L 11 KR 4076/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 626/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4076/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.08.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Klägerin hat Kosten des Gerichts in Höhe von 225 EUR zu zahlen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin weitere 868,70 EUR als Kosten des Widerspruchsverfahrens (§ 63 SGB X) wegen eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 09.11.2010 zu erstatten hat.

Die Klägerin war wegen eines Hüft-TEP-Wechsels am 12.07.2010 seit diesem Tag und bis zum 28.02.2011 arbeitsunfähig. Vom 17.08.2010 bis zum 04.09.2010 befand sich die Klägerin auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung Bund in einer Anschlussheilbehandlung. Ab dem 03.01.2011 wurde die Klägerin stufenweise in das Arbeitsleben wiedereingegliedert. Ein Gutachten des MDK vom 29.09.2010, das dieser im Auftrag der Beklagten erstellte, sah die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in ihrem letzten Beruf als vollschichtig tätige Einzelhandelskauffrau (Abteilungsleiterin in einem Warenhaus) als erheblich gemindert an.

Mit Bescheid vom 04.10.2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, beim Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu stellen und die beigefügten Antragsformulare bis zum 18.11.2010 unterschrieben zurückzusenden. Am 07.10.2010 erklärte die Klägerin in einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits in der Rehabilitation gestellt zu haben. Die Beklagte erklärte daraufhin im selben Gespräch, der Antrag habe sich erledigt.

Die Klägerin legte am 12.11.2010 Widerspruch gegen die Aufforderung vom 04.10.2010 ein (Az des Bevollmächtigten 291/10E05 Fe) und machte geltend, hierbei handele es sich um ein Standardschreiben, das niemals die Voraussetzungen an einen Ermessensverwaltungsakt erfülle. Außerdem müsse nach dem Gesetz für die Stellung des Antrags eine Zehnwochenfrist eingeräumt werden (zum Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 04.10.2010 vgl das Verfahren beim Sozialgericht Freiburg (SG) S 14 KR 5939/10 ER; Az des Bevollmächtigten 299/10E05 Re). Die Beklagte hob mit Bescheid vom 26.11.2010 den Bescheid vom 04.10.2010 auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten. Mit Bescheid vom 16.12.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheids vom 16.03.2011 rechnete die Beklagte die vom Bevollmächtigten der Klägerin mit Fax vom 09.12.2010 geltend gemachten Kosten (1.267,35 EUR) ab (Erstattungsbetrag: 315,35 EUR; vgl hierzu das Verfahren L 11 KR 5366/11).

Nachdem die Beklagte am 05.11.2010 von der Deutschen Rentenversicherung Bund erfahren hatte, dass die Klägerin keinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt hat, dieser jedoch am 28.09.2009 eine Arbeitsplatzausstattung (Elektrohubwagen) bewilligt worden war, kam es am 09.11.2010 zu einem erneuten Telefonat zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin der Beklagten. Die Klägerin führte damals telefonisch aus, sie habe etwas verwechselt. Sie habe gedacht, bei dem Antrag gehe es um die Arbeitsplatzausstattung. Sie bat, ihr erneut einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zuzusenden. Einen Antrag werde sie aber wahrscheinlich nicht stellen, da sie noch bis Ende des Jahres arbeitsunfähig sei und anschließend eine stufenweise Wiedereingliederung machen wolle.

Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 09.11.2010 erneut auf, einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu stellen und die beigefügten Antragsformulare bis spätestens zum 16.12.2010 zurückzusenden. Werde der Antrag nicht gestellt, könne Krankengeld nur bis zum Ende der Frist gezahlt werden. Auch hiergegen erhob die Klägerin am 12.11.2010 Widerspruch (Az des Bevollmächtigten 292/10E05 Re). Sie machte geltend, die Aufforderung sei aufzuheben, weil ein "Ermessensfehlgebrauch durch Unterlassen jeglichen Ermessens" vorliege. Ferner sei nicht beachtet, dass sie unmissverständlich eine stufenweise Wiedereingliederung gewünscht habe. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 16.11.2010 den Bescheid vom 09.11.2010 auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten. Mit weiterem Bescheid vom 17.11.2010 hob die Beklagte den Bescheid vom 09.11.2010 erneut auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten.

