Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 U 1696/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5397/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
I. Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. April 2007.
Der Kläger ist 1951 geboren und war am 10. April 2007 als Gärtnerhelfer in einem Projekt der Jobbörse N. beschäftigt. Laut Durchgangsarztbericht vom 12. April 2007 (Dr. D.) suchte der Kläger am 10. April 2007 seinen behandelnden Hausarzt auf, der ihn an Dr. D. überwiesen hatte. Dieser führte aus, der Kläger sei bei Gartenarbeiten ausgerutscht und mit dem rechten Brustkorb und Becken auf eine Betonplatte aufgeschlagen. Bei der Untersuchung konnte er äußerliche Verletzungszeichen nicht feststellen, ebenso wenig Druckschmerz über der Wirbelsäule, wohl aber über dem rechten seitlichen Thorax und dem rechten Trochanter major. Er diagnostizierte eine Thoraxprellung und Beckenprellung rechts. Arbeitsunfähigkeit bestehe für ca. 5 Tage. Die Beklagte übernahm die Behandlungskosten und stellte das Verfahren im Übrigen ein.
Die Bevollmächtigte des Klägers legte mit Schreiben vom 22. Juli 2009 die Erstbehandlungsbescheinigung des D.krankenhauses M. sowie Bescheinigungen der Dres E. und Kollegen vom 23. Oktober 2008 (Kläger sei vor ca. 2 Monaten auf die Lendenwirbelsäule [LWS] gestürzt und klage seitdem über Schmerzen im LWS-Bereich; Befund: Keine Fraktur, deutliche Torsionsskoliose), der Radiologen Dres B./F. vom 19. April 2007 (CT nach Sturz auf den Rücken vor ca. 1 Woche: Protrusio in Höhe Lendenwirbelkörper [LWK] 4/5 mit Einengung des rechten Foramen, Spondylarthrose) sowie des Dr. S. vom 17. April 2009 (Kläger habe seit April 1997 ständig Schmerzen, teilweise im Kreuz, teilweise im LWS-Bereich und rechten Bein, neurologisch ohne Befund) vor und beantragte die Gewährung einer Unfallrente.
Die Beklagte nahm daraufhin ihre Ermittlungen wieder auf. In der Unfallanzeige vom 9. September 2009 bzw. 7. Oktober 2009 teilte der Arbeitgeber mit, der Kläger habe keinen Arbeitsunfall gemeldet. Aus den Unterlagen habe entnommen werden können, dass der Kläger vom 11. bis 26. April 2007 krankgeschrieben gewesen sei. Nach Befragung des Klägers führte der Arbeitgeber weiter aus: Es sei auf einer Folie Rindenmulch ausgelegt gewesen. Man habe den Rindenmulch aufsammeln und auf den Lkw laden sollen, um diesen woanders hinzufahren. Der Kläger habe an der Folie gezogen, diese sei gerissen und er sei nach hinten gefallen. Er sei mit Rücken und Kopf auf am Boden liegende Pflastersteine gefallen. Er sei bewusstlos gewesen. Infolge des Sturzes habe er noch heute Beschwerden. Er könne nicht ausreichend deutsch, so dass er auch im erstbehandelnden Diakonissenkrankenhaus seine Beschwerden nicht habe zutreffend schildern können.
Der Facharzt für Orthopädie L. übersandte seinen Arztbrief an Dr. H. vom 19. Februar 2009. Danach habe der Kläger über seinen Dolmetscher ausführlich das damalige Geschehen geschildert (am 10. April 2007 beim Ziehen einer Folie nach hinten gestürzt, auf 2 Pflastersteine aufgeschlagen, die ihn in Höhe Kreuzdarmbeingelenk und Wirbelsäule bei L 2/3 getroffen hätten). Bei seiner Untersuchung konnte der Arzt L. eine großbogige rechtskonvexe Torsionsskoliose, Fehlhaltung und Fehlstatik feststellen. Die vom Kläger geklagten Beschwerden seien eindeutig auf eine lumbosacrale Übergangsstörung mit entsprechender Fehlhaltung zurückzuführen. Es bestehe ein Rentenwunsch, den er nicht unterstütze, da keine Zusammenhänge zwischen dem Unfallgeschehen und den geklagten Beschwerden ersichtlich seien.
