L 11 KR 5506/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 2568/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5506/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger der Beklagten wegen einer Mitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a) SGB V für die Zeit vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) iHv 1.640,66 EUR zu zahlen hat.

Der am 01.05.1950 geborene Kläger ist serbischer Staatsangehöriger. Er war 1973 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und lebt seither hier. Er hat drei minderjährige Kinder, die bei seiner Schwiegermutter im ehemaligen Jugoslawien leben. Mit Beschluss des Amtsgerichts G. vom 21.04.2005 war das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden, mit Beschluss vom 03.08.2006 wurde das Insolvenzverfahren wieder aufgehoben und mit Beschluss vom 10.02.2010 dem Kläger bei Zahlung von monatlich 50,00 EUR an die Landeskasse im Restschuldverfahren Stundung nach § 4a InsO gewährt. Nach einer selbständigen Tätigkeit war der Kläger bis 30.04.2007 wegen abhängiger Beschäftigung im Unternehmen seiner damaligen Ehefrau in der GKV und der Sozialen Pflegeversicherung (PV) versicherungspflichtig und als solcher Mitglied der Beklagten. Trotz der Beendigung der Beschäftigung meldete sich der Kläger nicht arbeitslos, er war auch nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten. Seit Frühjahr 2008 ist der Kläger bei der von ihm gegründeten V. Dachdecker Ltd in U. als Geschäftsführer tätig und bezieht dort ein Festgehalt von 1.000,00 EUR sowie einen "Arbeitgeberzuschuss zur KV/PV" iHv 152,36 EUR monatlich.

Am 31.03.2008 zeigte der Kläger der Beklagten die Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V bzw § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 12 SGB XI an. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 26.05.2008 mit, dass er seit dem 01.05.2007 bei ihr versichert sei und er für die Mitgliedschaft monatlich 268,38 EUR als Beitrag zur Krankenversicherung und 31,68 EUR als Beitrag zur Pflegeversicherung, zusammen 300,06 EUR zu zahlen habe. Für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 betrage der Beitrag zur Krankenversicherung 1.640,66 EUR und für die Pflegeversicherung 193,64 EUR. Insgesamt ergebe sich eine Nachzahlung von 1.834,30 EUR an rückständigen Beiträgen.

Der Kläger erwiderte hierauf mit Schreiben vom 02.06.2008, bei der Beklagten eingegangen am 05.06.2008, die rückwirkende Mitgliedschaft und die Nachforderung sei ihm unverständlich und er bitte um Verzicht der rückständigen Forderung.

Mit Schreiben vom 16.06.2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass die Pflichtversicherung kraft Gesetzes durchzuführen sei. Eine Wahlmöglichkeit bestehe nicht. Es sei deshalb auch nicht möglich , auf die Nachforderung zu verzichten. Das Schreiben war nicht als förmlicher Bescheid gekennzeichnet und enthielt auch keine Rechtsbehelfsbelehrung. Die Beklagte erinnerte den Kläger mit Schreiben vom 21.08.2008 an die fälligen Beiträge und mahnte den Kläger mit einem weiteren Schreiben vom 02.09.2008, in dem sie darauf hinwies, dass der Versicherungsschutz in Gefahr sei. Hierauf entgegnete der Kläger, er habe die Beiträge von Mai bis September 2008 bezahlt und halte die Nachforderung für unberechtigt.

Mit Schreiben vom 19.09.2008 erinnerte die Beklagte wiederum an die offenen Beiträge und stellte schließlich mit Bescheid vom 24.09.2008 das Ruhen des Leistungsanspruchs in der Krankenversicherung. Dieser Bescheid wurde dem Kläger am 26.09.2008 förmlich zugestellt.

Die Beklagte erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 16.10.2008 nochmals ihre Rechtsansicht, woraufhin der Kläger eine Bescheinigung der I. Baden-Württemberg und Hessen vom 11.11.2008 über eine Mitgliedschaft dort ab 01.12.2008 vorlegte.