Mit Bescheid vom 18.11.2010 forderte die Beklagte die Klägerin erneut und unter Setzung einer Frist bis zum 31.01.2011 zur Beantragung einer Leistung zur beruflichen Rehabilitation auf. Werde der Antrag nicht gestellt, könne Krankengeld nur bis zum Ende der Frist gezahlt werden. Hiergegen erhob die Klägerin am 22.11.2010 Widerspruch (Az des Bevollmächtigten 300/10E05). Zu ihrem Widerspruch hat die Klägerin beim SG beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen (Antrag vom 01.12.2010; Az SG: S 14 KR 6144/10 ER; Az des Bevollmächtigten: 314/E05 Fe). Auf Vorschlag des SG wurde durch schriftlichen Vergleich die Frist zur Rehabilitationsantragsstellung bis zum 28.02.2011 verlängert, die Beklagte erklärte sich bereit, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des ER-Verfahrens zu erstatten. Daraufhin legte der Bevollmächtigte der Beklagten am 16.12.2010 (Az des Bevollmächtigten 314/10E05 Fe) und unter Bezugnahme auf das Verfahren S 14 KR 6144/10 ER eine Rechnung über 448,04 EUR vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2010 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 08.02.2011 beim SG Klage erhoben (Az: S 11 KR 627/11; LSG: L 11 KR 5496/11).

Mit Schreiben vom 22.11.2010 zum seinem Aktenzeichen 292/10E05 R stellte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten eine Geschäftsgebühr gem § 3 RVG iVm Nr 2400 VV RVG iHv 288,00 EUR, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG iHv 200,00 EUR, eine Auslagenpauschale gem Nr 7001 VV RVG iHv 20,00 EUR, eine Dokumentenpauschale für fünf Kopien nach Nr 7000 VV RVG iHv 2,50 EUR sowie Umsatzsteuer (19%) gem Nr 7008 VV iHv 97,00 EUR, zusammen 607,50 EUR in Rechnung.

Unter Bezugnahme auf diese Rechnung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 29.11.2010 die zu übernehmenden Kosten auf 312,38 EUR fest. Es bestehe Anspruch auf eine Geschäftsgebühr nur iHv 240,00 EUR. Eine Einigungsgebühr iHv 200,00 EUR werde nicht anerkannt, da die erforderliche Mitwirkung nicht bereits im Anfertigen einer Widerspruchsbegründung liege. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.

Mit Schreiben vom 01.12.2010, bei der Beklagten am 06.12.2010 eingegangen, stellte der Bevollmächtigte der Klägerin für seine Bemühungen unter seinem Aktenzeichen 299/10E05 FE eine Geschäftsgebühr gem § 3 RVG iVm Nr 2400 VV RVG iHv 520,00 EUR, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG iHv 450,00 EUR, eine Auslagenpauschale gem Nr 7001 VV RVG iHv 20,00 EUR sowie Umsatzsteuer (19%) gem Nr 7008 VV iHv 188,10 EUR, zusammen 1.178,10 EUR, in Rechnung. Der Bevollmächtigte wies darauf hin, dass die Klägerin ihre Tätigkeit zum 01.01.2011 wieder aufnehmen werde und die Vorstöße der Beklagten nur eine Gefährdung des Arbeitsplatzes bzw der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben bedeutet hätten. Auch seien die Aufforderungen angesichts der der Beklagten vorliegenden Informationen ohne "Sinn und Verstand". Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Erhaltung des Arbeitsplatzes sei die Angelegenheit von "absolut überdurchschnittlicher Bedeutung". Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 06.12.2010 die aus der Rechnung vom 01.12.2010 zu erstattenden Kosten auf 309,40 EUR fest. Es bestehe nur Anspruch auf eine Geschäftsgebühr Nr 2400 VV RVG iHv 240,00 EUR. Eine Erledigungsgebühr setze ein für die Erledigung der Rechtssache ursächliches Mitwirken des Rechtsanwaltes voraus, das aber hier nicht gegeben sei.

Mit Fax vom 10.01.2011 erhob der Bevollmächtigte für die Klägerin hiergegen Widerspruch. Er führte aus: "Aufgrund Unvereinbarkeit der Rechtsstandpunkte wird eine gesonderte Widerspruchsbegründung hier nicht abgegeben werden." Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2011 zurück.

