KR 5/03 R -, veröffentlicht in Juris m.N.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich Arbeitsunfähigkeit über den 22.06.2008 hinaus nicht feststellen, da nicht erkennbar ist, dass der Kläger seine damalige Tätigkeit bei der B.W. AG A. als Verkaufsberater im Großmarkt St. krankheitsbedingt nicht hatte wieder aufnehmen können. Zunächst überzeugt die Beurteilung des behandelnden Hausarztes K. nicht, der von fortdauernder Arbeitsunfähigkeit ausgegangen ist. Zunächst konnten keine neurologischen Ausfälle festgestellt werden. Hausarzt K. hatte die Arbeitsunfähigkeit mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen aufgrund eines LWS-Syndroms begründet, was sich nach Durchführung eines MRT jedoch nicht belegen ließ. Der Kläger wurde wegen der Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in das linke Bein mit Schmerzmitteln und Krankengymnastik konserativ behandelt. Es gab damit keine medizinische Grundlage für qualitative Leistungseinschränkungen. Dr. A. hat in seinem MDK-Gutachten vom 27.08.2008 hierzu überzeugend dargelegt, dass keine objektivierbaren Befunde oder Funktionsstörungen, insbesondere keine neurologischen Ausfälle nachweisbar waren. Insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten von Dr. A. vom 27.08.2008. Dieser hat bei seiner Untersuchung auch keine paravertebralen Muskelverspannungen und keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen feststellen können. Dass der Kläger allein aufgrund der Schmerzen, die Anfang Mai 2008 aufgetreten waren, weiterhin über den 23.06.2008 hinaus nicht in der Lage gewesen wäre, seine bisherige Tätigkeit wieder auszuüben, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. Zutreffend hat das SG dargelegt, dass Dr. M. dem Kläger lediglich bis zum 06.06.2008 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat. In seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 05.03.2009 gab er weiter an, Arbeitsunfähigkeit habe bei zu erwartender L5-Läsion weiter vorgelegen. Allerdings habe das MRT unauffällige Verhältnisse der Wurzeln/Spinalnerven L5 ergeben. Dr. H. hat angegeben, er habe den Kläger seit der Praxisübernahme im Januar 2008 (bis zum 01.04.2009 6 Konsultationen) wegen somatisierter Depression bzw. somatoformer Schmerzstörung, Dysthymie sowie depressiver Erschöpfung behandelt. Es handele sich um ein schwer zu quantifizierendes Krankheitsbild, weshalb die genaue Ausprägung bzw. die resultierenden Einschränkungen im Rahmen der Konsultationen nicht erschöpfend einschätzbar seien. Dr. H. hat dem Kläger lediglich für die Zeit vom 05.09. bis 21.09.2008 Arbeitsunfähigkeit bestätigt. In seiner schriftlichen Aussage vom 01.04.2009 hat er hierzu angegeben, dass ausschlaggebend der vom Kläger geäußerte Leidensdruck und die Einschränkungen im Alltag gewesen seien, die von der Ehefrau des Klägers fremdanamnestisch bestätigt worden seien. Eine nachprüfbare und überzeugende Begründung, dass die bekannte und weitmaschige behandelte Erkrankung nun Arbeitsunfähigkeit bedingt hat, enthält diese Aussage - damit auch für die Zeit vom 05.09. bis 21.09.2008 - nicht. Letztlich ist der Kläger dann bei Dr. H. im September 2008 auch nur relativ kurz in Behandlung gewesen, was ebenfalls - auch für diesen Zeitpunkt - gegen die Schwere und eine Chronifizierung der Erkrankung spricht. Ab dem 01.10.2008 hat sich der Kläger arbeitslos gemeldet.

