L 9 R 4153/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 R 5309/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 4153/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2010 wird zurückgewiesen soweit die Klage auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 1. Februar 2008 abgewiesen worden ist.

Die Klage gegen den Bescheid vom 2. Januar 2012 wird abgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob der Kläger bereits vor dem 1. Februar 2008 einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1959 geborene Kläger machte nach dem Besuch der Realschule von August 1977 bis Juli 1980 eine Ausbildung als Kfz-Schlosser und besuchte dann von September 1980 bis Juni 1982 die Technische Oberschule S., wo er das Abitur ablegte. Von Juli 1982 bis September 1983 leistete er Wehrdienst/Zivildienst und war dann vom 3. Oktober 1983 bis 31. Januar 1985 als Lager- und Instandhaltungsarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Außerdem verrichtete er nach seinen Angaben vom 7. November 1988 bis 28. Februar 1989 im Rahmen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung "Saisonarbeit". Danach liegen noch Pflichtbeitragszeiten vom 1. März 2001 bis 23. März 2002, 15. Mai 2002 bis 13. August 2004 und 8. November 2004 bis 24. April 2007 für die Pflege seiner pflegebedürftigen Mutter vor. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf vom 2. Januar 2012 verwiesen.

Der Kläger war außerdem - nicht rentenversicherungspflichtig - als Berufssportler (Motorradsportler) tätig, wobei er eine Vielzahl von Unfällen erlitt. Unfälle mit Kopfverletzungen erlitt er nach seinen Angaben 1984, 1987, 1990, 1994 ("Schädelbruch mit Bewusstlosigkeit, anhaltende Erinnerungslosigkeit") und im Oktober 2000 (gemäß seinen Angaben "Hand- und Nackenverletzung, Hirnblutung mit Bewusstlosigkeit und wiederkehrende Traumatisierung, Gleichgewichtsstörungen bei Belastung mit Nervenwallungen und eingeschränkter Merk- und Konzentrationsfähigkeit") bei einem Rennen in Namibia. Deswegen befand er sich vom 2. bis 14. November 2000 in stationärer Behandlung des Städtischen Klinikums P. mit den Diagnosen "Z. n. Schädel-Hirn-Trauma mit SAB und Contusio cerebri" (Bericht vom 7. Dezember 2000). Er nahm dann ab 2002 nochmals an Rennen teil, bis er den berufsmäßig ausgeübten Sport im Jahr 2003 schließlich aufgab und sich im weiteren im Wesentlichen der Pflege seiner Mutter widmete, die am 24. April 2007 verstarb. In der Zeit nach 2000 erlitt er nach seinen Angaben noch Verletzungen, auch am Kopf, bei einer Schlagstockattacke im Oktober 2002 und durch einen "Bildschirmträgerwurf" im Februar 2005.

Am 9. Januar 2008 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15. Juli 2008 und Widerspruchsbescheid vom 25. November 2008 ab. Der Kläger sei zwar seit 28. Oktober 2000 voll erwerbsgemindert. Er habe in dem dem Leistungsfall vorangegangenen Fünfjahreszeitraum jedoch keine Pflichtbeiträge zurückgelegt, weswegen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Diese wären nur erfüllt, wenn der Leistungsfall der Erwerbsminderung spätestens am 28. Februar 1987 oder aber ab 1. März 2004 eingetreten wäre.

Grundlage der Entscheidungen der Beklagten waren u. a. Berichte des Prof. Dr. A. vom Städtischen Klinikum P. vom 7. Dezember 2000, des Radiologen Dr. T. vom 6. Februar 2001, des Radiologen Dr. B. vom 11. Februar 2008 (Auswertung eines MRT des Schädels vom 31. Januar 2001), der HNO-Ärztin Dr. D. vom 16. September 2007 sowie ein Attest des Arztes Dr. M. vom 17. Oktober 2002.

Weiter lagen den Entscheidungen der Beklagten Gutachten der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. R. vom 26. März 2008 (Diagnose: Persönlichkeitsstörung; es bestehe im Übrigen ein guter Allgemein- und Kräftezustand ohne wesentlichen Befund auf internistischem Gebiet und ohne konkrete Beschwerden auf orthopädischem Gebiet, wobei der Kläger weitere Untersuchungen wie Labor, EKG und Lungenfunktion abgelehnt habe; wegen psychischer Auffälligkeiten sollte eine nervenärztliche Begutachtung erfolgen, die der Kläger jedoch abgelehnt habe; eine abschließende Beurteilung sei nicht möglich) und des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 7. Juli 2008 (Diagnose: Organische Persönlichkeitsstörung; auf Grund der psychopathologischen Auffälligkeiten sei der Kläger zu keiner kontinuierlichen Leistung im Erwerbsleben in der Lage, das Leistungsvermögen liege arbeitstäglich unter drei Stunden; Zeitpunkt des Eintritts der Leistungsminderung sei das Jahr 2000 mit dem Unfall in Namibia) sowie die weitere Stellungnahme der Dr. R. vom 9. Juli 2008 (Eintritt der Leistungsminderung seit dem Jahr 2000) zu Grunde.