Die Bevollmächtigte hat weiter die Bescheinigung des Hausarztes Dr. H. vom 31. August 2009 vorgelegt, wonach der Kläger wegen Wirbelsäule und Fußheberparese bis April 2007 nicht in seiner Behandlung gestanden habe. Dr. S. teilte neben den bekannten medizinischen Feststellungen in seinem Befundbericht vom 22. September 2009 lediglich die Behandlungstermine (3. Dezember 2008, 19. März 2009, 17. April 2009) mit, sowie Klagen des Klägers über Rückenschmerzen seit dem Unfall.
Nach Beteiligung des Beratungsarztes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2010 einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls ab. Er sei bei Gartenarbeiten ausgerutscht, auf den rechten Brustkorb und Becken gefallen und habe sich eine Brustkorb- und Beckenprellung rechts zugezogen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom 10. bis 26. April 2007, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit darüber hinaus bis 10. Mai 2007 vorgelegen. Die darüber hinaus gehende Behandlungsbedürftigkeit sei auf unfallunabhängig bestehende Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen.
Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2010 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger durch seine Bevollmächtigte am 10. Mai 2010 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben mit der Begründung, durch den Sturz seien auch Rücken und Bein in Mitleidenschaft gezogen worden. Das SG hat den Orthopäden L. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Stellungnahme vom 8. August 2011 mit einigen Arztbriefen in Anlage).
Mit Urteil vom 24. Oktober 2011 hat das SG nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung die Klage abgewiesen. Auch wenn der vom Kläger beschriebene Unfallhergang der Beurteilung zugrunde gelegt werde (Ziehen einer Plane, deren Reißen und Umfallen nach hinten), stehe dem Kläger Verletztenrente nicht zu. Die beim Unfall zugezogenen Prellungen seien, wie auch der behandelnde Orthopäde L. aufgrund diesen Unfallhergangs ausgeführt habe, spätestens nach sechs bis acht Wochen ausgeheilt. Andere Unfallfolgen seien nicht ersichtlich, da auch Dr. D. am 12. April 2007 radiologisch keine Fraktur habe feststellen können. Insbesondere habe er eine Beteiligung der Wirbelsäule ausgeschlossen. Auch Dr. E. habe am 23. Oktober 2008 eine Fraktur der Wirbelsäule ausgeschlossen. Ein Zusammenhang der geklagten Beschwerden mit dem Unfall sei daher nicht hinreichend wahrscheinlich und ein Rentenanspruch folglich abzulehnen.
Gegen das der Bevollmächtigten am 9. November 2011 zugestellte Urteil hat diese für den Kläger am 7. Dezember 2011 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, das SG habe seine Beurteilung zu Unrecht auf die Stellungnahme des Arztes L. gestützt. Denn Dr. H., der Hausarzt, habe bestätigt, dass der Kläger vor April 2007 nicht wegen Beschwerden an der Wirbelsäule und des Fußes in Behandlung gewesen sei.
Der Kläger beantragt, teilweise sinngemäß gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Oktober 2011 aufzuheben und den Bescheid vom 19. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 10. April 2007 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht eine Abänderung der angefochtenen Entscheidungen der Beklagten abgelehnt, mit denen diese rechtsfehlerfrei einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente abgelehnt hat.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Der Kläger hat, wie die Beklagte und das SG in den angefochtenen Entscheidungen zutreffend festgestellt haben, bei dem Unfall vom 10. April 2007 lediglich Prellungen am Becken und am Thorax rechts erlitten. Dies hat der Durchgangsarzt Dr. D. unfallnah festgestellt. Es kann dahin gestellt bleiben, ob es dem Kläger aufgrund seiner eingeschränkten Deutschkenntnisse tatsächlich nicht möglich war, gegenüber dem Krankenhaus, in das er unmittelbar nach dem Geschehen eingeliefert worden war, deutlich zu machen, dass er - wie nunmehr ausgeführt wird - auch Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule empfunden hat. Auch gegenüber Dr. D. hat er, noch zwei Tage nach dem Unfall, derartige Schmerzen nicht artikuliert, obwohl dieser ihn auch im Bereich der Wirbelsäule untersucht und einen Druckschmerz an der Wirbelsäule im Durchgangsarztbericht ausdrücklich verneint hat.
Denn auch dann, wenn sich der Kläger neben Prellungen im Bereich des rechten Beckens und des Thorax auch eine Prellung im Bereich der Wirbelsäule zugezogen haben sollte, wäre diese nach kurzer Zeit (6 bis 8 Wochen) wieder ausgeheilt, jedenfalls aber nicht in der Lage gewesen, überdauernde gesundheitliche Beeinträchtigungen zu verursachen.
Weitere Unfallfolgen, die geeignet sind, die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden zu verursachen, sind nicht festzustellen. Keiner der behandelnden Ärzte hat traumatische Veränderungen an der Wirbelsäule festgestellt. Auch die aktenkundigen MRT und CT-Untersuchungen haben lediglich degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule bestätigt, die nicht auf dem angeschuldigten Unfall beruhen können.
Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass der Kläger nach Auskunft seines Hausarztes vor April 2007 nicht über Beschwerden im Bereich der LWS und des Fußes geklagt hat, nicht für eine andere Beurteilung. Unabhängig davon, dass ein zufälliges zeitliches Aufeinandertreffen von (mehr oder weniger belanglosem) Unfallgeschehen und möglicherweise auftretenden Beschwerden nichts über deren Ursächlichkeit aussagt, fehlt es nach Auffassung des Senats auch angesichts der mitgeteilten Arztkonsultationen an einem nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen Unfall und Beschwerden. Dr. E. hat in seinem Arztbrief vom 23. Oktober 2008 mitgeteilt, der Kläger klage seit ca. 2 Monaten über starke Schmerzen im LWS-Bereich, die er auf einen Sturz zurückführe. Im Bericht der Radiologen Dres B.und F. vom 19. April 2007 ist hingegen von einem Sturz vor ca. 1 Woche und seitdem Schmerzen lumbal rechts die Rede. Im Befundbericht von Dr. S. vom 17. April 2009 ist von Schmerzen seit 1997 die Rede, wobei der Kläger erstmals am 3. Dezember 2008 bei Dr. S. zur Behandlung befunden hatte. Auch beim Orthopäden L. war der Kläger erstmals am 19. Februar 2009, also fast zwei Jahre nach dem Unfall, in Behandlung. Es kann also auch aufgrund des dokumentierten Behandlungsverlaufs nicht von einer Schmerzsymptomatik seit dem Unfall ausgegangen werden, ohne dass es hierauf jedoch entscheidend ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
I. Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. April 2007.
Der Kläger ist 1951 geboren und war am 10. April 2007 als Gärtnerhelfer in einem Projekt der Jobbörse N. beschäftigt. Laut Durchgangsarztbericht vom 12. April 2007 (Dr. D.) suchte der Kläger am 10. April 2007 seinen behandelnden Hausarzt auf, der ihn an Dr. D. überwiesen hatte. Dieser führte aus, der Kläger sei bei Gartenarbeiten ausgerutscht und mit dem rechten Brustkorb und Becken auf eine Betonplatte aufgeschlagen. Bei der Untersuchung konnte er äußerliche Verletzungszeichen nicht feststellen, ebenso wenig Druckschmerz über der Wirbelsäule, wohl aber über dem rechten seitlichen Thorax und dem rechten Trochanter major. Er diagnostizierte eine Thoraxprellung und Beckenprellung rechts. Arbeitsunfähigkeit bestehe für ca. 5 Tage. Die Beklagte übernahm die Behandlungskosten und stellte das Verfahren im Übrigen ein.
Die Bevollmächtigte des Klägers legte mit Schreiben vom 22. Juli 2009 die Erstbehandlungsbescheinigung des D.krankenhauses M. sowie Bescheinigungen der Dres E. und Kollegen vom 23. Oktober 2008 (Kläger sei vor ca. 2 Monaten auf die Lendenwirbelsäule [LWS] gestürzt und klage seitdem über Schmerzen im LWS-Bereich; Befund: Keine Fraktur, deutliche Torsionsskoliose), der Radiologen Dres B./F. vom 19. April 2007 (CT nach Sturz auf den Rücken vor ca. 1 Woche: Protrusio in Höhe Lendenwirbelkörper [LWK] 4/5 mit Einengung des rechten Foramen, Spondylarthrose) sowie des Dr. S. vom 17. April 2009 (Kläger habe seit April 1997 ständig Schmerzen, teilweise im Kreuz, teilweise im LWS-Bereich und rechten Bein, neurologisch ohne Befund) vor und beantragte die Gewährung einer Unfallrente.
Die Beklagte nahm daraufhin ihre Ermittlungen wieder auf. In der Unfallanzeige vom 9. September 2009 bzw. 7. Oktober 2009 teilte der Arbeitgeber mit, der Kläger habe keinen Arbeitsunfall gemeldet. Aus den Unterlagen habe entnommen werden können, dass der Kläger vom 11. bis 26. April 2007 krankgeschrieben gewesen sei. Nach Befragung des Klägers führte der Arbeitgeber weiter aus: Es sei auf einer Folie Rindenmulch ausgelegt gewesen. Man habe den Rindenmulch aufsammeln und auf den Lkw laden sollen, um diesen woanders hinzufahren. Der Kläger habe an der Folie gezogen, diese sei gerissen und er sei nach hinten gefallen. Er sei mit Rücken und Kopf auf am Boden liegende Pflastersteine gefallen. Er sei bewusstlos gewesen. Infolge des Sturzes habe er noch heute Beschwerden. Er könne nicht ausreichend deutsch, so dass er auch im erstbehandelnden Diakonissenkrankenhaus seine Beschwerden nicht habe zutreffend schildern können.
Der Facharzt für Orthopädie L. übersandte seinen Arztbrief an Dr. H. vom 19. Februar 2009. Danach habe der Kläger über seinen Dolmetscher ausführlich das damalige Geschehen geschildert (am 10. April 2007 beim Ziehen einer Folie nach hinten gestürzt, auf 2 Pflastersteine aufgeschlagen, die ihn in Höhe Kreuzdarmbeingelenk und Wirbelsäule bei L 2/3 getroffen hätten). Bei seiner Untersuchung konnte der Arzt L. eine großbogige rechtskonvexe Torsionsskoliose, Fehlhaltung und Fehlstatik feststellen. Die vom Kläger geklagten Beschwerden seien eindeutig auf eine lumbosacrale Übergangsstörung mit entsprechender Fehlhaltung zurückzuführen. Es bestehe ein Rentenwunsch, den er nicht unterstütze, da keine Zusammenhänge zwischen dem Unfallgeschehen und den geklagten Beschwerden ersichtlich seien.
Die Bevollmächtigte hat weiter die Bescheinigung des Hausarztes Dr. H. vom 31. August 2009 vorgelegt, wonach der Kläger wegen Wirbelsäule und Fußheberparese bis April 2007 nicht in seiner Behandlung gestanden habe. Dr. S. teilte neben den bekannten medizinischen Feststellungen in seinem Befundbericht vom 22. September 2009 lediglich die Behandlungstermine (3. Dezember 2008, 19. März 2009, 17. April 2009) mit, sowie Klagen des Klägers über Rückenschmerzen seit dem Unfall.
Nach Beteiligung des Beratungsarztes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2010 einen Anspruch auf Rente wegen des Arbeitsunfalls ab. Er sei bei Gartenarbeiten ausgerutscht, auf den rechten Brustkorb und Becken gefallen und habe sich eine Brustkorb- und Beckenprellung rechts zugezogen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom 10. bis 26. April 2007, unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit darüber hinaus bis 10. Mai 2007 vorgelegen. Die darüber hinaus gehende Behandlungsbedürftigkeit sei auf unfallunabhängig bestehende Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen.
Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2010 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger durch seine Bevollmächtigte am 10. Mai 2010 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben mit der Begründung, durch den Sturz seien auch Rücken und Bein in Mitleidenschaft gezogen worden. Das SG hat den Orthopäden L. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt (Stellungnahme vom 8. August 2011 mit einigen Arztbriefen in Anlage).
Mit Urteil vom 24. Oktober 2011 hat das SG nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung die Klage abgewiesen. Auch wenn der vom Kläger beschriebene Unfallhergang der Beurteilung zugrunde gelegt werde (Ziehen einer Plane, deren Reißen und Umfallen nach hinten), stehe dem Kläger Verletztenrente nicht zu. Die beim Unfall zugezogenen Prellungen seien, wie auch der behandelnde Orthopäde L. aufgrund diesen Unfallhergangs ausgeführt habe, spätestens nach sechs bis acht Wochen ausgeheilt. Andere Unfallfolgen seien nicht ersichtlich, da auch Dr. D. am 12. April 2007 radiologisch keine Fraktur habe feststellen können. Insbesondere habe er eine Beteiligung der Wirbelsäule ausgeschlossen. Auch Dr. E. habe am 23. Oktober 2008 eine Fraktur der Wirbelsäule ausgeschlossen. Ein Zusammenhang der geklagten Beschwerden mit dem Unfall sei daher nicht hinreichend wahrscheinlich und ein Rentenanspruch folglich abzulehnen.
Gegen das der Bevollmächtigten am 9. November 2011 zugestellte Urteil hat diese für den Kläger am 7. Dezember 2011 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgebracht, das SG habe seine Beurteilung zu Unrecht auf die Stellungnahme des Arztes L. gestützt. Denn Dr. H., der Hausarzt, habe bestätigt, dass der Kläger vor April 2007 nicht wegen Beschwerden an der Wirbelsäule und des Fußes in Behandlung gewesen sei.
Der Kläger beantragt, teilweise sinngemäß gefasst,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Oktober 2011 aufzuheben und den Bescheid vom 19. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. April 2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 10. April 2007 Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Der Senat hat den Beteiligten mitgeteilt, es komme die Möglichkeit in Betracht, die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Die Beteiligten haben Gelegenheit erhalten, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit erhalten hatten, sich hierzu zu äußern.
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht eine Abänderung der angefochtenen Entscheidungen der Beklagten abgelehnt, mit denen diese rechtsfehlerfrei einen Anspruch des Klägers auf Verletztenrente abgelehnt hat.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Der Kläger hat, wie die Beklagte und das SG in den angefochtenen Entscheidungen zutreffend festgestellt haben, bei dem Unfall vom 10. April 2007 lediglich Prellungen am Becken und am Thorax rechts erlitten. Dies hat der Durchgangsarzt Dr. D. unfallnah festgestellt. Es kann dahin gestellt bleiben, ob es dem Kläger aufgrund seiner eingeschränkten Deutschkenntnisse tatsächlich nicht möglich war, gegenüber dem Krankenhaus, in das er unmittelbar nach dem Geschehen eingeliefert worden war, deutlich zu machen, dass er - wie nunmehr ausgeführt wird - auch Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule empfunden hat. Auch gegenüber Dr. D. hat er, noch zwei Tage nach dem Unfall, derartige Schmerzen nicht artikuliert, obwohl dieser ihn auch im Bereich der Wirbelsäule untersucht und einen Druckschmerz an der Wirbelsäule im Durchgangsarztbericht ausdrücklich verneint hat.
Denn auch dann, wenn sich der Kläger neben Prellungen im Bereich des rechten Beckens und des Thorax auch eine Prellung im Bereich der Wirbelsäule zugezogen haben sollte, wäre diese nach kurzer Zeit (6 bis 8 Wochen) wieder ausgeheilt, jedenfalls aber nicht in der Lage gewesen, überdauernde gesundheitliche Beeinträchtigungen zu verursachen.
Weitere Unfallfolgen, die geeignet sind, die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden zu verursachen, sind nicht festzustellen. Keiner der behandelnden Ärzte hat traumatische Veränderungen an der Wirbelsäule festgestellt. Auch die aktenkundigen MRT und CT-Untersuchungen haben lediglich degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule bestätigt, die nicht auf dem angeschuldigten Unfall beruhen können.
Nicht zuletzt spricht auch der Umstand, dass der Kläger nach Auskunft seines Hausarztes vor April 2007 nicht über Beschwerden im Bereich der LWS und des Fußes geklagt hat, nicht für eine andere Beurteilung. Unabhängig davon, dass ein zufälliges zeitliches Aufeinandertreffen von (mehr oder weniger belanglosem) Unfallgeschehen und möglicherweise auftretenden Beschwerden nichts über deren Ursächlichkeit aussagt, fehlt es nach Auffassung des Senats auch angesichts der mitgeteilten Arztkonsultationen an einem nachvollziehbaren Zusammenhang zwischen Unfall und Beschwerden. Dr. E. hat in seinem Arztbrief vom 23. Oktober 2008 mitgeteilt, der Kläger klage seit ca. 2 Monaten über starke Schmerzen im LWS-Bereich, die er auf einen Sturz zurückführe. Im Bericht der Radiologen Dres B.und F. vom 19. April 2007 ist hingegen von einem Sturz vor ca. 1 Woche und seitdem Schmerzen lumbal rechts die Rede. Im Befundbericht von Dr. S. vom 17. April 2009 ist von Schmerzen seit 1997 die Rede, wobei der Kläger erstmals am 3. Dezember 2008 bei Dr. S. zur Behandlung befunden hatte. Auch beim Orthopäden L. war der Kläger erstmals am 19. Februar 2009, also fast zwei Jahre nach dem Unfall, in Behandlung. Es kann also auch aufgrund des dokumentierten Behandlungsverlaufs nicht von einer Schmerzsymptomatik seit dem Unfall ausgegangen werden, ohne dass es hierauf jedoch entscheidend ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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