L 4 R 4847/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 5146/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4847/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. September 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Weiterzahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1952 geborene Klägerin, die keinen Beruf erlernt hat, war mit Unterbrechungen durch Zeiten der Schwangerschaft und Kindererziehung sowie der Arbeitslosigkeit nach ihren Angaben ab 1966 in einer Blumenfabrik, als Kosmetikerin und ab 1981 durchgehend als Montagearbeiterin, zuletzt in Teilzeit versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 08. September 2008 ist sie arbeitsunfähig krank. Sie bezieht seit 20. Oktober 2008 entweder Krankengeld oder Arbeitslosengeld I. Der aktuelle Anspruch auf Arbeitslosengeld endet am 06. März 2012.

Am 07. Dezember 2004 stellte die Klägerin einen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte gestützt auf ein von der Radiologin und Sozialmedizinerin L. am 18. Januar 2005 erstattetes Gutachten, wonach bei der Klägerin als Diagnosen ein chronisches Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, leichte Fingerpolyarthrosen ohne Funktionseinschränkungen, Belastungsbeschwerden in beiden Füßen bei Fehlstellung, leichte Kniegelenksarthrose rechts, zeitweilige Belastungsbeschwerden, derzeit ohne Einschränkungen und ein Zustand nach mehrfachen Operationen wegen Analfissuren mit Meteorismus und gehäuftem Stuhldrang gestellt wurden und die Klägerin noch für in der Lage erachtet wurde, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständige Wirbelsäulenzwangshaltungen und Anforderung an erhöhte Fingerfertigkeit oder Feinmotorik der Hände mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, mit Bescheid vom 25. Januar 2005, der sich nicht in den Akten befindet, ablehnte. Der von der Klägerin dagegen eingelegte Widerspruch wurde vom Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2005 zurückgewiesen. Auf die von der Klägerin dagegen erhobene Klage, die vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) unter dem Aktenzeichen S 2 R 1910/05 geführt wurde, vernahm das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen, sodann erstatteten im Auftrag des SG Orthopäde Dr. J. ein Gutachten von Amts wegen vom 23. September 2005, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin Dr. K. ein Gutachten gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 22. Februar 2006 und Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ein weiteres Gutachten von Amts wegen vom 16. Januar 2007. Hierbei kam Dr. J. zu dem Ergebnis, dass die Klägerin leichte und zeitweise mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausführen könne. Dr. K. vertrat die Auffassung, dass die Klägerin aufgrund einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, einer somatoformen autonomen Funktionsstörung (Urogenitalsystem), einer rezidivierenden depressiven Episode, einer andauernden Persönlichkeitsänderung, eines orthopädischen Syndroms, einer Dranginkontinenz und eines Verdachts auf eine Analinkontinenz nur noch deutlich unter drei Stunden täglich arbeiten könne. Auch Dr. N. kam wegen undifferenzierter Somatisierungsstörung, Neurasthenie, Lenden- und Halswirbelsäulenbeschwerden ohne radikuläre Reizung, Stressinkontinenz und Schwindel zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin nur noch ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen bestehe. Die Beteiligten schlossen hierauf im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG am 30. Mai 2007 einen Vergleich, wonach die Beklagte der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit für die Dauer vom 01. September 2006 bis 31. August 2008 gewährte (Ausführungsbescheid vom 01. August 2007).