Auf die die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ablehnende Entscheidungen hat der Kläger am 2. Dezember 2008 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und geltend gemacht, nach dem Unfall im Jahr 2000 habe sich sein Gesundheitszustand wieder gebessert, weswegen die rentenberechtigende Leistungsminderung erst zu einem späteren Zeitpunkt, auch wegen zusätzlicher Schädigungen in den Jahren 2003 und 2005 sowie der belastenden Pflege der Mutter bis zu deren Tod im Jahr 2007, eingetreten sei. Volle Erwerbsminderung liege erst mit dem Ende der Pflege seiner Mutter vor. Hierzu hat er verschiedene Unterlagen vorgelegt.

Das SG hat ärztliche Äußerungen aus anderen Verfahren des Klägers beigezogen sowie behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Über die von ihnen ab Januar 2000 erhobenen Befunde haben der Allgemeinmediziner Dr. M. am 10. März und 9. Oktober 2009, der Neurologe und Psychiater Dr. K. am 23. März 2009 (Untersuchungen am 26. Januar und 8. Februar 2001) sowie der Kinderarzt Dr. M. am 24. April 2009 (zweimalige Beratung im Jahr 2001) berichtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Aussagen und die beigefügten ärztlichen Äußerungen verwiesen. Ferner hat das SG eine vom Landratsamt E. veranlasste ärztliche Beurteilung der gesundheitlichen Situation des Klägers der Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. C. vom 17. November 2009 beigezogen.

Eine zunächst vom SG veranlasste Begutachtung durch den Neurologen Dr. H. ist nicht zustande gekommen, weil der Kläger einer Einbestellung durch den Sachverständigen nicht Folge geleistet hat.

Das SG hat dann mit Gerichtsbescheid vom 27. Juli 2010 die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei der Kläger seit dem Unfall in Namibia am 28. Oktober 2000 voll erwerbsgemindert, was sich aus den in den Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und den Zeugenaussagen ergebe. Erwerbsfähigkeit sei danach nicht wieder eingetreten. Soweit der Kläger in einem Schreiben an Dr. H. ausgeführt habe, er könne zur Begutachtung nur erscheinen, wenn er abgeholt werde, sei dies nicht stichhaltig angesichts dessen, dass der Kläger mit dem Fahrrad zur Begutachtung nach F. zu Dr. H. gereist sei und sich nach dem Schriftwechsel selbst zur Führung eines Kraftfahrzeuges in der Lage sehe.

Gegen den am 28. Juli 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, den 30. August 2010 Berufung eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, die Erwerbsminderung sei mit dem Tod seiner Mutter eingetreten, weswegen ab diesem Zeitpunkt Rente zu gewähren sei.

Der Senat hat Auskünfte der Krankenkasse des Klägers über ärztliche Behandlungen eingeholt. Nachdem sich der Kläger zur Vorstellung bei einem Sachverständigen nur bei Abholung bereit erklärt hat, hat der Senat ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. vom 12. Juli 2011 nach Aktenlage eingeholt. Dieser ist nach Auswertung aller aktenkundigen ärztlichen Äußerungen zum Ergebnis gelangt, ab 1. Januar 2000, in geringerem Umfang wahrscheinlich bereits früher, habe ein hirnorganisches Psychosyndrom auf Grund zahlreicher Hirnverletzungen vorgelegen. Es spreche zwar viel dafür, dass sich dieses im Zeitraum von 2000 bis 2004 gegenüber dem Zeitraum von 2004 bis 2008 nicht wesentlich geändert habe, doch sei eine graduelle Verschlechterung unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Auf Grund der im Nachhinein nicht mehr zu klärenden klinischen Situation lägen keine hinreichend verlässlichen Beweise dafür vor, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Januar 2000 bis 29. Februar 2004 nicht in der Lage gewesen wäre, unter Vermeidung von Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Wann diese Situation im Zeitraum von 2004 bis 2008 gekippt sei, könne man angesichts fehlender Dokumentation zu diesem Zeitraum nicht beurteilen. Als maßgebend könne erst die Situation im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. angesehen werden, also der Juli 2008. Als Zeitpunkt für den Eintritt einer quantitativen Leistungsminderung könne daher mit der geforderten Sicherheit erst der Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. H. im Juli 2008 angesehen werden.

Die Beklagte hat auf Grund der Ermittlungen und nach nochmaliger Prüfung den Eintritt des Leistungsfalles mit dem Rentenantrag vom 9. Januar 2008 anerkannt und in Folge dessen mit Bescheid vom 2. Januar 2012 dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2008, längstens bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, bewilligt (in Höhe von aktuell 196,51 EUR).

