Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 822/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 517/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine ausschließlich im Stehen verrichtete Tätigkeit stellt keine Belastung im Sinne der BK Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV (Gonarthrose) dar.
1. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.12.2011 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Streit ("Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht").
Der 1957 geborene Kläger war von September 1972 bis Januar 1978 als Bauschlosser, von April 1978 bis April 1981 als Kraftfahrer und danach erneut bis September 1986 als Bauschlosser beschäftigt. Von 1987 bis Ende 2006 arbeitete er als Metallfacharbeiter und Bediener einer Gesenkbiegepresse (Abkantpresse) bei der Fa. S. GmbH. Diese Tätigkeit fand ausschließlich im Stehen statt, wobei ein Bein zeitweilig als alleiniges Standbein fungierte, wenn mit dem anderen Bein, dessen Ferse auf dem Boden blieb, das Pedal der Maschine bedient werden musste. Seit 2007 wird der Kläger von seinem Arbeitgeber in der Arbeitsvorbereitung beschäftigt, wo er ausschließlich sitzend tätig ist.
Der Kläger legte bei der Beklagten im April 2010 ein Attest des Orthopäden Dr. L. vom 29.03.2010 vor, in welchen eine über 22 Jahre lang ausgeführte stehende Berufstätigkeit mit über 13.000 Stunden einseitiger Belastung bestätigt wird. Beim Kläger liege eine medialseitige Chondromalazie am rechten Kniegelenk vor. Der Kläger gab an, erstmalig 1988 unter Kniebeschwerden gelitten zu haben, die er auf einen Gerüststurz zurückgeführt habe.
Aus einem Bericht der S.-Klinik S. vom 12.11.2001 über einen stationären Aufenthalt vom 01.11.2001 bis zum 05.11.2001 geht hervor, dass bei dem Kläger eine Pangonarthrose rechts festgestellt worden sei, die mittels Arthroskopie, Lavage, Chondroplastik und Meniscusglättung behandelt worden sei.
PD Dr. Z. und Dr. A. von der S ...-Klinik K.-L. teilten am 10.02.2010 die Diagnose einer deutlich fortgeschrittenen Gonarthrose beidseits (rechts mehr als links) sowie einen Zustand nach Hüft-TEP links nach Hüftkopfnekrose mit. Die Gonarthrose weise osteophytäre Randanbauten, allerdings auch schon lateral beginnend und deutlich fortgeschritten retropatellar bzw. im femoropatellaren Gleitlager, auf. Zudem sei die subchondrale Sklerosierung medial deutlich ausgeprägt.
Die S. GmbH gab auf Nachfrage an, dass der Kläger seit 2007 als Arbeitsvorbereiter tätig sei. Der Kläger habe zuvor an einer Gesenkbiegepresse gearbeitet und ständig über Kniebeschwerden geklagt. Die neue Tätigkeit des Klägers finde im Sitzen statt.
Der Kläger gab gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten an, dass er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metallfacharbeiter und Maschinenbediener in einseitigem Stehen ausgeübt habe. Der Präventionsdienst vertrat am 01.07.2010 die Auffassung, dass aus der ca. elf Jahre dauernden Tätigkeit als Bauschlosser eine Gesamtbelastung von knapp 2.500 Stunden in knieender/hockender Körperhaltung resultiere (mit geschätzt einer Stunde knieender/hockender Körperhaltung je Arbeitstag). Die Tätigkeit bei der Fa. S. an der Gesenkbiegepresse sei eine ausschließlich stehende Verrichtung, die keine Belastung im Sinne der BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV darstelle.
Der Staatliche Gewerbearzt Dr. S. vertrat hierzu nach Übersendung eines Aktenauszugs am 13.07.2010 die Auffassung, dass die haftungsbegründende Kausalität nicht wahrscheinlich gemacht worden sei. Eine Anerkennung der Gonarthrose als BK werde nicht vorgeschlagen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 02.09.2010, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 03.02.2011, die Feststellung einer BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ab, und verwies hierzu unter anderem auf die Auffassung des Staatlichen Gewerbearztes. Die Tätigkeit als Bauschlosser erreiche nicht die erforderliche Mindestbelastungsdauer. Die ab dem 01.01.1987 im Stehen ausgeübte Tätigkeit stelle keine Belastung im Sinne der geltend gemachten BK dar.