Die Klägerin hat am 07.02.2011 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und ihr Begehren fortgeführt. Die Angelegenheit habe überdurchschnittliche Bedeutung gehabt, weshalb es gerechtfertigt sei, die Höchstgebühr geltend zu machen. Auch die Erledigungsgebühr sei angefallen. Eine kurze, aber prägnante Widerspruchsbegründung, die zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens führe, erfülle die Voraussetzungen einer besonderen Mitwirkung des Vertreters bei der Erledigung. Eine Mitwirkung an der Erledigung des Widerspruchs liege schon darin, einen Widerspruch ordnungsgemäß zu begründen.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 16.08.2011 die Klage abgewiesen. An die vom Bevollmächtigten vorgenommene Bestimmung der Kosten sei die Beklagte nicht gebunden, weil die Geltendmachung der Höchstgebühr nicht billigem Ermessen entspreche. Denn nach Nr 2400 Satz 2 VV RVG könne eine höhere Gebühr als 240,00 EUR nur bei einer umfangreichen oder schwierigen Tätigkeit gefordert werden. Die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchverfahren sei jedoch weder umfangreich noch schwierig gewesen. Der Anfall einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG setze die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine derartige Tätigkeit des Bevollmächtigten sei jedoch nicht ersichtlich. Die Einreichung einer Widerspruchsbegründung reiche nicht aus.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigen am 19.08.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten am 19.09.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 16.08.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 06.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2011 zu verurteilen, ihr weitere 868,70 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Vom Senat aufgefordert, die Rechnung vom 01.12.2010 einem konkreten Vorgang zuzuordnen hat die Beklagte ausgeführt, ihr sei bisher nicht aufgefallen, dass dem Widerspruch vom 12.11.2010 gegen den Bescheid vom 09.11.2010 fehlerhaft zweimal abgeholfen worden sei, nämlich mit Abhilfebescheiden vom 16.11.2010 und 17.11.2010. Der Bevollmächtigte habe für beide Abhilfebescheide Kosten geltend gemacht. Streitgegenständlich sei im vorliegenden Rechtsstreit ist die Rechnung vom 01.12.2010 iHv 1.178,10 EUR. Diese sei am 06.12.2010 iHv 309,40 EUR erstattet worden. Dieser Rechnung liege der Widerspruch vom 12.11.2010 gegen den Bescheid vom 09.11.2011 zu Grunde, dem mit Bescheid vom 16.11.2010 abgeholfen worden sei.

Auf das Vorbringen der Beklagten hat der Bevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, die Behauptung der Beklagten, es sei zwei Mal dieselbe Tätigkeit im Widerspruchsverfahren vergütet worden, sei unsinnig. "Die Beklagte hat keinen Durchblick mehr durch ihre Akten." Eine vermeintliche Rückforderung sei nicht Streitgegenstand. Eine Vertretung des Klägerin in der mündlichen Verhandlung sei nicht notwendig, über die hier im Raum stehende Höhe der Gebühren und die Aufforderung zum Rehabilitationsantrag könne schriftlich entschieden werden. "Es wäre doch wünschenswert, wenn die Gerichtsbarkeit sich dieser Dinge einmal etwas intensiver annehmen würde und die Behörden vielleicht mal verklagen würde auf Zahlung von Rechnungen. Es kann ja wohl nicht sein was sich hier abspielt, dass jede Rechnung gekürzt wird und das vielfach zu Verzeichnen ist mit zunehmender Tendenz, dass man am liebsten gar nichts mehr bezahlen würde. Es wird ferner darauf hingewiesen, dass das Gebührenrecht zu einer Kürzung der Erstattungen geführt hat. Ferner wird darauf hingewiesen, dass seit 17 Jahren keine Gebührenanhebung stattgefunden hat in diesem Bereich. Eine Gebühr für ein Widerspruchsverfahren in Höhe von 240,00 EUR plus 20,00 EUR Auslagenpauschale plus Mehrwertsteuer, ist eine Mickey-Maus-Gebühr, da sie lediglich einen Umsatz darstellt. Sie ist mitnichten kostendeckend und führt im Übrigen auch zu einer seit Jahren bestehenden Einfrierung von Löhnen und Gehältern und somit natürlich auch zu weniger Beitragszahlungen an die gesetzlichen Krankenkassen."

