Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2637/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1399/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.02.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Mietkosten für ein Muskelstimulationsgerät (Myofeedbackgerät MIT Z2) für den Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 in Höhe von 1.913,16 EUR.
Der 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 10.01.2006 erlitt er einen beidseitigen Hirnstamminfarkt, in dessen Folge es zu einer hochgradigen neurologischen Funktionsstörung kam. Insbesondere traten eine spastische armbetonte Hemiparese rechts sowie Augenbewegungsstörungen und Gleichgewichtsstörungen auf.
Der Kläger hatte bereits im August 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme von Mietkosten eines Myofeedbackgerätes für einen Zeitraum von sechs Monaten gestellt. Nach Ablehnung dieses Antrags und erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens verfolgte er sein Begehren vor dem Sozialgericht Mannheim weiter. Nach Einholung einer sachverständigen Zeugenaussage bei dem behandelnden Arzt Prof. Dr. M. von der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums H. vom 07.05.2008 und eines Gutachtens bei dem Leiter der Klinken Sch. H., Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus, PD Dr. B. vom 03.09.2008 wurde seine Klage mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 17.02.2009 (S 8 KR 4260/07) abgewiesen. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, die Versorgung mit dem Myofeedbackgerät sei weder erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, noch um eine Behinderung auszugleichen. Letzteres scheide schon daher aus, weil dieses Gerät keinen unmittelbaren Ausgleich eines Funktionsdefizits anstrebe, sondern im Sinne einer Krankenbehandlung eingesetzt werde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die beim Kläger durch gezielte Anwendung von Ergo- und Physiotherapie sowie Krankengymnastik und Gehirnleistungstraining erreichten Erfolge ausschließlich durch den Einsatz dieses Gerätes hervorgerufen worden seien, denn der Kläger habe zeitgleich auch Ergotherapie und Krankengymnastik durchgeführt. Alleine der Umstand, dass das gerätegebundene Training den Kläger in seiner Motivation deutlich unterstütze, genüge nicht, um die Erforderlichkeit für die Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung annehmen zu können. Ebenso wenig sei es von Bedeutung, dass der Kläger subjektiv durch den Einsatz des Myofeedbackgerätes eine wesentliche Besserung seines Zustandes, auch in psychischer Hinsicht, verspürt habe. Denn der Einsatz dieses Gerätes ziele seiner Konzeption nach nicht auf die Aufhellung der Psyche ab. Zudem sei der Einsatz des Myofeedbackgerätes wissenschaftlich nur unzureichend evaluiert. Weder von der Universitätsklinik H. noch von den Kliniken Sch. werde dieses Gerät eingesetzt. In diesen neurologischen Fachkliniken würden auch neuere und neueste (ausreichend evaluierte und erforschte) Behandlungsmethoden angewendet. Das Myofeedbackgerät sei den behandelnden Ärzten des Kläger aus dem Universitätsklinikum aber noch nicht einmal bekannt gewesen. Dies spreche gegen seine Erforderlichkeit.
Der Kläger verwendete das Myofeedbackgerät ab dem 15.12.2007.
Mit ärztlicher Verordnung der Gemeinschaftspraxis Dr. Z./C. R. vom 24.01.2008 war dem Kläger das Myofeedbackgerät erneut für weitere sechs Monate verordnet worden. Die Mietkosten sollten sich laut eines Kostenvoranschlags der I. Reha GmbH vom 29.01.2008 für sechs Monate auf 956,58 EUR belaufen.
Mit Schreiben vom 13.03.2008 hatte die Beklagte dem Vermieter des Gerätes als dem Leistungserbringer mitgeteilt, schon der Erstantrag sei abgelehnt worden, daher könne auch einem Verlängerungsantrag nicht entsprochen werden. Hiergegen hatte der Kläger am 09.04.2008 Widerspruch erhoben.
Am 20.01.2009 hatten die Fachärztinnen für Allgemeinmedizin Dr. Z./C. R. dem Kläger erneut die Versorgung mit einem Muskelstimulationsgerät bzw. die mietweise Überlassung eines solchen Gerätes für die Dauer von sechs Monaten verordnet. Nach dem Kostenvoranschlag vom 22.01.2009 sollten hierfür wiederum Gesamtkosten von 956,58 EUR anfallen.
Mit ihrem Bescheid vom 10.02.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Kosten für die Überlassung eines Myofeedbackgerätes nicht übernommen werden könnten. Schon in der Vergangenheit sei durch den MDK festgestellt worden, dass die medizinischen Voraussetzungen für das beantragte Hilfsmittel nicht vorlägen.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.02.2009 Widerspruch und ließ vortragen, durch die Anwendung des Myofeedbackgerätes könne er nunmehr die spastisch betroffene rechte Hand wieder aktiv öffnen. Daher sei seinem Antrag auf Kostenübernahme zu entsprechen.
Die Beklagte wies den Widerspruch vom 23.02.2009 mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 und den Widerspruch vom 09.04.2008 mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2009 zurück. Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss jeweils aus, dass die Versorgung mit dem Muskelstimulationsgerät weiterhin sozialmedizinisch nicht indiziert sei, und nahm auf den inzwischen ergangenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 17.02.2009 über den ersten Mietzeitraum Bezug.
Am 10.08.2009 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim und verfolgte seinen Anspruch auf Übernahme der Mietkosten für das Myofeedbackgerät vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 (1.913,16 EUR) weiter. Er habe seinerzeit versäumt, gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17.02.2009 fristgerecht Berufung einzulegen. Da durch die Behandlung mit dem Myofeedbackgerät erste Erfolge zu verzeichnen gewesen seien, sei ihm dieses Hilfsmittel erneut verordnet worden. So habe er erst durch die Nutzung dieses Gerätes die spastisch gelähmte rechte Hand wieder aktiv öffnen können. Die Beklagte habe die Übernahme der Gerätemiete zu Unrecht abgelehnt. In rechtlicher Hinsicht stehe die Rechtskraft des Gerichtsbescheides vom 17.02.2009 der neuen Klage nicht entgegen. Denn dieser Gerichtsbescheid habe nur den Zeitraum vom 05.12.2007 bis zum 04.06.2008 umfasst. Streitgegenstand der neuen Klage sei jetzt der Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009. Die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim habe in dem früheren Verfahren lediglich eine Vorfrage geklärt, so dass dem Gerichtsbescheid keine Bindungswirkung zukomme. Nach dem Hirninfarkt sei er intensiv ergotherapeutisch und krankengymnastisch behandelt worden. Hierdurch sei es auch zu Fortschritten gekommen. Jedoch habe sich die Handfunktion durch diese Heilmittel nicht verbessert. Daher sei ihm gezielt zur Verbesserung der Handfunktion das Myofeedbackgerät verordnet worden. Hierdurch habe sich seine rechte Schulter stabilisiert und die Bewegungen seien sicherer geworden. Auch die Handfunktion habe sich erheblich verbessert. Beides stehe in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Einsatz des Gerätes. Daher sei alleine die konventionelle Behandlung (Ergotherapie und Krankengymnastik) zur Sicherung des Behandlungserfolges nicht ausreichend. Im Übrigen habe der MDK im Vorfeld durchaus bestätigt, dass der Einsatz eines Muskelstimulationsgeräts nach einem Schlaganfall sinnvoll sein könne. Der vom MDK erhobene Einwand, die Behandlung sei vorliegend verspätet begonnen worden, treffe jedoch nicht zu. Denn auch zum jetzigen Zeitpunkt sei ein deutlicher therapeutischer Erfolg nachweisbar. Wenn sich die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim bei Erteilung des Gerichtsbescheids in erster Linie auf ein Gutachten des ärztlichen Leiters der Sch. Kliniken gestützt habe, müsse berücksichtigt werden, dass er dort stationär behandelt worden sei und die Beklagte mit dieser Klinik zusammenarbeite. Daher sei der Gutachter befangen, es müsse ein neues Gutachten von neutraler Seite eingeholt worden. Im Übrigen sei durch verschiedene Publikationen die Wirksamkeit des Myofeedbackgerätes bestätigt worden. Nicht zuletzt müsse berücksichtigt werden, dass dieses Gerät in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden sei und es erst durch seine Anwendung zu einer wesentlichen Verbesserung eines Grundbedürfnisses (Greifen mit der rechten Hand) gekommen sei. Schließlich würde die Beklagte bei anderen Versicherten die erforderlichen Kosten übernehmen.
Mit Schreiben vom 26.10.2009 berichtete Dr. Z. nochmals als sachverständige Zeugin über die Behandlung des Klägers seit 1997. Die Behandlungshäufigkeit werde derzeit nach Bedarf geregelt und liege zwischen zweimal wöchentlich und einmal monatlich. Ein Schwerpunkt der Behandlung liege in der Einstellung der vaskulären Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Hypertonie), um weitere Ereignisse wie beispielsweise einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu vermeiden. Ein weiterer Schwerpunkt liege in der Behandlung der Folgen des Schlaganfalls vom 10.01.2006 (rechtsseitige Halbseitenlähmung). Im erfragten Zeitraum seit März 2008 habe der Kläger sehr gute Fortschritte gemacht und könne wieder alleine ins Bett gehen oder aufstehen. Zudem benötige er auch bei der Toilette nur noch selten Hilfe. Das Gangbild sei deutlich stabiler, die frühere Sturzneigung liege nicht mehr vor. Eine Fußheberschwäche rechts sei kaum noch nachweisbar. Allerdings stehe die Lähmung des rechten Armes und der rechten Hand weiterhin im Vordergrund, wobei auch hier deutliche Verbesserungen zu verzeichnen seien, wenn auch in sehr kleinen Schritten. Der spastisch erhöhte Muskeltonus im Bereich des rechten Armes und der rechten Schulter sei deutlich gemindert. Die Beweglichkeit der Finger I und II habe deutlich zugenommen, so dass der Kläger jetzt wieder einen Lichtschalter bedienen oder eine Wasserflasche öffnen könne. Auch die Bedienung einer Computermaus und der Tastatur gelinge jetzt wieder. Insgesamt habe der Kläger somit, obwohl der Schlaganfall nahezu vier Jahre zurückliege, im letzten Jahr weiter deutliche Fortschritte gemacht, so dass auch künftig von einer kontinuierlichen Verbesserung der funktionellen Defizite ausgegangen werden könne.
Mit Urteil vom 23.02.2010 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 13.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009 und den Bescheid vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2009 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten für die Miete des Myofeedbackgerätes MIT Z2 für den Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 in Höhe von 1.913,16 EUR zu erstatten.
