L 4 R 3438/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 201/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3438/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1964 in der Türkei geborene Kläger, der sich seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, absolvierte von September 1980 bis August 1981 einen Metall-Lehrgang. Im Anschluss daran war er, unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit und einer Inhaftierung, vom 01. März 1982 bis 09. April 2000 als Werkzeugschleifer, Dreher, Fräser und zuletzt als Zahnflankenschleifer versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 10. April bis 08. Mai 2000 bezog er Leistungen eines Sozialleistungsträgers, vom 09. Juni 2000 bis 11. Juni 2001 Arbeitslosengeld und sodann bis 30. Juni 2003 Arbeitslosenhilfe, wobei in der Folge die zunächst bewilligte Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 12. Juni 2001 bis 03. Februar 2003 rechtskräftig aufgehoben und zurückgefordert wurde (Rücknahme der Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg - LSG - L 7 AL 1596/06). Nach dem Gesamtkontospiegel der Beklagten vom 31. August 2011 sind im Anschluss daran vom 07. Juli 2003 bis 17. November 2008 Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Klägers ohne Krankengeldbezug als Anrechnungszeiten gespeichert. Seit 30. September 2003 ist beim Kläger eine Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 anerkannt. Ab 09. August 2006 wurde der GdB auf 60 erhöht. Nach der vom Kläger vorgelegten gutachtlichen Stellungnahme von Dr. H. beträgt der GdB zwischenzeitlich 70.

Im Oktober 1996 erlitt der Kläger bei einem Autounfall ein Schädelhirntrauma und zog sich multiple Prellungen zu. Wegen der Folgen des Unfalls bezieht er von der Berufsgenossenschaft Metall-Süd eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert. Bei einem weiteren im Juli 2003 in der Türkei erfolgten Verkehrsunfall mit einem Motorrad zog sich der Kläger eine Rippenserienfraktur links mit Hämato-Pneumothorax, ein stumpfes Bauchtrauma mit Milzruptur und Nierenkontusion, eine Fibulaschaft-Fraktur und multiple Schürfungen zu. Er befand sich deshalb nach Beendigung der stationären Behandlung vom 19. August bis 16. September 2003 in einer von der Beklagten bewilligten stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der R.-Klinik in B. R., aus der er ausweislich des Entlassungsberichts des Dr. J. vom 24. September 2003 unter Nennung der Diagnosen Polytrauma 07. Juli 2003 (Motorradunfall; u.a. Splenektomie, Nephrektomie links) und Zustand nach Polytrauma 1998 (richtig 1996 -Arbeitsunfall, u.a. Schädelhirntrauma) sowohl für die bisherige Tätigkeit als Zahnflankenschleifer als auch für sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig leistungsfähig entlassen wurde.

Einen am 10. Oktober 2003 gestellten ersten Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (inzwischen: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich: Beklagte) nach Einholung eines Gutachtens des Dr. S., Sozialmedizin, vom 22. Januar 2004 durch Bescheid vom 26. Januar 2004, der sich nicht in den Akten befindet, ab. Der vom Kläger dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2004 zurückgewiesen. Im Klageverfahren beim Sozialgericht Heilbronn (SG; S 3 RJ 2160/04) wurden die behandelnden Ärzte des Klägers als Zeugen gehört. Soweit sie eine Stellungnahme zum Leistungsvermögen des Klägers abgaben, vertraten sie die Auffassung, dass dieser zumindest leichte körperliche Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Mit Urteil vom 22. Mai 2006 wies das SG die Klage ab. Der Kläger legte hiergegen Berufung zum LSG (L 11 R 3197/06) ein und legte ein in seinem Auftrag erstelltes unfallchirurgisches Gutachten des Dr. M., Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, vom 23. August 2006, wonach die Belastbarkeit des Klägers für leichte Arbeiten in Tagesschicht für drei bis unter sechs Stunden anzunehmen sei, sowie ärztliche Bescheinigungen des Arztes für Psychiatrie Dr. G. vom 26. September 2007 und des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. I. vom 05. November 2007 und einen Brief des Dr. M. vom 09. November 2007, ausweislich derer der Kläger jeweils nur noch eine leichte Arbeit von unter drei Stunden täglich verrichten könne, vor. Das LSG zog die den Kläger betreffenden Akten der Berufsgenossenschaft Metall-Süd bei und hörte Dr. I. als sachverständigen Zeugen. Dr. I. vertrat unter dem 06. November 2006 die Auffassung, dass beim Kläger zur Zeit keine Erwerbsfähigkeit gegeben sei. Mit Urteil vom 22. Januar 2008 wies das LSG die Berufung des Klägers zurück. Zur Begründung führte es u.a. aus, dass sich aus der zuletzt noch vorgelegten Bescheinigung des Dr. G. vom 26. September 2007 keine neuen Gesichtspunkte ergäben, die auf ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers ab Rentenantragstellung hinweisen würden. Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf das von ihm veranlasste Gutachten von Dr. M. stützen und auch die Schlussfolgerung des Dr. I., wonach der Kläger keinesfalls sechs Stunden täglich arbeiten könne, vermöge den Senat nicht zu überzeugen. Die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 28. März 2008 (B 13 R 67/08 B) als unzulässig.

