Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2011/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5366/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat Kosten des Gerichts in Höhe von 225 EUR zu zahlen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin weitere 952,00 EUR als Kosten des Widerspruchsverfahrens (§ 63 SGB X) wegen eines Widerspruchs gegen einen Bescheid vom 04.10.2010 zu erstatten hat.
Die Klägerin war wegen eines Hüft-TEP-Wechsels am 12.07.2010 seit diesem Tag arbeitsunfähig. Vom 17.08.2010 bis zum 04.09.2010 befand sich die Klägerin auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung Bund in einer Anschlussheilbehandlung. Ein Gutachten des MDK vom 29.09.2010, das dieser im Auftrag der Beklagten erstellt hatte, sah die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als gemindert.
Mit Bescheid vom 04.10.2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, beim Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu stellen und die beigefügten Antragsformulare bis zum 18.11.2010 unterschrieben zurückzusenden. Am 07.10.2010 erklärte die Klägerin in einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits in der Rehabilitation gestellt zu haben. Die Beklagte erklärte daraufhin im selben Gespräch, der Antrag habe sich erledigt.
Die Klägerin legte am 12.11.2010 Widerspruch gegen die Aufforderung vom 04.10.2010 ein (Az des Bevollmächtigten 291/10E05 Fe) und machte geltend, hierbei handele es sich um ein Standardschreiben, das niemals die Voraussetzungen an einen Ermessensverwaltungsakt erfülle. Außerdem müsse nach dem Gesetz für die Stellung des Antrags eine Zehnwochenfrist eingeräumt werden (zum Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 04.10.2010 vgl das Verfahren beim Sozialgericht Freiburg (SG) S 14 KR 5939/10 ER; Az des Bevollmächtigten 299/10E05 Re). Die Beklagte hob mit Bescheid vom 26.11.2010 den Bescheid vom 04.10.2010 auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten.
Nachdem die Beklagte am 05.11.2010 von der Deutschen Rentenversicherung Bund erfahren hatte, dass die Klägerin keinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt hat, dieser jedoch am 28.09.2009 eine Arbeitsplatzausstattung (Elektrohubwagen) bewilligt worden war, kam es am 09.11.2010 zu einem erneuten Telefonat zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin der Beklagten. Die Klägerin führte damals telefonisch aus, sie habe etwas verwechselt. Sie habe gedacht, bei dem Antrag gehe es um die Arbeitsplatzausstattung. Sie bat, ihr erneut einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zuzusenden. Einen Antrag werde sie aber wahrscheinlich nicht stellen, da sie noch bis Ende des Jahres arbeitsunfähig sei und anschließend eine stufenweise Wiedereingliederung machen wolle.
Mit einem Bescheid vom 09.11.2010 forderte die Beklagte die Klägerin erneut auf, einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu stellen und die beigefügten Antragsformulare bis spätestens zum 16.12.2010 zurückzusenden. Werde der Antrag nicht gestellt, könne Krankengeld nur bis zum Ende der Frist gezahlt werden. Hiergegen erhob die Klägerin am 12.11.2010 Widerspruch (Az des Bevollmächtigten 292/10E05 Re). Sie machte geltend, die Aufforderung sei aufzuheben, weil ein "Ermessensfehlgebrauch durch Unterlassen jeglichen Ermessens" vorliege. Ferner sei nicht beachtet, dass sie unmissverständlich eine stufenweise Wiedereingliederung gewünscht habe. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 16.11.2010 den Bescheid vom 09.11.2010 auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten. Mit weiterem Bescheid vom 17.11.2010 hob die Beklagte den Bescheid vom 09.11.2010 erneut auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten (vgl hierzu das Verfahren L 11 KR 4076/11).
Mit Bescheid vom 18.11.2010 forderte die Beklagte die Klägerin erneut und unter Setzung einer Frist bis zum 31.01.2011 zur Beantragung einer Leistung zur Beruflichen Rehabilitation auf. Werde der Antrag nicht gestellt, könne Krankengeld nur bis zum Ende der Frist gezahlt werden. Hiergegen erhob die Klägerin am 22.11.2010 (Az des Bevollmächtigten 300/10E05) Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2011 zurückwies. In diesem Verfahren hat die Klägerin beim SG beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen (Antrag vom 01.12.2010; Az SG: S 14 KR 6144/10 ER; Az des Bevollmächtigten: 314/E05 Fe). Auf Vorschlag des SG wurde durch schriftlichen Vergleich die Frist zur Rehabilitationsantragsstellung bis zum 28.02.2011 verlängert, die Beklagte erklärte sich bereit, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des ER-Verfahrens zu erstatten. Daraufhin legte der Bevollmächtigte der Beklagten am 16.12.2010 (Az des Bevollmächtigten 314/10E05 Fe) und unter Bezugnahme auf das Verfahren S 14 KR 6144/10 ER eine Rechnung über 448,04 EUR vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2010 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 08.02.2011 beim SG Klage erhoben (Az: S 11 KR 627/11; LSG: L 11 KR 5496/11).
Mit Schreiben vom 09.12.2010 zu seinem Aktenzeichen 291/10E05 Fe und unter Bezugnahme auf das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 04.10.2010 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten eine Geschäftsgebühr gem § 3 RVG iVm Nr 2400 VV RVG iHv 520,00 EUR, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG iHv 520,00 EUR, eine Auslagenpauschale gem Nr 7001 VV RVG iHv 20,00 EUR, eine Dokumentenpauschale für fünf Kopien nach Nr 7000 VV RVG iHv 5,00 EUR sowie Umsatzsteuer (19%) gem Nr 7008 VV iHv 202,35 EUR, zusammen 1.267,35 EUR in Rechnung. Er führte aus, dass dem ersten Aufforderungsverfahren höhere Bedeutung zukomme als dem zweiten, beim dritten Aufforderungsverfahren habe dann aber wieder etwas anderes zu gelten. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung des Aspekts, dass die Beklagte mit ihren Aufforderungen die Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis katapultiere, werde die Höchstgebühr angesetzt.