Zur Begründung führte es aus, der Streitgegenstand des Gerichtsbescheides vom 17.02.2009 umfasse die Übernahme der Miete für das Myofeedbackgerät für die Dauer von sechs Monaten von der Geräteübergabe am 05.12.2007 bis zum 04.06.2008. Für den folgenden Zeitraum stehe die Rechtskraft des Gerichtsbescheides einer neuen gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen. Das an den Gerätehersteller gerichtete Schreiben der Beklagten vom 13.03.2008 sei als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch X (SGB X) zu qualifizieren, der nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des früheren Klageverfahrens geworden sei, da ein neuer Zeitraum betroffen sei. Im Gegensatz zu der Entscheidung der 8. Kammer im Gerichtsbescheid vom 17.02.2009 sei ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V für die Versorgung mit dem Myofeedbackgerät gegeben. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 SGB V könnten die Versicherten diejenigen Hilfsmittel beanspruchen, die erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. In Betracht kämen somit alle sächlichen Mittel, die der Krankheitsbekämpfung dienten und spezifisch im Rahmen der Krankenbehandlung eingesetzt würden. Die 8. Kammer des Sozialgerichts habe einen zu strengen Maßstab angelegt, wenn sie die Erforderlichkeit des Myofeedbackgerätes mit der Begründung verneint habe, dieses sei zur Sicherung des Behandlungserfolges nicht unverzichtbar. Es reiche vielmehr aus, wenn sich aus schulmedizinischer Sicht der Einsatz des Hilfsmittels an dem Ziel, den Behandlungserfolg zu sichern, orientiere und die gute Möglichkeit bestehe, dass dieses Ziel auch eintreten könne bzw. werde. Diese Voraussetzungen seien gegeben. In dem im früheren Klageverfahren erstatteten Gutachten von Dr. B. (Sch. Kliniken H.) vom 03.09.2008 werde ausdrücklich festgestellt, dass aus schulmedizinischer Sicht die Wirksamkeit der Myofeedbacktherapie bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten in der Akut- und früheren Rehabilitationsphase bestätigt werden könne. Zu der vom MDK vertretenen These, nach Ablauf eines längeren Intervalls sei der Einsatz eines Muskelstimulationsgerätes nicht mehr erfolgversprechend, habe der Gutachter ausgeführt, dies entspreche der schulmedizinischen allgemeinen neurologischen Einschätzung. Daher könne nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass eine weitere Behandlung des Klägers mit dem in Streit stehenden Hilfsmittel zu weiteren, alltagsrelevanten Verbesserungen führen würde. Der Gutachter habe aber auch angemerkt, seiner persönlichen Erfahrung nach könne es auch noch Jahre nach dem Schlaganfall durch eine intensive Therapie unter Einschluss des in Streit stehenden Hilfsmittels zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik kommen. Unter Berücksichtigung dieser Einschätzung halte es das Gericht im vorliegenden Einzelfall daher für geboten, dass der Kläger mit dem Muskelstimulationsgerät als Hilfsmittel versorgt werde. Die schulmedizinisch anerkannten Behandlungsmethoden bei dem schweren Krankheitsbild des Klägers schienen "ausgereizt" und es sei somit im Sinne einer effektiven Krankenbehandlung geboten, auch solche Hilfsmittel bzw. Therapien einzusetzen, bei denen der Wirksamkeitsnachweis nicht zu 100 % geführt werden könne. Daher müsse es ausreichen, wenn sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Hiervon könne nach Einschätzung des Gutachters trotz fehlender wissenschaftlicher Studien auch noch Jahre nach dem Schlaganfall ausgegangen werden. Denn der Gutachter habe ausdrücklich bestätigt, seiner Erfahrung nach seien auch nach längerer Zeit durch eine intensive Therapie unter Einschluss dieses Hilfsmittels Verbesserungen des Gesundheitszustandes zu erwarten. Auch der im Rahmen von § 13 Abs. 3 SGB V erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der unberechtigten Leistungsablehnung durch die Krankenkasse und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Versicherten sei gegeben. Denn die Beklagte habe zuvor ihren Willen, das Myofeedbackgerät nicht zur Verfügung zu stellen, mehrfach durch die Erteilung entsprechender Bescheide und auch im Rahmen des Klageverfahrens vor der 8. Kammer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. In dieser Situation käme es einer reinen Förmelei gleich, die Kostenerstattung nur deshalb abzulehnen, weil der Kläger vor der Anmietung des Myofeedbackgerätes für den hier maßgeblichen Zeitraum die Erteilung eines weiteren Ablehnungsbescheides nicht abgewartet habe.
Gegen das ihr am 09.03.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.03.2010 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Beweiswürdigung des Sozialgerichts lasse in keiner Weise erkennen, dass die Voraussetzungen der zuvor aufgestellten Rechtssätze erfüllt seien. Es zitiere den Gutachter Dr. B. mit dem Hinweis, die schulmedizinische Wirksamkeit sei in der frühen Akut- und Rehabilitationsphase bestätigt, was hier aber gerade nicht der Fall sei (Schlaganfall 2006 - Antrag 2008 -). Wenn das Gericht den Gutachter dann weiter zitiere "nach seiner persönlichen Erfahrung" könne auch noch nach Jahren eine Besserung eintreten, sei das nicht der Maßstab der Schulmedizin. Gleiches gelte für die Einschätzung, dass sich das Gerät in der Praxis zur Behandlung nach Jahren durchgesetzt habe. Auch hier reiche die Einschätzung des Gutachters nicht aus. Das Gericht hätte dies selbst durch Beweiserhebung klären müssen. Muskelstimulationsgeräte dienten dem gezielten Muskeltraining erregungsfähiger, quergestreifter Muskulatur, wenn die Therapie mittels Heilmittelanwendungen und insbesondere krankengymnastische Therapie aus medizinischer Sicht nicht ausreiche. Dieses könne bei hochgradigen Inaktivitätsatrophien nach längerer Ruhigstellung von Gliedmaßen oder bei zusätzlich notwendigem gezielten Muskeltraining der quergestreiften Muskulatur im noch erregungsfähigen Zustand bei peripheren Lähmungen, zerebralen Lähmungen oder analogen Funktionsstörungen neurologischer Ursache notwendig werden. Zur Prüfung der genannten Voraussetzungen habe sich die Beklagte an den beratend tätigen Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) gewandt. Von dort sei eine Kostenübernahme nicht empfohlen worden, weil nach einem Hirnstamminfarkt im Januar 2006 nach nunmehr 19 Monaten mit einer Funktionsbesserung nicht mehr zu rechnen sei. Entscheidend sei der Einsatz in der frühen Rehabilitationsphase, mit dem Einsatz des Gerätes solle möglichst noch in der stationären Rehabilitation begonnen werden. Der Einsatz des Gerätes sei jetzt nicht mehr erfolgversprechend. Die geschilderten Verbesserungen würden sich nicht klar dem Einsatz des EMG-gesteuerten Stimulationsgerätes zuordnen lassen. Ein objektiver therapeutischer Effekt sei somit nicht nachgewiesen. Die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim habe sich in ihrer Entscheidung vom 17.02.2009 der Auffassung des MDK angeschlossen. Die 9. Kammer beurteile diesen Sachverhalt gänzlich anders. Bereits die Tatsache, dass die 8. und 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim zu ein und denselben Gutachten und Stellungnahmen und zu den Maßstäben bezüglich der Erforderlichkeit eines Hilfsmittels unterschiedliche Auffassungen hätten, bedürfe einer Klärung durch das LSG. Selbst der Gutachter Dr. B. sei in seinen Ausführungen vom 03.09.2008 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mit dem Maßstab des Vollbeweises nicht nachgewiesen werden könne, dass die Verbesserung der Erkrankung ausschließlich durch das Myofeedback-Gerät hervorgerufen worden sei, da zeitgleich auch Ergotherapie und Krankengymnastik durchgeführt worden sei. Die persönliche Erfahrung in der Klinik sei die, dass auch noch Jahre nach zerebraler Ischämie durch ein sehr intensives Training, zum Beispiel einer stationären Rehamaßnahme und multimodalem Team, noch deutliche Verbesserungen für den Patienten, die im Alltag auch relevant seien, erzielt werden könnten. Die Tatsache, dass der Kläger dreimal täglich Training durchführe und mit seiner Ehefrau sehr intensiv übe, hätte möglicherweise auch ohne Gerät zu einer Besserung geführt. Weitere Verschlimmerungen könnten auch durch hochfrequente Krankengymnastik und Ergotherapie verhütet werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei nicht davon auszugehen, dass bei weiterer Behandlung des Klägers mit dem Gerät alltagsrelevante Verbesserungen eintreten würden. Diese Ausführungen habe die 8. Kammer als Grundlage für die Abweisung der Klage herangezogen. Die 9. Kammer habe diese Ausführungen nur bezüglich des Wirksamkeitsnachweises aufgegriffen, die Ausführungen zum Mangel an alltagsrelevanten Verbesserungen nicht beachtet und den Maßstab bezüglich der Erforderlichkeit des Gerätes wesentlich niedriger angesetzt. Diese Auffassung sei nicht nachvollziehbar, denn unter Berücksichtigung des § 33 SGB V mangele es hier bereits an der Erforderlichkeit im Einzelfall, weil andere Maßnahmen wie Krankengymnastik und Ergotherapie zur Verfügung stünden und zur Behandlung entsprechender Erkrankungen auch nachweislich anerkannt seien. Darüber hinaus sei auch die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V für den zweiten Verlängerungsantrag trotz mangelnder vorheriger Antragstellung als erfüllt anzusehen sind, nicht haltbar, denn das BSG habe in seinem Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R - ausgeführt, dass eine vorherige Entscheidung der Kasse auch dann nicht entbehrlich sei, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa auf Grund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststehe. Insofern sei das Festhalten an der Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung auch für Verlängerungsanträge nicht als "Förmelei" zu bezeichnen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.02.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger nach § 33 I Satz 1 Alt. 1 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit dem Myofeedbackgerät zustehe. Danach könne der Kläger die Hilfsmittel beanspruchen, die erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Es kämen alle Mittel in Betracht, die im Rahmen der Krankenbehandlung eingesetzt würden und geeignet seien, den gewünschten therapeutischen Erfolg sicherzustellen. Es genüge somit, wenn der therapeutische Erfolg durch den Einsatz des Hilfsmittels angestrebt werde und das Wirtschaftlichkeitsgebot Beachtung finde. Es sei somit ausreichend, dass durch das Hilfsmittel das Behandlungsziel wesentlich gefördert werde. Der tatsächliche Eintritt des Behandlungserfolgs und eine streng naturwissenschaftlich gesicherte kausale Verknüpfung sei nicht erforderlich. Maßstab sei die Schulmedizin. Der Wirksamkeitsnachweis erfordere, dass eine ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen dokumentiert bzw. berücksichtigt werde. Eines Vollbeweises bedürfe es nicht. Der Einsatz des Myofeedbackgerätes sei geeignet, den gewünschten therapeutischen Erfolg bei dem Kläger sicherzustellen. Auch habe sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes in der medizinischen Praxis durchgesetzt und entspreche dem schulmedizinischen Standard. Aus dem ärztlichen Befundbericht des Universitätsklinikums H. und der Stellungnahme von Dr. Z./R. ergebe sich, dass mit der Ergotherapeutin und der Fa. I. das Gerät getestet und festgestellt worden sei, dass sich die entsprechenden Muskelgruppen hätten stimulieren lassen und demzufolge noch eine deutliche Verbesserung der Handfunktion erwartet werde. Auch sei der weiteren Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. Z. und R. vom 26.10.2009 zu entnehmen, dass selbst vier Jahre nach dem Schlaganfall deutliche Fortschritte zu verzeichnen gewesen seien. Auch dem Gutachten des Dr. B. sei zu entnehmen, dass aus schulmedizinischer Sicht die Wirksamkeit der Myofeedbacktherapie bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten bestätigt werde. Weiterhin gehe aus dem Gutachten hervor, dass es auch noch Jahre nach dem Schlaganfall durch eine intensive Therapie unter Einschluss des in Streit stehenden Hilfsmittels zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik kommen könne. Der Einsatz des Myofeedbackgerätes sei weiterhin in vorliegendem Fall geboten. Es sei nicht erforderlich, mit dem Maßstab des Vollbeweises nachzuweisen, dass die Verbesserungen ausschließlich durch das Gerät hervorgerufen worden seien und immer noch hervorgerufen würden. Ausreichend sei vielmehr, dass die Möglichkeit einer Verbesserung bestehe. Hätten Versicherte lediglich einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, sofern nachgewiesen werde, dass der Behandlungserfolg auch definitiv infolge des Hilfsmittels eintrete, würde § 33 I SGB V ins Leere laufen. Die Beklagte habe ihren Willen, das Myofeedbackgerät nicht zur Verfügung zu stellen, mehrfach durch entsprechende Bescheide unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Da die Beklagte die Leistungen in dem Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 zu Unrecht abgelehnt habe, habe der Kläger sich diese Leistungen selbst beschaffen und einen Betrag in Höhe von 1.913,16 EUR aufwenden müssen. Gem. § 13 III SGB V habe der Kläger einen Anspruch auf Kostenerstattung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts zu den Aktenzeichen S 8 KR 4260/07 und S 9 KR 2637/09 und die Akten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Sie hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die Mietkosten für das Myofeedbackgerät zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind die Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 3 S. 1 SGB V. Gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistung. Kostenerstattung findet nur statt, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Hierfür kommt vorliegend nur die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten die für eine selbstbeschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung notwendig und unaufschiebbar war und die Krankenkasse diese rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt.) oder sie die - notwendige - Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alt.).
