L 7 SO 2237/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 802/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2237/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 28. April 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß §§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Mannheim (SG) hat im angefochtenen Beschluss zu Recht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht (§ 86b Abs. 2 Satz 3 SGG). Die §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung (ZPO) gelten entsprechend (Satz 4 a.a.O.).

Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Neben der Statthafthaftigkeit und Zulässigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bedarf es weiter der Anordnungsvoraussetzungen (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164); eine einstweilige Anordnung darf demnach nur erlassen werden, wenn sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs, während der Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Denn die Regelungsanordnung dient zur "Abwendung" wesentlicher Nachteile mit dem Ziel, dem Betroffenen die Mittel zur Verfügung zu stellen, die zur Behebung aktueller Notlagen notwendig sind (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 28. März 2007 - L 7 AS 121/07 ER-B - und 2. September 2010 - L 7 SO 1357/10 ER-B - (beide juris)). Die Anordnungsvoraussetzungen sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG); z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803; BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und 17. August 2005 a.a.O.).

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor. Es fehlt an einem Anordnungsanspruch.

Als Rechtsgrundlage des Begehrens der Antragstellerin ist § 19 Abs. 3 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII, § 55 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) heranzuziehen. Die Antragstellerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Es steht fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Antragstellerin hilfebedürftig ist. Entsprechend erbringt der Antragsgegner bereits seit Langem Leistungen der Eingliederungshilfe. Ferner sind die zunächst nur darlehensweise gewährten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) inzwischen auf eine Beihilfe umgestellt worden (Bescheid vom 27. April 2011). Ausweislich der aktenkundigen medizinischen Unterlagen besteht auch eine erhebliche Behinderung (schwere geistige Retardierung und Anfallsleiden mit einem Grad der Behinderung von 100). Die Antragstellerin ist von der zuständigen Pflegekasse der Pflegestufe III zugeordnet. Vor diesem Hintergrund ist zwischen den Beteiligten auch die Frage nicht streitig, dass aufgrund der Behinderung dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe besteht. Weitere Ausführungen erübrigen sich deshalb. Strittig ist aber die Höhe der Leistungen.

Es ist fraglich, ob der von der Antragstellerin erhobene Anspruch auf weitere Eingliederungshilfeleistungen bereits deswegen zumindest teilweise zu verneinen ist, weil ein aktueller Bedarf, wie er mit dem am 3. März 2011 gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verfolgt wird, nach dem Ende des Aufenthalts in der Einrichtung des Beigeladenen gar nicht mehr bestehen kann. Denn der Beigeladene hat mit Kündigungserklärung vom 13. Mai 2011 (Blatt 10 der Senatsakte) das Betreuungsverhältnis zum 30. Juni 2011 beendet. Nach der von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigung der Dr. M., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, H., vom 2. Dezember 2011 befindet sich die Antragstellerin sogar bereits seit Mai 2011 wieder ganztags bei ihrer Mutter und wird von dieser betreut. Die Antragstellerin hat auch die Aufnahme in eine andere Einrichtung trotz des Vorschlages des Antragsgegners (Schriftsatz vom 8. November 2011) nicht betrieben, da ihr keine andere Einrichtung geeignet erscheint (Schriftsatz vom 17. November 2011). Der durch die Verwaltungsentscheidungen des Antragsgegners vom 1. Februar 2011 und 21. Februar 2011 erfolgte Schuldbeitritt des Antragsgegners zur Erfüllung der zivilrechtlichen Zahlungspflichten der Antragstellerin (zu dieser Wirkung der Verwaltungsentscheidung vgl. Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 1. Auflage, § 75 SGB XII Rdnr. 28) könnte damit ins Leere gehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin gegen die Kündigung des Betreuungsverhältnisses gerichtlich vorgeht, denn eine tatsächliche Betreuung der Antragstellerin durch die Einrichtung erfolgt derzeit nicht.

