Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1142/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3745/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1973 in Italien geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Schon bis zu seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1996 war er als Bauarbeiter tätig. Seit 1996 war der Kläger sodann nach eigenen Angaben durchgängig bei einer Firma als Vorarbeiter im Tief- und Straßenbau versicherungspflichtig beschäftigt, wobei er im Januar 2004 erfolgreich an einem zehntägigen Lehrgang zum Vorarbeiter Tief- und Straßenbau teilnahm. Der Kläger war zudem selbständiger Inhaber eines Gartenbaubetriebs, den er jedoch im Jahr 2007 aufgab. Erstmals im Oktober 2006, dann im April und weiter im Juli 2007 wurde der Kläger jeweils an der Wirbelsäule operiert. Im Anschluss an die Operation im Juli 2007 wurde dem Kläger eine medizinische Reha-Leistung im W. Gesundheitszentrum in P. bewilligt, aus der er nach fünf Tagen vorzeitig entlassen wurde (vgl. den Entlassungsbericht der Dres. B. und R. vom 10. August 2008). Seit zuletzt 12. Juli 2007 bezog der Kläger Krankengeld. Im Oktober 2008 nahm der Kläger seine Tätigkeit im Straßenbau wieder auf, gab diese jedoch zum Sommer 2010 endgültig auf.
Bereits am 08. Oktober 2007 hatte der Kläger Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung gestellt. Er hatte angegeben, sich aufgrund von Bandscheibenvorfällen seit 1997 für erwerbsgemindert zu halten.
Die Beklagte zog medizinische Unterlagen über den Kläger, insbesondere die Berichte der orthopädischen Klinik M. vom 18. Juli 2007, vom 24. August 2007 sowie vom 18. Oktober 2007, den Bericht der I.-kliniken aus M. vom 11. April 2007 sowie den genannten Reha-Entlassungsbericht vom 10. August 2007, und veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers durch die Ärztin für Anästhesie und Sozialmedizin Dr. Sc ... Diese berichtete in ihrem Gutachten vom 20. Dezember 2007 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 11. Dezember 2007 von einem Postnukleotomie-Syndrom, von einem Zustand nach mehreren Vor-Operationen in Höhe L4/L5 und L5/S1, zuletzt im Juli 2007 wegen Bandscheibenvorfällen sowie von einem Zustand nach Spondylodiszitis von Juli bis September 2007 bei Antibiotikatherapie. Seit über zehn Jahren seien beim Kläger chronisch rezidivierende Lumbalgien bekannt. Bereits am 15. Oktober 2006 seien wegen Bandscheibenvorfällen mikrochirurgisch Wurzeldekompressionen in Höhe L4/L5 und L5/S1 vorgenommen worden. Vom 29. März bis 03. April 2007 sei eine peridurale Schmerztherapie durchgeführt worden. Wegen weiter bestehender Beschwerden sei der Kläger am 13. Juli 2007 wiederum mikrochirugisch wegen eines Rezidivvorfalls an den Bandscheiben L4/L5 operiert worden. Die anschließende Heilbehandlung sei Anfang August nach fünf Tagen abgebrochen worden wegen starker rechtsseitiger Lumboischialgie. Als Ursache der starken Schmerzen sei eine Entzündung von Wirbelkörper und Bandscheibe im OP-Bereich nachgewiesen worden. Nach Antibiotikatherapie sei die Entzündung Anfang Oktober 2007 ausgeheilt gewesen. Bei der jetzt durchgeführten klinischen Untersuchung hätten sich reizlose Narbenverhältnisse über der LWS gefunden. Im Bereich der LWS sei ein Druckschmerz angegeben worden. Entlang der gesamten Wirbelsäule seien paravertebral Muskelverspannungen bei insgesamt gut auftrainierter kräftiger Rückenmuskulatur festgestellt worden. Die Beweglichkeit sei mittelgradig eingeschränkt, der Strecksitz auf der Liege jedoch ohne Abstützen möglich gewesen. Das Gangbild zu ebener Erde sei vorsichtig, aber ohne einseitige Betonung, der Hacken- und Spitzenstand sei jeweils gut durchführbar gewesen. Zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger auch weiterhin über sechsstündig täglich möglich im Wechselrhythmus ohne häufiges Bücken, ohne einseitige Körperhaltungen. Seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Straßenbau widerspreche diesem Leistungsvermögen und sei dem Kläger auf Dauer nicht mehr zuzumuten. Vordringlich seien medizinische Rehamaßnahmen zur Stabilisierung und Besserung des Restleistungsvermögens. Mit Bescheid vom 20. März 2008 lehnte daraufhin die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und legte zur Begründung einen Entlassbericht der Isarkliniken vom 06. März 2008 vor, demzufolge er sich in der Zeit vom 20. bis 27. Februar 2008 erneut - zur Durchführung einer Versteifungsoperation (Laminektomie L5 und transpedikuläre Fusion L4/5, L5/S1) - in stationärer Behandlung befand. Die Beklagte ließ diesen Bericht durch ihre Beratungsärztin Dr. M. sozialmedizinisch auswerten (vgl. die Stellungnahme vom 25. Juli 2008) und veranlasste sodann zwei weitere sozialmedizinische Begutachtungen. Chirurg und Unfallchirurg Dr. N. berichtete in seinem Gutachten vom 25. August 2008 aufgrund einer Untersuchung des Klägers vier Tage zuvor von einem Zustand nach mehrfachen LWS-Eingriffen, zuletzt in Form einer Versteifung L4/L5 und L5/S1 mit PLIF (posterior lumbar intervertebral fusion), und anhaltend geklagter Lumbago ohne gesicherte Wurzelreizzeichen oder relevantes sensomotorisches Defizit sowie einer Überlagerung durch mögliche Verschiebung der Wesensgrundlage. Im Vordergrund stehe beim Kläger das subjektive Schmerzerleben. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Wechsel-Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Schwere körperliche Arbeit als Straßenarbeiter sollten dagegen nicht mehr durchgeführt werden. Zur Frage des Schmerzsyndroms sowie zugrunde liegender weiterer Faktoren sei eine nervenärztliche Begutachtung erforderlich. Sodann erstattete Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. ihr Gutachten vom 21. Oktober 2008 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am selben Tage. Anhaltspunkte für eine Erkrankung im psychiatrischen Fachgebiet ergäben sich derzeit nicht. Bei der körperlichen Untersuchung seien Verdeutlichungstendenzen und eine Aggravationsneigung der geschilderten Rückenschmerzen aufgrund des Rentenbegehrens auffällig gewesen. Von psychiatrischer Seite bestehe keine Leistungsminderung. Der Kläger selbst verneine eine psychische Belastung und wirke nur bei der körperlichen Untersuchung leidend und schmerzgeplagt, nicht jedoch bei der Exploration. Auch gebe es Ablenkungs- und Bewältigungsstrategien bezüglich der Rückenschmerzen. Insgesamt bestehe für den allgemeinen Arbeitsmarkt psychiatrischerseits keine Leistungseinschränkung. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 13. März 2009 erhob der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage. Die Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass er auch keinerlei Tätigkeiten im Sitzen mehr ausüben könne, da er nach 15 bis 30 Minuten durchgängigen Sitzens ebenfalls unerträgliche Rückenschmerzen bekomme und dann zum Zwecke der vorübergehenden Entlastung Stehen oder Laufen müsse, was jedoch ebenfalls nach wenigen Minuten wegen der geänderten Belastung der Wirbelsäule zu unzumutbar starken Schmerzen im Rücken führe. Nur dann, wenn er liege, sei er schmerzfrei. Es sei daher nicht ersichtlich, welche Tätigkeit für ihn noch in Betracht komme. Er leide nicht nur an der Versteifung seiner Wirbelsäule nach den Bandscheibenvorfällen, vielmehr sei das Gewebe im Bereich der geschädigten Bandscheiben ständig entzündet. Seine derzeitige erneute Berufstätigkeit seit Oktober 2008 könne er nur durch Einnahme starker Schmerzmittel durchhalten, deren psychische Nebenwirkungen unzumutbar seien. Trotz der Schmerzmittel habe er während der Arbeit ständig unzumutbar starke Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule. Im Verlaufe des Klageverfahrens legte er zur Begründung den Arztbericht des Radiologie Isar Medizin Zentrum vom 16. April 2010 vor.