Unter Bezugnahme auf diese Rechnung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.2010 die zu übernehmenden Kosten auf 315,35 EUR fest. Es bestehe Anspruch auf eine Geschäftsgebühr nur iHv 240,00 EUR. Eine Einigungsgebühr werde nicht erstattet, da die erforderliche Mitwirkung nicht bereits im Anfertigen einer Widerspruchsbegründung liege. Hiergegen erhob die Klägerin am 19.01.2011 Widerspruch in dem ihr Bevollmächtigter mitteilte: "Eine Widerspruchsbegründung ist nicht beabsichtigt, da ein Fehlen der Rechtsproblematik hinlänglich bekannt und die divergierenden Auffassungen ebenso bekannt sind oder die Rechnung bereits begründet worden ist bei Stellung und Übersendung." Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2011 zurück.
Die Klägerin hat am 18.04.2011 beim SG Klage erhoben, eine Begründung hat sie nicht vorgelegt. Das SG hat daraufhin mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2011 die Klage abgewiesen. Die Festsetzung der Höchstgebühr nach Nr 2400 VV RVG überschreite den eingeräumten Ermessensspielraum eindeutig. Schwierig und umfangreich im Sinne von Nr 2400 Satz 2 VV RVG sei eine Tätigkeit nur dann, wenn sie nicht als einfach bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und auch nicht an der Grenze zwischen einfach und schwierig (durchschnittlich) bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und umfangreich (durchschnittlich) zu beurteilen sei. Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Widerspruchverfahren könne jedoch, wenn überhaupt, allenfalls als durchschnittlich umfangreich und durchschnittlich schwierig bewertet werden. Die Beklagte habe auch zu Recht die geforderte Erledigungsgebühr nicht erstattet. Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG setze die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten sei jedoch nicht gegeben.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigen am 11.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten am 06.12.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Eine Begründung war zunächst nicht vorgelegt worden. Mit Fax vom 10.02.2012 hat der Bevollmächtigte der Klägerin dann ausgeführt, es sei ihm bekannt, dass die Gerichtsbarkeit in Baden-Württemberg keine andere Gebühr als 240,00 EUR kenne und sich weigere, Einzelfälle anders zu entscheiden, es sei aber jeder Einzelfall zu beurteilen und in jedem Einzelfall eine Entscheidung zu treffen, da auch jeder Fall anders gelagert sei. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zu § 14 RVG werde als bekannt vorausgesetzt, dass die Bedeutung der Angelegenheit gleichwertig sei mit dem Arbeitsaufwand und der Bewertung der Schwierigkeit der Rechtsmaterie. Diese könne, wenn die Bedeutung überdurchschnittlich sei, die anderen Merkmale überdecken und zu einem höheren Gebührenanspruch führen. Die Bedeutung der Angelegenheit liege in jedem Einzelfall anders und sei unterschiedlich und gesondert zu beurteilen. Mit der Klägerin habe eine entsprechende Besprechung über die Vorgehensweise stattgefunden. Sie stehe im Einklang mit den hier dargetanen Rechtsauffassungen. Es sei auch nichts augenscheinlich rechtsmissbräuchlich daran, eine "Klage" nicht zu begründen, bei der es im Endergebnis lediglich um Widerspruchskosten gehe. Es werde in der Sache darauf hingewiesen, dass die Beklagte unmissverständlich die Berentung der Klägerin im Sinn gehabt habe und diese aus ihrem Beschäftigungsverhältnis habe hinausdrängen wollen. Es sei damals klar gewesen, dass eine Wiedereingliederung geplant und von der Beklagten ignoriert worden sei. Bezüglich der Erledigungsgebühr werde hier eine andere Auffassung als die des BSG vertreten. Eine andere Rechtsauffassung zu vertreten sei nicht verboten. Dies sei auch nicht mutwillig oder rechtsmissbräuchlich. Der Bevollmächtigte halte an seiner Auffassung fest, in den gesetzlichen Vorschriften finde sich kein Hinweis auf das Erfordernis eines besonderen, über die Abgabe der Widerspruchsbegründung hinausgehendes Tätigwerden. Es sei auch völlig egal was man tue, ob man Vergleichsverhandlungen führe, sich vorher bemühe die Angelegenheit unstreitig zu erledigen oder ob man zusätzlich Unterlagen beibringe, denn die Erledigungsgebühr werde nie zugesprochen - insbesondere nicht im Land Baden-Württemberg. Die Formulierung des RVG besage ganz klar, dass die Erledigungsgebühr anfalle, wenn der gewünschte Abhilfeverwaltungsakt bekanntgegeben werde. Es finde sich kein Tatbestandsmerkmal der besonderen Mitwirkung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.11.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 16.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2011 zu verurteilen, ihr weitere 952,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft - da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt - und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) verfolgte Begehren ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, über die im angefochtenen Bescheid bereits von der Beklagten anerkannten 952,00 EUR hinausgehender Beträge.
Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Inhaber eines solchen Kostenerstattungsanspruchs ist alleine der Widerspruchsführer; ihm allein, nicht dagegen seinem Bevollmächtigten, steht ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen den Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, dass der Widerspruchsführer tatsächlich Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen einen konkreten Verwaltungsakt hatte. Dabei kann der Widerspruchsführer grds Aufwendungen für eigenes Tätigwerden geltend machen, er kann aber auch - soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war - diejenigen Aufwendungen geltend machen, die durch die Beauftragung und das Tätigwerden eines Bevollmächtigten entstanden sind. Insoweit ist aber Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten tatsächlich ausgesetzt ist. Fehlt es daran (zu den wesentlichen Darlegungen zum Rechtsgrund der Rechnungsstellung vgl das Urteil des Senats vom 14.02.2012, L 11 KR 4076/11) oder sind tatsächlich keine Aufwendungen entstanden, steht dem Widerspruchsführer kein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu. Demzufolge muss der Widerspruchsführer gegenüber dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, geltend machen, er sei tatsächlich einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten ausgesetzt.