Mit Fax vom 10.02.2012 hat der Bevollmächtigte dann u a ausgeführt, es sei bekannt, dass die Gerichtsbarkeit in Baden-Württemberg keine andere Gebühr als 240,00 EUR kenne und sich weigere Einzelfälle anders zu entscheiden. Jeder Einzelfall sei zu beurteilen und in jedem Einzelfall sei eine entsprechende Entscheidung zu treffen, denn jeder Fall sei anders gelagert. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zu § 14 RVG werde als bekannt vorausgesetzt, dass die Bedeutung der Angelegenheit gleichwertig sei mit dem Arbeitsaufwand und der Bewertung der Schwierigkeit der Rechtsmaterie. Diese könne, wenn die Bedeutung überdurchschnittlich sei, die anderen Merkmale überdecken und zu einem höheren Gebührenanspruch führen. Die Bedeutung der Angelegenheit liege in jedem Einzelfall anders und sei unterschiedlich und gesondert zu beurteilen. Er spreche ausdrücklich auch im Namen der Klägerin, die mehr als erstaunt sei darüber, dass sich eine Gerichtsbarkeit weigere, über einen geltend gemachten Anspruch zu entscheiden und den Einzelfall nicht mehr beurteilen wolle. Es sei auch nichts augenscheinlich rechtsmissbräuchlich daran, eine "Klage" nicht zu begründen, bei der es im Endergebnis lediglich um Widerspruchskosten gehe. Die vorliegende Berufung gehöre zu dem Widerspruchsverfahren, welches unter seinem Aktenzeichen 299/10 E 05 geführt worden sei. Dazu gehöre die Rechnung vom 01.12.2010, die für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 gelte. Das Verfahren sei angelegt worden zum Az 292/10. Durch einen Sekretariatsfehler sei dann die Kostennote unter dem Az 299/10 E05 geschrieben worden. Sofern die Beklagte behaupte, die Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 mit Bescheid vom 29.11.2010 festgesetzt zu haben, so sei ein solcher Bescheid nicht vorhanden. Die Beklagte könne ja auch keinen Bescheid über Kosten abfassen, bevor überhaupt die Kostennote geschrieben sei. Diese datiere aber auf den 01.12.2010. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass gegen den Bescheid vom 29.11.2010 kein Widerspruch erhoben worden sein sollte, denn "wie ja der Senat sieht", sei gegen alle Bescheide Widerspruch erhoben worden "wegen der Kosten". Es gebe keinen Bescheid vom 29.11.2010 über Widerspruchskosten im Verfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010, "kann es gar nicht geben, weil es die Kostennote ja noch gar nicht gab." Die Kostennote vom 22.11.2010 sei rechtlich irrelevant geworden, auch gebe es hierzu keinen Bescheid, "weil die Beklagte auf die hier geltend gemachte Kostennote einen Teilbetrag überwiesen" habe. Da es keinen Bescheid zu der Kostennote gebe und auf die andere Kostennote beglichen worden sei, sei die Kostennote vom 22.11.2010 irrelevant. Es sei weder doppelt bezahlt worden, noch gebe es einen zweiten Abhilfebescheid vom 16.11.2010. Die Beklagte habe die beiden in Rede stehende Widerspruchsverfahren teilbezahlt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft - da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt - und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) verfolgte Begehren ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, über die im angefochtenen Bescheid bereits von der Beklagten anerkannten 309,40 EUR hinausgehender Beträge.

Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Inhaber eines solchen Kostenerstattungsanspruchs ist alleine der Widerspruchsführer; ihm allein, nicht dagegen seinem Bevollmächtigten, steht ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen den Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, dass der Widerspruchsführer tatsächlich Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen einen konkreten Verwaltungsakt hatte. Dabei kann der Widerspruchsführer grds Aufwendungen für eigenes Tätigwerden geltend machen, er kann aber auch - soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war - diejenigen Aufwendungen geltend machen, die durch die Beauftragung und das Tätigwerden eines Bevollmächtigten entstanden sind. Insoweit ist aber Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten tatsächlich ausgesetzt ist. Fehlt es an einer wirksamen Kostenforderung des Bevollmächtigten (zu den wesentlichen Darlegungen zum Rechtsgrund der Rechnungsstellung vgl das Urteil des Senats vom 14.02.2012, L 11 KR 4076/11) oder sind tatsächlich keine Aufwendungen entstanden, steht dem Widerspruchsführer kein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu. Demzufolge muss der Widerspruchsführer gegenüber dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, geltend machen, er sei tatsächlich einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten ausgesetzt.

Ob der Klägerin vorliegend überhaupt ein solcher Anspruch auf Erstattung der in der Rechnung vom 01.12.2010 aufgelisteten Aufwendungen gemäß § 63 SGB X zusteht, erscheint zunächst schon als problematisch. Denn ein Anspruch auf Bezahlung einer Rechnung wegen eines Anspruchs auf Erstattung von Auslagen iSd § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X, hier Honorarforderung des Bevollmächtigten, besteht nur, wenn sich die Rechnung bzw die Aufwendungen einem materiellrechtlich bestehenden Erstattungs- bzw Zahlungsanspruch zuordnen lassen. Ohne zugrunde liegendem Rechtsanspruch können weder eine Rechnung noch getätigte Aufwendungen einen Zahlungsanspruch auslösen. Hierzu hat der Rechnungssteller bzw Aufwendungsersatz Begehrende die Grundlagen seiner Rechnung darzulegen, wozu auch der Rechtsgrund seiner Rechnung bzw der Aufwendungen gehört. Lässt sich ein Rechtsgrund der Rechnung nicht feststellen bzw lassen sich die Aufwendungen nicht einem Aufwendungsersatzanspruch zuordnen, ist eine auf Zahlung bzw Aufwendungsersatz gerichtete Klage abzuweisen. Denn das Gericht darf zu einer Erstattung bzw Zahlung nur verurteilen, wenn es vom Bestehen des Anspruchs überzeugt ist. Insoweit gehen Zweifel am Zahlungsanspruch sowie dessen Nichterweislichkeit zu Lasten des Rechnungsstellers/des Aufwendungsersatz Begehrenden.