Am 10.02.2009 ordnete die Vollstreckungsstelle der Beklagten die Vollstreckung nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes Baden-Württemberg an und bescheinigte die Vollstreckbarkeit folgender Forderungen: Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung vom 01.06.2007 bis 30.04.2008 iHv 1.834,30 EUR, Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vom 01.09.2008 bis 30.11.2008 iHv 936,52 EUR, Säumniszuschläge iHv 686,50 EUR sowie Kosten, Gebühren, Auslagen von 3,45 EUR, insgesamt 3.460,77 EUR. Gegen den ihm bekannt gegebenen Vollstreckungsauftrag legte der Kläger am 11.03.2009 Widerspruch ein. Die Forderung sei nicht gerechtfertigt, da die Beklagte wegen zurückliegender Zeiträume keine Beiträge verlangen dürfe.

Mit Fax vom 11.06.2009 nahm der Kläger nochmals ausführlich Stellung. Nach Arbeitslosigkeit und der Zulassung durch die Handwerkskammer habe er im Frühjahr 2008 die V. Dachdecker Ltd gegründet und den Antrag auf Aufnahme in die Mitgliedschaft der Beklagten gestellt. Die Beiträge für Mai bis August 2008 habe er bezahlt und völlig überraschend die Nachforderung über 1.834,30 EUR erhalten. Als er Widerspruch eingelegt habe, habe die Beklagte das Ruhen der Mitgliedschaft angeordnet. Wegen eines Amtshilfeantrags ruhe nun auch die seit 01.12.2008 bei der I. bestehende Mitgliedschaft. Das Gesetz zur Zahlung der Beiträge ab dem 01.05.2007 sei nicht verfassungskonform. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009, dem Kläger am 14.07.2009 förmlich zugestellt, wies der "Widerspruchsausschuss Krankenkasse" der Beklagten den Widerspruch des Klägers gegen den Vollstreckungsauftrag zurück.

Am 20.07.2009 hat der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. In seiner Klageschrift führt er aus, er halte es für verfassungswidrig, für die Zeit in der er nicht versichert gewesen sei, Beiträge bezahlen zu müssen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2010 abgewiesen. Es hat den Antrag des Klägers dahingehend verstanden, dass dieser beantragt, "den Bescheid vom 26.05.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 08.07.2009 insoweit aufzuheben, als die Beklagte Beitragsforderungen für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 geltend macht." Zur Begründung der Klageabweisung hat das SG ausgeführt, der Bescheid der Beklagten sei, was die Regelung zur Zahlung zurückliegender Versicherungszeiten anbelangt, rechtmäßig. Die Versicherungspflicht und die sich daraus ergebende Zahlungspflicht ab dem 01.04.2007 resultiere aus §§ 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a), 186 Abs 11 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), da der Kläger zuletzt vor seinem Austritt aus der GKV bei der Beklagten krankenversichert gewesen sei. Er habe seit dem Eintritt der Versicherungspflicht am 01.05.2007 Beiträge nachzuentrichten, da ab diesem Zeitpunkt von Gesetzes wegen, § 186 Abs 11 SGB V, die Mitgliedschaft rückwirkend eingetreten sei. Nach Beendigung der Arbeitstätigkeit sei der Kläger aus der Versicherungspflicht ausgeschieden. Der Kläger habe zum 01.05.2007 dem Grunde nach die Wahl zwischen einer Pflichtversicherung nach § 13 Abs 1 Nr 13 SGB V oder einer freiwilligen Versicherung nach § 9 SGB V gehabt. Vor diesem Hintergrund greife § 21b der Satzung der Beklagten, wonach eine Ermäßigung für Beiträge ausscheide, wenn zum Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht ein Beitrittsrecht zur freiwilligen Versicherung bestanden habe, dieses jedoch nicht ausgeübt worden sei. Der Kläger sei auch nicht aus sonstigen grundrechtsbezogenen Erwägungen heraus schützenswert.