Ob die Voraussetzungen des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im vorliegenden Fall überhaupt erfüllt sind, ist fraglich. Es stellt sich vorliegend schon die Frage, ob der Widerspruch vom 12.11.2010 überhaupt erfolgreich war, denn die Beklagte hatte bereits vor dem Widerspruch vom 12.11.2010 telefonisch den Bescheid vom 04.10.2010 aufgehoben (vgl Telefonat mit der Klägerin vom 07.10.2010). Diese Frage kann offen bleiben. Denn die Beklagte hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 26.11.2010 die Erstattung der Kosten anerkannt und damit eine Rechtsgrundlage für den vorliegend streitigen Anspruch geschaffen. Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 16.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2011 hat die Beklagte die zu erstattenden Kosten festgesetzt.
Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sind nach § 63 Abs 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs 3, 1. Halbsatz SGB X). Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs 3 Satz 2 SGB X). Die Beklagte hat die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig gehalten und die Erstattung der Kosten zugesagt.
Der Umfang der notwendigen Aufwendungen richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) iVm mit dem "Vergütungsverzeichnis" (VV RVG; Art 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I 2004, S 717 ff, 788 ff, 850)), da der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit dem Bevollmächtigten nach dem 30.06.2004 erteilt worden war.
§ 3 RVG sieht vor, dass in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen (Abs 1 Satz 1). Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (Abs 2). Nach dem eigenständigen Gebührentatbestand für sozialrechtliche Angelegenheiten erhält der Rechtsanwalt für die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten ua eine Geschäftsgebühr. Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr 2400 VV RVG iVm § 14 RVG. Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Nr 2400 VV RVG umfasst einen Betragsrahmen von 40,00 bis 520,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog Schwellengebühr). Das BSG (05.05.2010, B 11 AL 14/09 R, juris Rdnr 19) hat insoweit entschieden, dass es bei dieser Einordnung nicht angebracht sei, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren. Abzustellen sei in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (BSG aaO).
Umstände die im vorliegenden Einzelfall dafür sprechen, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren, die sich in der bloßen Abfassung eines kurz begründeten Widerspruchs erschöpfte, umfangreich oder schwierig war, sodass es gerechtfertigt ist, eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR zu fordern, sind nicht gegeben. Die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren ist im Hinblick auf dessen Hinweis, das Gesetz sehe eine von der von der Beklagten gesetzten Frist abweichende Frist nach § 51 SGB V vor (§ 51 Abs 1 Satz 1 SGB V: 10 Wochen; Beklagte: wenige Wochen) und es sei Ermessen auszuüben, lediglich als durchschnittlich einzustufen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine umfangreiche oder gar schwierige Tätigkeit gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Auch seine Tätigkeit im Verfahren S 11 KR 5939/10 ER führt nicht zu einer Erhöhung seiner Aufwendungen im vorliegend zu beurteilenden Widerspruchsverfahren, denn die Kosten des dortigen gerichtlichen Verfahrens sind gesondert zu beurteilen. Auch dass die Angelegenheit für die Klägerin eine Bedeutung hätte, die eine über die Schwellengebühr hinausgehende Kostennote rechtfertigen würde, kann der Senat nicht erkennen. Nachdem die geltend gemachten Kosten insoweit von einem realistischen Kostenansatz weit entfernt liegen und damit unbillig sind, ist der Senat an die Kostenbestimmung des Prozessbevollmächtigten nicht gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).
Auch eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kann die Klägerin nicht beanspruchen. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Daher wird schon aus dem Wortlaut der Vorschrift entgegen dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten deutlich, dass nur eine anwaltliche Mitwirkung die Erledigungsgebühr begründen kann. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 09.12.2010, B 13 R 63/09 R, juris Rdnr 26 mwN) kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG komme es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an (BSG aaO mit weiteren Ausführungen).
Wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Klage selbst eingeräumt hat, hat er über die Widerspruchseinlegung hinaus keinerlei auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Maßnahmen ergriffen. Er hat den Widerspruch lediglich eingelegt und durch den Hinweis auf das Gesetz (§ 51 Abs 1 Satz 1 SGB V) begründet; eine darüber hinausgehende Tätigkeit hat er - auch nicht im Ansatz erkennbar - entfaltet. Auch seine Tätigkeit im Verfahren S 11 KR 5939/10 ER führt nicht zu einer Mitwirkung an der Erledigung des vorliegend streitigen Widerspruchsverfahrens.
Hat der Prozessbevollmächtigte daher keine über die bloße, bereits mit der Gebühr nach Nr 2400 VV RVG abgegoltene Widerspruchseinlegung bzw Widerspruchsbegründung hinausgehende und auf Erledigung gerichtete Mitwirkung gezeigt, steht ihm eine Gebühr nach Nr 1005 VV RVG nicht zu; der Senat ist nicht an die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommene Bestimmung gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).