Die Beklagte trat dem Klagevorbringen entgegen.
Das SG vernahm die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Neurochirurg Dr. K. (Auskunft vom 15. August 2009) berichtete - bei Letztvorstellung des Klägers am 14. April 2009 - von einem zum Teil ausgeprägten und bislang therapieresistenten Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom der LWS sowie auch einer intermittierenden radikulären Symptomatik. Es bestehe ein hoher Grad der Behinderung. Bei komplexer Schmerzanamnese und mehrfachen lumbalen Wirbelsäulenoperationen sei zum jetzigen Zeitpunkt eine erneute Überprüfung des Rentenbegehrens aus seiner Sicht bei absoluter Therapieresistenz zu befürworten. Schweres Heben und Tragen schwerer Lasten seien derzeit zu vermeiden, ebenfalls Arbeiten mit Exposition von Kälte und Nässe sowie Arbeiten in Zwangshaltung. Einen weiteren Einsatz des Klägers im Straßenbau halte er nicht für sinnvoll. Orthopäde und Sportmediziner Dr. H. berichtete in seiner Auskunft vom 04. September 2009 bei letzter Behandlung des Klägers im September 2008 von einer Streckstellung der LWS sowie einer reizfreien Narbe L4 mit heftigen lokalen Palpations-, Bewegungs- und Entfaltungsschmerzen. Zudem bestehe eine Chrondropathia patellae rechts. Den Rentengutachten des Dr. N. sowie der Dr. D. werde im Ergebnis zugestimmt. Allerdings gehe er davon aus, dass der Kläger nur noch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten könne. Soweit gewisse qualitative Leistungseinschränkungen eingehalten würden, bestehe allerdings vollschichtige berufliche Belastungsfähigkeit. Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik M. Dr. S. gab in seiner Auskunft vom 30. November 2009 an, der Kläger habe sich letztmalig am 02. Oktober 2007 bei ihm vorgestellt. Nach der dort vorhandenen Aktenlage sei der Einschätzung der Rentengutachter eines zumindest für leichte körperliche Tätigkeiten vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens zu zustimmen. Im ausgeübten Beruf des Bauarbeiters sei der Kläger sicherlich nicht mehr einsetzbar. Auch hinsichtlich mittelschwererer Tätigkeiten habe er Zweifel. Allgemeinmedizinerin Dr. He. berichtete von Myogelosen der gesamten Rückenstrecker, eine physikalische Therapie habe zu massiver Verschlimmerung geführt. Der Kläger sei nie schmerzfrei und stehe ständig unter Analgetika.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2010 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung lägen beim Kläger nicht vor. Der Kläger sei infolge der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen in Form eines Zustands nach mehrfachen LWS-Eingriffen noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne Arbeiten in der Hocke und Überkopfarbeiten sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sechs Stunden täglich auszuüben. Mit dieser sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung folge das Gericht den im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Rentengutachten sowie den im Klageverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften. Der zuletzt vorgelegte Arztbrief vom 16. April 2010 gebe keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Ein Anhalt auf einen Rezidiv-Prolaps werde darin ausdrücklich verneint. Der in diesem Arztbrief dargestellte Befund entspreche im Wesentlichen dem schon bisher bekannten Befund. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme bei dem nach dem 02. Januar 1961 geborenen Kläger nicht in Betracht.