Der Kläger hat über seine Bevollmächtigten am 23.02.2011 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Der Verweis auf einseitig oder beidseitige Arbeiten im Hocken oder im Fersensitz sowie Kriechen, wie sie auch das Merkblatt zur BK Nr. 2112 vorsehe, sei lediglich beispielhaft zu verstehen. Bei der mehr als 17 Jahre ausgeübten Tätigkeit an der Gesenkbiegepresse handele es sich um das sogenannte "Abkanten" von Blechteilen, wobei je Teil etwa 10 Sekunden zur Verfügung stünden. Dabei habe ein Fußschalter für 10 Sekunden betätigt werden müssen, wobei das Pedal dieser Presse leicht schräg stehe und während der Betätigungszeit des Fußschalters das Gewicht praktisch vollständig auf dem anderen Fuß liege. Hierbei entstehe eine ebenfalls dem Knien vergleichbare Belastung des Knies. Auf den Einwand der Beklagten, dass der Kläger in beiden Kniegelenken an Gonarthrose leide, hat der Kläger entgegnet, dass er die Gesenkbiegepresse in etwa gleichen Teilen mit dem rechten und mit dem linken Fuß bedient habe, was die auf beiden Seiten bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen erkläre.
Der Kläger legte ein Attest des Orthopäden Dr. L. vom 05.05.2011 vor, wonach eine medialseitige Knorpelschädigung vom Grad IV im betroffenen Kniegelenk durch eine Kernspinaufnahme eindeutig bestätigt worden sei. Außerdem legte der Kläger einen Bescheid des Landratsamts E. vom 25.02.2011 über das Vorliegen eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 vor, in dem als Funktionsbeeinträchtigungen unter anderem Knorpelschäden an beiden Kniegelenken und eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke aufgeführt sind.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.12.2011 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt. Der Kläger habe während seines Arbeitslebens keine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastende Tätigkeit von mindestens 13.000 Stunden verrichtet. Die vom Kläger im Klageverfahren in den Vordergrund gerückte, seit dem 01.01.1987 ausgeübte Tätigkeit erfülle diese Voraussetzungen nicht. Nach derzeitigem Stand der medizinischen Literatur (mit Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 648) setze eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung eine Arbeit voraus, bei welcher der Körper durch das Knie und die Vorderseite des Unterschenkels abgestützt werde und der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel etwa 90° betrage. Hierbei könne es sich um einseitiges oder beidseitiges Knien sowie um Knien mit oder ohne Abstützung des Oberkörpers durch die Hände handeln. Vergleichbare Kniebelastungen seien Tätigkeiten im Hocken, im Fersensitz sowie beim Kriechen (mit Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O.). Diese Voraussetzungen würden durch die Tätigkeit des Klägers als Bediener der Gesenkbiegepresse nicht erfüllt. Die Auffassung des Klägers, dass auch eine stehende Tätigkeit geeignet sei, eine dem Knien vergleichbare Kniebelastung zu entwickeln, finde weder in der bisherigen arbeitsmedizinischen Literatur noch nach dem derzeitigen arbeitsmedizinischen Erkenntnisstand eine Bestätigung. Die aus der Tätigkeit als Bauschlosser resultierende Belastung der Knie des Klägers habe nicht die erforderliche Exposition von mindestens 13.000 Stunden erreicht; dies wäre erst dann der Fall, wenn der Kläger pro Arbeitstag vier bis fünf Stunden lang eine Tätigkeit im Knien ausgeübt oder eine vergleichbare Kniebelastung erlitten hätte, was nicht ansatzweise erkennbar sei. Der Gerichtsbescheid ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 02.01.2012 zugestellt worden.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 01.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG liege in der Tätigkeit des Klägers an der Gesenkbiegepresse eine vergleichbare Kniebelastung im Sinne der geltend gemachten BK vor. Insoweit hätte das SG zwingend ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen, um eine Klärung der Belastung des Klägers im Einzelfall herbeizuführen. Der wissenschaftlichen Begründung zu der BK Nr. 2112 lasse sich entnehmen, dass biomechanische Studien für eine vergleichbare Erhöhungen des Drucks auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiafemoralgelenk auch bei der Kniegelenksbeugung im Stehen mit einem Maximum der Druckkraft bei dorsal gemessenem Beugewinkel von 110 Grad sprächen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.12.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 02.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2011 aufzuheben und eine Gonarthrose als Berufskrankheit nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV festzustellen, hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtbescheid für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 02.04.2009 (B 2 U 9/08 R = SGb 2009, 355) ausgeführt hat, lassen sich aus der gesetzlichen Formulierung bei einer BK, die in der Anlage 1 zur BKV aufgeführt ist (sog. Listen-BK), im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haf-tungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (unter Hinweis auf BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 09. 05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff.).