Die Klägerin beantragte am 18. März 2008 die Weiterzahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Die Beklagte erhob den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin B. vom 14. April 2008, der weitere Arztbriefe vorlegte. Ferner veranlasste die Beklagte Begutachtungen der Klägerin durch den Arzt für Chirurgie Dr. W., den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Br. und den Internisten Dr. M ... Dr. W. gab in seinem chirurgisch-orthopädischen Zusatzgutachten vom 17. Juni 2008 an, bei der Klägerin bestehe eine Spondylose und Spondylarthrose im Segment L3 bis 5 mit Bandscheibenprotrusion L4/5 und chronischem Lumbalgiesyndrom, ein Hallux valgus und Platt- und Spreizfuß beidseits, eine reticuläre Varikosis im Knöchelbereich beidseits, eine flächenförmige Myogelose der Trapeziusmuskulatur im Schulter-, Nacken- und oberen Rückenbereich beidseits und eine leichte Insuffizienz des medialen Seitenbandes beidseits. Die von einem verinnerlichten, allgemeinen Schmerzsyndrom geprägte Klägerin sei noch für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit Heben, Halten und Transportieren von Gegenständen bis maximal fünf kg und nur verbunden mit kurzfristigen Überkopfarbeiten, gebückten Arbeitshaltungen, Arbeiten in Hockstellung und Besteigen von Leitern oder Arbeiten auf schwierigem Balance erforderndem Untergrund belastbar. Dr. Br. diagnostizierte in seinem Zusatzgutachten vom 06. Juni 2008 Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden ohne Anhalt für neurologische Komplikationen, eine einfach strukturierte, vielleicht von jeher leicht dysthyme, im Kommunikationsmuster auch histrionische, gleichzeitig auch übernachhaltige Persönlichkeitsakzentuierung mit sicherlich nur begrenzten Ressourcen zur Konfliktbewältigung und eine deutliche funktionelle Überlagerung/Ausweitung der somatisch beklagten Beschwerden in unscharfer Abgrenzung zu auch einfach demonstrativen Verhaltensweisen. Eine neurogene Blasen- oder Mastdarmstörung schloss er aus. Er vertrat die Auffassung, dass bei der Klägerin quantitative Leistungseinschränkungen nervenärztlich nicht herleitbar seien. Zusammenfassend kam Dr. M., der auf internistischem Fachgebiet keine leistungslimitierenden Erkrankungen fand, in seinem mehrfachärztlichen Gutachten vom 25. Juni 2008 zu dem Ergebnis, dass der Klägerin nach Ablauf der Zeitrente körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne ausschließliches Sitzen, Stehen und Gehen, längere Überkopfarbeiten, Bücken und Hocken sowie anspruchsvolle Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, ständiger nervöser Anspannung, überdurchschnittlich fordernden sozialen Interaktionen und anderen Stressfaktoren wieder vollschichtig möglich seien. Mit Bescheid vom 03. Juli 2008 lehnte die Beklagte es hierauf ab, die bis 31. August 2008 gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiterzuzahlen, weil über den Wegfallzeitpunkt hinaus weder eine teilweise noch eine voller Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 08. Juli 2008 Widerspruch ein, mit welchem sie vorbrachte, dass es zu keiner Verbesserung ihrer gesundheitlichen Verhältnisse gekommen sei. Ihr behandelnder Arzt bestätige als Diagnosen ein chronisches Wirbelsäulensyndrom, muskuläre Dysbalance, Impingementsyndrom der rechten Schulter und Polyarthrose, eine Urge-Inkontinenz, ein chronisches psychomotorisches Erschöpfungssyndrom, eine Kreislaufregulierungsstörung mit labiler Hypertonie und eine Varikosis. Die auf orthopädischen Gebiet vorliegenden Beeinträchtigungen bestätige auch der sie behandelnde Orthopäde Dr. G ... Wegen der nach wie vor bestehenden Urge-Inkontinenz sei ihre Teilhabe am öffentlichen Leben erheblich eingeschränkt. Die Beklagte hörte hierzu Dr. M., der bei der Leistungsbeurteilung in seinem Gutachten verblieb (Stellungnahme vom 04. August 2008). Mit Widerspruchsbescheid vom 07. November 2008 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei über den 31. August 2008 hinaus weder teilweise noch voll erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig.

Die Klägerin erhob am 24. November 2008 erneut Klage zum SG und begehrte zunächst in ihrer Klagebegründung, die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31. August 2008 hinaus weiterzuzahlen, in der mündlichen Verhandlung des SG dann Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31. August 2008 hinaus zu zahlen. Sie trug vor, dass sich ihre gesundheitlichen Verhältnisse, insbesondere aufgrund der Beeinträchtigung der Wirbelsäule, der Schädigung der Schulter und der Polyarthrosen und darüber hinaus infolge von weiterhin anhaltenden depressiven Verstimmungen eher verschlechtert hätten. Dass sich die auf urologischem Gebiet bekannten Erkrankungen gebessert hätten, sei nicht erkennbar. Ihr Leistungsvermögen sei weiterhin als mindestens unter sechsstündig anzusehen. Auch Dr. Sc. (hierzu im Folgenden) sei zu einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen gekommen.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Stellungnahmen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. He. vom 11. Mai 2009 und 21. Juni 2010, der sich für ein sechsstündiges Leistungsvermögen der Klägerin aussprach, entgegen.

Das SG zog den Entlassungsbericht des Chirurgen Dr. We., O.-klinikum, vom 25. September 2008, ausweislich dessen bei der Klägerin ein fortgeschrittenes Outlet-Impingement des rechten Schultergelenkes bei lateral abfallendem Acromion, kontraktem Ligamentum-coraco-acromiale und eine Bursitis subacromialis diagnostiziert und am 08. September 2008 eine erweiterte arthroskopische subacromiale Dekompression mit antero-inferiorer Neer-Plastik, Teilablösung Ligamentum-coraco-acromiale und Bursaresektion durchgeführt wurde, bei und vernahm die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. G. (Stellungnahme vom 23. Februar 2009) fügte Arztbriefe aus den Jahren 2004 bis 2009 bei und gab an, dass die Klägerin derzeit wegen einer Sternoclaviculararthritis und eines Lendenwirbelsäulensyndroms nur noch in der Lage sei, unterhalbschichtig einer Tätigkeit nachzugehen. Frauenärztin Dr. Kern führte in einer am 11. März 2009 beim SG eingegangenen Stellungnahme aus, dass sie mit Ausnahme eines einmalig erhöhten PAP-Wertes keine Auffälligkeiten diagnostiziert habe. Die Klägerin habe über klimakterische Beschwerden sowie über Harninkontinenz geklagt. Einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit von etwa sechs Stunden täglich könne die Klägerin nachgehen. Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. H.-K., die ihrer Auskunft weitere Arztbriefe beifügte, teilte unter dem 16. März 2009 mit, dass derzeit die Beschwerden der Klägerin von Seiten der rechten Schulter im Vordergrund stünden. Aktuell bestehe wegen der schmerzbedingten Bewegungseinschränkung des rechten Schulter-Nacken-Bereichs und eines Lendenwirbelsäulensyndroms eine vollständige Arbeitsunfähigkeit.