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V kommt nicht in Betracht, da es sich bei der Versorgung des Klägers mit dem Myofeedbackgerät nicht um eine unaufschiebbare Notfall-Leistung handelt, die dann erbracht wird, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Versicherten notwendig ist und ein Vertragsarzt nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen und aufgesucht werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 01.02.1995, - 6 RKa 9/94 -; Senatsurteil vom 22.11.2006, - L 5 KR 1015/06 -). Es war dem Kläger nicht unzumutbar, mit dem Beginn der Behandlung bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten. Dementsprechend hat der Kläger bei der erstmaligen Anmietung des Myofeedbackgerätes auch die Entscheidung der Beklagten abgewartet und bezüglich der hier streitgegenständlichen Folgeverordnung die Entscheidung der Beklagten vom 13.03.2008 vor Beginn des Verlängerungszeitraums am 05.06.2008 herbeigeführt.
Der daher allein in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V wegen einer zu Unrecht abgelehnten Leistung reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -). Aus Wortlaut und Zweck dieser Vorschrift folgen außerdem Vorgaben für den Beschaffungsweg bei selbst beschafften Leistungen. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung der Leistung und der Kostenlast des Versicherten muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Der Erstattungsanspruch ist daher ausgeschlossen, wenn der Versicherte vor der Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung nicht die Entscheidung der Krankenkasse über deren Gewährung abgewartet hat (einschränkend aber BVerfG, Beschl. v. 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -). Das Abwarten (auch) der Entscheidung über einen gegen die Leistungsablehnung eingelegten Widerspruch ist in der Regel aber nicht notwendig (vgl. Senatsurteil vom 24.09.2008, - L 5 KR 1539/07 - m. Nachw. zur Rspr. des BSG).
Der Kläger hat schon bei der erstmaligen Anmietung des Gerätes den Beschaffungsweg eingehalten und die ärztliche Verordnung vor Behandlungsbeginn bei der Beklagten eingereicht und deren Entscheidung abgewartet. Auch für den vorliegend streitgegenständlichen Verlängerungszeitraum ab dem 05.06.2008 hatte er eine ärztliche Verordnung bei der Beklagten eingereicht. Diese hat am 13.03.2008 den Leistungserbringer darüber verständigt, dass wegen des anhängigen Klageverfahrens bezüglich des ersten Antrages eine Kostenübernahme nicht erfolgen werde. Eine ablehnende Entscheidung lag daher auch vor Beginn des streitgegenständlichen Verlängerungszeitraums vor.
Der Kläger hat aber keinen Sachleistungsanspruch für die Versorgung mit einem Myofeedbackgerät.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V sind Sachen, die durch ersetzende, unterstützende und entlastende Wirkung den Erfolg der Krankenbehandlung sichern oder die Überwindung von körperlichen Behinderungen ermöglichen. Als Hilfsmittel sind auch alle ärztlich verordneten Sachen anzusehen, die therapeutischen Zwecken dienen, also den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel (BSG Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R), aber auch Geräte, die den Erfolg einer Heilbehandlung bei Anwendung durch den Versicherten selbst sicherstellen sollen (BSG Urt. v. 20.01.2001, - B 3 KR 6/00 -; Urt. v. 31.08.2000 - B 3 KR 21/99 R). Demgegenüber sind Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (BSG, Urt. v. 20.01.2001 - B 3 KR 6/00 R).
Mit der Zielsetzung des § 33 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 SGB V – Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung - knüpft das Gesetz an die Bestimmung des § 27 SGB V an, in der die Krankenbehandlung näher geregelt ist. Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst (u.a.) die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Die Hilfsmittelversorgung zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung betrifft solche Gegenstände, die auf Grund ihrer Hilfsmitteleigenschaft spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen (BSG, Urt. v. 19.04.2007, - B 3 KR 9/06 R -). Notwendig ist nicht, dass der therapeutische Erfolg bereits vorliegt und nur noch zu sichern ist; es genügt, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg auch nur angestrebt wird (BSG, Urt. v. 19.04.2007, - B 3 KR 9/06 R -).
Das Hilfsmittel muss gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V im Einzelfall erforderlich sein, was wiederum die Eignung bzw. die Zweckdienlichkeit des Hilfsmittels zur Erreichung der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB genannten Ziele (für sich allein oder im Zusammenwirken mit anderen Bedingungen; vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 3, 25) voraussetzt. Besteht das Ziel der Hilfsmittelanwendung in der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 SGB V) sind Eignung und Zweckdienlichkeit des Hilfsmittels nur bei einem entsprechenden medizinischen Nutzen nachgewiesen. Dieser Nachweis ist auch dann nicht entbehrlich, wenn das Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen aufgeführt (gelistet) ist. Die Listung setzt gem. § 139 Abs. 4 SGB V zwar ebenfalls – soweit erforderlich – den Nachweis des medizinischen Nutzens voraus. Der Nachweis nach § 139 Abs. 4 SGB V bezieht sich im Unterschied zum Erforderlichkeitsmerkmal des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V aber nicht auf den Einzelfall (vgl. auch BSG, Urt. v. 08.09.2006, - B 3 KR 28/05 R -). Außerdem stellt das Hilfsmittelverzeichnis in rechtlicher Hinsicht nur eine nicht verbindliche Auslegungshilfe dar. In tatsächlicher Hinsicht kann es den medizinischen Nutzen des Hilfsmittels auch für den jeweiligen Einzelfall zwar indizieren (dazu Senatsurteil vom 16.06.2010, - L 5 KR 4929/07 - m. w. N. zur Rspr. des BSG), jedoch nur nach näherer Maßgabe des Listeneintrags, etwa bezogen auf die Festlegungen zum Anwendungsort und zur Indikation. Im Übrigen bleibt es dabei, dass die Erforderlichkeit des Hilfsmittels i. S. d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V und damit auch seine Eignung bzw. sein medizinischer Nutzen im Einzelfall nachzuweisen sind.
Schließlich ist auch bei der Hilfsmittelversorgung das Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V zu wahren. Danach muss das Hilfsmittel nicht nur ausreichend und zweckmäßig, sondern auch wirtschaftlich sein. Das Maß des Notwendigen darf nicht überschritten werden. Nicht notwendige oder unwirtschaftliche Hilfsmittel können Versicherte nicht beanspruchen und dürfen die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte die Erstattung der Mietkosten für das Myofeedbackgerät zu Recht abgelehnt. Es fehlt an der Erforderlichkeit dieses Hilfsmittels i. S. d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dies hat die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim im Gerichtsbescheid vom 17.02.2009 zutreffend angenommen und die Klage auf Erstattung der Mietkosten für das Myofeedbackgerät aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Ermittlungen abgelehnt. In dem für die Folgezeit durchgeführten Klageverfahren vor der 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim haben sich keine weiteren Erkenntnisse ergeben, die die abweichende Entscheidung im Urteil vom 23.02.2010 rechtfertigen könnten. Die 9. Kammer hätte der Klage ebenfalls nicht stattgeben dürfen.
Zwar sind im Hilfsmittelverzeichnis unter der Produktgruppe 09 -Elektrostimulationsgeräte- , Anwendungsort 37 -Nerven/Muskel- unter der Produktuntergruppe 02 -niederfrequente Elektrostimulationsgeräte zur Muskelstimulation- auch biphasische Muskelstimulationsgeräte, mehrkanalig, mit Therapiespeicher aufgeführt. Hierzu dürfte das Myofeedbackgerät zählen. Die Auflistung im Hilfsmittelverzeichnis gibt nach dem oben Ausgeführten indes keinen Aufschluss darüber, ob das Myofeedbackgerät auch für den Kläger im konkreten Behandlungsfall dazu geeignet war, den Erfolg der Krankenbehandlung herbeizuführen oder zumindest aufrecht zu erhalten und damit von medizinischem Nutzen für den Kläger war.