Gegen diesen ihm am 19. Juli 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09. August 2010 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Nach vier Operationen infolge Bandscheibenvorfalls sei er irreversibel in seiner Berufsausübungsfähigkeit eingeschränkt. Es gebe keinen Beruf, den er täglich noch sechs Stunden ausüben könne. Das SG habe versäumt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Oktober 2007 Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung im Laufe des Berufungsverfahrens ihre ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen und Sportmedizin Prof. Dr. L. vom 11. Juli 2011 vorgelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Facharzt für Viszeral- und Unfallchirurgie, Orthopädie und spezielle Unfallchirurgie Prof. Dr. Schm. sein beim LSG am 20. Mai 2011 eingegangenes fachchirurgisches Sachverständigengutachte über den Kläger erstattet. Der Sachverständige berichtet aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 21. März 2011 insbesondere vom Vorliegen einer Versteifung der unteren LWS zwischen L4 und S1, eine abgeheilten Spondylodiszitis der unteren Lendenwirbelsäule, einer Funktionsminderung der Lendenwirbelsäule um 50%, einem chronischen Schmerzsyndrom nach multiplen LWS-Operationen, einer chronisch degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, einer Sensibilitätsstörung der linken Zehe. Der Kläger habe davon berichtet, dass er in ständiger ärztlicher Therapie stehe. Aufgrund der Rückenschmerzen seien bei ihm mehrfache Operationen durchgeführt worden. Im Anschluss an die Operation, die vor ca. vier bis fünf Jahren in München durchgeführt worden sei, hätte der Kläger eine kurzfristige Besserung verspürt, sechs bis sieben Wochen nach erneuter Arbeitsaufnahme seien jedoch wieder sofort Schmerzen aufgetreten mit der Folge, dass Nachoperationen nötig geworden seien. Der Kläger befinde sich unter der Medikation von Tilidin. Der Lokalbefund am Rücken habe eine zwölf cm große reizlose mediale Narbe über der LWS gezeigt. Die Inklinkation werde schmerzhaft vorgetragen, die Reklination ebenso. Der Fingerfußbodenabstand habe über 20 cm beidseits gelegen. Die HWS sei frei beweglich gewesen, ein Klopfschmerz über der LWS negativ, es habe sich kein Anhalt für Fußheber- oder –senkerparese ergeben. Radiologisch habe es sich im Bereich der drei oberen Wirbelkörper der LWS ein Normalbefund ergeben, L4 bis S1 seien fusioniert. Es bestünden keine Osteolyse und kein Anhalt für Residuen nach Spondylodiszitis. Der Kläger weise eine langjährige Leidensgeschichte auf. Infolge seiner chronisch degenerativen Wirbelsäulenerkrankung könne er nur noch sitzende Tätigkeiten ausführen. In Bezug auf die geistig-psychische Belastbarkeit könnten Arbeiten mit erhöhter Verantwortung, mit besonderer nervlicher Belastung, mit besonderer geistiger Beanspruchung oder mit Publikumsverkehr auf dem Boden des chronischen Schmerzsyndroms nicht mehr ausgeführt werden. In Bezug auf den Bewegungs- und Halteapparat seien körperliche Arbeiten gänzlich auszuschließen, weil das Schicksal der zur Zeit noch stabilen Spondylodese der unteren LWS nicht vorhersehbar sei. Unabhängig davon, dass ein chronisches Schmerzsyndrom bestehe, könne für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Lockerung der Schrauben und damit zu einer konsekutiven Instabilität der LWS kommen könne, die weitere Nachoperationen und körperliche Schädigungen bis hin zur Querschnittslähmung zur Folge haben könnten. Insofern müssten Arbeiten, die durch den Bewegungs- und Halteapparat auszuführen wären, gänzlich unterbleiben. Die noch möglichen Tätigkeiten im Sitzen könnten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit nur unter drei Stunden verrichtet werden. Eine andauernde sitzende Tätigkeit über drei Stunden hinaus strapaziere die Spondylodese der unteren LWS, so dass Entspannungs- und Ausgleichsbewegungen durchgeführt werden müssten, die sich jeweils mit Entspannungsphasen im Liegen abwechseln sollten. Die Ursache hierfür liege in der narbigen Situation nach der Entzündung aus dem Jahr 2007, denn diese Entzündung habe immerhin zur Notwendigkeit einer Nachoperation geführt. Besondere Arbeitsbedingungen seien unerlässlich. Betriebsunübliche Pausen im Liegen mit Entspannungsphasen seien notwendig, die Schreibtischarbeit müsste an niedrigem und hohem Schreibtischniveau auszuführen sein.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 24. Oktober 2011 haben sich beide Beteiligte mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2010 hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 01. Oktober 2007 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er kann seither zwar nicht mehr seine langjährig verrichtete Tätigkeit als Vorarbeiter im Straßenbau, wohl aber leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Verwaltungsgutachten von Dr. N. vom 25. August 2008 und von Dr. D. vom 21. Oktober 2010 sowie der durch das SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte fest. Der anders lautenden Einschätzung des auf Antrag des Klägers beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Schm. in dessen beim LSG am 20. Mai 2011 eingegangenen Gutachten (Gutachten ohne Datum) vermag der Senat demgegenüber nicht zu folgen.
Der Kläger leidet an erheblichen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Dr. N. hat in seinem Verwaltungsgutachten vom 21. August 2008 von einem Zustand nach mehrfachen LWS-Eingriffen, zuletzt einer Versteifung L 4/5 und L 5/S1 mittels PLIF und einem anhaltend geklagten chronischen Lumbalsyndrom ohne gesicherte Wurzelreizzeichen oder relevantes sensomotorisches Defizit berichtet. Diese Gesundheitsstörungen werden durch die behandelnden Ärzte des Klägers, namentlich die Auskunft des Dr. K. vom 15. August 2009, des Dr. H. vom 04. September 2009 sowie des Dr. S. vom 30. November 2009 durchweg bestätigt. Auch Prof. Dr. Schm. hat im Übrigen in seinem Sachverständigengutachten wieder dem Gutachten des Dr. N. entsprechende Befunde mitgeteilt. Dr. H. hat überdies von einer Chondropathia patellae rechts berichtet. Weitere leistungsrelevante Einschränkungen liegen beim Kläger nicht vor. Insbesondere vermochte sich der Senat vom Bestehen psychischer Gesundheitsstörungen, etwa in Form einer somatoformen Schmerzerkrankung, nicht zu überzeugen. Der Senat folgt insoweit dem Verwaltungsgutachten von Dr. D. vom 21. Oktober 2008, die auf der Grundlage einer umfänglichen Exploration des Klägers einen nervenfachärztlich unauffälligen Befund erhoben hat und die auf der Grundlage dessen für den Senat schlüssig und überzeugend zu der Einschätzung gelangt ist, dass sich Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Klägers nicht ergeben, vielmehr dessen Schmerzen durchweg somatisch erklärbar sind. Auch der Kläger selbst negiert im Übrigen eine psychische Belastung. Von nervenfachärztlicher Seite besteht daher keine Leistungsminderung. Die weiteren von Prof. Dr. Schm. mitgeteilten Diagnosen (Sensibilitätsstörung der linken Zehe, Endgliedverlust vierter Finger links, Genu vara I. Grades, Narbe linker Ringfinger, Fremdkörpereinsprengung rechte Mittelhand und asthma bronchiale) bedingen ebenfalls keine leistungsrelevanten Einschränkungen des Klägers. Dies wird im Übrigen weder durch Prof. Dr. Schm. noch den Kläger selbst geltend gemacht.