Klarstellend und abweichend von der früheren gelegentlichen Verwendung des Begriffs durch den 2. Senat des BSG (vgl. BSG vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16; BSG vom 04.12.2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 1) hat das BSG in der genannten Entscheidung betont, dass im BK-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall (vgl. nur BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 10) ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den BK-Folgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der BK keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Die geltend gemachte BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV liegt nicht vor, weil keine ausreichende berufliche Belastung des Klägers festgestellt werden kann. Nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV liegt eine BK bei einer "Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht" vor. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Tätigkeiten des Klägers als Bauschlosser und Fahrer nicht im ausreichenden zeitlichen Umfang kniebelastend waren. Der Kläger hat diese Feststellung nicht weiter angegriffen, und auch der Senat sieht insoweit keinen Anlass für eine andere Beurteilung.
Zutreffend hat die Beklagte auch festgestellt, dass im Hinblick auf die ab dem 01.01.1987 ausgeübte Tätigkeit als Metallfacharbeiter und Bediener einer Gesenkbiegepresse bei der Fa. S. GmbH keine geeignete Belastung des Klägers für die Entstehung einer Gonarthrose im Sinne einer BK vorlag. Nach dem Merkblatt und der wissenschaftlichen Begründung für die Berufskrankheit der Nr. 2112 ist nicht davon auszugehen, dass Stehen - gleich welcher Belastung - mit vollständig oder nahezu vollständig durchgedrückten Knien nach derzeitigem medizinischen Kenntnisstand eine vergleichbare Belastung der Knie wie das Knien oder ähnliche Zwangshaltungen hervorrufen kann. Hierzu wird auch auf die vom SG zitierte Fundstelle (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 648) und auf die Stellungnahme des Staatlichen Gewerbearztes Dr. S. vom 13.07.2010 verwiesen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte sich entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nicht lediglich auf medizinische Literatur berufen kann, sondern auch auf eine ärztliche Stellungnahme, welche sich auf den konkreten aktenkundigen Fall des Klägers bezieht. Aus den Ausführungen des behandelnden Orthopäden Dr. L. geht insofern lediglich hervor, dass beim Kläger eine 13.000 Stunden übersteigende einseitige Stehbelastung vorliegt, nicht jedoch, dass diese geeignet wäre, die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK der Nr. 2112 zu erfüllen.
Auf S. 3 des Merkblatts (vgl. Bekanntmachung des BMAS vom 30.12.2009 - Iva 4-45222-2112, BMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) wird ausgeführt, dass geeignete dem Knien "vergleichbare Belastungen" das Hocken, das Knien ohne und mit abgestütztem Oberkörper, der Fersensitz und das Kriechen ("Vierfüßergang") sind. Dies wird auch durch die weitere Erläuterung in dem Merkblatt deutlich, dass die vermehrte Belastung des Kniegelenks sich in Studien gezeigt habe, bei denen eine Kniegelenksbeugung um 90 bzw. 120 Grad vorgelegen habe (a.a.O. S.4).