Auch das Sachverständigengutachten von Dr. K. vom 15.04.2010 vermag den Senat nicht davon überzeugen, dass der Kläger vom 23.06. bis 30.09.2008 durchgehend arbeitsunfähig war. Es beruht auf den vorliegenden medizinischen Unterlagen und den Angaben des Klägers. Insoweit ist der Einwand der Beklagtenseite nicht von der Hand zu weisen, dass die zugrundegelegten psychischen Befunde erst im September 2008 von Dr. H. erhoben worden sind, und damit nicht unmittelbar auch schon für die Zeit ab 22.06.2008 als gesichert angenommen werden können. Dies gilt, worauf die Beklagte ebenfalls zu Recht hingewiesen hat, zumal sich der Kläger noch am 16.06.2008 bei dem Psychiater Dr. H., bei dem er in laufender Behandlung war, vorgestellt hatte, ohne dass dieser auf seinem Fachgebiet schwerwiegende Befunde oder Arbeitsunfähigkeit festgestellt hätte. Vielmehr wurde die nächste Vorstellung erst für den 05.09.2008 vereinbart. Wenn der Sachverständige Dr. K. hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme darlegt, dass es sein könne, dass es am 16.06.2008 um eine Routinekonsultation bei vorbestehender Dysthymia gehandelt habe, zu dieser Zeit der Verdacht auf eine organisch begründete Schmerzstörung bestanden habe, bezüglich derer der Kläger auch schon in Behandlung gewesen sei und diese deswegen vom behandelnden Psychiater nicht in Frage gestellt worden sei, kann dies nicht überzeugen. Denn wenn zum damaligen Zeitpunkt von dem behandelnden Psychiater die somatoforme Schmerzstörung und die Depression nicht festgestellt wurde, lässt sich jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit annehmen, dass diese Erkrankung bereits vorlag. Auch wenn nicht auszuschließen ist, dass sie nicht erkannt wurde, kann doch nicht ohne ausreichende medizinische Feststellungen für den damaligen Zeitpunkt nachträglich eine schwerwiegende seelische Erkrankung und eine darauf beruhende Arbeitsunfähigkeit mit Gewissheit angenommen werden. Zudem ist der Sachverständige selbst von einer Entwicklung einer Depression und Schmerzstörung in Wechselwirkung ausgegangen, wobei die bis zum 05.09.2008 vorliegende Ausprägung nicht feststellbar ist. Dagegen, dass es sich bereits im Juni 2008 um eine schwere Symptomatik gehandelt hat, spricht, dass der Kläger noch am 26.06.2008 wegen der Genehmigung eines beabsichtigten Urlaubs ab 01.08.2008 angefragt hat, wobei er davon ausging, dass er Anfang August voraussichtlich noch krank sein werde. Am 05.07.2006 hat er dann zwar mitgeteilt, dass er den Urlaub abgesagt und sich die Anfrage erledigt hat. Dies spricht aber zumindest dafür, dass die Beschwerden Ende Juni 2008 nicht so stark waren, dass er sich bei - angenommener Fortdauer der Erkrankung eine längere Reise nicht zugetraut hätte. Hinzukommt, dass Dr. A. bei seiner Untersuchung des Klägers am 27.8.2008 eine psychiatrische Erkrankung des Klägers nicht festgestellt hat. Im Übrigen ergibt sich aus dem oben Dargelegten, dass die Beurteilung von Dr. H. schon für die Zeit vom 05.09. bis 21.09.2008 nicht überzeugt.