Im Auftrag des SG erstattete sodann Orthopäde Dr. Bu. über die Klägerin sein orthopädisches Gutachten vom 10. August 2009. Der Sachverständige diagnostizierte eine AC-Plastik des rechten Schultergelenks mit Belastungsschmerz vom September 2008, eine Osteochondrose L4/5, ein geringgradiges degeneratives Cervicalsyndrom mit Chondrose C5/6, eine minimale retropatellare Arthrose rechts ohne Funktionsbehinderung, eine initiale Heberdenarthrose ohne Funktionsbehinderung und eine diskrete rechtsbetonte Sternoclaviculargelenksarthrose und auf nicht orthopädischem Fachgebiet rezidivierende Analfisteln mit mehrfachen Operationen, die Entfernung eines gutartigen Blasentumors mit verbliebener Stressinkontinenz und eine somatoforme Störung. Auf orthopädischem Fachgebiet im Vordergrund stünden die Beschwerden, die vom rechten Schultergelenk ausgingen. Zum heutigen Zeitpunkt finde sich aktiv und passiv eine praktisch freie Beweglichkeit im rechten Schultergelenk. Nacken- und Schürzengriff könnten ohne Ausgleichsbewegungen ausgeführt werden. Die Röntgenaufnahme des rechten Schultergelenkes ergebe einen freien Subacromialraum, eine regelrechte Stellung des Oberarmkopfs in der Pfanne und ein unauffälliges AC-Gelenk. Der Zustand sei mit Ausnahme der neu hinzugekommenen AC-Plastik des rechten Schultergelenkes unverändert zu dem Zustand, wie ihn bereits Dr. J. beschrieben habe. Vom orthopädischen Standpunkt her sei es der Klägerin zumutbar, leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über sieben bis acht kg, überwiegendes Gehen und Sitzen in gleichförmiger ungünstiger Körperhaltung, häufiges Bücken und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sechs Stunden täglich und mehr auszuführen. Von internistisch/neurologischer Seite her werde wegen der Blasen- und Stuhlproblematik ein schneller kurzstreckiger und unbehinderter Zugang zu einer Toilette gefordert.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG erstattete sodann Facharzt für Orthopädie, Chirurgie und Orthopädische Rheumatologie Dr. Sc. über die Klägerin sein orthopädisches Gutachten, das am 09. Juni 2010 beim SG einging. Der Sachverständige berichtete über ein Outlet-Impingement rechte Schulter, eine Teilruptur Supraspinatussehne rechts, eine Osteochondrose L4 bis L5, Bandscheibenprotrusionen L3 bis L5, eine Neuroforamenenge L5 rechts bei Spondylarthrose L2 bis S1, eine beginnende mediale Gonarthrose und Retropatellarathrose rechtes Knie, eine geringe Inkontientia alvi, mäßiggradige degenerative Veränderungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule, eine geringe Spondylarthropathie, rezidivierende Harnwegsinfekte in der Vorgeschichte und einen beiderseitigen Spreizfuß. Die Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der rechten Schulter seien endgradig und gering bis mittel ausgeprägt, im Bereich der Wirbelsäule bestünden ebenfalls endgradige Bewegungseinschränkungen, die leicht ausgeprägt seien. Der Bewegungsumfang im Bereich des rechten Kniegelenkes sei erhalten. Die Klägerin sei in der Lage, Tätigkeiten unter Vermeidung von Tätigkeiten mit schwerer körperlicher Belastung, Heben von Lasten über zehn kg mit dem rechten Arm, dauerndem Bücken und gleichförmigen Wirbelsäulenhaltungen, in feuchter, kalter oder zugiger Umgebung und auf Gerüsten und Leitern drei bis sechs Stunden täglich auszuüben. Wegen der gering ausgeprägten Inkontinentia alvi und der rezidivierenden Harnwegsinfekte seien keine betriebsunüblichen Pausen erforderlich. Diese seien mit fünf Minuten pro Arbeitsstunde zu kompensieren. Insgesamt hätten sich die Beschwerden der Klägerin im Laufe der Zeit etwas verschlechtert, eine grobe Abweichung zu zeitlich vergleichbaren Gutachtens sei jedoch nicht zu finden.

Mit Urteil vom 21. September 2010 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung über den 31. August 2008 hinaus, des Weiteren bestehe auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Dies stehe fest aufgrund einer Gesamtschau der medizinischen Unterlagen, insbesondere des von Dr. Bu. erstatteten Gutachtens vom 10. August 2009, dessen Leistungsbeurteilung die Kammer folge. Von der Leistungsbeurteilung durch Dr. Bu. sei auch nicht aufgrund der abweichenden Leistungsbeurteilung durch Dr. Sc. abzuweichen. Hinsichtlich der festgestellten Diagnosen würden sich die Gutachten kaum unterscheiden. Für die abweichende Beurteilung der Leistungsfähigkeit habe Dr. Sc. keine Begründung genannt. Auch die bei der Klägerin bestehende Inkontinenz führe nicht zu einer rentenberechtigenden Erwerbsminderung, da diese nicht zu unüblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt führe. Auch der behandelnde Gynäkologe der Klägerin habe in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 11. März 2009 ausgesagt, dass der Klägerin eine Tätigkeit von sechs Stunden täglich möglich sei. Die Einschätzungen von Dr. H.-K. und Dr. G. seien durch das Gutachten von Dr. Bu. widerlegt. Im Hinblick auf die von der Klägerin nunmehr geklagte depressive Symptomatik sei sie im Verwaltungsverfahren auf neurologisch und psychiatrischem Fachgebiet untersucht worden. Hierbei habe sich eine allenfalls dysthyme Persönlichkeitsakzentuierung sowie eine deutliche funktionelle Überlagerung der somatisch beklagten Beschwerden gezeigt. Des Weiteren sei weder von den behandelnden Ärzten noch von den im gerichtlichen Verfahren beauftragten Sachverständigen eine depressive Symptomatik vorgetragen worden. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit habe die Klägerin nicht, weil sie der Gruppe der ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei.