Im Übrigen hat die Beklagte die vom Prozessbevollmächtigten geforderte Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR erstattet und die sich nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR ergebende Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG zutreffend berechnet. Die Klägerin hat daher keinen über den bereits von der Beklagten im angefochtenen Bescheid anerkannten Betrag von 315,35 EUR hinausgehenden Zahlungsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht zunächst auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 192 SGG. Der Senat hat insoweit im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG Missbrauchskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung durch den Vorsitzenden ist mit Schreiben vom 07.02.2012 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgt. Dieser hat - wie er selbst vorgetragen hat - den Hinweis erhalten und mit der Klägerin besprochen. Er hat in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 hierauf Bezug genommen und das Verfahren fortgeführt. Der Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass in Fällen der vorliegenden Art, eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr nicht verlangt werden könne und eine Erledigungsgebühr offensichtlich nicht angefallen sei. Es war des Weiteren darauf hingewiesen worden, dass Kosten iHv 225,00 EUR festgesetzt werden können. Die Anwesenheit der Klägerin in der dann folgenden mündlichen Verhandlung war für die Auferlegung der Kosten nicht erforderlich (vgl hierzu Senatsurteil vom 20.07.2010, L 11 KR 5344/09 mwN). Denn die Hinweispflicht basiert auf dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 GG sowie § 62 SGG), der aber lediglich besagt, dass der Beteiligte Gelegenheit haben muss, sich vor der Entscheidung hierzu zu äußern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 62 SGG Rdnr 2 mwN). Diese Gelegenheit stand der Klägerin offen, sie hat sie durch den Schriftsatz vom 10.02.2012 genutzt.
Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall missbräuchlich. Missbräuchliches Prozessieren ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu § 34 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl BVerfG NJW 1996, 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (LSG Nordrhein-Westfalen 16.06.2004, L 12 AL 59/03, juris). Die Berufung war offensichtlich unbegründet. Denn dem Bevollmächtigten war aus von ihm selbst betriebenen Verfahren vorliegend von Anfang an bekannt, dass die Rechtsprechung des BSG schon mindestens seit den Entscheidungen vom 07.11.2006 (B 1 KR 13/06 R, juris) und 02.10.2008 (B 9/9a SB 2/07 R, BSGE 99, 9-15 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6 = juris) eine besondere Mitwirkung des Anwalts als Entstehensgrund einer Erledigungsgebühr verlangt. Dies hatte das BSG auch bereits mehrfach in Verfahren entschieden (BSG, 16.11.2010, B 1 KR 101/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1424/10; BSG, 25.11.2010, B 1 KR 102/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1425/10; BSG, 22.12.2010, B 1 KR 94/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 4264/09, in dem dem Kläger bereits Kosten nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auferlegt worden waren; BSG, 05.11.2011, B 1 KR 143/10 B, vorgehend Senatsurteil, 26.10.2010, L 11 KR 3335/10; die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Senatsbeschluss vom 02.10.2010, L 11 R 5463/09 (Az des BSG B 13 R 212/10 B) wurde zurückgenommen, ebenso wurde die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Senatsurteil vom 16.11.2010, L 11 KR 3881/10, (Az BSG B 1 KR 146/10 B), zurückgenommen), in denen der heutige Bevollmächtigte der Klägerin eine Abrechnung zu Höchstsätzen und die Erledigungsgebühr verlangt hatte, ohne mehr getan zu haben, als den Widerspruch zu begründen (BSG aaO; zu einem Verfahren mit demselben Streitgegenstand nach § 51 SGB V wie vorliegend vgl bereits BSG, 25.11.2010, B 1 KR 102/10 B, vorgehend und vom Bevollmächtigten betrieben: Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1424/10). Nachdem alle Verfahren vor dem Senat bereits vom heutigen Bevollmächtigten der Klägerin betrieben worden waren und das BSG jeweils mit deutlichen Worten und unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung, von der der Senat nicht abgewichen ist, ua darauf hingewiesen hatte, dass das Entstehen der Erledigungsgebühr eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere anwaltliche Tätigkeit erfordert, war dem Bevollmächtigten eindeutig bewusst und bekannt, dass sein Begehren keinerlei Aussicht auf Erfolg haben würde. Dieses Wissen und Wollen ihres Bevollmächtigten um die Rechtsmissbräuchlickeit der Prozessführung muss sich die Klägerin zurechnen lassen; soweit der Bevollmächtigte die Klägerin über die Rechtslage aufgeklärt hat, betrieb sie selbst mit Wissen und Wollen um die Rechtsmissbräuchlickeit ein aussichtsloses Verfahren. Die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung wurde dem Klägervertreter auch mit Schreiben vom 07.02.2012 dargelegt.
Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens die Auferlegung einer Verschuldensgebühr iHv 225,00 EUR (Mindestgebühr nach § 192 Abs 2 S 3, § 184 Abs 2 SGG) für geboten.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat Kosten des Gerichts in Höhe von 225 EUR zu zahlen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin weitere 952,00 EUR als Kosten des Widerspruchsverfahrens (§ 63 SGB X) wegen eines Widerspruchs gegen einen Bescheid vom 04.10.2010 zu erstatten hat.
Die Klägerin war wegen eines Hüft-TEP-Wechsels am 12.07.2010 seit diesem Tag arbeitsunfähig. Vom 17.08.2010 bis zum 04.09.2010 befand sich die Klägerin auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung Bund in einer Anschlussheilbehandlung. Ein Gutachten des MDK vom 29.09.2010, das dieser im Auftrag der Beklagten erstellt hatte, sah die Erwerbsfähigkeit der Klägerin als gemindert.
Mit Bescheid vom 04.10.2010 forderte die Beklagte die Klägerin auf, beim Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu stellen und die beigefügten Antragsformulare bis zum 18.11.2010 unterschrieben zurückzusenden. Am 07.10.2010 erklärte die Klägerin in einem Telefongespräch mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits in der Rehabilitation gestellt zu haben. Die Beklagte erklärte daraufhin im selben Gespräch, der Antrag habe sich erledigt.
Die Klägerin legte am 12.11.2010 Widerspruch gegen die Aufforderung vom 04.10.2010 ein (Az des Bevollmächtigten 291/10E05 Fe) und machte geltend, hierbei handele es sich um ein Standardschreiben, das niemals die Voraussetzungen an einen Ermessensverwaltungsakt erfülle. Außerdem müsse nach dem Gesetz für die Stellung des Antrags eine Zehnwochenfrist eingeräumt werden (zum Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 04.10.2010 vgl das Verfahren beim Sozialgericht Freiburg (SG) S 14 KR 5939/10 ER; Az des Bevollmächtigten 299/10E05 Re). Die Beklagte hob mit Bescheid vom 26.11.2010 den Bescheid vom 04.10.2010 auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten.
