Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 996/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3809/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1957 geborene Klägerin hat keinen Ausbildungsberuf erlernt; sie war vom 4. September 1972 bis 23. September 1981 als angelernte kaufmännische Angestellte bei der Firma T. in H. versicherungspflichtig beschäftigt. Nach der Geburt ihrer Kinder 1981 und 1984 sowie jeweils sich anschließender Zeiten der Kinderziehung stand die Klägerin zuletzt in der Zeit vom 6. Mai bis 30. Juni 1992 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Ab Juli 2002 war sie beim damaligen Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) S. G. arbeitslos (ohne Leistungsbezug) gemeldet und bezog zeitgleich Sozialhilfe. Seit 1. April 2005 wurden ihr von der (damaligen) Arbeitsgemeinschaft zur Beschäftigungsförderung im Ostalbkreis Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; Arbeitslosengeld [Alg] II) gewährt.
Am 19. April 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie halte sich seit 1967 wegen einer Pancolitis ulcerosa für erwerbsgemindert; seit 1. Januar 2004 sei sie arbeitsunfähig krank. Auf Anfrage der Beklagten erklärte der behandelnde Hausarzt der Klägerin Dr. S. in seinem Befundbericht vom 13. Juli 2007, die Klägerin leide unter einer Entzündung der Dickdarmschleimhaut (Colitis ulcerosa), unter HWS- und Lumboischialgien, unter Endomitriose, unter einer vegetativen Dystonie und unter Schlafstörungen. Verursacht durch diese Leiden komme es zu Bauchkrämpfen, vereinzelt blutigen Durchfällen und bis zu acht Mal täglich zu unkontrollierten Stuhlabgängen. Die Colitis ulcerosa sei in der beschriebenen Form seit ca. Juli 2004 beständig; seit diesem Zeitpunkt liege auch eine Erwerbsminderung vor. Dem Befundbericht war unter anderem ein Arztbrief von Dr. S. vom 21. Mai 2004 beigefügt, in dem über "seit einigen Monaten" bestehende akute Colitis-Schübe mit Durchfall und Blutabgang berichtet wurde. In einem weiteren Befundbericht vom 16. Juli 2004 berichtete der Internist Dr. M. über eine Pan-Colitis ulcerosa mit deutlich entzündlicher Aktivität linksseitig. Demgegenüber beschrieb Dr. M. in seinem nach durchgeführter Kontrollkoloskopie erstellten Bericht vom 2. Mai 2007 eine in Remission befindliche Colitis ulcerosa ohne Dysplasie-Nachweis. Mit Bescheid vom 22. August 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Rente wegen Erwerbsminderung könnten nur Versicherte erhalten, die u. a. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hätten. Diese Voraussetzung erfülle die Klägerin nicht; diese habe in dem (unter Zugrundelegung des geltend gemachten Leistungsfalls) maßgeblichen Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2003 keinen Monat mit Pflichtbeiträgen belegt. Aus dem beigefügten Versicherungsverlauf ergab sich, dass die Klägerin Pflichtbeitragszeiten zuletzt bis 30. Juni 1992 und dann erst wieder (wegen des Alg II-Bezugs) ab 1. April 2005 zurückgelegt hatte.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 12. September 2007 Widerspruch. Zur Begründung legte sie einen Befundbericht von Internistin Dr. B. vom 12. Mai 1986 vor. In diesem Bericht führte Dr. B. aus, die Klägerin habe im Jahr 1978 eine Colitis ulcerosa "durchgemacht" und sei anschließend mit Azulfidine behandelt worden. Nach fast sechs Jahren habe sie sich nun wieder vorgestellt; rektoskopisch zeige sich das Bild einer mäßig ausgeprägten Colitis ulcerosa mit teilweise stärker prall gefüllten inneren Hämorrhoiden. Nach zweiwöchiger medikamentöser Behandlung habe sich der Stuhlgang wieder normalisiert; nach drei Wochen hätten die Werte im Normbereich gelegen. Nach Beiziehung weiterer Befundunterlagen holte die Beklagte eine abschließende Stellungnahme ihres beratenden Arztes R. ein. Dieser führte unter dem 6. Dezember 2007 aus, ein ausreichender Anhalt für das Vorliegen einer andauernden Leistungsminderung ab 1996 oder früher hätte sich nicht ergeben. Die aufgetretenen Schübe der chronischen Erkrankung seien stets medikamentös beherrschbar gewesen. Anlässlich eines chirurgischen Eingriffs 1997 (Leistenbruch bds.) habe die Colitis ulcerosa nicht einmal Erwähnung gefunden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; eine andauernde Leistungsminderung seit 1996 oder früher sei mit Sicherheit auszuschließen.