Entgegen der Berufungsbegründung kann auch der wissenschaftlichen Begründung (Bekanntmachung des BMAS vom 01.10.2005 -414-45222-2112/1, BArbBl 10/2005, S. 46 ff.) zu der BK Nr. 2112 nicht entnommen werden, dass Tätigkeiten im Stehen vergleichbare Kniebelastungen entfalten wie die oben genannten Tätigkeiten, die sich alle dadurch auszeichnen, dass die Kniegelenke deutlich gebeugt sind. Der Hinweis in der Berufungsbegründung, dass biomechanische Studien für eine vergleichbare Erhöhungen des Drucks auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiafemoralgelenk auch bei der Kniegelenksbeugung im Stehen mit einem Maximum der Druckkraft bei dorsal gemessenem Beugewinkel von 110 Grad sprächen, vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Diese Ausführungen, die sich auf S. 3 der wissenschaftlichen Begründung befinden, gehen ebenso wie das Merkblatt ausdrücklich von einer Kniegelenksbeugung - wenngleich im Stehen, im Gegensatz zu einer Kniegelenksbeugung im Hocken, im Fersensitz, beim Knien oder beim Kriechen - aus. Vom Kläger indes wird gerade die Belastung des Standbeins als verantwortlich für die Entstehung seiner Gonarthrose benannt, wobei dies sogar noch in größerem Maße als das andere Bein, welches das Maschinenpedal bediente, gerade nicht bei seiner Tätigkeit gebeugt worden ist, weil es ansonsten seine Funktion als Standbein nicht hätte erfüllen können.
Angesichts des Fehlens einer ausreichenden beruflichen Belastung sah der Senat sich ebenso wie das SG nicht veranlasst, die von den Klägerbevollmächtigten angeregte weitere medizinische Begutachtung zu veranlassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) im Streit ("Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht").
Der 1957 geborene Kläger war von September 1972 bis Januar 1978 als Bauschlosser, von April 1978 bis April 1981 als Kraftfahrer und danach erneut bis September 1986 als Bauschlosser beschäftigt. Von 1987 bis Ende 2006 arbeitete er als Metallfacharbeiter und Bediener einer Gesenkbiegepresse (Abkantpresse) bei der Fa. S. GmbH. Diese Tätigkeit fand ausschließlich im Stehen statt, wobei ein Bein zeitweilig als alleiniges Standbein fungierte, wenn mit dem anderen Bein, dessen Ferse auf dem Boden blieb, das Pedal der Maschine bedient werden musste. Seit 2007 wird der Kläger von seinem Arbeitgeber in der Arbeitsvorbereitung beschäftigt, wo er ausschließlich sitzend tätig ist.
Der Kläger legte bei der Beklagten im April 2010 ein Attest des Orthopäden Dr. L. vom 29.03.2010 vor, in welchen eine über 22 Jahre lang ausgeführte stehende Berufstätigkeit mit über 13.000 Stunden einseitiger Belastung bestätigt wird. Beim Kläger liege eine medialseitige Chondromalazie am rechten Kniegelenk vor. Der Kläger gab an, erstmalig 1988 unter Kniebeschwerden gelitten zu haben, die er auf einen Gerüststurz zurückgeführt habe.
Aus einem Bericht der S.-Klinik S. vom 12.11.2001 über einen stationären Aufenthalt vom 01.11.2001 bis zum 05.11.2001 geht hervor, dass bei dem Kläger eine Pangonarthrose rechts festgestellt worden sei, die mittels Arthroskopie, Lavage, Chondroplastik und Meniscusglättung behandelt worden sei.
PD Dr. Z. und Dr. A. von der S ...-Klinik K.-L. teilten am 10.02.2010 die Diagnose einer deutlich fortgeschrittenen Gonarthrose beidseits (rechts mehr als links) sowie einen Zustand nach Hüft-TEP links nach Hüftkopfnekrose mit. Die Gonarthrose weise osteophytäre Randanbauten, allerdings auch schon lateral beginnend und deutlich fortgeschritten retropatellar bzw. im femoropatellaren Gleitlager, auf. Zudem sei die subchondrale Sklerosierung medial deutlich ausgeprägt.