Gegen das ihm am 11.11.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger per Fax am 23.11.2010 beim SG, beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 29.11.2010 eingegangen, Berufung eingelegt und ausgeführt, die rückwirkende Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 widerspreche der Verfassung. In dem Fax, mit dem er Berufung eingelegt hat, schreibt er wörtlich: "Ich beantrage die Aufhebung dieses Urteils und Aufhebung der Beitragszahlungen vom 1.5.07 - 30.4.08." Ferner trägt er vor, er habe kein Geld um die Beiträge rückwirkend zu bezahlen. Er wohne im Lager eines Geschäftspartners und habe kein Einkommen. Bei der Bundesagentur für Arbeit habe er sich nicht arbeitslos gemeldet und auch keine sonstigen Leistungen bezogen. Den Abschluss einer freiwilligen oder privaten Krankenversicherung habe er nicht beantragt, er sei in der fraglichen Zeit auch bei keiner anderen gesetzlichen Krankenkasse gemeldet gewesen. Medizinische Leistungen wie Arztbesuche habe er in dieser Zeit zwar in Anspruch genommen, diese jedoch selbst bezahlt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 09.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 26.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2009 insoweit aufzuheben, als die Beklagte darin die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen zur Gesetzlichen Krankenversicherung für die Zeit vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 festgesetzt hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagt ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger angegeben, seine Ehefrau sei im April 2007 einfach weggegangen und habe das Unternehmen zurückgelassen. Er habe dieses Unternehmen dann auf sich "umschreiben" wollen, was jedoch nicht so schnell gegangen sei. Damals sei er auch bei der Beklagten gewesen und habe sich beraten lassen. Von Mai 2007 bis April 2008 habe er vom Ersparten gelebt sowie von Mieteinnahmen aus Immobilienbesitz in seiner Heimat, die sich monatlich auf ca 150,00 EUR belaufen hätten. Die Arztkosten wegen eines Arbeitsunfalles im letzten Jahr trage die Berufsgenossenschaft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Klage und Berufung sind nicht deshalb unzulässig, weil über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, denn das vorliegende Verfahren betrifft Zeiträume (01.05.2007 bis 30.04.2008) nach Ende des Insolvenzverfahrens (03.08.2006).

Gegenstand der vorliegenden isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist der Bescheid der Beklagten vom 26.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.07.2009, mit dem die Beklagte die Pflicht des Klägers zur Zahlung von Beiträgen zur GKV auch für die Zeit vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 in Höhe von 1.640,66 EUR festgesetzt hat. Gegen den Bescheid vom 26.05.2008 hat der Kläger mit Schreiben vom 02.06.2008, bei der Beklagten am 05.06.2008 eingegangen, Widerspruch erhoben. Er hat zwar sein Schreiben nicht als Widerspruch bezeichnet. Doch ist dem Schreiben eindeutig zu entnehmen, dass er sich gegen die rückwirkende Mitgliedschaft und die Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen für die Zeit vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 wendet. Insoweit ist dieses Schreiben als Widerspruch zu verstehen. Über diesen Widerspruch hat der Widerspruchsausschuss Krankenkasse der Beklagten am 08.07.2009 entschieden. Nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens ist das Vollstreckungsersuchen vom 10.02.2009, auch wenn sich der Kläger hiergegen mit Widerspruch vom 11.03.2009 gewandt und die Beklagte im Widerspruchsbescheid auch hierauf Bezug genommen hat. Denn der Widerspruchsbescheid ist nach dem objektivierten Empfängerhorizont auszulegen (§ 133 BGB). Danach ergibt sich eindeutig, dass sich der Kläger alleine gegen die Beitragsfestsetzung für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 gewandt hat und die Beklagte, die sich in der Begründung des Widerspruchsbescheids auch nur noch auf die Frage des rückwirkenden Beginns der Mitgliedschaft und der daraus folgenden Beitragspflicht beschränkt hat, auch nur hierüber entscheiden wollte. Daher hat die Beklagte - wie das SG zu Recht gesehen hat - mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 nicht über den Vollstreckungsauftrag vom 10.02.2009, sondern über den Beitragsbescheid vom 26.05.2008 entschieden; nur dies ist Gegenstand des Verfahrens. Im Übrigen hat er in der Berufungsschrift ausdrücklich nur die Aufhebung der Beitragsforderung für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 beantragt.