Der Senat lässt die Frage offen, ob bereits aus den genannten Gründen ein Anordnungsanspruch zu verneinen ist. Denn selbst wenn man angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin dem Grunde nach Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen kann und der Tatsache, dass die vom Beigeladenen ausgesprochene Kündigung auf dem Streit um die Höhe der zu gewährenden Leistungen beruht, von einem fortwährenden sozialhilferechtlichen Bedarf der Antragstellerin ausgeht, wäre dieser Bedarf durch die mit den Bescheiden des Antragsgegners vom 1. Februar 2011 und 21. Februar 2011 bewilligten Leistungen nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfung vollständig gedeckt. Mit dem Bescheid vom 1. Februar 2011 hat der Antragsgegner der Antragstellerin gemäß dem Antrag ihrer Betreuerin nämlich vom 1. Februar 2011 bis 31. Januar 2013 einem Verbleib im Förder- und Betreuungsbereich der Einrichtung des Beigeladenen zugestimmt und eine tägliche Vergütung nach Tagesstruktur I.4.5a in Höhe von 59,85 Euro übernommen. Mit dem weiteren Bescheid vom 21. Februar 2011 hat der Antragsgegner nach entsprechenden Verhandlungen der Beteiligten eine Teilzeitbetreuung für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zunächst 31. Januar 2012 für drei Tage pro Woche akzeptiert und hierzu ebenfalls erklärt, den vereinbarten Vergütungssatz in Höhe von 59,85 Euro täglich zu gewähren.

Zu den unter § 55 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX zu subsumierenden Leistungen der sozialen Rehabilitation gehören die Hilfen in Förderstätten nach § 136 Abs. 3 SGB IX für Menschen, die - wie die Antragstellerin - die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen nicht erfüllen (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Dezember 2008 - B 8/9b SO 11/07 R - (juris); ferner BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 9/10 R - (juris); Cramer, Werkstätten für behinderte Menschen, 4. Auflage, § 136 SGB IX Rdnr. 101; Vater in HK-SGB IX, 3. Auflage, § 136 Rdnr. 31). In diesen Förderstätten werden Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fertigkeiten gewährt, die erforderlich sind, behinderten (insbesondere geistig behinderten) nicht werkstattfähigen Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen; dies geschieht dort mit dem Ziel der Weiterentwicklung der Persönlichkeit vorrangig in Form der Einübung selbständiger Verrichtungen des täglichen Lebens (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2008 a.a.O.; ferner Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, IV.3 Rdnr. 48 (Stand: 1. März 2006)). Für derartige Hilfen sind im Übrigen Vereinbarungen nach § 76 SGB XII zu schließen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2008 a.a.O.).

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass im Dreiecksverhältnis zwischen Hilfebedürftigem, Leistungserbringer und Sozialhilfeträger zwischen dem sozialhilferechtlichen Leistungsrecht, das den Sozialhilfeträger zu bedarfsdeckenden Leistungen verpflichtet, sowie dem - die Rechtsbeziehungen zwischen dem Träger der Einrichtung und dem Sozialhilfeträger bestimmenden - Leistungserbringerrecht und schließlich dem zivilrechtlichen Vertrag zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Träger der Einrichtung zu unterscheiden ist (vgl. Beschluss des Senats vom 27. Juni 2011 - L 7 SO 797/11 ER-B - (juris)). Dabei kommt der Verwaltungsentscheidung über die Übernahme der Kosten der Betreuung in der Einrichtung die Wirkung eines Schuldbeitritts dergestalt zu, dass dem Leistungserbringer ein unmittelbarer Zahlungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger entsteht (vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O.). Aufgrund der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Sozialhilfeträger und dem Leistungserbringer ist dieser gehindert, einen Streit über die Höhe der Vergütung auf der Erfüllungsebene, also der Ebene gegenüber dem Hilfebedürftigen auszutragen, sondern muss in Verhandlungen mit dem Sozialhilfeträger seine Rechte verfolgen (vgl. Beschluss des Senates vom 27. Juni 2011, a.a.O.)

