L 2 AS 1575/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 5076/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 1575/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Rechtmäßigkeit einer Rückforderung von in der Zeit von Oktober 2005 bis April 2007 gezahltem Arbeitslosengeld II gemäß dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) im Streit.

Der 1951 geborene Kläger (Kläger Ziff. 1) und seine 1952 geborene Ehefrau (Klägerin Ziff. 2) beantragten am 16. Juni 2005 bei der Beklagten erstmalig und gemeinsam Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Antragsformular wurde unter VI nach den Einkommensverhältnissen des Antragstellers/der Antragstellerin und der im Haushalt lebenden weiteren Personen gefragt. Im Einzelnen wurde dort ausgeführt:

Als Einkommen sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu berücksichtigen. Haben Sie und/oder die mit Ihnen im Haushalt lebenden Angehörigen Einnahmen aus &61656; nichtselbstständiger oder selbstständiger Arbeit, Vermietung oder Verpachtung, Land- und Forstwirtschaft, &61656; Kindergeld, Entgeltersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Übergangsgeld, Krankengeld, &61656; Renten aus der Sozialversicherung - Betriebsrenten oder Pensionen, &61656; Unterhaltszahlungen, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, &61656; Zinsen, Kapitalerträge, Wohngeld, Sozialhilfe nach dem SGB XII, &61656; sonstige laufende oder einmalige Einnahmen gleich welcher Art?!

Im Folgenden wurde bezüglich des Klägers Ziff. 1 als Art des Einkommens "Alg" (Arbeitslosengeld - Anm. der Kläger Ziff. 1 erhielt bis zum 19. Juli 2005 Arbeitslosengeld I - Bl. 85 Verwaltungsakte - VA - ), bei der Klägerin Ziff. 2 "aus selbstständiger Arbeit" angegeben. Die weitere Frage unter IX - sonstige Ansprüche gegenüber Arbeitgeber, Sozialleistungsträger und Schadenersatzansprüche - dort unter Ziff. 2 dahingehend, ob vom Antragsteller oder einer im Haushalt lebenden Person andere Leistungen beantragt oder beabsichtigt gewesen sei, einen entsprechenden Antrag zu stellen, wobei darauf hingewiesen wird, dass hierzu insbesondere alle Rentenarten u.a. anzugeben seien, wurde verneint.

Im Zusammenhang mit der Antragstellung legten die Kläger Kontoauszüge vor, aus denen sich der Bezug einer Unfallversicherungsrente zu Gunsten des Klägers Ziff. 1 in Höhe von monatlich 205,56 EUR ersehen ließ (Bl. 26 VA - seit 1. Juli 2007 betrug die Rente 206,67 EUR - Bl. 289 VA).

Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Hinweis auf fehlende Hilfebedürftigkeit zunächst ab.

Hiergegen erhoben die Kläger durch ihre Bevollmächtigte Widerspruch und begründeten den im weiteren auch ausführlich nach Akteneinsicht durch die Klägerbevollmächtigte einschließlich der Antrags- und Berechnungsformulare insbesondere unter detaillierter Angabe weiterer zu berücksichtigender Abzugsposten bei den Einnahmen der Klägerin Ziff. 2.

Mit Änderungsbescheid vom 20. April 2006 bewilligte sodann die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. August 2005 bis 30. September 2005 in Höhe von monatlich 160,00 EUR, für den Monat Oktober 2005 in Höhe von 179,74 EUR sowie für den Monat November 2005 in Höhe von 333,74 EUR. Im Rahmen der Einkommensaufstellung berücksichtigte die Beklagte lediglich das Einkommen der Klägerin Ziff. 2 aus selbstständiger Tätigkeit. In den dem Bewilligungsbescheid angefügten Berechnungsbögen wurden demzufolge keine Einkünfte des Klägers Ziff.1 ausgewiesen.

Im Antrag auf Fortzahlung von Leistungen vom 23. Mai 2006 gaben die Kläger an, es sei nicht zu Änderungen in ihren Einkommensverhältnissen gekommen. Im Rahmen ihres am 22. Juni 2006 gestellten Fortzahlungsantrages teilten sie ferner noch mit, ihr am 30. November 1986 geborener Sohn B. wohne bei ihnen, während ihr am 14. Dezember 1981 geborener Sohn J. im Lindenweg 37 in E. wohnhaft sei.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2006 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 333,74 EUR und berücksichtigte hierbei wiederum lediglich Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit der Klägerin Ziff. 2. Hinweise zum Einkommen des Klägers Ziff. 1 fehlten erneut.