Gegenstand des Verfahrens ist aber auch nur die Frage der Beitragspflicht in der GKV für den streitigen Zeitraum. Zwar hatte die Beklagte mit Bescheid vom 26.05.2008 auch im Namen ihrer Pflegekasse über die Beitragspflicht zur PV in der Zeit vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 entschieden. Auch hatte sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 02.06.2008 auch gegen diese Festsetzungen gewandt. Doch fehlt es insoweit an einem abgeschlossenen Widerspruchsverfahren; die bei der Beklagten angesiedelte Pflegekasse hat bisher nicht über diesen Widerspruch entschieden. Denn der Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 erging ausdrücklich nur durch den "Widerspruchsausschuss Krankenkasse" der Beklagten; der für eine Entscheidung über den gegen die Beitragspflicht zur PV eingelegten Widerspruch zuständige Widerspruchsausschuss der Pflegekasse bzw ein gemeinsamer Widerspruchsausschuss hat gerade nicht entschieden. Auch ist dem Widerspruchsbescheid nicht zu entnehmen, dass er auch im Namen der Pflegekasse ergangen wäre (§ 46 Abs 2 Satz 4 SGB XI). Denn dies wurde weder im Widerspruchsbescheid so ausgeführt noch ergibt sich dies aus anderweitigen Regelungen - insbesondere nicht aus der Satzung der Beklagten bzw deren Pflegekasse (vgl dort § 10). Insoweit reicht es nicht, dass der Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 im Betreff den Entscheidungsgegenstand mit "Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung" bezeichnet hat. Denn der "Widerspruchsausschuss Krankenkasse" ist weder für Entscheidungen über die Beitragspflicht in der PV zuständig (vgl den nach § 10 der Satzung der AOK Pflegekasse bestehenden örtlichen Pflegekassen-Widerspruchsausschuss), noch lässt sich der Begründung des Widerspruchsbescheides, die sich nur mit der Frage der Mitgliedschaft nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V befasst, entnehmen, dass auch über die Mitgliedschaft in der PV bzw über die Beitragspflicht hierzu entscheiden worden wäre. Insbesondere entbindet § 46 Abs 2 Satz 4 SGB XI die Pflegekasse nicht von der Festsetzung der Beiträge mit Außenwirkung (SG Osnabrück, 15.12.2011, S 13 KR 161/11, juris Rdnr 33). Diese Vorschrift ermöglicht bloß die Festsetzung der Pflegeversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge in einem Bescheid durch beide Kassen. Dies setzt aber voraus, dass sowohl die Kranken- als auch die Pflegekasse als erlassende Behörden im gemeinsamen Bescheid aufgeführt werden (SG aaO). Erfolgt dies nicht, müssen sie zumindest in dem Tenor oder in der Begründung des Bescheides als erlassende Behörde erkennbar sein (SG aaO). Insoweit ermächtigt § 46 Abs 2 Satz 4 SGB X die Krankenkassen nicht zu einer Zusammenfassung von intern getroffenen Entscheidungen der beiden Kassen. Dies gilt auch hier, sodass der gegen die Festsetzung der Beitragspflicht zur PV für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 erhobene Widerspruch noch nicht beschieden ist.

Der Kläger hat die Beitragspflicht zur PV für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 auch nicht im Wege einer über den Umfang des Widerspruchsbescheids hinausgehenden Klage zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Er hat vielmehr nur Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 08.07.2009 erhoben. Daraus ist aber gerade nicht zu entnehmen, dass er eine über den Gegenstand des Widerspruchsbescheids hinausgehende Klage erheben wollte. Auch soweit er sich auf den Beitragsbescheid für die Zeit vom 01.05.2007 bis 30.04.2008 bezieht, ist dem nicht zu entnehmen, dass er damit auch die Beiträge zur PV meint, über die die Pflegekasse der Beklagte keine Widerspruchsentscheidung getroffen hatte. Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger nur Bezug genommen auf die "Krankenkassenbeiträge". Sind die Beiträge zur PV nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, musste dieses auch nicht zur Nachholung einer Widerspruchsentscheidung ausgesetzt werden.

Nicht Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid der Beklagten vom 24.09.2008 über das Ruhen des Leistungsanspruchs in der Krankenversicherung. Dieser Bescheid betrifft nicht die vorliegend allein streitige Frage, ob der Kläger in der Zeit vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 Mitglied der Beklagten war und deshalb Beiträge zu bezahlen hat. Regelungsgegenstand des Bescheids vom 24.09.2008 ist vielmehr das Ruhen des Leistungsanspruchs in der Krankenversicherung für die Zeit ab dem 01.10.2008. Damit ändert die Regelung des Bescheids vom 24.09.2008 keine Regelung des Bescheids vom 26.05.2008; er ist nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden (§ 86 SGG) und damit auch nicht Gegenstand des Klageverfahrens.

Ebenfalls nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 26.05.2008 geworden (§ 86 SGG) und damit nicht Gegenstand des Klageverfahrens ist das Schreiben der Beklagten vom 16.06.2008, mit dem die Beklagte das Begehren des Klägers um einen Verzicht auf die zuvor geltend gemachten Beiträge abgelehnt hat. Dabei handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine Mitteilung über die Voraussetzungen einer Niederschlagung von Beitragsforderungen. Im Übrigen ändert oder ersetzt die Ablehnung eines Verzichts auf Beiträge keine Regelung des Beitragsbescheids vom 26.05.2008. Sofern es sich bei diesem Schreiben um einen Verwaltungsakt handelt, setzt dieser das Bestehen der im Bescheid vom 26.05.2008 festgesetzten Beitragspflicht voraus und enthält auf dieser Grundlage lediglich eine Regelung darüber, ob bzw wie eine bestehende Forderung durchgesetzt bzw ob auf sie ganz bzw teilweise verzichtet wird. Insoweit handelt es sich gegenüber einem Verwaltungsakt, der eine Beitragsforderung festsetzt, um eine andere Regelung; gleiches gilt für den Fall der Ablehnung einer Stundung oder eines Verzichts.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Der Kläger hat der Beklagten wegen seiner Mitgliedschaft bei dieser in der Zeit vom 01.05.2007 bis zum 30.04.2008 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 1.640,66 EUR zu bezahlen. Über Säumniszuschläge hat die Beklagte nicht mit einem in das vorliegende Widerspruchs- oder Klageverfahren einbezogenen Bescheid entschieden, sodass der Senat hierzu keine Entscheidung zu treffen hat.

Nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in der seit 01.04.2007 geltenden Fassung sind kraft Gesetzes Personen versicherungspflichtig, die Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und (a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder (b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in § 5 Abs 5 SGB V oder den in § 6 Abs 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Der Kläger gehört zum Personenkreis des § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a) SGB V. Er war zwar arbeitslos, hatte sich aber weder arbeitsuchend noch arbeitslos gemeldet (vgl § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V). Er hat auch keine sonstigen Leistungen bezogen, die Versicherungspflicht begründet hätten (zB § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V). Er war weder in der GKV versicherungspflichtig oder tatsächlich dort freiwillig versichert (§ 9 SGB V). Auch war er in einer privaten Krankenversicherung nicht anderweitig gegen den Krankheitsfall versichert. Der Kläger war daher ohne Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Der Senat kann offen lassen, ob das Bestehen des Beitrittsrechts zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 9 SGB V oder erst eine tatsächlich begründete Mitgliedschaft in der freiwilligen Krankenversicherung nach § 9 SGB V eine Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V allgemein, nur für die ersten drei Monate (vgl § 9 Abs 2 SGB V) oder überhaupt nicht ausschließt (vgl zu diesem Problem das obiter dictum in BSG, 12.01.2011, B 12 KR 11/09 R, BSGE 107, 177-184 = SozR 4-2500 § 5 Nr 13 = juris Rdnr 12). Denn zu dem Zeitpunkt, als der Kläger eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V angezeigt hat, bestand kein Anspruch mehr auf Beitritt zur gesetzlichen Krankenversicherung. Der Senat hält die Regelung in § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V nicht für verfassungswidrig; auch hat die Beklagte dem Kläger angeboten, nachgewiesene Kosten einer Krankenbehandlung zu erstatten. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten hatte mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland begonnen (§ 186 Abs 11 Satz 1 SGB V), mithin am 01.05.2007, sie dauerte zumindest bis 30.04.2008, denn Beendigungstatbestände iSd § 190 Abs 13 SGB V sind in der Zeit bis 30.04.2008 nicht eingetreten.

Nach § 223 Abs 1 SGB V sind Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen. Für nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V Versicherungspflichtige ist im SGB V nichts Abweichendes bestimmt (vgl zB §§ 224, 225 SGB V). Damit hat der Kläger, der seit 01.05.2007 Mitglied der Beklagte war, Beiträge zu bezahlen. Diese berechnen sich nach § 227 iVm § 240 SGB V. Die Beklagte hat die Beiträge zutreffend nach der Mindestbemessungsgrundlage (§ 240 Abs 4 Satz 1 SGB V) berechnet (dazu vgl Entscheidung des Senats vom 16.08.2011, L 11 KR 3165/10, juris Rdnr 32 ff).

Zur Vermeidung von unbilligen Härten wegen Beitragsnachforderungen bei verspäteter Aufdeckung der Versicherungspflicht sieht allerdings § 186 Abs. 11 Satz 4 SGB V vor, dass die Krankenkasse in ihrer Satzung vorzusehen hat, dass der nachzuzahlende Betrag angemessen ermäßigt, gestundet oder niedergeschlagen werden kann. Diese Regelung ist von der Beklagten durch § 21b ihrer Satzung umgesetzt worden. Eine darauf beruhende, von der Beklagten als antragsabhängig angesehene Entscheidung ist von der Beklagten im Bescheid vom 16.06.2008 getroffen worden. Dieser Bescheid ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen einer Ermessensentscheidung über die Ermäßigung der Beiträge in der streitigen Zeit nach § 168 Abs 11 Satz 4 SGB V iVm § 21b Satz 3 der Satzung der Beklagten schon deswegen nicht vor, weil der Kläger bei Eintritt der Versicherungspflicht gem § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung hatte, dieses aber bewusst nicht genutzt hat. Die Beklagte hat im Verfahren glaubhaft angegeben, den Kläger hierüber belehrt zu haben; der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sogar angegeben, wegen einer Beratung bei der Beklagten gewesen zu sein. Im Übrigen hat der Kläger bislang auch nicht dargelegt, dass er aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, das Vorliegen der Voraussetzungen der Versicherungspflicht erst nach dem 01.05.2007 angezeigt hat; er hat auch auf Nachfrage überhaupt keine Gründe angegeben, weshalb er sich erst im Jahr 2008 wieder bei der Beklagten gemeldet hat.

Eine Stundung (auch iSd § 76 SGB V) hatte der Kläger bislang nicht beantragt, die Beklagte aber - ohne Reaktion seitens des Klägers im Klageverfahren (vgl deren Schriftsatz vom 17.06.2010) - angeboten; auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist eine vergleichsweise Stundung und Ratenzahlungsabrede nicht zustande gekommen, da sich der Kläger nur dazu in der Lage sah, für alle noch offenen Forderungen höchstens ein Jahr lang monatlich 50 EUR zu zahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass der Kläger in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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