Aus den beim Kläger orthopädischerseits vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats erhebliche qualitative Leistungseinschränkungen. Der Kläger kann schwere, aber auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten und Tätigkeiten, die mit einseitigen Wirbelsäulenhaltungen, relevantem Vibrations-/Erschütterungseinfluss, mit dem Heben und Tragen von Lasten, der Durchführung von Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern sowie unter Temperatureinflüssen verbunden sind, nicht mehr verrichten. Der Senat stützt dies insbesondere auf die Arztauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte, die mit der Auflistung dieser Leistungseinschränkungen das Gutachten des Dr. N. vom 27. August 2008 weitgehend bestätigt, über die Einschätzung des Dr. N. hinausgehend jedoch selbst mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen haben (vgl. insbesondere die Auskunft des Dr. H. vom 04. September 2009 sowie die Auskunft des Dr. S. vom 30. November 2009). Dieser weitergehende Ausschluss auch mittelschwerer Tätigkeiten war für den Senat aufgrund der Schwere der beim Kläger bestehenden Wirbelsäuleneinschränkungen, insbesondere nach durchgeführter Versteifungsoperation, schlüssig und nachvollziehbar.
Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit der Möglichkeit zu Haltungswechseln in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat folgt insoweit der insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung des Dr. N., die durch alle den Kläger behandelnden Ärzte bestätigt worden ist. Diese ein einheitliches Bild des beim Kläger noch erhaltenen Restleistungsvermögens zeichnenden Arztauskünfte werden durch die davon abweichende Einschätzung des Prof. Dr. Schm. nicht widerlegt.
Ausweislich des Gutachtens des Dr. N. vom 27. August 2008 hat der Kläger im Rahmen seiner dortigen Untersuchung des Bereichs der Operationsnarben an der Wirbelsäule zwar schon beim Hautbetasten und Verschieben über Schmerzreize geklagt; unter verbaler Ablenkung war jedoch kein sicherer Klopfschmerz im versteiften Bereich feststellbar. Der Kläger hat zudem im Rahmen der Untersuchung keine vorn übergebeugte Körperhaltung gezeigt, jedoch ging er beim Aufheben eines Gegenstandes vom Boden in eine tiefe Hocke, ohne sich auszulenken. Die Narbe im Rückenbereich war zudem äußerlich reizlos und gut verschieblich ohne Überwärmung oder Infektzeichen sowie ohne Vorwölbung. Auch neurologische Ausfallerscheinungen ergaben sich insgesamt nicht. Ausgehend von dieser verhältnismäßig unauffälligen Befundsituation bei noch relativ gut erhaltener Restbeweglichkeit des Klägers folgt der Senat der Leistungseinschätzung des N. dahingehend, dass der Kläger zwar insbesondere seine langjährig verrichtete Tätigkeit im Straßenbau nicht mehr, er jedoch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Gefährdung seiner Restgesundheit noch ausüben kann. Diese Einschätzung wird durch die behandelnden Ärzte durchweg bestätigt. Sowohl Dr. H. in seiner Auskunft vom 04. September 2009 als auch Dr. S. in seiner Auskunft vom 30. November 2009 geben ausdrücklich eine noch mögliche vollschichtige Verrichtung leichter körperlicher Tätigkeiten an. Auch Dr. K. schließt in seiner Auskunft vom 15. August 2009 nur schwere körperliche Tätigkeiten aus, nicht dagegen auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Nach der übereinstimmenden Einschätzung sowohl des Dr. N. als auch sämtlicher behandelnder Ärzte des Klägers ergeben sich auch dem Senat keine Anhaltspunkte für eine abweichende Leistungseinschätzung. Insbesondere vermag der Senat der anders lautenden Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Schm. in seinem beim Senat am 20. Mai 2011 eingegangenen Gutachten nicht zu folgen. Denn auch der Sachverständige hat keinerlei Befunde benannt, die eine entsprechende auch quantitative Leistungseinschränkung zu begründen vermöchten. Er hat ebenfalls wie zuvor Dr. N. – von einer reizlosen medialen Narbe über der LWS berichtet; Inklination und Reklination waren zwar schmerzhaft aber möglich. Es ergaben sich auch Prof. Dr. Schm. keine Anhaltspunkte für eine Infektion im Wirbelsäulenbereich, und der Klopfschmerz über der LWS war negativ. Im Röntgenbefund ergab sich kein Anhalt für eine Osteolyse oder Dislokation, und es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für Residuen nach Spondylodiszitis. Ausgehend von dieser – auch im Jahr 2011 im Übrigen noch vollständig den aus den Jahren 2008 und 2009 mitgeteilten Befunde entsprechenden – Befundlage vermochte der Senat Prof. Dr. Schm. in seiner Schlussfolgerung auf ein auch quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen nicht zu folgen. Argumentativ begründet Prof. Dr. Schm. dies damit, dass für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden könne, dass es zu einer Lockerung der Schrauben und zu einer konsekutiven Instabilität der LWS kommen könne, die weitere Operationen und körperliche Schädigungen bis hin zur Querschnittslähmung haben könne. Diese Ausführungen sind jedoch rein spekulativ. Im Falle des Klägers ergeben sich aus den von Prof. Dr. Schm. erhobenen Befunden gerade keine Anhaltspunkte für einen entsprechend dramatischen Krankheitsverlauf. Die Einschätzung von einer nur noch unter dreistündigen Ausdauerfähigkeit stellt der Sachverständige zudem wesentlich in einen Zusammenhang mit der narbigen Situation nach der Entzündung aus dem Jahr 2007. Zuvor hatte Prof. Dr. Schm. jedoch gerade von reizlosen Narbenverhältnissen und dem Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für ein Entzündungsrezidiv berichtet. Im Weiteren finden sich im Gutachten lediglich seitenweise allgemeine Ausführungen zu Ursache und Wirkung von Bandscheibenvorfällen, die keinerlei Bezug zur Person des Klägers aufweisen. Insgesamt ist das Gutachten damit nicht geeignet, entgegen der übereinstimmenden Sicht des Verwaltungsgutachters wie der behandelnden Ärzte des Klägers ein auch in der Ausdauerfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes herabgesunkenes Leistungsvermögen zu begründen.
Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 SGB VI kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger insoweit bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger ist deutlich nach dem Stichtag des 02. Januar 1961 geboren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 As. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1973 in Italien geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Schon bis zu seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1996 war er als Bauarbeiter tätig. Seit 1996 war der Kläger sodann nach eigenen Angaben durchgängig bei einer Firma als Vorarbeiter im Tief- und Straßenbau versicherungspflichtig beschäftigt, wobei er im Januar 2004 erfolgreich an einem zehntägigen Lehrgang zum Vorarbeiter Tief- und Straßenbau teilnahm. Der Kläger war zudem selbständiger Inhaber eines Gartenbaubetriebs, den er jedoch im Jahr 2007 aufgab. Erstmals im Oktober 2006, dann im April und weiter im Juli 2007 wurde der Kläger jeweils an der Wirbelsäule operiert. Im Anschluss an die Operation im Juli 2007 wurde dem Kläger eine medizinische Reha-Leistung im W. Gesundheitszentrum in P. bewilligt, aus der er nach fünf Tagen vorzeitig entlassen wurde (vgl. den Entlassungsbericht der Dres. B. und R. vom 10. August 2008). Seit zuletzt 12. Juli 2007 bezog der Kläger Krankengeld. Im Oktober 2008 nahm der Kläger seine Tätigkeit im Straßenbau wieder auf, gab diese jedoch zum Sommer 2010 endgültig auf.
Bereits am 08. Oktober 2007 hatte der Kläger Antrag auf Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung gestellt. Er hatte angegeben, sich aufgrund von Bandscheibenvorfällen seit 1997 für erwerbsgemindert zu halten.
Die Beklagte zog medizinische Unterlagen über den Kläger, insbesondere die Berichte der orthopädischen Klinik M. vom 18. Juli 2007, vom 24. August 2007 sowie vom 18. Oktober 2007, den Bericht der I.-kliniken aus M. vom 11. April 2007 sowie den genannten Reha-Entlassungsbericht vom 10. August 2007, und veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung des Klägers durch die Ärztin für Anästhesie und Sozialmedizin Dr. Sc ... Diese berichtete in ihrem Gutachten vom 20. Dezember 2007 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 11. Dezember 2007 von einem Postnukleotomie-Syndrom, von einem Zustand nach mehreren Vor-Operationen in Höhe L4/L5 und L5/S1, zuletzt im Juli 2007 wegen Bandscheibenvorfällen sowie von einem Zustand nach Spondylodiszitis von Juli bis September 2007 bei Antibiotikatherapie. Seit über zehn Jahren seien beim Kläger chronisch rezidivierende Lumbalgien bekannt. Bereits am 15. Oktober 2006 seien wegen Bandscheibenvorfällen mikrochirurgisch Wurzeldekompressionen in Höhe L4/L5 und L5/S1 vorgenommen worden. Vom 29. März bis 03. April 2007 sei eine peridurale Schmerztherapie durchgeführt worden. Wegen weiter bestehender Beschwerden sei der Kläger am 13. Juli 2007 wiederum mikrochirugisch wegen eines Rezidivvorfalls an den Bandscheiben L4/L5 operiert worden. Die anschließende Heilbehandlung sei Anfang August nach fünf Tagen abgebrochen worden wegen starker rechtsseitiger Lumboischialgie. Als Ursache der starken Schmerzen sei eine Entzündung von Wirbelkörper und Bandscheibe im OP-Bereich nachgewiesen worden. Nach Antibiotikatherapie sei die Entzündung Anfang Oktober 2007 ausgeheilt gewesen. Bei der jetzt durchgeführten klinischen Untersuchung hätten sich reizlose Narbenverhältnisse über der LWS gefunden. Im Bereich der LWS sei ein Druckschmerz angegeben worden. Entlang der gesamten Wirbelsäule seien paravertebral Muskelverspannungen bei insgesamt gut auftrainierter kräftiger Rückenmuskulatur festgestellt worden. Die Beweglichkeit sei mittelgradig eingeschränkt, der Strecksitz auf der Liege jedoch ohne Abstützen möglich gewesen. Das Gangbild zu ebener Erde sei vorsichtig, aber ohne einseitige Betonung, der Hacken- und Spitzenstand sei jeweils gut durchführbar gewesen. Zumindest leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger auch weiterhin über sechsstündig täglich möglich im Wechselrhythmus ohne häufiges Bücken, ohne einseitige Körperhaltungen. Seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit im Straßenbau widerspreche diesem Leistungsvermögen und sei dem Kläger auf Dauer nicht mehr zuzumuten. Vordringlich seien medizinische Rehamaßnahmen zur Stabilisierung und Besserung des Restleistungsvermögens. Mit Bescheid vom 20. März 2008 lehnte daraufhin die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und legte zur Begründung einen Entlassbericht der Isarkliniken vom 06. März 2008 vor, demzufolge er sich in der Zeit vom 20. bis 27. Februar 2008 erneut - zur Durchführung einer Versteifungsoperation (Laminektomie L5 und transpedikuläre Fusion L4/5, L5/S1) - in stationärer Behandlung befand. Die Beklagte ließ diesen Bericht durch ihre Beratungsärztin Dr. M. sozialmedizinisch auswerten (vgl. die Stellungnahme vom 25. Juli 2008) und veranlasste sodann zwei weitere sozialmedizinische Begutachtungen. Chirurg und Unfallchirurg Dr. N. berichtete in seinem Gutachten vom 25. August 2008 aufgrund einer Untersuchung des Klägers vier Tage zuvor von einem Zustand nach mehrfachen LWS-Eingriffen, zuletzt in Form einer Versteifung L4/L5 und L5/S1 mit PLIF (posterior lumbar intervertebral fusion), und anhaltend geklagter Lumbago ohne gesicherte Wurzelreizzeichen oder relevantes sensomotorisches Defizit sowie einer Überlagerung durch mögliche Verschiebung der Wesensgrundlage. Im Vordergrund stehe beim Kläger das subjektive Schmerzerleben. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger noch leichte bis mittelschwere körperliche Wechsel-Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten. Schwere körperliche Arbeit als Straßenarbeiter sollten dagegen nicht mehr durchgeführt werden. Zur Frage des Schmerzsyndroms sowie zugrunde liegender weiterer Faktoren sei eine nervenärztliche Begutachtung erforderlich. Sodann erstattete Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. ihr Gutachten vom 21. Oktober 2008 aufgrund einer Untersuchung des Klägers am selben Tage. Anhaltspunkte für eine Erkrankung im psychiatrischen Fachgebiet ergäben sich derzeit nicht. Bei der körperlichen Untersuchung seien Verdeutlichungstendenzen und eine Aggravationsneigung der geschilderten Rückenschmerzen aufgrund des Rentenbegehrens auffällig gewesen. Von psychiatrischer Seite bestehe keine Leistungsminderung. Der Kläger selbst verneine eine psychische Belastung und wirke nur bei der körperlichen Untersuchung leidend und schmerzgeplagt, nicht jedoch bei der Exploration. Auch gebe es Ablenkungs- und Bewältigungsstrategien bezüglich der Rückenschmerzen. Insgesamt bestehe für den allgemeinen Arbeitsmarkt psychiatrischerseits keine Leistungseinschränkung. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Am 13. März 2009 erhob der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage. Die Beklagte habe unberücksichtigt gelassen, dass er auch keinerlei Tätigkeiten im Sitzen mehr ausüben könne, da er nach 15 bis 30 Minuten durchgängigen Sitzens ebenfalls unerträgliche Rückenschmerzen bekomme und dann zum Zwecke der vorübergehenden Entlastung Stehen oder Laufen müsse, was jedoch ebenfalls nach wenigen Minuten wegen der geänderten Belastung der Wirbelsäule zu unzumutbar starken Schmerzen im Rücken führe. Nur dann, wenn er liege, sei er schmerzfrei. Es sei daher nicht ersichtlich, welche Tätigkeit für ihn noch in Betracht komme. Er leide nicht nur an der Versteifung seiner Wirbelsäule nach den Bandscheibenvorfällen, vielmehr sei das Gewebe im Bereich der geschädigten Bandscheiben ständig entzündet. Seine derzeitige erneute Berufstätigkeit seit Oktober 2008 könne er nur durch Einnahme starker Schmerzmittel durchhalten, deren psychische Nebenwirkungen unzumutbar seien. Trotz der Schmerzmittel habe er während der Arbeit ständig unzumutbar starke Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule. Im Verlaufe des Klageverfahrens legte er zur Begründung den Arztbericht des Radiologie Isar Medizin Zentrum vom 16. April 2010 vor.