Gegen das am 08. Oktober 2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Sie hat gestützt auf Arztbriefe des Orthopäden Prof. Dr. Th., Klinik B.-B. vom 02. Juni und vom 21. Oktober 2010 vorgetragen, dass die Beeinträchtigungen der Schultergelenke wesentlich schwerwiegender seien als durch das SG angenommen. Außerdem liege weiterhin eine Urgeinkontinenz mit einer Miktionsfrequenz von 1,0 bis 1,5 stündlich vor. Deshalb sei den Ausführungen des behandelnden Orthopäden und des Sachverständigen Dr. Sc. folgend von einem unter sechsstündigen Leistungsvermögen auszugehen. Bei Beachtung der von Dr. N. (hierzu im Folgenden) genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sei von einer spezifischen Leistungsbehinderung auszugehen. Ergänzend hat die Klägerin Arztbriefe der Fachärztin für radiologische Diagnostik Z. vom 24. Januar 2011, in dem über die am 17. Januar 2011 durchgeführte Kernspintomographie des rechten Schultergelenkes berichtet wird, des Radiologen Dr. Go. vom 29. Januar 2009, wonach in der Zeit vom 11. Dezember 2008 bis 28. Januar 2009 bei der Klägerin eine Röntgen-Tiefen-Therapie durchgeführt worden ist, des Prof. Dr. Th. vom 03. Mai 2011 (Reizsynovitis der rechten Schulter) und des Radiologen Dr. Wal. vom 15. November 2011 über die am selben Tag gefertigte Kernspintomographie der Halswirbelsäule (linkslateraler Bandscheibenvorfall C 6/7 mit C7-Kompression links, keine Myelopathie; Protrusio C 5/6, geringe anteriore Spondylose; leichter Reizzustand im linken Sternoclaviculargelenk) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21. September 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. November 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. August 2008 hinaus Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen und die Ausführungen im Urteil des SG. Auch die Befundberichte vom 02. Juni und 21. Oktober 2010 rechtfertigten nicht die Annahme einer rentenrelevanten Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Ergänzend hat sie Stellungnahmen des Dr. He. vom 14. Februar und 01. Juni 2011, der an seiner bisherigen Auffassung festgehalten hat, vorgelegt.

Der Senat hat den Frauenarzt Ra. und Dr. G. als sachverständige Zeugen vernommen. Frauenarzt Ra. hat in seiner Auskunft vom 12. Januar 2011 angegeben, das Kardinalsymptom der Klägerin sei vor allem die Dranginkontinenz. Es bestehe ein häufiger Harndrang mit Miktionsintervallen von 1,0 bis 1,5 Stunden, zwei- bis dreimal Nykturie. Bei Harndrang könne die Miktion nicht lange hinausgeschoben werden. Seit 2008 bestehe keine Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin. Dr. G. hat unter Beifügung von Arztbriefen unter dem 08. Januar 2011 ausgeführt, dass am 16. März 2010 eine Rearthroskopie der rechten Schulter durchgeführt worden sei. Nach wie vor beklage die Klägerin persistierende Beschwerden. Der Nacken- und Schürzengriff sei deutlich eingeschränkt. Darüber hinaus hätten rezidivierende Lendenwirbelsäulenbeschwerden bestanden. Auf weitere Nachfrage des Senats hat Dr. G. unter dem 05. Mai 2011 ausgeführt, dass bei der Klägerin am 04. März 2011 eine erneute arthroskopische Acromioplastik der rechten Schulter durchgeführt worden sei. Nach dem stationären Aufenthalt habe sie sich bei ihm bis 27. April 2011 in Nachbehandlung befunden. Prinzipiell habe postoperativ eine reizlose Wundsituation bei jedoch nach wie vor eingeschränkter Beweglichkeit bestanden. Weitere kausale Therapieansätze bezüglich der Beschwerdesituation der Klägerin seien bis auf Weiteres nicht gegeben. Ausweislich des beigefügten Arztbriefes des Prof. Dr. Th. vom 11. März 2011 hat bis zum Entlasszeitpunkt nach der Rearthroskopie ein Bewegungsausmaß der rechten Schulter mit aktiver Abduktion von 100 Grad, passiv auf 150 Grad erweiterbar, erreicht werden können. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sauerbeck hat ausgeführt (Stellungnahme vom 16. Mai 2011), dass er die Klägerin im Jahr 2010 dreimal und im Jahr 2011 bisher zweimal behandelt habe. Bei der Klägerin liege ein multiples Schmerzsyndrom mit Schmerzen, vor allem im Bereich des rechten Schultergürtels nach Schulteroperation, aber auch Rückenschmerzen vor. Sie sei völlig fixiert auf ihr Nichtkönnen und die Überzeugung, dass ihr durch die zahlreichen Gutachteruntersuchungen und Gerichtsverfahren Unrecht geschehe. Ein therapeutischer Ansatz, ihr aus dieser Sichtweise herauszuhelfen, bestehe nicht. Aus dieser Sicht bestehe derzeit keine Leistungsfähigkeit. Von psychiatrischer Seite her sehe er es bei der völlig verhärteten und verbitterten Grundhaltung der Klägerin als nicht möglich an, sie wieder in eine Arbeit einzugliedern.