Der Senat entnimmt der im Verfahren S 8 KR 4260/07 eingeholten Stellungnahme der behandelnden Ärzte des Universitätsklinikums H. vom 07.05.2008 sowie dem fachneurologischen/neuropsychologischen Gutachten von Dr. B. von den Kliniken Sch. vom 03.09.2008, dass es sich bei der Anwendung des Myofeedbackgerätes, beginnend fast zwei Jahre nach dem erlittenen Schlaganfall nicht um eine Behandlungsmaßnahme handelt, von der wesentliche Funktionsverbesserungen hinsichtlich der beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten waren. Prof. Dr. M. und Dr. K. von der neurologischen Klinik des Universitätsklinikums H. haben ausgeführt, dass wesentliche Verbesserungen der klinischen Symptomatik nach zweijähriger Behandlung generell nicht zu erwarten seien, sondern der Fortführung von Therapien lediglich funktionserhaltende Wirkung beigemessen. Es sei allerdings auch bekannt, dass sich unter spezifischer Physiotherapie auch längere Zeit nach einem Gehirninfarkt noch Funktionsverbesserungen ergeben könnten. Der Anwendung des dort überhaupt nicht bekannten Myofeedbackgerätes, welche sie als wissenschaftlich unzureichend evaluiert betrachteten, haben sie aber ausdrücklich nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für das Erzielen wesentlicher Funktionsverbesserungen zugeschrieben. Dr. B. war das Myofeedbackgerät ebenfalls nicht bekannt. Er hatte sich dieses im Rahmen der Begutachtung des Klägers für das Sozialgericht von einem Vertreter der Leistungserbringerin I. Reha erstmalig demonstrieren lassen. Nach einer Untersuchung des Klägers am 07.07.2008 konnte er eine relevante Verbesserung der Alltagsaktivitäten in dem Sinne, dass der betroffene rechte Arm und die rechte Hand nunmehr zum Halten und Greifen eingesetzt werden könnten, durch den Einsatz des Myofeedbackgerätes nicht feststellen. Dr. B. betonte ferner, dass Funktionsverbesserungen auch durch hochfrequente Krankengymnastik und Ergotherapie zu erzielen seien. Deshalb konnte Dr. B. beim Kläger wegen der parallel zur Anwendung des Myofeedbackgerätes durchgeführten Krankengymnastik und Ergotherapie sowie des sehr intensiven Trainings mit seiner Ehefrau nicht abgrenzen, ob die verzeichneten Behandlungserfolge nicht auch ohne das Stimulationsgerät eingetreten wären. Er kam - auch unter Berücksichtigung des späten Einsatzzeitpunktes des Gerätes über eineinhalb Jahren nach dem Gehirninfarkt - abschließend zu dem Ergebnis, dass nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass bei weiterer Behandlung des Klägers mit dem Gerät weitere alltagsrelevante Verbesserungen eintreten würden.
Aufgrund dieser übereinstimmenden Einschätzungen der befragten Ärzte hält der Senat wie auch die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim einen medizinischen Nutzen der Anwendung des Myofeedbackgerätes beim Kläger für nicht nachgewiesen. Entgegen der Auffassung der 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim vermag der Senat dem Gutachten von Dr. B. nicht zu entnehmen, dass sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Wie bereits ausgeführt, war dieses Gerät in den Sch. Kliniken ebenso wenig bekannt wie in der neurologischen Klinik des Universitätsklinikums H ... Insbesondere hat Dr. B. - was aber offenbar die 9. Kammer des Sozialgerichts aus seinem Gutachten entnommen hat - nichts darüber ausgesagt, dass sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes auch Jahre nach dem Schlaganfall trotz fehlender wissenschaftlicher Studien in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Die vom Sozialgericht in seinem Urteil vom 23.02.2010 hierzu angeführte Belegstelle, nach der Erfahrung des Gutachters seien auch längere Zeit nach zerebraler Ischämie durch sehr intensives Training zum Beispiel in einer stationären Rehamaßnahme und multimodalem Team noch deutliche Verbesserungen zu erzielen, sagt nach der Auffassung des Senats nichts darüber aus, ob derartige Erfolge auch durch den Einsatz eines Myofeedbackgerätes erreicht werden könnten. Auf diese Annahme, die dem Gutachten so nicht zu entnehmen ist, hat jedoch die 9. Kammer ihr Urteil maßgeblich gestützt. Die abschließende Beurteilung durch Dr. B., es könne nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bei weiterer Behandlung des Klägers mit dem Gerät weitere alltagsrelevante Verbesserungen eintreten würden, steht einer solchen Interpretation des Gutachtens aber eindeutig entgegen.
Auch die im Verfahren S 9 KR 2637/09 erfolgte Befragung der behandelnden Ärztin Dr. Z. als sachverständige Zeugin hat keine weiteren Erkenntnisse darüber gebracht, in wieweit die zwischenzeitlich erfolgte Anwendung des Myofeedbackgerätes für den Kläger von medizinischem Nutzen war. Zwar hat Dr. Z. eine kontinuierliche Verbesserung der Körperfunktionen beim Kläger seit März 2008 beschrieben. So habe der Kläger im Hinblick auf Gehfähigkeit deutliche Fortschritte gemacht und auch die Einsatzfähigkeit des vor allem betroffenen rechten Armes habe sich gesteigert. Der Kläger könne wieder einen Lichtschalter benutzen oder eine Wasserflasche öffnen, er könne die Computermaus und die Tastatur bedienen. Indes bleibt auch nach dieser Beschreibung der eingetretenen Funktionsverbesserungen offen, inwieweit diese durch den Einsatz des Myofeedbackgerätes entstanden sind. Dr. Z. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger weiterhin regelmäßig Physiotherapie erhalte und die erlernten Übungen konsequent selbst durchführe. Es bleibt daher auch weiterhin fraglich, ob die Funktionsverbesserungen auf die Anwendung des Myofeedbackgerätes zurückzuführen sind oder der intensiven krankengymnastischem Behandlung zuzuschreiben sind. Von Prof. Dr. M. und Dr. K. war insoweit bestätigt worden, dass Funktionsverbesserungen längere Zeit nach einem Gehirninfarkt durch spezifische Physiotherapie eintreten könne. Eine derartige Wirkung haben sie hingegen für das Myofeedbackgerät nur mit geringer Wahrscheinlichkeit angenommen. Auch die Beurteilung der Notwendigkeit des Myofeedbackgerätes durch Dr. B., der ebenfalls einen zusätzlichen Nutzen zur durchgeführten Krankengymnastik nicht beschreiben konnte, ist damit nicht in Frage gestellt, so dass sich im Verfahren S 9 KR 2637/09 keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung der medizinischen Erforderlichkeit als im vorangegangenen Verfahren ergeben haben.
Schließlich ergibt sich ein Sachleistungsanspruch des Klägers auch nicht aus einer grundrechtskonformen Auslegung des SGB V. Die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) können in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25). Die Voraussetzungen für eine grundrechtskonforme Auslegung in diesem Sinne liegen hier indes nicht vor. Soweit das Sozialgericht in seinem Urteil vom 23.02.2010 argumentiert hat, die Behandlung des Klägers erscheine nach schulmedizinisch anerkannten Methoden als "ausgereizt", so dass es im Sinne einer effektiven Krankenbehandlung geboten sei, auch solche Hilfsmittel und Therapien einzusetzen, deren Wirksamkeitsnachweis nicht zu 100 % erbracht sei, kann dies den Erstattungsanspruch im vorliegenden Fall nicht tragen. Zwar mag - etwa bei der Anwendung nicht zugelassener Medikamente - auch eine nicht ganz fern liegende Aussicht wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf einen Kostenerstattungsanspruch rechtfertigen, allerdings gilt dies nur in den Fällen, in denen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen keine anderweitige erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit mehr besteht und der Anwendung von Medikamenten ohne wissenschaftlich abschließend erbrachten Wirksamkeitsnachweis zumindest die Aussicht auf eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs beigemessen wird (so zuletzt Urteil des Senats vom 11.05.2011 - L 5 KR 3082/09-). Dies lässt sich auf den vorliegenden Fall aber nicht übertragen. Denn der Kläger leidet nach dem erlittenen Hirnstamminfarkt zwar an sehr weitgehenden Einschränkungen seiner Körperfunktionen; eine lebensbedrohliche Gefahr geht davon aber nicht aus. Zudem hat der Kläger gerade durch die als Behandlungsmethode anerkannte Anwendung von Krankengymnastik kontinuierlich Erfolge erzielt, so dass schon aus diesem Grund die Annahme des Sozialgerichts, seine Behandlung sei schulmedizinisch ausgereizt, nicht zutrifft.
Es besteht auch kein Anlass, die Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.12.2005 a.a.O. auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, vielmehr hat der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen den Leistungsumfang der GKV durch Schaffung besonderer Verfahren und mit besonderem Sachverstand ausgestatteter Institutionen bewusst begrenzt (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R sowie - B 1 KR 12/05 R - jeweils in Juris). Denn entscheidend ist insoweit, dass das vom Bundesverfassungsgericht herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die hierzu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als entscheidenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen. Im Gegenteil ist es auch nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, dass der Gesetzgeber die nähere Konkretisierung der durch unbestimmte Rechtsbegriffe festgelegten Leistungsverpflichtung im Einzelfall im Rahmen der Vorgaben des Vertragsarztrechts vor allem den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten vorbehält, den Leistungskatalog auch an finanzwirtschaftlichen Erwägungen orientiert und die Krankenkassen deshalb nicht alles zu leisten haben, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (BSG, Urteil vom 26.09.2009 - B 1 KR 3/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers besteht daher nicht, so dass das Urteil des Sozialgerichts vom 23.02.2010 keinen Bestand haben konnte und deshalb aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung der Mietkosten für ein Muskelstimulationsgerät (Myofeedbackgerät MIT Z2) für den Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 in Höhe von 1.913,16 EUR.
Der 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 10.01.2006 erlitt er einen beidseitigen Hirnstamminfarkt, in dessen Folge es zu einer hochgradigen neurologischen Funktionsstörung kam. Insbesondere traten eine spastische armbetonte Hemiparese rechts sowie Augenbewegungsstörungen und Gleichgewichtsstörungen auf.