Nachdem die Beklagte am 05.11.2010 von der Deutschen Rentenversicherung Bund erfahren hatte, dass die Klägerin keinen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt hat, dieser jedoch am 28.09.2009 eine Arbeitsplatzausstattung (Elektrohubwagen) bewilligt worden war, kam es am 09.11.2010 zu einem erneuten Telefonat zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin der Beklagten. Die Klägerin führte damals telefonisch aus, sie habe etwas verwechselt. Sie habe gedacht, bei dem Antrag gehe es um die Arbeitsplatzausstattung. Sie bat, ihr erneut einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zuzusenden. Einen Antrag werde sie aber wahrscheinlich nicht stellen, da sie noch bis Ende des Jahres arbeitsunfähig sei und anschließend eine stufenweise Wiedereingliederung machen wolle.
Mit einem Bescheid vom 09.11.2010 forderte die Beklagte die Klägerin erneut auf, einen Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation zu stellen und die beigefügten Antragsformulare bis spätestens zum 16.12.2010 zurückzusenden. Werde der Antrag nicht gestellt, könne Krankengeld nur bis zum Ende der Frist gezahlt werden. Hiergegen erhob die Klägerin am 12.11.2010 Widerspruch (Az des Bevollmächtigten 292/10E05 Re). Sie machte geltend, die Aufforderung sei aufzuheben, weil ein "Ermessensfehlgebrauch durch Unterlassen jeglichen Ermessens" vorliege. Ferner sei nicht beachtet, dass sie unmissverständlich eine stufenweise Wiedereingliederung gewünscht habe. Die Beklagte hob mit Bescheid vom 16.11.2010 den Bescheid vom 09.11.2010 auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten. Mit weiterem Bescheid vom 17.11.2010 hob die Beklagte den Bescheid vom 09.11.2010 erneut auf und sagte zu, die Kosten des Widerspruchsverfahrens in angemessener Höhe gemäß § 63 SGB X zu erstatten (vgl hierzu das Verfahren L 11 KR 4076/11).
Mit Bescheid vom 18.11.2010 forderte die Beklagte die Klägerin erneut und unter Setzung einer Frist bis zum 31.01.2011 zur Beantragung einer Leistung zur Beruflichen Rehabilitation auf. Werde der Antrag nicht gestellt, könne Krankengeld nur bis zum Ende der Frist gezahlt werden. Hiergegen erhob die Klägerin am 22.11.2010 (Az des Bevollmächtigten 300/10E05) Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2011 zurückwies. In diesem Verfahren hat die Klägerin beim SG beantragt, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen (Antrag vom 01.12.2010; Az SG: S 14 KR 6144/10 ER; Az des Bevollmächtigten: 314/E05 Fe). Auf Vorschlag des SG wurde durch schriftlichen Vergleich die Frist zur Rehabilitationsantragsstellung bis zum 28.02.2011 verlängert, die Beklagte erklärte sich bereit, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des ER-Verfahrens zu erstatten. Daraufhin legte der Bevollmächtigte der Beklagten am 16.12.2010 (Az des Bevollmächtigten 314/10E05 Fe) und unter Bezugnahme auf das Verfahren S 14 KR 6144/10 ER eine Rechnung über 448,04 EUR vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.11.2010 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 08.02.2011 beim SG Klage erhoben (Az: S 11 KR 627/11; LSG: L 11 KR 5496/11).
Mit Schreiben vom 09.12.2010 zu seinem Aktenzeichen 291/10E05 Fe und unter Bezugnahme auf das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 04.10.2010 stellte der Bevollmächtigte der Klägerin der Beklagten eine Geschäftsgebühr gem § 3 RVG iVm Nr 2400 VV RVG iHv 520,00 EUR, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG iHv 520,00 EUR, eine Auslagenpauschale gem Nr 7001 VV RVG iHv 20,00 EUR, eine Dokumentenpauschale für fünf Kopien nach Nr 7000 VV RVG iHv 5,00 EUR sowie Umsatzsteuer (19%) gem Nr 7008 VV iHv 202,35 EUR, zusammen 1.267,35 EUR in Rechnung. Er führte aus, dass dem ersten Aufforderungsverfahren höhere Bedeutung zukomme als dem zweiten, beim dritten Aufforderungsverfahren habe dann aber wieder etwas anderes zu gelten. Vor diesem Hintergrund und unter Beachtung des Aspekts, dass die Beklagte mit ihren Aufforderungen die Klägerin aus dem Beschäftigungsverhältnis katapultiere, werde die Höchstgebühr angesetzt.
Unter Bezugnahme auf diese Rechnung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.2010 die zu übernehmenden Kosten auf 315,35 EUR fest. Es bestehe Anspruch auf eine Geschäftsgebühr nur iHv 240,00 EUR. Eine Einigungsgebühr werde nicht erstattet, da die erforderliche Mitwirkung nicht bereits im Anfertigen einer Widerspruchsbegründung liege. Hiergegen erhob die Klägerin am 19.01.2011 Widerspruch in dem ihr Bevollmächtigter mitteilte: "Eine Widerspruchsbegründung ist nicht beabsichtigt, da ein Fehlen der Rechtsproblematik hinlänglich bekannt und die divergierenden Auffassungen ebenso bekannt sind oder die Rechnung bereits begründet worden ist bei Stellung und Übersendung." Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2011 zurück.
