L 5 R 4693/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 515/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4693/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.2.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Begrenzung ihrer Hinterbliebenen- und Altersrente nach Maßgabe des § 22b Fremdrentengesetz (FRG).

Die 1934 geborene Klägerin, Spätaussiedlerin i. S. d. § 4 Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetz (BVFG), ist am 14.12.1996 aus U. nach D. zugezogen. Ab 14.12.1996 wurde ihr von der LVA (Rechtsvorgängerin der Beklagten) Altersrente für Frauen bewilligt. Der Rentenberechnung wurden 25,0000 Entgeltpunkte zugrunde gelegt.

Am 23.12.1996 beantragte die Klägerin die Gewährung von Hinterbliebenenrente (Witwenrente) aus der Versicherung ihres (1930 geborenen und) 1995 (in U.) verstorbenen Ehemannes A. Ch.

Mit Bescheid vom 30.7.1998 gewährte die LVW der Klägerin große Witwenrente. In dem Bescheid ist ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf diese Rente. Die Rente werde ab 14.12.1996 (Rentenbeginn) aber nicht gezahlt. Ein Rentenzahlbetrag ergebe sich nicht, weil die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG vorrangig in der Altersrente der Klägerin zu berücksichtigen seien. Im beigefügten Versicherungsverlauf des Ehemanns der Klägerin sind nur nach dem FRG bewertete Zeiten (FRG-Zeiten) sowie 24 Monate Vertreibung/Flucht (1.1.1945 bis 31.12.1946) gespeichert. Insgesamt ergaben sich 26,0036 (persönliche) Entgeltpunkte; ohne Berücksichtigung von FRG-Zeiten ergaben sich keine Entgeltpunkte. Die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG betrugen 26,0036. Ergänzend heißt es in dem Rentenbescheid, die Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG überstiegen den Höchstwert von 25. Die Entgeltpunkte nach dem FRG seien daher auf 25 Entgeltpunkte zu begrenzen. Für die Hinterbliebenenrente ergäben sich (im Hinblick auf die Berechnung der Altersrente aus 25 FRG-Entgeltpunkten) keine nach dem FRG zu berücksichtigenden Entgeltpunkte. Damit ergäben sich auch keine persönlichen Entgeltpunkte für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente.

Am 9.4.2002 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Mit Bescheid vom 4.7.2002 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab; dem (der Klägerin günstigen) Urteil des BSG vom 30.8.2001 (- B 4 RA 118/00 -) werde über den Einzelfall hinaus nicht gefolgt. Der Bescheid ist bestandskräftig.

Am 28.6.2004 stellte die Klägerin erneut einen Überprüfungsantrag. Ihr sei Hinterbliebenenrente bewilligt, aber nicht ausgezahlt worden; das sei nicht zulässig.

Mit Bescheid vom 26.7.2004 lehnte die Beklagte auch diesen Überprüfungsantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, der Gesetzgeber habe mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz (RVNG v. 21.7.2004, BGBl. I S. 1791) rückwirkend zum 7.5.1996 klargestellt, dass der Höchstwert aller Renten bei einem (FRG-)Berechtigten mit Anspruch auf eine eigene Versichertenrente und auf eine Hinterbliebenenrente auf 25 Entgeltpunkte begrenzt werde.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, sie habe die Hinterbliebenenrente bereits vor Inkrafttreten des RVNG geltend gemacht, weswegen dieses Gesetz gem. § 300 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht anzuwenden sei. Außerdem berufe sie sich auf Vertrauensschutz und die Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitssatz) und Art. 14 GG (Eigentumsschutz). Sie begehre nicht die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente, sondern deren Auszahlung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.1.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit einem am 12.1.2005 zur Post gegebenen Brief bekannt gegeben.

Am 14.2.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Freiburg. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen.

Mit Urteil vom 10.2.2006 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Bescheid vom 30.7.1998 sei rechtmäßig und deswegen im Überprüfungsverfahren (§ 44 SGB X) nicht aufzuheben. Er entspreche der Bestimmung in § 22b FRG i. d. hier maßgeblichen – auch im Hinblick auf die rückwirkende Inkraftsetzung zum 7.5.1996 verfassungsmäßigen – Fassung des RVNG; die Begrenzung auf 25 Entgeltpunktet gelte auch für das Zusammentreffen von Alters- und Hinterbliebenenrente.

Gegen das ihr am 16.2.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.3.2006 Berufung eingelegt (Verfahren L 5 R 1495/06). Mit Beschluss vom 21.12.2006 ist das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

Am 30.9.2010 hat die Beklagte das Verfahren wieder angerufen (Verfahren L 5 R 4693/10); die streitigen Rechtsfragen seien nunmehr vom BVerfG (Beschl. v. 21.7.2010, - 1 BvL 11/06 - a.) entschieden worden.

