L 1 SV 612/12 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 2960/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SV 612/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.

3. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat am 29.08.2011 beim Sozialgericht Mannheim Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass der Insolvenzforderung der Klägerin in Höhe von 405.984,21 EUR in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten vor dem Amtsgericht M. - 1 IK 66/11 - eine vorsätzlich unerlaubte Handlung (§ 174 Abs. 2 Insolvenzordnung - InsO -) zugrunde liegt.

Der Beklagte ist der Enkel von Frau E. H., die nach dem Tode ihrer Mutter im März 1973 über einen Zeitraum von ca. 26 Jahren sowohl die Versicherten- als auch die Hinterbliebenenrente der verstorbenen Mutter für sich selbst bezog. Mit Bescheid vom 09.04.1977 verlangte die Klägerin von der Großmutter des Beklagten die Überzahlung der Versichertenrente in Höhe von 294.152,08 DM sowie der überzahlten Witwenrente in Höhe von 534.863,87 DM. Beide Bescheide sind in Bestandskraft erwachsen. Die Großmutter zahlte auf die Forderungen der Klägerin monatliche Raten in Höhe von 150,00 DM. Sie verstarb am 04.04.2007. Der Beklagte ist gesetzlicher Erbe.

Mit Bescheid vom 09.10.2009 forderte die Klägerin vom Beklagten gemäß § 118 Abs. 4 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI, §§ 1922, 1967 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) eine Erstattung im Umfang von 143.366,94 EUR sowie mit weiterem Bescheid vom 23.02.2009 eine Erstattung von 262.617,27 EUR. Beide Bescheide wurden von dem Beklagten nicht angefochten und sind ebenfalls bestandskräftig.

Über das Vermögen des Beklagten ist ein Privatinsolvenzverfahren eingeleitet worden. Aufgrund dieses Privatinsolvenzverfahrens begehrt die Klägerin gegen den Beklagten die Feststellung, dass ihren Forderungen eine unerlaubte Handlung im Sinne von § 174 Abs. 2 InsO zugrunde liegt. Der Beklagte hatte ebenso wie der Insolvenzverwalter bestritten, dass die Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung herrühren.

Mit Beschluss vom 12.01.2012 hat das Sozialgericht Mannheim den Rechtsweg den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich und sachlich zuständige Landgericht M. verwiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie unter Darstellung des Sachverhaltes vor, dass nach § 180 Abs. 1 Satz 1 InsO die Feststellung von Forderungen, die vom Insolvenzverwalter oder einem Insolvenzgläubiger bestritten worden sind, grundsätzlich im ordentlichen Verfahren auf Klage durchzusetzen sind. Es gelte aber hier die besondere Zuständigkeit nach § 185 Satz 1 InsO wonach dann, wenn für die Feststellung einer Forderung der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht gegeben ist, die Feststellung bei dem zuständigen anderen Gericht zu betreiben sei. Ihre Forderung beruhe auf § 118 Abs. 4 SGB VI und damit auf einer spezifisch rentenversicherungsrechtlichen Norm, so dass die Sozialgerichte zuständig seien. Der vom Sozialgericht herangezogene Beschluss des Bundesgerichtshof - BGH - vom 02.12.2010 sei insoweit nicht einschlägig und ihre Rechtsauffassung stelle auch keinen Widerspruch zu der Auffassung des BGH dar. In dem vom BGH zu entscheidenden Sachverhalt habe es sich nicht um einen auf § 5 Unterhaltsvorschussgesetz - UVG - gestützten Erstattungsanspruch gehandelt, sondern um einen deliktischen Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 i.V.m. § 263 StGB.

Der Beklagte hat sich nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht Mannheim hat zu Recht den Rechtsstreit an das örtlich und sachlich zuständige Landgericht M. verwiesen. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist nicht eröffnet. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen werden (§ 153 Abs. 2 SGG).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist nicht maßgeblich, dass die Forderungen, die hier streitig sind, auf einer öffentlich-rechtlichen Ermächtigungsgrundlage, dem § 118 Abs. 4 SGB VI, beruhen, denn insoweit hat die Klägerin bestandskräftige Bescheide erlassen, die einer Überprüfung nicht mehr zu unterziehen sind. Daher greift auch die besondere gesetzliche Zuweisung gemäß § 185 InsO nicht, denn es ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden, ob diese bestandskräftig geltend gemachten Forderungen berechtigt sind, denn nur dann wäre die Natur des Rechtsverhältnisses ein sozialrechtliches, sondern es steht zur Entscheidung an, ob der Klägerin ein Anspruch gegen den Beklagten aus unerlaubter Handlung zusteht (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und/oder § 118 SGB VI). Auch wenn die Klägerin dazu vorträgt, sie habe sich in keiner Weise auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB berufen, so ist dazu festzustellen, dass dies mit ihrem Antrag auf Feststellung, dass ihre Forderungen auf unerlaubter Handlung beruhen, nicht zu vereinbaren ist. Sie benötigt diese Feststellung, denn nur Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung werden von der Erteilung der Restschuldbefreiung nicht berührt, wenn der Gläubiger, hier die Klägerin, nach § 174 Abs. 2 InsO die unter Angabe des Rechtsgrundes als eine derartige Forderung angemeldet hat.

Es verbleibt daher bei der Feststellung, dass Streitgegenstand hier nicht die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, sondern des Zivil- und Strafrechts sind (so auch LSG B.-W. Beschluss vom 30.08.2005 - L 9 SF 863/05 B -).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a SGG. Im Verfahren über die Rechtswegbeschwerde hat grundsätzlich eine Kostenentscheidung zu ergehen (vgl. BSG SozR 3-1500 § 51 Nr. 27). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind der Klägerin aufzuerlegen. Sie betragen nach Nr. 7504 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz - GKG - 50,00 EUR.

Da der BGH mit Beschluss vom 02.12.2010 - IX ZB 271/09 - die Zuständigkeit der Zivilgerichte für eine vergleichbare Fallkonstellation angenommen hat und gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht ersichtlich ist, war die Beschwerde gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - nicht zuzulassen.

Der Beschluss ist somit unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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