Der Kläger hatte bereits im August 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme von Mietkosten eines Myofeedbackgerätes für einen Zeitraum von sechs Monaten gestellt. Nach Ablehnung dieses Antrags und erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens verfolgte er sein Begehren vor dem Sozialgericht Mannheim weiter. Nach Einholung einer sachverständigen Zeugenaussage bei dem behandelnden Arzt Prof. Dr. M. von der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums H. vom 07.05.2008 und eines Gutachtens bei dem Leiter der Klinken Sch. H., Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus, PD Dr. B. vom 03.09.2008 wurde seine Klage mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 17.02.2009 (S 8 KR 4260/07) abgewiesen. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, die Versorgung mit dem Myofeedbackgerät sei weder erforderlich, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, noch um eine Behinderung auszugleichen. Letzteres scheide schon daher aus, weil dieses Gerät keinen unmittelbaren Ausgleich eines Funktionsdefizits anstrebe, sondern im Sinne einer Krankenbehandlung eingesetzt werde. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die beim Kläger durch gezielte Anwendung von Ergo- und Physiotherapie sowie Krankengymnastik und Gehirnleistungstraining erreichten Erfolge ausschließlich durch den Einsatz dieses Gerätes hervorgerufen worden seien, denn der Kläger habe zeitgleich auch Ergotherapie und Krankengymnastik durchgeführt. Alleine der Umstand, dass das gerätegebundene Training den Kläger in seiner Motivation deutlich unterstütze, genüge nicht, um die Erforderlichkeit für die Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung annehmen zu können. Ebenso wenig sei es von Bedeutung, dass der Kläger subjektiv durch den Einsatz des Myofeedbackgerätes eine wesentliche Besserung seines Zustandes, auch in psychischer Hinsicht, verspürt habe. Denn der Einsatz dieses Gerätes ziele seiner Konzeption nach nicht auf die Aufhellung der Psyche ab. Zudem sei der Einsatz des Myofeedbackgerätes wissenschaftlich nur unzureichend evaluiert. Weder von der Universitätsklinik H. noch von den Kliniken Sch. werde dieses Gerät eingesetzt. In diesen neurologischen Fachkliniken würden auch neuere und neueste (ausreichend evaluierte und erforschte) Behandlungsmethoden angewendet. Das Myofeedbackgerät sei den behandelnden Ärzten des Kläger aus dem Universitätsklinikum aber noch nicht einmal bekannt gewesen. Dies spreche gegen seine Erforderlichkeit.
Der Kläger verwendete das Myofeedbackgerät ab dem 15.12.2007.
Mit ärztlicher Verordnung der Gemeinschaftspraxis Dr. Z./C. R. vom 24.01.2008 war dem Kläger das Myofeedbackgerät erneut für weitere sechs Monate verordnet worden. Die Mietkosten sollten sich laut eines Kostenvoranschlags der I. Reha GmbH vom 29.01.2008 für sechs Monate auf 956,58 EUR belaufen.
Mit Schreiben vom 13.03.2008 hatte die Beklagte dem Vermieter des Gerätes als dem Leistungserbringer mitgeteilt, schon der Erstantrag sei abgelehnt worden, daher könne auch einem Verlängerungsantrag nicht entsprochen werden. Hiergegen hatte der Kläger am 09.04.2008 Widerspruch erhoben.
Am 20.01.2009 hatten die Fachärztinnen für Allgemeinmedizin Dr. Z./C. R. dem Kläger erneut die Versorgung mit einem Muskelstimulationsgerät bzw. die mietweise Überlassung eines solchen Gerätes für die Dauer von sechs Monaten verordnet. Nach dem Kostenvoranschlag vom 22.01.2009 sollten hierfür wiederum Gesamtkosten von 956,58 EUR anfallen.
Mit ihrem Bescheid vom 10.02.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Kosten für die Überlassung eines Myofeedbackgerätes nicht übernommen werden könnten. Schon in der Vergangenheit sei durch den MDK festgestellt worden, dass die medizinischen Voraussetzungen für das beantragte Hilfsmittel nicht vorlägen.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.02.2009 Widerspruch und ließ vortragen, durch die Anwendung des Myofeedbackgerätes könne er nunmehr die spastisch betroffene rechte Hand wieder aktiv öffnen. Daher sei seinem Antrag auf Kostenübernahme zu entsprechen.
Die Beklagte wies den Widerspruch vom 23.02.2009 mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2009 und den Widerspruch vom 09.04.2008 mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2009 zurück. Zur Begründung führte der Widerspruchsausschuss jeweils aus, dass die Versorgung mit dem Muskelstimulationsgerät weiterhin sozialmedizinisch nicht indiziert sei, und nahm auf den inzwischen ergangenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 17.02.2009 über den ersten Mietzeitraum Bezug.
Am 10.08.2009 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim und verfolgte seinen Anspruch auf Übernahme der Mietkosten für das Myofeedbackgerät vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 (1.913,16 EUR) weiter. Er habe seinerzeit versäumt, gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17.02.2009 fristgerecht Berufung einzulegen. Da durch die Behandlung mit dem Myofeedbackgerät erste Erfolge zu verzeichnen gewesen seien, sei ihm dieses Hilfsmittel erneut verordnet worden. So habe er erst durch die Nutzung dieses Gerätes die spastisch gelähmte rechte Hand wieder aktiv öffnen können. Die Beklagte habe die Übernahme der Gerätemiete zu Unrecht abgelehnt. In rechtlicher Hinsicht stehe die Rechtskraft des Gerichtsbescheides vom 17.02.2009 der neuen Klage nicht entgegen. Denn dieser Gerichtsbescheid habe nur den Zeitraum vom 05.12.2007 bis zum 04.06.2008 umfasst. Streitgegenstand der neuen Klage sei jetzt der Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009. Die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim habe in dem früheren Verfahren lediglich eine Vorfrage geklärt, so dass dem Gerichtsbescheid keine Bindungswirkung zukomme. Nach dem Hirninfarkt sei er intensiv ergotherapeutisch und krankengymnastisch behandelt worden. Hierdurch sei es auch zu Fortschritten gekommen. Jedoch habe sich die Handfunktion durch diese Heilmittel nicht verbessert. Daher sei ihm gezielt zur Verbesserung der Handfunktion das Myofeedbackgerät verordnet worden. Hierdurch habe sich seine rechte Schulter stabilisiert und die Bewegungen seien sicherer geworden. Auch die Handfunktion habe sich erheblich verbessert. Beides stehe in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Einsatz des Gerätes. Daher sei alleine die konventionelle Behandlung (Ergotherapie und Krankengymnastik) zur Sicherung des Behandlungserfolges nicht ausreichend. Im Übrigen habe der MDK im Vorfeld durchaus bestätigt, dass der Einsatz eines Muskelstimulationsgeräts nach einem Schlaganfall sinnvoll sein könne. Der vom MDK erhobene Einwand, die Behandlung sei vorliegend verspätet begonnen worden, treffe jedoch nicht zu. Denn auch zum jetzigen Zeitpunkt sei ein deutlicher therapeutischer Erfolg nachweisbar. Wenn sich die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim bei Erteilung des Gerichtsbescheids in erster Linie auf ein Gutachten des ärztlichen Leiters der Sch. Kliniken gestützt habe, müsse berücksichtigt werden, dass er dort stationär behandelt worden sei und die Beklagte mit dieser Klinik zusammenarbeite. Daher sei der Gutachter befangen, es müsse ein neues Gutachten von neutraler Seite eingeholt worden. Im Übrigen sei durch verschiedene Publikationen die Wirksamkeit des Myofeedbackgerätes bestätigt worden. Nicht zuletzt müsse berücksichtigt werden, dass dieses Gerät in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden sei und es erst durch seine Anwendung zu einer wesentlichen Verbesserung eines Grundbedürfnisses (Greifen mit der rechten Hand) gekommen sei. Schließlich würde die Beklagte bei anderen Versicherten die erforderlichen Kosten übernehmen.
Mit Schreiben vom 26.10.2009 berichtete Dr. Z. nochmals als sachverständige Zeugin über die Behandlung des Klägers seit 1997. Die Behandlungshäufigkeit werde derzeit nach Bedarf geregelt und liege zwischen zweimal wöchentlich und einmal monatlich. Ein Schwerpunkt der Behandlung liege in der Einstellung der vaskulären Risikofaktoren (Diabetes mellitus, Hypertonie), um weitere Ereignisse wie beispielsweise einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt zu vermeiden. Ein weiterer Schwerpunkt liege in der Behandlung der Folgen des Schlaganfalls vom 10.01.2006 (rechtsseitige Halbseitenlähmung). Im erfragten Zeitraum seit März 2008 habe der Kläger sehr gute Fortschritte gemacht und könne wieder alleine ins Bett gehen oder aufstehen. Zudem benötige er auch bei der Toilette nur noch selten Hilfe. Das Gangbild sei deutlich stabiler, die frühere Sturzneigung liege nicht mehr vor. Eine Fußheberschwäche rechts sei kaum noch nachweisbar. Allerdings stehe die Lähmung des rechten Armes und der rechten Hand weiterhin im Vordergrund, wobei auch hier deutliche Verbesserungen zu verzeichnen seien, wenn auch in sehr kleinen Schritten. Der spastisch erhöhte Muskeltonus im Bereich des rechten Armes und der rechten Schulter sei deutlich gemindert. Die Beweglichkeit der Finger I und II habe deutlich zugenommen, so dass der Kläger jetzt wieder einen Lichtschalter bedienen oder eine Wasserflasche öffnen könne. Auch die Bedienung einer Computermaus und der Tastatur gelinge jetzt wieder. Insgesamt habe der Kläger somit, obwohl der Schlaganfall nahezu vier Jahre zurückliege, im letzten Jahr weiter deutliche Fortschritte gemacht, so dass auch künftig von einer kontinuierlichen Verbesserung der funktionellen Defizite ausgegangen werden könne.
Mit Urteil vom 23.02.2010 hob das Sozialgericht den Bescheid vom 13.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2009 und den Bescheid vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2009 auf und verurteilte die Beklagte, die Kosten für die Miete des Myofeedbackgerätes MIT Z2 für den Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 in Höhe von 1.913,16 EUR zu erstatten.