Die Klägerin hat am 18.04.2011 beim SG Klage erhoben, eine Begründung hat sie nicht vorgelegt. Das SG hat daraufhin mit Gerichtsbescheid vom 09.11.2011 die Klage abgewiesen. Die Festsetzung der Höchstgebühr nach Nr 2400 VV RVG überschreite den eingeräumten Ermessensspielraum eindeutig. Schwierig und umfangreich im Sinne von Nr 2400 Satz 2 VV RVG sei eine Tätigkeit nur dann, wenn sie nicht als einfach bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und auch nicht an der Grenze zwischen einfach und schwierig (durchschnittlich) bzw mit nur geringem Aufwand verbunden und umfangreich (durchschnittlich) zu beurteilen sei. Die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Widerspruchverfahren könne jedoch, wenn überhaupt, allenfalls als durchschnittlich umfangreich und durchschnittlich schwierig bewertet werden. Die Beklagte habe auch zu Recht die geforderte Erledigungsgebühr nicht erstattet. Der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG setze die aktive Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung voraus. Der Rechtsanwalt müsse eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit entfaltet haben. Eine über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten sei jedoch nicht gegeben.
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigen am 11.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten am 06.12.2011 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Eine Begründung war zunächst nicht vorgelegt worden. Mit Fax vom 10.02.2012 hat der Bevollmächtigte der Klägerin dann ausgeführt, es sei ihm bekannt, dass die Gerichtsbarkeit in Baden-Württemberg keine andere Gebühr als 240,00 EUR kenne und sich weigere, Einzelfälle anders zu entscheiden, es sei aber jeder Einzelfall zu beurteilen und in jedem Einzelfall eine Entscheidung zu treffen, da auch jeder Fall anders gelagert sei. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG zu § 14 RVG werde als bekannt vorausgesetzt, dass die Bedeutung der Angelegenheit gleichwertig sei mit dem Arbeitsaufwand und der Bewertung der Schwierigkeit der Rechtsmaterie. Diese könne, wenn die Bedeutung überdurchschnittlich sei, die anderen Merkmale überdecken und zu einem höheren Gebührenanspruch führen. Die Bedeutung der Angelegenheit liege in jedem Einzelfall anders und sei unterschiedlich und gesondert zu beurteilen. Mit der Klägerin habe eine entsprechende Besprechung über die Vorgehensweise stattgefunden. Sie stehe im Einklang mit den hier dargetanen Rechtsauffassungen. Es sei auch nichts augenscheinlich rechtsmissbräuchlich daran, eine "Klage" nicht zu begründen, bei der es im Endergebnis lediglich um Widerspruchskosten gehe. Es werde in der Sache darauf hingewiesen, dass die Beklagte unmissverständlich die Berentung der Klägerin im Sinn gehabt habe und diese aus ihrem Beschäftigungsverhältnis habe hinausdrängen wollen. Es sei damals klar gewesen, dass eine Wiedereingliederung geplant und von der Beklagten ignoriert worden sei. Bezüglich der Erledigungsgebühr werde hier eine andere Auffassung als die des BSG vertreten. Eine andere Rechtsauffassung zu vertreten sei nicht verboten. Dies sei auch nicht mutwillig oder rechtsmissbräuchlich. Der Bevollmächtigte halte an seiner Auffassung fest, in den gesetzlichen Vorschriften finde sich kein Hinweis auf das Erfordernis eines besonderen, über die Abgabe der Widerspruchsbegründung hinausgehendes Tätigwerden. Es sei auch völlig egal was man tue, ob man Vergleichsverhandlungen führe, sich vorher bemühe die Angelegenheit unstreitig zu erledigen oder ob man zusätzlich Unterlagen beibringe, denn die Erledigungsgebühr werde nie zugesprochen - insbesondere nicht im Land Baden-Württemberg. Die Formulierung des RVG besage ganz klar, dass die Erledigungsgebühr anfalle, wenn der gewünschte Abhilfeverwaltungsakt bekanntgegeben werde. Es finde sich kein Tatbestandsmerkmal der besonderen Mitwirkung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 09.11.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 16.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.03.2011 zu verurteilen, ihr weitere 952,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG statthaft - da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt - und zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn das mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 iVm Abs 4 SGG) verfolgte Begehren ist unbegründet; die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer, über die im angefochtenen Bescheid bereits von der Beklagten anerkannten 952,00 EUR hinausgehender Beträge.
Soweit der Widerspruch erfolgreich ist, hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs 1 Satz 1 SGB X). Inhaber eines solchen Kostenerstattungsanspruchs ist alleine der Widerspruchsführer; ihm allein, nicht dagegen seinem Bevollmächtigten, steht ein entsprechender Erstattungsanspruch gegen den Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu. Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, dass der Widerspruchsführer tatsächlich Aufwendungen im Widerspruchsverfahren gegen einen konkreten Verwaltungsakt hatte. Dabei kann der Widerspruchsführer grds Aufwendungen für eigenes Tätigwerden geltend machen, er kann aber auch - soweit die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war - diejenigen Aufwendungen geltend machen, die durch die Beauftragung und das Tätigwerden eines Bevollmächtigten entstanden sind. Insoweit ist aber Voraussetzung, dass der Widerspruchsführer einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten tatsächlich ausgesetzt ist. Fehlt es daran (zu den wesentlichen Darlegungen zum Rechtsgrund der Rechnungsstellung vgl das Urteil des Senats vom 14.02.2012, L 11 KR 4076/11) oder sind tatsächlich keine Aufwendungen entstanden, steht dem Widerspruchsführer kein Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu. Demzufolge muss der Widerspruchsführer gegenüber dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, geltend machen, er sei tatsächlich einer wirksamen Kostenforderung seines Bevollmächtigten ausgesetzt.