Mit der am 27. Oktober 2006 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Entgegen den Feststellungen der Beklagten habe bereits 1996 eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Umfang vorgelegen. Dabei habe die Beeinträchtigung durch die entzündliche Darmerkrankung, die durch Leiden auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet begleitet werde, im Vordergrund gestanden. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Beratungsarzt R. vom 10. Juni 2006 entgegengetreten. Wegen des Inhalts dieser Stellungnahme wird auf Bl. 23 der Klageakte des SG Bezug genommen. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar seit Juli 2004 voll erwerbsgemindert, sie erfülle jedoch nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diese seien zuletzt im November 1996 erfüllt gewesen; zu diesem Zeitpunkt hätte eine rentenberechtigende Einschränkung des beruflichen Restleistungsvermögens jedoch (noch) nicht vorgelegen. Die Kammer folgere dies insbesondere aus dem Arztbericht von Dr. S., der explizit von einer Erwerbsminderung erst ab Juli 2004 berichtet habe.
Gegen diesen ihr gemäß Empfangsbekenntnis am 30. Juli 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20. August 2009 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des SG lägen durchaus Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Leistungsfall schon in der Zeit vor November 1996 eingetreten sei. Das SG habe insbesondere außer Betracht gelassen, dass es sich bei der Colitis ulcerosa um eine chronische Erkrankung handele, an der sie bereits seit ihrer Kindheit leide. In dem beim SG geführten Schwerbehindertenverfahren habe der behandelnde Hausarzt Dr. S. dementsprechend die Aussage getroffen, dass die Beschwerden mehr oder weniger immer vorhanden seien. Es werde deshalb angeregt, Dr. S. nochmals zum Krankheitsverlauf zu befragen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2008 zu verurteilen, ihr ab 1. April 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Der medizinische Sachverhalt sei bereits im Vorverfahren umfassend ermittelt worden; ein im Jahr 1996 eingetretener Leistungsfall habe dabei nicht festgestellt werden können. Vielmehr habe der Krankheitsverlauf gezeigt, dass die chronische Erkrankung durchaus medizinisch behandelbar gewesen sei und auch Zeiten völliger Entzündungsfreiheit vorgelegen hätten.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 10 R 996/08) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 3809/09) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. Bundessozialgericht [BSG] Soz. R 3 - 2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 19. April 2007 ablehnende Bescheid vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2008. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in seinen Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können jedoch gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 302b Abs. 1 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn, findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Falle der Klägerin richtet sich der Rentenanspruch nach neuem Recht. Angesichts des erst am 19. April 2007 gestellten Rentenantrags kann sich gemäß § 99 Abs. 1 SGB VI ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn nicht ergeben, ohne dass es darauf ankäme ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Eintritt einer Erwerbsminderung von der Klägerin geltend gemacht wurde bzw. tatsächlich vorgelegen hat.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI n. F. (zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I S. 554]) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Die Klägerin war auch zur vollen Überzeugung des Senats jedenfalls bis 30. November 1996 noch in der Lage, sowohl leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als auch eine Tätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als angelernte kaufmännische Angestellte in einem zeitlichen Umfang von arbeitstäglich mindestens sechs Stunden zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen war sie weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert. Da nur bis zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Pflichtbeiträge für eine Versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat die Klägerin zuletzt im Juni 1992 entrichtet. Die erforderliche Drei-Fünftel-Belegung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) könnte nach der von der Beklagten vorgenommen Berechnung, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, nur bei einem bis zum 30. November 1996 eingetretenen Leistungsfall erfüllt sein. Der Ausnahmetatbestand des § 43 Abs. 5 SGB VI liegt nicht vor; im Fall der Klägerin ist ein Erwerbsminderung verursachender Tatbestand, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre (vgl. dazu §§ 53, 245 SGB VI), nicht gegeben. Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ist angesichts der zahlreichen Lücken im Versicherungsverlauf auch nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil jeder Kalendermonat seit dem 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 SGB VI) belegt wäre bzw. noch belegt werden könnte.
Dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß jedenfalls bis 30. November 1996 nicht gegeben war, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung bereits im Verlauf des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens beigezogenen bzw. von der Klägerin vorgelegten Befundunterlagen zutreffend insbesondere aus dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Bericht von Dr. S. vom 13. Juli 2007 geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb insoweit zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 20. Juli 2009, insbesondere der dort vorgenommene Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Darüber hinaus ist der Senat auch nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Nachdem die entscheidungserhebliche Frage, ob bis 30. November 1996 ein Leistungsfall der Erwerbsminderung eingetreten ist, bereits aufgrund der im Verlauf des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens getätigten Ermittlungen abschließend und zweifelsfrei geklärt ist, besteht entgegen der hierauf gerichteten Anregung der Klägerin auch keine Veranlassung, den behandelnden Arzt Dr. S. zum Krankheitsverlauf ergänzend zu hören. Dr. S. hat bereits in seinem Bericht vom 13. Juli 2007 ausdrücklich erklärt, die von ihm beschriebene, nach seiner Ansicht eine Erwerbsminderung begründende Symptomatik bestehe seit Juli 2004; seit diesem Zeitpunkt liege Erwerbsminderung vor. Angesichts der Eindeutigkeit dieser Aussage ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände Dr. S. bei einer erneuten Befragung zu einer abweichenden Beurteilung kommen könnte. Entsprechende Anknüpfungspunkte ergeben sich auch nicht aus den übrigen aktenkundigen Befundunterlagen. Auch aus Sicht des Senats hat der Beratungsarzt R. nach Auswertung der aktenkundigen Befundunterlagen in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2007 überzeugend dargelegt, dass die aufgetretenen Schübe der chronischen Darmerkrankung stets medikamentös beherrschbar gewesen sind. Dass durch diese Behandlungen - jedenfalls bis Mitte 2004 - immer wieder weitgehende Beschwerdefreiheit hergestellt werden konnte, wird nachdrücklich durch den Umstand belegt, dass anlässlich der Leistenbruchoperation bds. 1997 die Colitis ulcerosa nicht einmal Erwähnung gefunden hat. Medizinische Unterlagen, die einen Rückschluss auf eine bereits vor 2004 vorhanden gewesene Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Umfang zulassen könnten, sind demgegenüber nicht vorhanden. Dass nach dem Zurücklegen weiterer Pflichtbeitragszeiten infolge des Alg-II-Bezugs ab April 2005 eine zuvor nicht vorhanden gewesene Erwerbsminderung eingetreten wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Die von Dr. M. in seinem Befundbericht vom 2. Mai 2007 beschriebene Remission steht im Gegenteil der Annahme einer relevanten Verschlechterung des Krankheitsbildes gerade entgegen.
Bis 30. November 1996 war auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, lagen bei der Klägerin nicht vor. Dies gilt auch im Hinblick auf ein möglicherweise vorhanden gewesenes Erfordernis, im Hinblick auf die Darmerkrankung häufiger eine Toilette aufsuchen zu müssen. Diese Einschränkungen war - aus den oben dargelegten Gründen - jedenfalls bis Mitte 2004 nicht so gravierend, dass sie ernsthafte Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit der Klägerin für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes begründen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1957 geborene Klägerin hat keinen Ausbildungsberuf erlernt; sie war vom 4. September 1972 bis 23. September 1981 als angelernte kaufmännische Angestellte bei der Firma T. in H. versicherungspflichtig beschäftigt. Nach der Geburt ihrer Kinder 1981 und 1984 sowie jeweils sich anschließender Zeiten der Kinderziehung stand die Klägerin zuletzt in der Zeit vom 6. Mai bis 30. Juni 1992 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Ab Juli 2002 war sie beim damaligen Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) S. G. arbeitslos (ohne Leistungsbezug) gemeldet und bezog zeitgleich Sozialhilfe. Seit 1. April 2005 wurden ihr von der (damaligen) Arbeitsgemeinschaft zur Beschäftigungsförderung im Ostalbkreis Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; Arbeitslosengeld [Alg] II) gewährt.