Die S. GmbH gab auf Nachfrage an, dass der Kläger seit 2007 als Arbeitsvorbereiter tätig sei. Der Kläger habe zuvor an einer Gesenkbiegepresse gearbeitet und ständig über Kniebeschwerden geklagt. Die neue Tätigkeit des Klägers finde im Sitzen statt.
Der Kläger gab gegenüber dem Präventionsdienst der Beklagten an, dass er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metallfacharbeiter und Maschinenbediener in einseitigem Stehen ausgeübt habe. Der Präventionsdienst vertrat am 01.07.2010 die Auffassung, dass aus der ca. elf Jahre dauernden Tätigkeit als Bauschlosser eine Gesamtbelastung von knapp 2.500 Stunden in knieender/hockender Körperhaltung resultiere (mit geschätzt einer Stunde knieender/hockender Körperhaltung je Arbeitstag). Die Tätigkeit bei der Fa. S. an der Gesenkbiegepresse sei eine ausschließlich stehende Verrichtung, die keine Belastung im Sinne der BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV darstelle.
Der Staatliche Gewerbearzt Dr. S. vertrat hierzu nach Übersendung eines Aktenauszugs am 13.07.2010 die Auffassung, dass die haftungsbegründende Kausalität nicht wahrscheinlich gemacht worden sei. Eine Anerkennung der Gonarthrose als BK werde nicht vorgeschlagen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 02.09.2010, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 03.02.2011, die Feststellung einer BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV ab, und verwies hierzu unter anderem auf die Auffassung des Staatlichen Gewerbearztes. Die Tätigkeit als Bauschlosser erreiche nicht die erforderliche Mindestbelastungsdauer. Die ab dem 01.01.1987 im Stehen ausgeübte Tätigkeit stelle keine Belastung im Sinne der geltend gemachten BK dar.
Der Kläger hat über seine Bevollmächtigten am 23.02.2011 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Der Verweis auf einseitig oder beidseitige Arbeiten im Hocken oder im Fersensitz sowie Kriechen, wie sie auch das Merkblatt zur BK Nr. 2112 vorsehe, sei lediglich beispielhaft zu verstehen. Bei der mehr als 17 Jahre ausgeübten Tätigkeit an der Gesenkbiegepresse handele es sich um das sogenannte "Abkanten" von Blechteilen, wobei je Teil etwa 10 Sekunden zur Verfügung stünden. Dabei habe ein Fußschalter für 10 Sekunden betätigt werden müssen, wobei das Pedal dieser Presse leicht schräg stehe und während der Betätigungszeit des Fußschalters das Gewicht praktisch vollständig auf dem anderen Fuß liege. Hierbei entstehe eine ebenfalls dem Knien vergleichbare Belastung des Knies. Auf den Einwand der Beklagten, dass der Kläger in beiden Kniegelenken an Gonarthrose leide, hat der Kläger entgegnet, dass er die Gesenkbiegepresse in etwa gleichen Teilen mit dem rechten und mit dem linken Fuß bedient habe, was die auf beiden Seiten bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen erkläre.