Ob die Voraussetzungen des § 63 Abs 1 Satz 1 SGB X im vorliegenden Fall überhaupt erfüllt sind, ist fraglich. Es stellt sich vorliegend schon die Frage, ob der Widerspruch vom 12.11.2010 überhaupt erfolgreich war, denn die Beklagte hatte bereits vor dem Widerspruch vom 12.11.2010 telefonisch den Bescheid vom 04.10.2010 aufgehoben (vgl Telefonat mit der Klägerin vom 07.10.2010). Diese Frage kann offen bleiben. Denn die Beklagte hat mit bestandskräftigem Bescheid vom 26.11.2010 die Erstattung der Kosten anerkannt und damit eine Rechtsgrundlage für den vorliegend streitigen Anspruch geschaffen. Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 16.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2011 hat die Beklagte die zu erstattenden Kosten festgesetzt.
Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren sind nach § 63 Abs 2 SGB X erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest (§ 63 Abs 3, 1. Halbsatz SGB X). Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs 3 Satz 2 SGB X). Die Beklagte hat die Zuziehung eines Rechtsanwalts für notwendig gehalten und die Erstattung der Kosten zugesagt.
Der Umfang der notwendigen Aufwendungen richtet sich nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) iVm mit dem "Vergütungsverzeichnis" (VV RVG; Art 1 und 8 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I 2004, S 717 ff, 788 ff, 850)), da der Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit dem Bevollmächtigten nach dem 30.06.2004 erteilt worden war.
§ 3 RVG sieht vor, dass in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen (Abs 1 Satz 1). Dies gilt entsprechend für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens (Abs 2). Nach dem eigenständigen Gebührentatbestand für sozialrechtliche Angelegenheiten erhält der Rechtsanwalt für die Vertretung in bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten ua eine Geschäftsgebühr. Rechtsgrundlage der Geschäftsgebühr ist Nr 2400 VV RVG iVm § 14 RVG. Nach § 14 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Nr 2400 VV RVG umfasst einen Betragsrahmen von 40,00 bis 520,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (sog Schwellengebühr). Das BSG (05.05.2010, B 11 AL 14/09 R, juris Rdnr 19) hat insoweit entschieden, dass es bei dieser Einordnung nicht angebracht sei, nach einzelnen Rechtsgebieten bzw Teilrechtsgebieten zu differenzieren. Abzustellen sei in jedem Rechtsgebiet auf den konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (BSG aaO).
Umstände die im vorliegenden Einzelfall dafür sprechen, dass die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren, die sich in der bloßen Abfassung eines kurz begründeten Widerspruchs erschöpfte, umfangreich oder schwierig war, sodass es gerechtfertigt ist, eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR zu fordern, sind nicht gegeben. Die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren ist im Hinblick auf dessen Hinweis, das Gesetz sehe eine von der von der Beklagten gesetzten Frist abweichende Frist nach § 51 SGB V vor (§ 51 Abs 1 Satz 1 SGB V: 10 Wochen; Beklagte: wenige Wochen) und es sei Ermessen auszuüben, lediglich als durchschnittlich einzustufen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich um eine umfangreiche oder gar schwierige Tätigkeit gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Auch seine Tätigkeit im Verfahren S 11 KR 5939/10 ER führt nicht zu einer Erhöhung seiner Aufwendungen im vorliegend zu beurteilenden Widerspruchsverfahren, denn die Kosten des dortigen gerichtlichen Verfahrens sind gesondert zu beurteilen. Auch dass die Angelegenheit für die Klägerin eine Bedeutung hätte, die eine über die Schwellengebühr hinausgehende Kostennote rechtfertigen würde, kann der Senat nicht erkennen. Nachdem die geltend gemachten Kosten insoweit von einem realistischen Kostenansatz weit entfernt liegen und damit unbillig sind, ist der Senat an die Kostenbestimmung des Prozessbevollmächtigten nicht gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).
Auch eine Erledigungsgebühr nach Nr 1005 VV RVG kann die Klägerin nicht beanspruchen. Nach den amtlichen, vom Gesetzestext umfassten Erläuterungen zu Nr 1002 Satz 1 VV RVG setzt diese Vorschrift voraus, dass "sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt". Daher wird schon aus dem Wortlaut der Vorschrift entgegen dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten deutlich, dass nur eine anwaltliche Mitwirkung die Erledigungsgebühr begründen kann. Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (vgl Urteil vom 09.12.2010, B 13 R 63/09 R, juris Rdnr 26 mwN) kann eine Erledigungsgebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Anwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat. Nach dem Wortlaut der Erläuterungen zu Nr 1002 (Satz 2) VV RVG komme es hiernach für das Entstehen einer Erledigungsgebühr auf die auf Erledigung gerichtete Mithilfe des Anwalts an (BSG aaO mit weiteren Ausführungen).
Wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der Klage selbst eingeräumt hat, hat er über die Widerspruchseinlegung hinaus keinerlei auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Maßnahmen ergriffen. Er hat den Widerspruch lediglich eingelegt und durch den Hinweis auf das Gesetz (§ 51 Abs 1 Satz 1 SGB V) begründet; eine darüber hinausgehende Tätigkeit hat er - auch nicht im Ansatz erkennbar - entfaltet. Auch seine Tätigkeit im Verfahren S 11 KR 5939/10 ER führt nicht zu einer Mitwirkung an der Erledigung des vorliegend streitigen Widerspruchsverfahrens.
Hat der Prozessbevollmächtigte daher keine über die bloße, bereits mit der Gebühr nach Nr 2400 VV RVG abgegoltene Widerspruchseinlegung bzw Widerspruchsbegründung hinausgehende und auf Erledigung gerichtete Mitwirkung gezeigt, steht ihm eine Gebühr nach Nr 1005 VV RVG nicht zu; der Senat ist nicht an die vom Prozessbevollmächtigten vorgenommene Bestimmung gebunden (§ 14 Abs 1 Satz 4 RVG).