Die Klägerin trägt vor, die rückwirkende Inkraftsetzung des § 22b FRG n.F. verstoße gegen den Eigentumsschutz nach Art.14 GG. Der Rentenbescheid vom 30.7.1998 sei bereits vollzogen gewesen und hätte zum 1.10.1999 nur unter Beachtung des Vertrauensschutzes nach Maßgabe der §§ 48 ff. SGB X geändert werden dürfen. Seinerzeit habe noch § 22b FRG a.F. gegolten. Aus § 300 SGB VI folge, dass die rückwirkende Gesetzesänderung unbeachtlich sei und es bei der durch bestandskräftigen Bescheid bewilligten Hinterbliebenenrente bleiben müsse.

Die Beklagte trägt vor, man habe nicht in bereits realisierte Ansprüche eingegriffen, sondern von vornherein die Auffassung vertreten, dass sich bei der Hinterbliebenenrente der Klägerin im Hinblick auf § 22b FRG kein zahlbarer Betrag ergebe.

Am 13.7.2011 fand eine Erörterungsverhandlung statt. Die Klägerin wies auf Ersatzzeiten ihres verstorbenen Ehemanns vom 1.1.1945 bis 31.12.1946 (pauschale Vertreibungszeit als Ersatzzeit) hin. Es bestehe eine Ungleichbehandlung zweier Gruppen. Die erste Gruppe, wie ihr verstorbener Ehemann, sei an der Einreise nach D. und der Zurücklegung von Beitragszeiten nach dem SGB VI gehindert gewesen, während andere die pauschale Vertreibungszeit (Ersatzzeit) mit Beitragszeiten nach SGB VI hätten auffüllen können. Die Anwendung des § 22b RFG n.F. auf die Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann benachteilige sie daher in willkürlicher Weise, da dessen Vertreibungsschicksal nicht angemessen berücksichtigt werde.

Die Klägerin hat abschließend geltend gemacht, das BSG habe über FRG-Rentenansprüche von Personen entschieden, die selbst den Tatbestand des § 250 SGB VI erfüllt hätten. Es müsse aber noch die Rechtslage von FRG-Berechtigten geklärt werden, die bis zum Zerfall der S. bzw. bis 1964 unverschuldet nicht nach D. hätten einreisen können. Sie und ihr Ehemann (für den Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI vorlägen) gehörten zu einer Gruppe von Personen, die gegen ihren Willen außerhalb D. festgehalten worden seien und die ihre Ansprüche als Verschleppte, Verfolgte oder Vertriebene bzw. Spätaussiedler erst nach Heimschaffung oder Heimkehr bzw. Wohnsitznahme in D. – nach dem Stichtag 7.5.1996 - hätten geltend machen können. Für solche FRG-Berechtigte dürfe der genannte Stichtag nicht maßgeblich sein, da andernfalls einem großen Teil von FRG-Berechtigten Ansprüche genommen würden, ohne dass sie das durch eigenes Handeln hätten verhindern können. Das wäre mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Die Stichtagsregelung habe die Sondersituation der damals noch an der Einreise nach D. gehinderten FRG-Berechtigten nicht ausreichend berücksichtigt; man hätte Übergangsregelungen vorsehen müssen. Außerdem würden bestimmte FRG-Berechtigte durch das d.-p. Versicherungsabkommen und den Einigungsvertrag begünstigt. Man verkürze ihre FRG-Rentenansprüche letztendlich deshalb, weil sie unverschuldet nicht bis zum maßgeblichen Stichtag nach D. habe einreisen können.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 10.2.2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2005 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 30.7.1998 abzuändern und ihr Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann ohne Anwendung der Begrenzungsvorschrift in § 22b Abs. 1 Satz FRG (n. F.) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die ergangenen Bescheide für rechtmäßig.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligen wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin begehrt im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X, den Rentenbescheid vom 30.7.1998 abzuändern und ihr (die dem Grunde nach anerkannte) Hinterbliebenenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann ohne Anwendung der Begrenzungsregelung in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG (n. F.) zu zahlen. Die Beklagte hat das zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt.

Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen für die Rücknahme des Rentenbescheids vom 30.7.1998 sind hinsichtlich der Rentenhöhe nicht erfüllt. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte bei Erlass dieses Bescheids (spätestens bei seiner Bekanntgabe i. S. von § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X) das Recht richtig angewandt hat. Denn sie hat jedenfalls die Hinterbliebenenrente zu Recht nicht ausgezahlt.

