L 13 AS 5437/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 5799/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 5437/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. Dezember 2011 aufgehoben, die aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid des Antragsgegners vom 27. September 2011 angeordnet und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung für das erstinstanzliche Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bewilligt und Rechtsanwalt Es. beigeordnet.

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für beide Rechtszüge zu erstatten.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und Rechtsanwalt Es. beigeordnet.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Beschwerde ist statthaft und auch frist- und formgerecht (§§ 172, 173 SGG) eingelegt worden. Sie ist auch begründet; das Sozialgericht Stuttgart (SG) hat zu Unrecht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Der Antrag des rechtsanwaltlich vertretenen Beschwerdeführers war -wie das SG zutreffend dargestellt hat- dahingehend auszulegen, dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid des Antragsgegners vom 27. September 2011 begehrt wird. Denn damit bleibt der Bewilligungsbescheid des Antragsgegners vom 9. September 2011 in Kraft, der dem Antragsteller 759 EUR monatlich bewilligt hat; eines Erlasses einer einstweiligen Anordnung bedarf es nicht.

Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen für die begehrte Anordnung wird auf den zutreffenden Beschluss des SG verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Der auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II gestützte Sanktionsbescheid kann sich als rechtswidrig erweisen, so dass unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs -dem Antragsteller wurde das Arbeitslosengeld II ganz entzogen- die aufschiebende Wirkung anzuordnen war. So ist bereits zweifelhaft, ob die in der Eingliederungsvereinbarung vom 1. April 2011 festgelegte, inzident zu prüfende (vgl. Münder, Kommentar zum SGB II, 4. Auflage, § 31 SGB II Rdnr. 18 ff.) Obliegenheit, sich "um den Erhalt und um die Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses aktiv zu bemühen", hinreichend bestimmt (vgl. Münder, a.a.O.) ist. Jedenfalls ist -sollte es zu einem Hauptsacheverfahren kommen- durch Vernehmung von Zeugen zu klären, ob der Antragsteller den Versuch eines Diebstahls bei der Großmetzgerei Kübler GmbH begangen hat oder nicht; nur wenn ein versuchter Diebstahl erwiesen ist, wird man eine schuldhafte (vgl. Münder, a.a.O., Rdnr. 20, m.w.N.) Obliegenheitsverletzung annehmen, ein " Bemühen " im Sinne der vereinbarten Obliegenheit verneinen können, wobei dann auch eine gesetzliche Konkurrenz zu § 31 Abs. 2 Nr. 4 SGB II zu klären ist (vgl. Münder, a.a.O. Rdnr. 98 ff.). Der Arbeitgeber, die L. GmbH Personaldienstleistungen, selbst konnte den Versuch eines Diebstahls nicht bezeugen, sondern in seiner Auskunft vom 27. September 2011 lediglich vom " Hörensagen " berichten, ohne einen Zeugen zu benennen. Zur Klärung des Vorwurfes, der Antragsteller habe einen versuchten Diebstahl begangen, gehört auch, ob es den Mitarbeitern erlaubt oder ihnen gegenüber geduldet war, kleinere Mengen mit nach Hause zu nehmen, zumal die Mitarbeiter -auch nach Angaben des Arbeitgebers- dort kostenfrei essen und trinken konnten und -nach den Angaben des Antragstellers- ein Mitarbeiter ihm ausdrücklich die Mitnahme des Nahrungsmittels erlaubt hat, und ob der Antragsteller mehr als erlaubt/geduldet mitnehmen wollte. Der Antragsteller bestreitet den Vorwurf des versuchten Diebstahls, er habe nicht die Absicht gehabt, " rucksackweise" Fleisch mitzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei hat der Senat insbesondere berücksichtigt, dass der Antragsteller mit seinem Begehren, die monatlich bewilligten 759 EUR ausgezahlt zu bekommen -wenngleich aufgrund anderer Rechtsgrundlage- durchgedrungen ist.

Da die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. § 114 ZPO) bietet (s.o.) und nicht mutwillig erscheint, eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich und der Antragsteller bedürftig im Sinne des Vorschriften über die Prozesskostenhilfe ist (s. die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 7. Oktober 2011 und der Arbeitslosengeld-II- Bewilligungsbescheid vom 9. September 2011), war dem Antragsteller für beide Instanzen Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt Es. beizuordnen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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