Der Senat hat sodann von Amts wegen noch einmal ein Gutachten des Dr. N. vom 13. Oktober 2011 eingeholt. Der Sachverständige hat berichtet, dass die Halswirbelsäule der Klägerin ausreichend frei beweglich sei. Klopfschmerzen gebe sie über den Dornfortsätzen und im Bereich der Lendenwirbelsäule an. Der Fingerbodenabstand betrage zehn cm. Tendenzielle Verhaltensweisen im Sinne einer Beschwerdeverdeutlichung seien auffällig. Kognitiv fänden sich leichtgradige Aufmerksamkeits-, wie Konzentrations- und Auffassungsstörungen und Kurzzeitgedächtnisstörungen. Affektiv bestehe eine depressive Stimmungsauslenkung mit psychomotorischer Verlangsamung und eine Antriebsstörung bei erhaltener Mitschwingungsfähigkeit. Zeitweise komme es auch zu einem verbittert resignativen Ausdrucksverhalten. Die Klägerin leide an einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren nach dreimaliger Schulteroperation, einer Neurasthenie, einer Blasen-Mastdarm-Dranginkontinenz und einer Hals- und Lendenwirbelsäulenfunktionsstörung ohne radikuläre Reizung. Im Vordergrund des Beschwerdebildes stünden multiple körperliche Beschwerden, die vornehmlich in die rechte Schulter projiziert würden. Insgesamt sei aber hinsichtlich der chronischen Schmerzstörung unter Berücksichtigung des Verhaltens im Rahmen der Exploration nicht von einem erheblichen Schweregrad auszugehen. Allerdings liege mittlerweile eine deutliche Chronifizierung vor. Komorbid liege wie bereits bei der Vorbegutachtung eine Neurasthenie vor. Als weitere Komorbidität bestehe eine zeitweise Blasen-Mastdarm-Inkontinenz. Auch könne die Klägerin seit den Analfisteloperationen abgehende Winde nicht zurückhalten. Gleichwohl sei auch hier nicht von einem so erheblichen Schweregrad auszugehen, wenn man berücksichtige, dass die Klägerin ja auch trotz dieser Einschränkungen bis zuletzt im Jahr 2009 noch zumindest dreimal in der Woche bis zu vier Stunden täglich beruflich leistungsfähig gewesen sei. Auch aus der Tagesstrukturierung ergäben sich Hinweise, dass die Klägerin durchaus in der Lage sei, Aktivitäten nachzugehen. Seit der letzten durch ihn durchgeführten Begutachtung im Januar 2007 ergäben sich Hinweise auf eine Stabilisierung. Zudem bestünden Inkonsistenzen im Hinblick auf die Beschwerdeschilderung und die erhobenen Befunde. Die fremdanamnestischen Angaben von Seiten des Ehemanns hätten teilweise Abweichungen von den Schilderungen der Klägerin gezeigt. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis zu sieben kg in abwechslungsreicher, vorwiegend sitzender Körperhaltung und ohne Zwangshaltungen im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, häufigem Bücken, Treppensteigen, Arbeiten in Kälte, Nässe und im Freien, unter Zeitdruck und Stressbelastung und mit nervlicher Belastung sowie Tätigkeiten, die ein höheres Konzentrationsvermögen voraussetzten, mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Besondere Arbeitsbedingungen seien nur insofern erforderlich, dass der Klägerin die Möglichkeit gegeben sein solle, wegen der teilweisen Blasen-Mastdarm-Inkontinenz rasch eine Toilette aufsuchen zu können.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Vorprozessakte des SG S 2 R 1910/05 und die Gerichtsakten in beiden Instanzenzügen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07. Juli 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr ab 01. September 2008 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weiterzahlt. Denn die Klägerin ist nicht teilweise erwerbsgemindert. Da die Klägerin nicht teilweise erwerbsgemindert ist, besteht auch keine volle Erwerbsminderung, wobei der Senat insoweit offen lässt, ob ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung überhaupt Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Denn die Klägerin hat bei der Beklagten und auch in ihrer Klagebegründung vom 05. Februar 2009 (Bl. 11 der SG-Akte) allein beantragt, die bewilligte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31. August 2008 hinaus weiterzuzahlen. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden allein diesen Antrag auf Weiterzahlung abgelehnt.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Bei einem Antrag, eine befristet bewilligte Rente wegen Erwerbsminderung weiterzuzahlen, ist kein Nachweis erforderlich, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen im Sinne von § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eingetreten ist (vgl. Niesel in Kasseler Kommentar, § 102 SGB VI RdNr. 3).