Der Kläger legte ein Attest des Orthopäden Dr. L. vom 05.05.2011 vor, wonach eine medialseitige Knorpelschädigung vom Grad IV im betroffenen Kniegelenk durch eine Kernspinaufnahme eindeutig bestätigt worden sei. Außerdem legte der Kläger einen Bescheid des Landratsamts E. vom 25.02.2011 über das Vorliegen eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 vor, in dem als Funktionsbeeinträchtigungen unter anderem Knorpelschäden an beiden Kniegelenken und eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke aufgeführt sind.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.12.2011 abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt. Der Kläger habe während seines Arbeitslebens keine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastende Tätigkeit von mindestens 13.000 Stunden verrichtet. Die vom Kläger im Klageverfahren in den Vordergrund gerückte, seit dem 01.01.1987 ausgeübte Tätigkeit erfülle diese Voraussetzungen nicht. Nach derzeitigem Stand der medizinischen Literatur (mit Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Seite 648) setze eine Tätigkeit im Knien oder eine vergleichbare Kniebelastung eine Arbeit voraus, bei welcher der Körper durch das Knie und die Vorderseite des Unterschenkels abgestützt werde und der Winkel zwischen Ober- und Unterschenkel etwa 90° betrage. Hierbei könne es sich um einseitiges oder beidseitiges Knien sowie um Knien mit oder ohne Abstützung des Oberkörpers durch die Hände handeln. Vergleichbare Kniebelastungen seien Tätigkeiten im Hocken, im Fersensitz sowie beim Kriechen (mit Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O.). Diese Voraussetzungen würden durch die Tätigkeit des Klägers als Bediener der Gesenkbiegepresse nicht erfüllt. Die Auffassung des Klägers, dass auch eine stehende Tätigkeit geeignet sei, eine dem Knien vergleichbare Kniebelastung zu entwickeln, finde weder in der bisherigen arbeitsmedizinischen Literatur noch nach dem derzeitigen arbeitsmedizinischen Erkenntnisstand eine Bestätigung. Die aus der Tätigkeit als Bauschlosser resultierende Belastung der Knie des Klägers habe nicht die erforderliche Exposition von mindestens 13.000 Stunden erreicht; dies wäre erst dann der Fall, wenn der Kläger pro Arbeitstag vier bis fünf Stunden lang eine Tätigkeit im Knien ausgeübt oder eine vergleichbare Kniebelastung erlitten hätte, was nicht ansatzweise erkennbar sei. Der Gerichtsbescheid ist dem Bevollmächtigten des Klägers am 02.01.2012 zugestellt worden.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben am 01.02.2012 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG liege in der Tätigkeit des Klägers an der Gesenkbiegepresse eine vergleichbare Kniebelastung im Sinne der geltend gemachten BK vor. Insoweit hätte das SG zwingend ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen, um eine Klärung der Belastung des Klägers im Einzelfall herbeizuführen. Der wissenschaftlichen Begründung zu der BK Nr. 2112 lasse sich entnehmen, dass biomechanische Studien für eine vergleichbare Erhöhungen des Drucks auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiafemoralgelenk auch bei der Kniegelenksbeugung im Stehen mit einem Maximum der Druckkraft bei dorsal gemessenem Beugewinkel von 110 Grad sprächen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.12.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 02.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2011 aufzuheben und eine Gonarthrose als Berufskrankheit nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV festzustellen, hilfsweise die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtbescheid für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 02.04.2009 (B 2 U 9/08 R = SGb 2009, 355) ausgeführt hat, lassen sich aus der gesetzlichen Formulierung bei einer BK, die in der Anlage 1 zur BKV aufgeführt ist (sog. Listen-BK), im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haf-tungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (unter Hinweis auf BSG vom 27.06.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 09. 05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff.).
Klarstellend und abweichend von der früheren gelegentlichen Verwendung des Begriffs durch den 2. Senat des BSG (vgl. BSG vom 02.05.2001 - B 2 U 16/00 R - SozR 3-2200 § 551 Nr. 16; BSG vom 04.12.2001 - B 2 U 37/00 R - SozR 3-5671 Anl. 1 Nr. 4104 Nr. 1) hat das BSG in der genannten Entscheidung betont, dass im BK-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall (vgl. nur BSG vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 10) ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den BK-Folgen, die dann ggf. zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der BK keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Die geltend gemachte BK nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV liegt nicht vor, weil keine ausreichende berufliche Belastung des Klägers festgestellt werden kann. Nach der Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV liegt eine BK bei einer "Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht" vor. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Tätigkeiten des Klägers als Bauschlosser und Fahrer nicht im ausreichenden zeitlichen Umfang kniebelastend waren. Der Kläger hat diese Feststellung nicht weiter angegriffen, und auch der Senat sieht insoweit keinen Anlass für eine andere Beurteilung.
Zutreffend hat die Beklagte auch festgestellt, dass im Hinblick auf die ab dem 01.01.1987 ausgeübte Tätigkeit als Metallfacharbeiter und Bediener einer Gesenkbiegepresse bei der Fa. S. GmbH keine geeignete Belastung des Klägers für die Entstehung einer Gonarthrose im Sinne einer BK vorlag. Nach dem Merkblatt und der wissenschaftlichen Begründung für die Berufskrankheit der Nr. 2112 ist nicht davon auszugehen, dass Stehen - gleich welcher Belastung - mit vollständig oder nahezu vollständig durchgedrückten Knien nach derzeitigem medizinischen Kenntnisstand eine vergleichbare Belastung der Knie wie das Knien oder ähnliche Zwangshaltungen hervorrufen kann. Hierzu wird auch auf die vom SG zitierte Fundstelle (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. S. 648) und auf die Stellungnahme des Staatlichen Gewerbearztes Dr. S. vom 13.07.2010 verwiesen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte sich entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten nicht lediglich auf medizinische Literatur berufen kann, sondern auch auf eine ärztliche Stellungnahme, welche sich auf den konkreten aktenkundigen Fall des Klägers bezieht. Aus den Ausführungen des behandelnden Orthopäden Dr. L. geht insofern lediglich hervor, dass beim Kläger eine 13.000 Stunden übersteigende einseitige Stehbelastung vorliegt, nicht jedoch, dass diese geeignet wäre, die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK der Nr. 2112 zu erfüllen.
Auf S. 3 des Merkblatts (vgl. Bekanntmachung des BMAS vom 30.12.2009 - Iva 4-45222-2112, BMBl 5/6/2010, S. 98 ff.) wird ausgeführt, dass geeignete dem Knien "vergleichbare Belastungen" das Hocken, das Knien ohne und mit abgestütztem Oberkörper, der Fersensitz und das Kriechen ("Vierfüßergang") sind. Dies wird auch durch die weitere Erläuterung in dem Merkblatt deutlich, dass die vermehrte Belastung des Kniegelenks sich in Studien gezeigt habe, bei denen eine Kniegelenksbeugung um 90 bzw. 120 Grad vorgelegen habe (a.a.O. S.4).
Entgegen der Berufungsbegründung kann auch der wissenschaftlichen Begründung (Bekanntmachung des BMAS vom 01.10.2005 -414-45222-2112/1, BArbBl 10/2005, S. 46 ff.) zu der BK Nr. 2112 nicht entnommen werden, dass Tätigkeiten im Stehen vergleichbare Kniebelastungen entfalten wie die oben genannten Tätigkeiten, die sich alle dadurch auszeichnen, dass die Kniegelenke deutlich gebeugt sind. Der Hinweis in der Berufungsbegründung, dass biomechanische Studien für eine vergleichbare Erhöhungen des Drucks auf den Gelenkknorpel im Retropatellar- und Tibiafemoralgelenk auch bei der Kniegelenksbeugung im Stehen mit einem Maximum der Druckkraft bei dorsal gemessenem Beugewinkel von 110 Grad sprächen, vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Diese Ausführungen, die sich auf S. 3 der wissenschaftlichen Begründung befinden, gehen ebenso wie das Merkblatt ausdrücklich von einer Kniegelenksbeugung - wenngleich im Stehen, im Gegensatz zu einer Kniegelenksbeugung im Hocken, im Fersensitz, beim Knien oder beim Kriechen - aus. Vom Kläger indes wird gerade die Belastung des Standbeins als verantwortlich für die Entstehung seiner Gonarthrose benannt, wobei dies sogar noch in größerem Maße als das andere Bein, welches das Maschinenpedal bediente, gerade nicht bei seiner Tätigkeit gebeugt worden ist, weil es ansonsten seine Funktion als Standbein nicht hätte erfüllen können.
Angesichts des Fehlens einer ausreichenden beruflichen Belastung sah der Senat sich ebenso wie das SG nicht veranlasst, die von den Klägerbevollmächtigten angeregte weitere medizinische Begutachtung zu veranlassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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