Die Beklagte trat dem Klagevorbringen entgegen.
Das SG vernahm die den Kläger behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Neurochirurg Dr. K. (Auskunft vom 15. August 2009) berichtete - bei Letztvorstellung des Klägers am 14. April 2009 - von einem zum Teil ausgeprägten und bislang therapieresistenten Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom der LWS sowie auch einer intermittierenden radikulären Symptomatik. Es bestehe ein hoher Grad der Behinderung. Bei komplexer Schmerzanamnese und mehrfachen lumbalen Wirbelsäulenoperationen sei zum jetzigen Zeitpunkt eine erneute Überprüfung des Rentenbegehrens aus seiner Sicht bei absoluter Therapieresistenz zu befürworten. Schweres Heben und Tragen schwerer Lasten seien derzeit zu vermeiden, ebenfalls Arbeiten mit Exposition von Kälte und Nässe sowie Arbeiten in Zwangshaltung. Einen weiteren Einsatz des Klägers im Straßenbau halte er nicht für sinnvoll. Orthopäde und Sportmediziner Dr. H. berichtete in seiner Auskunft vom 04. September 2009 bei letzter Behandlung des Klägers im September 2008 von einer Streckstellung der LWS sowie einer reizfreien Narbe L4 mit heftigen lokalen Palpations-, Bewegungs- und Entfaltungsschmerzen. Zudem bestehe eine Chrondropathia patellae rechts. Den Rentengutachten des Dr. N. sowie der Dr. D. werde im Ergebnis zugestimmt. Allerdings gehe er davon aus, dass der Kläger nur noch leichte körperliche Tätigkeiten verrichten könne. Soweit gewisse qualitative Leistungseinschränkungen eingehalten würden, bestehe allerdings vollschichtige berufliche Belastungsfähigkeit. Chefarzt und Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klinik M. Dr. S. gab in seiner Auskunft vom 30. November 2009 an, der Kläger habe sich letztmalig am 02. Oktober 2007 bei ihm vorgestellt. Nach der dort vorhandenen Aktenlage sei der Einschätzung der Rentengutachter eines zumindest für leichte körperliche Tätigkeiten vorhandenen vollschichtigen Leistungsvermögens zu zustimmen. Im ausgeübten Beruf des Bauarbeiters sei der Kläger sicherlich nicht mehr einsetzbar. Auch hinsichtlich mittelschwererer Tätigkeiten habe er Zweifel. Allgemeinmedizinerin Dr. He. berichtete von Myogelosen der gesamten Rückenstrecker, eine physikalische Therapie habe zu massiver Verschlimmerung geführt. Der Kläger sei nie schmerzfrei und stehe ständig unter Analgetika.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2010 wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung lägen beim Kläger nicht vor. Der Kläger sei infolge der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen in Form eines Zustands nach mehrfachen LWS-Eingriffen noch in der Lage, zumindest leichte körperliche Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne Arbeiten in der Hocke und Überkopfarbeiten sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sechs Stunden täglich auszuüben. Mit dieser sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung folge das Gericht den im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Rentengutachten sowie den im Klageverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften. Der zuletzt vorgelegte Arztbrief vom 16. April 2010 gebe keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Ein Anhalt auf einen Rezidiv-Prolaps werde darin ausdrücklich verneint. Der in diesem Arztbrief dargestellte Befund entspreche im Wesentlichen dem schon bisher bekannten Befund. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme bei dem nach dem 02. Januar 1961 geborenen Kläger nicht in Betracht.