Die Klägerin ist seit dem 01. September 2008 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Sie kann Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seither in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund der durch Dr. W., Dr. Br. und Dr. M. erstatteten Verwaltungsgutachten vom Juni 2008, den Sachverständigengutachten des Dr. Bu. vom 10. August 2009 und des Dr. N. vom 13. Oktober 2011 sowie den sachverständigen Zeugenaussagen der die Klägerin behandelnden Frauenärzte.

Die Klägerin leidet an Gesundheitsstörungen insbesondere im Bereich der rechten Schulter, die zwischen 2008 und 2011 dreimal operiert wurde. Dies ergibt sich aus den über die Operation vorliegenden Berichten des O.-klinikums und aus den sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. G., aber auch den Gutachten von Dr. W., Dr. Br. und Dr. M. sowie von Dr. Bu., Dr. Sc. und Dr. N ... Außerdem besteht bei der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet eine Hals- und Lendenwirbelsäulenfunktionsstörung ohne radikuläre Reizung im Bereich der Lendenwirbelsäule und aktuell im Bereich der Halswirbelsäule mit C7-Kompression links, aber ohne Myelopathie, wie ebenfalls aus den sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. G., den Gutachten des Dr. Bu. und des Dr. Sc. und bezüglich der Halswirbelsäule aus dem aktuellsten Arztbrief des Radiologen Dr. Wal. vom 15. November 2011 hervorgeht. Darüber hinaus bestehen bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens des Dr. Bu. und bereits der Sozialmedizinerin L. eine leichte Gonarthrose rechts, die auch Dr. Sc. bestätigt hat, und eine initiale Heberdenarthrose. Nervenärztlicherseits leidet die Klägerin an einer chronischen Schmerzstörung und einer Neurasthenie. Dies entnimmt der Senat insbesondere den Gutachten des Dr. Br. und des Dr. N., aber auch des Dr. Bu. und des Dr. W ... Bestätigt wird dies auch durch die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Sauerbeck. Außerdem besteht bei der Klägerin eine seit vielen Jahren bestehende Blasen-Mastdarm-Dranginkontinenz, die zumindest seit 2008 unverändert ist, und seit den zuletzt 1993 durchgeführten Analfisteloperationen ein Meteorismus. Dies stützt der Senat auf die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. Kern bzw. Arzt Ra. und die Gutachten von Dr. N., Dr. Bu. und Dr. Sc ...

Aus den bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Die orthopädischen Gesundheitseinschränkungen schließen schwere und mittelschwere Tätigkeiten, Tätigkeiten, die mit Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten über sieben bis acht kg, häufigem Bücken, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, überwiegend gehend und über Kopf sowie in feuchter, kalter und zugiger Umgebung zu verrichten sind, aus. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung der Sachverständigen Dr. Bu. und Dr. Sc. und dem Gutachter Dr. W ... Aufgrund der nervenfachärztlichen Einschränkungen kann die Klägerin darüber hinaus keine Tätigkeiten, die mit Arbeiten unter Zeitdruck und Stressbelastung, nervlicher Belastung und Tätigkeiten, die ein höheres Konzentrationsvermögen voraussetzen, mehr verrichten. Dies stützt der Senat auf das Gutachten des Dr. N. vom 13. Oktober 2011, der diese Einschränkungen aus der chronischen Schmerzstörung und der Neurasthenie ableitet. Die Blasen-Mastdarm-Inkontinenz schließt überdies Tätigkeiten aus, bei denen die Klägerin nicht rasch eine Toilette aufsuchen kann. Insoweit folgt der Senat wiederum den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N., aber auch des Sachverständigen Dr. Bu ...

Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats keine Einschränkungen des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat folgt insoweit den insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilungen der Gutachter Dr. W., Dr. Br. und Dr. M., der Sachverständigen Dr. Bu. und Dr. N. sowie der sachverständigen Zeugenauskünfte der die Klägerin behandelnden Frauenärzte.