Zur Begründung führte es aus, der Streitgegenstand des Gerichtsbescheides vom 17.02.2009 umfasse die Übernahme der Miete für das Myofeedbackgerät für die Dauer von sechs Monaten von der Geräteübergabe am 05.12.2007 bis zum 04.06.2008. Für den folgenden Zeitraum stehe die Rechtskraft des Gerichtsbescheides einer neuen gerichtlichen Entscheidung nicht entgegen. Das an den Gerätehersteller gerichtete Schreiben der Beklagten vom 13.03.2008 sei als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch X (SGB X) zu qualifizieren, der nicht nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des früheren Klageverfahrens geworden sei, da ein neuer Zeitraum betroffen sei. Im Gegensatz zu der Entscheidung der 8. Kammer im Gerichtsbescheid vom 17.02.2009 sei ein Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V für die Versorgung mit dem Myofeedbackgerät gegeben. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 SGB V könnten die Versicherten diejenigen Hilfsmittel beanspruchen, die erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. In Betracht kämen somit alle sächlichen Mittel, die der Krankheitsbekämpfung dienten und spezifisch im Rahmen der Krankenbehandlung eingesetzt würden. Die 8. Kammer des Sozialgerichts habe einen zu strengen Maßstab angelegt, wenn sie die Erforderlichkeit des Myofeedbackgerätes mit der Begründung verneint habe, dieses sei zur Sicherung des Behandlungserfolges nicht unverzichtbar. Es reiche vielmehr aus, wenn sich aus schulmedizinischer Sicht der Einsatz des Hilfsmittels an dem Ziel, den Behandlungserfolg zu sichern, orientiere und die gute Möglichkeit bestehe, dass dieses Ziel auch eintreten könne bzw. werde. Diese Voraussetzungen seien gegeben. In dem im früheren Klageverfahren erstatteten Gutachten von Dr. B. (Sch. Kliniken H.) vom 03.09.2008 werde ausdrücklich festgestellt, dass aus schulmedizinischer Sicht die Wirksamkeit der Myofeedbacktherapie bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten in der Akut- und früheren Rehabilitationsphase bestätigt werden könne. Zu der vom MDK vertretenen These, nach Ablauf eines längeren Intervalls sei der Einsatz eines Muskelstimulationsgerätes nicht mehr erfolgversprechend, habe der Gutachter ausgeführt, dies entspreche der schulmedizinischen allgemeinen neurologischen Einschätzung. Daher könne nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass eine weitere Behandlung des Klägers mit dem in Streit stehenden Hilfsmittel zu weiteren, alltagsrelevanten Verbesserungen führen würde. Der Gutachter habe aber auch angemerkt, seiner persönlichen Erfahrung nach könne es auch noch Jahre nach dem Schlaganfall durch eine intensive Therapie unter Einschluss des in Streit stehenden Hilfsmittels zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik kommen. Unter Berücksichtigung dieser Einschätzung halte es das Gericht im vorliegenden Einzelfall daher für geboten, dass der Kläger mit dem Muskelstimulationsgerät als Hilfsmittel versorgt werde. Die schulmedizinisch anerkannten Behandlungsmethoden bei dem schweren Krankheitsbild des Klägers schienen "ausgereizt" und es sei somit im Sinne einer effektiven Krankenbehandlung geboten, auch solche Hilfsmittel bzw. Therapien einzusetzen, bei denen der Wirksamkeitsnachweis nicht zu 100 % geführt werden könne. Daher müsse es ausreichen, wenn sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Hiervon könne nach Einschätzung des Gutachters trotz fehlender wissenschaftlicher Studien auch noch Jahre nach dem Schlaganfall ausgegangen werden. Denn der Gutachter habe ausdrücklich bestätigt, seiner Erfahrung nach seien auch nach längerer Zeit durch eine intensive Therapie unter Einschluss dieses Hilfsmittels Verbesserungen des Gesundheitszustandes zu erwarten. Auch der im Rahmen von § 13 Abs. 3 SGB V erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der unberechtigten Leistungsablehnung durch die Krankenkasse und der Selbstbeschaffung der Leistung durch den Versicherten sei gegeben. Denn die Beklagte habe zuvor ihren Willen, das Myofeedbackgerät nicht zur Verfügung zu stellen, mehrfach durch die Erteilung entsprechender Bescheide und auch im Rahmen des Klageverfahrens vor der 8. Kammer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. In dieser Situation käme es einer reinen Förmelei gleich, die Kostenerstattung nur deshalb abzulehnen, weil der Kläger vor der Anmietung des Myofeedbackgerätes für den hier maßgeblichen Zeitraum die Erteilung eines weiteren Ablehnungsbescheides nicht abgewartet habe.
Gegen das ihr am 09.03.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23.03.2010 Berufung eingelegt. Sie macht geltend, die Beweiswürdigung des Sozialgerichts lasse in keiner Weise erkennen, dass die Voraussetzungen der zuvor aufgestellten Rechtssätze erfüllt seien. Es zitiere den Gutachter Dr. B. mit dem Hinweis, die schulmedizinische Wirksamkeit sei in der frühen Akut- und Rehabilitationsphase bestätigt, was hier aber gerade nicht der Fall sei (Schlaganfall 2006 - Antrag 2008 -). Wenn das Gericht den Gutachter dann weiter zitiere "nach seiner persönlichen Erfahrung" könne auch noch nach Jahren eine Besserung eintreten, sei das nicht der Maßstab der Schulmedizin. Gleiches gelte für die Einschätzung, dass sich das Gerät in der Praxis zur Behandlung nach Jahren durchgesetzt habe. Auch hier reiche die Einschätzung des Gutachters nicht aus. Das Gericht hätte dies selbst durch Beweiserhebung klären müssen. Muskelstimulationsgeräte dienten dem gezielten Muskeltraining erregungsfähiger, quergestreifter Muskulatur, wenn die Therapie mittels Heilmittelanwendungen und insbesondere krankengymnastische Therapie aus medizinischer Sicht nicht ausreiche. Dieses könne bei hochgradigen Inaktivitätsatrophien nach längerer Ruhigstellung von Gliedmaßen oder bei zusätzlich notwendigem gezielten Muskeltraining der quergestreiften Muskulatur im noch erregungsfähigen Zustand bei peripheren Lähmungen, zerebralen Lähmungen oder analogen Funktionsstörungen neurologischer Ursache notwendig werden. Zur Prüfung der genannten Voraussetzungen habe sich die Beklagte an den beratend tätigen Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) gewandt. Von dort sei eine Kostenübernahme nicht empfohlen worden, weil nach einem Hirnstamminfarkt im Januar 2006 nach nunmehr 19 Monaten mit einer Funktionsbesserung nicht mehr zu rechnen sei. Entscheidend sei der Einsatz in der frühen Rehabilitationsphase, mit dem Einsatz des Gerätes solle möglichst noch in der stationären Rehabilitation begonnen werden. Der Einsatz des Gerätes sei jetzt nicht mehr erfolgversprechend. Die geschilderten Verbesserungen würden sich nicht klar dem Einsatz des EMG-gesteuerten Stimulationsgerätes zuordnen lassen. Ein objektiver therapeutischer Effekt sei somit nicht nachgewiesen. Die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim habe sich in ihrer Entscheidung vom 17.02.2009 der Auffassung des MDK angeschlossen. Die 9. Kammer beurteile diesen Sachverhalt gänzlich anders. Bereits die Tatsache, dass die 8. und 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim zu ein und denselben Gutachten und Stellungnahmen und zu den Maßstäben bezüglich der Erforderlichkeit eines Hilfsmittels unterschiedliche Auffassungen hätten, bedürfe einer Klärung durch das LSG. Selbst der Gutachter Dr. B. sei in seinen Ausführungen vom 03.09.2008 zu dem Ergebnis gekommen ist, dass mit dem Maßstab des Vollbeweises nicht nachgewiesen werden könne, dass die Verbesserung der Erkrankung ausschließlich durch das Myofeedback-Gerät hervorgerufen worden sei, da zeitgleich auch Ergotherapie und Krankengymnastik durchgeführt worden sei. Die persönliche Erfahrung in der Klinik sei die, dass auch noch Jahre nach zerebraler Ischämie durch ein sehr intensives Training, zum Beispiel einer stationären Rehamaßnahme und multimodalem Team, noch deutliche Verbesserungen für den Patienten, die im Alltag auch relevant seien, erzielt werden könnten. Die Tatsache, dass der Kläger dreimal täglich Training durchführe und mit seiner Ehefrau sehr intensiv übe, hätte möglicherweise auch ohne Gerät zu einer Besserung geführt. Weitere Verschlimmerungen könnten auch durch hochfrequente Krankengymnastik und Ergotherapie verhütet werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sei nicht davon auszugehen, dass bei weiterer Behandlung des Klägers mit dem Gerät alltagsrelevante Verbesserungen eintreten würden. Diese Ausführungen habe die 8. Kammer als Grundlage für die Abweisung der Klage herangezogen. Die 9. Kammer habe diese Ausführungen nur bezüglich des Wirksamkeitsnachweises aufgegriffen, die Ausführungen zum Mangel an alltagsrelevanten Verbesserungen nicht beachtet und den Maßstab bezüglich der Erforderlichkeit des Gerätes wesentlich niedriger angesetzt. Diese Auffassung sei nicht nachvollziehbar, denn unter Berücksichtigung des § 33 SGB V mangele es hier bereits an der Erforderlichkeit im Einzelfall, weil andere Maßnahmen wie Krankengymnastik und Ergotherapie zur Verfügung stünden und zur Behandlung entsprechender Erkrankungen auch nachweislich anerkannt seien. Darüber hinaus sei auch die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V für den zweiten Verlängerungsantrag trotz mangelnder vorheriger Antragstellung als erfüllt anzusehen sind, nicht haltbar, denn das BSG habe in seinem Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 8/06 R - ausgeführt, dass eine vorherige Entscheidung der Kasse auch dann nicht entbehrlich sei, wenn die Ablehnung des Leistungsbegehrens - etwa auf Grund von Erfahrungen aus anderen Fällen - von vornherein feststehe. Insofern sei das Festhalten an der Notwendigkeit der vorherigen Antragstellung auch für Verlängerungsanträge nicht als "Förmelei" zu bezeichnen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23.02.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim sei zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger nach § 33 I Satz 1 Alt. 1 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit dem Myofeedbackgerät zustehe. Danach könne der Kläger die Hilfsmittel beanspruchen, die erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Es kämen alle Mittel in Betracht, die im Rahmen der Krankenbehandlung eingesetzt würden und geeignet seien, den gewünschten therapeutischen Erfolg sicherzustellen. Es genüge somit, wenn der therapeutische Erfolg durch den Einsatz des Hilfsmittels angestrebt werde und das Wirtschaftlichkeitsgebot Beachtung finde. Es sei somit ausreichend, dass durch das Hilfsmittel das Behandlungsziel wesentlich gefördert werde. Der tatsächliche Eintritt des Behandlungserfolgs und eine streng naturwissenschaftlich gesicherte kausale Verknüpfung sei nicht erforderlich. Maßstab sei die Schulmedizin. Der Wirksamkeitsnachweis erfordere, dass eine ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen dokumentiert bzw. berücksichtigt werde. Eines Vollbeweises bedürfe es nicht. Der Einsatz des Myofeedbackgerätes sei geeignet, den gewünschten therapeutischen Erfolg bei dem Kläger sicherzustellen. Auch habe sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes in der medizinischen Praxis durchgesetzt und entspreche dem schulmedizinischen Standard. Aus dem ärztlichen Befundbericht des Universitätsklinikums H. und der Stellungnahme von Dr. Z./R. ergebe sich, dass mit der Ergotherapeutin und der Fa. I. das Gerät getestet und festgestellt worden sei, dass sich die entsprechenden Muskelgruppen hätten stimulieren lassen und demzufolge noch eine deutliche Verbesserung der Handfunktion erwartet werde. Auch sei der weiteren Stellungnahme der Gemeinschaftspraxis Dr. Z. und R. vom 26.10.2009 zu entnehmen, dass selbst vier Jahre nach dem Schlaganfall deutliche Fortschritte zu verzeichnen gewesen seien. Auch dem Gutachten des Dr. B. sei zu entnehmen, dass aus schulmedizinischer Sicht die Wirksamkeit der Myofeedbacktherapie bei der Behandlung von Schlaganfallpatienten bestätigt werde. Weiterhin gehe aus dem Gutachten hervor, dass es auch noch Jahre nach dem Schlaganfall durch eine intensive Therapie unter Einschluss des in Streit stehenden Hilfsmittels zu einer deutlichen Besserung der Symptomatik kommen könne. Der Einsatz des Myofeedbackgerätes sei weiterhin in vorliegendem Fall geboten. Es sei nicht erforderlich, mit dem Maßstab des Vollbeweises nachzuweisen, dass die Verbesserungen ausschließlich durch das Gerät hervorgerufen worden seien und immer noch hervorgerufen würden. Ausreichend sei vielmehr, dass die Möglichkeit einer Verbesserung bestehe. Hätten Versicherte lediglich einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, sofern nachgewiesen werde, dass der Behandlungserfolg auch definitiv infolge des Hilfsmittels eintrete, würde § 33 I SGB V ins Leere laufen. Die Beklagte habe ihren Willen, das Myofeedbackgerät nicht zur Verfügung zu stellen, mehrfach durch entsprechende Bescheide unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Da die Beklagte die Leistungen in dem Zeitraum vom 05.06.2008 bis zum 04.06.2009 zu Unrecht abgelehnt habe, habe der Kläger sich diese Leistungen selbst beschaffen und einen Betrag in Höhe von 1.913,16 EUR aufwenden müssen. Gem. § 13 III SGB V habe der Kläger einen Anspruch auf Kostenerstattung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akten des Sozialgerichts zu den Aktenzeichen S 8 KR 4260/07 und S 9 KR 2637/09 und die Akten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Sie hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger die Mietkosten für das Myofeedbackgerät zu erstatten. Er hat darauf keinen Anspruch. Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs sind die Bestimmungen der §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 13 Abs. 3 S. 1 SGB V. Gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistung. Kostenerstattung findet nur statt, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist. Hierfür kommt vorliegend nur die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten die für eine selbstbeschaffte Leistung entstandenen Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung notwendig und unaufschiebbar war und die Krankenkasse diese rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt.) oder sie die - notwendige - Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alt.).