Am 25. März 2009 beantragte der Kläger unter Vorlage ärztlicher Bescheinigungen des Dr. G. vom 28. März 2009 (leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von maximal unter drei Stunden täglich zumutbar) und des Dr. I. vom 07. April 2009 (aufgrund seiner Multierkrankungen bestehe bis auf weiteres durchgehende Erwerbsminderung) und eines Attestes des Dr. M. vom 31. März 2009 (Verschlimmerung der Symptomatik, sodass jetzt eine Belastbarkeit des Patienten für unter drei Stunden täglich für leichte Arbeiten anzunehmen sei) erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte beauftragte Sozialmediziner Dr. Ga. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger. Dr. Ga., dem die vom Kläger eingereichten Unterlagen und der Entlassungsbericht des Prof. Dr. H., Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chefarzt Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie S.-Kliniken H., vom 23. Februar 2009 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 19. bis 24. Februar 2009 wegen eines breitbasigen Bandscheibenprolaps medial L4/L5 mit stark ausgeprägter Schmerzsymptomatik vorlagen, diagnostizierte in seinem Gutachten vom 08. Juni 2009 ein Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule (LWS) beim lumbalen Bandscheibenvorfall ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, eine somatisierte Depression und anamnestisch einen Tinnitus am rechten Ohr. Er führte aus, aus dem vorliegenden Entlassungsbericht des Prof. Dr. H. sei ersichtlich, dass die Kernspintomographie einen nur gering ausgeprägten Bandscheibenprolaps im Segment L4/L5, sonst aber keine Hinweise auf einen begleitenden Nervenwurzelschaden ergeben hätten. Der klinische Befund habe sich nach einer konservativen Therapie mit Infusionen gebessert. Der von ihm, Dr. Ga., am 03. Juni 2009 erhobene Untersuchungsbefund zeige keine Verschlechterungstendenz. Auch die übrigen Diagnosen würden im Vergleich mit den Vorbefunden in der Akte keine relevante Verschlechterungstendenz aufweisen. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten ohne häufiges Bücken und Heben, besonderen Zeitdruck, besondere Beanspruchung des Hörvermögens, besondere Anforderungen an Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und besondere Belastungen durch Kälte und Lärm noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Als Zahnflankenschleifer sei er wahrscheinlich nicht mehr einsetzbar. Durch Bescheid vom 12. Juni 2009 lehnte die Beklagte hierauf wiederum eine Rentengewährung ab. Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch stützte der Kläger auf die bereits mit dem Antrag vorgelegten ärztlichen Unterlagen des Dr. G., des Dr. M. und des Dr. I ... Er verwies insbesondere auf die bei ihm vorliegende Wirbelsäulenerkrankung, die Erkrankung auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet und die Beeinträchtigung durch einen Tinnitus und Schwerhörigkeit sowie stärkste Schmerzen, weshalb sein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterhalb von drei, in jedem Fall jedoch unterhalb von sechs Stunden täglich, liege. Die Beklagte hörte hierzu noch einmal Dr. Ga., der in seinen sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 21. Juli und 16. November 2009 bei seiner bisherigen Leistungseinschätzung verblieb. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2009 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Volle, bzw. teilweise Erwerbsminderung liege beim Kläger nicht vor. Der sozialmedizinische Dienst habe sämtliche Unterlagen überprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger, auch unter Berücksichtigung der festgestellten Erkrankungen oder Behinderungen, leichte Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Die Beurteilung durch den sozialmedizinischen Dienst sei schlüssig und nachvollziehbar. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) komme beim Kläger nicht in Betracht, da er nach dem 01. Januar 1961 geboren sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 20. Januar 2010 erneut Klage zum SG. Zur Begründung trug er gestützt auf einen Arztbrief der Fachärzte für Radiologie Wolf und Witt vom 03. November 2009 über eine am selben Tag gefertigte Magnetresonanztomographie (MRT) der LWS (aktivierte Osteochondrose L4/5 mit subdiskalem Wirbelkörperödem, flacher medianer Bandscheibenvorfall L4/5 sowie rechtsbetonte Bandscheibenprotrusion L5/S1) und den Entlassbrief des Prof. Dr. H. vom 04. März 2010 (richtig möglicherweise 2009) über die weitere stationäre Behandlung des Klägers vom 26. Februar bis 05. März 2010 (richtig möglicherweise 2009) (Diagnosen: Bandscheibendegeneration und Protrusion L4/5 und Einengung der Neuroforamina, erosive Osteochondrose L4/5; keine Besserung der Beschwerden durch Facetteninfiltration und epidurale Infiltration), insbesondere vor, dass sich bei ihm auf orthopädischem Fachgebiet eine massive Verschlechterung eingestellt habe.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und eine im Laufe des Verfahrens vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahme des Sozialmediziners Dr. Sc. vom 02. Mai 2011 entgegen.

Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Orthopäde Dr. N. gab unter dem 19. März 2010 an, dass sich der Kläger bei ihm erstmalig am 01. Oktober 2009 und zuletzt am 21. Januar 2010 vorgestellt habe. Er habe bei ihm eine Lumbalgie, einen Bandscheibenvorfall L4/L5 und Bandscheibenvorwölbung L5/S1, ein chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule und eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Der klinische Eindruck und der Kernspinbefund suggerierten, dass der Kläger nur unter Schmerzen Heben und Tragen, Zwangshaltungen und Arbeiten in kaltem und feuchtem Ambiente durchführen könne. Eine leichte Tätigkeit, ohne Zwangshaltungen und ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg könne der Kläger aber noch sechs Stunden täglich verrichten. Dr. N. fügte seiner Auskunft den Arztbrief des Prof. Dr. Sch., Leiter der Schmerztherapie des Universitätsklinikums H., vom 05. Februar 2010, wonach die geschilderten Beschwerden des Klägers mit den erhobenen körperlichen, apparativen und anamnestischen Befunden nur unzureichend zu erklären seien und nach Abschluss des Rentenverfahrens um eine Wiedervorstellung in der Schmerzambulanz gebeten werde, und den Arztbrief der Prof. Dr. T. und Dr. F. über die LWS-MRT vom 19. Februar 2009 (aktivierte Spondylose L4/L5 mit gering ausgeprägtem medialem Bandscheibenvorfall) bei. Dr. G. bekundete (Auskunft vom 23. März 2010) beim Kläger liege eine atypische Depression, eine Somatisierungs- und Anpassungsstörung, ein Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma III. Grades und ein Tinnitus aurium vor. Aufgrund der bestehenden depressiven Störung mit Symptomatik halte er eine berufliche Tätigkeit ohne Zeitdruck und wesentliche körperliche Belastungen allenfalls stundenweise, maximal drei Stunden am Tag, für möglich. Dr. I. führte unter dem 31. März 2010 aus, dass sich aufgrund des Prolaps L4/L5 eine zusätzliche schwere Einschränkung des gesamten klinischen Bildes des Klägers ergebe. Aus seiner Sicht sei eine volle Erwerbsminderungsrente gegeben. Er fügte seiner Auskunft Arztbriefe aus den Jahren 2008 bis 2010 bei. Chirurg Dr. A., Klinikum am P., berichtete unter dem 16. April 2010 über die stationären Aufenthalte vom 19. bis 24. Februar 2009 und vom 26. Februar 2010 (richtig möglicherweise 2009) bis 05. März 2010 (richtig möglicherweise 2009). Nach entsprechender Umschulung werde der Kläger vermutlich eine entsprechende Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden täglich verrichten können.

Sodann erhob das SG ein Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. Wo ... Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 26. Juli 2010, aus dem keine Anhaltspunkte im Hinblick auf Verständigungsschwierigkeiten hervorgehen, einen Zustand nach Verkehrsunfällen 1996 und 2003 mit Schädel-Hirn-Trauma bzw. Bauchtrauma, ein LWS-Syndrom beidseits bei sensibler Symptomatik L4 bis S1 rechts, eine Ausgestaltung und Aggravation von Beschwerden im Rahmen einer Rentenerwartungshaltung und einen geklagten Tinnitus rechts. Ohne Gefährdung der Gesundheit sei der Kläger noch in der Lage, im zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Im Übrigen könne er auch leichte Tätigkeiten mit Ausschluss von schwerem Heben und Tragen sowie Zwangshaltungen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Dr. M. das Gutachten vom "23. Februar 2011". Danach war das Gangbild des Klägers bei der ausweislich des Gutachtens am 24. Februar 2011 durchgeführten Untersuchung leicht und locker ohne Schonhinken. Die grob orientierende internistische Untersuchung ergab einen altersentsprechenden Normalbefund. Es bestand ein Beckenschiefstand von 2 cm links und eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Wirbelsäule, wobei das Schober’sche Zeichen mit 10 zu 15 cm gemessen wurde. Der Zehenspitzenstand war links erschwert, die Zehengelenksbeweglichkeit links endgradig eingeschränkt. Im Bereich der Außenseite des oberen Sprunggelenks fand sich eine handtellergroße reizlose Narbenplatte. Der Sachverständige führte weiter aus, in regelmäßigen Intervallen würden depressive Verstimmungen auftreten. Als Folgen der Unfälle und Erkrankungen nannte Dr. M. glaubhafte subjektive Beschwerden, eine herabgesetzte Belastbarkeit, verminderte Konzentrationsfähigkeit nach Schädel-Hirn-Trauma, mit Ausnahme von glaubhaft subjektiven Beschwerden ein folgenlos ausgeheiltes stumpfes Bauchtrauma und folgenlos ausgeheilte Rippenserienfraktur links, eine Bandscheibenprotrusion L5/S1 und in unregelmäßigen Episoden anzunehmende depressive Verstimmungen. Aufgrund der Verletzungsfolgen durch die Unfälle und die zusätzlich aufgetretenen Erkrankungen sei davon auszugehen, dass eine Belastbarkeit des Klägers in seinem Beruf als angelernter Feinwerkmechaniker zwischen drei und unter sechs Stunden anzunehmen sei. Eine Belastbarkeit von mindestens sechs Stunden täglich sei nicht möglich, da dem Kläger eine Tätigkeit im Stehen von über sechs Stunden nicht möglich sei. Ebenso könne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über zehn kg, häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Arbeiten über Kopf nicht durchgeführt werden. Leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger ebenfalls nur drei bis unter sechs Stunden täglich zumutbar. Bezüglich des geminderten Leistungsvermögens werde auf das Genannte verwiesen. Die Belastbarkeit des Klägers für leichte Arbeiten sei gegeben. Die Leistungsfähigkeit in diesem Ausmaß sei nachweislich ab dem 24. Februar 2011 vorhanden. Eine Abweichung der zur beantwortenden Fragen gegenüber anderen Gutachtern liege nicht vor.

