L 11 KR 4265/11 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 104/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4265/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.08.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß § 145 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Denn die Berufung, gerichtet auf die Gewährung von Krankengeld, ist nicht zuzulassen.

Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 24 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (BGBl I 2008, 444) der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Vorliegend ist der Beschwerdewert nicht erreicht, da der streitige Krankengeldanspruch von 10 Kalendertagen für die Zeit vom 1. bis 10.10.2010 nur 394,40 EUR netto beträgt. Die Beschwer eines unterliegenden Beteiligten in einem Klageverfahren über Krankengeld bemisst sich nur nach dem Nettobetrag, den die Krankenkasse an den Versicherten auszahlen muss. Die darauf entfallenden Beiträge der Krankenkasse an die Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (Bruttobetrag) bleiben unberücksichtigt (so auch LSG Baden-Württemberg, 12.02.2010, L 4 KR 3594/08).

Gemäß § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 1 SGG. Dies ist nur der Fall, wenn eine Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 144 Rdnr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (BSG, 11.03.2009, B 6 KA 31/08 B, juris mwN).

Eine Rechtsfrage in diesem Sinn wirft der vorliegende Rechtsstreit nicht auf. In welchen Fällen eine unterbliebene oder verspätete ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ausnahmsweise - rückwirkend - nachgeholt werden kann und die Mitgliedschaft – ausnahmsweise – erhalten bleibt ist durch das BSG in ständiger Rechtsprechung höchstrichterlich und abschließend geklärt (vgl zB BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1, jeweils Rdnr 18 ff). Das BSG hat in engen Grenzen Ausnahmen anerkannt, wenn die ärztliche Feststellung oder die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert worden sind, die dem Verantwortungsbereich der Krankenkassen und nicht dem des Versicherten zuzurechnen sind. So kann sich beispielsweise die Kasse nicht auf den verspäteten Zugang der Meldung berufen, wenn dieser auf von ihr zu vertretenden Organisationsmängeln beruht und der Versicherte hiervon weder wusste noch wissen musste (BSGE 52, 254, 258 ff und LS 1 = SozR 2200 § 216 Nr 5, vgl ferner BSGE 54, 62, 65 = SozR 2200 § 182 Nr 84). Die dem Versicherten vom Gesetz übertragene Obliegenheit, für eine zeitgerechte ärztliche Feststellung der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit zu sorgen (§ 46 Abs 1 Nr 2 SGB V), wird nur erfüllt, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende getan hat, um die ärztliche Feststellung zu erhalten (vgl zum Ganzen Senatsurteil, 05.04.2011, L 11 KR 2055/10). Ob hier ein solcher Ausnahmefall vorgelegen hat und der Kläger insbesondere alle ihm zumutbaren Bemühungen unternommen hat, um bereits am 30.09.2010 eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu erhalten, ist eine reine Tatsachenfrage; ihrer Klärung kommt dementsprechend keine grundsätzliche Bedeutung zu.

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs 2 Nr 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs 2 Nr 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl hierzu Leitherer, aaO, § 160 Rdnr 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung).

Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 30.08.2011 nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt. Da letztlich auch ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes nicht geltend gemacht wurde, war die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit der Ablehnung der Beschwerde wird das Urteil des SG gemäß § 145 Abs 4 Satz 4 SGG rechtskräftig.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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