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V kommt nicht in Betracht, da es sich bei der Versorgung des Klägers mit dem Myofeedbackgerät nicht um eine unaufschiebbare Notfall-Leistung handelt, die dann erbracht wird, wenn aus medizinischen Gründen eine umgehende Behandlung des Versicherten notwendig ist und ein Vertragsarzt nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen und aufgesucht werden kann (vgl. BSG, Urt. v. 01.02.1995, - 6 RKa 9/94 -; Senatsurteil vom 22.11.2006, - L 5 KR 1015/06 -). Es war dem Kläger nicht unzumutbar, mit dem Beginn der Behandlung bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten. Dementsprechend hat der Kläger bei der erstmaligen Anmietung des Myofeedbackgerätes auch die Entscheidung der Beklagten abgewartet und bezüglich der hier streitgegenständlichen Folgeverordnung die Entscheidung der Beklagten vom 13.03.2008 vor Beginn des Verlängerungszeitraums am 05.06.2008 herbeigeführt.
Der daher allein in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V wegen einer zu Unrecht abgelehnten Leistung reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urt. v. 14.12.2006, - B 1 KR 8/06 R -). Aus Wortlaut und Zweck dieser Vorschrift folgen außerdem Vorgaben für den Beschaffungsweg bei selbst beschafften Leistungen. Zwischen der rechtswidrigen Ablehnung der Leistung und der Kostenlast des Versicherten muss ein Kausalzusammenhang bestehen. Der Erstattungsanspruch ist daher ausgeschlossen, wenn der Versicherte vor der Inanspruchnahme bzw. Beschaffung der Leistung nicht die Entscheidung der Krankenkasse über deren Gewährung abgewartet hat (einschränkend aber BVerfG, Beschl. v. 19.03.2009, - 1 BvR 316/09 -). Das Abwarten (auch) der Entscheidung über einen gegen die Leistungsablehnung eingelegten Widerspruch ist in der Regel aber nicht notwendig (vgl. Senatsurteil vom 24.09.2008, - L 5 KR 1539/07 - m. Nachw. zur Rspr. des BSG).
Der Kläger hat schon bei der erstmaligen Anmietung des Gerätes den Beschaffungsweg eingehalten und die ärztliche Verordnung vor Behandlungsbeginn bei der Beklagten eingereicht und deren Entscheidung abgewartet. Auch für den vorliegend streitgegenständlichen Verlängerungszeitraum ab dem 05.06.2008 hatte er eine ärztliche Verordnung bei der Beklagten eingereicht. Diese hat am 13.03.2008 den Leistungserbringer darüber verständigt, dass wegen des anhängigen Klageverfahrens bezüglich des ersten Antrages eine Kostenübernahme nicht erfolgen werde. Eine ablehnende Entscheidung lag daher auch vor Beginn des streitgegenständlichen Verlängerungszeitraums vor.
Der Kläger hat aber keinen Sachleistungsanspruch für die Versorgung mit einem Myofeedbackgerät.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Leistungsanspruchs ist § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V sind Sachen, die durch ersetzende, unterstützende und entlastende Wirkung den Erfolg der Krankenbehandlung sichern oder die Überwindung von körperlichen Behinderungen ermöglichen. Als Hilfsmittel sind auch alle ärztlich verordneten Sachen anzusehen, die therapeutischen Zwecken dienen, also den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel (BSG Urt. v. 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R), aber auch Geräte, die den Erfolg einer Heilbehandlung bei Anwendung durch den Versicherten selbst sicherstellen sollen (BSG Urt. v. 20.01.2001, - B 3 KR 6/00 -; Urt. v. 31.08.2000 - B 3 KR 21/99 R). Demgegenüber sind Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V alle ärztlich verordneten Dienstleistungen, die einem Heilzweck dienen oder einen Heilerfolg sichern und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden dürfen (BSG, Urt. v. 20.01.2001 - B 3 KR 6/00 R).
Mit der Zielsetzung des § 33 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 SGB V – Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung - knüpft das Gesetz an die Bestimmung des § 27 SGB V an, in der die Krankenbehandlung näher geregelt ist. Gem. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst (u.a.) die Versorgung mit Hilfsmitteln (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V). Die Hilfsmittelversorgung zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung betrifft solche Gegenstände, die auf Grund ihrer Hilfsmitteleigenschaft spezifisch im Rahmen der ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt werden, um zu ihrem Erfolg beizutragen (BSG, Urt. v. 19.04.2007, - B 3 KR 9/06 R -). Notwendig ist nicht, dass der therapeutische Erfolg bereits vorliegt und nur noch zu sichern ist; es genügt, wenn mit dem Hilfsmittel ein therapeutischer Erfolg auch nur angestrebt wird (BSG, Urt. v. 19.04.2007, - B 3 KR 9/06 R -).
Das Hilfsmittel muss gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V im Einzelfall erforderlich sein, was wiederum die Eignung bzw. die Zweckdienlichkeit des Hilfsmittels zur Erreichung der in § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB genannten Ziele (für sich allein oder im Zusammenwirken mit anderen Bedingungen; vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 3, 25) voraussetzt. Besteht das Ziel der Hilfsmittelanwendung in der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 SGB V) sind Eignung und Zweckdienlichkeit des Hilfsmittels nur bei einem entsprechenden medizinischen Nutzen nachgewiesen. Dieser Nachweis ist auch dann nicht entbehrlich, wenn das Hilfsmittel im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen aufgeführt (gelistet) ist. Die Listung setzt gem. § 139 Abs. 4 SGB V zwar ebenfalls – soweit erforderlich – den Nachweis des medizinischen Nutzens voraus. Der Nachweis nach § 139 Abs. 4 SGB V bezieht sich im Unterschied zum Erforderlichkeitsmerkmal des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V aber nicht auf den Einzelfall (vgl. auch BSG, Urt. v. 08.09.2006, - B 3 KR 28/05 R -). Außerdem stellt das Hilfsmittelverzeichnis in rechtlicher Hinsicht nur eine nicht verbindliche Auslegungshilfe dar. In tatsächlicher Hinsicht kann es den medizinischen Nutzen des Hilfsmittels auch für den jeweiligen Einzelfall zwar indizieren (dazu Senatsurteil vom 16.06.2010, - L 5 KR 4929/07 - m. w. N. zur Rspr. des BSG), jedoch nur nach näherer Maßgabe des Listeneintrags, etwa bezogen auf die Festlegungen zum Anwendungsort und zur Indikation. Im Übrigen bleibt es dabei, dass die Erforderlichkeit des Hilfsmittels i. S. d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V und damit auch seine Eignung bzw. sein medizinischer Nutzen im Einzelfall nachzuweisen sind.
Schließlich ist auch bei der Hilfsmittelversorgung das Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V zu wahren. Danach muss das Hilfsmittel nicht nur ausreichend und zweckmäßig, sondern auch wirtschaftlich sein. Das Maß des Notwendigen darf nicht überschritten werden. Nicht notwendige oder unwirtschaftliche Hilfsmittel können Versicherte nicht beanspruchen und dürfen die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Beklagte die Erstattung der Mietkosten für das Myofeedbackgerät zu Recht abgelehnt. Es fehlt an der Erforderlichkeit dieses Hilfsmittels i. S. d. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dies hat die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim im Gerichtsbescheid vom 17.02.2009 zutreffend angenommen und die Klage auf Erstattung der Mietkosten für das Myofeedbackgerät aufgrund des Ergebnisses der durchgeführten Ermittlungen abgelehnt. In dem für die Folgezeit durchgeführten Klageverfahren vor der 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim haben sich keine weiteren Erkenntnisse ergeben, die die abweichende Entscheidung im Urteil vom 23.02.2010 rechtfertigen könnten. Die 9. Kammer hätte der Klage ebenfalls nicht stattgeben dürfen.
Zwar sind im Hilfsmittelverzeichnis unter der Produktgruppe 09 -Elektrostimulationsgeräte- , Anwendungsort 37 -Nerven/Muskel- unter der Produktuntergruppe 02 -niederfrequente Elektrostimulationsgeräte zur Muskelstimulation- auch biphasische Muskelstimulationsgeräte, mehrkanalig, mit Therapiespeicher aufgeführt. Hierzu dürfte das Myofeedbackgerät zählen. Die Auflistung im Hilfsmittelverzeichnis gibt nach dem oben Ausgeführten indes keinen Aufschluss darüber, ob das Myofeedbackgerät auch für den Kläger im konkreten Behandlungsfall dazu geeignet war, den Erfolg der Krankenbehandlung herbeizuführen oder zumindest aufrecht zu erhalten und damit von medizinischem Nutzen für den Kläger war.