Im Hinblick auf die Erkrankung der Klägerin von Seiten der rechten Schulter ist insoweit zu beachten, dass trotz der durchgeführten Operationen von der Klägerin nach wie vor Bewegungsschmerzen beklagt werden, bereits zum Entlasszeitpunkt nach der letzten Operation am 11. März 2011 konnte im Bereich der rechten Schulter jedoch wieder eine aktive Abduktion bis 100 Grad, die passiv auf 150 Grad erweiterbar war, erreicht werden. Ausweislich des Arztbriefes des Prof. Dr. Th. vom 03. Mai 2011 bestand zu diesem Zeitpunkt eine freie Beweglichkeit der rechten Schulter in allen physiologischen Ebenen, teilweise mit Schmerzangabe. Anhand dieses Befundes ergeben sich nur Anhaltspunkte für eine qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Hinblick auf Überkopfarbeiten. Auch die Veränderungen im Bereich der Lenden- und Halswirbelsäule führen nur zu allenfalls endgradigen Bewegungseinschränkungen, wobei zuletzt sowohl bei der Untersuchung durch Dr. N. als auch ausweislich des Arztbriefes von Dr. Th. vom 03. Mai 2011 die Halswirbelsäule frei beweglich war und Dr. N. einen Fingerbodenabstand von zehn cm, was für eine gute Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule spricht, maß. Soweit nunmehr bei der Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 15. November 2011 ein linkslateraler Bandscheibenvorfall C6/7 mit C7-Kompression links und einem Protrusio C5/6 zutage trat, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Denn entscheidend ist nicht die gestellte Diagnose, sondern die damit verbundenen Funktionseinschränkungen. Bewegungseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule und ausstrahlende Beschwerden in den Arm gehen aus dem Arztbrief des Dr. Wal. jedoch nicht hervor und werden auch von der Klägerin nicht vorgetragen. Solche sind auch nicht zwangsläufig mit diesem Befund verbunden. Mit Blick auf diesen Befund sind schwere und mittelschwere Tätigkeiten und Tätigkeiten, die mit Heben und Tragen von Lasten über sieben kg, dauerndem Bücken, gleichförmigen Wirbelsäulenzwangshaltungen verbunden und in feuchter, kalter oder zugiger Umgebung zu verrichten sind, ausgeschlossen. Nicht zumutbar sind auch Überkopfarbeiten und Tätigkeiten, die ausschließlich stehend zu verrichten sind. Eine sich hieraus ergebende quantitative Leistungsminderung haben sowohl Dr. W. als auch Dr. Bu. und nunmehr auch Dr. N. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar ausgeschlossen. Eine quantitative Leistungseinschränkung lässt sich auch nicht auf die Gonarthrose und die Heberdenarthrose stützen, nachdem sich beide im Anfangsstadium befinden und mit keinen Funktionseinschränkungen verbunden sind.

Vor allem ergibt sich eine quantitative Leistungseinschränkung aber auch nicht aus der bei der Klägerin nervenfachärztlicherseits vorliegenden chronischen Schmerzstörung und der Neurasthenie. Dr. N. hat in seinem Gutachten vom 13. Oktober 2011 für den Senat schlüssig und überzeugend auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Exploration der Klägerin herausgearbeitet, dass sich im Hinblick auf die Tagesstrukturierung Hinweise ergeben, dass die Klägerin durchaus in der Lage ist, Aktivitäten nachzugehen. Er berichtet in seinem Gutachten von dreimal täglich stattfindenden krankengymnastischen Übungen, Freizeitaktivitäten wie Musik hören oder Lesen und das Delegieren von Hausarbeiten an den Ehemann. Während der Exploration waren kaum Beeinträchtigungen durch die Schmerzsymptomatik nachzuweisen. Die Klägerin führte kaum Entlastungs- oder Ausweichbewegungen durch. Im Hinblick auf die Konsistenz- und Plausibilitätsprüfung ergaben sich Inkongruenzen hinsichtlich der Beschwerdeschilderung und der Befunderhebung. Auch beschrieb der Ehemann entgegen der Aussagen der Klägerin, dass sie noch teilweise Hausarbeiten verrichten würde. Der in der gutachterlichen Situation erhobene psychische Befund stützt diese Einschätzung. Die Klägerin zeigte nur eine leicht- bis mäßiggradige Antriebsstörung, auch die Fähigkeit zur Anpassung, Planung und das Durchhaltevermögen war nur leicht- bis mäßiggradig eingeschränkt. Insgesamt gelangt der Sachverständige für den Senat daher schlüssig und überzeugend zu der Einschätzung, dass die Klägerin zumindest leichte körperliche Arbeiten ohne nervliche Belastung noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann. Dr. N. hat in seinem Gutachten auch detailliert herausgearbeitet, weshalb er nunmehr entgegen seines ersten Gutachtens vom 16. Januar 2007 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin wieder mindestens sechs Stunden täglich arbeiten kann. Er stützt diese Abweichung auf den von ihm erhobenen Tagesablauf der Klägerin und die darin geschilderten Aktivitäten, aber auch die Inkonsistenzen im Hinblick auf die Beschwerdeschilderung und die erhobenen Befunde sowie die teilweise abweichenden fremdanamnestischen Angaben des Ehemannes, was für den Senat ebenfalls nachvollziehbar ist. Im Einklang mit dieser Einschätzung steht auch, dass sich die Klägerin erst seit November 2010 lediglich quartalsweise in nervenärztlicher Behandlung befindet und die antidepressive Medikation sich im untersten Bereich bewegt, was auf einen wenig ausgeprägten Leidensdruck schließen lässt. Etwas anderes lässt sich nach Überzeugung des Senats insoweit auch nicht auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Sauerbeck vom 16. Mai 2011 stützen. Dr. Sauerbeck schildert zwar, dass die Klägerin völlig fixiert auf ihr Nichtkönnen und die Überzeugung, es geschähe ihr Unrecht, sei. Dass die Klägerin deshalb in ihrem quantitativen Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingeschränkt ist, bestätigt er selbst durch die Schilderung der Haltung der Klägerin jedoch nicht.

Soweit die Klägerin darüber hinaus sich im Hinblick auf ihre auf quantitative Leistungseinschränkung insbesondere auch auf die bei ihr schon viele Jahre vorliegende Blasen- und Mastdarm-Dranginkontinenz sowie abgehende Winde stützt, ergibt sich hieraus nach Auffassung des Senats schon deshalb keine quantitativ relevante Leistungsminderung, weil diese Störungen bei der Klägerin bereits viele Jahre (nämlich seit den Operationen im Jahr 1993) vorliegen und zumindest seit 2008 nach der Auskunft des Arztes Ra. unverändert sind, sie also mit diesen Gesundheitsstörungen in ihrem Beruf als Maschineneinrichterin weiterhin (bis September 2008) erwerbstätig war.