Vorliegend hat der Klägervertreter im Namen der Klägerin in der Rechnung vom 01.12.2010 keinen näheren Hinweis auf den Rechtsgrund des für die Klägerin geltend gemachten Zahlungs-/Erstattungsanspruchs benannt. Er hat lediglich ausgeführt: "Vergütungsrechnung (Widerspruchsverfahren)". Auch das der Rechnung beiliegende Begleitschreiben nimmt nur - und ohne dieses näher zu benennen - auf ein Widerspruchsverfahren sowie auf - ebenfalls ohne diese zB nach Datum oder Inhalt näher zu bezeichnen - "Aufforderungen" Bezug. Hieraus, sowie dem zeitlichen Zusammenhang lässt sich erkennen, dass die Rechnung im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens wegen einer Aufforderung der Beklagten nach § 51 SGB V vorgelegt wurde. Nicht näher bezeichnet ist, welches Widerspruchsverfahren gemeint ist. Auch daraus, dass der Kläger bereits eine andere Rechnung (vom 09.12.2010) zu dem gegen den Bescheid vom 04.11.2010 geführten Widerspruchsverfahren (Abhilfebescheid vom 26.11.2010) sowie eine Rechnung (vom 22.11.2010) zum Abhilfebescheid vom 17.11.2010 (Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010) vorgelegt hatte und das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 noch nicht abgeschlossen war, lässt sich nicht zwingend entnehmen, dass die Rechnung vom 01.12.2010 sich auf das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 bezieht. Denn hierzu hatte der Klägervertreter bereits eine Rechnung vorgelegt (Rechnung vom 22.11.2010 unter Hinweis auf den Abhilfebescheid vom 17.11.2010). Des Weiteren trägt die Rechnung, wie auch das Begleitschrieben, vom 01.12.2010 das Aktenzeichen des Bevollmächtigten der Klägerin 299/10E05 Re. Dieses interne Aktenzeichen des Klägervertreters gehört aber nach den vorliegenden Unterlagen zum ER-Verfahren S 14 KR 5939/10 ER, dessen Kosten nicht nach § 63 SGB X, sondern nach den Regelungen des SGG (§ 183 ff SGG) zu erstatten sind und bei dem es sich auch nicht um ein Widerspruchsverfahren handelt.

Jedoch hat der Klägerbevollmächtigte mit Fax vom 10.02.2012 mitgeteilt, wegen eines Fehlers auf der Rechnung das falsche Aktenzeichen verwendet zu haben. Die Rechnung gehöre zu dem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2010. Auch die Beklagte hat dies so bestätigend angenommen. Insoweit hat sich der Senat im Rahmen einer Beweiswürdigung davon überzeugt, dass die Rechnung vom 01.12.2010 dem Abhilfebescheid der Beklagten vom 16.11.2010 und damit dem Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 zuzuordnen ist.

Der Senat ist auch davon überzeugt, dass die Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.11.2010 zweifach abgeholfen hat, nämlich mit Bescheiden vom 16. und 17.11.2010. Beide Bescheide waren der Klägerin nach Überzeugung des Senats auch über ihren Bevollmächtigten bekannt gegeben worden; sie hat damit beide Bescheide erhalten. Denn anders ist das Verhalten des Bevollmächtigten der Klägerin, zwei Rechnungen (am 22.11.2010 und am 01.12.2010) einzureichen, nicht zu erklären. Die Beklagte hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 29.11.2010, der dem Bevollmächtigten der Klägerin zugegangen und damit der Klägerin selbst bekannt gegeben worden war, die zu erstattenden Kosten festgesetzt und in der Folge den Betrag auch an den Bevollmächtigten ausbezahlt. Damit hat die Beklagte ihre Verpflichtungen aus dem Bescheid vom 29.11.2010 erfüllt. Insoweit konnte der Senat weder nachvollziehen, weshalb die Rechnung des Bevollmächtigten - ohne, dass dieser sich entsprechend gegenüber der Beklagten geäußert hat - irrelevant geworden sei sollte, noch weshalb der Bevollmächtigte die von der Beklagten ausbezahlten Beträge nicht hätte erhalten sollen. In Betracht käme alleine, dass die Rechnung vom 22.11.2010 durch die höhere Kostennote vom 01.12.2010 überholt wäre. Doch macht eine zweite Rechnungsstellung die erste Rechnung nicht obsolet.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Bevollmächtigte und damit auch die Klägerin nicht nur den Kostenbescheid vom 29.11.2010, sondern auch das dementsprechend von der Beklagten überwiesene Geld (312,38 EUR) erhalten hat. Er hat auch auf den vorliegend angefochtenen Kostenbescheid hin den darin festgesetzten Betrag (309,40 EUR) auf sein Konto ausbezahlt erhalten. Damit haben der Bevollmächtigte und die Klägerin - die, wie der Klägervertreter vorträgt, mit seinem Vorgehen einverstanden ist - ihre Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 nicht nur zweifach vergütet verlangt, sondern auch zweifach ausbezahlt erhalten. Dass die Beklagte auf beide Rechnungen (22.11.2010 und 01.12.2010) jeweils nicht den vollen, von der Klägerin geforderten Betrag, bezahlt hat, steht der Überzeugung des Senats nicht entgegen; denn die Beklagte ist nur zu einer den Vorgaben des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm den Regelungen des RVG (dazu s u) entsprechenden Kostenerstattung verpflichtet.