Gegen diesen ihm am 19. Juli 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09. August 2010 zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Nach vier Operationen infolge Bandscheibenvorfalls sei er irreversibel in seiner Berufsausübungsfähigkeit eingeschränkt. Es gebe keinen Beruf, den er täglich noch sechs Stunden ausüben könne. Das SG habe versäumt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Im Übrigen hat er sein Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12. Juli 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Oktober 2007 Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung im Laufe des Berufungsverfahrens ihre ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Rehabilitationswesen und Sportmedizin Prof. Dr. L. vom 11. Juli 2011 vorgelegt.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Facharzt für Viszeral- und Unfallchirurgie, Orthopädie und spezielle Unfallchirurgie Prof. Dr. Schm. sein beim LSG am 20. Mai 2011 eingegangenes fachchirurgisches Sachverständigengutachte über den Kläger erstattet. Der Sachverständige berichtet aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 21. März 2011 insbesondere vom Vorliegen einer Versteifung der unteren LWS zwischen L4 und S1, eine abgeheilten Spondylodiszitis der unteren Lendenwirbelsäule, einer Funktionsminderung der Lendenwirbelsäule um 50%, einem chronischen Schmerzsyndrom nach multiplen LWS-Operationen, einer chronisch degenerativen Wirbelsäulenerkrankung, einer Sensibilitätsstörung der linken Zehe. Der Kläger habe davon berichtet, dass er in ständiger ärztlicher Therapie stehe. Aufgrund der Rückenschmerzen seien bei ihm mehrfache Operationen durchgeführt worden. Im Anschluss an die Operation, die vor ca. vier bis fünf Jahren in München durchgeführt worden sei, hätte der Kläger eine kurzfristige Besserung verspürt, sechs bis sieben Wochen nach erneuter Arbeitsaufnahme seien jedoch wieder sofort Schmerzen aufgetreten mit der Folge, dass Nachoperationen nötig geworden seien. Der Kläger befinde sich unter der Medikation von Tilidin. Der Lokalbefund am Rücken habe eine zwölf cm große reizlose mediale Narbe über der LWS gezeigt. Die Inklinkation werde schmerzhaft vorgetragen, die Reklination ebenso. Der Fingerfußbodenabstand habe über 20 cm beidseits gelegen. Die HWS sei frei beweglich gewesen, ein Klopfschmerz über der LWS negativ, es habe sich kein Anhalt für Fußheber- oder –senkerparese ergeben. Radiologisch habe es sich im Bereich der drei oberen Wirbelkörper der LWS ein Normalbefund ergeben, L4 bis S1 seien fusioniert. Es bestünden keine Osteolyse und kein Anhalt für Residuen nach Spondylodiszitis. Der Kläger weise eine langjährige Leidensgeschichte auf. Infolge seiner chronisch degenerativen Wirbelsäulenerkrankung könne er nur noch sitzende Tätigkeiten ausführen. In Bezug auf die geistig-psychische Belastbarkeit könnten Arbeiten mit erhöhter Verantwortung, mit besonderer nervlicher Belastung, mit besonderer geistiger Beanspruchung oder mit Publikumsverkehr auf dem Boden des chronischen Schmerzsyndroms nicht mehr ausgeführt werden. In Bezug auf den Bewegungs- und Halteapparat seien körperliche Arbeiten gänzlich auszuschließen, weil das Schicksal der zur Zeit noch stabilen Spondylodese der unteren LWS nicht vorhersehbar sei. Unabhängig davon, dass ein chronisches Schmerzsyndrom bestehe, könne für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Lockerung der Schrauben und damit zu einer konsekutiven Instabilität der LWS kommen könne, die weitere Nachoperationen und körperliche Schädigungen bis hin zur Querschnittslähmung zur Folge haben könnten. Insofern müssten Arbeiten, die durch den Bewegungs- und Halteapparat auszuführen wären, gänzlich unterbleiben. Die noch möglichen Tätigkeiten im Sitzen könnten ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit nur unter drei Stunden verrichtet werden. Eine andauernde sitzende Tätigkeit über drei Stunden hinaus strapaziere die Spondylodese der unteren LWS, so dass Entspannungs- und Ausgleichsbewegungen durchgeführt werden müssten, die sich jeweils mit Entspannungsphasen im Liegen abwechseln sollten. Die Ursache hierfür liege in der narbigen Situation nach der Entzündung aus dem Jahr 2007, denn diese Entzündung habe immerhin zur Notwendigkeit einer Nachoperation geführt. Besondere Arbeitsbedingungen seien unerlässlich. Betriebsunübliche Pausen im Liegen mit Entspannungsphasen seien notwendig, die Schreibtischarbeit müsste an niedrigem und hohem Schreibtischniveau auszuführen sein.
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 24. Oktober 2011 haben sich beide Beteiligte mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligten gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2010 hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung des Antrags auf Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung durch den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Februar 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 01. Oktober 2007 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er kann seither zwar nicht mehr seine langjährig verrichtete Tätigkeit als Vorarbeiter im Straßenbau, wohl aber leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Verwaltungsgutachten von Dr. N. vom 25. August 2008 und von Dr. D. vom 21. Oktober 2010 sowie der durch das SG eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte fest. Der anders lautenden Einschätzung des auf Antrag des Klägers beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. Schm. in dessen beim LSG am 20. Mai 2011 eingegangenen Gutachten (Gutachten ohne Datum) vermag der Senat demgegenüber nicht zu folgen.
Der Kläger leidet an erheblichen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Dr. N. hat in seinem Verwaltungsgutachten vom 21. August 2008 von einem Zustand nach mehrfachen LWS-Eingriffen, zuletzt einer Versteifung L 4/5 und L 5/S1 mittels PLIF und einem anhaltend geklagten chronischen Lumbalsyndrom ohne gesicherte Wurzelreizzeichen oder relevantes sensomotorisches Defizit berichtet. Diese Gesundheitsstörungen werden durch die behandelnden Ärzte des Klägers, namentlich die Auskunft des Dr. K. vom 15. August 2009, des Dr. H. vom 04. September 2009 sowie des Dr. S. vom 30. November 2009 durchweg bestätigt. Auch Prof. Dr. Schm. hat im Übrigen in seinem Sachverständigengutachten wieder dem Gutachten des Dr. N. entsprechende Befunde mitgeteilt. Dr. H. hat überdies von einer Chondropathia patellae rechts berichtet. Weitere leistungsrelevante Einschränkungen liegen beim Kläger nicht vor. Insbesondere vermochte sich der Senat vom Bestehen psychischer Gesundheitsstörungen, etwa in Form einer somatoformen Schmerzerkrankung, nicht zu überzeugen. Der Senat folgt insoweit dem Verwaltungsgutachten von Dr. D. vom 21. Oktober 2008, die auf der Grundlage einer umfänglichen Exploration des Klägers einen nervenfachärztlich unauffälligen Befund erhoben hat und die auf der Grundlage dessen für den Senat schlüssig und überzeugend zu der Einschätzung gelangt ist, dass sich Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung des Klägers nicht ergeben, vielmehr dessen Schmerzen durchweg somatisch erklärbar sind. Auch der Kläger selbst negiert im Übrigen eine psychische Belastung. Von nervenfachärztlicher Seite besteht daher keine Leistungsminderung. Die weiteren von Prof. Dr. Schm. mitgeteilten Diagnosen (Sensibilitätsstörung der linken Zehe, Endgliedverlust vierter Finger links, Genu vara I. Grades, Narbe linker Ringfinger, Fremdkörpereinsprengung rechte Mittelhand und asthma bronchiale) bedingen ebenfalls keine leistungsrelevanten Einschränkungen des Klägers. Dies wird im Übrigen weder durch Prof. Dr. Schm. noch den Kläger selbst geltend gemacht.