Mit Urteil vom 12. Juli 2011 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich bezüglich des orthopädischen Fachgebiets auf das von Dr. Ga. erstattete Gutachten vom 08. Juli 2009 und die Aussagen von Dr. N. und Dr. A., die die Einschätzung von Dr. Ga. bestätigt hätten. Auch dem Befundbericht von Prof. Dr. Sch. seien keine wesentlichen Funktionseinschränkungen zu entnehmen. Das Gutachten von Dr. M. könne nicht überzeugen. Es basiere ausschließlich auf subjektiven Angaben des Klägers, wesentliche objektivierbare Einschränkungen habe Dr. M. nicht festgestellt. Es sei auch in sich widersprüchlich. Dr. M. habe den Kläger einerseits lediglich noch für drei bis unter sechs Stunden leistungsfähig hinsichtlich einer leichten körperlichen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erachtet, andererseits habe er den Kläger für leichte Arbeiten belastbar gehalten und keine Abweichung zu anderen Gutachten gesehen. Soweit sich Dr. M. auf nervenärztliche Diagnosen stütze, fehle ihm die Fachkompetenz. Zudem sei seine Einschätzung insoweit durch das Gutachten des Dr. Wo. widerlegt. Im Übrigen bestehe ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung auch dann nicht, wenn man dem Gutachten von Dr. M. folge. Der Leistungsfall hätte spätestens am 31. Dezember 2010 eintreten müssen, damit die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Dr. M. sehe eine Erwerbsminderung des Klägers jedoch erst seit 24. Februar 2011. Zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben. Auch aus nervenärztlicher Sicht sei, gestützt auf das Gutachten von Dr. Wo. vom 26. Juli 2010 eine Minderung der Leistungsfähigkeit des Klägers dergestalt, dass er leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne, nicht gegeben. Die Schlussfolgerung des Dr. G., der Kläger könne eine berufliche Tätigkeit allenfalls stundenweise, maximal drei Stunden täglich verrichten, überzeuge nicht. Der von Dr. G. festgestellte psychische Befund stütze diese Schlussfolgerung nicht. Aus den Erkrankungen des Klägers ergebe sich keine quantitative Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts. Den Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers sei mit qualitativen Einschränkungen - keine Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen, keine Zwangshaltungen und keine Arbeiten mit häufigem Bücken - ausreichend Rechnung getragen. Der am 01. Dezember 1964 geborene Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung einer teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit, da er nicht vor dem 02. Januar 1961 geboren sei.

Gegen das ihm am 19. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. August 2011 Berufung eingelegt. Er stützt sich im Wesentlichen auf die - bereits bekannten - ärztlichen Bescheinigungen des Dr. I. vom 05. November 2007 und des Dr. G. vom 28. März 2009, das von Dr. M. am 23. August 2006 erstattete Gutachten und die Entlassberichte des Prof. Dr. H. vom 23. Februar 2009 und 04. März 2010 (richtig möglicherweise 2009) sowie die - jeweils vorgelegten - ärztlichen Atteste des Chirurgen Dr. Ta. vom 01. August 2011 (da ein chronisches Schmerzsyndrom sowie auch daraus entwickelte Depressionen bestehen, sei er der Meinung, dass der Patient nicht mehr in der Lage sei, einer Arbeit von wirtschaftlichem Wert nachzugehen), des Dr. I. vom 07. September 2011 (aufgrund seiner Erkrankungen sei der Kläger nicht in der Lage, einer Arbeit nachzugehen) und des Dr. M. vom 12. September 2011 (aufgrund der am 12. September 2011 erhobenen Befunde besteht eine Belastbarkeit seit 18. November 2008 bis heute und auf weiteres von unter drei Stunden täglich). Das von Dr. M. am 23. August 2006 erstattete Gutachten sei vom SG nicht berücksichtigt worden. Zur weiteren Begründung hat er mit Schriftsatz vom 21. September 2011 ausgeführt, vier Ärzte hätten bestätigt, dass er nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten könne. Dass die Leistungseinschätzung von Dr. M. erst ab dem 24. Februar 2011 gelte, sei nicht zutreffend. Dr. Ta., den er beantrage, als sachverständigen Zeugen zu hören, habe sein Schädel-Hirn-Trauma und seine Bandscheibenvorfälle untersucht. Dr. Wo. habe er bei der Begutachtung nicht richtig verstanden, außerdem habe dieser seine körperlichen Beschwerden nicht richtig berücksichtigt. Er beantrage deshalb auch einen türkischen Arzt mit einer Begutachtung zu beauftragen. Er sei bereit, gemäß § 109 SGG die Kosten für das Gutachten zu tragen.