Auch wenn der Bevollmächtigte vorträgt, dass er einen Bescheid vom 29.11.2010 nicht bekommen habe zeige sich daran, dass er "wegen der Kosten" keinen Widerspruch eingelegt habe, so kann der Senat dieser Überlegung nicht folgen. Denn die Nichteinlegung von Rechtsmitteln ist grds kein Zeichen dafür, eine Entscheidung nicht erhalten zu haben.

Letztlich konnte sich der Senat aber davon überzeugen, dass der Kläger den Bescheid vom 29.11.2010 erhalten hat. In seiner Überzeugung sieht sich der Senat dadurch bestärkt, dass der Klägervertreter die Rechnungsstellung unter dem 22.11.2010 ausdrücklich einräumt, er aber bei der Beklagten über den Verbleib oder den Fortgang dieser Rechnung nie mehr weiter nachgefragt hat und erst am 10.02.2012 erstmals geltend gemacht hat, die Rechnung sei irrelevant geworden. Weshalb die Rechnung irrelevant geworden sei sollte, hat sich dem Senat nicht erschlossen.

Auch wenn die Beklagte insoweit zwei Abhilfebescheide über denselben Widerspruch erlassen hat, führt dies nicht zu einem zweifachen Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X. Nachdem die Beklagte die Aufwendungen der Klägerin für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 bestandskräftig, aber bereits mit Bescheid vom 29.11.2010 festgesetzt hatte, ist der vorliegend geltend gemachte zweite Kostenerstattungsanspruch für dasselbe Widerspruchsverfahren ausgeschlossen. Schon alleine deswegen kann eine höhere Erstattung nicht zugesprochen werden.

Der Erstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich im vorliegenden Fall alleine aus dem Bescheid der Beklagten vom 06.12.2010, mit dem die Beklagte festgesetzt hat, dass der Klägerin - wie zuvor festgestellt - ohne Rechtsgrund 309,40 EUR zu zahlen sind. Denn mit diesem Bescheid hat die Beklagte - ohne hierzu erneut verpflichtet zu sein - über die bereits bestandskräftig zuerkannte Kostenerstattung iHv 312,38 EUR der Klägerin einen Erstattungsanspruch iHv weiteren 309,40 EUR zuerkannt und damit ein Recht iSd § 31 SGB I begründet. Ergibt sich aber der Kostenerstattungsanspruch alleine aus dem angefochtenen Bescheid und besteht darüber hinaus keine Rechtsgrundlage für eine weitere Kostenerstattung, so kann der Senat eine höhere Erstattung nicht zusprechen.

Aber selbst wenn der Klägerin in Folge des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm dem Abhilfebescheid vom 16.11.2010 ein eigenständiger, weiterer Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 zustünde, hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid den Erstattungsbetrag zutreffend bestimmt:

Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sind nach § 63 Abs 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs 3, 1. Halbsatz SGB X). Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs 3 Satz 2 SGB X). Die Beklagte hat die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig gehalten und die Erstattung der Kosten zugesagt.

Der Umfang der notwendigen Aufwendungen richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) iVm. mit dem "Vergütungsverzeichnis" (VV; Art 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I 2004, S 717 ff, 788 ff, 850)), da der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit dem Bevollmächtigten nach dem 30.06.2004 erteilt worden war ... § 3 RVG sieht vor, dass in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen (Abs 1 Satz 1). Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (Abs 2). Nach dem eigenständigen Gebührentatbestand für sozialrechtliche Angelegenheiten erhält der Rechtsanwalt für die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten ua eine Geschäftsgebühr. Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr 2400 VV RVG iVm § 14 RVG. Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Nr 2400 VV RVG umfasst einen Betragsrahmen von 40,00 bis 520,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog Schwellengebühr). Das BSG (05.05.2010, B 11 AL 14/09 R, juris Rdnr 19) hat insoweit entschieden, dass es bei dieser Einordnung nicht angebracht sei, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren. Abzustellen sei in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (BSG aaO).