Am 19. April 2007 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab sie an, sie halte sich seit 1967 wegen einer Pancolitis ulcerosa für erwerbsgemindert; seit 1. Januar 2004 sei sie arbeitsunfähig krank. Auf Anfrage der Beklagten erklärte der behandelnde Hausarzt der Klägerin Dr. S. in seinem Befundbericht vom 13. Juli 2007, die Klägerin leide unter einer Entzündung der Dickdarmschleimhaut (Colitis ulcerosa), unter HWS- und Lumboischialgien, unter Endomitriose, unter einer vegetativen Dystonie und unter Schlafstörungen. Verursacht durch diese Leiden komme es zu Bauchkrämpfen, vereinzelt blutigen Durchfällen und bis zu acht Mal täglich zu unkontrollierten Stuhlabgängen. Die Colitis ulcerosa sei in der beschriebenen Form seit ca. Juli 2004 beständig; seit diesem Zeitpunkt liege auch eine Erwerbsminderung vor. Dem Befundbericht war unter anderem ein Arztbrief von Dr. S. vom 21. Mai 2004 beigefügt, in dem über "seit einigen Monaten" bestehende akute Colitis-Schübe mit Durchfall und Blutabgang berichtet wurde. In einem weiteren Befundbericht vom 16. Juli 2004 berichtete der Internist Dr. M. über eine Pan-Colitis ulcerosa mit deutlich entzündlicher Aktivität linksseitig. Demgegenüber beschrieb Dr. M. in seinem nach durchgeführter Kontrollkoloskopie erstellten Bericht vom 2. Mai 2007 eine in Remission befindliche Colitis ulcerosa ohne Dysplasie-Nachweis. Mit Bescheid vom 22. August 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Rente wegen Erwerbsminderung könnten nur Versicherte erhalten, die u. a. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hätten. Diese Voraussetzung erfülle die Klägerin nicht; diese habe in dem (unter Zugrundelegung des geltend gemachten Leistungsfalls) maßgeblichen Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 2003 keinen Monat mit Pflichtbeiträgen belegt. Aus dem beigefügten Versicherungsverlauf ergab sich, dass die Klägerin Pflichtbeitragszeiten zuletzt bis 30. Juni 1992 und dann erst wieder (wegen des Alg II-Bezugs) ab 1. April 2005 zurückgelegt hatte.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 12. September 2007 Widerspruch. Zur Begründung legte sie einen Befundbericht von Internistin Dr. B. vom 12. Mai 1986 vor. In diesem Bericht führte Dr. B. aus, die Klägerin habe im Jahr 1978 eine Colitis ulcerosa "durchgemacht" und sei anschließend mit Azulfidine behandelt worden. Nach fast sechs Jahren habe sie sich nun wieder vorgestellt; rektoskopisch zeige sich das Bild einer mäßig ausgeprägten Colitis ulcerosa mit teilweise stärker prall gefüllten inneren Hämorrhoiden. Nach zweiwöchiger medikamentöser Behandlung habe sich der Stuhlgang wieder normalisiert; nach drei Wochen hätten die Werte im Normbereich gelegen. Nach Beiziehung weiterer Befundunterlagen holte die Beklagte eine abschließende Stellungnahme ihres beratenden Arztes R. ein. Dieser führte unter dem 6. Dezember 2007 aus, ein ausreichender Anhalt für das Vorliegen einer andauernden Leistungsminderung ab 1996 oder früher hätte sich nicht ergeben. Die aufgetretenen Schübe der chronischen Erkrankung seien stets medikamentös beherrschbar gewesen. Anlässlich eines chirurgischen Eingriffs 1997 (Leistenbruch bds.) habe die Colitis ulcerosa nicht einmal Erwähnung gefunden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; eine andauernde Leistungsminderung seit 1996 oder früher sei mit Sicherheit auszuschließen.