Der Senat entnimmt der im Verfahren S 8 KR 4260/07 eingeholten Stellungnahme der behandelnden Ärzte des Universitätsklinikums H. vom 07.05.2008 sowie dem fachneurologischen/neuropsychologischen Gutachten von Dr. B. von den Kliniken Sch. vom 03.09.2008, dass es sich bei der Anwendung des Myofeedbackgerätes, beginnend fast zwei Jahre nach dem erlittenen Schlaganfall nicht um eine Behandlungsmaßnahme handelt, von der wesentliche Funktionsverbesserungen hinsichtlich der beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten waren. Prof. Dr. M. und Dr. K. von der neurologischen Klinik des Universitätsklinikums H. haben ausgeführt, dass wesentliche Verbesserungen der klinischen Symptomatik nach zweijähriger Behandlung generell nicht zu erwarten seien, sondern der Fortführung von Therapien lediglich funktionserhaltende Wirkung beigemessen. Es sei allerdings auch bekannt, dass sich unter spezifischer Physiotherapie auch längere Zeit nach einem Gehirninfarkt noch Funktionsverbesserungen ergeben könnten. Der Anwendung des dort überhaupt nicht bekannten Myofeedbackgerätes, welche sie als wissenschaftlich unzureichend evaluiert betrachteten, haben sie aber ausdrücklich nur eine geringe Wahrscheinlichkeit für das Erzielen wesentlicher Funktionsverbesserungen zugeschrieben. Dr. B. war das Myofeedbackgerät ebenfalls nicht bekannt. Er hatte sich dieses im Rahmen der Begutachtung des Klägers für das Sozialgericht von einem Vertreter der Leistungserbringerin I. Reha erstmalig demonstrieren lassen. Nach einer Untersuchung des Klägers am 07.07.2008 konnte er eine relevante Verbesserung der Alltagsaktivitäten in dem Sinne, dass der betroffene rechte Arm und die rechte Hand nunmehr zum Halten und Greifen eingesetzt werden könnten, durch den Einsatz des Myofeedbackgerätes nicht feststellen. Dr. B. betonte ferner, dass Funktionsverbesserungen auch durch hochfrequente Krankengymnastik und Ergotherapie zu erzielen seien. Deshalb konnte Dr. B. beim Kläger wegen der parallel zur Anwendung des Myofeedbackgerätes durchgeführten Krankengymnastik und Ergotherapie sowie des sehr intensiven Trainings mit seiner Ehefrau nicht abgrenzen, ob die verzeichneten Behandlungserfolge nicht auch ohne das Stimulationsgerät eingetreten wären. Er kam - auch unter Berücksichtigung des späten Einsatzzeitpunktes des Gerätes über eineinhalb Jahren nach dem Gehirninfarkt - abschließend zu dem Ergebnis, dass nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden könne, dass bei weiterer Behandlung des Klägers mit dem Gerät weitere alltagsrelevante Verbesserungen eintreten würden.
Aufgrund dieser übereinstimmenden Einschätzungen der befragten Ärzte hält der Senat wie auch die 8. Kammer des Sozialgerichts Mannheim einen medizinischen Nutzen der Anwendung des Myofeedbackgerätes beim Kläger für nicht nachgewiesen. Entgegen der Auffassung der 9. Kammer des Sozialgerichts Mannheim vermag der Senat dem Gutachten von Dr. B. nicht zu entnehmen, dass sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Wie bereits ausgeführt, war dieses Gerät in den Sch. Kliniken ebenso wenig bekannt wie in der neurologischen Klinik des Universitätsklinikums H ... Insbesondere hat Dr. B. - was aber offenbar die 9. Kammer des Sozialgerichts aus seinem Gutachten entnommen hat - nichts darüber ausgesagt, dass sich der Einsatz des Myofeedbackgerätes auch Jahre nach dem Schlaganfall trotz fehlender wissenschaftlicher Studien in der medizinischen Praxis durchgesetzt habe. Die vom Sozialgericht in seinem Urteil vom 23.02.2010 hierzu angeführte Belegstelle, nach der Erfahrung des Gutachters seien auch längere Zeit nach zerebraler Ischämie durch sehr intensives Training zum Beispiel in einer stationären Rehamaßnahme und multimodalem Team noch deutliche Verbesserungen zu erzielen, sagt nach der Auffassung des Senats nichts darüber aus, ob derartige Erfolge auch durch den Einsatz eines Myofeedbackgerätes erreicht werden könnten. Auf diese Annahme, die dem Gutachten so nicht zu entnehmen ist, hat jedoch die 9. Kammer ihr Urteil maßgeblich gestützt. Die abschließende Beurteilung durch Dr. B., es könne nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bei weiterer Behandlung des Klägers mit dem Gerät weitere alltagsrelevante Verbesserungen eintreten würden, steht einer solchen Interpretation des Gutachtens aber eindeutig entgegen.
Auch die im Verfahren S 9 KR 2637/09 erfolgte Befragung der behandelnden Ärztin Dr. Z. als sachverständige Zeugin hat keine weiteren Erkenntnisse darüber gebracht, in wieweit die zwischenzeitlich erfolgte Anwendung des Myofeedbackgerätes für den Kläger von medizinischem Nutzen war. Zwar hat Dr. Z. eine kontinuierliche Verbesserung der Körperfunktionen beim Kläger seit März 2008 beschrieben. So habe der Kläger im Hinblick auf Gehfähigkeit deutliche Fortschritte gemacht und auch die Einsatzfähigkeit des vor allem betroffenen rechten Armes habe sich gesteigert. Der Kläger könne wieder einen Lichtschalter benutzen oder eine Wasserflasche öffnen, er könne die Computermaus und die Tastatur bedienen. Indes bleibt auch nach dieser Beschreibung der eingetretenen Funktionsverbesserungen offen, inwieweit diese durch den Einsatz des Myofeedbackgerätes entstanden sind. Dr. Z. hat darauf hingewiesen, dass der Kläger weiterhin regelmäßig Physiotherapie erhalte und die erlernten Übungen konsequent selbst durchführe. Es bleibt daher auch weiterhin fraglich, ob die Funktionsverbesserungen auf die Anwendung des Myofeedbackgerätes zurückzuführen sind oder der intensiven krankengymnastischem Behandlung zuzuschreiben sind. Von Prof. Dr. M. und Dr. K. war insoweit bestätigt worden, dass Funktionsverbesserungen längere Zeit nach einem Gehirninfarkt durch spezifische Physiotherapie eintreten könne. Eine derartige Wirkung haben sie hingegen für das Myofeedbackgerät nur mit geringer Wahrscheinlichkeit angenommen. Auch die Beurteilung der Notwendigkeit des Myofeedbackgerätes durch Dr. B., der ebenfalls einen zusätzlichen Nutzen zur durchgeführten Krankengymnastik nicht beschreiben konnte, ist damit nicht in Frage gestellt, so dass sich im Verfahren S 9 KR 2637/09 keine Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung der medizinischen Erforderlichkeit als im vorangegangenen Verfahren ergeben haben.
Schließlich ergibt sich ein Sachleistungsanspruch des Klägers auch nicht aus einer grundrechtskonformen Auslegung des SGB V. Die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes (GG) können in besonders gelagerten Fällen die Gerichte zu einer grundrechtsorientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts verpflichten. Dies gilt insbesondere in der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung, denn das Leben stellt einen Höchstwert innerhalb der grundgesetzlichen Ordnung dar (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98, BVerfGE 115, 25). Die Voraussetzungen für eine grundrechtskonforme Auslegung in diesem Sinne liegen hier indes nicht vor. Soweit das Sozialgericht in seinem Urteil vom 23.02.2010 argumentiert hat, die Behandlung des Klägers erscheine nach schulmedizinisch anerkannten Methoden als "ausgereizt", so dass es im Sinne einer effektiven Krankenbehandlung geboten sei, auch solche Hilfsmittel und Therapien einzusetzen, deren Wirksamkeitsnachweis nicht zu 100 % erbracht sei, kann dies den Erstattungsanspruch im vorliegenden Fall nicht tragen. Zwar mag - etwa bei der Anwendung nicht zugelassener Medikamente - auch eine nicht ganz fern liegende Aussicht wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf einen Kostenerstattungsanspruch rechtfertigen, allerdings gilt dies nur in den Fällen, in denen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen keine anderweitige erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit mehr besteht und der Anwendung von Medikamenten ohne wissenschaftlich abschließend erbrachten Wirksamkeitsnachweis zumindest die Aussicht auf eine Verzögerung des Krankheitsverlaufs beigemessen wird (so zuletzt Urteil des Senats vom 11.05.2011 - L 5 KR 3082/09-). Dies lässt sich auf den vorliegenden Fall aber nicht übertragen. Denn der Kläger leidet nach dem erlittenen Hirnstamminfarkt zwar an sehr weitgehenden Einschränkungen seiner Körperfunktionen; eine lebensbedrohliche Gefahr geht davon aber nicht aus. Zudem hat der Kläger gerade durch die als Behandlungsmethode anerkannte Anwendung von Krankengymnastik kontinuierlich Erfolge erzielt, so dass schon aus diesem Grund die Annahme des Sozialgerichts, seine Behandlung sei schulmedizinisch ausgereizt, nicht zutrifft.
Es besteht auch kein Anlass, die Rechtsgedanken des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 06.12.2005 a.a.O. auf weitläufigere Bereiche auszudehnen, vielmehr hat der Gesetzgeber aus wohl erwogenen Gründen den Leistungsumfang der GKV durch Schaffung besonderer Verfahren und mit besonderem Sachverstand ausgestatteter Institutionen bewusst begrenzt (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/04 R sowie - B 1 KR 12/05 R - jeweils in Juris). Denn entscheidend ist insoweit, dass das vom Bundesverfassungsgericht herangezogene Kriterium bei weiter Auslegung sinnentleert würde, weil nahezu jede schwere Krankheit ohne therapeutische Einwirkung irgendwann auch einmal lebensbedrohende Konsequenzen nach sich zieht. Das kann aber ersichtlich nicht ausreichen, das Leistungsrecht des SGB V und die hierzu ergangenen untergesetzlichen Regelungen nicht mehr als entscheidenden rechtlichen Maßstab für die Leistungsansprüche der Versicherten anzusehen. Im Gegenteil ist es auch nach der Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die GKV den Versicherten Leistungen nur nach Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs (§ 11 SGB V) und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung stellt, dass der Gesetzgeber die nähere Konkretisierung der durch unbestimmte Rechtsbegriffe festgelegten Leistungsverpflichtung im Einzelfall im Rahmen der Vorgaben des Vertragsarztrechts vor allem den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten vorbehält, den Leistungskatalog auch an finanzwirtschaftlichen Erwägungen orientiert und die Krankenkassen deshalb nicht alles zu leisten haben, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (BSG, Urteil vom 26.09.2009 - B 1 KR 3/06 R -, veröffentlicht in Juris).
Ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers besteht daher nicht, so dass das Urteil des Sozialgerichts vom 23.02.2010 keinen Bestand haben konnte und deshalb aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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