Bei der Klägerin liegt mit der Harnblaseninkontinenz auch keine schwere spezifische Leistungseinschränkung vor. Diese Krankheit verursacht keine dauernden Einbußen, hat also keinen Einfluss auf das qualitative Leistungsvermögen. Die Frage, ob die Klägerin wegen der Inkontinenzerkrankung erwerbsgemindert ist, beantwortet sich letztlich nach den Anforderungen des Arbeitsmarktes. Der Senat ist insoweit der Ansicht, dass die Klägerin trotz dieser Krankheit keine betriebsunüblichen Arbeitsbedingungen benötigt. Wegen der Dranginkontinenz muss die Klägerin entsprechend ihrem Vortrag und der Auskunft des Arztes Ra. alle 1,0 bis 1,5 Stunden die Toilette rasch aufsuchen, um Wasser zu lassen. Die Dauer eines solchen Toilettenbesuchs schätzt der Senat auf drei Minuten ein, zu einer solchen Schätzung ist der Senat nach § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) befugt (so auch Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 38). Der Senat berücksichtigt hierbei die gesetzlichen Vorschriften zur Entfernung zwischen Arbeitsplatz und Toilette: Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber Toilettenräume bereitzustellen. Nach Nr. 4.1 Abs. 1 Satz 2 der Anlage zur ArbStättV müssen sich diese Toilettenräume sowohl in der Nähe der Arbeitsplätze als auch in der Nähe von Pausen- und Bereitschaftsräumen, Wasch- und Umkleideräumen befinden. Nach Nr. 3 der Arbeitsstättenrichtlinie 37/1 (vgl. § 7 Abs. 4 ArbStättV) sind die Toilettenräume bzw. die Toiletten unabhängig von Nr. 2 der Vorschrift innerhalb einer Arbeitsstätte so zu verteilen, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen nicht mehr als 100 m und, sofern keine Fahrtreppen vorhanden sind, höchstens eine Geschoßhöhe entfernt sind, der Weg von ständigen Arbeitsplätzen in Gebäuden zu Toiletten soll nicht durchs Freie führen. Daraus folgt, dass die Klägerin ihre Arbeit alle 1,0 bis 1,5 Stunden für drei Minuten unterbrechen müsste. Diese Frequenz ist mit den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Weiteres vereinbar. Zur Bestimmung des Begriffs betriebsübliche Arbeitsbedingungen kann die Rechtsprechung zu § 119 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw. zum früheren § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) herangezogen werden (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Danach muss auch die Dauer, Lage und Verteilung arbeitszeitüblichen Bedingungen entsprechen (vgl. BSG SozR 4100 § 134 Nr. 3; SozR 4100 § 103 Nrn. 17 und 23). Nach § 4 ArbZG steht Beschäftigten mit einer Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich eine Ruhepause von 30 Minuten bzw. zweimal 15 Minuten zu. Bereits hiernach kann z. B. ein sechseinhalbstündiger Arbeitstag alle zwei Stunden und zehn Minuten für je 15 Minuten unterbrochen werden. Neben den betriebsüblichen Pausen werden den Arbeitnehmern in gewissem Umfang auch noch sog. Verteilzeiten zugestanden für z. B. den Weg vom Zeiterfassungsgerät zum Arbeitsplatz, das Vorbereiten beziehungsweise Aufräumen des Arbeitsplatzes, den Gang zur Toilette, Unterbrechungen durch Störungen durch Dritte (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 23. Juli 2009, L 14 R 311/06, veröffentlicht in Juris, Rn. 87). Diese können z.B. im Bürobereich mit bis zu sieben Minuten pro Stunde veranschlagt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 35 ff.). Entsprechend haben auch andere Landessozialgerichte bereits entschieden, dass eine Dranginkontinenz mit regelmäßigen Toilettenbesuchen alle 60 bis 90 Minuten (LSG Berlin, Urteil vom 30. Juli 2003, L 17 RA 39/02, veröffentlicht in Juris, Rn. 43), mit ein bis zwei Toilettenbesuchen je Stunde (LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 38) betriebsüblichen Arbeitsbedingungen entspricht. Die gleiche Ansicht hat das LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 20. März 2007, L 11 R 684/06 in Juris; Urteil vom 16. April 2010, L 4 R 2563/08, nicht veröffentlicht) für kurzfristige Unterbrechungen der Arbeitszeit zur Nahrungsaufnahme von zehn Minuten alle zwei Stunden und für Toilettenbesuche von drei Minuten alle zwei Stunden vertreten.

Ob die Klägerin ihren im Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG aufrechterhält, kann dahingestellt bleiben, denn das Antragsrecht ist jedenfalls verbraucht. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal im gesamten Rechtsstreit zur Verfügung. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis bestimmter Tatsachen beliebig oft nachzukommen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 06. Februar 2006, L 1 U 2572/05 - in Juris unter Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - SozR Nr.18 zu § 109 SGG; BSG SozR 3-1500 § 109 Nr.1). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich hiernach nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Ein solcher besonderer Umstand liegt hier nicht vor und wird auch von der Klägerin nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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