Mit der am 27. Oktober 2006 beim Sozialgericht Ulm (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Entgegen den Feststellungen der Beklagten habe bereits 1996 eine Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Umfang vorgelegen. Dabei habe die Beeinträchtigung durch die entzündliche Darmerkrankung, die durch Leiden auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet begleitet werde, im Vordergrund gestanden. Die Beklagte ist der Klage unter Vorlage einer ärztlichen Stellungnahme von Beratungsarzt R. vom 10. Juni 2006 entgegengetreten. Wegen des Inhalts dieser Stellungnahme wird auf Bl. 23 der Klageakte des SG Bezug genommen. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar seit Juli 2004 voll erwerbsgemindert, sie erfülle jedoch nicht die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Diese seien zuletzt im November 1996 erfüllt gewesen; zu diesem Zeitpunkt hätte eine rentenberechtigende Einschränkung des beruflichen Restleistungsvermögens jedoch (noch) nicht vorgelegen. Die Kammer folgere dies insbesondere aus dem Arztbericht von Dr. S., der explizit von einer Erwerbsminderung erst ab Juli 2004 berichtet habe.
Gegen diesen ihr gemäß Empfangsbekenntnis am 30. Juli 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20. August 2009 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des SG lägen durchaus Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Leistungsfall schon in der Zeit vor November 1996 eingetreten sei. Das SG habe insbesondere außer Betracht gelassen, dass es sich bei der Colitis ulcerosa um eine chronische Erkrankung handele, an der sie bereits seit ihrer Kindheit leide. In dem beim SG geführten Schwerbehindertenverfahren habe der behandelnde Hausarzt Dr. S. dementsprechend die Aussage getroffen, dass die Beschwerden mehr oder weniger immer vorhanden seien. Es werde deshalb angeregt, Dr. S. nochmals zum Krankheitsverlauf zu befragen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 20. Juli 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2008 zu verurteilen, ihr ab 1. April 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid für rechtmäßig und den Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Der medizinische Sachverhalt sei bereits im Vorverfahren umfassend ermittelt worden; ein im Jahr 1996 eingetretener Leistungsfall habe dabei nicht festgestellt werden können. Vielmehr habe der Krankheitsverlauf gezeigt, dass die chronische Erkrankung durchaus medizinisch behandelbar gewesen sei und auch Zeiten völliger Entzündungsfreiheit vorgelegen hätten.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 10 R 996/08) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 3809/09) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. Bundessozialgericht [BSG] Soz. R 3 - 2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 19. April 2007 ablehnende Bescheid vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 2008. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in seinen Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können jedoch gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Gemäß § 302b Abs. 1 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit, der bereits am 31. Dezember 2000 bestanden hat, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Gewährung dieser Leistungen maßgebend waren. Dementsprechend bleiben §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a. F.) anwendbar, wenn sich bei Eintritt des Leistungsfalls der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 ergibt (vgl. §§ 99 ff. SGB VI). Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Rentenanspruch anerkannt wurde. Ergibt sich hingegen ein späterer Rentenbeginn, findet das neue Recht (§§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung) Anwendung (vgl. hierzu Jörg in Kreikebohm, SGB VI, § 302b Rdnr. 3). Im Falle der Klägerin richtet sich der Rentenanspruch nach neuem Recht. Angesichts des erst am 19. April 2007 gestellten Rentenantrags kann sich gemäß § 99 Abs. 1 SGB VI ein vor dem 1. Januar 2001 liegender Rentenbeginn nicht ergeben, ohne dass es darauf ankäme ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt der Eintritt einer Erwerbsminderung von der Klägerin geltend gemacht wurde bzw. tatsächlich vorgelegen hat.
Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI n. F. (zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I S. 554]) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Die Klägerin war auch zur vollen Überzeugung des Senats jedenfalls bis 30. November 1996 noch in der Lage, sowohl leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als auch eine Tätigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf als angelernte kaufmännische Angestellte in einem zeitlichen Umfang von arbeitstäglich mindestens sechs Stunden zu verrichten. Mit diesem Leistungsvermögen war sie weder berufsunfähig noch teilweise oder voll erwerbsgemindert. Da nur bis zu diesem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Pflichtbeiträge für eine Versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat die Klägerin zuletzt im Juni 1992 entrichtet. Die erforderliche Drei-Fünftel-Belegung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) könnte nach der von der Beklagten vorgenommen Berechnung, an deren Richtigkeit zu zweifeln für den Senat kein Anlass besteht, nur bei einem bis zum 30. November 1996 eingetretenen Leistungsfall erfüllt sein. Der Ausnahmetatbestand des § 43 Abs. 5 SGB VI liegt nicht vor; im Fall der Klägerin ist ein Erwerbsminderung verursachender Tatbestand, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre (vgl. dazu §§ 53, 245 SGB VI), nicht gegeben. Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ist angesichts der zahlreichen Lücken im Versicherungsverlauf auch nicht ausnahmsweise deshalb entbehrlich, weil jeder Kalendermonat seit dem 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Anwartschaftserhaltungszeiten (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 6 SGB VI) belegt wäre bzw. noch belegt werden könnte.
Dass bei der Klägerin eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens auf ein unter sechsstündiges Maß jedenfalls bis 30. November 1996 nicht gegeben war, hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung bereits im Verlauf des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens beigezogenen bzw. von der Klägerin vorgelegten Befundunterlagen zutreffend insbesondere aus dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Bericht von Dr. S. vom 13. Juli 2007 geschlussfolgert. Der Senat schließt sich deshalb insoweit zunächst den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids vom 20. Juli 2009, insbesondere der dort vorgenommene Beweiswürdigung an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufung rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Darüber hinaus ist der Senat auch nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Nachdem die entscheidungserhebliche Frage, ob bis 30. November 1996 ein Leistungsfall der Erwerbsminderung eingetreten ist, bereits aufgrund der im Verlauf des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens getätigten Ermittlungen abschließend und zweifelsfrei geklärt ist, besteht entgegen der hierauf gerichteten Anregung der Klägerin auch keine Veranlassung, den behandelnden Arzt Dr. S. zum Krankheitsverlauf ergänzend zu hören. Dr. S. hat bereits in seinem Bericht vom 13. Juli 2007 ausdrücklich erklärt, die von ihm beschriebene, nach seiner Ansicht eine Erwerbsminderung begründende Symptomatik bestehe seit Juli 2004; seit diesem Zeitpunkt liege Erwerbsminderung vor. Angesichts der Eindeutigkeit dieser Aussage ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände Dr. S. bei einer erneuten Befragung zu einer abweichenden Beurteilung kommen könnte. Entsprechende Anknüpfungspunkte ergeben sich auch nicht aus den übrigen aktenkundigen Befundunterlagen. Auch aus Sicht des Senats hat der Beratungsarzt R. nach Auswertung der aktenkundigen Befundunterlagen in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2007 überzeugend dargelegt, dass die aufgetretenen Schübe der chronischen Darmerkrankung stets medikamentös beherrschbar gewesen sind. Dass durch diese Behandlungen - jedenfalls bis Mitte 2004 - immer wieder weitgehende Beschwerdefreiheit hergestellt werden konnte, wird nachdrücklich durch den Umstand belegt, dass anlässlich der Leistenbruchoperation bds. 1997 die Colitis ulcerosa nicht einmal Erwähnung gefunden hat. Medizinische Unterlagen, die einen Rückschluss auf eine bereits vor 2004 vorhanden gewesene Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Umfang zulassen könnten, sind demgegenüber nicht vorhanden. Dass nach dem Zurücklegen weiterer Pflichtbeitragszeiten infolge des Alg-II-Bezugs ab April 2005 eine zuvor nicht vorhanden gewesene Erwerbsminderung eingetreten wäre, ist ebenfalls nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet. Die von Dr. M. in seinem Befundbericht vom 2. Mai 2007 beschriebene Remission steht im Gegenteil der Annahme einer relevanten Verschlechterung des Krankheitsbildes gerade entgegen.
Bis 30. November 1996 war auch der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 ff.) nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, lagen bei der Klägerin nicht vor. Dies gilt auch im Hinblick auf ein möglicherweise vorhanden gewesenes Erfordernis, im Hinblick auf die Darmerkrankung häufiger eine Toilette aufsuchen zu müssen. Diese Einschränkungen war - aus den oben dargelegten Gründen - jedenfalls bis Mitte 2004 nicht so gravierend, dass sie ernsthafte Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit der Klägerin für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes begründen könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
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