Mit Bescheid vom 7. Juni 2006 bewilligte die Beklagte den Klägern für den Monat Juni 2006 Leistungen in Höhe von 290,66 EUR, wobei sie auch hier erneut im Rahmen des zu berücksichtigenden Einkommens lediglich die Einnahmen der Klägerin Ziff. 2 berücksichtigte.

Mit Bescheid vom 18. Juli 2006 bewilligte die Beklagte der aus dem Kläger, der Klägerin sowie dem gemeinsamen Sohn B. bestehenden Bedarfsgemeinschaft für den Monat Juli 2006 Leistungen in Höhe von 237,04 EUR sowie für den Zeitraum August 2006 bis einschließlich Oktober 2006 in Höhe von 186,04 EUR, wobei sich für den Sohn B. aufgrund dessen eigenen Einkommens kein Anspruch ergab. Einkommen wies die Beklagte wiederum lediglich bei der Klägerin Ziff. 2) aus.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2006 bewilligte die Beklagte sodann der Bedarfsgemeinschaft der Kläger für die Zeit vom 1. November 2006 bis 30. April 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 186,04 EUR, wobei dem Sohn B. erneut aufgrund eigenen Einkommens kein Anspruch zustand und wiederum lediglich Einkommen bei der Klägerin Ziff. 2) ausgewiesen wurde.

Erstmals im November/Dezember 2006 erhielt die Beklagte im Rahmen eines Datenabgleichs Kenntnis davon, dass der Kläger Ziff. 1 eine Rente in Höhe von 205,56 EUR in der Zeit vom 1. April 2006 bis 30. Juni 2006 erhalten hatte (Bl. 275/276 VA). Der Rentenbescheid wurde von der Klägerbevollmächtigten im Januar 2007 vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2007 wies die Beklagte den ursprünglich gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 erhobenen Widerspruch nach Erteilung des Bewilligungsbescheides vom 20. April 2006 als unbegründet zurück.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 24. September 2007 die Anhörung des Klägers Ziff.1 (Bl.458 VA) sowie mit Schreiben vom gleichen Tag die Anhörung der Klägerin Ziff. 2 (Bl.460 VA) veranlasst hatte, erließ sie gegenüber dem Kläger Ziff. 1 am 16. Oktober 2007 einen Rücknahme- und Erstattungsbescheid, mit dem sie die Entscheidungen vom 20. April 2006, 24. Mai 2006, 7. Juni 2006, 18. Juli 2006 sowie 18. Oktober 2006 für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 30. April 2007 teilweise aufhob und den Kläger Ziff. 1 zur Erstattung von insgesamt 1.213,59 EUR aufforderte. Ebenfalls am 16. Oktober 2007 erließ die Beklagte auch gegenüber der Klägerin Ziff. 2 einen Rücknahme- und Erstattungsbescheid, mit dem sie ebenfalls die Entscheidungen vom 20. April 2006, 24. Mai 2006, 7. Juni 2006, 18. Juli 2006 sowie 18. Oktober 2006 über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 30. April 2007 teilweise aufhob und die Klägerin Ziff. 2 zur Erstattung von 1.213,39 EUR aufforderte.

Die hiergegen am 24. Oktober 2007 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2007 (WL 1540/07 sowie WL 1549/07), den sie am 11. Dezember 2007 an die Bevollmächtigte der Kläger versandte, als unzulässig ab, da die angefochtenen Bescheide Gegenstand des Klageverfahrens geworden seien.

Die Kläger hatten bereits zuvor am 17. Oktober 2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) gegen den Bescheid vom 21. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 2007 erhoben. Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2008 hat die Bevollmächtigte der Kläger die Klage um die Rücknahme- und Erstattungsbescheide vom 16. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 erweitert sowie zuletzt mit Schriftsatz vom 28. Juli 2009 den Streitgegenstand auf die Bescheide vom 16. Oktober 2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10. Dezember 2007 beschränkt. Die Höhe der Erstattungsforderung als solche ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Zur Begründung der Klage haben die Kläger geltend gemacht, den Antrag damals gemeinsam ausgefüllt und mit entsprechenden Belegen versehen zu haben. Den Bewilligungsbescheiden ließe sich entnehmen, "Der Berechnung der Leistungen liegen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zugrunde, wie Sie diese bei der Antragstellung angegeben und nachgewiesen haben", weshalb die Kläger sich insoweit auf eine intensive Überprüfung der von ihnen eingereichten Unterlagen bezüglich der Unfallrente hätten verlassen können. Man habe dem damaligen Mitarbeiter der Beklagten, dessen Name heute nicht mehr benannt werden könne, mitgeteilt, der Kläger Ziff. 1) beziehe eine Unfallrente, man wisse jedoch nicht, wo diese einzutragen sei. Der Sachbearbeiter habe zugesagt, die Kontoauszüge noch durchzuschauen und sich bei Bedarf wieder mit ihnen in Verbindung zu setzen. Im Übrigen sei die fehlende Nennung einer Unfallrente unter Rubrik VI der Antragsformulare zu berücksichtigen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, angegeben worden sei von den Klägern lediglich der Bezug von Arbeitslosengeld. Auch durch Kontoauszüge könne die unvollständige Angabe hinsichtlich der Unfallrente nicht berichtigt werden. Im Übrigen werde unter Punkt VI bei den Antragsformularen nach Renten aus der Sozialversicherung gefragt. Im Zusatzblatt 2.1 werde ebenso nach Renten gefragt und darum gebeten, die Rentenart anzugeben sowie den letzten Rentenbescheid beizufügen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG haben die Kläger ausweislich des Protokolls u.a. angegeben, sie hätten den Mitarbeiter nicht im Speziellen auf die Unfallversicherungsrente des Klägers Ziff. 1 hingewiesen, da sie ja gewollt hätten, dass er den Antrag mit ihnen zusammen durchgehe, damit sie erfahren würden, ob sie alle Unterlagen dabei hätten. Weiter hat die Klägerin Ziff. 2 in dem Zusammenhang angegeben, sie habe damals keine Angaben zur Unfallversicherungsrente gemacht, denn beim Finanzamt frage da keiner danach. Sie habe nicht gewusst, was im Einzelnen anzugeben sei. Der Kläger Ziff. 1 gab hierzu an, dass er nicht mehr wisse, warum er damals nicht angegeben habe, dass er eine Rente beziehe.

Mit Urteil vom 22. Februar 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II bezüglich der hier streitigen Zeiträume betreffend die Kläger gemäß § 40 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) i.V.m. § 45 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) aufgehoben hat. Die Kläger könnten sich auf kein schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf den Bestand der aufgehobenen Verwaltungsakte berufen, da diese Verwaltungsakte auf Angaben der Kläger beruhten, die diese jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht hätten. Da die erforderlichen Angaben bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung gefehlt hätten, seien die Bewilligungsbescheide bereits zum Zeitpunkt ihrer Erteilung und damit von Anfang an rechtswidrig. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ergebe sich zur Überzeugung des SG bereits aus dem Umstand, dass unter der Rubrik VI der Antragsunterlagen explizit nach Einnahmen aus Renten aus der Sozialversicherung gefragt werde, die Kläger gleichwohl aber nur den Bezug von Arbeitslosengeld I angegeben hätten. Die Bezugnahme auf Renten im Allgemeinen hätte die Kläger zu entsprechenden Nachfragen bei der Beklagten veranlassen müssen. Es stehe für das SG nach dem in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck auch fest, dass die Kläger in der Lage gewesen seien, den Hinweis im Antragsformular zu verstehen und entsprechend zu handeln, da sie etwa auch den Bezug des Klägers von Arbeitslosengeld I angegeben hätten. Im Übrigen könne dahinstehen, ob die Kläger die Kontoauszüge zum Nachweis der Tatsache vorgelegt hätten, dass der Kläger eine Unfallversicherungsrente beziehe, oder ob dies nur zum Nachweis fehlenden Vermögens geschehen sei. Es sei jedenfalls nicht ausreichend, lediglich Unterlagen vorzulegen, aus denen sich erst bei weiterer Nachprüfung ein vollständiges Bild über die Einkommensverhältnisse des Hilfebedürftigen ergeben würden. Vielmehr seien die Einkommensquellen im Antrag eindeutig und in verständlicher Form zu benennen. Abgesehen davon erweise sich auch der Vortrag der Kläger insoweit als unschlüssig, als sie zunächst vorgetragen hätten, den damaligen Mitarbeiter der Beklagten auf die Unfallrente hingewiesen zu haben, während sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hätten, ein entsprechender Hinweis an den Mitarbeiter der Beklagten sei nicht erfolgt. Da beide Kläger den Antrag bei der Beklagten gemeinsam abgegeben hätten, treffe sie der Vorwurf grober Fahrlässigkeit in gleichem Maße. Daneben sei die Beklagte auch zur teilweisen Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide gemäß § 40 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB XII berechtigt. Den Klägern sei nämlich grobe Fahrlässigkeit auch unter dem Aspekt vorzuwerfen, dass sie die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannten oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hätten, da sich den einzelnen Bewilligungsbescheiden ohne Weiteres entnehmen lasse, dass beim Kläger Ziff. 1 eine Anrechnung von Einkommen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgt sei. Dies hätte sich den Klägern bei sorgfältiger Durchsicht der Bescheide unmittelbar aufdrängen müssen. Soweit sie angegeben hätten, die Bescheide vermutlich nicht gelesen oder aber - soweit es die Klägerin Ziff. 2 betreffe - wegen der ausgeübten Erwerbstätigkeit keine Zeit für deren Durchsicht gehabt zu haben, könne sie dies vom Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht befreien. Darin manifestiere sich vielmehr, dass die Kläger die Rechtswidrigkeit der (teilweise) aufgehobenen Bescheide in grober Fahrlässigkeit verkannt hätten. Denn es sei den Klägern in ihrer Eigenschaft als Leistungsbezieher ohne Weiteres zuzumuten, Bewilligungsbescheide auf Unstimmigkeiten hin zu überprüfen und dies - soweit der Bescheid hierzu Anlass gebe - der Beklagten unaufgefordert zur Kenntnis zu bringen. Dies hätten die Kläger nicht getan. Im Übrigen habe die Beklagte auch im Rahmen der Jahresfrist die Rücknahme der Bewilligungsbescheide veranlasst. In der Regel sei hinsichtlich des Beginnes der Jahresfrist erst nach der Durchführung der Anhörung auszugehen, diese sei am 24. September 2007 mit den Anhörungsschreiben erfolgt. Die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen sei bereits mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 erfolgt. Im Übrigen habe die Beklagte auch in nicht zu beanstandender Weise und auch von den Beteiligten in nicht bestrittener Weise die Rückforderung hinsichtlich der Höhe berechnet.

Die Kläger haben gegen das ihrer Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 3. März 2010 zugestellte Urteil am 6. April 2010 (Dienstag nach Ostern) Berufung eingelegt. Zur Begründung macht die Klägerbevollmächtigte geltend, entgegen der Auffassung des SG hätten die Kläger nicht grob fahrlässig unrichtige Angaben gemacht bzw. die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide verkannt. Vielmehr habe die Sachbearbeiterin sehr wohl jedes Dokument sorgfältig durchgearbeitet, wie sich dies auch aus den handschriftlichen Vermerken ergebe. Außerdem sei von der Antragstellung bis zur Bewilligung der Bescheide mehr als zehn Monate vergangen und habe es in der Zwischenzeit zahlreiche Rückfragen gegeben. Die Kläger hätten sich daher darauf verlassen können, dass nunmehr alles vollständig sei. Wie die Klägerin Ziff. 2 im Termin zur mündlichen Verhandlung auch angegeben habe, habe sie nun erneut bei Erstellung ihrer Steuererklärung beim Finanzamt direkt nachgefragt und die Auskunft erhalten, dass die Unfallrente dort nicht als Einkommen gewertet werde. Insoweit hätten die Kläger, insbesondere auch, nachdem die Beklagte zu keinem Zeitpunkt innerhalb der Antragstellung und tatsächlichen Bewilligung die Rente angesprochen gehabt hätte, sich darauf verlassen dürfen, dass der Einkommensbegriff im deutschen Rechtsraum durchgehend einheitlich gehandhabt werde. Sofern Einkommen bei der Steuererklärung nicht anzugeben sei, sei es nicht lebensfremd, dass die Kläger als Laien bei der Abgabe im Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes Zweifel hätten, ob diese Rente nun anzugeben sei oder nicht.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. Februar 2010 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 24. und 28. November 2011 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (fünf Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die Berufung ist auch zulässig, sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG liegt nicht vor.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen und unter Darstellung der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 45 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Nr. 3 SGB X) die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide der Beklagten für die hier streitigen Zeiträume bestätigt. Insbesondere hat das SG auch unter Berücksichtigung der Einlassungen der Klägerin in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Kläger grob fahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht haben bzw. grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide verkannt haben. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des SG verwiesen und insoweit von einer weiteren Darstellung hier abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist hinsichtlich des Vorbringens im Berufungsverfahren noch auf Folgendes hinzuweisen:

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass unter Punkt VI im Antragsformular der Beklagten ausdrücklich auch nach "sonstigen laufenden Einnahmen gleich welcher Art" gefragt wird. Spätestens hier hätte den Klägern klar sein müssen, dass auch die Verletztenrente ausdrücklich zu benennen ist, da es sich hierbei definitiv auch um eine laufende Einnahme handelt. Des Weiteren erfolgt dort auch keine Einschränkung oder ein Verweis der Gestalt auf das Steuerrecht, dass hier nur Angaben bezüglich Einnahmen zu machen wären, sofern diese zu versteuern wären. Des Weiteren wird unter Punkt IX (sonstige Ansprüche gegenüber Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern und Schadenersatzansprüche) u.a. auch danach gefragt, ob die Antragsteller Leistungen beantragten oder beabsichtigten, einen entsprechenden Antrag zu stellen mit dem Hinweis, dass hierbei insbesondere alle Rentenarten anzugeben seien, im Einzelnen, wann diese beantragt worden seien und ab welcher Zeit. Diese Frage wurde von den Klägern ebenfalls mit Nein beantwortet. Auch hier hätte den Klägern klar sein müssen, dass eine "Verletztenrente" Bedeutung haben dürfte. Des Weiteren hatte die Klägerbevollmächtigte im Widerspruchsverfahren gegen den Ablehnungsbescheid vom 21. Juli 2005 Akteneinsicht einschließlich der Antragsunterlagen (siehe Schreiben der Klägerbevollmächtigten vom 17. August 2005) und wurde sodann von der Klägerbevollmächtigten im Weiteren auch detailliert alle möglichen Positionen geltend gemacht, die vom Einkommen der Klägerin Ziff. 2 bei der Berechnung der Bedürftigkeit noch zu berücksichtigen wären, die Rente, die dem Kläger Ziff. 1 vom Unfallversicherungsträger in Höhe von 205,00 EUR gezahlt wurde, wurde in dem Zusammenhang ebenfalls nicht erwähnt.

Soweit die Klägerbevollmächtigte weiter in der Berufungsbegründung vorträgt, wenn dieses Einkommen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Steuererklärung nicht anzugeben sei, sei es nicht lebensfremd, dass die Kläger als Laien, bei der Angabe im Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes Zweifel hätten, ob diese Unfallrente nun anzugeben sei oder nicht, trägt die Klägerbevollmächtigte damit selbst Umstände vor, aufgrund derer die Kläger sich erst recht zu einer Anfrage an den Sachbearbeiter der Beklagten hätten gedrängt sehen müssen. Dies hätte sich darüber hinaus auch vor dem Hintergrund aufgedrängt, da gerade bei den unter Punkt VI aufgeführten Einnahmen sich an keiner Stelle eine Beschränkung auf steuerpflichtige Einnahmen findet und umgekehrt kein Hinweis darauf, dass steuerfreie Einnahmen hier nicht zu berücksichtigen wären. Es ist vielmehr nochmals darauf hinzuweisen, dass dort ausdrücklich bei den aufgeführten Einkommensarten zum Schluss auch nach "sonstigen laufenden oder einmaligen Einnahmen jeglicher Art" gefragt wird. Damit aber hätte sich den Klägern auch bei einfachsten Überlegungen aufdrängen müssen, dass die Unfallrente des Klägers Ziff. 1 im Zweifel als Einkommen zu berücksichtigen und dann anzugeben gewesen wäre bzw. zumindest ausdrücklich gegenüber dem Mitarbeiter hätte genannt werden müssen. Nach den eigenen Einlassungen der Kläger nunmehr vor dem SG haben sie dies aber trotz der hier auch im Berufungsverfahren noch mal ausführlich dargestellten Zweifel gerade nicht getan. Damit aber haben die Kläger, wenn nicht sogar bewusst, so doch jedenfalls grob fahrlässig unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht.

Ebenso haben die Kläger die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide aus diesen Gründen auch zumindest grob fahrlässig verkannt wie vom SG ebenfalls zutreffend ausgeführt.

Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved