L 5 R 5125/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 4417/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5125/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.08.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1953 geborene Klägerin absolvierte von August 1968 bis September 1971 eine Ausbildung zur Bäckereiverkäuferin. Sie war im Anschluss daran mit Unterbrechung wegen Kindererziehung bis zuletzt März 2004 als Verkäuferin erwerbstätig. Ab dem 19.03.2004 war die Klägerin arbeitsunfähig. Sie bezog 18 Monate lang Arbeitslosengeld. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende - erhält die Klägerin aufgrund des Einkommens ihres Ehemannes nicht.

Vom 22.08.2006 bis zum 02.10.2006 war die Klägerin in der E. Klinik in Bad W.-R. zur medizinischen Rehabilitation. Im Entlassungsbericht vom 13.10.2006 wurden eine Somatisierungsstörung und eine Dysthymia diagnostiziert. Es bestehe Arbeitsunfähigkeit für den Beruf der Bäckereiverkäuferin, jedoch vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Verkaufstätigkeiten sowie alle anderen leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Tagesschicht mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel ohne Zwangshaltungen und ohne überdurchschnittliches Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne Hilfsmittel. Zur Vermeidung einer weiteren Chronifizierung der psychischen Störungen verbunden mit ausgeprägten Isolierungstendenzen und den bereits deutlich gewordenen Trainingsdefiziten werde die Rückkehr ins Arbeitsleben im Rahmen der genehmigten Integrationsmaßnahme für notwendig gehalten, um den sekundären Ausweitungsmechanismen aktiv entgegen zu wirken.

Am 11.01.2007 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Gestützt auf den Entlassungsbericht der E. Klinik kam der beratende Arzt der Beklagten Dr. M. am 02.02.2007 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin an einer seelischen Verstimmung mit Beschwerdeüberlagerung und Schmerzfehlverarbeitung ohne hirnorganische Störungen leide. Hinsichtlich der letzten beruflichen Tätigkeit bestehe vollschichtiges Leistungsvermögen. Auch könne die Klägerin leichte Tätigkeiten in Tagesschicht ohne längere Zwangshaltung und überdurchschnittliche Stressbelastung vollschichtig verrichten.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 14.02.2007 ab, da die Klägerin sowohl in ihrem bisherigen Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 12.03.2007 Widerspruch.

Im Auftrag der Beklagten erstattete der Nervenarzt Dr. C. am 21.08.2007 nach Untersuchung der Klägerin ein Gutachten. Er kam darin zu dem Ergebnis, die Klägerin leide an einer leichtgradig ausgeprägten Depression mit Somatisierungstendenz; organneurologische Störungen würden nicht vorliegen. Es bestehe eine Überlagerung mit Tendenzen zur Beschwerdeverdeutlichung. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung dieser Leiden aus neurologisch-psychiatrischer Sicht vollschichtig noch mittelschwere Arbeiten einschließlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin verrichten. Lediglich extreme Konzentrations- und Stressanforderungen seien nicht zumutbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Klägerin erhob am 07.12.2007 Klage beim Sozialgericht Heilbronn. Sie sei aufgrund ihrer schwerwiegenden Erkrankungen nicht mehr dazu in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Das Sozialgericht hat die behandelnde Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie L. als sachverständige Zeugin befragt. Diese hat am 05.02.2008 ausgeführt, die Klägerin leide an einer rezidivierenden depressiven Störung mit einer gegenwärtig mittelgradigen depressiven Episode und an einem Fibromyalgiesyndrom. Die Klägerin könne sowohl ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch unter drei Stunden pro Tag verrichten; die Fähigkeit zu längerem Stehen, Laufen und Heben sei stark eingeschränkt. Der behandelnde Internist Dr. K. hat auf Anfrage des Sozialgerichts am 15.07.2008 als sachverständiger Zeuge Stellung genommen und als Diagnosen eine chronisch persistierende Depression mit schwergradiger Ausprägung, eine Somatisierungsstörung und ein Fibromyalgiesyndrom sowie ein chronisch rezidivierendes Zervikal- und Thorakalsyndrom und eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung angegeben. Die Belastbarkeit der Klägerin liege sicherlich deutlich unter drei Stunden pro Tag.

Das Sozialgericht holte ein nervenfachärztliches Gutachten bei dem Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. in M. ein. Dr. Sch. kam in seinem Gutachten vom 24.10.2008 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer Dysthymia leide. Die Klägerin sei damit - auch unter Berücksichtigung der bekannten Lungenerkrankung - noch in der Lage, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin ca. acht Stunden täglich zu verrichten. Auch sei sie in der Lage, leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Nachtschichttätigkeit, ohne vermehrte Anforderungen an die Konzentration und Reaktion (wie beispielsweise Lotsentätigkeiten), ohne häufiges Bücken, Steigen von Treppen, Leitern und Gerüsten und ohne vermehrte Exposition von Nässe, Zugluft, extrem schwankenden Temperaturen, inhalativen Belastungen und Lärm vollschichtig zu verrichten. In der Gutachtensituation hätten sich Hinweise auf eine deutlich betonte Beschwerdeschilderung auch mit einem vermehrt appellativen Verhalten gezeigt. Dr. Sch. beschrieb eine Diskrepanz zwischen der recht lebhaften Gestik und Mimik und der Angabe, im Alltag nicht viel zu machen. Eine weitere Diskrepanz habe hinsichtlich der subjektiven Schilderung des Schmerzempfindens und den bei der Untersuchung festgestellten körperlichen Beeinträchtigungen bestanden. Die Klägerin habe den aktuellen Schmerz als nahezu maximal bzw. unerträglich eingestuft. Bei den Laboruntersuchungen sei das Antidepressivum Fluoxetin nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin habe angegeben, es am Morgen des Untersuchungstages eingenommen zu haben. Die Nichtnachweisbarkeit des Wirkstoffs lasse den Schluss zu, dass das Medikament nicht bzw. nicht regelmäßig eingenommen wurde. Somit sei auch der psychische Leidensdruck zu hinterfragen.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG beauftragte das Sozialgericht den Facharzt für Orthopädie Dr. Schn. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 25.06.2009 bei der Klägerin eine Fibromyalgie. Man habe bei der Klägerin den Eindruck, dass die Fibromyalgie von einer somatoformen Schmerzstörung begleitet werde. Diese Psychalgie verstärke das Schmerzerleben. Auch wenn die funktionellen Störungen bei der Klägerin eher gering seien, dürfe der Symptomenkomplex von generalisierten Schmerzen, Schlafstörungen und verminderter Leistungsfähigkeit in seiner Konsequenz auf die Lebensqualität und Lebensfreude nicht unterschätzt werden. Der Leidensdruck der Klägerin sei hoch, allerdings sei eine Änderung bezüglich des Körpergewichts seit der Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2006 nicht eingetreten. Die von der Klägerin berichtete chronische Müdigkeit sei typisch für die generalisierte Tendomyopathie. Die Verhärtung und Verkürzung der Muskulatur führe zu funktionellen Fehlsteuerungen des gesamten Bewegungsapparates. Aufgrund der umfassenden Beschäftigung mit Fibromyalgie-Patienten seit 15 Jahren in der Praxis des Gutachters könne man den Leidensdruck der Klägerin einstufen und den Einfluss der komplexen Problematik auf das körperliche Leistungsvermögen und die Belastbarkeit beurteilen. Die Klägerin sei sowohl in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäuferin als auch für eine leichte bis mittelschwere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ständiges Arbeiten unter Einfluss von Wind und Wetter und ohne ständiges Arbeiten unter Zeitdruck nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig.

Die Beklagte hat gegen das Gutachten Dr. Schn. eingewendet, die Diagnose Fibromyalgie begründe für sich noch keine Funktionseinbußen. Der Sachverständige habe relevante Funktionsstörungen im Stütz und Bewegungsapparat nicht festgestellt, sondern lediglich muskuläre Dysbalancen aufgezeigt. Die zentrale Schmerzverarbeitungsstörung mit hohem Leidensdruck und Schlafstörungen sei von Dr. Sch. bereits gewürdigt worden.

Mit Urteil vom 16.08.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab.

Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 des Sozialgesetzbuches, Sechstes Buch (SGB VI) sowie nach § 240 SGB VI seien nicht erfüllt. Eine teilweise oder volle Erwerbsminderung liege nicht vor (§ 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert seien nach § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande seien, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert seien nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande seien, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Gestützt auf das Gutachten von Dr. Sch. kam das Sozialgericht zu der Einschätzung, dass die Klägerin sowohl in der Lage sei, ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäuferin als auch eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Gutachter Dr. Sch. habe nach sorgfältiger Anamneseerhebung schlüssig dargelegt, dass bei der Klägerin noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für den Beruf der Verkäuferin wie auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestehe. Die Klägerin habe sich anlässlich der Untersuchung geistig flexibel gezeigt, hirnorganische Erkrankungen und kognitive Defizite seien nicht festzustellen gewesen, ebenso wenig sozialphobische Züge. Der Gutachter Dr. Sch. habe nachvollziehbar dargelegt, dass diese Gesundheitsstörungen bei der Klägerin lediglich zu qualitativen Einschränkungen des Leistungsvermögens führten. Die Klägerin könne keine Tätigkeiten mit vermehrten Anforderungen an die Konzentration durchführen, jedoch seien ihr aufgrund des normalen Konzentrations- und Reaktionsvermögens sowie des nicht eingeschränkten Umstellungs- und Anpassungsvermögens Tätigkeiten mit Verantwortung für Personen oder Maschinen ebenso wie Publikumsverkehr zumutbar. Nicht zumutbar seien Arbeiten mit häufigem Bücken, Steigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten, bei welchen die Klägerin einer vermehrten Exposition von Nässe, Zugluft, extrem schwankenden Temperaturen, inhalativen Belastungen und Lärm ausgesetzt sei. Außerdem sei Nachtschichtarbeit zu vermeiden. Die Einschätzung des Gutachters Dr. Schn., wonach die Klägerin sowohl in ihrem zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäuferin als auch eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten könne, überzeuge dagegen nicht. Der Gutachter sei eine schlüssige Erklärung für das Vorliegen eines untervollschichtigen Leistungsvermögens schuldig geblieben. Er führe selbst aus, dass die funktionellen Störungen bei der Klägerin nur gering ausgeprägt seien. Bei der Klägerin bestehe nach Angaben des Gutachters ein hoher Leidensdruck. Gegen einen hohen Leidensdruck spreche jedoch, dass das Medikament Fluoxetin, welches der Klägerin verordnet worden sei, von dem Gutachter Dr. Sch. nicht habe nachgewiesen werden können. Auch spreche das Freizeitverhalten der Klägerin, welche sich nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung erst im Juni 2010 wieder in einen Erholungsurlaub in die Türkei begeben habe, gegen einen Leidensdruck, wie er von dem Gutachter Dr. Schn. zur Begründung des untervollschichtigen Leistungsvermögens herangezogen werde. Des Weiteren sei nicht nachvollziehbar, weshalb nach den Feststellungen von Dr. Schn. ein untervollschichtiges Leistungsvermögen vorliegen solle und nicht ein vollschichtiges Leistungsvermögen mit beschwerdebezogenen qualitativen Einschränkungen. Aufgrund der schlüssigen Darlegungen von Dr. Sch. sei auch die Einschätzung der die Klägerin behandelnden Fachärztin für Psychiatrie L., welche die Klägerin für lediglich unter drei Stunden täglich leistungsfähig erachtet, als widerlegt anzusehen. Die zweifellos bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen führten zu qualitativen Leistungseinschränkungen, denen bei dem Berufsbild der Verkäuferin Rechnung getragen werden könne. Der Klägerin sei es somit zumutbar, ihren zuletzt ausgeübten Beruf als Verkäuferin noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Klägerin sei daher auch nicht berufsunfähig.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 06.10.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.11.2010 Berufung einlegen lassen. Das Sozialgericht habe sich nur unzureichend mit den Ausführungen von Dr. Schn. auseinandergesetzt, wenn es pauschal ausführe, der Gutachter sei eine schlüssige Erklärung für das Vorliegen eines untervollschichtigen Leistungsvermögens schuldig geblieben. Es sei durchaus richtig, dass der Sachverständige keine übermäßigen funktionellen Störungen bei der Klägerin habe feststellen können. Wie er allerdings selbst in seinem Gutachten ausführe, sei dies vor allem durch die Art der Erkrankung bedingt. Die Klägerin leide an Fibromyalgie, einer Krankheit, die sich vor allem durch erhebliche, organisch allerdings nicht fassbare Schmerzsyndrome auszeichne. Wenn das Sozialgericht die Ausführungen von Dr. Schn. für unzureichend gehalten habe, so hätte es sich zumindest zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen müssen. Insofern liege ein Verstoß gegen den sozialrechtlichen Amtsermittlungsgrundsatz vor. Zudem ziehe das Gericht auch unzulässige Schlussfolgerungen. So habe es den hohen Leidensdruck der Klägerin mit dem Argument angezweifelt, sie habe sich noch im Juni 2010 in einen Erholungsurlaub in die Türkei begeben. Es sei jedoch unzulässig, diese Tatsache zum Beweis des Wohlbefindens der Klägerin heranzuziehen. Die Klägerin selbst hätte niemals den Antrieb gehabt, einen solchen Urlaub zu planen, zu buchen und durchzuführen. Ihr Ehemann habe diese Reise organisiert. Ihrer Familie zuliebe habe die Klägerin sich der Reise unterzogen, habe am Reiseort allerdings tatsächlich nur im Liegestuhl im Schatten gelegen und keinerlei Aktivität entwickelt, da ihr jedes Antriebsvermögen fehle.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 16.08.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01.10.2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und legt eine Stellungnahme von Dr. Schna. vom beratungsärztlichen Dienst vom 19.11.2010 vor, der darauf hinweist, dass die von Dr. Schn. diagnostizierte Fibromyalgie nicht Grundlage für die Annahme einer überdauernden Leistungsminderung sein könne. Maßgeblich hierfür sei nicht die Angabe einer Diagnose oder rein subjektiver Schmerzbeschwerden, sondern ausschließlich das Vorhandensein funktioneller Defizite. Immerhin sei es der Klägerin möglich gewesen, unter den beengten Verhältnissen von Flugzeug und Bus in die Türkei zu reisen. Die Darstellung des Urlaubsverlaufes, wonach die Klägerin nur im Schatten im Liegestuhl gelegen und keinerlei Aktivitäten entfaltet habe, könne nicht zum Nachweis eines dauerhaft verminderten Leistungsvermögens herangezogen werden, stelle dies doch eine nicht untypische Urlaubsgestaltung dar.

Der Senat hat Dr. Pa. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. In seinem orthopädischen Gutachten vom 05.04.2011 benennt Dr. Pa. als Diagnosen ein pseudoradikuläres HWS-Syndrom rechtsbetont sowie ein lokales BWS-/LWS-Syndrom. Die Klägerin sei trotz ihrer orthopädischen Gesundheitsdefizite in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auszuüben jedoch keine dauernden Arbeiten auf Schulterhöhe oder Überkopf, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, keine ausschließlich stehende Tätigkeit, keine Tätigkeit in Zugluft, Nässe, kein häufiges Bücken keine Tätigkeiten im Akkord, unter Lärmexposition, Nachtschicht und keine Arbeiten unter inhalativer Reizstoffbelastung. Diese Leistungsbild bestehe seit der Rentenantragstellung im Januar 2007. Eine über das Alter hinausgehende Funktionsstörung der orthopädischen Organsysteme habe nicht diagnostiziert werden können. Die von Dr. Schn. beschriebenen lokal begrenzten muskulären Dysbalancen würden sich bei Be-/Überlastung degenerativ veränderter Gelenke ergeben und stellten ein allgemein bekanntes Phänomen des alternden Skelettsystems dar. Da Muskelerkrankungen auf neurologischem Fachgebiet und eine Erkrankung aus dem entzündlich rheumatischen Formenkreis ausgeschlossen seien, bestünden keine nachvollziehbaren Fakten, die eine Leistungseinschränkung von 3-6 Stunden auf orthopädischem Fachgebiet rechtfertigen könnten. Die von der Klägerin angegebenen chronischen Schmerzen ohne fassbare organische Ursache seien dem Krankheitsbild des somatoformen Schmerzsyndroms zuzuordnen. Dr. Sch. habe dieses Krankheitsbild dargestellt und die Leistungsfähigkeit der Klägerin entsprechend beurteilt.

Die Klägerin hat hierzu Stellung genommen und ausgeführt, das Gutachten enthalte eine Bewertung nur unter rein orthopädischen Gesichtspunkten und lasse die psychiatrisch-psychosomatischen Erkrankungen außer Betracht. Auch in orthopädischer Hinsicht müsse sie der Gutachter in ausnahmsweise sehr guter Tagesform erlebt haben. Etwa acht Wochen vor der Begutachtung durch Dr. Pa. habe ihr Hausarzt, Dr. K. weit gravierendere Gesundheitsstörungen festgestellt. Die Klägerin hat einen ärztlichen Befundbericht von Dr. K. vom 24.10.2010 vorgelegt, der als Diagnosen eine chronisch persistierende Depression mit schwergradiger Ausprägung, eine Somatisierungsstörung und ein Fibromyalgiesyndrom sowie ein chronisch rezidivierendes Zervikal- und Thorakalsyndrom und muskuläre Dysbalance sowie eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung und Adipositas angibt. Der der Klägerin im Jahr 2006 zuerkannte Schwerbehinderungsgrad von 50 % gebe nicht zureichend wieder, in welchem Maße sich eine dauerhafte Schmerzbelastung mit rezidivierenden Schüben und eine schwergradige Depression gegenseitig in ihrer Auswirkung verstärkten.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat sodann das Gutachten des Internisten Dr. F. vom 20.11.2011 erhoben. Dieser diagnostiziert

- ein Fibromyalgie-Syndrom (generalisiertes Schmerzsyndrom, Stadium III nach dem Mainzer Stadienmodell der Schmerzchronifizierung) - ein chronisches Müdigkeitssyndrom (Fatigue Syndrom) - eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung - Ängste, klinisch relevante Depression und Somatisierungsstörung - eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung - eine Struma nodosa mit euthyreoter Stoffwechselfunktion - Übergewicht (BMI 28 kg/m2) - eine Hypercholesterinämie - ein fehlstatisch - degeneratives Wirbelsäulensyndrom (HWS-BWS-LWS-Syndrom)

und hält die Klägerin für noch dazu in der Lage, eine leichte Tätigkeit mit qualitativen Einschränkungen für drei bis weniger als sechs Stunden täglich auszuüben. Sozialmedizinisch relevant in Bezug auf die quantitative Leistungsminderung sei in Zusammenhang mit dem Fibromyalgie-Syndrom das chronische Ermüdungssyndrom. Bei der Klägerin liege keine leichtgradige oder mittelgradige Verlaufsform vor, sondern eine schwere Verlaufsform mit erheblichen Beeinträchtigungen der Alltagsaktivitäten, sozialen Beeinträchtigungen und der Teilhabe am Arbeitsleben. Nach den Leitlinien für die klinische Untersuchung des chronischen Müdigkeitssyndroms (Fatigue Syndrom) und anderer Krankheiten, die mit chronischer Erschöpfung assoziiert seien, werde definiert, dass eine chronische Erschöpfung dann vorliege, wenn eine dauerhafte Erschöpfung für sechs oder mehr Monate vorhanden sei. Andere Erkrankungen, die die primäre Ursache für eine chronische Erschöpfung sein können, seien nach der Aktenlage und in dem vorgelegten Gutachten ausgeschlossen worden. Die Kriterien eines chronischen Erschöpfungssyndroms seien bei der Klägerin in voller Ausprägung vorhanden: insbesondere Muskelschmerzen, Schmerzen mehrerer Gelenke ohne Schwellung und Rötung, keine Erholung durch Schlaf, Zustandsverschlechterung für mehr als 24 Stunden nach Anstrengungen, fernerhin Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Konzentration mit einer Reduktion des früheren Niveaus der Aktivitäten in Ausbildung, Beruf, der Alltagstätigkeiten sowie im sozialen und persönlichen Bereich. Die quantitative Leistungseinschränkung ergebe sich durch das Fibromyalgie-Syndrom mit chronischem Ermüdungssyndrom mit psychischer Komorbidität bei der kontinuierlichen Durchführung von Arbeiten in Bezug auf die Arbeitsschwere und die Arbeitsdauer, aufgrund vorzeitiger geistiger und körperlicher Ermüdbarkeit und Erschöpfbarkeit bei fehlenden eigenen Kompensationsmöglichkeiten. Im Kontext sämtlicher Befunde der Aktenlage, der medizinischen Gutachten, der langjährigen Krankengeschichte der Klägerin, der Schmerzanamnese, der sozialen Anamnese, der Reduktion von Tagesaktivitäten, der durchgeführten Therapien, deren Ergebnisse und unter Berücksichtigung aller weiteren Faktoren sei aus der gutachterlichen Sicht davon auszugehen, dass die geklagten Funktionsbeeinträchtigungen bei der Klägerin bestehen und willentlich oder durch Therapien nicht mehr überwunden werden könnten. Das festgestellte Leistungsvermögen ergebe sich mit dem Datum der Begutachtung in der M. V. Klinik Bad K. am 14.10.2011, bestehe aber mit Wahrscheinlichkeit seit ca. dem Jahr der Rentenantragstellung 2008.

Dr. St. vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten hat hierzu unter dem 02.01.2012 ausgeführt, dem Gutachten von Herrn PD Dr. F. könne aus nervenärztlicher Sicht nicht gefolgt werden. Der Sachverständige bemühe zur Begründung seiner Leistungsbeurteilung die Zusammenschau aller Befunde, das eingeschränkte Konzentrationsvermögen, sowie Einschränkungen in den Alltagsaktivitäten auf Grund eines Müdigkeitssyndroms und eines Fibromyalgiesyndroms (somatoforme Schmerzstörung). Der Sachverständige gebe dann sogar einen Leistungsfall im Jahr 2008 an. Auch dahingehend könne dem Sachverständigen nicht zugestimmt werden. Zu dem orthopädischen Gutachten von Dr. Schn. äußere sich der Sachverständige nicht. Dieser habe unter Berufung auf ähnliche Begründungszusammenhänge ebenfalls eine Leistungsminderung gesehen. Dem habe sich das Sozialgericht Heilbronn in seinem Urteil vom 16.08.2010 in gut begründeter Weise nicht angeschlossen. Das Gutachten von Dr. F. sei deshalb nicht weiterführend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Sie hat darauf keinen Anspruch.

Das Sozialgericht hat in seinem Urteil zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§§ 43, 240 SGB VI) das Rentenbegehren der Klägerin zu beurteilen ist, und weshalb ihr danach Rente nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Klägerin noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (unter qualitativen Einschränkungen) mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Eine Erwerbsminderung liegt bei ihr nicht vor (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Aus den im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen hat sich nichts anderes ergeben.

Der Senat geht auf der Grundlage des im Berufungsverfahren eingeholten orthopädischen Gutachtens von Dr. Pa., des im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachtens von Dr. Sch. und des Verwaltungsgutachtens von Dr. C. davon aus, dass die Klägerin in quantitativer Hinsicht keinen Leistungseinschränkungen unterliegt. In orthopädischer Hinsicht bestehen bei ihr ein pseudoradikuläres HWS-Syndrom rechtsbetont und ein lokales BWS und LWS-Syndrom. Dr. Pa. hat in seinem Gutachten vom 05.04.2011 ausgehend von diesen Diagnosen nachvollziehbar dargelegt, dass diesen Gesundheitsbeeinträchtigungen mit qualitativen Leistungseinschränkungen begegnet werden kann und demzufolge dauernde Arbeiten auf Schulterhöhe oder Überkopf, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ausschließlich stehende Tätigkeiten und Tätigkeiten in Zugluft, Nässe und häufiges Bücken für nicht zumutbar erachtet. Außer diesen gemessen an den altersentsprechenden Befunden der Wirbelsäule üblichen Einschränkungen hat Dr. Pa. keine Funktionsstörungen festgestellt, die eine weitergehende Leistungseinschränkung begründen könnten. Er hat für die von der Klägerin geklagten Schmerzen kein organisches Korrelat finden können und insoweit in seiner zusammenfassenden Beurteilung darauf hingewiesen, dass diese dem Krankheitsbild der somatoformen Schmerzstörung zuzuordnen seien.

Dies entspricht der von Dr. Sch. bereits im erstinstanzlichen Verfahren in seinem Gutachten vom 24.10.2008 genannten Diagnose. Neben einer Dysthymia stellte er eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei der Klägerin fest. Er stimmt damit im Wesentlichen auch mit dem von Dr. C. in seinem für die Beklagte im Widerspruchsverfahren erstellten Gutachten vom 20.08.2007 überein. Dieser hatte eine leichtgradig ausgeprägte Depression mit Somatisierungstendenz festgestellt. Beide Gutachter haben eine Leistungseinschränkung in zeitlicher Hinsicht aus diesen Gesundheitsstörungen nicht ableiten können. Anhand dieser Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich verrichten kann und damit nicht erwerbsgemindert im rentenrechtlichen Sinne ist.

Weder das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren einschließlich der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Hausarztes Dr. K. vom 24.10.2010 noch das auf ihren Antrag hin vom Senat eingeholte Gutachten des Dr. F. können diese Überzeugung des Senats nachhaltig in Frage stellen. Soweit die Klägerin mit dem ärztlichen Befundbericht ihres Hausarztes Dr. K. vom 24.10.2010 geltend macht, ihr tatsächlicher Gesundheitszustand sei wesentlich schlechter als Dr. Pa. festgestellt habe, so lässt sich dies bezogen auf die orthopädischen Befunde aus dem Bericht von Dr. K. nicht ableiten. Dieser benennt als Diagnose insoweit auch nur ein chronisch rezidivierendes Zervikal- und Thorakalsyndrom bei Fehlhaltung und muskulärer Dysbalance. Letztere hat Dr. Pa. in seinem Gutachten als allgemein bekanntes Phänomen des alternden Skelettsystems beschrieben. Eine die zeitliche Leistungsfähigkeit reduzierende Funktionsstörung folgt daraus nicht.

Soweit die Klägerin beanstandet, Dr. Pa. habe in seinem Gutachten nur isoliert die orthopädischen Beschwerden bewertet und die Wechselwirkung mit der psychiatrisch-psychosomatischen Erkrankung außer Acht gelassen, verhilft das ihrem Rentenbegehren nicht zum Erfolg. Zwar besteht bei der Klägerin im psychosomatischen Formenkreis eine Schmerzverarbeitungsstörung, die Dr. Sch. bereits in seinem Gutachten vom 24.10.2008 festgestellt und bei seiner sozialmedizinischen Leistungsbewertung berücksichtigt hat. Dem von Dr. K. hierzu genannten Fibromyalgiesyndrom, das sowohl Dr. Schn. als Gutachter im erstinstanzlichen Verfahren als auch vom Gutachter Dr. F. als Diagnose benannt wird, kommt eine darüber hinausgehende Aussagekraft nicht zu. Alle drei Ärzte führen die von der Klägerin geklagten Beschwerden auf eine Fibromyalgie zurück. Dabei handelt es sich, wie Dr. Sch. in seinem Gutachten erläutert hat, um einen von Orthopäden und Rheumatologen verwendeten Begriff für eine Schmerzverarbeitungsstörung, die im neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet als somatoforme Schmerzstörung bezeichnet wird. Besondere Funktionseinschränkungen, die über diejenigen mit der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung einhergehenden Einschränkungen hinausgehen, ergeben sich aus der Feststellung einer Fibromyalgie daher nicht. Darauf hat Dr. Schna. vom beratungsärztlichen Dienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 19.11.2010 zu Recht hingewiesen. Der von Dr. Schn. angegebenen zeitlichen Leistungseinschränkung auf drei bis sechs Stunden, die er ausschließlich auf die Fibromyalgie stützt, kann der Senat - wie bereits das Sozialgericht - daher nicht folgen.

Zweifel daran, dass die Schmerzverarbeitungsstörung für die Klägerin zu relevanten Leistungseinschränkungen führt, bestehen insbesondere auch deshalb, weil die Klägerin offenbar diesbezüglich in keinerlei nachhaltiger Behandlung steht. Physikalische Therapie, Krankengymnastik, spezielle Schmerztherapie oder auch nur eine kontinuierliche Schmerzmitteleinnahme führt die Klägerin offenbar nicht durch. Von Dr. K. wird insoweit lediglich berichtet, physikalische Maßnahmen wie Krankengymnastik hätten keine Wirkung gezeigt. Gegenüber Dr. Pa. hat die Klägerin - befragt nach derzeitigen Behandlungsmaßnahmen - derartige Therapien nicht angegeben. Vielmehr hat sie erst auf Nachfrage die Einnahme von Ibuprofen angegeben, und zwar nach Bedarf, "wenn es ganz schlimm" sei. Dies sei etwa zweimal im Vierteljahr der Fall, sie müsse dann für ein bis zwei Wochen die Tabletten nehmen, bis es erträglicher werde und sie dann keine Schmerzmittel mehr brauche. Gegenüber Dr. Sch. hat die Klägerin außer früherer Einnahme von Diclofenac keine Schmerzmitteleinnahme angegeben. Allein diese Angaben der Klägerin erwecken Zweifel an dem Leidensdruck aufgrund der von ihr geltend gemachten Schmerzen, die sie gegenüber Dr. Sch. immerhin mit dem Wert 9-10 auf der visuellen Analogskala von 0 - 10 angegeben und als nahezu unerträglich bezeichnet hatte. Gegenüber Dr. F. hat sie denn auch nur Werte von meistens 8, selten 4, bei Belastung 9 angegeben. Bemerkenswert hinsichtlich ihrer Schilderung im Rahmen der Begutachtung von Dr. F. ist auch ihre Äußerung, die Schmerzen seien weder durch Medikamente, noch durch physikalische Maßnahmen zu mildern, sondern lediglich im Urlaub komme es zu einer Schmerzlinderung. Dr. K. teilt zwar auch mit, dass sich die Klägerin seit Jahren auch in psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung bei Frau L. befinde, führt aber sodann aus, dass diese Behandlung das Krankheitsbild nur wenig habe beeinflussen können. Die Klägerin selbst hat gegenüber Dr. Sch. angegeben, seit 2004 eine ambulante Psychotherapie bei Frau L. im Abstand von vier Wochen wahrzunehmen. Sie beschrieb diese Behandlung selbst als hilfreich, dennoch kam es trotz des von Dr. K. als gleichbleibend beschriebenen Beschwerdebildes nicht zu einer Intensivierung der Psychotherapie. Gegenüber Dr. F. hat die Klägerin zuletzt sogar angegeben, die Psychotherapie im Oktober 2010 beendet zu haben. Akutstationäre psychiatrische oder psychotherapeutische Aufenthalte sind ebenfalls nicht berichtet worden. Bei einer derart geringen Behandlungsintensität drängen sich ganz erhebliche Zweifel an dem von der Klägerin geltend gemachten Schweregrad der Beeinträchtigung durch Schmerzen auf.

Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass die Klägerin unter weiteren Erkrankungen auf psychiatrischen Fachgebiet leidet, durch die ihre Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt wäre. Eine Depressionserkrankung, die über den von Dr. Sch. attestierten Grad einer Dysthymia hinausgeht, ist für den Senat nicht nachgewiesen. Zwar nennt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 24.10.2010 eine chronisch persistierende Depression mit schwergradiger Ausprägung. Die gleichlautende Diagnose hatte er aber auch in seiner Stellungnahme vom 15.07.2008 als sachverständiger Zeuge gegenüber den Sozialgericht angegeben. In der anschließenden Begutachtung durch Dr. Sch. im Oktober 2008 hat sich diese Diagnose aber nicht bestätigt. Aus der Stellungnahme von Dr. K. vom 24.10.2010 ergibt sich letztlich auch kein Anhaltspunkt für eine progrediente Entwicklung nach der Begutachtung durch Dr. Sch., so dass die von Dr. K. benannte schwergradig ausgeprägte Depression nicht nachvollziehbar ist. Gegen eine Erkrankung dieses Ausmaßes spricht nicht zuletzt auch, dass die Medikation mit Fluoxetin bei der von Dr. Sch. veranlassten Laboruntersuchung nicht nachweisbar war. Die damals von der Klägerin behauptete Einnahme am Tag der Begutachtung war damit nicht bestätigt worden. Ferner ergibt sich aus ihren Angaben zum Tagesablauf gegenüber den Gutachtern Dr. Sch. und Dr. Pa., dass im Alltag der Klägerin durchaus eine Tagesstruktur besteht, was ebenfalls gegen das Vorliegen einer schweren Depressionserkrankung spricht. Insbesondere hat sie gegenüber Dr. Pa. angegeben, seit der Gerichtsverhandlung im erstinstanzlichen Verfahren auch wieder mehr Haushaltstätigkeiten übernommen zu haben, die sie sich mit ihrem Mann teile. Dazu zählt die Klägerin neben Kochen, Waschen und Bügeln im Übrigen auch Staubsaugen und Fensterputzen und damit durchaus auch körperlich schwerere Tätigkeiten.