Aus den beim Kläger orthopädischerseits vorliegenden Gesundheitsstörungen ergeben sich nach Überzeugung des Senats erhebliche qualitative Leistungseinschränkungen. Der Kläger kann schwere, aber auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten und Tätigkeiten, die mit einseitigen Wirbelsäulenhaltungen, relevantem Vibrations-/Erschütterungseinfluss, mit dem Heben und Tragen von Lasten, der Durchführung von Überkopfarbeiten, Arbeiten auf Leitern sowie unter Temperatureinflüssen verbunden sind, nicht mehr verrichten. Der Senat stützt dies insbesondere auf die Arztauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte, die mit der Auflistung dieser Leistungseinschränkungen das Gutachten des Dr. N. vom 27. August 2008 weitgehend bestätigt, über die Einschätzung des Dr. N. hinausgehend jedoch selbst mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen haben (vgl. insbesondere die Auskunft des Dr. H. vom 04. September 2009 sowie die Auskunft des Dr. S. vom 30. November 2009). Dieser weitergehende Ausschluss auch mittelschwerer Tätigkeiten war für den Senat aufgrund der Schwere der beim Kläger bestehenden Wirbelsäuleneinschränkungen, insbesondere nach durchgeführter Versteifungsoperation, schlüssig und nachvollziehbar.
Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten mit der Möglichkeit zu Haltungswechseln in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat folgt insoweit der insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilung des Dr. N., die durch alle den Kläger behandelnden Ärzte bestätigt worden ist. Diese ein einheitliches Bild des beim Kläger noch erhaltenen Restleistungsvermögens zeichnenden Arztauskünfte werden durch die davon abweichende Einschätzung des Prof. Dr. Schm. nicht widerlegt.
Ausweislich des Gutachtens des Dr. N. vom 27. August 2008 hat der Kläger im Rahmen seiner dortigen Untersuchung des Bereichs der Operationsnarben an der Wirbelsäule zwar schon beim Hautbetasten und Verschieben über Schmerzreize geklagt; unter verbaler Ablenkung war jedoch kein sicherer Klopfschmerz im versteiften Bereich feststellbar. Der Kläger hat zudem im Rahmen der Untersuchung keine vorn übergebeugte Körperhaltung gezeigt, jedoch ging er beim Aufheben eines Gegenstandes vom Boden in eine tiefe Hocke, ohne sich auszulenken. Die Narbe im Rückenbereich war zudem äußerlich reizlos und gut verschieblich ohne Überwärmung oder Infektzeichen sowie ohne Vorwölbung. Auch neurologische Ausfallerscheinungen ergaben sich insgesamt nicht. Ausgehend von dieser verhältnismäßig unauffälligen Befundsituation bei noch relativ gut erhaltener Restbeweglichkeit des Klägers folgt der Senat der Leistungseinschätzung des N. dahingehend, dass der Kläger zwar insbesondere seine langjährig verrichtete Tätigkeit im Straßenbau nicht mehr, er jedoch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Gefährdung seiner Restgesundheit noch ausüben kann. Diese Einschätzung wird durch die behandelnden Ärzte durchweg bestätigt. Sowohl Dr. H. in seiner Auskunft vom 04. September 2009 als auch Dr. S. in seiner Auskunft vom 30. November 2009 geben ausdrücklich eine noch mögliche vollschichtige Verrichtung leichter körperlicher Tätigkeiten an. Auch Dr. K. schließt in seiner Auskunft vom 15. August 2009 nur schwere körperliche Tätigkeiten aus, nicht dagegen auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Nach der übereinstimmenden Einschätzung sowohl des Dr. N. als auch sämtlicher behandelnder Ärzte des Klägers ergeben sich auch dem Senat keine Anhaltspunkte für eine abweichende Leistungseinschätzung. Insbesondere vermag der Senat der anders lautenden Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Schm. in seinem beim Senat am 20. Mai 2011 eingegangenen Gutachten nicht zu folgen. Denn auch der Sachverständige hat keinerlei Befunde benannt, die eine entsprechende auch quantitative Leistungseinschränkung zu begründen vermöchten. Er hat ebenfalls wie zuvor Dr. N. – von einer reizlosen medialen Narbe über der LWS berichtet; Inklination und Reklination waren zwar schmerzhaft aber möglich. Es ergaben sich auch Prof. Dr. Schm. keine Anhaltspunkte für eine Infektion im Wirbelsäulenbereich, und der Klopfschmerz über der LWS war negativ. Im Röntgenbefund ergab sich kein Anhalt für eine Osteolyse oder Dislokation, und es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte für Residuen nach Spondylodiszitis. Ausgehend von dieser – auch im Jahr 2011 im Übrigen noch vollständig den aus den Jahren 2008 und 2009 mitgeteilten Befunde entsprechenden – Befundlage vermochte der Senat Prof. Dr. Schm. in seiner Schlussfolgerung auf ein auch quantitativ eingeschränktes Leistungsvermögen nicht zu folgen. Argumentativ begründet Prof. Dr. Schm. dies damit, dass für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden könne, dass es zu einer Lockerung der Schrauben und zu einer konsekutiven Instabilität der LWS kommen könne, die weitere Operationen und körperliche Schädigungen bis hin zur Querschnittslähmung haben könne. Diese Ausführungen sind jedoch rein spekulativ. Im Falle des Klägers ergeben sich aus den von Prof. Dr. Schm. erhobenen Befunden gerade keine Anhaltspunkte für einen entsprechend dramatischen Krankheitsverlauf. Die Einschätzung von einer nur noch unter dreistündigen Ausdauerfähigkeit stellt der Sachverständige zudem wesentlich in einen Zusammenhang mit der narbigen Situation nach der Entzündung aus dem Jahr 2007. Zuvor hatte Prof. Dr. Schm. jedoch gerade von reizlosen Narbenverhältnissen und dem Fehlen jeglicher Anhaltspunkte für ein Entzündungsrezidiv berichtet. Im Weiteren finden sich im Gutachten lediglich seitenweise allgemeine Ausführungen zu Ursache und Wirkung von Bandscheibenvorfällen, die keinerlei Bezug zur Person des Klägers aufweisen. Insgesamt ist das Gutachten damit nicht geeignet, entgegen der übereinstimmenden Sicht des Verwaltungsgutachters wie der behandelnden Ärzte des Klägers ein auch in der Ausdauerfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes herabgesunkenes Leistungsvermögen zu begründen.
Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 SGB VI kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger insoweit bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Der Kläger ist deutlich nach dem Stichtag des 02. Januar 1961 geboren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 As. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved