Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4161/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1367/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Schreiben der Beklagten an dessen ehemalige Arbeitgeberin, die A. GmbH & Co. KG (P KG), mit welchem dieser mitteilt wurde, dass bestehende Ansprüche des Klägers aus seinem ehemaligen Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen seien.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte. Unter dem 13.01.2009 schloss der Kläger mit der P KG einen Arbeitsvertrag, der eine Tätigkeit des Klägers für die P KG ab dem 09.02.2009 vorsah. Zu einer tatsächlichen Arbeitsaufnahme des Klägers ist es, nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung zum 11.02.2009, nicht gekommen, hingegen zu einer arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeit um die Gewährung von Verzugslohn. Ab dem 09.09.2008 bezog der Kläger von der Beklagten (zunächst vorläufig) Arbeitslosengeld bis zum 07.04.2009.
Mit Schreiben vom 09.03.2009 teilte die Beklagte der P KG mit, dass, sofern der arbeitslosengeldbeziehende Kläger Arbeitsentgelt, eine Urlaubsabgeltung oder eine Abfindung beanspruchen könne, diese jedoch tatsächlich nicht erhalte, die Ansprüche gegen den Arbeitgeber auf sie übergingen. Gleichfalls mit Schreiben vom 09.03.2009 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass evtl. bestehende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wegen der Leistungsgewährung nach §§ 143 Abs. 3, 143a Abs. 4 SGB III nach § 115 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aus sie übergegangen seien.
Am 13.03.2009 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er anführte, dass wegen der nur vorläufigen Leistungsgewährung kein Raum für eine Überleitungsanzeige bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2009 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Die Schreiben vom 09.03.2009 an die P KG und den Kläger stellten keine Verwaltungsakte dar, da hierdurch keine Rechte und Pflichten begründet, geändert, entzogen oder festgestellt würden.
Am 21.09.2009 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgebracht, bei einer nur vorläufigen Leistungsbewilligung trete kein Forderungsübergang ein. Im Übrigen entfalte die Überleitungsanzeige am die P KG ihm gegenüber Wirkungen und sei daher ein unzulässiger Bescheid. Die Beklagte berühme sich einer ihr in Wirklichkeit nicht zustehenden Forderung. Am 15.03.2010 hat der Kläger Akteneinsicht beantragt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 08.12.2010 hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, im Wege eines Gerichtsbescheides zu entscheiden. Am 12.11.2010 hat er den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Nach den bisherigen Entscheidungen gebe es, so der Kläger, nur zwei Optionen: entweder fehle dem Vorsitzenden generell die Befähigung zum Richteramt oder er sei zu faul, seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.02.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere das Gericht nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Soweit der Kläger die Aufhebung des Schreibens der Beklagten an die P KG vom 09.03.2009 begehre, sei die Klage bereits unzulässig, da die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage nur gegen Verwaltungsakte statthaft sei, das Schreiben der Beklagten jedoch kein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X sei.
Gegen den am 01.04.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am gleichen Tag Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das Verfahren müsse zurückverwiesen werden, da ihm durch die Verweigerung der Übersendung von Kopien der Akten das rechtliche Gehör verweigert worden sei. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei ihm gleichfalls verweigert worden. Überdies sei kein Hinweis auf die Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheides erfolgt. Eine Selbstentscheidung über das Befangenheitsgesuch sei unzulässig. In der Sache werde der erstinstanzliche Antrag weiter verfolgt. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.
Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2011 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2011 und das Schreiben der Beklagten vom 09. März 2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009 aufzuheben und festzustellen, dass ein Forderungsübergang nach § 115 SGB X nicht eingetreten ist und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 08.02.2012 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladung in der Justizvollzugsanstalt geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen. Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, ändert hieran, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21.09.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 - und vom 19.10.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 3913/11 -, - L 3 AL 3819/11 -, L 3 AL 3917/11 - entschieden hat, nichts. Der Kläger ist vielmehr, da sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris).
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das SG zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet davon, dass die vom Kläger angeführten Verfahrensfehler nicht vorliegen, würden diese ein Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich wäre.
Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das klägerische Begehren, das Schreiben der Beklagten an die P KG vom 09.03.2009 aufzuheben, ist bereits unzulässig. Die Beklagte hat gegenüber dem Adressaten des Schreibens keine Regelung getroffen, sondern nur auf die Regelung des § 115 SGB X hingewiesen. Gemäß § 115 Abs. 1 SGB X geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber bis zu der Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf den Leistungsträger über, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Die Beklagte wird hierdurch im Wege eines gesetzlichen Forderungsübergangs anstelle des Arbeitnehmers Gläubiger des Arbeitgebers, ohne dass es hierzu der Feststellung durch Verwaltungsakt bedürfte bzw. eine solche zulässig wäre (BSG, Urteil vom 14.07.1994 - 7 RAr 104/93 - veröffentlicht in juris). Da die Beklagte hierbei auch nicht den Anschein eines Verwaltungsaktes erweckt hat - das Schreiben ist weder als "Bescheid" bezeichnet noch beinhaltet es eine Rechtsbehelfsbelehrung -, stellt das Schreiben vom 09.03.2009 keinen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X dar und kann daher, wie vom SG zutreffend ausgeführt, nicht im Wege der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) aufgehoben werden.
Soweit der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren unter Zitierung von Kommentarliteratur zu § 33 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) angeführt hat, eine Überleitungsanzeige stelle einen Verwaltungsakt dar, verkennt er, dass die bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des § 33 SGB II dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit eröffnet hat, Anspruchsübergänge durch eine schriftliche Anzeige zu "bewirken". Der überzuleitende Anspruch ging mithin erst durch eine konstitutive schriftliche Anzeige und nicht, wie im Falle des § 115 SGB X, im Wege eines gesetzlichen Forderungsübergangs über.
Das klägerische Begehren, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.09.2009, mit dem die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben der Beklagten vom 09.03.2009 als unzulässig verworfen hat, aufzuheben, ist unbegründet, da ein Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte zulässig ist (vgl. § 78 Abs. 1 SGG), das Schreiben vom 09.03.2009 jedoch, wie ausgeführt, kein solcher ist.
Der Antrag festzustellen, dass ein Forderungsübergang i. S. d. § 115 SGB X nicht eingetreten ist, ist in Ermangelung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses bereits unzulässig. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 09.03.2009 an die P KG gerade noch keinen konkreten Forderungsübergang mitgeteilt, sondern der P KG nur abstrakt die gesetzlichen Rahmenbedingungen einer Gleichwohlgewährung und eines Forderungsübergangs mitgeteilt. Dementsprechend hat sie mitgeteilt, dass, wenn ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis anerkannt werde, sie "prüfen" werde, "ob und in welcher Höhe ein Ruhen des Leistungsanspruchs eingetreten ist". Hierdurch ist kein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis begründet, dessen Nichtbestehen im Rahmen einer Feststellungsklage überprüft werden könnte. Nichts anderes ergibt sich aus dem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 09.03.2009.
Da der Widerspruch des Klägers keinen Erfolg hatte, sind Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X nicht zu erstatten.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Schreiben der Beklagten an dessen ehemalige Arbeitgeberin, die A. GmbH & Co. KG (P KG), mit welchem dieser mitteilt wurde, dass bestehende Ansprüche des Klägers aus seinem ehemaligen Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen seien.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte. Unter dem 13.01.2009 schloss der Kläger mit der P KG einen Arbeitsvertrag, der eine Tätigkeit des Klägers für die P KG ab dem 09.02.2009 vorsah. Zu einer tatsächlichen Arbeitsaufnahme des Klägers ist es, nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung zum 11.02.2009, nicht gekommen, hingegen zu einer arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeit um die Gewährung von Verzugslohn. Ab dem 09.09.2008 bezog der Kläger von der Beklagten (zunächst vorläufig) Arbeitslosengeld bis zum 07.04.2009.
Mit Schreiben vom 09.03.2009 teilte die Beklagte der P KG mit, dass, sofern der arbeitslosengeldbeziehende Kläger Arbeitsentgelt, eine Urlaubsabgeltung oder eine Abfindung beanspruchen könne, diese jedoch tatsächlich nicht erhalte, die Ansprüche gegen den Arbeitgeber auf sie übergingen. Gleichfalls mit Schreiben vom 09.03.2009 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass evtl. bestehende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis wegen der Leistungsgewährung nach §§ 143 Abs. 3, 143a Abs. 4 SGB III nach § 115 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aus sie übergegangen seien.
Am 13.03.2009 erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er anführte, dass wegen der nur vorläufigen Leistungsgewährung kein Raum für eine Überleitungsanzeige bestehe. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2009 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Die Schreiben vom 09.03.2009 an die P KG und den Kläger stellten keine Verwaltungsakte dar, da hierdurch keine Rechte und Pflichten begründet, geändert, entzogen oder festgestellt würden.
Am 21.09.2009 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgebracht, bei einer nur vorläufigen Leistungsbewilligung trete kein Forderungsübergang ein. Im Übrigen entfalte die Überleitungsanzeige am die P KG ihm gegenüber Wirkungen und sei daher ein unzulässiger Bescheid. Die Beklagte berühme sich einer ihr in Wirklichkeit nicht zustehenden Forderung. Am 15.03.2010 hat der Kläger Akteneinsicht beantragt. Mit gerichtlichem Schreiben vom 08.12.2010 hat das SG die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, im Wege eines Gerichtsbescheides zu entscheiden. Am 12.11.2010 hat er den Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Nach den bisherigen Entscheidungen gebe es, so der Kläger, nur zwei Optionen: entweder fehle dem Vorsitzenden generell die Befähigung zum Richteramt oder er sei zu faul, seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.02.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, das Befangenheitsgesuch hindere das Gericht nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich sei. Der Antrag ziele einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Soweit der Kläger die Aufhebung des Schreibens der Beklagten an die P KG vom 09.03.2009 begehre, sei die Klage bereits unzulässig, da die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage nur gegen Verwaltungsakte statthaft sei, das Schreiben der Beklagten jedoch kein Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 SGB X sei.
Gegen den am 01.04.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am gleichen Tag Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das Verfahren müsse zurückverwiesen werden, da ihm durch die Verweigerung der Übersendung von Kopien der Akten das rechtliche Gehör verweigert worden sei. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei ihm gleichfalls verweigert worden. Überdies sei kein Hinweis auf die Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheides erfolgt. Eine Selbstentscheidung über das Befangenheitsgesuch sei unzulässig. In der Sache werde der erstinstanzliche Antrag weiter verfolgt. Seit dem 13.09.2011 befindet sich der Kläger in Untersuchungshaft.
Der Kläger beantragt (zweckdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2011 aufzuheben und das Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe zurückzuverweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Februar 2011 und das Schreiben der Beklagten vom 09. März 2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 17. September 2009 aufzuheben und festzustellen, dass ein Forderungsübergang nach § 115 SGB X nicht eingetreten ist und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 08.02.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 08.02.2012 nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß durch Übergabe der Ladung in der Justizvollzugsanstalt geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in seiner Abwesenheit hingewiesen. Der Umstand, dass sich der Kläger seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, ändert hieran, wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21.09.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 2514/10 -, - L 3 AL 2521/10 -, - L 3 AL 2641/10 - und vom 19.10.2011 u.a. in den Verfahren - L 3 AL 3913/11 -, - L 3 AL 3819/11 -, L 3 AL 3917/11 - entschieden hat, nichts. Der Kläger ist vielmehr, da sein persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freigestellt worden ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris).
Die statthafte Berufung (§ 143 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) wurde form- und fristgerecht eingelegt (vgl. § 151 Abs. 1 SGG); sie ist zulässig. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Rechtsstreit ist nicht, wie klägerseits beantragt, an das SG zurückzuverweisen. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 01.01.2012 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S.3057) kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens, der zur Zurückverweisung an das SG führen könnte, liegt vor, wenn gegen eine das Gerichtsverfahren regelnde Vorschrift verstoßen wurde und die Entscheidung des Sozialgerichts hierauf beruhen kann. Das Landessozialgericht entscheidet bei Vorliegen eines Mangels nach seinem pflichtgemäßen Ermessen, ob es in der Sache selbst entscheidet oder zurückverweisen will. Eine Verpflichtung zur Zurückverweisung besteht auch bei Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens nicht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 17.02.1956 - 6 RKa 14/55 - veröffentlicht in juris). Ungeachtet davon, dass die vom Kläger angeführten Verfahrensfehler nicht vorliegen, würden diese ein Zurückverweisung nicht nach sich ziehen, da der Rechtsstreit in der Sache entscheidungsreif ist (vgl. Keller in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl., § 159, Rn. 5 ff) und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich wäre.
Auch soweit der Kläger mit der Berufung sein inhaltliches Begehren weiterverfolgt, ist die Berufung unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das klägerische Begehren, das Schreiben der Beklagten an die P KG vom 09.03.2009 aufzuheben, ist bereits unzulässig. Die Beklagte hat gegenüber dem Adressaten des Schreibens keine Regelung getroffen, sondern nur auf die Regelung des § 115 SGB X hingewiesen. Gemäß § 115 Abs. 1 SGB X geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber bis zu der Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf den Leistungsträger über, soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat. Die Beklagte wird hierdurch im Wege eines gesetzlichen Forderungsübergangs anstelle des Arbeitnehmers Gläubiger des Arbeitgebers, ohne dass es hierzu der Feststellung durch Verwaltungsakt bedürfte bzw. eine solche zulässig wäre (BSG, Urteil vom 14.07.1994 - 7 RAr 104/93 - veröffentlicht in juris). Da die Beklagte hierbei auch nicht den Anschein eines Verwaltungsaktes erweckt hat - das Schreiben ist weder als "Bescheid" bezeichnet noch beinhaltet es eine Rechtsbehelfsbelehrung -, stellt das Schreiben vom 09.03.2009 keinen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X dar und kann daher, wie vom SG zutreffend ausgeführt, nicht im Wege der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) aufgehoben werden.
Soweit der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren unter Zitierung von Kommentarliteratur zu § 33 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) angeführt hat, eine Überleitungsanzeige stelle einen Verwaltungsakt dar, verkennt er, dass die bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des § 33 SGB II dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit eröffnet hat, Anspruchsübergänge durch eine schriftliche Anzeige zu "bewirken". Der überzuleitende Anspruch ging mithin erst durch eine konstitutive schriftliche Anzeige und nicht, wie im Falle des § 115 SGB X, im Wege eines gesetzlichen Forderungsübergangs über.
Das klägerische Begehren, den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 17.09.2009, mit dem die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen das Schreiben der Beklagten vom 09.03.2009 als unzulässig verworfen hat, aufzuheben, ist unbegründet, da ein Widerspruch nur gegen Verwaltungsakte zulässig ist (vgl. § 78 Abs. 1 SGG), das Schreiben vom 09.03.2009 jedoch, wie ausgeführt, kein solcher ist.
Der Antrag festzustellen, dass ein Forderungsübergang i. S. d. § 115 SGB X nicht eingetreten ist, ist in Ermangelung eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses bereits unzulässig. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 09.03.2009 an die P KG gerade noch keinen konkreten Forderungsübergang mitgeteilt, sondern der P KG nur abstrakt die gesetzlichen Rahmenbedingungen einer Gleichwohlgewährung und eines Forderungsübergangs mitgeteilt. Dementsprechend hat sie mitgeteilt, dass, wenn ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis anerkannt werde, sie "prüfen" werde, "ob und in welcher Höhe ein Ruhen des Leistungsanspruchs eingetreten ist". Hierdurch ist kein hinreichend konkretes Rechtsverhältnis begründet, dessen Nichtbestehen im Rahmen einer Feststellungsklage überprüft werden könnte. Nichts anderes ergibt sich aus dem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 09.03.2009.
Da der Widerspruch des Klägers keinen Erfolg hatte, sind Kosten des Widerspruchsverfahrens nach § 63 SGB X nicht zu erstatten.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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