Der Kläger beantragt zuletzt (sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Juli 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. April 2009 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen im angefochtenen Urteil. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten unter dem 13. September 2011 und 22. September 2011 darauf hingewiesen, dass der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung entscheiden werde und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 31. Oktober 2011 eingeräumt. Außerdem hat der Senat den Kläger unter dem 22. September 2011 darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Einholung eines neuen Gutachtens nach § 109 SGG bei einem türkischen Arzt nicht bestehe. Hierauf hat sich der Kläger nicht mehr geäußert und keinen Antrag mehr gestellt. Die mit Schriftsatz vom 21. September 2011 gestellten Anträge hat er nicht wiederholt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akten des SG, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten und die Vorprozessakten Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat ab 01. April 2009 weder Anspruch auf Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI.

Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger seit 01. Januar 2011 derart leistungsgemindert ist, dass er auch leichte Tätigkeiten nur noch unter drei Stunden täglich verrichten kann. Denn unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Januar 2011 liegen die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI nicht mehr vor, weshalb der Rentenanspruch des Klägers ausgehend vom - unterstellten - Eintritt des Leistungsfalls ab 01. Januar 2011 bereits an den fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitert. Im Einzelnen ergibt sich unter Annahme eines Eintritts der Erwerbsminderung am 01. Januar 2011 ausgehend von dem Gesamtkontospiegel der Beklagten vom 31. August 2011 insoweit Folgendes: Der maßgebliche Fünfjahreszeitraum läuft zunächst vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2010 (§ 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Für diesen Fünf-Jahres-Zeitraum ergeben sich aus dem Gesamtkontospiegel vom 31. August 2011 keine Monate, die mit Pflichtbeiträgen belegt sind. Es sind jedoch die Monate Januar 2006 bis November 2008 mit Verlängerungstatbeständen im Sinne des § 43 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI belegt. Diese Monate sind nämlich Anrechnungszeiten wegen Krankheit. Der Fünf-Jahres-Zeitraum wird dementsprechend um 35 Kalendermonate verlängert, d.h. auf die Zeit ab 01. Februar 2003. Innerhalb dieses verlängerten Zeitraums liegen wiederum 30 Monate, die mit Anrechnungszeiten belegt sind, ohne dass zugleich Pflichtbeitragszeiten vorlägen, nämlich die Monate Juli 2003 bis Dezember 2005. Die innerhalb der verlängerten Zeit liegenden Streckungstatbestände strecken abermals den verlängerten Fünf-Jahres-Zeitraum um 30 Monate. Innerhalb des somit erneut verlängerten Zeitraums ab August 2000 liegen 35 Monate mit Pflichtbeitragszeiten, nämlich die Monate August 2000 bis Juni 2003. Die insgesamt notwendigen 36 Monate Pflichtbeiträge innerhalb des verlängerten Fünf-Jahres-Zeitraums liegen somit bei Eintritt des Leistungsfalls im Januar 2011 nicht mehr vor.

Letztmalig erfüllt sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Versicherungsfall, nachdem auch der Monat Juli 2000 mit einem Pflichtbeitrag belegt ist, damit spätestens am 31. Dezember 2010. In diesem Fall liefe der Fünf-Jahres-Zeitraum nämlich vom Juli 2000 bis 30. Dezember 2010. Dieser Zeitraum ist mit 36 Monaten Pflichtbeiträgen belegt, nämlich den Monaten Juli 2000 bis einschließlich Juni 2003.

Der Eintritt des Versicherungsfalls spätestens am 31. Dezember 2010, für den der Kläger, nachdem es sich um eine für ihn anspruchsbegründenden Tatsache handelt, die objektive Beweislast trägt, ist nicht belegt. Dies stehe zur Überzeugung des Senats aufgrund des Gutachtens von Dr. Ga. vom 08. Juni 2009 und des Sachverständigengutachtens des Dr. Wo. vom 26. Juli 2010 sowie der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. N. vom 19. März 2010 fest.

