L 7 SO 509/12 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 216/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 509/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Senat geht zugunsten des Antragstellers von der Statthaftigkeit der auch ansonsten zulässigen Beschwerde gem. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aus. Die Beschwerde ist jedenfalls in der Sache nicht begründet. Das Sozialgericht (SG) hat das Begehren des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutz, den Antragsgegner zur Übernahme von Kosten für Kehr- und Winterdienst zu verpflichten, zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit - wie hier - nicht ein Fall des Abs. 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Beides sind gleichberechtigte Voraussetzungen, die ein bewegliches System darstellen: Je nach Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache können die Anforderungen an den Anordnungsgrund geringer sein und umgekehrt. Völlig entfallen darf hingegen keine der beiden. Dementsprechend sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch im Hinblick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind dann in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes ergebenden Gebotes der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruches auf effektiven Rechtsschutz unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 6. September 2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - beide (juris) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 4. April 2008 - L 7 AS 5626/07 ER-B - und vom 11. Juni 2008 - L 7 AS 2309/08 ER-B - beide (juris)).

Unter Beachtung dieser Maßstäbe fehlt es bereits an einem Anordnungsanspruch i.S.e. materiell-rechtlichen Leistungsanspruches. Der alleinstehende Antragsteller ist grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Vielmehr gewährt der Antragsgegner dem Antragsteller laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung einschließlich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Der geltend gemachte Bedarf könnte unter die Leistungen für Unterkunft und Heizung zu rechnen sein. Denn der Antragsteller ist mietvertraglich verpflichtet, den Kehr- und Winterdienst im vorgegebenen Rhythmus zu übernehmen (vgl. Schreiben des Vermieters vom 5. November 2011). Ist der Hilfebedürftige aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, seiner mietvertraglichen Pflicht in eigener Person nachzukommen, und daher darauf angewiesen, hierfür einen Dritten gegen Entgelt zu beauftragen, könnten dies notwendige, mit der Anmietung der Unterkunft verbundene Kosten sein. Ob diese - gesundheitlichen - Voraussetzungen beim Antragsteller tatsächlich vorliegen, kann hier offenbleiben. Denn Leistungen für die Unterkunft werden nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (höchstens) in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Solche tatsächlichen Aufwendungen bestehen aber vorliegend (noch) nicht. Der Antragsteller ist eine entsprechende vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten bislang nicht eingegangen; allein der Mietvertrag begründet insoweit noch keine konkreten Kosten. Der Senat kann offenlassen, ob ein konkretes Vertragsangebot ausreichen würde, denn auch ein solches liegt bislang nicht vor. Der Antragsteller hat dies auf entsprechende Nachfrage des Senats ausdrücklich bestätigt. Auch Kostenvoranschläge wurden nicht eingeholt. Ohne ein zumindest hinreichend konkretisiertes Angebot kann mangels Kenntnis der zu erwartenden Kosten noch nicht einmal geprüft werden, ob sich die Kosten der Unterkunft dann insgesamt noch im Rahmen des Angemessenen gem. § 35 Abs. 2 SGB XII halten. Da auch andere denkbare Anspruchsgrundlagen (z.B. Hilfe zur Pflege) nicht auf die Gewährung einer Sachleistung, sondern nur auf Kostenübernahme gerichtet sind, fehlt es derzeit an einem Anordnungsanspruch.

Soweit der Antragsteller im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Feststellung begehrt, dass der Antragsgegner für "alle Schadensfälle, die durch die unterlassenen Kehr- und Winterdienste verursacht werden", hafte, fehlt es zumindest an der notwendigen Eilbedürftigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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