Der Kläger, der das entsprechende Angebot der Beklagten nicht angenommen hat, weil er die Rente bereits ab dem Tod seiner Mutter am 24. April 2007 begehrt, setzt das Verfahren fort.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2008 sowie Abänderung des Bescheids vom 2. Januar 2012 zu verurteilen, ihm ausgehend von einem Leistungsfall vom 24. April 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung bereits ab 24. April 2007 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 2. Januar 2012 abzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, ein früherer Rentenbeginn sei nicht möglich, da der Eintritt des Leistungsfalles vor Rentenantragstellung nicht nachgewiesen sei. Insbesondere sei eine Rentenzahlung ab dem Todestag der Mutter des Klägers schon deshalb nicht möglich, weil zu diesem Zeitpunkt ein Rentenantrag nicht vorgelegen habe.

Wegen des weiteren Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers und die Klage gegen den Bescheid vom 2. Januar 2012 sind nicht begründet, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung vor dem 1. Februar 2008. Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 2012 auch in Abwesenheit des Klägers über den Rechtsstreit entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß mit Postzustellungsurkunde vom 2. Februar 2012 zum Termin geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann. Der Kläger war im Übrigen auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Termin anzureisen; trotz eines entsprechenden Hinweises durch den Vorsitzenden wurde kein ärztliches Attest vorgelegt, aus dem sich ergeben hätte, dass er nicht in der Lage gewesen wäre mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen.

Der dem Begehren des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung teilweise abhelfende Bescheid vom 2. Januar 2012, mit welchem ihm die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2008 bewilligt hat, hat die angefochtenen Entscheidungen insofern teilweise ersetzt und ist gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Über ihn entscheidet der Senat auf Klage.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung vor dem 1. Februar 2008 liegen nicht vor, da der Eintritt eines Leistungsfalles vor der Rentenantragstellung, dem 9. Januar 2008, nicht feststellbar und nachgewiesen ist und ein früherer Rentenantrag auch nicht vorliegt.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe dazu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz SGB IV).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (siehe hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Eine Rente aus eigener Versicherung wird gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragsstelllung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung vor dem 1. Februar 2008.

Der Senat stellt hierzu zunächst fest, dass die Rente erstmals am 9. Januar 2008 beantragt wurde. Ein früherer Rentenantrag ist nicht gestellt worden. Ferner stellt der Senat fest, dass eine Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vor dem 9. Januar 2008 nicht nachgewiesen ist. Dies ergibt sich schlüssig und überzeugend aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Dr. W., der sämtliche vorliegende ärztliche Äußerungen ausgewertet und insbesondere auch die Untersuchungsbefunde des Dr. H., der den Kläger im Juli 2008 untersucht hat, und der Dr. R., welche den Kläger im Februar 2008 untersucht hat, berücksichtigt hat. Nach diesen Unterlagen und den Angaben der behandelnden Ärzte, die als sachverständige Zeugen gehört wurden, ist nicht feststellbar, dass das Leistungsvermögen bereits vor dem Rentenantrag vom 9. Januar 2008 auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich abgesunken war. Insbesondere ist ein mit der erforderlichen Sicherheit feststellbarer Eintritt des Leistungsfalles zu einem früheren Zeitpunkt als der eingehenden nervenärztlichen Untersuchung durch Dr. H. im Juni 2008 nicht feststellbar, womit die Annahme eines Leistungsfalles mit Rentenantragstellung durch die Beklagte schon ein erhebliches Entgegenkommen dem Kläger gegenüber darstellt. Es mangelt insbesondere an ärztlichen Äußerungen und Befundangaben vor der Untersuchung des Dr. H., aber auch der Untersuchung durch Dr. R., die Gesundheitsstörungen, welche eine rentenberechtigende Leistungsminderung rechtfertigen könnten, vor dem 9. Januar 2008 belegen würden. Insbesondere haben auch die Ermittlungen des SG und des Senats keine Befunde ergeben, die den früheren Eintritt des Leistungsfalles belegen könnten.

Einer nochmaligen Untersuchung durch einen Sachverständigen bedurfte es nicht, da lediglich noch das Leistungsvermögen vor Januar 2008 im Streit steht und es insofern auf die damals dokumentierten Befunde ankommt und nicht auf eine eventuelle Untersuchung im Jahr 2011, zumal der Kläger von Dr. H. im Juli 2008 eingehend psychiatrisch untersucht worden ist.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger zwar - wie zuletzt auch von der Beklagten eingeräumt - nicht schon im Jahr 2000 dauerhaft erwerbsgemindert war, dass jedoch der Eintritt des Leistungsfalles nicht vor dem 9. Januar 2008 nachgewiesen ist.

Infolgedessen hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 2. Januar 2012 zu Recht auch die Rente erst ab 1. Februar 2008 bewilligt. Diese ist auch hinsichtlich der Höhe nicht zu beanstanden. Der Nachzahlungsbetrag wurde im Übrigen lediglich vorläufig einbehalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, wobei zu berücksichtigen war, dass das Begehren des Klägers im Wesentlichen erfolgreich war, nachdem die Beklagte ihm auf seinen Antrag vom Januar 2008 ab 1. Februar 2008 die Rente bewilligt hat.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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