Der Kläger leidet an Gesundheitsstörungen insbesondere auf orthopädischem Fachgebiet. Dr. Ga. hat in seinem Verwaltungsgutachten vom 08. Juni 2009 ein Schmerzsyndrom der LWS bei lumbalem Bandscheibenvorfall ohne Nervenwurzelreizerscheinungen diagnostiziert. Entsprechendes ergibt sich aus den Entlassberichten des Prof. Dr. H. vom 23. Februar 2009 und 04. März 2010 (richtig möglicherweise 2009). Bestätigt wird dieser Befund auch durch das von den Radiologen Wolf und Witt am 03. November 2009 gefertigte MRT der LWS, ausweislich dessen beim Kläger eine aktivierte Osteochondrose L4/5 mit subdiskalem Wirbelkörperödem, flacher medianer Bandscheibenvorfall L4/5 sowie rechtsbetonte Bandscheibenprotrusion L5/S1 vorliegt, und den Arztbrief der Prof. Dr. T. und Dr. F. über die LWS-MRT vom 19. Februar 2009, wonach eine aktivierte Spondylose L4/L5 mit gering ausgeprägtem medialem Bandscheibenvorfall bestand. Soweit Dr. M. in seinem Gutachten vom 23. Februar 2011 darüber hinaus noch eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule befundete, nimmt er Beschwerden von Seiten der Halswirbelsäule nicht in die von ihm als "Folgen der Unfälle und Erkrankungen" angeführte Liste auf, weshalb der Senat vom Vorliegen einer anhaltenden Erkrankung von Seiten der Halswirbelsäule nicht überzeugt ist.

Auf nervenärztlichem Gebiet besteht beim Kläger ein im Jahr 1996 erlittenes Schädelhirntrauma, hinsichtlich dessen jedoch weder von Dr. Ga. in seinem Gutachten vom 08. Juni 2009 noch von Dr. Wo. in seinem Gutachten vom 26. Juli 2010 über noch bestehende Einschränkungen berichtet wird. Soweit Dr. M. in seinem Gutachten vom 23. Februar 2011 als Folge des Traumas noch eine verminderte Konzentrationsfähigkeit erwähnt, wird dies durch den von ihm anlässlich der nach den Angaben im Gutachten am 24. Februar 2011 durchgeführten Untersuchung erhobenen Befund nicht bestätigt. Auch der Kläger selbst hat ausweislich des Gutachtens keine verminderte Konzentrationsfähigkeit beklagt. Nachdem auch aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. G. vom 23. März 2010 hervorgeht, dass Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit unauffällig seien, ist der Senat vom Vorliegen einer verminderten Konzentrationsfähigkeit nicht überzeugt. Darüber hinaus leidet der Kläger an depressiven Episoden. Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Dr. Ga. vom 08. Juni 2009, der von einer somatisierten Depression berichtet, und der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. G. vom 23. März 2010, ausweislich derer beim Kläger eine atypische Depression sowie eine Anpassungsstörung vorliegt. Dass es sich um keine anhaltende Erkrankung handelt, entnimmt der Senat dem von Dr. Wo. am 26. Juli 2010 erstatteten Gutachten, der hinsichtlich des psychischen Befunds keine depressive Störung von Krankheitswert fand. Eine Bestätigung findet diese Einschätzung des Senats auch in dem von Dr. M. erstatteten Gutachten. Der Sachverständige berichtet ebenfalls nur darüber, dass in "regelmäßigen Intervallen depressive Verstimmungen" auftreten würden bzw. dass "unregelmäßige Episoden einer depressiven Verstimmung" anzunehmen seien, was auch unter Berücksichtigung der Widersprüchlichkeit der Angabe zumindest nicht auf eine dauernde Erkrankung schließen lässt.

Auf hals-nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet besteht beim Kläger darüber hinaus ein Tinnitus rechts. Der Senat stützt dies auf das von Dr. Ga. erstattete Gutachten vom 08. Juni 2009, aber auch die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. G. vom 23. März 2010.

Die Folgen des im Jahr 2003 erlittenen Bauchtraumas und die Rippenserienfraktur links sind jeweils ausgeheilt. Der Kläger befindet sich deshalb nicht mehr in ärztlicher Behandlung. Die vom Kläger Dr. M. insoweit gegenüber angegebenen subjektiven Beschwerden finden in dem von Dr. M. erstatteten Gutachten vom 23. Februar 2011 keine objektive Stütze.

Die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen auf orthopädischem, nervenärztlichem und hals- nasen-ohrenärztlichem Fachgebiet bedingen nach Überzeugung des Senats Leistungseinschränkungen qualitativer Art. Die orthopädischen Gesundheitsstörungen schließen körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten, häufiges Bücken und Heben, besondere Belastungen durch Kälte und Lärm sowie Zwangshaltungen aus. Insoweit folgt der Senat den Einschätzungen des Gutachters Dr. Ga. in seinem Gutachten vom 08. Juni 2009, des Sachverständigen Dr. Wo. in seinem Gutachten vom 26. Juli 2010 sowie Dr. N. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 19. März 2010. Aufgrund der nervenärztlichen Erkrankung können vom Kläger Tätigkeiten, die mit besonderem Zeitdruck und besonderen Anforderungen an Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit verbunden sind, nicht mehr verrichtet werden. Auch insoweit stützt sich der Senat auf das Gutachten von Dr. Ga. aber auch die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. G. vom 23. März 2010. Der beim Kläger vorliegende Tinnitus schließt überdies Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Hörvermögen stellen, aus.

Die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indes nach Überzeugung des Senats keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Der Kläger ist noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Berücksichtigung der genannten Leistungseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat folgt insoweit den insgesamt schlüssigen und nachvollziehbaren Leistungsbeurteilungen durch Dr. Ga. und Dr. Wo. sowie den Einschätzungen von Dr. N. und Dr. A ...

Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus den sachverständigen Zeugenauskünften des Dr. G. vom 23. März 2010, des Dr. I. vom 31. März 2010, dem Gutachten des Sachverständigen Dr. M. vom 23. Februar 2011 und den im Berufungsverfahren vorgelegten Attesten und Bescheinigungen des Dr. G., des Dr. I., des Dr. Ta. und des Dr. M ... Zwar hat Dr. G. in seiner Auskunft vom 23. März 2010 angegeben, dass er aufgrund der depressiven Störung nur noch eine maximal dreistündige Tätigkeit täglich für möglich erachte. Anhand des von Dr. G. mitgeteilten psychischen Befunds vom 11. Februar 2010 lässt sich diese eingeschränkte Leistungsfähigkeit indessen nicht nachvollziehen. Mit Ausnahme einer unruhigen Psychomotorik und einer deutlich verminderten Stresstoleranz schildert Dr. G. den psychischen Befund des Klägers als unauffällig. Bestätigt wurde dies auch durch das nachfolgende Gutachten des Dr. Wo. vom 26. Juli 2010. Auch die Einschätzung von Dr. I. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 31. März 2010, wonach sich aufgrund des Prolaps L4/5 eine zusätzliche schwere Einschränkung des gesamten klinischen Bildes des Klägers ergebe und aus seiner Sicht eine volle Erwerbsminderungsrente gegeben sei, überzeugt den Senat nicht. Dr. I. hat insoweit lediglich ausgeführt, dass aufgrund der Erkrankungen des Klägers eine schwere Funktionsbeeinträchtigung mit Gehbehinderung, Wurzelreizsymptomatiken, durch den Prolaps L4/5 chronische Schmerzzustände, immer wieder auftretende Schmerzsyndrome, immer wieder auftretende Schmerzen wegen der Rippenserienfraktur links, Ventilationsstörungen der Lunge links und immer wieder auftretende Schmerzsyndrome der Fuß- und Knöchelregion, eine chronisch verlaufende Depression und rezidivierende Flankenbeschwerden nach Nephrektomie, Cervicozephalgien, ein paravertebraler Muskelhartspann und intermittierende Wurzelreizsymptomatiken der oberen Extremitäten sowie immer wieder auftretende Hirnleistungsstörungen vorlägen. Abgesehen von der Aufzählung hat er hierzu keine näheren Ausführungen gemacht. Hierauf gestützte Befunde hat er nicht mitgeteilt. In den auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet erhobenen Gutachten findet diese Aufzählung von Beschwerden auch keine Bestätigung. Widerlegt wird die Leistungseinschätzung auch nicht durch die von Dr. M. erstatteten Gutachten vom 23. August 2006 sowie 23. Februar 2011. Wie bereits der 11. Senat des LSG in seinem Urteil vom 22. Januar 2008 (L 11 R 3197/06) ausgeführt hat, begründet die von Dr. M. in seinem Gutachten vom 23. August 2006 beschriebene eingeschränkte Beweglichkeit und herabgesetzte Belastbarkeit der LWS und HWS keine Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf unter sechs Stunden. Die subjektiven Beschwerdeschilderungen des Klägers seien unkritisch übernommen und auch die gefundene Einschränkung der Wirbelsäulenbeweglichkeit nicht hinterfragt bzw. überprüft worden. Die apparativen Untersuchungsergebnisse an der Wirbelsäule erklärten eine länger anhaltende, höhergradige Funktionseinschränkung nicht, zumal Wurzelreizzeichen auch von Dr. M. nicht festgehalten worden seien. Dieser Einschätzung bezüglich des Gutachtens vom 23. August 2006 schließt sich der Senat an. Entsprechendes gilt für das Gutachten vom 23. Februar 2011. Der von Dr. M. erhobene Befund zeigte von Seiten des Bewegungsapparats nur ganz geringe Einschränkungen seitens der Wirbelsäule, das Gangbild war "leicht und locker ohne Schonhinken". Auch an beiden oberen Extremitäten fanden sich freie Funktionen. Der einzig pathologische Befund waren die radiologisch mäßigen, degenerativen Veränderungen im Segment L5/S1. Diesen kann jedoch mit den genannten qualitativen Einschränkungen Rechnung getragen werden. Im Übrigen ging Dr. M. in seinem Gutachten vom 23. Februar 2011 davon aus, dass die Leistungsfähigkeit in diesem Ausmaß nachweislich ab dem 24. Februar 2011 vorliege. Soweit Dr. M. nunmehr in seinem Attest vom 12. September 2011 eine eingeschränkte Belastbarkeit auf unter drei Stunden seit 18. November 2008 bestätigt, begründet er dies allein damit, dass dies aufgrund der am 12. September 2011 erhobenen Befunde, die er nicht darlegt, der Fall sei. Abgesehen von der fehlenden Begründung steht dies im Widerspruch zu seinem Gutachten vom 23. Februar 2011, wonach die dort im Februar 2011 erhobenen Befunde, eine Leistungseinschränkung erst ab 24. Februar 2011 rechtfertigten. Soweit sich der Kläger nunmehr im Berufungsverfahren auf die ärztliche Bescheinigung des Dr. I. vom 05. November 2007 stützt, wonach er für leichte Tätigkeiten täglich nur drei Stunden arbeitsfähig sei, gilt das schon im Hinblick auf die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. I. vom 31. März 2010 Gesagte. Die ärztliche Bescheinigung ist im Hinblick darauf, dass keinerlei Befunde in der ärztlichen Bescheinigung mitgeteilt wurden, nicht nachvollziehbar. Die ärztliche Bescheinigung des Dr. G. vom 28. März 2009, die der Kläger bereits mit dem Antrag vom 25. März 2009 vorlegte, entspricht im Wesentlichen der von Dr. G. erteilten sachverständigen Zeugenauskunft vom 23. März 2010 und überzeugt den Senat aus den zur sachverständigen Zeugenauskunft vom 23. März 2010 genannten Gründen nicht. Widerlegt wird die Überzeugung des Senats schließlich auch nicht durch das ärztliche Attest des Dr. Ta. vom 01. August 2011, der mit Ausnahme von chronischen Kopfschmerzen keine weiteren Gesundheitsstörungen mitteilt und auch keinen gravierenderen Befund beschreibt, weshalb aufgrund es bei der Einschätzung des Leistungsvermögens dahingehend, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, verbleibt.