Umstände die im vorliegenden Einzelfall dafür sprechen, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren, die sich in der bloßen Abfassung eines kurz begründeten Widerspruchs erschöpfte, umfangreich oder schwierig war, sodass es gerechtfertigt ist, eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR zu fordern, sind nicht gegeben. Die Tätigkeit der Vertretung im Widerspruchsverfahren ist im Hinblick auf dessen Hinweis, das Gesetz sehe eine von der von der Beklagten gesetzten Frist abweichende Frist nach § 51 SGB V vor (§ 51 Abs 1 Satz 1 SGB V: 10 Wochen; Beklagte: wenige Wochen) und es sei Ermessen auszuüben, wenn überhaupt als durchschnittlich einzustufen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine umfangreiche oder gar schwierige Tätigkeit gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Auch hat die Angelegenheit keine Bedeutung, die es rechtfertigen würde, von der Schwellengebühr abzuweichen. Nachdem die geltend gemachten Kosten insoweit von einem realistischen Kostenansatz weit entfernt liegen und damit unbillig sind, ist der Senat an die Kostenbestimmung des Prozessbevollmächtigten nicht gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).

Auch eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kann die Klägerin nicht beanspruchen. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Daher wird schon aus dem Wortlaut der Vorschrift entgegen dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten deutlich, dass nur eine anwaltliche Mitwirkung die Erledigungsgebühr begründen kann. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 09.12.2010, B 13 R 63/09 R, juris Rdnr 26 mwN) kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG komme es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an (BSG aaO mit weiteren Ausführungen).

Wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Klage selbst eingeräumt hat, hat er über die Widerspruchseinlegung hinaus keinerlei auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Maßnahmen ergriffen. Er hat den Widerspruch lediglich eingelegt und durch den Hinweis auf das Gesetz (§ 51 Abs 1 Satz 1 SGB V) begründet; eine darüber hinausgehende Tätigkeit hat er - auch nicht im Ansatz erkennbar - entfaltet.

Hat der Prozessbevollmächtigte daher keine über die bloße, bereits mit der Gebühr nach Nr 2400 VV RVG abgegoltene Widerspruchseinlegung bzw Widerspruchsbegründung hinausgehende und auf Erledigung gerichtete Mitwirkung gezeigt, steht ihm eine Gebühr nach Nr 1005 VV RVG nicht zu; der Senat ist nicht an die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommene Bestimmung gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).

Im Übrigen hat die Beklagte die vom Prozessbevollmächtigten geforderte Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR erstattet und die sich ergebende Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG zutreffend berechnet. Die Klägerin hat daher keinen über den bereits von der Beklagten im angefochtenen Bescheid anerkannten Betrag von 309,40 EUR hinausgehenden Zahlungsanspruch.

Die Kostenentscheidung beruht zunächst auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.

Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 192 SGG. Der Senat hat insoweit im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG Missbrauchskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung durch den Vorsitzenden ist mit Schreiben vom 07.02.2012 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgt. Dieser hat - wie er selbst vorgetragen hat - den Hinweis erhalten und mit der Klägerin besprochen. Er hat in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 hierauf Bezug genommen und das Verfahren fortgeführt. Der Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass die zu erstattenden Kosten bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 29.11.2010 festgesetzt worden seien. Es könne deshalb offen bleiben, ob daher die Kosten des Widerspruchsverfahrens zweifach verlangt würden oder ob die Rechnung dem Verfahren S 14 KR 5939/10 ER zuzurechnen sei; es sei offensichtlich, dass die Klage weder in dem einen noch dem anderen Fall Erfolg haben könne. Es war des Weiteren darauf hingewiesen worden, dass Kosten iHv 225,00 EUR festgesetzt werden können. Die Anwesenheit der Klägerin in der dann folgenden mündlichen Verhandlung war für die Auferlegung der Kosten nicht erforderlich (vgl hierzu Senatsurteil vom 20.07.2010, L 11 KR 5344/09 mwN). Denn die Hinweispflicht basiert auf dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 GG sowie § 62 SGG), der aber lediglich besagt, dass der Beteiligte Gelegenheit haben muss, sich vor der Entscheidung hierzu zu äußern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 62 SGG Rdnr 2 mwN). Diese Gelegenheit stand der Klägerin offen, sie hat sie durch die Schriftsätze des Bevollmächtigten vom 08.02.2012 und 10.02.2012 genutzt.

Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall missbräuchlich. Missbräuchliches Prozessieren ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu § 34 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl BVerfG NJW 1996, 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (LSG Nordrhein-Westfalen 16.06.2004, L 12 AL 59/03, juris). Denn nachdem die Beklagte bereits mit bestandskräftigem Bescheid vom 29.11.2010 die der Klägerin zu ersetzenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 09.11.2010 festgesetzt und in der Folge ausbezahlt hat, steht der Klägerin, was auch diese einsehen musste und auch getan hat, ein zweiter Kostenerstattungsanspruch für dasselbe Widerspruchsverfahren nicht zu. Wer bereits bestandskräftig beschiedene beglichene Ansprüche zweifach geltend macht, handelt missbräuchlich. Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens die Auferlegung einer Verschuldensgebühr iHv 225,00 EUR (Mindestgebühr nach § 192 Abs 2 S 3, § 184 Abs 2 SGG) für geboten.

Im Übrigen sei erwähnt - was an sich schon für missbräuchliches Prozessieren iSd § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG ausreicht (vgl auch das Urteil vom 14.02.2012 im Verfahren L 11 KR 5366/11) -, dass aber auch ein anwaltliches Tätigwerden oberhalb des Schwellenwertes oder eine solch gewichtige Bedeutung, die die Festsetzung einer Gebühr oberhalb des Schwellenwertes rechtfertigen würde, sowie ein Grund für den Anfall einer Erledigungsgebühr nicht vorliegen. Dennoch hat der Bevollmächtigte, dessen Verhalten sich die Klägerin zurechnen lassen muss (§ 192 Abs 1 Satz 2 SGG) und mit dessen Verhalten sie entsprechend dem Schriftsatz vom 10.02.2012 einverstanden ist, zum wiederholten Mal für geringste Tätigkeiten im Widerspruchsverfahren (bloße Abfassung eines kurzen Schriftsatzes) deutlich überhöhte Gebühren (Höchstsatz) verlangt. Ebenso hat die Klägerin die Erstattung einer Erledigungsgebühr verlangt, obwohl die Voraussetzungen hierfür erkennbar nicht vorlagen. Denn dem Bevollmächtigten war aus von ihm selbst betriebenen Verfahren vorliegend von Anfang an bekannt, dass die Rechtsprechung des BSG schon mindestens seit den Entscheidungen vom 07.11.2006 (B 1 KR 13/06 R, juris) und 02.10.2008 (B 9/9a SB 2/07 R, BSGE 99, 9-15 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6 = juris) eine besondere Mitwirkung des Anwalts als Entstehensgrund einer Erledigungsgebühr verlangt. Dies hatte das BSG auch bereits mehrfach in Verfahren entschieden (BSG, 16.11.2010, B 1 KR 101/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1424/10; BSG, 25.11.2010, B 1 KR 102/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1425/10; BSG, 22.12.2010, B 1 KR 94/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 4264/09, in dem dem Kläger bereits Kosten nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auferlegt worden waren; BSG, 05.11.2011, B 1 KR 143/10 B, vorgehend Senatsurteil, 26.10.2010, L 11 KR 3335/10; die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Senatsbeschluss vom 02.10.2010, L 11 R 5463/09 (Az des BSG B 13 R 212/10 B) wurde zurückgenommen, ebenfalls wurde die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Senatsurteil vom 16.11.2010, L 11 KR 3881/08 (Az des BSG B 14 R 146/10 B) zurückgenommen), in denen der heutige Bevollmächtigte der Klägerin eine Abrechnung zu Höchstsätzen und die Erledigungsgebühr verlangt hatte, ohne mehr getan zu haben, als den Widerspruch zu begründen (BSG aaO; zu einem Verfahren mit demselben Streitgegenstand nach § 51 SGB V wie vorliegend vgl bereits BSG, 25.11.2010, B 1 KR 102/10 B, vorgehend und vom Bevollmächtigten betrieben: Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1424/10). Nachdem alle Verfahren vor dem Senat bereits vom heutigen Bevollmächtigten der Klägerin betreiben worden waren und das BSG jeweils mit deutlichen Worten und unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung, von der der Senat nicht abgewichen ist, ua ausgeführt hatte, dass das Entstehen der Erledigungsgebühr eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere anwaltliche Tätigkeit erfordert, war dem Bevollmächtigten eindeutig bewusst und bekannt, dass sein Begehren keinerlei Aussicht auf Erfolg haben würde. Dieses Wissen und Wollen ihres Bevollmächtigten um die Rechtsmissbräuchlickeit der Prozessführung muss sich die Klägerin zurechnen lassen; soweit der Bevollmächtigte die Klägerin über die Rechtslage aufgeklärt hat, betrieb sie selbst mit Wissen und Wollen um die Rechtsmissbräuchlickeit ein aussichtsloses Verfahren. Die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung wurde dem Klägervertreter auch mit Schreiben vom 07.02.2012 dargelegt.

Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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