Gerade diese Angaben der Klägerin stellen die von Dr. F. in seinem Gutachten vom 20.11.2011 genannte Diagnose eines Fatigue-Syndroms nachhaltig in Frage. Dr. F. hat diese Diagnose allein auf die subjektiven Angaben der Klägerin gestützt, die er nicht näher verifiziert hat, wozu insbesondere in Anbetracht der Angaben bei Dr. Pa. eindeutig Veranlassung bestanden hätte. Zudem hat die Klägerin bei Dr. F. lediglich Durchschlafstörungen angegeben. Auch bei früheren Begutachtungen hat die Klägerin zwar von derartigen Schlafstörungen berichtet, so hatte sie bei Dr. Schn. Ein-und Durchschlafstörungen angegeben, ferner hat Dr. Schn. angegeben, die Klägerin habe über verstärkte Tagesmüdigkeit geklagt. Bei Dr. Sch. hatte die Klägerin eine vermehrte Tagesmüdigkeit mit Einschlafneigung bei monotonen Tätigkeiten beklagt sowie nächtliches Aufwachen etwa zwei bis dreimal, so dass der Nachtschlaf nicht erholsam sei. Dr. Sch. hatte auch nach einer spezifischen schlafmedizinischen Abklärung der Problematik gefragt, eine solche wurde von der Klägerin ebenso verneint wie eine diesbezügliche Therapie. Auch in den späteren Begutachtungen hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt von einer medikamentösen Behandlung der Schlafstörungen gesprochen. Vor diesem Hintergrund kann die Feststellung eines Fatigue-Syndroms durch Dr. F. nicht überzeugen, schon gar nicht die von ihm angenommene schwere Verlaufsform mit erheblichen Beeinträchtigungen der Alltagsaktivitäten, sozialen Beeinträchtigungen und Teilhabe am Arbeitsleben. Die Klägerin hatte bei Dr. F. offenbar von einem sozialen Rückzug nach der Reha-Maßnahme in Bad W. gesprochen, bei Dr. Sch. hatte sie aber im Oktober 2008 (über zwei Jahre nach der Reha-Maßnahme) noch von guten sozialen Kontakten zu sehr guten Freunden gesprochen. Schließlich lässt die von Dr. F. geäußerte Behandlungsprognose, dass die geklagten Funktionsbeeinträchtigungen durch Therapien oder willentlich nicht mehr überwunden werden könnten, unberücksichtigt, dass die Klägerin sich gerade keinen nennenswerten Therapien ihrer Beschwerden unterzogen hat und dass sie durchaus - offenbar veranlasst durch den negativen Ausgang des erstinstanzlichen Verfahrens - einen eigenen Antrieb für eine Wiederaufnahme von Haushaltsbetätigungen gefunden hat.

Auch die Diagnose einer Angststörung im Gutachten von Dr. F. überzeugt den Senat nicht. Auch diese Diagnose beruht allein auf den Angaben der Klägerin, es seien besonders stark seit 2007 Ängste aufgetreten, sie habe Angst ihre Kinder durch einen Autounfall zu verlieren und fahre seit 2006 wegen Ängsten kein Auto mehr. Diese Angaben stehen aber nicht im Einklang mit den Angaben bei früheren Begutachtungen. Bei Dr. C. hatte sie im August 2007 angegeben nicht mehr Auto zu fahren, weil sie zu schreckhaft sei. Auch bei Dr. Sch. hat die Klägerin im Oktober 2008 angegeben, seit drei Jahren kein Auto mehr zu fahren, von Ängsten hat sie dort aber nichts gesagt. Bei Dr. Pa. hat sie angegeben nicht mehr Auto zu fahren, weil ihr die Kraft zum Schalten und zur Bedienung von Gas und Bremse fehle. Nicht einmal die behandelnde Psychiaterin Frau L. hat in ihrer Stellungnahme an das Sozialgericht vom 05.02.2008 von aufgetretenen Ängsten berichtet. Vor diesem Hintergrund zu der Diagnose einer Angststörung zu gelangen, verwundert.

Die sozialmedizinische Leistungseinschätzung von Dr. F., der zu einem drei bis sechsstündigen Restleistungsvermögen gelangt ist, erweist sich daher als nicht tragfähig. Ohne Berücksichtigung der aufgestellten Diagnosen des Fatigue-Syndroms und der Angststörung nennt Dr. F. keine von den bis dato bekannten Diagnosen abweichende Erkrankungen. Die sozialmedizinische Leistungsbewertung der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (bzw. des Fibromyalgiesyndroms), der depressiven Erkrankung der Klägerin sowie ihrer Wirbelsäulenbeschwerden haben aber Dr. Sch. und Dr. Pa. für den Senat nachvollziehbar vorgenommen.

Angesichts dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, etwa weitere Begutachtungen, nicht auf.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, die Berufung der Klägerin bleibt erfolglos.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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