Die Antragstellerin (ebenso der Beigeladene) macht nun geltend, dass die mit der Vergütung Tagesstruktur I.4.5a verbundenen Betreuungsleistungen für die Deckung des Betreuungsbedarfs nicht ausreichen, offenbar weil die Antragstellerin in der Einrichtung wegen aggressiver Durchbrüche nicht "gut führbar" war (Attest Dr. K., Arzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie -, H., vom 23. Mai 2011; Kündigungsschreiben der Betreuungseinrichtung vom 13. Mai 2011). Soweit jedoch in Landesrahmenverträgen nach § 79 SGB XII die Bildung typisierter Leistungsangebote vorgesehen ist, bezieht sich dies nicht auf die Bedarfslagen einzelner Hilfeempfänger im Sinne einer individuellen Bedarfsdeckungspflicht, sondern auf die von der Einrichtung für bestimmte abstrakt definierte Bedarfsgruppen (in § 3 Abs. 2 des Rahmenvertrags "Zielgruppen" genannt) zu erbringenden Sach- und Dienstleistungen, die Grundlage für das in Vergütungsvereinbarungen nach § 75 Abs. 3 SGB XII zu regelnde Entgelt sind (vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O., § 76 Rdnr. 34; Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 76 Rdnr. 4 (Stand: IX/09); vgl. auch Senatsbeschluss vom 13. November 2006 - L 7 SO 2998/06 ER-B - (juris); ferner § 15 Abs. 2 des Rahmenvertrags). Allein aus der auf das Leistungserbringerrecht zielenden vergütungsmäßigen Zuordnung der bewilligten Leistung zu einem Leistungstyp vermag die Antragstellerin für ihr einstweiliges Rechtsschutzbegehren mithin nichts herzuleiten; denn das typisierte Leistungsangebot bildet - anders als mittelbar die im Rahmenvertrag für stationäre Leistungen vorgesehenen Hilfebedarfsgruppen (vgl. hierzu Jaritz/Eicher, a.a.O. Rdnr. 59; ferner BSG, Urteil vom 2. Februar 2010 - B 8 SO 20/08 R - (juris)) - nur den für eine bestimmte Gruppe von Hilfeempfängern abstrakt zu definierenden Hilfebedarf (vgl. auch Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 2. Dezember 2010 - III ZR 19/10 - (juris)), nicht jedoch seinen individuellen Hilfebedarf ab (vgl. auch Hess. Landessozialgericht, Beschluss vom 19. März 2008 - L 9 SO 1/08 B ER - (juris)).

Da mithin das vertraglich geregelte Leistungsspektrum und die hierfür fällige Vergütung entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 7 Abs. 2 und 9 Abs. 1 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) auch im Fall teilstationärer Hilfen - wie hier - an den Inhalt bestehender Vereinbarungen gebunden sind (vgl. nochmal Jaritz/Eicher, a. a. O., Rdnr. 106), vermag der Beigeladene im zivilrechtlichen Erfüllungsverhältnis nicht einseitig zu Lasten der Antragstellerin eine Erhöhung der Vergütung oder eine zusätzliche Vergütung zu verlangen. Vielmehr hat er die Pflicht, auf den Abschluss einer Vereinbarung oder die Ergänzung einer bestehenden Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger hinzuwirken, sofern die Höhe der Vergütung dem Betreuungsaufwand nicht entsprechen sollte (vgl. Jaritz/Eicher, a. a. O., § 75 SGB XII Rdnr. 107). Keinesfalls darf der Leistungserbringer durch zivilrechtliche Regelungen im Erfüllungsverhältnis den Verlauf von Verhandlungen präjudizieren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 18. November 2005 - L 7 SO 4187/05 ER-B - , vom 9. Dezember 2005 - L 7 SO 4890/05 ER-B - und vom 27. Juni 2011 - L 7 SO 797/11 ER-B - (alle juris); Jaritz/Eicher, a. a. O., Rdnrn. 61, 65; zur sogenannten Sperrwirkung während der Verhandlungen vgl. ferner BSGE, 102, 1 ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 (Rdnrn. 29ff.); Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) BVerwGE 126, 295ff.; BVerwG Beschluss vom 25. September 2007 - 5 B 17/07 - (juris)).

Viel spricht hier dafür, dass die vollständige Leistungserbringung im Förder- und Betreuungsbereich der Einrichtung des Beigeladenen von der mit dem Antragsgegner getroffenen Leistungsvereinbarung vom 17. Dezember 2009 zu Leistungstyp I.4.5a erfasst ist. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nicht jede einzelne Betreuungsmaßnahme, die mit der Zuordnung zu einem bestimmten Leistungstyp verbunden ist, eigens in einem Leistungsangebot aufgeführt sein muss, um für den Leistungserbringer verbindlich zu sein (vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2010, a. a. O., Rdnr. 16). Hierauf kommt es aber nicht entscheidend an, denn selbst wenn die durch den Leistungstyp I.4.5a abgegoltenen Betreuungsleistungen für die Förderung und Betreuung der Antragstellerin nicht ausreichen sollten, wäre der Beigeladene im zivilrechtlichen Erfüllungsverhältnis nicht berechtigt, zu Lasten der Antragstellerin eine zusätzliche Vergütung zu verlangen. Die Auseinandersetzung über die gezahlte Vergütung darf, sofern der Beigeladene mit deren Höhe unzufrieden sein sollte, jedenfalls nicht auf dem Rücken des Antragstellers als dem schwächsten Glied im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis (vgl. hierzu BSG 102,1ff. = SozR 4-1500 § 75 Nr. 9 (Rdnrn. 16ff.); ferner schon die ständige Senatsrechtsprechung; etwa Beschluss vom 22. September 2005, a. a. O.) ausgetragen werden. Mit dieser Pflicht korrespondiert die Verpflichtung des Leistungserbringers, im Rahmen des vereinbarten Leistungsangebotes Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII; § 2 Abs. 5 des zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsgegner auf der Grundlage des § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Vertrages vom 17. Dezember 2009).

Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner der Antragstellerin bis zum 31. Januar 2011 ein zusätzliches persönliches Budget gewährt (zuletzt mit Bescheid vom 5. Februar 2010) und der Beigeladene mit der Antragstellerin unter dem 1. Juli 2008 einen Vertrag zum persönlichen Budget geschlossen und darin vereinbart hatte, dass die erbrachten Budgetleistungen in Höhe von monatlich 830,37 Euro an den Beigeladenen geleitet würden, um zusätzliche Betreuungsleistungen zu finanzieren. Denn daneben bestand ein zivilrechtlicher Betreuungsvertrag, der auf der Basis des gemäß § 79 SGB XII geschlossenen Rahmenvertrages und der nach § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Vergütungsvereinbarung beruhte. Für diesen Vertrag über eine teilstationäre Hilfe gelten - wie ausgeführt - die Regelungen des WBVG entsprechend. Die Streichung des persönlichen Budgets durch den Antragsgegner mit Wirkung zum 1. Februar 2011 und die damit für die Antragstellerin verbundene Unmöglichkeit, die entsprechenden Zahlungen an den Beigeladenen weiterhin zu erbringen, mag zwar den Beigeladenen dazu berechtigen haben, den zusätzlich geschlossenen Vertrag zum persönlichen Budget gemäß § 5 dieses Vertrages zu kündigen. Daneben bestand aber weiterhin der zwischen der Antragstellerin und dem Beigeladenen geschlossene Betreuungsvertrag, der aufgrund des Schuldbeitritts des Antragsgegners sowie der generellen Vertragsbeziehungen (Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII, Vergütungsvertrag nach § 75 Abs. 3 SGB XII) an das Leistungserbringerrecht gebunden war. Zudem war der Beigeladene dazu verpflichtet, Leistungsberechtigte aufzunehmen und zu betreuen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 5 des zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsgegner auf der Grundlage des § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossenen Vertrages vom 17. Dezember 2009). Insoweit hatte der Beigeladene weiterhin die Leistungen nach Leistungstyp I.4.5a - Vergütung Tagesstruktur - zu erbringen. Eine Kündigung dieses Vertrages ist nach den obigen Ausführungen ausgeschlossen. Soweit Streit über den Umfang der nach dem Leistungstyp I.4.5a zu erbringenden Leistungen besteht, muss dieser Streit nämlich zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsgegner ausgetragen werden.

Daraus folgt zugleich, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf weitere eingliederungshilferechtliche Leistungen gegen den Antragsgegner hat, denn dieser hat - wie bereits erwähnt - durch die Bewilligung der Vergütung nach Leistungstyp I.4.5a den Bedarf gedeckt (Verwaltungsentscheidungen vom 1. Februar 2011 und 21. Februar 2011). Dabei liegt gegenüber der Antragstellerin eine vollständige und im Verhältnis zum Beigeladenen eine typisierende Bedarfsdeckung vor. Der Beigeladene muss entweder mit den vertraglich vereinbarten typbezogen bewilligten Leistungen auskommen (wie er z.B. auch das marktübliche Risiko von Unterbelegung trägt - vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O., § 75 SGB XII, Rdnr. 48) oder (ohne Beeinträchtigung der Betreuung der Hilfebedürftigen) nachverhandeln.