Der Kläger kann seinen Rentenanspruch im Sinne einer zeitlichen Leistungseinschränkung auch nicht darauf stützen, dass sein GdB nunmehr 70 beträgt. Die Feststellung des GdB beurteilt sich nach Kriterien, die nicht denjenigen entsprechen, die im Hinblick auf die Erwerbsminderungsrente anzuwenden sind. Aus ihnen kann nicht der Schluss auf das Vorliegen einer quantitativen Erwerbsminderung gezogen werden.

Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat, wobei dahingestellt bleiben kann, ob der Kläger seinen ursprünglich gestellten Antrag, Dr. Ta. als sachverständigen Zeugen zu hören, weiterhin aufrechterhält, nicht veranlasst, weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen und insbesondere eine sachverständige Zeugenauskunft des Dr. Ta. einzuholen. Von Dr. Ta. liegen außer dem ärztlichen Attest vom 01. August 2011 dem SG mit der Auskunft des Dr. I. übermittelte Arztbriefe aus den Jahren 2008 und 2009 vor. Über die bekannten Diagnosen hinaus geht aus ihnen kein weiterer Befund hervor. Der Sachverhalt ist deshalb mit den Gutachten von Dr. Ga. und Dr. Wo. sowie den eingeholten sachverständigen Zeugenauskünften, die der Senat für überzeugend hält, geklärt.

Ein Anspruch des Klägers auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG bei einem türkischen Arzt besteht nicht. Das Antragsrecht nach § 109 SGG steht grundsätzlich nur einmal im gesamten Rechtsstreit zur Verfügung. Das Gericht ist nicht verpflichtet, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis bestimmter Tatsachen beliebig oft nachzukommen (vgl. LSG, Urteil vom 06. Februar 2006, L 1 U 2572/05 - in Juris unter Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - SozR Nr.18 zu § 109 SGG; BSG SozR 3-1500 § 109 Nr. 1). Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich hiernach nur bei Vorliegen besonderer Umstände (vgl. dazu Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, § 109 SGG, RdNr. 10b). Ein solcher besonderer Umstand liegt hier nicht bereits darin, dass der Kläger bisher nur von deutschen Ärzten begutachtet wurde. Denn aus den Gutachten gehen jeweils keine Hinweise auf Verständigungsschwierigkeiten des bereits seit 1979 in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Klägers hervor. Im Übrigen hat ein Kläger nach Auffassung des Senats im Rahmen seines Antragsrechts nach § 109 SGG auch zu erwägen, ob er sich dem Arzt gegenüber sprachlich ausreichend ausdrücken kann und einen hierzu geeigneten Arzt zu benennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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