Wenn nun ein Attest von Hausarzt K. vom 30.06.2011 vorgelegt wird, in dem ausgeführt wird, dass dem Kläger in der Zeit vom 09.05.2008 bis 05.09.2008 Katodolon und Arcoxia 90 verordnet worden sei und er unter dieser Medikation verstärkt müde und reaktionsverlangsamt gewesen sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar hat der Kläger nun geltend gemacht, dass er aufgrund seiner Schmerzen Medikamente genommen habe, die seine Fahrtüchtigkeit beeinflusst hätten, so dass er bereits deshalb seine damalige Tätigkeit nicht hätte ausüben können. Denn er hätte Waren mit einem Transporter von F. zum Großmarkt nach St. bringen müssen. Nach der vorliegenden Tätigkeitsbeschreibung des Zeugen T. vom 28.11.2011 ist zwar davon auszugehen, dass der Kläger an mehreren Tagen im Monat, zuletzt am 06.04.2008 Waren mit dem Firmentransporter befördert hat. Zunächst lässt sich schon nicht feststellen, dass der Kläger auch nur während Teilen des hier streitigen Zeitraums kein Kraftfahrzeug hätte führen können. Denn er hatte bisher zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass aufgrund von Nebenwirkungen von Medikamenten seine Fahrtüchtigkeit ausgeschlossen gewesen wäre. Allein die Einnahme der genannten Medikamente steht der Teilnahme am Straßenverkehr nicht entgegen. In der jeweiligen Gebrauchsinformation heißt es, dass Patienten, die sich unter Behandlung mit Katadolon bzw. Arcoxia 90 schläfrig oder schwindlig fühlen, weder aktiv am Straßenverkehr teilnehmen noch Maschinen bedienen sollten. Davon, dass entsprechende Nebenwirkungen beim Kläger aufgetreten sind und zudem über den 22.06.2008 hinaus fortbestanden haben, ohne dass der Kläger die Medikamente abgesetzt hätte, kann sich der Senat allein aufgrund des nun vorgelegten Attests nicht überzeugen. Insoweit fällt auf, dass auch Hausarzt K. angibt, dass der Kläger neben seinen Schmerzen und neurologischen Ausfällen auch aufgrund der Medikation fahruntüchtig gewesen sei. Dr. K. hatte der Kläger berichtet, dass er von Mai bis September 2008 niedergeschlagen und lustlos gewesen sei und eine ausgeprägte Schlafstörung vorgelegen habe. Von Schläfrigkeit oder Schwindel war nicht die Rede. In der Widerspruchsbegründung vom 18.07.2008 war lediglich die Rede von fehlender körperlicher Belastbarkeit, obwohl es sich aufgedrängt hätte, mitzuteilen, dass er erforderliche Transporte nicht mehr durchführen könne. Im Gutachten von Dr. A. vom 27.08.2008 heißt es demgegenüber ausdrücklich "Pkw wird gefahren". Erst in Bezug auf die ab dem 05.09.2008 durch Dr. H. erfolgte antidepressive Medikation wird von diesem unter dem 01.04.2009 mitgeteilt, dass im Rahmen der Einstellungsphase sich auch im Hinblick auf eine Teilnahme am Straßenverkehr eine gewisse Auflage ergebe, so dass in der Eindosierungsphase eine Teilnahme am Arbeitsleben nicht ohne weiteres möglich sei. Im Hinblick auf die von ihm zu verrichteten Tätigkeiten vermochte dies allein aber durchgehende Arbeitsunfähigkeit nicht begründen. Insofern ergibt sich aus der Aufstellung des Zeugen T. vom 28.11.2011, dass er nicht regelmäßig Warentransporte durchführen musste und diese damit, auch wenn der Zeuge angegeben hat, dass keine zusätzlichen Ressourcen für die Transport- und Fahrertätigkeit vorgesehen gewesen seien, jedenfalls keinen Schwerpunkt seiner Tätigkeit bildeten. Dies schließt es bereits aus, im vorliegenden Fall eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit für den streitigen Zeitraum aufgrund einer - unterstellten - Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Im Übrigen mussten während seines krankheitsbedingten Ausbleibens die Warentransporte auch von anderen Mitarbeitern übernommen werden.

Schließlich war unabhängig davon, dass nach dem Dargelegten Arbeitsunfähigkeit auch ab dem 05.09.2008 nicht feststellbar ist, ein – erneuter - Anspruch auf Krankengeld ab 05.09.2008 auch weder Gegenstand des Vorverfahrens noch des Klageverfahrens und ist dementsprechend auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, in dem der Kläger seinen Anspruch auf Krankengeld bis zum 30.09.2008 mit einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit über den 22.06.2008 hinaus begründet hat. Zudem hätte der Kläger in diesem Fall seine Arbeit zunächst am 23.06.2008 wieder aufnehmen müssen und hätte bei erneuter Arbeitsunfähigkeit ab dem 05.09.2008 wegen einer anderen, nicht hinzugetretenen Krankheit einen vorrangigen Anspruch auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber gehabt.

Damit gibt es auch für den Senat keine Grundlage, die es zuließe fortdauernde Arbeitsunfähigkeit über den 23.06.2008 hinaus festzustellen.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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