Ein Anspruch der Antragstellerin auf zusätzliche Leistungen über den Bedarf hinaus kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Beigeladene seine Verpflichtungen aus dem Betreuungsvertrag verletzt hat und nicht mehr bereit ist, die Antragstellerin zu den bisherigen Bedingungen zu betreuen. Denn auch wenn der Antragsgegner sich des Leistungserbringers bedient und daher dem Antragsteller keine Geldleistung, sondern ein Sachleistungsverschaffungsanspruch zusteht (vgl. Jaritz/Eicher, a.a.O. Rdnr. 28), ist der Sozialhilfeträger nur zur Deckung des tatsächlichen eingliederungshilferechtlichen Bedarfs verpflichtet. Vorliegend ist der Antragsgegner dieser Verpflichtung durch die Kostenübernahmezusage vollumfänglich nachgekommen. Die Hilfebedürftige kann jedoch im so genannten Erfüllungsverhältnis die Durchsetzung des zivilrechtlichen Anspruchs gegen den Leistungserbringer verfolgen und/oder die Aufnahme in eine andere Einrichtung betreiben. Die Antragstellerin geht inzwischen auch gegen den Beigeladenen gerichtlich vor. Insoweit ermächtigt § 11 Abs. 1 SGB XII den Antragsgegner im Übrigen zu einer Unterstützung der Antragstellerin.

Die Antragstellerin hat im gerichtlichen Verfahren die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung eines persönlichen Budgets nicht (ausdrücklich) beantragt. Soweit ihr Begehren jedoch in dieser Richtung zu verstehen sein sollte, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf ein zusätzliches persönliches Budget hat. Gemäß § 57 SGB XII können auf Antrag Leistungen der Eingliederungshilfe auch als Teil eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets gewährt werden. Seit dem 1. Januar 2008 handelt es sich um eine Anspruchsleistung (§ 57 Satz 2 SGB XII i.V.m. § 159 Abs. 5 SGB IX).

Im häuslichen Umfeld der Antragstellerin besteht - soweit vertragsgemäße Betreuung durch den Leistungserbringer erfolgt und diese strebt die Antragstellerin mit ihrem Begehren an - kein Bedarf für ein persönliches Budget (vgl. Aktenvermerke vom 14. Januar 2010 - Bl. 643 der Verwaltungsakte - und vom 10. Februar 2011 - Bl. 1067 der Verwaltungsakte -). Im Übrigen erhält die Antragstellerin vom Antragsgegner bereits - wie ausgeführt - die ihr zustehenden Eingliederungshilfen. Für weitere Leistungen gibt es daneben keine Rechtsgrundlage. Insbesondere kann bei vollständig durch Bewilligungsentscheidungen des Sozialhilfeträgers gedecktem Bedarf des Hilfebedürftigen ein persönliches Budget nicht dadurch entstehen, dass der Leistungserbringer unter Abweichung von den Vertragspflichten aus dem Rahmenvertrag nach § 79 Abs. 1 SGB XII und der Vereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII die typisierte Vergütung nicht für ausreichend erklärt und Nachforderungen stellt. Dies würde die gesetzlich vorgesehene auf vertraglichen Vereinbarungen beruhenden Bindungen der Beteiligten unterlaufen.

Schließlich spielt auch der Umstand, dass der Antragsgegner früher, nämlich im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 31. Januar 2011, zusätzliche Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets bewilligt hat, keine Rolle. Denn die Bewilligungen waren jeweils befristet und zwar zuletzt mit Bescheid vom 5. Februar 2010 für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Januar 2011 (Blatt 685 der Verwaltungsakten). Mit dem Ablauf der Befristung wurde der Verwaltungsakt unwirksam (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch). Für einen nachfolgenden Zeitraum sind die Bewilligungsvoraussetzungen erneut zu prüfen, liegen hier jedoch nicht vor. Vorangegangene, durch Zeitablauf unwirksam gewordene frühere Regelungen binden den Antragsgegner nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 6). Dabei hat der Senat davon abgesehen, die Antragstellerin zu einer auch nur teilweisen Kostenerstattung an den Beigeladenen zu verpflichten, weil dies unbillig wäre. Denn der Beigeladene hat durch die Geltendmachung einer zusätzlichen Vergütung und die Beendigung der Betreuung der Antragstellerin die Einleitung des Rechtsstreits veranlasst (vgl. im Übrigen zur fehlenden Befugnis zur Stellung abweichender Sachanträge Jaritz/Eicher, a. a. O., Rdnr. 119).

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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