Im Übrigen hat die Beklagte die vom Prozessbevollmächtigten geforderte Auslagenpauschale nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR erstattet und die sich nach Nr 7002 VV RVG iHv 20,00 EUR ergebende Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG zutreffend berechnet. Die Klägerin hat daher keinen über den bereits von der Beklagten im angefochtenen Bescheid anerkannten Betrag von 315,35 EUR hinausgehenden Zahlungsanspruch.
Die Kostenentscheidung beruht zunächst auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat im Rahmen seines Ermessens insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben ist.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 192 SGG. Der Senat hat insoweit im Rahmen seines Ermessens von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, gemäß § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG Missbrauchskosten aufzuerlegen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Eine entsprechende Belehrung durch den Vorsitzenden ist mit Schreiben vom 07.02.2012 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erfolgt. Dieser hat - wie er selbst vorgetragen hat - den Hinweis erhalten und mit der Klägerin besprochen. Er hat in seiner Stellungnahme vom 10.02.2012 hierauf Bezug genommen und das Verfahren fortgeführt. Der Vorsitzende hat darauf hingewiesen, dass in Fällen der vorliegenden Art, eine höhere Gebühr als die Schwellengebühr nicht verlangt werden könne und eine Erledigungsgebühr offensichtlich nicht angefallen sei. Es war des Weiteren darauf hingewiesen worden, dass Kosten iHv 225,00 EUR festgesetzt werden können. Die Anwesenheit der Klägerin in der dann folgenden mündlichen Verhandlung war für die Auferlegung der Kosten nicht erforderlich (vgl hierzu Senatsurteil vom 20.07.2010, L 11 KR 5344/09 mwN). Denn die Hinweispflicht basiert auf dem Verfassungsgrundsatz des rechtlichen Gehörs (Art 103 GG sowie § 62 SGG), der aber lediglich besagt, dass der Beteiligte Gelegenheit haben muss, sich vor der Entscheidung hierzu zu äußern (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 62 SGG Rdnr 2 mwN). Diese Gelegenheit stand der Klägerin offen, sie hat sie durch den Schriftsatz vom 10.02.2012 genutzt.
Die Rechtsverfolgung ist im vorliegenden Fall missbräuchlich. Missbräuchliches Prozessieren ist dann anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und sie von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu § 34 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (vgl BVerfG NJW 1996, 1273, 1274). Die Rechtsprechung des BVerfG ist auch zur Auslegung des § 192 SGG heranzuziehen, denn Wortlaut und Zweck beider Vorschriften stimmen überein (LSG Nordrhein-Westfalen 16.06.2004, L 12 AL 59/03, juris). Die Berufung war offensichtlich unbegründet. Denn dem Bevollmächtigten war aus von ihm selbst betriebenen Verfahren vorliegend von Anfang an bekannt, dass die Rechtsprechung des BSG schon mindestens seit den Entscheidungen vom 07.11.2006 (B 1 KR 13/06 R, juris) und 02.10.2008 (B 9/9a SB 2/07 R, BSGE 99, 9-15 = SozR 4-3250 § 69 Nr 6 = juris) eine besondere Mitwirkung des Anwalts als Entstehensgrund einer Erledigungsgebühr verlangt. Dies hatte das BSG auch bereits mehrfach in Verfahren entschieden (BSG, 16.11.2010, B 1 KR 101/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1424/10; BSG, 25.11.2010, B 1 KR 102/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1425/10; BSG, 22.12.2010, B 1 KR 94/10 B, vorgehend Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 4264/09, in dem dem Kläger bereits Kosten nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG auferlegt worden waren; BSG, 05.11.2011, B 1 KR 143/10 B, vorgehend Senatsurteil, 26.10.2010, L 11 KR 3335/10; die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Senatsbeschluss vom 02.10.2010, L 11 R 5463/09 (Az des BSG B 13 R 212/10 B) wurde zurückgenommen, ebenso wurde die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Senatsurteil vom 16.11.2010, L 11 KR 3881/10, (Az BSG B 1 KR 146/10 B), zurückgenommen), in denen der heutige Bevollmächtigte der Klägerin eine Abrechnung zu Höchstsätzen und die Erledigungsgebühr verlangt hatte, ohne mehr getan zu haben, als den Widerspruch zu begründen (BSG aaO; zu einem Verfahren mit demselben Streitgegenstand nach § 51 SGB V wie vorliegend vgl bereits BSG, 25.11.2010, B 1 KR 102/10 B, vorgehend und vom Bevollmächtigten betrieben: Senatsurteil, 20.07.2010, L 11 KR 1424/10). Nachdem alle Verfahren vor dem Senat bereits vom heutigen Bevollmächtigten der Klägerin betrieben worden waren und das BSG jeweils mit deutlichen Worten und unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung, von der der Senat nicht abgewichen ist, ua darauf hingewiesen hatte, dass das Entstehen der Erledigungsgebühr eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere anwaltliche Tätigkeit erfordert, war dem Bevollmächtigten eindeutig bewusst und bekannt, dass sein Begehren keinerlei Aussicht auf Erfolg haben würde. Dieses Wissen und Wollen ihres Bevollmächtigten um die Rechtsmissbräuchlickeit der Prozessführung muss sich die Klägerin zurechnen lassen; soweit der Bevollmächtigte die Klägerin über die Rechtslage aufgeklärt hat, betrieb sie selbst mit Wissen und Wollen um die Rechtsmissbräuchlickeit ein aussichtsloses Verfahren. Die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung wurde dem Klägervertreter auch mit Schreiben vom 07.02.2012 dargelegt.
Der Senat hält im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens die Auferlegung einer Verschuldensgebühr iHv 225,00 EUR (Mindestgebühr nach § 192 Abs 2 S 3, § 184 Abs 2 SGG) für geboten.
Die Revision wird nicht zugelassen, da Gründe für die Zulassung nicht vorliegen (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
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