Selbst wenn die Beklagte das bei Erlass des Bescheids vom 30.7.1998 geltende Recht fehlerhaft angewandt hätte, würde dies keinen Rücknahmeanspruch der Klägerin begründen. Denn maßgeblich ist insoweit das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, soweit es auch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses umfasst. Hat sich das Recht während des anhängigen Rechtsstreits rückwirkend geändert, so ist das neue Recht im Berufungsverfahren (und auch in einem Revisionsverfahren) zu beachten. § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. ist zunächst mit Art. 9 Nr. 2 i. V. m. Art. 15 Abs. 3 RVNG rückwirkend zum 7.5.1996 durch eine Neufassung (§ 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F.) ersetzt worden, wonach für anrechenbare Zeiten nach dem FRG für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (ab 1.1.2005: der allgemeinen Rentenversicherung) zugrunde gelegt werden. Bereits zuvor hatte Art. 12 Nr. 2 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998) ebenfalls mit (Rück-)Wirkung zum 7.5.1996 § 22b Abs. 1 Satz 3 FRG angefügt, wonach Entgeltpunkte aus der Rente mit einem höheren Rentenartfaktor vorrangig zu berücksichtigen sind (BSG, Urt. v. 20.7.2011, - B 13 R 39/10 R -).

Danach gilt hier Folgendes: Die Entgeltpunkte aus der Altersrente der Klägerin sind vorrangig zu berücksichtigen. Denn der Rentenartfaktor der persönlichen Entgeltpunkte bei dieser Rentenart (§ 35 SGB VI) ist mit 1,0 höher (§ 67 Nr. 1 SGB VI) als der Rentenartfaktor bei der großen Witwenrente nach Ablauf des sog Sterbevierteljahres für persönliche Entgeltpunkte in der allgemeinen Rentenversicherung gem. § 67 Nr. 6 SGB VI in Höhe von 0,6 (ab 1.1.2002: 0,55). Da aber bei der Altersrente bereits 25 Entgeltpunkte für anrechenbare Zeiten nach dem FRG zu berücksichtigen waren, war damit schon die Höchstzahl an Entgeltpunkten erreicht, die § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. für ein Zusammentreffen von Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes zulässt. Folglich war für die große Witwenrente kein (zahlbarer) Monatsbetrag der Rente (§ 64 SGB VI) festzustellen. Im Ergebnis ist die Klägerin damit lediglich Inhaberin eines "leeren Rechts" auf Witwenrente und bleibt auf die Rente aus eigener Versicherung beschränkt. Übergangsregelungen waren zur Umsetzung der Neufassung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG nicht erforderlich (BSG, Urt. v. 20.7.2011, a. a. O.).

Die Klägerin kann sich nicht auf die Regelung des § 300 Abs. 2 SGB VI berufen, wonach a. durch Neuregelungen innerhalb des SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Monaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist. Hieraus kann sie nicht herleiten, dass ihr Anspruch auf Witwenrente weiterhin nach § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG a. F. zu beurteilen sei, weil sie diesen bereits vor Verkündung des RVNG geltend gemacht habe. Dies gilt schon deshalb, weil "Aufhebung" i. S. von § 300 Abs. 2 SGB VI den - auch rückwirkenden - Zeitpunkt des Außerkrafttretens der alten und des Inkrafttretens der neuen Vorschrift meint, hier also, nach Art. 15 Abs. 3 RVNG, den 7.5.1996. Die Klägerin hatte aber am 7.5.1996 (noch) keinen Anspruch auf Witwenrente. Ihr Witwenrentenanspruch ist dem Grunde nach erst mit ihrem Zuzug am 14.12.1996 entstanden. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 6 § 4 Abs. 4a des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG), der seit dem 1.1.2001 in Kraft ist und speziell für das FRG - im Wesentlichen wortgleich mit § 300 Abs. 3 SGB VI - das Folgende regelt: Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften des FRG maßgebend, die bei erstmaliger Feststellung der Rente anzuwenden waren, soweit § 317 Abs. 2a SGB VI nichts anderes bestimmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind vorliegend offensichtlich nicht erfüllt, da vor Inkrafttreten des anzuwendenden Rechts am 7.5.1996 weder eine derartige Rente an die Klägerin geleistet wurde noch aus diesem Grund EP "neu" zu ermitteln waren (auch dazu BSG, Urt. v. 20.7.2011, a. a. O.).

Die rückwirkende Inkraftsetzung des § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. zum Stichtag 7.5.1996 durch Art. 15 Abs. 3 RVNG ist verfassungsgemäß. Das hat das BVerfG mit Beschluss vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369, 388 f.) auf Vorlagebeschlüsse des BSG - mit Gesetzeskraft (§ 13 Nr. 11 i. V. m. § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) - entschieden; daran ist der Senat gebunden (vgl. näher BSG, Urt. v. 20.7.2011, a. a. O.). Die Einwendungen der Klägerin gegen die Stichtagsregelung (7.5.1996) gehen daher ins Leere. Sie sind nach Auffassung des Senats im Übrigen auch nicht berechtigt. Der Gesetzgeber musste keine Sonder- bzw. Übergangsregelung für Personen vorsehen, die (wie der bereits 1995 verstorbene Ehemann der Klägerin) vor dem genannten Stichtag (7.5.1996) nicht nach D. einreisen und die ihre FRG-Zeiten auch nicht durch Beitragszeiten nach dem SGB VI ergänzen konnten. Dem Gesetzgeber steht bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem Fremdrentenrecht ein weiter Gestaltungsspielraum zu, den er mit den hier maßgeblichen Regelungen gewahrt hat. Diese sind weder willkürlich noch unverhältnismäßig, zumal ein Eigentumsschutz nach Art. 14 GG nicht in Rede steht (BSG, Urt. v. 20.7.2011, a. a. O.; auch BVerfG, Beschl. v. 13.6.2006, - 1 BvL 9/00 -).

Das BVerfG hat im Beschluss vom 21.7.2010 (a. a. O.) auf eine Verfassungsbeschwerde hin ebenfalls entschieden, dass die Regelung in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. ihrerseits mit dem GG in Einklang steht (BVerfGE 126, 369, 391 ff.). Dem hat sich das BSG angeschlossen (Urt. v. 20.7.2011, a. a. O.). Auch der Senat hält § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. für verfassungsmäßig. Ob (was das BVerfG offengelassen hat) anderes gelten müsste, wenn ein Hinterbliebenenrentenanspruch sowohl auf Zeiten nach dem FRG als auch auf Beitragszeiten in einer d. Rentenversicherung beruhen würde, mag dahin stehen, da der verstorbene Ehemann der Klägerin in D. Beitragszeiten nicht erworben hat; er hat sein Herkunftsland nicht verlassen hat und ist dort verstorben.

Der Hinterbliebenenrentenanspruch der Klägerin beruht (dem Grunde nach) allein auf Zeiten nach dem FRG. Auch die Berücksichtigung von Ersatzzeiten (pauschale Vertreibungszeiten) ändert daran nichts. Zwar ist es zutreffend, dass Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) als solche keine FRG-Zeiten sind. Eine rentenrechtliche Bewertung der Ersatzzeiten des verstorbenen Ehemannes der Klägerin ergibt sich aber allein aufgrund seiner FRG-Beitragszeiten. Denn die für die Hinterbliebenenrente ermittelten Gesamt-Entgeltpunkte von 26,0036 sind identisch mit den "Entgeltpunkten einer Rente mit anrechenbaren Zeiten nach dem FRG" i. S. des § 22b Abs. 2 FRG, weil sich ohne Berücksichtigung der anrechenbaren Zeiten nach dem FRG im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der Ersatzzeiten als beitragsfreie Zeiten (§ 54 Abs. 4 i. V. m. § 71 Abs. 1 SGB VI) ein Gesamtleistungswert von Null und somit auch 0 Entgeltpunkte für die Ersatzzeiten ergibt mit der Folge, dass allein aus den Ersatzzeiten des verstorbenen Ehemanns der Klägerin kein Zahlungsanspruch resultieren kann.

Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei von der Beklagten eine große Witwenrente durch bestandskräftig gewordenen Bescheid bewilligt worden, aus dem auch die Zahlung der Witwenrente erfolgen müsse, trifft dies nicht z Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt mit dem Bescheid vom 30.7.1998 einen Zahlungsanspruch in Form eines Verwaltungsakts festgestellt (vgl. § 117 SGB VI). Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 21.7.2010 (BVerfGE 126, 369) eine verfassungsrechtliche Bewertung hinsichtlich solcher Personen, denen bereits eine Hinterbliebenenrente ohne die Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte bestandskräftig gewährt wurde, ausdrücklich offen gelassen. Die Klägerin unterfällt aber nicht dem zuletzt genannten Personenkreis. Denn die mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 30.7.1998 dem Grunde nach anerkannte große Witwenrente hatte die Beklagte von vornherein in gleicher Weise auf 25 Entgeltpunkte begrenzt, wie dies später in § 22b Abs. 1 Satz 1 FRG n. F. (rückwirkend ab 7.5.1996) ausdrücklich angeordnet worden war. Mithin ist auch der Klägerin im Sinne der Entscheidung des BVerfG nie bestandskräftig eine Hinterbliebenenrente ohne Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte gewährt worden (auch dazu BSG, Urt. v. 20.7.2011, a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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